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Suri und das Glück

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Suri und das Glück
 

„Aber Mama! Warum denn nicht? Toby durfte doch auch“, das Mädchen war den Tränen nah, die kleine Hände zu Fäusten geballt, als es trotzig mitten im Raum stand.

„Ich habe es dir doch erklärt, Suri“, nervös drehte die kleine, untersetzte Frau ein Stück Pappe zwischen den Händen hin und her, „Ich brauche dich doch hier. Den Laden kann ich nicht alleine führen und außerdem haben wir nicht genug Geld, dass ich dich und deinen Bruder auf Pokémonreise schicken kann.“

Suri spähte während ihre Mutter sprach sehnsüchtig nach der Pappkarte. Darauf waren drei Pokémon und eine Straßenkarte abgebildet. Das Mädchen hatte die Karte des Professors beim Spielen in einer Schublade gefunden. Das Datum darauf war schon längst verstrichen. Schnell war sie zur Mutter gelaufen und hatte danach gefragt, weil sie dachte, sie hätte einfach vergessen, ihr die Karte zu geben. Doch ihre Mutter hatte sie angeschrien, was sie in den Schränken rumzuwühlen habe. Schlussendlich hatte sie ihr auch noch gesagt, dass sie nicht wolle, dass Suri zu einer Pokémonreise aufbricht.

„Aber ich könnte mir doch wenigstens das Pokémon holen“, versuchte Suri es weiter.

„Ich habe NEIN gesagt. Kind versteh mich doch. Seit die Galaxy Inc. ihre Waren direkt vor unserer Haustür verkauft, muss ich sparen wo es geht. Ein Pokémon können wir uns nicht leisten. Wenn dein Bruder wenigstens als Trainer erfolgreicher wäre, dann könnten wir darüber reden, aber so geht es nun mal nicht“, Sie ging zu ihrer Tochter und tätschelte ihr den Kopf. „Es tut mir Leid, Schatz.“

Dann verließ sie den Raum und ließ Suri allein zurück. Das Mädchen starrte vor sich ins Leere. Eine Träne stahl sich ihre Wange hinunter.

Nach einer Weile - wie lange sie dort gesessen hatte, wusste sie nicht mehr - stand sie auf und ging nach draußen. Die Hände in den Hosentaschen schlurfte sie durch die Straßen von Jubelstadt.

Wahrscheinlich hatte Professor Eibe sowieso kein Pokémon mehr für sie. Sie hätte vor sechs Wochen in Sandgemme sein sollen. Warum mussten die doofen Kerle von der Galaxy Inc. denn auch das gleiche verkaufen, wie ihre Mama?

Seit der große Laden eröffnet hatte, hatte sie förmlich das Glück verlassen. Die Leute kamen nicht mehr und jeder Versuch sie in den Laden zurück zu locken schlug fehl und Suris Bruder, der seit zwei Jahren durchs Land zog, hatte nur wenig Erfolge zu vermelden.

Ohne ein Ziel ging sie weiter, bis sie plötzlich merkte, dass ihre Schritte sie zur Stadtgrenze geführt hatten. Vor ihr lag der Weg nach Sandgemme. Sollte sie?

Bevor sie lange überlegen konnte, nahm ihr der Zufall die Entscheidung ab.

Als sie in Gedanken ein paar Meter den Weg hinunter gelaufen und wieder unschlüssig stehen geblieben war wurde sie unsanft ins nächste Gebüsch gestoßen: „Geh aus dem Weg, du dumme Göre! Wie kann man nur an der engsten Stelle stehen bleiben...“

Der Mann zeterte noch weiter, als er sich entfernte. Als Suri ihm nach sah, konnte sie noch erkennen, dass er die, wie sie fand, dämliche Uniform eines Galaxy Handlangers trug.

Der Kerl hatte ja wohl ein Rad ab! Wie konnte er sie einfach in das nächst beste Gemüse schubsen, das hier rum stand. Sie rieb sich das Knie. Einen blauen Fleck würde das mindestens geben.

„Aua!“, wäre ihre Mutter jetzt in der Nähe gewesen, hätte sie so lange rumgejammert, bis sie dem Kerl die Hölle heiß gemacht hätte, aber da eh gerade keiner da war, blieb sie weiter still in dem Gebüsch hocken. So hörte sie auch irgendwann das Wimmern.

Ein leises Wimmern, fast nicht hörbar. Es kam auch aus dem Busch, in den sie gefallen war. Vorsichtig sah Suri sich um. Als sie ein Stück weiter in das Gestrüpp kletterte, wurde das Fiepen und Winseln lauter, bis sie schließlich ein Stück blauen Fells zwischen den Ästen erkennen konnte. Sie schob die dünnen Zweige auseinander und sah direkt in die Augen eines winzigen Sheinuxes, das ihr überrascht in die Augen sah.

Es machte keine Anstalten wegzulaufen oder sich zu verteidigen. Es sah sie nur aus großen Augen an. Suri merkte wie das kleine Wesen zitterte. Erst jetzt sah sie auch, dass sein rechter Vorderlauf unnatürlich verdreht war.

Als sie ihre Hand hob um das Sheinux anzufassen, öffnete es das Maul und versuchte halbherzig, sie zubeißen. Das Mädchen zog die Hand schnell zurück und versuchte das Pokémon zu beruhigen. „Keine Angst, ich will dir doch nur helfen“, mit einem Schokoriegel versuchte sie es zu bestechen und das Sheinux fraß gierig. „Darf ich dich anfassen? Ich bringe dich zu meiner Mama, die macht alles wieder gut“, was besser viel ihr auf die Schnelle nicht ein. Ihr eigenes Haus war näher gelegen als das örtliche Pokécenter.

Das Sheinux hatte nicht mehr den Willen sich zu widersetzen. Es winselte einmal laut auf, als Suri es ungeschickt anfasste, ließ sich dann aber ohne Schwierigkeiten hoch heben und tragen.

Suri kletterte aus dem Gebüsch und lief mit dem Pokémon auf dem Arm so schnell sie konnte nach Hause. Nun konnte sie auch seine Rippen fühlen. das arme Ding musste seit Tagen nichts gefressen haben. Zu Hause angekommen lief sie schnurstracks zum Laden ihrer Mutter. Sie riss die Tür mit einer Wucht auf, dass die Glasscheibe darin schepperte.

„Suri, was...?“, ihre Mutter sah sie mit aufgerissenen Augen an. „Ich habe doch gesagt, kein Pokémon!“ Sie war nicht allein. Zwei Kunden hatten sich in den Laden verirrt. „Was ist dir überhaupt passiert? Du siehst ja aus als ob...“, bevor sie weiter reden konnte, unterbrach sie das Mädchen: „Du musst mir helfen!“ Sie legte das Sheinux auf den Verkaufstisch. „Ich habe es gefunden, kannst du es gesund machen?“

„Du wirst mir später ein paar Fragen beantworten“, die Mutter sah Suri an und wand sich dann dem Pokémon zu. Die beiden Kunden kamen neugierig hinzu, als sie sich um das verletzte Wesen zu kümmern begann.

„Sollten sie es nicht lieber in ein Pokécenter bringen?“, fragte der ältere von beiden, ein kräftiger, weißhaariger Mann mit Koteletten und einem buschigen Schnurrbart, während der jüngere einfach nur still zusah.

„Es ist nicht schwer verletzt. Der Lauf ist nur verstaucht“, antwortete Suris Mutter nach kurzer Untersuchung. „Ich denke, es hat einfach lange nichts gefressen und ist deshalb so schwach. Suri, gibt mir mal das Brot und die Leberwurst aus dem Regal hinter dir.“

Das Mädchen tat wie ihm geheißen und sah dann zu, wie ihre Mutter versuchte das Pokémon mit der Leberwurst zu füttern, die sie direkt mit den Fingern aus dem Glas nahm. Als nächstes drückte sie einen dicken Klumpen auf das Brot und zerschnitt es mit einem Messer, das unter der Ladentheke gelegen hatte.

Der ältere Herr zog eine Augenbraue hoch:

„Haben sie kein Pokémonfutter?“

Suris Mutter sah ihn ernst an während das Sheinux ihr die Finger ableckte: „Wir haben nicht genug Geld um ein Pokémon halten zu können, darum habe ich auch kein Pokémonfutter da. Ich verkaufe es auch nicht, wie sie sehen können.“

Der Mann sah sich in dem Lädchen, dass auch schon bessere Tage gesehen hatte um und nickte: „Ach so ist das...“, murmelte er leise.

Suri sah ihn eine Moment verwundert an, hatte dann aber nur noch Augen für das Sheinux. Ihre Mutter hatte inzwischen einen Verband um sein Bein gewickelt.

„Ok, jetzt ist genug“, sie nahm ihm das Brot weg, bevor es gierig alles in sich hinein schlingen konnte, „Wir wollen doch nicht, dass du dich überfrisst.“

Inzwischen waren einige andere Leute in den Laden gekommen, weil sie durchs Schaufenster gesehen hatte, dass da drin irgendetwas interessantes vorging.

Das Sheinux schien das nicht zu interessieren. Es versuchte aufzustehen und wankte langsam auf Suri zu. Bei dem Mädchen angekommen kletterte es schwer fällig in ihre Arme und rollte sich ein. Das Mädchen sah ihre Mutter hilflos an als das Pokémon die Augen schloss und wohlig einschlummerte. Diese lächelte ihre Tochter an, doch einen Augenblick später wurde sie wieder ernst:

„Wir können es leider nicht behalten.“

„Ich denke, wer sich so rührend um ein verletztes Pokémon kümmert, sollte es auf jeden Fall behalten“, mischte sich der ältere Herr wieder ein worauf hin die umstehenden Menschen beifällig nickten.

„Aber ich habe ihnen doch schon gesagt, dass wir uns ein Pokémon nicht leisten können“, antwortet die Mutter erneut. „Wer sind sie überhaupt, dass sie sich einmischen?“

Der ältere Herr sah sie erstaunt an und räusperte sich:

„Verzeihen sie, wenn ich mich nicht vorgestellt habe. Eibe mein Name. Professor Eibe um genau zu sein. Ich bin vorbei gekommen um zu sehen, warum sich eins der Kinder, das in den letzten Wochen sein erstes Pokémon bekommen sollte einfach nicht erschienen ist und auch nicht abgesagt hat...“

Suri sah den Mann ungläubig an. Ihrer Mutter war buchstäblich die Kinnlade herunter geklappt. Der Mann sprach weiter:

„Verzeihen sie mir die Neugierde, aber nun möchte ich auch gerne wissen, wie du das Pokémon gefunden hast“, er wandte sich direkt an Suri.

Das Mädchen erzählte die Geschichte, wie es traurig durch die Stadt gewandert war und wie der Rüpel sie in das Gebüsch gestoßen hatte. Die Menschen im Laden hörten sich alles geduldig an.

Als Suri ihre Geschichte beendet hatte nickte der Professor wieder.

Er schweig eine Weile und sah dann Suris Mutter lange an:

„Ich habe da eine Idee“, er ging durch den Laden und zog hier und da etwas aus den Regalen. Alle Anwesenden beobachteten ihn Aufmerksam dabei. „Ich möchte diese Sachen kaufen“, Er ließ alles auf den Tresen fallen und zog Geld hervor. „Ich werde von jetzt an Stammkunde hier sein“, sagte er laut in die Runde, was ein allgemeines Gemurmel zur folge hatte. Einige Leute hatten es auf einmal auch sehr eilig, das Geschäft zu verlassen. Der Professor sah ihnen wohlwollend hinterher und grinste. „Ich behaupte mal, sie haben ab heute erheblich mehr Kundschaft.“

Suris Mutter konnte das ganz noch nicht wirklich glauben und lächelte zaghaft.

Professor Eibe ging indes zu Suri rüber, die immer noch das Sheinux im Arm hielt.

„Kannst du mir die Hand hinstrecken?“ fragte er und kramte in seiner Tasche. „Hier ist ein Pokéball für dich. Du solltest das Pokémon fragen, ob es bei dir bleiben möchte. Deinen Pokédex gebe ich deiner Mutter“, damit wand er sich ihr zu. „Ihre Tochter muss ja kein reisender Trainer werden, aber geben sie ihr eine Chance mit einem Pokémon zu leben.“

Sie nickte und nahm den Pokédex entgegen.

Daraufhin verabschiedet sich der Professor und verließ das Geschäft. Suri konnte nicht mehr warten und versuchte das Sheinux zu wecken, dass herzhaft gähnte und sie anblinzelte.

„Willst du bei mir bleiben? ich passe immer gut auf dich auf“, sie zeigte ihm den Pokéball und das Sheinux nickte leicht.

Suri ließ es in einem roten Lichtstrahl verschwinden und wartet darauf, das der Pokéball aufhörte sich zu bewegen. Danach ließ sie das Sheinux wieder raus. Es gurrte sie zufrieden an, doch dann knurrte sein Magen wieder und alle noch anwesenden mussten lachen.

„Ok, du kriegst gleich was zu essen, aber erst brauchst du einen Namen. Ich glaube, ich werde dich Hope nennen.“ Sie drückte das Sheinux überglücklich an sich und drehte sich mit ihm um die eigene Achse.

Seit diesem Tag war das Glück zu Suri und ihrer Familie zurück gekehrt. Professor Eibe hatte Recht behalten. Schon am nächsten Tag kamen viele neue Kunden. Zudem hielt er sich an sein Wort und wurde Stammkunde im Laden von Suris Mutter. Toby verzeichnete ein paar bescheidene Erfolge als Trainer.

Suri und Hope waren unzertrennlich und beide würden noch viele Abenteuer erleben.
 

Ende



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