Zum Inhalt der Seite

Tantalus

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Turnier

Zwei Tage später postierten Fuuka und Jenna sich mit Nanako an der Startlinie. Die Veranstalter hatten sie zu der zu tragenden Person ernannt. Sie waren froh darüber, jede andere Person hätte eine Behinderung sein können. Ein Stück von ihnen entfernt waren - wie Fuuka säuerlich zur Kenntnis nahm - Ian und Kai.

Sie befestigte gerade den Converter an ihrem Arm, als eine Stimme aus den Lautsprechern tönte:

„So, meine verehrten Damen und Herren! Endlich ist es soweit: Das zweite Flugturnier von Cellon wird in Kürze beginnen. Alle Teilnehmer sind bereit, den gefährlichen Weg auf sich zu nehmen. Wenn die Hupe ertönt, geht es los, also macht euch bereit für den Abflug!!!“

Viele gehörten zum Wind-Clan, aber es gab auch Teilnehmer, die auf Flugmaschinen zurückgriffen. Die Hupe wurde betätigt…

Es war ein einziges Flügelrascheln, Knattern und Brummen und knapp 80 Teams stiegen in die Lüfte. Ihre Fracht schrie wie am Spieß. Vor dem Start war sie noch ganz ruhig gewesen, doch nun, da sie vom Boden abgehoben hatten, schien sie panische Angst zu haben. Schnell bereuten Fuuka und Jenna, froh darüber gewesen zu sein, dass Nanako die zu tragende Person war, denn zu allem Überfluss bemerkten sie, dass Nanako nicht nur Höhenangst, sondern auch eine panische Angst vor Gewittern hatte - zumindest, wenn sie so nah waren.

„Nanako, halt die Klappe! Dir passiert nichts! Auf der Strecke wurden Blitzableiter angebracht und wir lassen dich auf keinen Fall los! Und vor den Fallen brauchst du auch keine Angst zu haben, die haben es nur auf die Flieger abgesehen! Reiß dich also zusammen!“, fauchte Jenna. Nanako tat wie geheißen und biss die Zähne zusammen.

„Pfeil von rechts!“, schrie Fuuka.

Sie wichen aus, doch schon kam der nächste aus der entgegengesetzten Richtung und streifte Jennas Arm, der augenblicklich anfing zu bluten. Sie flogen tiefer, um möglichen weiteren Pfeilen auszuweichen, doch genau das schienen die Veranstalter zu erwarten, denn jetzt gerieten sie in einen regelrechten Pfeilhagel. Den meisten Fallen konnten sie um Haaresbreite ausweichen, die nötigen akrobatischen Fertigkeiten hatten sie sich schon wegen der Auftritte angeeignet. Einige trafen sie aber auch, unter anderem blieb einer in Fuukas Arm stecken und sie hatte keine andere Wahl als ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht rauszuziehen. Nanako hingegen war unversehrt geblieben. Scheinbar hatten die Veranstalter vor dem Start darauf geachtet, alle Getragenen mit Schutzmaßnahmen vor den Fallen zu schützen.

Was war das bloß für ein Wettkampf, bei dem die Teilnehmer umkommen konnten?! Jetzt verstand Jenna auch das hohe Preisgeld… Doch sie hatte keine Zeit, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Jetzt musste sie sich erstmal auf die noch vor ihnen liegenden Fallen konzentrieren. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was noch auf sie zukommen würde…

Wie zur Antwort krachte Zentimeter vor ihrer Nase ein Blitz auf einen Blitzableiter am Boden. Das wurde also auch als Falle genutzt… Natürlich…

Sie wechselte einen Blick mit Fuuka und die beiden flogen so schnell sie konnten durch den prasselnden Regen, der immer stärker wurde, sämtliche Geräusche außer dem grollenden Donner verschluckte und ihnen die Sicht raubte. Wie auf Kommando setzten sie ihre Fliegerbrillen auf. Um sie herum verschwammen die Berge im Regen zu einer einzigen matschigen Fläche.

Sie flogen durch eine Bergenge und Felsstücke prasselten auf sie herab. Nanako schrie auf, wurde aber wegen den Schutzmaßnahmen verschont.

Sie fragten sich, ob es den anderen genauso erging, entdecken konnten sie jedenfalls keinen um sich herum. Beim Start waren noch alle beisammen gewesen, jetzt konnte man kein einziges anderes Team mehr erkennen. Gerade als Jenna sich fragte, ob wohl schon jemand gestorben war, sah sie von vorne eine Bombe auf sich zusteuern. Mit einem kräftigen Flügelschlag manövrierten sie sich aus der Schussbahn und hörten ein paar Meter entfernt die Explosion. So ging es fast eine Stunde, sie wurden unter anderem fast von einem riesigen Felsklotz erschlagen, fast von fliegenden Messern erstochen und stürzten fast in die Tiefe der Bergschlucht, weil aus heiterem Himmel ein Netzt auf sie zufiel und sie beinahe mit sich gerissen hätte. Langsam wurde es ihnen zu viel und sie fieberten dem Ende entgegen.

Jetzt konnte Jenna in einiger Entfernung Lichter erkennen und als sie sich näherten, entdeckten sie ein Banner mit der Aufschrift „Ziel“.

Erleichtert setzten sie zu einem Blitzflug an, rechneten schon mit einer Falle auf den letzten Metern, aber es kam keine.

Sie erreichten das Ziel und wurden mit Applaus von den Zuschauern begrüßt. Sogleich dackelte ein Mann an, der sie ins Sanitäterzelt führte, während Nanako sich auf den Weg zurück in die Herberge machte, um den anderen von diesem Abenteuer zu erzählen.

Erst im Trockenen merkten sie, wie durchgefroren sie in Wirklichkeit waren. Auch ihre Verletzungen brannten jetzt 10mal so stark wie vorher. Der Notarzt besah sich Fuukas Pfeilverletzung. Er desinfizierte sie mit einem Spray, dessen Aufschrift sie nicht lesen konnte. Es brannte fürchterlich und Fuuka schrie kurz auf, biss dann aber die Zähne zusammen und ertrug es, als er grob einen Verband um ihren Arm wickelte. Die restlichen Verletzungen versah er mit Pflastern, nur ihre Kopfwunde und die Prellung, die er entdeckte behandelte er noch mit einem Verband.

Jenna hatte etwas mehr Prellungen abbekommen und der Kopf blutete stark, wo sie der Steinschlag getroffen hatte. Sie befühlte ihren Verband, es schien noch alles mehr oder weniger dran zu sein, auch wenn ihr Kopf sich anfühlte, als würde er gleich explodieren. Der Arzt wischte ihr das Blut aus dem Gesicht, bevor die beiden sich bedankten und ins kühle Nass traten.

Das Gewitter hatte noch kein bisschen nachgelassen. Sie waren in der kurzen Zeit noch nicht richtig trocken geworden und wurden auf dem Weg in die Herberge nur noch nasser. Zu allem Überfluss begann Jennas Fußknöchel, den sie sich scheinbar irgendwie verstaucht hatte zu schmerzen und sie begann zu humpeln. Im Eingang entdeckten sie zwei bekannte Gesichter: Ian und Kai… Fuuka stöhnte. Nur nicht die! Alle, nur nicht die!

„Hi!“, begrüße Ian sie freudig.

„Hi…“, maulte sie. Wenn sie dieses überheblich grinsende Gesicht schon sah, wurde ihr schlecht.

„Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz!“

Fuuka horchte auf. Zweiter Platz? Aber wenn die beiden schon hier waren hieß das doch…

„Ich hab’ doch gesagt, ihr seid keine Gegner für uns.“, flüsterte er Fuuka ins Ohr, die angewidert zurückwich.

„Glückwunsch zum ersten Platz, sagte Jenna lächelnd, aber nicht ohne bedrohlichen Unterton.

„Ich hätte ja aber nicht gedacht, dass ihr es tatsächlich schafft, so schnell ins Ziel zu kommen. Naja, dafür seht ihr aber auch ganz schön mitgenommen aus…“ Er besah sich ihre Verletzungen. Sein Bruder ergriff die Initiative, als er Jennas Knöchelverletzung sah und hielt sie von einem Moment auf den anderen in seinen Armen. Diese wurde rot und konnte nur noch Widerworte stammeln. Fuuka und Ian blickten ihnen hinterher. Ian wandte sich zu Fuuka um und kam auf sie zu. Sie hatte eine böse Vorahnung…

„Komm gar nicht erst auf den Gedanken! Ich bin noch nicht mal verletzt! Bleib weg! Es gibt keinen Grund, mich - UAAAAH!!“

Kai trat mit Jenna in das Zimmer, in dem schon die anderen warteten, gefolgt von Ian, der Mühe hatte, Fuuka festzuhalten. Kai setzte die hochrote Jenna auf einem der Betten ab. Husky kam sofort auf sie zugestürzt.

„Habt ihr das Geld?!“

„Wir haben nur den zweiten Platz gemacht…“, murmelte diese. Enttäuscht sah er sie an.

„Und ich dachte, ihr wärt besser…“

Jetzt erst bemerkte er ihre Verletzungen.

„Was hast du denn da gemacht?! Fuuka ist ja auch ganz hinüber!“

„Ich hab’ euch doch von dieser Mörderstrecke erzählt!“, mischte Nanako sich ein. „Die wollten sie bestimmt umbringen! Das war kein Wettbewerb, sondern versuchter Massenmord!!!“

„Du bist ja auch süß!“, bemerkte Ian nach kurzer Betrachtung. Sie war sichtlich geschmeichelt und murmelte etwas von „nett und echte Schönheit“.

Endlich hatte er Fuuka losgelassen, die sich so schnell sie konnte in die gegenüberliegende Ecke flüchtete.

Tayo zückte seine Weltkarte. Nun, da sie hier fertig waren, mussten sie überlegen, was ihr nächstes Ziel war. Als erstes mussten sie in Cellon ihre Vorräte auffüllen. Die Stadt, die als nächstes ihren Weg kreuzen würde, war Armes. Sie musste nach Haning. Die Prinzessin konnte nicht weiterhin ohne gefälschten Pass in der Welt rumlaufen und ein paar Bekannte von ihm, die welche anfertigten, lebten dort. Aber es war ein langer Weg bis dahin, zu lang seiner Meinung nach. Wenn sie Glück hatten würde es nur 3 Monate dauern, aber darauf wollte er sich nicht verlassen, denn der Weg durch die Berge war beschwerlich und sie mussten auch zwischendurch Rast machen, um ihre Show aufzufüllen und ein bisschen Geld zu verdienen. Von der Vorrätebeschaffung mal ganz abgesehen. Außerdem plante er einen Stop in Mizuka, wo es einige besonders wertvolle Schätze zu stehlen geben sollte. Er faltete die Karte wieder zusammen und steckte sie umsichtig zurück in seinen Rucksack.

„Vorräte!“, befahl er Husky und Nanako. Fuuka und Jenna hingegen sollten sich ausruhen, damit sie schnell wieder fit waren, um bei der Überquerung der Berge zu helfen. Husky schnappte sich Nanako und trat mit ihr ins Freie. Es regnete…

Husky fühlte sich wohl. Für ihn war es fast so, als würde er in kühles Wasser eintauchen. Die Tropfen rannen ihm übers Gesicht, als würde er gerade die Wasseroberfläche durchbrechen. Nanako schien es nicht so zu gefallen, aber das war ihm egal.

Husky hatte einen ausgesprochen guten Orientierungssinn und kannte sich in Cellon schon recht gut aus. Einen Metzger fanden sie zwei Straßen weiter, der Bäcker befand sich schräg gegenüber. An einen Obsthändler konnte er sich nicht erinnern, weswegen er einen Passanten nach dem Weg fragte. Die Prinzessin stand ihm nur im Weg. Eigentlich machte es überhaupt keinen Sinn, dass sie mitkam. Er beschloss, dass sie ihm zumindest beim Tragen helfen sollte, auch wenn sie sich dagegen sträuben würde.

Ihr Anführer wollte noch am gleichen Tag den Weg durch die Berge bestreiten.

Sie verstauten ihre Einkäufe im Wagen und machten sich auf den Weg, den Rest der Gruppe abzuholen.

Als sie durch die Tür traten prügelte Fuuka sich mit dem Mann, der sie getragen hatte.

„Die Sachen sind im Wagen, wir können aufbrechen.“

Tayo nickte.

„Mitkommen, helfen?“, fragte er zu den Brüdern gewandt. Die verstanden ihn nicht. Fuuka protestierte sofort und Husky übersetzte: „Ob ihr uns begleitet und uns helft, über die Berge zu kommen. Fuuka und Jenna sind ja verletzt und können gerade nicht wirklich mit anpacken.“

Sie überlegten, stimmten aber zu, da sie eh in die gleiche Richtung mussten.

Einem Befehl ihres Anführers konnte Fuuka nichts entgegensetzen, also entschied sie sich dafür, Ian einfach nicht zu beachten.

Mit Kai hingegen verstand sich jeder.

Der Regen hatte sich etwas gelegt, jetzt nieselte es nur noch.

Die Bergstraßen waren matschig und teilweise schlitterten sie eher den Weg entlang als dass sie fuhren. Ian saß im Wagen der Tantalus und starrte in den bewölkten Himmel. Er war überrascht, aber auch froh über das Angebot des Bosses gewesen. Er mochte diesen Straßenkünstlertrupp und hatte das Gefühl, dass es mehr damit auf sich hatte, als es den Anschein hatte. Außerdem wollten sie ebenfalls nach Armes. Er lehnte sich zurück und schlug Jenna vor, mit ihm Karten zu spielen.

Jenna war müde, lehnte aber trotzdem nicht ab.

Bevor sie aber zum Spielen kamen, hörten sie einen Schrei von draußen und im nächsten Moment kippte der ganze Wagen nach links. Ian rutschte mitsamt den Kisten, die die Vorräte beinhalteten, und den Tantalusmitgliedern an die Wand. Jenna reagierte sofort, stürzte sich zu ihrer Freundin Fuuka nach draußen und breitete ihre Flügel aus.

Fuuka versuchte währenddessen, den abstürzenden Wagen wieder auf den Weg zu bringen. Doch ihr verletzter Arm hinderte sie daran, sich mit voller Kraft gegen ihn zu stemmen. Aber auch sonst wäre er mit all seinen Insassen zu schwer für sie allein gewesen. Sie war unheimlich dankbar für die Hilfe Jennas, die sich Sekunden später aus dem Wagen stürzte. Zusammen schafften sie es wenigstens, dass der Wagen nicht noch weiter absackte. Leider war auch die nicht ganz auf der Höhe…

Plötzlich wurde er leichter und sie hievten ihn so schnell sie konnten den Abhang hoch.

Fuuka sackte erleichtert zusammen und hielt sich den zitternden und schmerzenden Arm, schreckte aber gleich wieder hoch, als sie neben sich Ian entdeckte. Der grinste sie an.

„Na, ’n Dankeschön wär ja wohl mehr als angebracht…“

„Glaubst du ernsthaft, ich würde mich bei DIR bedanken?!“

Fuuka hatte ihn schon so sehr ignoriert gehabt, dass sie ganz vergessen hatte, dass er und sein Bruder mit ihnen reisten. Natürlich war sie froh, dass der Wagen nun doch nicht abgestürzt war, trotzdem entsprachen ihre Worte der Wahrheit: Sie wollte sich einfach nicht bei einem dermaßen selbstgefälligen Kerl bedanken. Sie sah ihn aus bösen Augen an und verschwand wieder ans Steuer. Im Gehen bekam sie gerade noch mit wie Jenna sich stattdessen bedankte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück