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Die Geschichte von Crimson Angel, Lady Baptiste, Bridget O´Hara und Calico Cat

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Die Geschichte von Crimson Angel, Lady Baptiste, Bridget O´Hara und Calico Cat
 

Es war ein wundervoller Tag im März des Jahres 1796. Die Sonne stand hoch am Himmel und es wehte ein stetiger Südostwind. Die englische Brigg Vanity war mit einer Ladung edelster Stoffe von Bombay nach Plymouth unterwegs. Auf ihrem Weg dorthin musste das Schiff die Passage an den Mysteriösen Inseln vorbei nehmen. In diesem Seegebiet waren schon dutzende Schiffe verloren gegangen und so mancher brave Seemann blieb für immer verschollen. „Seid auf der Hut, wenn Ihr die Mysterious Islands passiert.“, hatte der Betreiber einer Taverne im Hafen von Bombay gesagt. „So und warum?“, wollte Captain Jonas Priestley wissen. „Man sagt, dass dort vier Piratinnen ihr Unwesen treiben.“, hatte der Tavernenbesitzer geantwortet. „Und wer soll das sein?“, wollte der Kapitän der Vanity wissen. „Lady Baptiste, Calico Cat, Bridget O´Hara und Crimson Angel.“, hatte der Wirt geantwortet. „Ich betrachte mich als gewarnt. Aber seid unbesorgt. Meine Vanity hat schon so manchen Pirat ausgesegelt.“, sagte Captain Priestley. „Wie Ihr meint. Möge Gottes Hand euch beschützen.“, sagte der Besitzer der Taverne.
 

Das ganze war nun schon vier Tage her. Seit ihrem Auslaufen aus Bombay hatte die Vanity 1.345 Seemeilen zurückgelegt. Es war der späte Nachmittag als die Brigg die Insel Union Island passierte, eine Kolonie der Vereinigten Staaten von Amerika. Kapitän Priestley ging wie immer auf seinem Achterdeck auf und ab. Wie immer, wenn er über irgendwelche Probleme nachdachte. Der jähe Ruf des Ausgucks im Krähennest der Vanity riss den Kommandanten aus seinen Gedanken. „Segel in Sicht! Drei Strich Backbord voraus!“ „Können Sie erkennen, was für ein Schiff Mr. Longley?“ rief Jonas Priestley nach oben. „Ein Schoner Sir. Drei Masten.“, war die Antwort. Jonas Priestley griff sich ein Fernrohr und suchte den Horizont auf der Backbordseite ab. Und schon bald hatte er den Schoner im Blickfeld. Unter dem Bugspriet konnte er ganz deutlich die Galionsfigur sehen. Eine goldene Gorgone. „Mr. Ellington! Ändern Sie den Kurs und gehen Sie zwei Strich höher an den Wind.“, sagte der Kapitän. „Aye aye Sir.“, bestätigte der erste Offizier der Vanity, Clifford Ellington, den Befehl. Die Vanity ging auf den neuen Kurs und Jonas Priestley spürte, wie das Schiff schneller wurde.
 

An Bord der Golden Medusa beobachtete die Piratin Lady Baptiste durch ihr Fernrohr wie die Vanity auf den neuen Kurs ging. „Merde! Dieser Engländer entkommt uns. Verfolgung abbrechen.“, sagte Lady Baptiste. Der Schoner drehte ab.
 

An Bord der Vanity atmeten die Männer erleichtert auf, als sie sahen, wie die Golden Medusa abdrehte. „Da haben wir ja noch mal Schwein gehabt, dass wir diese Piratenschweine abgehängt haben.“, sagte der Stückmeister Arnold Skykes zu Kapitän Priestley. „Ja, Mr. Skykes. Dieses Mal sind wir noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Welches Schiff war das?“, entgegnete der Kommandant. „Das war die Golden Medusa Sir. Wir sind gerade auf Lady Baptiste getroffen Captain.“, sagte der Stückmeister. „Wir hatten dieses Mal Glück. Aber es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass der Blitz niemals zweimal an der gleichen Stelle einschlägt, Captain.“, sagte der erste Offizier der Vanity. 1
 

Nur zwei Tage später erreichte die Vanity den sicheren Hafen von Ashby auf der Insel Lamalera. Während das Schiff neue Vorräte und frisches Wasser an Bord nahm, suchte Jonas Priestley den Gouverneur der Stadt, Sir Alexander Crichton, auf. „Wir konnten der Golden Medusa gerade so entkommen. Ich brauche Informationen, wer sich in den Gewässern um ihren Hafen herumtreibt, damit ich meine Route entsprechend planen kann.“, sagte der Kapitän der Brigg. „Ich habe Berichte von meinen Spähern erhalten, dass die Ladys Scorn, dass Schiff von Calico Cat, des öfteren in diesen Gewässern gesichtet worden ist.“, sagte der Gouverneur. „Danke für diese wertvolle Information, Exzellenz.“, sagte Captain Priestley und verließ den Gouverneurspalast um zu seinem Schiff zurückzukehren.
 

Als er an Bord kam, sagte sein erster Offizier: „Wir haben die Proviantübernahme abgeschlossen Captain.“ „Gut, Mr. Ellington. Wir bleiben bis morgen hier in Ashby. Die Sonne geht schon unter und ich möchte nicht im Dunkeln einem Piraten in die Fänge segeln.“, sagte der Kapitän. „Aye Sir.“, sagte Clifford Ellington. Die Mannschaft der Vanity freute sich, dass sie seit ihrem Aufenthalt in Indien wieder einmal Landurlaub hatte. Bevor die Matrosen von Bord gingen schärfte der erste Offizier ihnen folgendes ein: „Besauft euch nicht bis zum Stehkragen. Ihr müsst morgen voll konzentriert sein. Ihr wisst alle, dass ein falscher Handgriff, das Schiff und uns alle in Lebensgefahr bringen kann. Und noch was: Lasst euch auf keine Schlägerei ein. Ich möchte euch nicht aus dem Zuchthaus holen müssen.“ „Sie können sich auf uns verlassen. Wir sind rechtzeitig wieder an Bord.“, sagte ein Matrose. „Ich nehme sie beim Wort, Mr. Gibbons. Sie sind für die Leute verantwortlich.“, sagte Clifford Ellington.
 

Am nächsten Morgen lief die Vanity mit der Flut aus. Die Mannschaft hatte Wort gehalten und war rechtzeitig an Bord zurückgekehrt. Keiner war besoffen oder hatte sich geprügelt. „Das haben Sie gut gemacht Mr. Ellington.“, lobte Jonas Priestley seinen ersten Offizier. Am späten Nachmittag passierte die Brigg Port au France. Kapitän Priestley ging gerade wieder auf seinem Achterdeck auf und ab, als der Ausguck ein Schiff sichtete. „Segel in Sicht! Drei Strich Steuerbord voraus!“, rief er nach unten. „Können Sie das Schiff identifizieren?“, rief Clifford Ellington nach oben. „Ein Rahsegler Sir! 4 Masten!“, kam die Antwort. „Können Sie noch etwas erkennen?“, fragte der erste Offizier. „Es ist die Cassandra Sir!“ „Gut gemacht Mr. Pickett.“, sagte Clifford Ellington.
 

„Captain. Wir haben Gesellschaft bekommen. Die Cassandra nähert sich von der Steuerbordseite.“, sagte Clifford Ellington zu Captain Priestley. „Das gefällt mir nicht, Mr. Ellington. Die Cassandra hat mehr Masten als wir. Sie kann schneller segeln, als die Vanity und hat die höhere Feuerkraft. Sie mindestens zwei Batteriedecks mit 22 32-Pfündern auf jeder Seite. Wir haben nur 14 7-Pfünder.“, sagte der Kapitän der Brigg. „Wir haben aber den Vorteil, des geringeren Gewichts und somit auch des geringeren Tiefgangs. Während wir noch über eine Untiefe segeln können, wird sich diese Fregatte dort den Kiel aufreißen.“, sagte Clifford Ellington. „Das leuchtet ein. Aber wie gut stehen unsere Chancen eine Untiefe zu erreichen, die der Cassandra zum Verhängnis werden könnte? Auf den Karten ist im Umkreis von 30 Seemeilen nichts verzeichnet.“, sagte Jonas Priestley. Wie um seine Worte zu unterstreichen schlug eine 32-Pfund-Kugel der Cassandra vor dem Bug der Vanity ins Wasser. „Hoppla. Das war aber knapp.“, sagte Clifford Ellington. 2
 

„Verdammt knapp. Das war eine Warnung. Mr. Ellington.“, sagte Kapitän Priestley. Im nächsten Augenblick flog eine weitere Kugel heran und fällte den ersten Mast der Vanity. Sofort verlor die kleine Brigg an Geschwindigkeit. „Was sollen wir tun Captain“, fragte der erste Offizier. „Wir können uns nur ergeben. Streichen Sie die Flagge Mr. Ellington. Und dann machen Sie die Rettungsboote klar.“, sagte der Kapitän schweren Herzens. „Aye Sir.“, sagte der erste Offizier niedergeschlagen und kappte die Flaggleine. Die englische Flagge sank. „Macht die Rettungsboote klar.“, befahl Clifford Ellington der Mannschaft der Vanity.
 

An Bord der Cassandra blickte Crimson Angel durch ihr Fernrohr und sah was die Matrosen auf der Vanity trieben. „Die machen die Rettungsboote klar. Aber nicht mit uns. Wenn auch nur eines der Boote nach Port au France entkommt, werden die Franzosen uns jagen. Wir gehen ganz dicht ran und entern die Vanity. Keine Überlebenden.“, sagte Crimson Angel kalt.
 

Nur kurze Zeit später rammte die Fregatte die Brigg und die Piraten sprangen über das Schanzkleid noch ehe die Mannschaft der Vanity die Gelegenheit hatte, sich auf den Enternagriff vorzubereiten. Die Piraten metzelten gnadenlos jeden nieder, der sich ihnen in den Weg stellte. Jonas Priestley sah, wie sein erster Offizier von einer Pistolenkugel tödlich getroffen zu Boden sank. „Und jetzt sind Sie dran.“, sagte eine Frauenstimme. Jonas Priestley drehte sich langsam um. „Wer sind sie?“, fragte er wütend. „Ich bin Crimson Angel.“, sagte die Piratin. „Ich habe die Flagge gestrichen. Es gibt Kriegsgesetze.“, sagte Captain Priestley. „Ich weiß. Aber ich kann nicht zulassen, dass ihre Männer mich bei den französischen Behörden melden.“, sagte Crimson Angel kalt. Dann feuerte sie ihre Pistole, die sie auf Jonas Priestley gerichtet hatte, ab. Die Kugel traf den englischen Kapitän mitten in die Brust. „Durchsucht die Laderäume. Nehmt mit, was ihr dort findet. Dann versenkt das Schiff.“, befahl Crimson Angel. „Aye Captain.“, sagte der erste Offizier Jack Ryan.
 

Nachdem die Piraten die Frachträume der Vanity geplündert hatten legten sie eine lange Lunte zum Pulverlager, um rechtzeitig außer Reichweite zu sein, wenn die Brigg in die Luft flog. Als das beendet war, kehrten Crimson Angel und ihre Piraten auf die Cassandra zurück und drehten ab. Als die Fregatte 35 Seemeilen weg war, erschütterte eine laute Detonation die Luft. Wrackteile wurden in die Luft geschleudert. „Das war’s. Die Vanity gibt´s nicht mehr.“, sagte Crimson Angel. „Wir sollten schleunigst von hier verschwinden. Die in Port au France werden die Explosion vielleicht auch gehört haben. Und dann können wir vielleicht der Magnifique begegnen. Und was dann passiert brauche ich nicht extra zu sagen, Captain.“, sagte Jack Ryan. „Ich weiß, Mr. Ryan. Neuer Kurs Südost.“, sagte Crimson Angel gereizt. Die Cassandra ging auf den neuen Kurs. Crimson Angel ahnte nicht, dass die holländische Fregatte Statendam den Überfall auf die Vanity beobachtet hatte.
 

In Port au France hatte man die Explosion der Vanity mitbekommen. Auch auf dem Flaggschiff des französischen Pazifikgeschwaders der La Magnifique. „Was zum Henker war das?“, fragte Admiral Gilbert Faucon seinen Flaggleutnant Cyril Dechamps. „Wahrscheinlich ist ein Schiff in die Luft geflogen.“, sagte der Leutnant. Plötzlich kam der Kapitän der Magnifique. Er war ganz aufgeregt. „Was ist?“, fragte der Admiral. „Die Statendam läuft ein, Monsieur le Admiral.“, sagte Kapitän Georges Desailly. 3
 

„Lassen Sie den Kommandanten zum Rapport an Bord bitten Kapitän.“, sagte Admiral Faucon. „Oui, Monsieur Le Admiral.“, sagte Capitaine Desailly. Die Magnifique setzte die Kennung der Statendam und das Flaggensignal „Kommandant zum Rapport“. Nur kurze Zeit später ging die Kapitänsbarkasse der Statendam an dem französischen 74er längsseits. Kapitän Eric van Breukelen erklomm schnell die Jakobsleiter und erschien schon bald auf dem Hauptdeck. Die Bootsmannsmaaten pfiffen Seite, die Seesoldaten schulterten Ihre Musketen mit den aufpflanzten Bajonetten. Kapitän van Breukelen grüßte traditionell mit seinem Hut in Richtung Achterdeck. „Bitte kommen Sie mit, Monsieur le Capitaine. Admiral Faucon erwartet Sie bereits.“, sagte Georges Desailly. „Wie Sie wünschen.“, sagte der Kapitän der Statendam.
 

Admiral Faucons Flaggkapitän führte den holländischen Kapitän in die Kajüte seines Admirals. Der Posten vor der Admiralskajüte stampfte seine Muskete auf den Boden und rief: „Der Flaggkapitän!“ „Entrez Capitaine.“, hörte man den Admiral. Georges Desailly trat ein, gefolgt von Kapitän van Breukelen. Beim Anblick des französischen Admirals verschlug es dem Holländer die Sprache. Er hatte einen fetten Alten Mann erwartet. Admiral Jacques Faucon war bereits 70 Jahre alt, doch er war alles andere als fett. Er war schlank und erfreute sich bester Gesundheit. „Bitte nehmen Sie Platz, Capitaine.“, sagte Admiral Faucon und bot dem holländischen Kapitän den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch an. „Danke vielmals.“, sagte der Kapitän der Statendam. „Ich möchte gleich zur Sache kommen. Vor Port au France hat es eine gewaltige Explosion gegeben. Mich würde interessieren was passiert ist.“, sagte der französische Admiral. „Die Piratenfregatte Cassandra hat die englische Brigg Vanity angegriffen und geplündert. Es gab keine Überlebenden.“, sagte Eric van Breukelen. „Also hat Crimson Angel mal wieder zugeschlagen. Ich habe folgenden Auftrag für Sie, Capitaine. Segeln Sie unverzüglich nach Ashby und überbringen Sie Gouverneur Crichton diese Nachricht.“, sagte Admiral Faucon.
 

Es war bereits Abend geworden, als Eric van Breukelen auf sein Schiff zurückkehrte. „Haben wir eine neue Order?“, fragte sein erster Offizier Hans van der Marweijk. „Davon können Sie ausgehen. Wir sollen nach Ashby segeln und dem dortigen Gouverneur die Nachricht von der Vernichtung der Vanity überbringen.“, sagte Kapitän van Breukelen. „Die Engländer werden sich freuen.“, sagte der erste Offizier. „Es wird Zeit, das jemand diesen vier Piratinnen in den Arsch tritt.“, sagte Eric van Breukelen. Kurz nach dem Einbruch der Dunkelheit lichtete die Statendam die Anker. „Kurs Südwest zu West.“, befahl Kapitän van Breukelen. Die Fregatte begab sich auf ihre schicksalhafte Reise.
 

Bereits am nächsten Morgen lief die holländische Fregatte in den Hafen von Ashby ein. Die Bevölkerung der Stadt staunte nicht schlecht, als eine 48-Kanonen-Fregatte der Holländer in den Hafen einlief, die Anker warf und ihre Kapitänsbarkasse aussetzte. „Was wollen die denn hier?“, fragte ein Kaufmann den Kommandanten der örtlichen Miliz. „Was weiß ich.“, sagte der Milizionär schroff. Schließlich kam der holländische Kapitän an Land. „Ich brauche jemanden, der mich zum Gouverneurspalast bringt. Admiral Jacques Faucon schickt mich.“, sagte Eric van Breukelen. „Kommen Sie mit.“, sagte der Sergeant der Miliz und ging zum Palast von Sir Alexander Crichton. Dort angekommen ging er direkt zum Arbeitszimmer des Gouverneurs und klopfte. „Treten Sie ein.“, hörte man Sir Alexander sagen. 4
 

„Mylord, eine holländische 48-Kanonen-Fregatte ist vor ein paar Minuten in den Hafen eingelaufen. Ihr Kapitän möchte euch sprechen.“, sagte der Milizionär. „Er soll eintreten.“, sagte Sir Alexander. Eric van Breukelen betrat das Zimmer. „Nehmen Sie doch Platz Kapitän. Es ist das erste Mal, dass eine holländische Fregatte mit 48 Kanonen uns einen Besuch abstattet. Was führt Sie zu mir?“, sagte der Gouverneur. „Euer Exzellenz, ich habe die traurige Pflicht, Ihnen den Verlust der Brigg Vanity zu melden.“, sagte Kapitän van Breukelen. „Wann ist es passiert?“, wollte Alexander Crichton wissen. „Gestern euer Exzellenz. Die Piratenfregatte Cassandra hat die Brigg überfallen. Keiner der Mannschaft hat den Überfall überlebt. Wir kamen leider zu spät und konnten nicht mehr helfen.“, sagte Eric van Breukelen. „Ist schon in Ordnung. Aber der Verlust der Vanity ist schon tragisch. Wo wurde die Brigg überfallen?“, wollte Sir Alexander wissen. „Vor Port au France. Admiral Jacques Faucon hat mich beauftragt Ihnen den Verlust zu melden. Er wünscht Ihnen herzliches Beileid.“, sagte der Kapitän der Statendam. „Danke Kapitän. Ich werde unser Geschwader in höchste Alarmbereitschaft versetzen. Crimson Angel wird nicht ungestraft davon kommen.“, sagte der Gouverneur.
 

Am späten Nachmittag lichtete die Statendam die Anker und machte sich auf den Weg zu ihrem Heimathafen Timor. Die Einwohner von Ashby sahen ihr nach, bis die Fregatte am Horizont verschwunden war. „Schon wieder eines unserer Schiffe zum Teufel.“, sagte ein Händler. „Und noch eine arme Mannschaft, die nicht wieder nach Hause zurückkehren wird. Diese Seeleute haben Frau und Kinder, die nun in finanzielle Nöte gestürzt werden.“, sagte ein anderer Kaufmann. „Es muss etwas getan werden.“, sagte der hiesige Tavernkeeper. „Normalerweise würde ich so was nicht sagen, weil ich Franzosen, Spanier und diese abtrünnigen Amerikaner nicht leiden kann, aber Gouverneur Crichton sollte die anderen um Hilfe bitten.“, sagte der Waffenschmied. „Und nicht nur das. Unser Hafen sollte von zwei feuerkräftigen Festungen gesichert werden.“, sagte ein Plantagenbesitzer. „Und woher sollen wir das Geld nehmen? Vom Baumaterial ganz zu schweigen. Ganz abgesehen davon brauchen wir noch Kanonen und Soldaten, die diese auch bedienen können.“, sagte der Sergeant der Miliz. „Und wir haben noch nicht mal eine richtige Garnison hier, nur eine Miliz.“, sagte der Hafenadmiral.
 

Am späten Abend lief ein 4-Mast-Schoner in den Hafen von Ashby ein. Es war die Kensington unter dem Kommando von Kapitän Howard Stern. Der Gouverneur war höchstpersönlich zum Hafen gekommen, als der Schoner den Anker warf. Nur kurze Zeit später ließ die Besatzung der Kensington die Barkasse des Kapitäns zu Wasser um Kapitän Stern an Land zu bringen. Als dieser an Land kam, ging Sir Alexander Crichton auf ihn zu und sagte: „Willkommen in Ashby Captain Stern. Ich habe einen dringenden Auftrag. Dieser Brief muss so schnell wie möglich nach London in die Admiralität.“ „Ich übernehme den Auftrag, Euer Exzellenz.“, sagte Howard Stern. „Danke Captain. Ich wusste ich, kann mich auf Sie verlassen. Wir kämpfen hier auf verlorenem Posten gegen die Piraterie. Erst gestern ging die Vanity verloren. Und mit ihr 30 Mann Besatzung. Die Piratenfregatte Cassandra hat das Schiff überfallen. Unser Geschwader patrouilliert ununterbrochen, aber von der Fregatte keine Spur.“, sagte der Gouverneur. „Das sind aber sehr schlechte Neuigkeiten, Mylord. Die in London werden das gar nicht gerne hören.“, sagte Howard Stern. „Solange wir hier unten keine Hilfe bekommen, wird die Piraterie hier florieren. Die Besatzungen unserer Kriegsschiffe sind übermüdet, die Schiffe müssten mal ins Dock. Und wir haben noch nicht mal eine richtige Garnison. Nur eine Miliz.“, sagte Gouverneur Crichton. 5
 

Die Kensington blieb über Nacht in Ashby, denn Howard Stern wollte auf gar keinen Fall irgendwelchen Piraten in die Hände fallen. Wie bei der Royal Navy Tradition, lud der Kapitän seine Offiziere an diesem Abend zum Essen in seine Kajüte. „Meine Herren, wir müssen morgen bei Sonnenaufgang mit der Flut auslaufen.“, sagte Howard Stern. „Das hat sicher einen bestimmten Grund.“, mutmaßte sein erster Offizier Corey Hanson. „Wir haben die Order eine Nachricht von Gouverneur Crichton nach London zur Admiralität zu bringen. Sie können davon ausgehen, dass die hiesigen Piraten alles daransetzen werden, um zu verhindern, dass die Depesche in White Hall ankommt.“, sagte der Kapitän. „Dann werden wir den Piraten mal zeigen, was die Kensington so draufhat. Die werden sich schon wundern.“, sagte Israel Taylor, der Navigator.
 

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, lichtete der Schoner Kensington die Anker und verließ Ashby. Als das Schiff die offene See erreicht hatte, befahl Howard Stern: „Mr. Hanson Kurs Nordwest.“ „Kurs Nordwest. Aye Sir.“, kam die Bestätigung. Das Schiff ging auf den neuen Kurs und nahm schnell Fahrt auf. Doch ein Pirat hatte den Schoner entdeckt. Es war die Fregatte Sunrise, die der irischen Piratin Bridget O´Hara gehörte. „Sieh an. Ein englischer Schoner. Das ist bestimmt eine lohnende Beute. Wir verfolgen diesen Engländer. Kurs Nordost.“, befahl die Irin. „Aye Captain.“, sagte der erste Offizier Ryan O´Kelly. Die Sunrise nahm die Verfolgung auf. Auf der Kensington sah Howard Stern durch sein Fernrohr und sah, wie die Fregatte Fahrt aufnahm. „Da ist ja schon ein Pirat. Und es ist die Sunrise. Ja, ja Bridget O´Hara. Das hättest du wohl gern, was?“, sagte Kapitän Stern. Unterdessen näherte sich die Sunrise immer mehr dem Schoner. „Noch drei Seemeilen und wir haben sie.“, sagte Ryan O´Kelly. „Ich weiß.“, sagte Bridget.
 

Auf der Kensington sah Corey Hanson, dass die Sunrise immer mehr aufholte. „Was machen wir, Sir?“, fragte er den Kapitän. „Alles genau nach Plan. Kursänderung nach Nordost auf mein Zeichen in einer Minute.“, sagte der Kapitän. An Bord der Sunrise sah Bridget O´Hara durch ihr Fernrohr und setzte es schließlich verblüfft wieder ab. „Dieser Engländer scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Aber das wird sich ändern, wenn er eine 32-Pfund-Kugel als Warnung vor den Bug bekommt.“, sagte die Irin kalt. Nur kurze Zeit später feuerte ein Geschütz dem Schoner den Schuss vor den Bug. Genau darauf hatte Howard Stern gewartet. „Kurs Nordost!“, befahl er. Die Kensington ging auf den neuen Kurs und segelte auf eine gefährliche Untiefe zu. Doch der geringere Tiefgang des Schoners gegenüber der Sunrise war hier von entscheidendem Vorteil.
 

An Bord der Sunrise ließ Bridget O´Hara erneut das Fernrohr sinken. „Was hat der Engländer denn jetzt vor?“, fragte sie. „Keine Ahnung.“, sagte der Bootsmann der Fregatte. „Wir schneiden ihm den Weg ab. Kurs Nord.“, befahl die Piratin. Ein verhängnisvoller Fehler, wie sich bald herausstellen sollte. Denn an Bord der Kensington hatte Kapitän Howard Stern die Sunrise genau beobachtet. „Die Falle hat zugeschnappt. Gehen Sie wieder auf den ursprünglichen Kurs, Mr. Hanson.“, befahl der Kapitän. „Aye, aye Sir.“, sagte der erste Offizier. Der Schoner ging wieder auf den ursprünglichen Kurs und lief der Fregatte davon. „Was macht der Engländer denn jetzt schon wieder?“, fragte Bridget O´Hara. Kaum hatte sie ihre Frage gestellt, hatte die Sunrise Grundberührung. „Dieser verdammte englische Schuft. Hat der uns doch glatt in eine Falle gelockt.“, sagte Ryan O´Kelly. 6
 

„Sehen Sie nach, ob wir irgendwo ein Leck haben! Dichten Sie es ab. Dann sehen Sie zu, dass Sie uns hier wieder rauskriegen.“, befahl die Irin. Auf der Kensington brach die Mannschaft in Jubel aus, als sie sah, wie die Sunrise auf der Untiefe auflief. „Das kostet ordentlich Zeit. Bis die das Schiff wieder flott haben, vergehen bestimmt Tage, wenn nicht sogar Monate.“, sagte Howard Stern zufrieden. „Das war wirklich clever. Die Havarie der Sunrise wird andere Piraten abschrecken.“, sagte der erste Offizier des Schoners. Die Kensington setzte ihre Reise fort und erreichte am 25. März den sicheren Hafen von Gibraltar, wo sie neue Vorräte bunkerte und frisches Wasser aufnahm. Während Corey Hanson die Verproviantierung überwachte, hatte Howard Stern eine Audienz beim Gouverneur der Stadt. Dort berichtete er in allen Einzelheiten seine Begegnung mit der Sunrise.
 

„Das war eine tolle Idee. Aber das wird die Piraten nur vorübergehend aufhalten. Sobald die Sunrise wieder flott ist, wird es wieder losgehen. Sie haben einen Aufschub von vielleicht 2-3 Monaten erreicht.“, sagte der Gouverneur. „Das sollte uns aber genügend Zeit verschaffen, um ein paar Truppen nach Ashby zu bringen.“, sagte Kapitän Stern. „Wie darf ich das verstehen?“, fragte Gouverneur Bond. „Gouverneur Crichton hat mir einen Brief an die Lords der Admiralität mitgegeben. Ich denke, dass Bridget O´Hara von dieser Nachricht gewusst hat. Denn sonst hätte sie uns nicht aufgelauert. Jetzt, da die Sunrise vorerst außer Gefecht gesetzt ist, sollten wir die Gelegenheit nutzen und dort ein paar Truppen stationieren.“, sagte Howard Stern. „Das leuchtet ein. Sie haben eine große Verantwortung übernommen, als Sie die Mission angenommen haben, Captain Stern.“, sagte der Gouverneur. „Ich habe ein gutes Schiff und eine gute Mannschaft.“, sagte Kapitän Stern. „Und Sie haben gute seemännische Fähigkeiten. Wenn Sie diese Mission erfolgreich abschließen, winkt ihnen mit Sicherheit die Beförderung zum Kommodore.“, sagte Gouverneur Bond.
 

Am Abend kehrte Howard Stern auf sein Schiff zurück. „Wir haben genügend Proviant und genügend Frischwasser um die letzte Etappe nach London in Angriff zu nehmen, Sir.“, sagte Corey Hanson, als sein Kommandant wieder an Bord war. „Das sind gute Neuigkeiten. Wir laufen noch heute aus. Lassen Sie den Anker lichten und die Segel setzen.“, befahl der Kapitän. „Aye Sir. Den Anker lichten. Segel setzen. Hief! Hief! Hief! Na los ihr faulen Hunde. Oder soll ich euch Beine machen?“, rief der erste Offizier über das Deck. Der Schoner verließ die Reede von Gibraltar und nahm Kurs auf die offene See. „In Ordnung. Kurs Nord.“, befahl der Kapitän.
 

Nach vier weiteren Reisetagen erreichte die Kensington den Hafen von London. Howard Stern hatte jeden Fetzen Segel setzen lassen. Da er sich der Dringlichkeit seiner Nachricht bewusst war, ließ Kapitän Stern die Kapitänsbarkasse klar machen und sich an Land rudern. Am Kai wartete schon eine Kutsche, die ihn auf dem schnellsten Weg zur Admiralität bringen sollte. Kapitän Stern bestieg die Kutsche und fuhr direkt nach White Hall. Dort angekommen bat er um eine Audienz beim ersten Lord der Admiralität, Lord William Leary. Der Diener befahl dem Kommandanten der Kensington, ihm zu folgen und führte ihn schnurstracks zum Büro von Lord Leary. „Warten Sie hier Captain.“, sagte der Diener und klopfte. „Herein.“, sagte der erste Lord der Admiralität. Der Diener ging in das Büro und schloss die dicke Eichenholztür hinter sich.

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Nach fünf Minuten kam der Diener wieder heraus, ließ die Tür aber offen. „Sie können hineingehen Captain Stern.“, sagte er. Howard Stern betrat das elegant eingerichtete Büro des ersten Seelords. „Willkommen in White Hall Captain. Mr. Tyler hat mich informiert, dass Sie eine dringende Nachricht von Sir Alexander Crichton für mich haben.“, sagte Lord William Leary. „Das ist korrekt, Mylord. Hier ist der Brief.“, sagte Howard Stern und überreichte dem ersten Seelord die Depesche des Gouverneurs. Lord William Leary las sich die Nachricht aufmerksam durch. „Das sind schreckliche Nachrichten, Captain Stern. Die Miliz in Ashby hat nur das Allernötigste, Das dortige Geschwader ist auch nicht besser dran. Aber mich würde eines interessieren.“, sagte der oberste Lord der Admiralität. „Und was wäre das, Mylord?“, hakte Howard Stern vorsichtig nach. „Sind Sie nach ihrem Auslaufen aus Ashby einem Piraten begegnet?“, fragte Lord William Leary. „Der Sunrise, Mylord.“, antwortete der Kommandant der Kensington. „Das ist das Schiff von Bridget O´Hara, nicht wahr?“, wollte Lord Leary wissen. „Jawohl, Sir. Doch wir konnten die Sunrise in eine Falle locken und somit für längere Zeit außer Gefecht setzen.“, sagte Captain Stern. „Ich habe Ihren Bericht gelesen. Eine taktische Meisterleistung.“, sagte der erste Seelord.
 

„Danke Sir.“, sagte Howard Stern. „Ganz London spricht von diesem Husarenstück. Ich finde, Sie haben sich den Kommodrewimpel mehr als verdient. Ihre Ernennung erhalten Sie dann in zwei Tagen.“, sagte Lord William Leary. „Jawohl, Sir.“, sagte der Kapitän der Kensington. „Sie wissen, dass Sie Ihr Schiff werden abgeben müssen. Sie bekommen mit ihrem neuen Rang auch ein neues Kommando.“, sagte der oberste Lord der Admiralität. „Danke Sir.“, sagte Howard Stern.
 

Nach diesem Gespräch mit dem ersten Lord verließ der Kommandant der Kensington das Gebäude der Admiralität. Als er wieder an Bord der Kensington kam, sagte er zu seinem ersten Offizier: „Lord Leary will mich zum Kommodore befördern. Das heißt für Sie, dass Sie nun ihre zweite Epaulette bekommen werden.“ Corey Hanson verschlug es die Sprache. „Könnten Sie das noch mal wiederholen Sir?“, fragte er baff. „Sie haben richtig gehört Mr. Hanson. Sie werden zum Kapitän befördert.“, sagte Howard Stern. „Werden Sie ein neues Kommando erhalten Sir?“, fragte Corey Hanson. „Voraussichtlich. Aber wir müssen die nächsten zwei Tage abwarten.“, sagte Captain Stern.
 

Die zwei Tage gingen schnell vorbei. Diese Zeit hatten Howard Stern und seine Mannschaft damit verbracht, die Kensington auf Vordermann zu bringen. Es wurde geschrubbt, gestrichen, gespleißt, gebohnert und poliert. Die nautischen Instrumente wurden überprüft. Am dritten Tag kam ein Bote der Admiralität und überbrachte dem frischgebackenen Kommodore eine Nachricht der Admiralität, die unter anderem den Wimpel eines Kommodore sowie ein Schreiben für ein neues Kommando enthielt.
 

Als der Bote an Bord kam stand Kapitän Stern auf dem Achterdeck. Der Bote eilte zu ihm und sagte: „Herr Kommodore, das ist von der Admiralität. Lord Leary wird Ihnen nach der Übernahme ihres neuen Kommandos Ihre neuen Befehle aushändigen.“ „Danke. Wann soll die Übergabe des Kommandos stattfinden?“, fragte Howard Stern den Boten. „Ich bedaure. Aber ich habe leider keine Ahnung.“, antwortete der Bote. 8
 

Der Bote verließ die Kensington. Kommodore Stern ging in seine einstige Kabine und ließ sich auf der Couch an den Fenstern nieder. Er brach das Siegel und sah sich den Inhalt des Paketes an. Es enthielt einen blauen Kommodorewimpel und ein zweiten versiegelten Umschlag. Howard Stern öffnete auch dieses Siegel und las den Brief. „Sie werden angewiesen unverzüglich an Bord des Linienschiffes Nautilus zu gehen.“, war dort zu lesen. Howard Stern klappte der Unterkiefer runter. Er hatte schon von diesem Schiff gehört. Er las weiter. „Commander Hanson wird hiermit zum Kapitän befördert.“, stand in der Nachricht. Kommodore Stern entnahm die zweite Epaulette. Als Howard Stern wieder an Deck kam, hatte sich seine Mannschaft bereits versammelt. „Männer, uns steht eine neue Herausforderung bevor. Man hat mich in den Rang eines Kommodre befördert und Commander Hanson ist zum Kapitän aufgestiegen. Wir verlassen die Kensington, die für 5 Jahre unser zu Hause war. Ab sofort werden wir auf dem Stolz der Royal Navy unseren Dienst verrichten. Dem 74-Kanonen-Linienschiff HMS Nautilus.“, sagte Howard Stern. Die Mannschaft jubelte. Kaum war der Jubel verebbt, pfiffen die Bootsmannsmaaten Seite. Howard Stern sah wie sein Nachfolger an Bord kam. „Kommodere Stern, Captain Daniel Vernon meldet sich zur Stelle.“, sagte der Offizier. „Stehen Sie bequem, Captain.“, sagte Kommodere Stern. „Danke Sir.“, sagte David Vernon.
 

„Hiermit übergebe ich Ihnen das Kommando über seiner Majestät Schiff HMS Kensington.“, sagte Howard Stern. „Ich bestätige die Übergabe und übernehme hiermit das Kommando.“, sagte Daniel Vernon. „Die Kensington ist ein gutes Schiff Captain. Sie hat sogar die Sunrise ausmanövriert.“, sagte der Kommodore. „Ich habe gehört, dass Sie ihre Männer mit an Bord der Nautilus nehmen werden.“, entgegnete Captain Vernon. „Das ist wahr. Doch ich bin mir sicher, dass man Ihnen angemessenen Ersatz geben wird. Viele alte Schiffe werden wohl außer Dienst gestellt und ihre Mannschaften entsprechend verteilt.“, erwiderte der ehemalige Kommandant des Schoners. „Ich möchte Ihnen etwas im Vertrauen sagen Kommodore. Ich habe gehört, dass Sie mit einem Verband zu den Mysterious Islands segeln sollen.“, sagte Daniel Vernon.
 

Seit dem Eintreffen der Kensington am 29. März waren drei ereignisreiche Tage vergangen. Man schrieb Freitag, den 2. April 1796. Kommodore Stern war mit seinem neuen Kapitän Corey Hanson in der Werft und sah sich sein neues Kommando an. Die HMS Nautilus war das neueste Linienschiff. Ihre zwei Batteriedecks trugen 44 34-Pfund-Kanonen und auf dem Oberdeck darüber waren Backbord und Steuerbord noch einmal 15 32-Pfünder aufgestellt. „Ein schönes Schiff. Aber wir werden nur 45 Mann Besatzung haben. Und wir brauchen mindestens 800 Leute.“, warf Corey Hanson ein. „Das überlassen Sie ruhig mir. Ich weiß wo man gute Seeleute rekrutieren kann.“, sagte Kommodore Stern.
 

Am Montag, den 5. April 1796 wurde die Nautilus dann in Dienst gestellt. Kommodere Howard Stern stand auf dem Achterdeck. Corey Hanson, mittlerweile zum Kapitän befördert stand neben ihm. „Wir haben keine Offiziere an Bord.“, sagte der Kapitän. „Ich weiß. Aber die kriegen wir noch. Das kann aber dauern.“, sagte der Kommodore. „Wäre es nicht angebracht, dass Sie eine kleine Ansprache halten?“, fragte Corey Hanson. „Männer! Eine neue Herausforderung liegt vor uns. Wir haben unser neues Schiff betreten und müssen es erst kennenlernen. Seid Ihr bereit, euer Bestes zu geben?“, sagte Howard Stern. Ein lautes „Jawohl Herr Kommodore!“ scholl ihm entgegen. Israel Taylor sah eine Gig vom Kai ablegen und zur Nautilus rudern. 9
 

Während in London die Ausrüstung der Nautilus in vollem Gange war, wüteten die Piraten in den Gewässern um die Mysterious Islands. Calico Cat, hatte mit ihrer Ladys Scorn die Fluyt Dover überfallen und ausgeraubt. Doch anders als ihre Komplizinnen ließ sie die Mannschaft vorher entkommen. Als Gouverneur Crichton davon erfuhr tobte er vor Wut. „Eben ist bei mir der Ofen aus. Hängt überall in Ashby Steckbriefe auf. Setzt eine Belohnung von 180.000 Guineen auf den Kopf von Calico Cat aus. Tot oder lebendig.“, sagte Alexander Crichton.
 

Bereits am nächsten Morgen schlug erneut ein Pirat zu. Diesmal war es Lady Baptiste, die den Schoner Vercingetorix angegriffen und geplündert hatte. Genau wie Crimson Angel hatte sie die ganze Mannschaft hinrichten lassen und dann das Schiff versenkt. Als diese Nachricht den Gouverneur von Port au France, Ludovic Malvoisin erreichte ließ er seinen persönlichen Sekretär zu sich kommen. „Notieren Sie sich folgendes: Per Haftbefehl gesucht wird die Piratin Lady Baptiste. Auf ihren Kopf ist eine Belohung von 85.000 Louis D´Or ausgesetzt. Tot oder lebendig.“, sagte er. Der nächste dreiste Überfall ereignete sich in der folgenden Nacht. Die spanische Galeone San Leandro lief gerade in den Hafen von San Cristobal ein, als Ein unbekanntes Schiff urplötzlich das Feuer auf den Spanier eröffnete. Wie sich später herausstellte war es die Arabella, das Schwesterschiff der Cassandra, die ebenfalls unter dem Kommando von Crimson Angel stand. Wie bei der Vanity ließ Crimson Angel kein Mitglied der San Leandro am Leben. Ihre Männer plünderten die Galeone und versenkten sie anschließend. Wie seine beiden Kollegen fing auch Benito Gonzalez, der Gouverneur von San Cristobal an zu toben. Schon am Dienstag, den 6. April 1796 konnte man an allen großen Plätzen der Stadt Plakate hängen sehen, mit denen Crimson Angel steckbrieflich gesucht wurde. Wer sie Gouverneur Gonzalez tot oder lebendig auslieferte, hatte eine Belohnung von in Höhe von 90.000 Dublonen zu erwarten. Ein Preis, für den so mancher bereit war , sein Leben zu opfern.
 

Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, wurde am Morgen des 7. April 1796 der amerikanische 4-Master Philadelphia überfallen und versenkt. Kein Mitglied der Besatzung hatte überlebt. Diese Schandtat ging auf das Konto von keiner geringeren als Bridget O´Hara, die ihre Fregatte Sunrise inzwischen wieder flott gemacht hatte. Seitdem Howard Stern die Irin in diese heimtückische Untiefe gelockt hatte, in der die Sunrise schwer beschädigt wurde, war diese Piratin wütend auf jeden zivilen Kapitän. Als Harold Dykstra, der Gouverneur von Union Island, von dem Angriff auf seine Landsleute erfuhr, tat er es seinen drei Kollegen gleich und setzte ein Kopfgeld in Höhe von 78.000 US-Dollar auf Bridget O´Hara aus.
 

In London traf die Nachricht vom Verlust der Dover am 20. April 1796 ein. Lord William Leary der oberste Lord der Admiralität ließ per Boten Kommodore Stern nach White Hall kommen. Als der Kommodore dort eintraf wurde er von einem Diener ins Büro des ersten Lords der Admiralität gebracht. „Kommodre, ich habe Sie hierher bestellt, weil ich wichtige Neuigkeiten erhalten habe. In den Gewässern um die Mysterious Islands wurde am 6. April die Fluyt Dover angegriffen und versenkt. Dieser Überfall geht auf das Konto von Calico Cat.“, sagte Lord Leary. „Und die Besatzung?“, fragte der Kommodre. „Wurde glücklicherweise verschont.“, sagte Lord Leary. 10
 

„Haben Sie irgendwelche Befehle für mich?“, fragte Kommodore Stern. „Noch nicht. Ihr Geschwader wird gerade zusammengestellt.“, sagte Lord William Leary. „Mein Geschwader?“, fragte Howard Stern überrascht. „Ja. Ihr Flaggschiff wird die Nautilus sein. Ferner werden Ihnen drei Fregatten mit 44 Kanonen zugeteilt. Die Repulse, Renown und die Hood. Außerdem wurde beschlossen Ihnen noch zwei 74er zu unterstellen. Die Leicester und die Titan. Außerdem wird ihr altes Schiff die Kensington ihrem Geschwader angehören. Wie sieht es mit der Mannschaft für die Nautilus aus?“, sagte der erste Lord. „Ich habe bis jetzt 325 Mann. Die Kensington hat bereits die volle Mannschaftsstärke.“, sagte Kommodore Stern. „Offiziere?“, fragte Lord Leary. „Ich habe gerade meine fünf Midshipmen an Bord. Der Bordpfarrer und der Bordarzt sind auch schon da. Ich habe aber keinen einzigen Leutnant.“, sagte Howard Stern. „Der zweite Leutnant der Dover ist vorgestern mit der Charity in London eingetroffen. Sie können ihn haben.“, sagte Lord Leary. „Wie heißt der Mann?“, fragte der Kommodore. „Sein Name ist David Nolan. Er ist ein erstklassiger Offizier.“, sagte Lord William Leary. „Und wo finde ich ihn?“, fragte Howard Stern. „Es gibt ein Gasthaus an der Themsemündung. Die Taverne heißt „Rising Sun.“ Dort wohnt er zur Zeit.“, sagte der oberste Lord. „Ich werde dort mal hingehen.“, sagte Howard Stern.
 

Am späten Nachmittag fuhr Kommodore Stern zur Taverne „Rising Sun“. Als er eintrat sah er David Nolan am Kamin sitzen. „Sie sind David Nolan?“, fragte der Kommodore. „Ja. Wer will das wissen?“, erwiderte der Leutnant. „Ich bin Kommodore Howard Stern. Ich habe noch keinen Leutnant an Bord meines Flaggschiffs. Ich biete Ihnen den Posten des ersten Leutnants.“, sagte Howard Stern. David Nolans Augen weiteten sich vor Erstaunen. „Auf welchem Schiff soll ich mich melden?“, fragte er. „Auf der HMS Nautilus.“, antwortete der Kommodore. David Nolan verschlug es die Sprache. „Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, Mr. Nolan?“, fragte Howard Stern. „Es hat fast den Anschein, Sir. Wann soll ich mich melden?“, erwiderte der Leutnant. „Am besten lassen Sie gleich Ihre Seekiste holen.“, antwortete der Kommodore. „Aye Sir.“, sagte David Nolan.
 

Am frühen Abend kehrte Howard Stern in Begleitung seines neuen ersten Leutnants auf die Nautilus zurück. „Willkommen zurück an Bord, Herr Kommodore.“, sagte Captain Hanson. „Danke, Mr. Hanson. Wie sieht es mit der Rekrutierung der Besatzung aus?“, sagte der Kommodore. „Ich habe drei Pressgangs losgeschickt. Mr. Taylor ist den umliegenden Tavernen unterwegs. Gestern wurde die Tyne außer Dienst gestellt. Von der bekommen wir noch einmal 55 Mann. Und wir bekommen den zweiten Leutnant.“, sagte Corey Hanson. „Sehr gut Mr. Hanson. Darf ich Ihnen unseren neuen ersten Leutnant, Mr. David Nolan vorstellen?“, entgegnete Kommodore Stern. „Willkommen an Bord Mr. Nolan.“, sagte Corey Hanson und schüttelte David Nolan die Hand. „Danke Sir.“, sagte der Leutnant.
 

Am Abend trafen dann die 55 ehemaligen Matrosen von der Tyne ein, einem ausrangierten 68-Kanonen-Linienschiff. Auch der neue zweite Leutnant Sean Dillon kam an Bord. Damit hatte die Nautilus 382 Mann als Besatzung, doch es fehlten nach wie vor 418 Mann. Nach den ehemaligen Matrosen von dem 68er kamen die von Kommodore Stern sehnsüchtig erwarteten Seesoldaten, unter der Führung von Hauptmann Ronan Whiting. „Hauptmann Whiting meldet sich zum Dienst, Herr Kommodore.“, sagte der Hauptmann der Seesoldaten. „Willkommen an Bord Hauptmann Whiting.“, sagte Howard Stern. Mit Hauptmann Whiting und seinen Rotröcken erhöhte sich die Besatzung der Nautilus auf 433 Mann. 11
 

Die Tage vergingen wie im Flug. Man schrieb den 25. April 1796. In London war das Geschwader von Kommodore Howard Stern zum Auslaufen bereit. Auf der Nautilus taten mittlerweile 786 Seeleute Dienst. Das Schiff hatte Proviant und Wasser für mehrere Monate an Bord. Das Pulverlager war bis zum Rand gefüllt. Zwei Tage später, am 27. April 1796 brach Kommodore Stern auf. Sein Geschwader begleitete die beiden Truppentransporter Halifax und Yucatan. Am Abend zuvor hatte ihm Lord Leary eine Depesche geschickt. Darin wurde berichtet, dass neue Piraten die Gewässer um die Mysterious Islands unsicher machten. Es wurde vom Auftauchen einer Galeere berichtet, die Black Scorpion hieß. Laut Bericht erschien nur zwei Tage nach dem Auftauchen der Galeere eine 5mastige Dschunke auf der Bildfläche. Die Black Lotus. Dem Erscheinen der Dschunke folgte die Sichtung eines merkwürdigen Gefährts, das sich auch unter Wasser fortbewegte. Es hörte auf den Namen Najade.
 

Am 28. April 1796 hatten die Nautilus und ihr Geleit Kurs auf Gibraltar genommen, wo die fehlenden 14 Matrosen die Besatzung des 74ers ergänzen sollten. Am frühen Nachmittag ließ Howard Stern Segel- und Geschützdrill anordnen. Als Kommandant der Kensington hatte er schon in vielen Gefechten gestanden und wusste nur zu gut, dass derjenige die besten Chancen hatte, das Gefecht zu gewinnen, der die erste Breitseite abfeuern konnte. Doch Howard Stern wusste auch, dass die erste Breitseite gut gezielt sein musste, wollte man so viel Schaden wie nur möglich anrichten. Auch die anderen Schiffe fingen Segel- und Geschützdrill an. Die Besatzungen waren allesamt noch nicht eingespielt.
 

Am Sonntag des 5. Mai 1796 erreichte der Verband den Hafen von Gibraltar, wo die restlichen 14 Matrosen die Mannschaft der Nautilus komplettierten. Außerdem schlossen sich dem Geleit noch zwei schwer beladene Fluyt-Schiffe an. Es waren die Zephyr und die Suffolk. Auch zwei spanische Linienschiffe stießen zu Kommodere Sterns Geschwader. Es waren die beiden 74er San Costello und Santa Habana. Isabella II. hatte die beiden Schiffe nach San Cristobal entsandt um das dortige Geschwader zu verstärken.
 

Am Montag, den 6. Mai 1796 brachen die Engländer und Spanier von Gibraltar auf und trafen am Mittag desselben Tages den französischen 74er Le Superbe, der sich ebenfalls dem Geschwader anschloss. Zusammen liefen die Schiffe zu den Mysterious Islands, wo sich ihre Wege trennten. In Port au France verabschiedete sich die Superbe und wünschte gute Fahrt. Danach erreichte das Geschwader San Cristobal, wo sich die beiden spanischen Linienschiffe verabschiedeten.
 

Nach zwei Tagen erreichte das englische Geschwader die Gewässer um Union Island. Dort trafen die Engländer auf die Galeere Black Scorpion, die von der erwarteten Ankunft der beiden Fluyts und der beiden Truppentransporter gehört hatte. Wenn diese Schiffe nicht in Ashby ankamen, würde das dem dortigen Gouverneur sehr schaden. Doch der Kommandant der Black Scorpion, Ali Bin Pascha, hatte die Rechnung ohne Howard Stern gemacht. Der englische Kommodore befahl der Fregatte Repulse die Galeere anzugreifen. Als die englische Fregatte auf Schussweite heran war, gab Kapitän Francis Beasley dem Berber-Korsaren einen Warnschuss vor den Bug. Die Black Scorpion feuerte aus allen Rohren, doch die Repulse war stärker. Binnen zwei Minuten hatte die Fregatte die 2-Mast-Galeere zusammengeschossen. 12
 

Ali Bin Pascha hatte als einziger das Gefecht unverletzt überlebt und wurde als Gefangener an Bord der Fregatte nach Ashby gebracht. Das vollkommen zerstörte Wrack der Galeere ließen die Engländer zurück. Als Warnung für andere Piraten. Noch am selben Nachmittag bekam Union Island seine lang ersehnte Verstärkung. Drei amerikanische Linienschiffe und drei Fregatten. Es waren die drei 74er USS Constitution, USS United States und die USS Thomas Jefferson. Bei den Fregatten handelte es sich um die 44-Kanonen-Fregatten USS Springfield, USS Alaska und USS Defiant.
 

Am Morgen des 7. Mai 1796 erreichte Howard Sterns Geschwader den Hafen von Ashby. Die Einwohner der Stadt hatten sich alle an der Mole versammelt und sahen zu, wie die Schiffe Anker warfen. Es war ein beeindruckendes Bild. Vorne an der Spitze die HMS Nautilus, danach der Truppentransporter Halifax, direkt dahinter folgte die Fregatte Repulse, danach kam die Suffolk, dann kam die Zephyr, anschließend der zweite Truppentransporter Yucatan, die Nachhut bildeten die Fregatten Renown und Hood sowie die 74er Leicester und Titan und der Schoner Kensington. Die Hafenarbeiter halfen sofort mit, die beiden Fluyts zu entladen. Unmengen von Steinen, Kanonen, sowie andere Baustoffe wurden aus der Suffolk und der Zephyr herausgehievt und auf Lastpräme verladen. Die Halifax und die Yucatan booteten so schnell wie möglich die englischen Soldaten aus, die in Ashby so dringend gebraucht wurden.
 

Nur einen Tag nach der Ankunft von Kommodre Stern, am 8. Mai 1796, kamen zwei weitere 74er nach Ashby. Die HMS Glasgow und die HMS Comet. Sie bildeten die Eskorte für die Transporter, die leer nach Portsmouth zurücksegelten. Am Nachmittag segelte Das Geleit in Richtung Portsmouth ab. Howard Stern war zur selben Zeit bei Sir Alexander Crichton zu Gast. „Es freut mich sehr, Sie wiederzusehen, Kommodore. Sie wurden schon sehnsüchtig erwartet.“, sagte der Gouverneur. „Tut mir Leid, Euer Exzellenz, aber ich musste vorher noch Gibraltar anlaufen um meine Besatzung zu komplettieren. Und in London hat es sehr lange gedauert, bis ich die Sollstärke erreicht hatte.“, sagte der Kommodore. „Verstehe. Wie ich gehört habe, haben die Spanier zwei 74er hierher entsandt.“, sagte Sir Alexander Crichton. „Das stimmt, Euer Exzellenz. Die San Costello und die Santa Habana. Und die Franzosen haben den 74er Le Superbe hierher geschickt.“, sagte Howard Stern. „Das habe ich gehört. Die Amerikaner haben ebenfalls ein Geschwader entsandt. Drei 74er und drei Fregatten mit 44 Kanonen.“, sagte Gouverneur Crichton.
 

Am nächsten Morgen kam die Nachricht, dass die holländische Regierung ebenfalls eine Insel besiedelt hatte. Die Stadt wurde Maasdam genannt. Laut Depesche hieß der Gouverneur Andreas De Ruyter. Die Piraten hörten diese Nachricht mit Freuden. Zumal sie ebenfalls Verstärkung erhalten hatten. Am 10. Mai 1796 traf ein Linienschiff ein. Es war die Diamond, die ehemalige San Fernando, die von dem als blutrünstig geltenden Pirat Vin Diesel gekapert worden war. Schon in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai griff die Diamond das holländische Handelsschiff Ajax an. Kapitän Diesel ließ die Besatzung ermorden, das Schiff plündern und anschließend versenken. Andreas De Ruyter ließ 50.000 Gulden Belohnung auf den Kopf des Piraten aussetzen. Außerdem wurden die drei 74er Rotterdam, Amsterdam und Zuiderdam nach Maasdam beordert. Außerdem die Fregatten Statendam, Westerdam und Delft. 13
 

Die Nachricht vom Eintreffen des holländischen Geschwaders war ein willkommener Anlass für Sir Alexander Crichton um seine Amtskollegen aus den benachbarten Städten zu einem friedlichen Treffen nach Ashby einzuladen. Per Kurier wurden die Depeschen nach Port au France, San Cristobal, Union Island und Maasdam geschickt. Am 11. Mai 1796 liefen nacheinander das französische Linienschiff La Magnifique, Der spanische 74er San Theodor, die USS Thomas Jefferson und die Zuiderdam in den Hafen von Ashby ein. Sir Alexander Crichton empfing die anderen Gouverneure in seiner Residenz und kam gleich zur Sache. „Gentlemen, die Piraten in diesen Gewässern tanzen uns auf der Nase herum. Das ist eine Blamage für das britische Empire, das französische Kaiserreich, die Vereinigten Staaten von Amerika, für Spanien und für Holland.“, sagte er. „Oui, Oui. Aber was sollen wir machen? Es ist impossible, die Verstecke der Piraten aufzustöbern.“, sagte Ludovic Malvoisin. „Da hat Senor Malvoisin Recht. Es ist, als würde man die berühmte Stecknadel im Heuhaufen suchen.“, sagte Benito Gonzalez. „Wenn man allein sucht ja. Aber nicht, wenn mehrere Augen GLEICHZEITIG suchen.“, entgegnete Sir Alexander. „Wie meinen Sie das?“, fragte Harold Dykstra. „Ich schlage eine Allianz zwischen uns vor.“, sagte Sir Alexander. „Hat jemand was dagegen?“, fragte der Franzose in die Runde. „Nein? Dann würde ich sagen, legen wir das ganze schriftlich nieder“, sagte Andreas De Ruyter.
 

Die Nachricht von dem Bündnis zwischen den Gouverneuren sorgte in den Kolonien für helle Aufregung. Die Piraten hatten davon nichts mitbekommen. Diese Unkenntnis sollte ihnen zum Verhängnis werden. Am 14. Mai 1796 griff die Diamond den englischen 3-Mast-Schoner Oxford an. Die Piraten machten sich gerade zum Entern fertig, als eine 34-Pfund-Kanonenkugel über das Deck fegte. Vin Diesel griff sich sein Teleskop und sah in die Richtung aus der die Kugel gekommen war. Durch sein Fernrohr sah er einen 74er, der unter holländischer Flagge segelte. „Verdammte Scheiße! Die Holländer haben uns aufgelauert.“, sagte er. „Was jetzt?“, fragte Nigel McDermott, der erste Offizier der Diamond.
 

„Wir hauen ab! Kurs Ost-Süd-Ost!“, befahl der Piratenkapitän. Die Mannschaft brasste die Rahen und die Diamond ging auf den neuen Kurs. Doch plötzlich ertönte der Ruf des Ausgucks. „Segel in Sicht! Zwei Strich an Backbord voraus!“ Vin Diesel griff sich sein Fernrohr und sah nach Backbord. Ein zweiter holländischer 74er war aufgetaucht. Die Rotterdam. „Kapitän! Der erste 74er ist die Zuiderdam.“, sagte der nautische Offizier. „Segel in Sicht! Zwei Strich Steuerbord voraus!“, meldete der Ausguck. „Was für ein Schiff, Mr. Meeks?“, fragte Vin Diesel. „Ein holländisches Linienschiff, Sir. Es ist die Amsterdam!“, antwortete William Meeks. „Kapitän! Von Achtern nähert sich eine Fregatte!“, sagte Nigel McDermott. „Welche ist es?“, fragte der Pirat. „Es ist die Statendam! 48 Kanonen!“, meldete William Meeks.
 

Die Diamond eröffnete das Feuer auf die holländische Fregatte, doch diese wich den Kugeln aus. Der Beschuss der Fregatte durch den ehemaligen Spanier lieferte den Holländern den Vorwand um die Diamond von allen Seiten unter Beschuss zu nehmen. Eine 34-Pfund-Kugel der Rotterdam fällte den Großmast des Linienschiffes. Eine Breitseite der Zuiderdam richtete in den unteren Batteriedecks ernste Schäden an. Die Amsterdam ging hinter dem Heck der Diamond vorbei und feuerte geschützweise. Vin Diesel ahnte nichts Gutes. Er sollte Recht behalten, denn die Kugeln des Holländers waren Kartätschenkugeln. Diese Kugeln sind mit kleinen Bleikugeln gefüllt. 14
 

Die Kartätschen des Holländers bahnten sich ihren Weg ins Innere der Diamond und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Überall lagen Tote und Verletzte, die Kanonen waren reihenweise umgestürzt und nicht mehr zu gebrauchen. Da erkannte Vin Diesel, dass er den Kampf verloren hatte. Die holländischen 74er hatten sich auf sein Schiff gestürzt wie wütende Racheengel und der Diamond den Garaus gemacht. Die Zuiderdam schor heran und im Nu enterten die holländischen Seeleute die Diamond. Der wilden Entschlossenheit der Holländer hatten die Piraten nicht viel entgegenzusetzen. Schon nach wenigen Minuten hatten sich die meisten Piraten ergeben. Vin Diesel nahm seinen Säbel und überreichte ihn an Kapitän Willem van der Vart. Dieser befahl, den Piratenkapitän in Ketten zu legen und nach Maasdam zu bringen.
 

Am 16. Mai 1796 wurde Vin Diesel vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode durch den Strang verurteilt. An der Hafeneinfahrt von Maasdam wurde ein Galgen aufgebaut und Kapitän Diesel daran aufgehängt. Die Leiche des toten Piraten blieb als Mahnung hängen, was die Piraten fortan erwartete.
 

Am 17. Mai 1796 trafen sich die Piraten in Calico Cats Versteck. „Gestern wurde Vin Diesel hingerichtet.“, sagte Crimson Angel. „Die Holländer haben nicht lange gefackelt. Es war aber auch unfair, gleich drei Linienschiffe erster Klasse und eine 48-Kanonen-Fregatte auf die Diamond anzusetzen.“, sagte Calico Cat. „Bin mal gespannt, wen es als nächsten trifft.“, sagte Bridget O´Hara. „Um noch mal auf die holländischen 74er zurückzukommen, die waren gezielt auf Vin Diesel angesetzt.“, sagte der Kapitän der Black Lotus. „Was meinst du damit?“, hakte Lady Bapiste nach. „Damit meine ich, dass wir einen Spion unter uns haben, der unsere Pläne an die Gouverneure weitergibt.“, sagte Hong Man Fu, der chinesische Pirat. „Das wäre nicht so gut.“, sagte Bridget O´Hara. „Wie geht es weiter?“, fragte Sean McLoughlin, der Konstrukteur und Eigner der Najade. „Ich habe erfahren, dass am 21. dieses Monats der amerikanische Walfänger Pequod hier vorbeikommt. Ich werde die Pequod kapern und als Prise nehmen.“, sagte Hong Man Fu. „Du bist verrückt. Wenn die Pequod hier vorbeikommt, sind garantiert die Amerikaner auf See.“, sagte Calico Cat. „Was soll das heißen?“, fragte Lady Baptiste. „Am 6. Mai ist ein amerikanisches Geschwader im Hafen von Union Island eingelaufen. Drei 74er und drei Fregatten mit 44 Kanonen.“, sagte Calico Cat. „Welche Schiffe sind das?“, fragte Hong Man Fu. „Die 74er sind die Constitution, die United States und die Thomas Jefferson. Die Fregatten sind die Springfield, die Alaska und die Defiant.“, sagte Calico Cat. „Oha. Das wird ein hartes Stück Arbeit.“, sagte Crimson Angel. „Das werden wir sehen.“, meinte Hong Man Fu.
 

Am 21. Mai 1796 traf die Pequod in den Gewässern der Mysterious Islands ein. Die Black Lotus hatte dem Walfänger aufgelauert und verfolgte ihn. Als die Dschunke auf Schussweite heran war, feuerte Hong Man Fu eine Kanone ab und setzte dem amerikanischen Schiff einen Schuss vor den Bug. Die chinesischen Piraten machten sich gerade fertig zum Entern, als eine 34-Pfund-Kugel einen Mast der Black Lotus fällte. Der Kapitän richtete sein Fernglas nach Backbord und sah den 74er Constitution vor sich liegen. Von oben kam der Ruf des Ausgucks: „Segel in Sicht! Drei Strich Steuerbord voraus!“ Hong Man Fu sah nach Steuerbord. Dort hatte sich eine große Nebelbank gebildet, aus der ein zweiter 74er auftauchte. Die United States. 15
 

Hong Man Fu ließ das Feuer auf die United States eröffnen. Diese antwortete mit einer Breitseite, die der Dschunke schwere Schäden zufügte. Von der anderen Seite feuerte die Constitution aus allen Rohren und gab der Black Lotus den Rest. Dann kamen die beiden Linienschiffe längsseits und enterten die Dschunke. Ehe Hong Man Fu und seine Mannschaft wussten, wie ihnen geschah waren sie entweder tot, oder in Ketten gelegt. Den Chinesen ereilte dasselbe Schicksal wie Vin Diesel. Am 23. Mai wurde das Todesurteil vollstreckt. Hong Man Fu wurde in einem Käfig an der Hafeneinfahrt von Union Island aufgehängt. Mit ausgestochenen Augen und durchgeschnittener Kehle.
 

Am 25. Mai 1796 segelte die Golden Medusa am Hafen von Union Island vorbei. Lady Baptiste sah die Leiche ihres toten Kameraden. „Merde! Die Amerikaner haben sich Hong Man Fu geholt.“, sagte sie. „Madame la Capitaine. Regarde ici!“, sagte Jean-Luc Valois, der erste Offizier des Schoners. An Steuerbord konnte die Piratin die Überreste der Black Lotus sehen. „Mon Dieu. Die haben Hong in die Zange genommen. Diese Mistkerle.“, sagte Lady Baptiste.
 

Am Nachmittag desselben Tages traf sich die Französin in ihrem Versteck mit Crimson Angel, Calico Cat und Sean McLoughlin. „Hong Man Fu ist auch aus dem Verkehr gezogen.“, sagte Lady Baptiste. „Ich habe das Wrack gesehen. Wer hat ihn geschnappt?“, fragte Calico Cat. „Die Amerikaner. Seine Leiche hängt vor dem Hafen von Union Island in einem Käfig. Sie haben ihm die Augen ausgestochen und die ihm die Kehle durchgeschnitten.“, sagte Lady Baptiste bitter. „Ich habe auch ein paar Neuigkeiten. Aber schlechte.“, sagte Sean McLoughlin. „Was hast du erfahren?“, fragte Crimson Angel. „In Port au France und in den anderen Kolonien, operiert ein multinationaler Spionagering. Die Vicomtesse Angelique de Richelieu hat ihn aufgebaut. Und soweit ich gehört habe, ist Mademoiselle Josephine Godiva die beste Spionin der Vicomtesse.“, sagte der Ire. „Merde!“, fluchte Lady Baptiste. „Und nicht bloß das. Prinzessin Arii Auraa hat sich vor zwei Tagen diesem Ring ebenfalls angeschlossen, genauso wie Contessa Anita Amore.“, sagte das Genie aus Dublin. „Noch schlimmer. Jede Wette, diese Organisation versorgt die Gouverneure mit Informationen über unsere Unternehmungen.“, sagte Crimson Angel. „Und die auszuschalten dürfte sich als schwierig erweisen.“, warf Calico Cat ein. „Aber es muss doch einen Weg geben.“, sagte Lady Baptiste.
 

Am 31. Mai 1796 kam die englische Brigg Unity in die Gewässer um die Mysterious Islands. Die Ladys Scorn hatte auf das kleine Schiff gewartet. Als die Unity in Schussweite kam, ließ Calico Cat einen Schuss vor den Bug setzen. Doch die Brigg reagierte nicht. Die Piratin ließ die Verfolgung aufnehmen. „Segel in Sicht! Drei Strich Backbord voraus!“, ertönte der Ruf des Ausgucks. Melanie Beauchamps, wie Calico Cat mit bürgerlichem Namen hieß, nahm ihr Teleskop und sah in die Richtung, in der das feindliche Schiff gesichtet worden war. Ein englischer 74er war aufgetaucht. „Oh Scheiße. Ein englisches Linienschiff. Na das hat uns gerade noch gefehlt.“, sagte Calico Cat. „Segel in Sicht! Zwei Strich Steuerbord voraus!“, meldete der Ausguck. Calico Cat sah nun in diese Richtung. „Oh nein! Alles nur nicht das!“, sagte sie entsetzt. „Was ist?“, fragte Valentine Dermott, der erste Offizier. „Noch ein Linienschiff erster Klasse.“, sagte Calico Cat. „Es führt den Kommodorewimpel!“, kam die Meldung von oben. „Das ist die HMS Nautilus! Das Flaggschiff von Kommodore Howard Stern!“, sagte der erste Offizier der Ladys Scorn. 16
 

„Wir können nicht gewinnen. Nicht gegen Howard Stern. Dieser Mann ist ein paar Nummern zu groß für uns.“, sagte Calico Cat wehmütig. „Was sollen wir tun?“, fragte ihr erster Offizier. „Streichen Sie die Flagge.“, befahl die Piratin. „Wir sind Piraten und keine Feiglinge. Wir haben uns nie ergeben. Warum ausgerechnet jetzt?“, erwiderte der Navigator Brian Grim. „Weil uns die Engländer 2:1 überlegen sind. Und ich will unnötiges Blutvergießen vermeiden.“, sagte Calico Cat. Der wütende Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Linienschiff in Sicht! Es kommt achtern auf!“, meldete der Ausguck von oben. „Verdammt! Noch ein englischer 74er!“, sagte Valentine Dermott. „Wenn mich nicht alles täuscht, haben die Engländer ein neues Geschwader hergeschickt. Es besteht aus sieben Schiffen. Drei 74er, drei Fregatten mit 44 Kanonen und ein 4-Mast-Schoner.“, sagte der Navigator. „Welche Schiffe?“, wollte Calico Cat wissen. „Das Flaggschiff ist die HMS Nautilus. Die beiden anderen 74er sind die Leicester und die Titan. Bei den Fregatten handelt es sich um die Repulse, Renown und Hood. Der Schoner ist die Kensington.“, sagte Brian Grim, der nautische Offizier. „Und die 74er sind auf See. Wir haben nicht den Hauch einer Chance. Streichen Sie endlich die Flagge, Mr. Dermott.“, befahl Calico Cat.
 

„Aye Captain.“, sagte Valentine Dermott und kappte die Flaggleine. Die Piratenflagge sank. An Bord der Nautilus sah Howard Stern, wie die Ladys Scorn die Flagge strich. „Kluges Mädchen.“, sagte er. „Was meinen Sie, Herr Kommodore?“, fragte Captain Hanson. „Die Ladys Scorn hat die Flagge gestrichen. Calico Cat, hat begriffen, dass sie keine Chance hat.“, sagte Howard Stern.
 

An Bord der Ladys Scorn wandte sich Calico Cat noch einmal an ihre Mannschaft. „Männer, uns stehen drei Linienschiffe erster Klasse mit je 74 Kanonen gegenüber. Ich habe die Flagge gestrichen, da wir nicht den Hauch einer Chance haben. Ich erwarte von Euch, dass Ihr meinen letzten Befehl ausführt. Und der lautet: KEINEN WIDERSTAND.“, sagte sie. „Wir haben geschworen bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Und genau das sollten wir tun.“, sagte ein Pirat. Die Piraten redeten laut durcheinander und Calico Cat konnte heraushören, dass ihre Männer auf der Seite des Aufrührers standen. „Wir werden nichts dergleichen tun! Wenn ich sage keinen Widerstand, dann heißt das auch keinen Widerstand. Ich bin hier der Kapitän, und erteile die Befehle. Wir können gegen drei 74er nicht bestehen, dass wisst Ihr genau so gut wie ich.“, sagte Calico Cat streng.
 

Als die Nautilus und die Leicester bei der Ladys Scorn längsseits gingen, hatten sich Calico Cat und ihre Mannschaft vollzählig an Deck versammelt. Howard Stern betrat das Piratenschiff und stand nun Calico Cat Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie trat vor und überreichte dem englischen Kommodore ihren Degen. Die Piraten warfen ihre Waffen an Deck. „Du Verräterin! Du hast uns alle ins Verderben geführt!“, schrie ein Pirat und zog ein Messer aus dem Stiefel. Corey Hanson reagierte blitzschnell und feuerte seine Pistole ab. Der Pirat sank tot zu Boden. „Sonst noch jemand, der unbedingt jetzt schon die Reise zu den Fischen antreten will?“, fragte der Kapitän sarkastisch. Kein Pirat rührte sich.
 

Am späten Abend, die Sonne begann schon an der Kimm unterzugehen, erreichten die Nautilus, die Leicester und die Titan mit ihrer Prise den Hafen von Ashby. Es war ein majestätischer Anblick, als die vier Linienschiffe in den Hafen einliefen. Die Piraten wurden sofort von Calico Cat getrennt und in das neu erbaute Gefängnis geworfen. Calico Cat wurde dem Gouverneur vorgeführt. „Nun Madame Beauchamps, Sie haben folgende Möglichkeiten: Entweder Sie arbeiten mit uns zusammen, dann werde ich Sie begnadigen, oder Sie verweigern die Kooperation und Sie werden zum Tode durch Erschießen

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verurteilt. Ehrlich gesagt, würde es mir schwer fallen gegen eine so attraktive Frau ein Todesurteil auszusprechen.“, sagte Alexander Crichton. „Ich werde kooperieren.“, sagte Melanie Beauchamps. „Eine kluge Entscheidung.“, sagte der Gouverneur. „Was soll mit ihr passieren?“, fragte Howard Stern. „Nun, es geht natürlich nicht, dass Madame Beauchamps ins Gefängnis kommt. Ihre Crew würde versuchen sie zu befreien und das Schiff zurückerobern. Und danach würden die Piraten versuchen im Schutze der Dunkelheit die Flucht zu wagen.“, sagte Sir Alexander.
 

Am Morgen des 1. Juni 1796 tauchte vor dem Hafen von Ashby die Najade aus dem Wasser. Sean McLoughlin sah, dass die Ladys Scorn im Hafen lag und dass über der Piratenflagge die englische Flagge wehte. Die Najade tauchte ab und nahm Kurs auf das Versteck von Crimson Angel. Dort hatte sich der Ire mit Lady Baptiste, Crimson Angel und Bridget O´Hara verabredet. Als Sean McLoughlin die Höhle betrat sahen ihn die Piratinnen an. „Schlechte Neuigkeiten.“, sagte er. „Wie schlecht?“, fragte Crimson Angel. „Sehr schlecht. Die Engländer haben die Ladys Scorn gekapert.“, sagte der Ire. „Damit ist auch Calico Cat erledigt. Ist das Schiff schwer beschädigt?“, sagte Lady Baptiste. „Ganz im Gegenteil. Die Ladys Scorn ist vollkommen intakt.“, sagte das Genie aus Dublin. „Dann hat Calico Cat ihr Schiff kampflos übergeben.“, sagte seine Landsfrau Bridget O´Hara. „Was hätte sie denn tun sollen? Sie hatte es mit drei englischen 74ern zu tun. Die hätten Kleinholz aus der Ladys Scorn gemacht.“, sagte Sean McLoughlin.
 

„Woher weißt du das?“, fragte Crimson Angel. „Woher ich das weiß? Wir vier, die wir hier zusammen sitzen, wissen das die Engländer am 7. Mai diesen Jahres ein neues Geschwader hier stationiert haben. Und wir wissen alle, dass diesem Geschwader drei Linienschiffe erster Klasse mit je 74 Kanonen an Bord angehören. Und gestern waren die drei 74er auf See. Da braucht man doch nur zwei und zwei zusammenzählen um zu wissen, was passiert ist.“, sagte Sean McLoughlin. „Die Engländer müssen wahnsinnig sein.“, sagte Bridget O´Hara. „Warum denn dieses?“, fragte Sean McLoughlin. „Sie haben nur die 74er auslaufen lassen. Wir wissen doch, dass die Engländer noch drei 44-Kanonen-Fregatten hier haben. Normalerweise hätte eine dieser Fregatten die Ladys Scorn in den Schussbereich der schweren Breitseiten der drei 74er treiben müssen, wie ein Terrier, der die Beute zu den Jägern treibt.“, sagte die Irin. „In dem Fall wäre das nur sinnlose Zeitverschwendung gewesen. Die englischen Linienschiffe waren Calico Cat 3:1 überlegen. Die hätten kein Problem gehabt, die Ladys Scorn in Stücke zu schießen.“, sagte Sean McLoughlin.
 

„Melanie war meine Freundin. Ich werde blutige Rache üben.“, sagte Crimson Angel. „Viel Glück. Du wirst es brauchen.“, sagte Sean McLoughlin. Crimson Angel wunderte sich über die Worte des Iren, doch sie hatte keine Ahnung, wie sehr sie ihr Glück bald benötigen würde.
 

Am 2. Juni 1796 lief die englische 38-Kanonen-Fregatte Calypso an den Mysterious Islands vorbei. Captain Nicolas Keefe stand auf dem Achterdeck und unterhielt sich mit seinem ersten Offizier als eine 32-Pfund-Kugel in den Rumpf der Calypso einschlug. Nicolas Keefe sah durch sein Fernrohr nach Backbord und sah die Piratenfregatte Cassandra, die auf die englische Fregatte zuhielt. Wieder wurde eine Kugel abgefeuert. Diesmal kam sie von Steuerbord, wo das Schwesterschiff der Cassandra, die Arabella wartete. Nicolas Keefe ahnte, dass er keine Chance gegen die beiden Fregatten hatte. 18

An Bord der Cassandra sah Crimson Angel mit Genugtuung, dass die Engländer nervös wurden. „Sehr gut. Denen werden wir es zeigen. Wir kapern das Schiff und nehmen die Besatzung als Geisel. Wir werden damit drohen sie umzubringen, wenn Calico Cat nicht sofort freigelassen wird.“, sagte sie. „Segel in Sicht! Zwei Strich Backbord voraus!“, kam die Meldung des Ausgucks. Crimson Angel sah durch ihr Fernrohr. „Verdammt will ich sein.“, sagte die Piratin. „Was ist denn?“, fragte Jack Ryan. „Wir haben Besuch bekommen Mr. Ryan. Sehen Sie mal durch das Fernrohr und dann sagen Sie mir, was Sie sehen.“, sagte Crimson Angel und gab ihrem ersten Offizier das Teleskop. Jack Ryan sah nach Backbord. „Sieht nach einem spanischen 74er aus.“, sagte er. „Es ist ein spanischer 74er. Es ist die San Costello.“, sagte Crimson Angel. „Was sollen wir tun?“, fragte Jack Ryan. „Na was wohl? Wir eröffnen das Feuer!“, sagte die Piratin. „Das ist Selbstmord Captain. Wir haben nur 42 Kanonen. Der Spanier da drüben hat 32 Kanonen mehr als wir. Beverly, du weißt, dass wir ein Gefecht mit der San Costello nicht lange durchstehen können.“, warnte Jack Ryan und sprach dabei seinen Kapitän mit Vornamen an. Beverly Martins, wie Crimson Angel in Wirklichkeit hieß, sah ihren ersten Offizier an.
 

„Jack. Ich habe nicht vergessen, dass die Engländer Melanie gefangen haben. Wenn sie ihr auch nur ein Haar gekrümmt haben, ist die Besatzung der Calypso erledigt.“, sagte sie. „Beverly. Die Calypso ist längst außer Reichweite. Selbst die Arabella kann sie jetzt nicht mehr stoppen.“, sagte Jack. „Wieso?“, wollte Beverly wissen. „An Deck! Die Arabella wird von einem zweiten 74er angegriffen!“, kam die Meldung von oben. „Da hast du deine Antwort, Beverly.“, sagte der erste Offizier. „Welches Schiff ist das?“, rief Crimson Angel nach oben. „An Deck! Es ist die Santa Habana.“, rief der Ausguck. „Nun gut. Dann soll es so sein. Lass das Feuer auf die San Costello eröffnen Jack. Es ist immer noch besser ehrenvoll im Kampf zu sterben, als wie Vin Diesel am Galgen zu enden.“, sagte Beverly Martins. „Aye Captain.“, sagte Jack Ryan.
 

Im nächsten Augenblick zerriss eine laute Detonation die Luft. „Captain! Die Arabella ist in Luft geflogen!“, sagte ein Pirat. „Demnach hat eine Kugel der Santa Habana die Pulverkammer der Arabella erwischt.“, sagte Jack Ryan. „Ich weiß. Aber jetzt lass endlich das Feuer auf die San Costello eröffnen verdammt noch mal!“, sagte Crimson Angel wütend. „Aye. An alle Batterien: Feuer frei!“, befahl der erste Offizier.
 

Die Cassandra eröffnete das Feuer aus allen Rohren. Orange-rote Flammenzungen kamen aus den Rohren, als die Geschütze ihre tödliche Ladung ausspien. Im nächsten Augenblick antwortete die San Costello mit einer wohl gezielten Breitseite. Die schweren 34-Pfund-Kugeln des Spaniers durchschlugen den Rumpf der Fregatte und rissen die Kanonen aus ihren Lafetten. Viele Kanoniere wurden entweder getötet oder verwundet. Wieder feuerte die Cassandra, doch ihre Kanonen feuerten zu kurz. Wieder gab es als Antwort eine Breitseite, die den Rumpf der Fregatte schwer in Mitleidenschaft zogen. „Also eins muss man den verdammten Dons lassen, die schießen aber sehr genau.“, sagte Crimson Angel. „Beverly. Du scheinst zu vergessen, dass die Spanier den Verlust der San Leandro rächen wollen.“, sagte Jack Ryan. „Verdammt Jack. Wir sind immer noch Pir...“, sagte Crimson Angel, doch sie konnte den Satz nicht beenden. Eine Musketenkugel hatte ihr Herz durchschlagen. Von der Musketenkugel tödlich getroffen sank Crimson Angel auf das Deck ihres Schiffes. 19

Nur kurze Zeit später ging die San Costello bei der Cassandra längsseits und die Spanier enterten die Fregatte. Jack Ryan lieferte sich mit dem Kapitän der San Costello Don Pedro Alvarez ein heftiges Duell. Der Amerikaner konnte zwar gut mit dem Degen umgehen, doch sein spanischer Widersacher war um Klassen besser. Mit einem gut geführten Stoß durchbohrte der Spanier Jack Ryans Kehle. „Sperrt die Mannschaft unter Deck, dann setzt das Schiff in Brand.“, befahl Don Pedro seinen Männern. Die spanischen Soldaten führten den Befehl sofort aus.
 

Schließlich drehte die San Costello ab. Es war aber auch höchste Zeit, denn die Flammen, die durch einen Brander ausgelöst wurden schlugen schon an der Bordwand hoch und griffen auf die Wanten und Webeleinen über. Schon bald brannten auch die Masten. In sicherer Entfernung sah Don Pedro, wie die Cassandra lichterloh brannte. „Das wird den Piraten eine Lehre sein, unschuldige spanische Seeleute zu ermorden.“, sagte Don Pedro zu seinem ersten Offizier Valderon Benitez. „Wollen wir es hoffen, Capitan.“, sagte dieser.
 

Am Abend des 2. Juni 1796 sank die Cassandra und nahm ihre Mannschaft mit auf den Meeresboden. Die Nachricht vom Tod Crimson Angels machte in den Kolonien der fünf Nationen England, Frankreich, Spanien, Amerika und Holland sofort die Runde in allen Spelunken. Und so kam es, das Brent Masters, ein enger Vertrauter von Sean McLoughlin vom Tod der Piratin erfuhr. Er zahlte sein Bier und verschwand aus der Taverne. Am Kai von Union Island wartete ein Boot, das ihn zur Najade brachte.
 

An Bord des U-Bootes erstattete er sofort Bericht. „Crimson Angel ist tot, Sir.“, sagte er zu Sean McLoughlin. „Wie ist es passiert?“, fragte der Kapitän der Najade. „Eine spanische Musketenkugel hat sie ins Herz getroffen.“, sagte sein Freund. „Eine spanische Musketenkugel?“, fragte der Ire. „Ja Sir. Die Cassandra und die Arabella wollten die englische Fregatte Calypso kapern um Calico Cat freizupressen. Aber die Spanier haben das vereitelt. Die Santa Habana einer der beiden neuen 74er hat die Arabella versenkt. Die Cassandra hat daraufhin das Feuer auf den zweiten 74er, die San Costello eröffnet, wurde aber mit zwei gut gezielten Breitseiten völlig zusammengeschossen. Während des Gefechts hat ein spanischer Scharfschütze seine Muskete auf Crimson Angel abgefeuert und getroffen.“, sagte Brent Masters. „Das war nicht anders zu erwarten. Die Spanier sind bekannt dafür, dass sie sich wie Racheengel auf ihre Opfer stürzen.“, sagte Sean McLoughlin. „Ich wette, die Spanier haben Crimson Angel nur deshalb nicht verschont, weil sie die Mannschaft der San Leandro umgebracht hat.“, sagte Brent Masters. „Natürlich. Aber jetzt sollten wir uns auf den Weg zum Versteck von Lady Baptiste machen und sie davon in Kenntnis setzen. Wenn sie schlau ist, dann wird Lady Baptiste diese Gewässer verlassen.“, sagte Sean McLoughlin. „Und was ist mit Bridget O´Hara?“, fragte sein erster Offizier. „Die sollte auch von hier verschwinden. Die Piraterie hat durch die Allianz der Gouverneure in diesen Gewässern keine Zukunft mehr. Sieh dir doch all die Wracks an, die im Wasser treiben. Die Black Scorpion, die Black Lotus, die Diamond. Sie alle sind eine grausame Warnung an uns, von hier zu verschwinden.“, sagte Dublins bester Ingenieur. „Aye Sir. Irgendwelche Befehle?“, fragte der 1. Offizier der Najade. „Wir tauchen. Tiefenruder 10 Grad vorlastig. Tauchtiefe 50 Meter.“, befahl Sean McLoughlin. Das U-Boot tauchte. „Tiefe 10 Meter. Boot sinkt weiter. Tiefe 25 Meter. Boot sinkt weiter. Tiefe 30 Meter. Boot sinkt weiter. Tiefe 45 Meter. Boot sinkt weiter. Tauchtiefe von 50 Meter erreicht.“, sagte Brent Masters. 20

„Boot durchpendeln.“, befahl Sean McLoughlin. „Boot durchgependelt.“, bestätigte der LI. „Maschinen zwei Drittel voraus.“, befahl der Ire. „Aye Skipper.“, erwiderte der erste Offizier. Die Najade nahm Fahrt auf. Am späten Vormittag des 3. Juni 1796, um 11:45 Uhr tauchte die Najade im Versteck von Lady Baptiste auf. Bridget O´Hara und die Französin warteten schon ungeduldig auf Sean McLoughlin. „Wo zum Teufel bleibst du?“, fragte die Irin. „Ich musste vorsichtig sein. Im Moment sind alle Geschwader auf See. Und jedes verdammte Schiff ist im Einsatz. Ihr wisst, wie gefährlich das ist.“, stellte der Kapitän und Eigner der Najade klar. „Irgendwelche Neuigkeiten?“, fragte Lady Baptiste. „Crimson Angel ist tot. Die Spanier haben ihr eine Musketenkugel verpasst. Die Cassandra und die Arabella sind beide gesunken.“, antwortete der Ire. „Wie das?“, fragte Bridget O´Hara. „Die Santa Habana hat die Pulverkammer der Arabella getroffen. Und die Soldaten der San Costello haben die Cassandra mit einem Brander in Brand gesteckt.“, sagte Sean McLoughlin. „So eine Frechheit. Aber wie geht es jetzt weiter?“, fragte Lady Baptiste. „Wir müssen von hier verschwinden. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Wenn wir hier bleiben, werden uns die Engländer, Spanier, Franzosen, Amerikaner und Holländer irgendwann stellen und gefangen nehmen. Und darauf hab ich keine Lust.“, sagte der irische Ingenieur. „Dann kannst du verschwinden. Wir stehen das bis zum Ende durch.“, sagte Bridget O´Hara. „Ihr seid wirklich dumm. Ihr habt schon verloren.“, sagte Sean McLoughlin und ging. An Bord der Najade sagte er: „Wir verschwinden. Tauchtiefe 110 Meter. Tiefenruder 15 Grad vorlastig.“ Die Najade tauchte. Doch kaum war das U-Boot unter der Wasseroberfläche verschwunden, wurde es von einem mächtigen Seemonster angegriffen. Der Seeschlange Shai Hulud.
 

Shai Hulud wand seinen gewaltigen Schlangenleib um das Boot und drückte es zusammen. Danach tauchte er auf und brachte Lady Baptiste und Bridget O´Hara das Fürchten bei. Mit einem lauten Schrei ließ er den beiden Piratinnen das Blut in den Adern gefrieren. „Was zum Teufel war das?“, fragte Bridget O´Hara als die Seeschlange wieder getaucht war. „Eine Serpent de Mer. Eine Seeschlange.“, sagte Lady Bapiste. „Mein lieber Scholli, war die hässlich.“, sagte die Irin. „Es heißt aber auch, dass dem Unheil widerfährt, der eine Seeschlange sieht.“, sagte Lady Baptiste. „Bist du etwa abergläubisch?“, fragte Bridget O´Hara. „Ein bisschen.“, sagte die Französin. „Ich aber nicht. Hör zu. Ich habe erfahren, dass fette Beute auf uns wartet. Die französische Brigg Mont Blanc und die amerikanische Anapolis, ein 3-Mast-Schoner.“, sagte die Irin. „Den Franzosen übernehme ich.“, sagte Lady Baptiste. „Und ich schnapp mir den Amerikaner.“, sagte die Irin.
 

Als erstes lichtete die Sunrise die Anker. Doch kaum hatte sie die gefährlichen Klippen von Lady Baptistes Versteck umrundet, wurde die Fregatte angegriffen. Ein U-Boot, wie die Najade, rammte die Sunrise. Es war die Nautilus, unter dem Kommando von Kapitän Nemo. Nemo war am Tag zuvor auf Union Island gewesen und hatte Gouverneur Dykstra seine Hilfe angeboten. Dieser hatte bereitwillig zugestimmt. Außerdem hatten die anderen Gouverneure Handelsbeziehungen mit ihren Kolonien in Aussicht gestellt, falls Nemo sein aktiven Teil zur Bekämpfung der Piraterie beitrug. Nun hatte er Bridgets Fregatte mittschiffs gerammt und der Sunrise den Rumpf aufgerissen. Das Schiff bekam schnell Schlagseite. Unter der Besatzung brach Panik aus und die Piraten sprangen ins Wasser und schwammen davon. Bridget O´Hara blieb an Bord der Sunrise und ging mit ihrem Schiff unter. Damit war auch sie erledigt. Die Nachricht vom Tod der Irin ließ die Einwohner der Kolonien in Jubel ausbrechen. Doch noch war nicht alles vorbei. Lady Baptiste war noch am Leben. 21

Jedem Menschen war bewusst, dass die Französin nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung darstellte. Doch das schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, denn die Franzosen kannten die exakte Lage von Lady Baptistes Versteck. Calico Cat hatte es verraten. Und so kam es, dass am Morgen des 4. Juni 1796 das 74-Kanonen-Linienschiff La Magnifique vor dem Versteck auftauchte. An Bord der Golden Medusa hatten die Piraten das Eintreffen des französischen Kriegsschiffes nicht mitbekommen. Umso überraschter waren sie, als eine volle Breitseite der Magnifique den Schoner mit voller Wucht traf und die Masten fällte. Damit war die Golden Medusa nicht mehr in der Lage zu entkommen. Die Franzosen enterten den Schoner und töteten jeden Piraten, der es wagte, ihnen Widerstand zu leisten. Lady Baptiste zog es vor, keinen Widerstand zu leisten und übergab ihren Degen an Capitaine Georges Desailly. Sie wurde in Ketten gelegt und an Bord der Magnifique gebracht.
 

In Port auf France wurde ihr dann der Prozess gemacht. Lady Baptiste wurde zum Tode durch Erhängen verurteilt. Am Morgen des 6.Juni 1796 wurde das Urteil dann vollstreckt. Doch es trieben immer noch ein paar Piraten ihr Unwesen, sie waren zwar nicht so bedeutend wie Crimson Angel, Lady Baptiste, Calico Cat und Bridget O´Hara, doch stellten sie immer noch eine ernsthafte Bedrohung für zivile Handelsschifffahrt dar. Doch Calico Cat kannte auch ihre Verstecke.
 

Am 7. Juni 1796 kam es zum Aufeinandertreffen der englischen 44-Kanonen-Fregatte HMS Renown mit der Dschunke Grand Mountain, die der chinesischen Piratin Mrs. Chang gehörte. Die Chinesen freuten sich, dass sie sich nun endlich mit einer englischen Fregatte messen konnten. Die Dschunke eröffnete das Feuer auf den Engländer. Doch die Chinesen hatten die Kanonen nicht richtig ausgerichtet und schossen vorbei. Ganz anders die Kanoniere auf der Renown. Dort hatte der eisenharte Drill von Kapitän Demerest die Mannschaft zu einer Einheit geformt. Hier konnte sich jeder auf den anderen verlassen. Mit zwei gut gezielten Breitseiten richtete die Renown auf der Grand Mountain erhebliche Schäden an. Die Masten kamen von oben und machten die Dschunke manövrierunfähig. Durch die ausgefallenen Kanonen, konnte sich das chinesische Piratenschiff nicht mehr effizient genug zur Wehr setzen. Die Grand Mountain war verloren.
 

Die englischen Seeleute stürmten mit lautem Gebrüll das feindliche Schiff und machten jeden nieder, der es wagte, ihnen Widerstand zu leisten. Mrs. Chang ergab sich, denn sie wusste, dass sie ihr Gesicht ohnehin verloren hatte.
 

In Ashby wurde sie vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Am 9. Juni 1796 wurde das Todesurteil vollstreckt. Die Leiche der Chinesin wurde an der Hafeneinfahrt von Ashby hängen gelassen. Als Mahnung für andere Piraten. Und allmählich griffen die Maßnahmen der „Glorreichen Fünf“, wie sich die Gouverneure selbst nannten. Es gab wesentlich weniger Überfälle als noch im März 1796. Doch es gab nach wie vor einige Dickschädel unter den Piraten, die es einfach nicht lassen konnten, die schwerfälligen Handelsschiffe zu verfolgen und zu kapern.
 

Am 15. Juni 1796 griff eine 4-Mast-Galeere die französische Fluyt La Serviere an. Es war die Dervish unter dem Kommando von Kheir-Ed-Din. Doch der Algerier hatte nicht bedacht, dass der französische 74er Le Superbe auf See war und den Überfall der Galeere beobachtet hatte. Unter Vollzeug segelnd griff das Linienschiff die Dervish an. Kheir-Ed-Din sah sich überrascht um, als überall französische Matrosen auftauchten und seine eigenen Männer auf die Galeere zurückdrängten. 22

Der Kommandant der Superbe trat vor den Berber-Korsaren und sagte: „Im Namen seiner Majestät, Kaiser Napoleon, erkläre ich Sie für verhaftet.“ „Du kannst dir deinen dämlichen Kaiser in die Haare schmieren, Franzose! Allah Akbar!“, sagte der Pirat. „Legt diesen Mann in Ketten!“, befahl der französische Kapitän. Ehe Kheir-Ed-Din wusste, wie ihm geschah, wurde er in Ketten gelegt und an Bord der Le Superbe gebracht. Das Schiff nahm Kurs auf Port au France wo man dem algerischen Piraten den Prozess machte.
 

Kheir-Ed-Din wurde im Gouverneurspalast dem dortigen Richter vorgeführt. „So. Sie sind also Kheir-Ed-Din, geboren am 14. Juni 1765 in Tanger.“, sagte der Richter. „So ist es. Doch eines solltet Ihr bedenken, wenn ihr mich tötet, wird Allahs Zorn euch vernichten.“, konterte der Algerier.

„Es reicht jetzt! Sie werden folgender Vergehen beschuldigt: Piraterie, Massenmord und Vergehen gegen die Menschlichkeit. Plädieren Sie auf Schuldig oder nicht schuldig?“, kam die Antwort des Richters. „Es ist meine Bestimmung, die Ungläubigen und ihre Schiffe zu zerstören. Allah hat es mir so aufgetragen. Und wenn es Allahs Wille ist, dann muss man ihm folgen. Allah Akbar!“, ereiferte sich der Algerier. „Ganz wie Ihr wollt. Das Gericht befindet Euch der Piraterie, des Massenmordes und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit für Schuldig und verurteilt euch zum Tode durch Erschießen.“, sagte der Richter. „Das macht mir nichts aus. Allah wird mich mit Freuden in seinem Paradies willkommen heißen. Ich werde ein Märtyrer und damit Unsterblich sein. Man wird meinen Namen rühmen. Und mich als Helden feiern.“, sagte Kheir-Ed-Din. „Genug! Das Urteil wird morgen früh vollstreckt!“, entschied der Richter.
 

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging hatte sich auf dem großen Marktplatz eine Massenansammlung gebildet. Alle wollten sehen, wie Kheir-Ed-Din hingerichtet wurde. Ein französischer Soldat, mit einer Muskete bewaffnet, wartete auf das Zeichen des Richters. Dieser senkte den Arm. Der Soldat legte an und drückte anschließend ab. Die Kugel durchschlug die Stirn des Algeriers. Die Leiche wurde an die Einfahrt des Hafens gebracht und dort in einem Käfig aufgehängt.
 

Der nächste Zwischenfall ereignete sich vor der englischen Kolonie Ashby. Die Galeere Splendor unter dem Kommando von Murat Rais griff den Schoner Essex an. Doch der Marokkaner hatte nicht mit einem englischen Linienschiff gerechnet. Es war die HMS Destiny, die ehemalige Ladys Scorn. Mit zwei gut gezielten Breitseiten entmastete die Destiny die Galeere. Die Berber bekamen einen ordentlichen Schreck, als die englischen Seeleute des Linienschiffes die Splendor enterten. Doch sie erholten sich schnell und wehrten sich mit allen Kräften. Doch die Engländer waren ihnen zahlenmäßig und mental überlegen. Noch bevor es richtig ernst wurde, war es auch schon vorbei. Murat Rais wurde in Ketten gelegt und an Bord der Destiny nach Ashby gebracht.
 

Im Gefängnis wurde der Pirat in eine Einzelzelle gesperrt. Als man dem Marokkaner am Morgen des 17. Juni 1796 was zu Essen brachte, sagte er nur: „Was soll das sein?“ „Ihr Essen. So wie es die Vorschrift erfordert.“, sagte der Garnisons-Soldat. „Den Weichmeier kannst du der Katze in den Scheitel schmieren. Sieht ja widerlich aus.“, sagte Murat Rais. „Du frisst, was aus der Kelle fließt. Und damit basta.“, sagte der Soldat. „Den Schlangenfraß kannst du selber futtern.“, sagte der Pirat.

23

Am 17. Juni 1796 wurde Murat Rais dem Richter vorgeführt. „Na so was. Noch so ein Orient-Pirat. Auf so ein Gesindel können wir hier verzichten“, sagte dieser. „Allah hat mich geschickt um sein Wort hier in diesen Gewässern zu verbreiten. Allah Akbar!“, sagte Murat. „Was heißt eigentlich Allah Akbar?“, fragte der Gouverneur. „Allah ist groß.“, sagte Calico Cat. „Wie dem auch sei. Murat Rais, ich klage Sie wegen Piraterie und mehrfachen Mordes an!“, sagte der Richter streng. „Na und? Allah wird mich in sein Reich holen.“, sagte Murat Rais. „Es reicht! Ich habe langsam genug von diesem saublöden Geschwätz! Murat Rais, das Gericht verurteilt Sie wegen Piraterie und mehrfachen Mordes zum Tode durch die Guillotine. Die Vollstreckung erfolgt Morgen bei Sonnenaufgang“, sagte der Richter.
 

Und so kam es dann auch. Am Morgen des 18. Juni 1796, bei Sonnenaufgang wurde Murat Rais auf dem Marktplatz von Ashby guillotiniert. Mit ihm starb der letzte der Piraten, die die Gewässer um die Mysterious Islands unsicher gemacht hatten. Sir Alexander Crichton hielt sein Versprechen und begnadigte Calico Cat. Noch in derselben Nacht machte Kommodore Stern Melanie Beauchamps einen Heiratsantrag. „Was gibt es da noch groß zu sagen? Natürlich sage ich ja.“, sagte Melanie und nahm Howard Stern in die Arme.
 

Das letzte große Ereignis ereignete sich in der Nacht vom 19. auf den 20. Juni 1796. Der Pirat Henry Starling sichtete vom Achterdeck seiner Fregatte Glory die Flying Dutchman, das berühmte Geisterschiff unter dem Kommando von Davy Jones. Noch vor Tagesanbruch starb der Pirat. Seine Seele war fortan dazu verdammt auf dem Geisterschiff zu verbleiben. Die Glory wurde von einem gewaltigen Kraken und in die Tiefe gezogen. Das Jahr 1796 ging zu Ende und es begann ein neues. Im Januar des Jahres 1797 heirateten Howard Stern und Melanie Beauchamps. Howard Stern hatte sich durch seinen harten Einsatz gegen die Piraten einen Namen gemacht und wurde schon bald zum Admiral befördert. Nach 8 Jahren Einsatz in den Gewässern um die Mysterious Islands ging Howard Stern in den wohl verdienten Ruhestand. Er wurde der offizielle Nachfolger von Sir Alexander, der am 15. März 1805 starb. Howard Stern und Melanie Beauchamps lebten recht lange. Nie wird ihre Geschichte vergessen werden.
 

The End



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Eventus
2009-05-15T18:32:50+00:00 15.05.2009 20:32
Ok mich hat es ja erst gewundert, dass es bei dir so lange gedauert hatte, bis die FF hochgeladen wurde, doch wenn ich mir jetzt die Länge des Ganzen ansehe, dann ist das kein Wunder *g*

Aber die Mühe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Hier und da sind kleine Schreibfehlerchen, die kann man aber getrost ignorieren. Hab im Grunde nichts zu meckern und auch für Außenstehende wie mich, die mit dem Thema, welches du angeschnitten hast, nicht wirklich was anfangen können, ist alles gut lesbar und verständlich.

Kleiner Tipp: Es ist deine erste FF, die Länge an sich ist schon beachtlich, jedoch schafft es nicht jeder, diese Länge auch Fortlaufend in eventuellen weiteren Kapiteln beizubehalten. Also versuch auch mal etwas kürzere Kaps zu schreiben, da die Ff dadurch auch automatisch mehr Leser anlocken könnte.

gruß Daniel


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