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Wie vom Bus überfahren

J2/RPS
von

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Der Stein, der die Dinge ins Rollen bringt

Es war das Gebrüll auf dem Flur, das Jensen aus einem angenehm stumpfen Halbschlaf weckte. Chris’ Stimme, die schon im Normalzustand eindringlich und unverkennbar war, klang so aufgebracht, dass Jensen trotz seiner hartnäckigen Müdigkeit und Erschöpfung sofort klar war, dass etwas passiert sein musste. Etwas Schlimmes. Chris regte sich momentan fraglos ganz furchtbar über jemanden auf, und obwohl Jensen nicht ganz klar war, wer das sein konnte, wäre es wohl besser, wenn er nachsehen ginge.
 

Jared behauptete immer, dass Chris eine Gefahr für die Allgemeinheit sei – was Jensen zwar beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte, aber er hatte festgestellt, dass er recht gut darin war, seinen Freund zu beruhigen, wenn dieser sich in einer etwas weniger liebenswürdigen Stimmung als sonst befand.
 

Dann fiel Jensen allerdings auf, dass seine Umgebung ihm zur Gänze unbekannt war, und er gab den Gedanken, Chris zu beruhigen, vorerst auf und sah sich um.
 

Huh. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er behauptet, sich am Set von Supernatural in einer von Deans weniger schönen Szenen zu befinden. Die in nüchternem Weiß gehaltenen Wände, die weißen Vorhänge vor dem Fenster und die Neonleuchten unter der Decke deuteten an, dass er im Krankenhaus war – nun, das würde zumindest das dumpfe Pochen in seinem Kopf erklären. Und im Hüftbereich. Und an der linken Schulter.
 

Jensen blinzelte. Er war im Krankenhaus. Aber wieso – was war? – Sadie!
 

Jensen riss entsetzt die Augen auf, die plötzliche Panik verdrängte die einschläfernde Wirkung der Schmerzmittel, die er bekommen hatte, und er unternahm den Versuch, sich aufzusetzen, ächzte schmerzvoll, und ließ sich zurück in die Kissen sinken.
 

„Chris!“, murmelte er dann, schluckte ein paar Mal, um die Kontrolle über seine Stimme zurückzuerlangen, und versuchte es noch einmal. „Chris!“
 

Die Tür zu seinem Zimmer öffnete sich prompt, Chris’ von einem dunkelblauen Bandana gebändigter Haarschopf lugte ins Zimmer, wurde kurz darauf vom Rest seines Körpers gefolgt, und Chris betrat den Raum. „Gott sei Dank“, murmelte Chris, während er zu Jensen ans Bett heran trat, und Jensen packte mit rast- und doch kraftlosen Fingern seinen Arm. „Sadie!“, stieß er hervor. „Ist mit ihr alles in Ordnung?“
 

Chris’ Züge verdunkelten sich in einem Anflug widerstreitender Emotionen, er biss die Zähne so fest zusammen, dass Jensen beunruhigt das Arbeiten der Muskeln in dem angestrengten Kiefer beobachtete, dann wandte sein Freund sich halb der Tür zu. „Jared! Beweg deinen Arsch hier rein!“
 

Jensen runzelte leicht die Brauen – warum war Jared denn nicht gleich mit ins Zimmer gekommen? – dann schob sich die Silhouette eines unsicheren, verschüchterten jungen Mannes durch die Tür, der nur noch entfernte Ähnlichkeit mit dem Jared hatte, an den Jensen sich über die Jahre gewöhnt hatte, und dessen linkes Auge zudem noch verdächtig blau-lila schattiert war, und Jensen unternahm erneut den zum Scheitern verurteilten Versuch, sich aufzusetzen.
 

„Was ist mit dir passiert, wo ist Sadie? Ist mit ihr alles in Ordnung?“, fragte er panisch, während Chris ihn sanft ins Bett zurückdrückte, und Jareds düstere Miene wurde kurz durch ein dankbares Lächeln erhellt. „Sadie geht’s gut – dank dir. Sie ist beim Hundesitter.“
 

Jensen atmete erleichtert auf, und beobachtete dann irritiert den wütenden Blick, den Chris Jared zuwarf. Was war denn da nur vorgefallen? Kaum warf man sich vor ein Auto, um den Hund des besten Freundes zu retten, verpasste man ganz elementare Vorgänge in der Beziehung zwischen dem erwähnten besten Freund und … dem anderen besten Freund.
 

Jensen blinzelte erschöpft. Das war alles ein bisschen viel auf einmal.
 

„Wir lassen dich jetzt lieber allein“, entschied Chris mit ruhiger Stimme. „Du brauchst deine Ruhe.“ Jensen machte keinen Versuch, sie am Gehen zu hindern, nachdem Chris ihm ernsthaft versichert hatte, sie würden in der Nähe bleiben, und es dauerte vielleicht fünfzig Sekunden, bis ihm die Augen zufielen, nachdem Chris die Tür zu seinem Zimmer hinter sich geschlossen hatte.
 


 

Draußen vor der Tür warf Christian Jared einen Blick zu, der einem schwächeren Mann Tränen der Angst in die Augen getrieben hätte – Jared riss sich zusammen und zuckte nur ein wenig – bevor er Jared darauf aufmerksam machte, dass er sich verpissen konnte.
 

„Aber“, Jared kaute auf seiner Unterlippe herum, „ich will Jen nicht allein lassen – und du hast ihm doch eben gesagt, dass … also … dass wir da sind, wenn er aufwacht.“
 

Chris knirschte beinahe mit den Zähnen vor Wut. „Und wieso stört dich das? Als er angefahren worden ist, warst du doch auch nicht da! Er musste deine dämlichen Köter allein Gassi führen!“
 

Jared wurde noch ein wenig blasser als ohnehin schon und senkte schuldbewusst den Blick. „Ja, ich weiß. Ich … ich hätte selbst gehen sollen, aber ich war dabei, das neue Bücherregal fürs Wohnzimmer zusammenzubauen, und … und er … er wollte mit den Beiden raus gehen … ich …“ Jared unterbrach sich und starrte auf einen Fleck auf dem Linoleumboden, und Chris’ Gesichtsausdruck verlor ein wenig von seiner Schärfe. „Trotzdem. Es sind deine Hunde!“
 

Jared nickte nur und biss sich auf die Unterlippe, und Chris seufzte. „Ich hol mir einen Kaffee – willst du auch?“
 

Jared schüttelte den Kopf – wenn er Kaffee trank würde er vermutlich in Kürze die Wände hochgehen – und Chris zog sich mit einem Schulterzucken zurück. Jared ließ sich seufzend auf einen der Besucherstühle links neben Jensens Zimmertür sinken. Sein ganzer Körper war angespannt, selbst jetzt noch, da er wusste, dass Jensen nichts Ernsteres zugestoßen war, und die ganze linke Seite seines Gesichts tat weh – dank der unfreiwilligen Kollision mit Christians Faust. Er machte Chris keinen Vorwurf, weil er ihn geschlagen hatte. Chris war seit Jahren mit Jensen befreundet, betrachtete sich als Jensens persönliches Sicherheitsnetz, und der Unfall hatte ihn mit brutaler Rücksichtslosigkeit darauf aufmerksam gemacht, dass es Dinge gab, auf die selbst Christian Kane keinen Einfluss hatte.
 

Als der Anruf aus dem Krankenhaus gekommen war, war Jared an dem Schock beinahe erstickt, und selbst jetzt, Stunden später, waren seine Knie noch immer unangenehm weich. Jensen hatte sich vor ein verdammtes Auto geworfen, weil Sadie, dieser selten dumme Hund – und es war wohl das erste Mal, dass Jared sein Mädchen selbst im Geiste so betitelte – einfach auf die Straße gelaufen war, und es grenzte an ein verdammtes Wunder, dass Jensen mit ein paar Prellungen, Quetschungen und einer Gehirnerschütterung davon gekommen war. Jared verkrampfte die Hände in seinem Schoß. Jensen hatte sich vor ein Auto geworfen, um seinen Hund zu retten.
 

Als Chris fünf Minuten später mit einer frisch im Schwesternzimmer gebrühten Tasse Kaffee – und er hatte nichtmal flirten müssen, um die zu bekommen – wieder auftauchte, fand er einen in Tränen aufgelösten Jared Padalecki vor, und obwohl er noch immer reichlich sauer auf Jared war – vielleicht irrational, vielleicht auch nicht – war er dann doch nicht annähernd herzlos genug, um das klägliche Bild, das sich ihm bot, zu ignorieren. Er seufzte leise, ließ sich auf den Stuhl neben Jared sinken und nahm seine Kaffeetasse in die linke Hand, während er mit der rechten über Jareds gebeugten Rücken rieb. „Es geht ihm gut, Jared. Alles in Ordnung.“ Zur Antwort bekam er nur ein leises Schniefen, Jareds imposanter Körper erzitterte unter seiner Hand, und Chris vergaß seine Wut auf den Yeti und stellte seine Tasse beiseite. „Du hast doch gehört, was die Ärzte gesagt haben – es grenzt an ein Wunder, wie gut es ihm geht!“
 

„Ja, ich weiß“, ertönte Jareds Stimme dumpf irgendwo zwischen seinen Händen, die er vors Gesicht geschlagen hatte, hervor. „Aber er hat das … er hat … Er hätte …“
 

Jareds Gestammel ging in einem hilflosen Schluchzen unter, und Chris blinzelte überfordert. Weinende Frauen waren schlimm genug, in Tränen aufgelöste Texaner waren nicht wirklich sein Fall. „Er hätte dabei draufgehen können“, sagte er also etwas grob. „Ist er aber nicht. Und wenn du’s genau wissen willst, habe ich vor, ihm für seine dämliche Aktion einen festen Tritt in seinen süßen Arsch zu verpassen!“
 

Jared, der ganz genau wusste, dass Chris sowas im Leben nicht tun würde – nicht mit Jensen – schnupfte ein paar Mal auf und beruhigte sich schließlich ein wenig. Ein Umstand, der von Chris mit Erleichterung registriert wurde, ihn aber nicht dazu brachte, seine Hand von Jareds Rücken zu lösen. Im Prinzip mochte er den Kerl schließlich, auch wenn er zu groß war, viel zu viele Haare hatte – bei Chris selbst war das was anderes, aber was völlig anderes – und noch dazu viel zu viel redete und dabei viel zu laut war. Er rieb also weiter beruhigend über Jareds Rücken, trank dabei den Kaffee, den er sich mitgebracht hatte, und dachte darüber nach, welch ein Zufall es gewesen war, dass er Jensen ausgerechnet am Tag seines Unfalls einen Überraschungsbesuch hatte abstatten wollen.
 

Jared hatte ihn auf seinem Weg zum Auto beinahe umgerannt, irgendwas von Jensen und Krankenhaus gefaselt – Chris war fast das Herz stehen geblieben – und als sie dann im Krankenhaus von der Fahrerin des Unfallwagens erfahren hatten, was passiert war, hatte ein paar Sekunden lang die Gefahr bestanden, dass Chris Jared an Ort und Stelle erwürgte.
 

Aber Chris hatte sich beherrscht, hatte der Krankenschwester mitgeteilt, dass Jared und er im Falle eines Unfalls auf Jensens ausdrücklichen Wunsch hin als Familienmitglieder zu behandeln seien, hatte Jensens Eltern angerufen, während Jared seinen Hundesitter zu dem Tierarzt geschickt hatte, zu dem Harley und Sadie verfrachtet worden waren – und erst danach hatte er seinem dringendsten Bedürfnis nachgegeben und Jared aufs Auge gehauen.
 

Chris seufzte leise. Verdammter Jared mit seinen verdammten Hunden, der Jensen so mir nichts dir nichts um den Finger gewickelt hatte, so dass diese treue Seele sich inzwischen sogar schon vor Autos warf, um die dummen Tölen vor Schaden zu bewahren!
 

Jared zu seiner Rechten schniefte leise, und Chris verdrehte die Augen und schob ihm ein Taschentuch zu. Altes Waschweib. Chris konnte ja durchaus nachvollziehen, dass die Geschehnisse des Tages Jared ein wenig mitgenommen hatten – ihm selbst war immer noch ganz flau im Magen – aber Jensen ging es gut, also musste der Dussel hier auch gar nicht so dämlich rumheulen. Chris ließ seine Hand mit etwas mehr Druck über Jareds breiten Rücken streichen, und Jared hob endlich sein verheultes Gesicht aus seinen Händen und lächelte ihm kläglich zu. Chris lächelte zurück. Jemand hüstelte verhalten.
 

Chris blickte auf, entdeckte die Krankenschwester vor sich, die ihn über Jensens Zustand informiert hatte, und hob fragend die Augenbrauen. „Ja?“
 

„Mr. Ackles muss noch bis Morgen zur Beobachtung hier bleiben – es wäre also vernünftig, wenn einer von Ihnen“, sie warf einen vielsagenden Blick auf Jared, „ihm Kleidung von Zuhause holen würde, die er morgen anziehen kann.“
 

Chris nickte und dankte ihr, und sie marschierte zielstrebig von Dannen, um sich ihrer Berufung zu widmen. Jared schniefte erneut, dann stand er auf und wischte sich mit der Hand übers gerötete Gesicht. „Ich fahr nach Hause und hol seine Sachen.“
 

Chris nickte nur, und Jared lächelte noch einmal ein ganz klein wenig, bevor er sich umdrehte und auf den Weg machte. Chris verfolgte seine ellenlange Gestalt mit den Augen, wie sie den Flur hinunter ging und schließlich um die Ecke bog, und erst als Jared außer Sichtweite war, stand er auf und ging zu Jensens Zimmer hinüber, zögerte einen Moment – und öffnete dann vorsichtig die Tür.
 

Jensen schlief, sein Gesicht war der Tür zugewandt, und Chris schob sich ins Zimmer hinein und ließ sich auf dem Stuhl neben Jensens Bett nieder.
 

Jensen hatte einen Verband um den Kopf und ein blaues Auge von der Kollision mit dem Kantstein, er war blass, was sein Anflug von Drei-Tage-Bart nur noch unterstrich, und Chris musste sich doch sehr zusammenreißen und sich daran erinnern, dass sein Freund über dreißig und nicht mehr sechs Jahre alt war. Er nahm auch keineswegs Jensens Hand oder machte Anstalten ihm durchs Haar zu kraulen – er saß einfach nur an seiner Seite, starrte sein regloses Gesicht an und knurrte jeden an, der ins Zimmer kam und für seinen Geschmack nicht genug Rücksicht auf den Schlafenden im Bett nahm.
 

Als Jared zurückkam, hatte Chris sich mit drei Krankenschwestern, einem Pfleger und dem Oberarzt angelegt, und allein Jareds Versicherung, dass der Versuch, Chris aus dem Zimmer seines Freundes zu entfernen, nur zu Mord und Totschlag führen würde, führte schließlich zum Abbruch der Kampfhandlungen. Denn wenn ein Kerl von der Größe eines Schrankes eine deutliche Furcht vor einem Mann zeigte, der vielleicht halb so groß war, dann war es besser für alle Beteiligten, sich nicht mit Letzterem anzulegen.
 

Chris konnte sich also wieder an Jensens Bett verschanzen, der noch immer in seliger Unkenntnis der letzten Geschehnisse schlief, und Jared drückte Chris eine Tüte mit Fastfood in die Hände, die er auf dem Rückweg von Zuhause mitgebracht hatte, und holte sich einen zweiten Stuhl heran.
 

Einige Stunden später bedauerte es die Nachtschwester unendlich, keinen Fotoapparat auf ihre Runde mitgenommen zu haben – denn der Anblick zweier ausgewachsener Männer, die halb auf ihren Stühlen und halb über das Bett des Patienten ausgestreckt eingeschlafen waren, war fraglos einer, den man für die Ewigkeit festhalten sollte.
 


 

„Es geht mir wirklich wieder gut … Ich kann alleine laufen … Ihr müsst wirklich nicht …“ Jensen gab es auf. Dass er mit einem Rollstuhl von seinem Zimmer zu Jareds wartendem Wagen kutschiert worden war, hatte er noch eingesehen – das gehörte zum Protokoll des Krankenhauses – warum Jared und Chris aber beide davon auszugehen schienen, dass er unmöglich allein vom Auto zu Jareds Haus gehen konnte, war ihm nicht ganz klar.
 

Widerstand war allerdings zwecklos, also wehrte er sich auch gar nicht gegen den Griff der beiden Übermütter, die ihn flankierten, und passte sich ihrem Schneckentempo an.
 

Der Weg zur Haustür war ihm noch nie so lang vorgekommen, aber schließlich war es doch geschafft, und Jared löste seinen Griff tatsächlich einen Moment lang von seiner Hüfte um die Tür aufzuschließen. Chris bugsierte Jensen ins Wohnzimmer und auf die Couch, sobald das geschehen war, Jensen wurde von Jared mit Kissen zugeworfen und mit Wasser versorgt, und als Jensen das Bedürfnis äußerte, einen Film zu sehen und sich mit Schokolade voll zu stopfen, überschlugen seine Helferlein sich beinahe bei der Ausführung seiner Wünsche.
 

Unter anderen Umständen hätte Jensen ihren Eifer vermutlich lustig gefunden und sich über sie amüsiert, so aber war er hin und her gerissen zwischen Rührung und Ungeduld.
 

Er war nicht schwer verletzt, in der Tat hatte er kaum noch Schmerzen, und wenn Jared ihn auch nur noch ein einziges Mal fragte, ob er noch ein Kissen wollte, würde er ihn vermutlich mit den zwölf, die er schon hatte, ersticken.
 

Also verschanzte Jensen sich auf dem Sofa, ließ sich mit Schokolade und Kakao versorgen – Chris hatte ihm tatsächlich untersagt, Kaffee zu trinken, weil das ja ungesund war – und guckte alle drei Teile Star Wars. Die Alten. Die einzig Wahren.
 

Jared erheiterte ihn damit, seine Fähigkeiten als Wookie unter Beweis zu stellen – KONNTE der schön grölen – Chris machte abfällige Bemerkungen über Episode eins bis drei, und welch ein Glück es sei, dass Jensen sich die Box mit den Originalfilmen gekauft hatte, bevor George Lucas auf die Idee gekommen war, sie nachträglich zu verschandeln. Irgendwann zwischen „Das Imperium schlägt zurück“ und „Rückkehr der Jediritter“ klingelte der Hundesitter an der Tür und brachte Harley und Sadie nach Hause. Beide Hunde waren überglücklich, ihr Herrchen wieder zu sehen – immerhin waren sie beinahe einen ganzen Tag von Jared getrennt gewesen – und nachdem Harley seine Begrüßung abgeschlossen hatte, stürmte er sofort ins Wohnzimmer, um sich Jensen zu widmen. Er sprang zu ihm aufs Sofa, leckte ihm das Gesicht ab und schnaufte und grunzte dabei, dass man hätte meinen können, Jensen sei sein liebster Kauknochen. Sadie folgte wesentlich zögerlicher, lugte erst vorsichtig ins Wohnzimmer, bevor sie sich dazu durchringen konnte einzutreten, und als sie dann schüchtern auf Jensen zutapste und ihm den Kopf aufs Knie legte, nachdem Jensen sich von ihrem Bruder befreit hatte, streckte Jensen sofort die Hand nach ihr aus und streichelte ihr über den Kopf. „Musst kein schlechtes Gewissen haben, Kleines. Mir geht’s gut.“
 

Sadie wedelte unsicher und legte den Kopf schief, und Jensen zog ihr liebevoll am rechten Ohr. „Alles gut zwischen uns.“ Chris fing den Blick auf, mit dem Jared diesen Austausch beobachtete, und er musste sich doch arg das Grinsen verbeißen. Die Anbetung, mit der Sadie zu Jensen aufblickte, spiegelte sich nicht nur in Jareds Augen, sie wurde sogar noch übertroffen, und wenn Jared mit Jensen und den Hunden allein gewesen wäre, hätte er ihn vermutlich ebenso angesprungen wie zuvor Harley.
 

Sadie schien inzwischen überzeugt, dass Jensen ihr nichts nachtrug, ließ sich beruhigt zu seinen Füßen zu Boden sinken, und sah sich gemeinsam mit ihren liebsten Rudelmitgliedern den Rest der Star Wars Saga an.
 

Jensen war fast eingeschlafen, als schließlich der Abspann durchlief, und Jared verkündete, bei ihrem Lieblingschinesen anrufen zu wollen, um ihnen ein Festmahl sondergleichen zu ordern und griff nach dem Telefon. Chris, der das Gefühl hatte, Jensen brauche jetzt nichts so dringend wie ein Steak, äußerte sich nicht zu diesem Plan, nahm sich jedoch vor, am nächsten Tag einkaufen zu fahren und alles Nötige für ein original texanisches Barbecue zu besorgen.
 

Nachdem dieser Entschluss gefasst war, blickte er sich im Zimmer nach seinen Koffern um und erkundigte sich flüchtig bei Jared, wo er in der kommenden Nacht eigentlich schlafen solle.
 

Jared ließ beinahe das Telefon fallen. „Du willst – du bleibst – ähm … hier?“
 

Chris blinzelte verdutzt. „Ja – wo denn sonst? Ich kann doch Jensen nicht allein lassen!“
 

Diese Aussage brachte Jensen und Jared dazu, sich einen aussagekräftigen Blick zuzuwerfen, doch während Jareds Blick sich darüber beschwerte, dass Chris ihn soeben zum Niemand gestempelt hatte, fand Jensens Blick es ganz und gar nicht lustig, zum hilflosen Kleinkind gebranntmarkt zu werden.
 

„Also?“, fragte Chris noch einmal nach und tat so, als habe er diesen Austausch nicht bemerkt. „Krieg ich das Sofa, oder was?“
 

„Du kriegst das Sofa“, antwortete Jared gottergeben, „aber ich kann dir nicht versprechen, dass du sonderlich gut darauf schlafen wirst.“
 

„Man könnte fast den Eindruck gewinnen, du willst mich loswerden“, bemerkte Chris wie nebenbei, während er Harley über den Kopf streichelte, und Jared schluckte nervös. „Aber nicht doch!“
 

Chris grinste ein wenig, und im Gegensatz zu Jensen fiel Jared das furchterregende Funkeln in seinen Augen auf. „Natürlich nicht. Hätte mich auch sehr gewundert.“ Mit diesen Worten begann er Harley über den Kopf zu streicheln, und der Hund grunzte zufrieden und presste sich an Chris’ Schienbeine. Nach den neuesten Ereignissen hatte Jared nun also weder von Sadies noch von Harleys Intelligenz eine besonders hohe Meinung.
 

Er wurde von diesen düsteren Gedanken abgelenkt, als Jensen seine Haltung auf dem Sofa leicht veränderte und dabei unterdrückt ächzte – was dazu führte, dass Jared quasi sofort neben ihm am Boden kniete und ihn fragte, ob mit ihm alles in Ordnung sei.
 

„Jared“, sagte Jensen streng und unterdrückte das Bedürfnis, Jared sein Wuschelhaar zu wuscheln, „mir geht’s gut! Hör auf, mir auf die Nerven zu gehen!“
 

Jareds Gesicht überzog kurz ein Schatten und er zog den Kopf ein. „Entschuldige bitte … ich -“ „Jared!“, wurde er unerwartet von Chris unterbrochen, „lass dir das bloß nicht von ihm gefallen!“ Chris warf Jensen einen strengen Blick zu. „Du hast dich vor ein Auto geworfen, Jen. Jared hat alles Recht der Welt, sich Sorgen um dich zu machen – besonders, weil es seine Schuld war.“
 

Diese in leichtem Ton geäußerten Worte ließen Jareds Augen feucht werden und spornten Jensen dazu an, sich furchtbar gerade hinzusetzen. „Sag sowas nichtmal im Scherz, Chris! Es war nicht Jareds Schuld! Gott, dass du sowas auch nur -!“ Jensen unterbrach sich und wandte seine Aufmerksamkeit Jared zu, der noch immer vor ihm am Boden kniete und sein Gesicht hinter einem Vorhang aus traurigem braunem Haar verborgen hatte. „Es war nicht deine Schuld, Jay, hörst du?“ Er legte Jared die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. „Sadie ist zwar nicht mein Hund, aber ich will genau so wenig, dass ihr was passiert wie du – ich hab in dem Moment einfach nicht nachgedacht und -“
 

Jared machte eine hastige Bewegung, und im nächsten Moment hing er Jensen am Hals und klammerte sich an ihn wie ein Ertrinkender an das rettende Stück Treibholz, und Jensen konnte nur überrascht die gegenüberliegende Wand anblinzeln, bevor er Jared in den Arm nahm und ihn beruhigend wiegte. „Es ist ok, Jay“, wisperte er sachte und legte Jared die rechte Hand in den Nacken. „Mir ist doch nichts passiert …“
 

Jared gab einen merkwürdig erstickten Laut von sich und Chris wandte von der sich ihm bietenden Szene dezent den Blick ab, und tat, als sei er sowohl blind als auch taub. Er verstand, was in Jared vor sich ging – wenn er auch fand, dass Jared zumindest versuchen sollte sich ein bisschen zusammenzureißen – und Jensen war wohl der einzige Mensch auf Erden, der Jared jetzt davon überzeugen konnte, dass wirklich alles in Ordnung war.
 

Jensen vergrub seine rechte Hand in Jareds weichem Haar und hielt ihn einfach nur an sich gedrückt. Es war ihm vorher gar nicht so richtig bewusst gewesen, was alles hätte passieren können, wenn er nicht über einen so ausgezeichneten Schutzengel verfügte, und der Gedanke, wie Jared sich gefühlt hätte, wäre ihm bei dem Versuch, Sadie zu schützen etwas zugestoßen, schnürte Jensen die Kehle zu. „Es tut mir leid“, flüsterte er heiser, und Jareds Griff um ihn festigte sich noch ein wenig mehr.
 

Chris fand das jetzt doch etwas … verdächtig. Gut, schön, Jensen und Jared waren Freunde, die besten sogar, und es war nur ganz natürlich, dass Jared so fühlte, wie er fühlte – aber dieses hemmungslose Geknuddel? Chris grinste ein wenig. Er hatte ja immer geahnt, dass eine Idee zur Realität werden konnte, wenn nur genügend Menschen daran glaubten.
 

Er stand auf, und zog sich in die Küche zurück, um den Kühlschrank nach Bier zu durchsuchen, und war nicht weiter verwundert, als er von beiden Hunden dorthin begleitet wurde. Die Viecher waren genau so verfressen wie ihr Herrchen.
 

Im Wohnzimmer presste Jared sein erhitztes Gesicht an Jensens Halsbeuge und versuchte sich daran zu erinnern, wie man atmete. Als der Anruf aus dem Krankenhaus gekommen war, war er ein paar Sekunden lang überzeugt gewesen, er hätte Jensen verloren. Das Gefühl von Verlust, das er in diesem Moment empfunden hatte, war so intensiv gewesen, dass er noch immer darunter litt, aber Jensen in seinen Armen zu halten und zu spüren, dass er noch da war, half zumindest ein kleines Bisschen. Er atmete tief den vertrauten Geruch ein, von dem er vor über vier Jahren festgestellt hatte, dass er eine seltsam beruhigende Wirkung auf ihn ausübte, und genoss das Gefühl von Jensens Hand in seinem Haar.
 

„Jared“, sagte Jensen leise und strich ihm mit dem Daumen über den Nacken, „du tust mir ein bisschen weh.“
 

Jared ließ Jensen so hastig los, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor und nach hinten umfiel, und es war Jensens Hand an seiner Schulter, die ihn sowohl vor diesem peinlichen Zwischenfall bewahrte, als auch dafür sorgte, dass ihm die wohltuende Wärme, die sich während ihrer Umarmung in ihm ausgebreitet hatte, erhalten blieb.
 

Jensen drückte noch einmal sanft zu, bevor er seine Hand zurückzog, und Jared brauchte einen Moment, bevor er aufstehen konnte, um sich neben seinen Freund aufs Sofa zu setzen.
 

„Entschuldige wegen vorhin“, murmelte Jared dann undeutlich, und Jensen wandte ihm den Blick zu und zog die Augenbraue in die Höhe. „Was soll ich entschuldigen?“
 

Jared zog leicht die Schultern in die Höhe. „Alles. Dass du mit den Hunden Gassi gehen musstest … und dass ich … mich so albern benehme.“ Jensen starrte ihn jetzt auf eine Art an, dass Jared sich gleich dreimal so dumm vorkam wie vorher, und er zog wieder den Kopf ein. „Aber du kennst das ja schon …“
 

Chris kam gerade rechtzeitig ins Wohnzimmer zurück, um beobachten zu können, wie Jensen Jared einen Schlag in den Nacken verpasste, und quittierte diese unerwartete Handlung mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Was ist denn hier los?“
 

Jensen schnaufte empört. „Jared ist ein Idiot! Sowas Dämliches!“ Jared hockte wie ein Häufchen Unglück neben Jensen auf der Couch, und Chris blinzelte verwirrt. „Ja, na und?“
 

Jared schrumpfte noch mehr in sich zusammen, und Jensen warf Chris einen bösen Blick zu. „Jared ist kein Idiot! Ich meine … Also … Jared ist ein Idiot, weil er … ach, komm her, du Depp!“ Jensen legte seinen Arm um Jareds Schultern und zog ihn an sich, und Jared, kippte mit einem überraschten Japsen an seine Seite.
 

Chris grübelte darüber nach, mit welcher Ausrede er sich diesmal zurückziehen sollte. Subtil waren diese Herren ja nun wirklich nicht, da konnte man die phantastischen Auswüchse ihrer Fans schon irgendwie nachvollziehen. Wenn man denen so viel Futter bot wie Jensen und Jared, dann mussten die sich auch nicht wundern, wenn sie ein bisschen außer Rand und Band gerieten.
 

Chris schnaufte leise und versuchte zu ignorieren, wie überaus euphorisch Jared auf Jensens Suche nach seiner Nähe reagierte. Da, wo eben noch düsterste Regenwolken die Sonne verdeckt hatten, waren jetzt die Grübchen auf voller Stufe, Jareds Augen schimmerten auf eine Art und Weise, dass Chris ihm am liebsten in die Nase gekniffen hätte, und das debile Grinsen um die Mundwinkel machte ihn noch zusätzlich aggressiv. „Müsst ihr hier rummachen, während ich zu Besuch bin?“
 

Ihn trafen verwirrte Blicke aus zwei Paar Augen und Chris verdrehte selbige. „Schon gut. Lasst euch von mir nicht stören. Ich hab nichts gesagt.“
 

„Das will ich wohl meinen.“ Jensen nickte langsam. „Fang du nicht auch noch mit diesem Unsinn an.“
 

„Chad“, begann Jared mit der Miene eines Menschen, der einen großen Propheten zitiert, „sagt unsere Fans spinnen. Er findet Wincest widerlich und J2 noch viel mehr.“ Jared legte einen Moment lang den Kopf schief. „Aber“, sagte er dann, „er hat auch gesagt, dass er bald die Krise kriegt, wenn Jensen und ich nicht bald in die Kiste steigen.“ Jared zuckte mit den Schultern. „Chad“, schlussfolgerte er, „ist komisch.“
 

Jensen konnte da nur zustimmen, wenn er auch ein wenig rot geworden war und sich nicht ganz erklären konnte, wieso eigentlich. Chad verbreitete schließlich ständig so einen Unsinn.
 

Ein Klingeln an der Tür unterbrach den merkwürdigen Moment, und Jared erhob sich vom Sofa, um das chinesische Essen in Empfang zu nehmen, das er ihnen bestellt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  yuna_16
2009-05-03T21:42:59+00:00 03.05.2009 23:42
Also... ich hab mich ja schon immer gefragt, wie Jared und Jensen es geschafft haben, einen so großen Kreis schöner Männer um sich anzusammeln.
Aber das nur mal nebenbei.
Ich bin sehr begeistert von Jareds übersteigerter Angst vor Chris. Das ist sooo lustig und kann ja in echt eigentlich auch gar nicht anders sein^^
Und ich glaube nicht so recht, dass Chad Geschichten über seine Freunde soo schlimm findet, der scheint sie ja ständig zu lesen :D
Sehr schön, dass die zwei Idioten sich mal wieder dumm und dämmlich knuddeln, aber nicht kapieren, was das eigentlich alles zu bedeuten hat^^
Hat mir sehr gut gefallen und ich freu mich wenns weiter geht,
liebe Grüße
yuna
Von:  KC8
2009-05-03T20:41:56+00:00 03.05.2009 22:41
Ich mag Chris nicht, eindeutig.
Jared schlägt man nicht, das ist verboten:)!
Bitte schreib schnell weiter!
*wink*
KC8
Von: abgemeldet
2009-05-03T13:01:02+00:00 03.05.2009 15:01
chad ist komisch.
das ist ne festsellung, die jedem klar denkenden menschen irgendwann kommen muss. ich liebe ihn!!!

hach, die story ist sooo süß!!! obwohl mir chris schon etwas leid tut. mit zwei knuddelsüchtigen texanern in einem raum, das ist nicht einfach xD

freu mich schon wenns weitergeht^^
lg misso
Von:  jesaku
2009-05-03T08:17:08+00:00 03.05.2009 10:17
Vielleicht sollte man darüber mal eine Studie machen. Das Knuddelverhalten von Texanern. Da würde bestimmt raus kommen, dass je größer ein Texaner ist desto größer auch sein Knuddelbedürfnis ist.
Von: abgemeldet
2009-05-03T00:54:55+00:00 03.05.2009 02:54
Jensen Ackles, Jared Padalecki und Christian Kane in einer FF, ach du hast mein kleines Leserherz erfreut ohne Ende.

Du schreibst so bildlich das ich mir jede Szene genau vor Augen hatte.
Hatte leicht feuchte Augen als Sadie ins Wohnzimmer kam, und schüchtern nach Jensen schaute, ach Gott das war so *schnief*

*** ...und wenn Jared mit Jensen und den Hunden allein gewesen wäre, hätte er ihn vermutlich ebenso angesprungen wie zuvor Harley.***

Ich hab mich bei dem Abschnitt fast verschluckt so musste ich lachen, einfach köstlich.

Schreib bitte schnell weiter, denn du hast einen tollen Schreibstil und ich finde deine FF, wie du sicherlich schon erahnen kannst, einfach Super.

LG Mala

Von:  -Shiki-
2009-05-02T21:25:59+00:00 02.05.2009 23:25
Coole Idee und witzige Umsetzung.
Musste die ganze Zeit beim Lesen grinsen.
Ich mag deinen Schreibstil.
Der ist so angenehm flüssig und erfrischend witzig.
Da wird es nie langweilig beim Lesen, da keine große abschweifungen vorkommen und man immer beim Thema bleibt.
Hoffentlich gehts bald weiter!
mfg -Shiki-


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