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Blut an meinen Händen

Was bleibt, wenn nichts mehr da ist?
von

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Seelen

7. Siebentes Kapitel - Seelen
 

Spiel um deine Seele

Spiel um dein Gesicht

Du wirst es verlieren

Ich weiß´, du schaffst es nicht
 

Aus: „Spiel um deine Seele“ von Peter Maffay
 

Als Tesaki das Schlossgelände seines Meisters betrat, empfing ihn nichts als gähnende Leere. Normalerweise sah man auf dem Vorplatz Kohaku-kun mit seiner Kettensichel trainieren, oder Kagura-san, wie sie ihren düsteren Gedanken nachhing. Als der kleine Hanyou jetzt jedoch von dem niederen Youkai sprang, der ihn hierher gebracht hatte, war niemand da. Niemand erwartete ihn, kam um ihn zu begrüßen. Für einen Augenblick griff die Trauer nach seinem Herzen, denn es war seine Schuld, das er nun allein hier stand. Kanna-chan war gestorben, weil sein Plan nicht gut genug gewesen war. Kagura-san hätte er mehr Unterstützung mitgeben sollen, eine Art Fluchtweg. Und Kohaku-kun... Gut, seinen Tod hätte er wohl kaum verhindern können, trotzdem... Er hatte es nicht verdient, nun hier als Einziger zu stehen.

Als der Junge durch die menschenleeren Gänge schritt, wurde ihm seltsam kalt. Er war an düstere, kühle Räume gewöhnt, hatte er doch gut die Hälfte seines Lebens in dunklen Kerkern verbracht. Dennoch fühlte er sich in abgeschlossenen Räumen unwohl. Es erinnerte ihn zu sehr an diese Zeit, die er eigentlich hatte vergessen wollen.

Woher er wusste in welchem Raum sich sein Meister befand, konnte er nicht sagen. Er folgte einfach seinem Gefühl, dem Instinkt, und gelangte so auch tatsächlich an sein Ziel.
 

„Komm herein, Tesaki.“, drang Naraku-samass Stimme zu ihm durch. Der Halbdämon, welcher bis eben noch vor der Trennwand aus Papier gekniet hatte, erhob sich langsam und trat ein. Als er den Schwarzhaarigen dort allein, in der Mitte des sonst leeren Raums sitzen sah, durchflutete ihn wieder die gewohnte Erregung, eine Art Lampenfieber, wann immer er ihn erblickte.

„Meister...“, hauchte er ergeben und ließ sich erneut auf die Knie fallen.

„Wie ist dein neuster Auftrag ausgegangen? Hast du bereits Erfolge vorzuzeigen?“

Warum fragt er eigentlich?, ging es ihm durch den Kopf, Durch die Insekten hat er doch alles beobachtet!

„Es gelang Kagura-san nicht, die Dämonenjägerin und den Mönch zu töten. Jedoch setzte Letzterer sein Windloch ein und sie alle verschwanden darin. Außerdem habe ich den Körper der jungen Miko zerstört, da erwähnt wurde es gäbe eine Möglichkeit, sie wiederzubeleben.“, erzählte er mit gesenktem Haupt, wissend, dass dies sicher nichts Neues für Naraku-sama war.

„Du denkst mit, das gefällt mir. Deine Pläne hatten jedoch sehr viel größere Folgen, als ich zunächst angenommen habe.“, erwiderte der Schwarzhaarige. Tesaki unterdrückte den instinktiven Wunsch, überrascht aufzuschauen.

„Das Inu Yasha mit diesem Zug geschwächt werden könnte, war klar. Tatsächlich aber hat er sich danach fast selbst umgebracht. Dass er dann kurz nacheinander auf Kouga und Sesshoumaru gestoßen ist, dürfte die Sache für ihn nicht gerade leichter gemacht haben.“ Ein bösartiges Lächeln lag auf seinen Lippen, als er fortfuhr: „Du warst mir tatsächlich eine große Hilfe... Doch du scheinst etwas betrübt zu sein, freust du dich nicht deines Sieges?“

Nun hob Tesaki wirklich ein wenig den Kopf. „Alles was ich tue, tue ich für euch, Naraku-sama. Ich freue mich, wenn ich etwas für euch tun kann.“ Das war alles was für ihn zählte, das musste alles sein! Kohakus-kun Tod bedeutete nichts. Inu Yashas Trauer über seine Freunde bedeutete nichts... Nichts!

„Tesaki...“

Der Angesprochene erschauderte, niemand sprach seinen Namen so aus wie Naraku-sama. Seine kräftige, und doch etwas rauchige Stimme bescherte ihm jedes Mal eine Gänsehaut.

„Ich schätze deine Treue ebenso wie deinen Rat. Was glaubst du, wäre der beste Zug, jetzt, da Inu Yasha keine Gefahr mehr darstellt?“

Leicht verwundert wagte es der junge Halbdämon, dem Anderen in die Augen zu sehen. „Keine Gefahr mehr? Aber... Naraku-sama, noch ist er doch nicht tot. Es wäre vielleicht besser, sich Sicherheit zu verschaffen. Ich könnte eine der neuen Beschwörungen anwenden und ihn-“

„Nein, dieses Thema ist abgehakt. Diese Missgeburt wird nicht wieder auf die Beine kommen. Er ist körperlich und seelisch zu stark geschwächt. Du hast deine Arbeit gut gemacht, das werde ich nicht vergessen. Auch wenn es bedauerlich ist, dass du mir all meine Abkömmlinge geraubt hast.“ Ein warnender Unterton lag bei diesen Worten in seiner Stimme.

„Inu Yasha könnte dennoch...“ versuchte er es noch einmal, doch wieder wurde er unterbrochen.

„Inu Yasha kann gar nichts mehr! Verstehst du es denn nicht? Mir fehlen jetzt nur noch die Splitter des Wolfsdämons, dann ist das komplette Juwel der vier Seelen in meinem Besitz! Das hat oberste Priorität und dieser halbe Hund wird ohnehin dahinsiechen. Gegen die Macht des Juwels würde er sowieso nicht ankommen, niemand kann das.“

In Tesaki regte sich leichter Protest. Missgeburt? Halber Hund? Naraku-sama, Inu Yasha und er selbst, sie waren doch alle Hanyou! Er konnte es verstehen, wenn sein Meister den Weißhaarigen nicht mochte, jeder mochte mal irgendwen nicht. Aber warum diese Beschimpfungen?

Der letzte Sprössling der Hikari no Youkai erledigte seine Arbeit gern vollständig und gründlich. Es kam aus Gewohnheit, war er doch andernfalls immer gescholten worden. Es würde vielleicht nicht nötig sein Inu Yasha zu töten, aber er wollte es dennoch tun, einfach um sicher zu gehen. Vielleicht aber auch ein wenig, weil er Mitleid mit ihm hatte, schien sich der Andere doch wirklich zu quälen. Und immerhin war er ein Halbdämon, wie er, wie Naraku-sama. Wenn er schon aus dem Weg geräumt werden musste, warum dann nicht schnell und schmerzlos? Tesaki wusste aus eigener Erfahrung, dass Wunden des Herzens sehr viel langsamer verheilten als körperliche. Warum war sein Meister so sehr versessen darauf, einen Artgenossen derart zu foltern? Hasste er ihn so sehr? Sicher, ihn selbst ging das alles nichts an, trotzdem interessierte es ihn. Er wollte Naraku-sama und seine Beweggründe verstehen, damit er ihm besser helfen konnte.
 

~Naraku~
 

Nachdenklich sah Naraku auf seinen Schützling hinunter. Niemals hatte er einen fähigeren Diener gehabt und würde der Kleine sterben, würde er das wirklich bedauern. Aber er war ein rational denkender Kopf und wusste, dass er immer und jeder Zeit mit einem Verrat rechnen musste. Auch wenn es ihm in diesem Fall äußerst schwer fiel. Der Junge gehorchte ihm zwar freiwillig, doch wie lange würde dieser Umstand anhalten? In den ersten Monaten als er bei ihm war, hatte Tesaki oft gelacht, sein kleines Gesicht hatte vor Freude gestrahlt, wann immer er gelobt worden war. Dies war nun nicht mehr der Fall. Der Blonde war ruhig und zurückhaltend geworden, wenn auch nicht weniger unterwürfig. Wenn Naraku wollte, dass er ihm weiterhin gehorchte, musste er dafür sorgen, dass seine Ergebenheit nicht nachließ. Es war wichtig, dass Tesaki ihn voll und ganz vergötterte, nicht mal im Traum daran dachte ihm schaden zu wollen. Denn anders als seine Abkömmlinge, konnte er den Hanyou in keinster Weise zwingen zu bleiben. Er war nicht an ihn gebunden. Natürlich könnte er ihn von seinen Dämonen jagen und töten lassen, aber war der Tod wirklich ein Mittel zur Erpressung für jemanden, der Jahrzehnte lang nichts als Schmerz, Verachtung und Leid zu spüren bekommen hatte? Tesaki lebte nur für seine Aufgabe, sein Schicksal, welches Naraku ihm auferlegte. Würde er ihm sagen er wäre nutzlos, wäre er schon allein damit zerstört. Ja, der Schwarzhaarige war beinahe überzeugt, dass Tesaki seinem eigenem Leben ein Ende setzen würde, wenn er es ihm befahl.

Dabei war der Junge durchaus mächtig. Die vielen Rituale die er erlernt hatte, das Wissen über dämonische Energien, die besondere Begabung der höllischen Magie die nur den Hikari no Youkai vorbehalten war, das alles machte ihn zu einem gefährlichen Gegner. Einzig seine Loyalität ihm gegenüber war eine Schwäche, sowie sein Selbstvertrauen, welches schlichtweg nicht existent war. Tesaki war irgendwo in seinem Inneren immer noch der Überzeugung, dass er keinen Wert hatte, zu nichts nutze war. Es ihm nicht gestattet sein sollte, unter Naraku zu dienen – was Derselbe mit einiger Belustigung hinnahm. Die größte Gefahr bestand somit wohl darin, dass der halbe Lichtdämon sich aus Scham wegen irgendeiner eingebildeten Niederlage zurückzog und sich selbst bestrafte. Dem aber konnte er zuvorkommen.

Naraku hatte sich bemüht, Tesakis Vorstellungen gleichmäßig zu schwächen und zu stärken. Ohne das er es direkt aussprach sollte sich der Andere nutzlos fühlen, was seine Bereitschaft zu helfen fördern, und gleichzeitig den Gedanken an eine Chance auf Widerspruch auslöschen würde. Andererseits lobte er ihn aber auch ab und zu oder gab ihm Aufträge, wodurch er sich mehr denn je seine Dankbarkeit sicherte.

Die misstrauische Natur des schwarzhaarigen Halbdämons jedoch war zu stark, um bedingungslos vertrauen zu können. Er wollte einen Trumph im Ärmel haben, eine Absicherung, einen Fluchtweg. Er wollte Tesaki kontrolllieren können, wie er seine Abkömmlinge kontrollierte. Gleichzeitig aber reizte es ihn zu testen, für was er den Jungen noch alles verwenden konnte. Die Versuchung, dem Kleinen einen Auftrag zu geben dem er nicht gewachsen war, war ebenfalls groß. Trotzdem müsste er stark genug sein, einen solchen Auftrag zu überleben, eine Art geheime Kraft, die nur im Notfall freigeschaltet wurde... Und das ging am besten, mit dem Juwel der vier Seelen.

Das Juwel hatte sicher unheimlich viel Macht und natürlich war es ausgeschlossen, es dem Halbwüchsigen zu überlassen. Doch er könnte Tesaki vielleicht trotzdem wenigstens einen Teil geben. Ihm sagen, es wäre zur Unterstützung damit er stärker und ihm mehr nützen würde, während er in Wahrheit einen Teil der Kräfte mit seiner Hälfte des Juwels blockieren würde. So hätte er auch eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt, welche ihm erlaubte, den anderen Hanyou jeder Zeit zu töten oder Befehle zu geben, wie er lange auch Kohaku kontrolliert hatte.

Selbstverständlich war ein hohes Risiko dabei. Jemand anderen einen Teil des Juwels zu geben – und es musste ein relativ großer Teil sein, damit er den Jungen, der so viel dämonische Energie besaß wie er es bei keinem Hanyou jemals vermutet hätte, auch kontrollieren oder überhaupt beeinflussen konnte – bedeutete für ihn selbst eine erhöhte Gefahr. Er wäre weniger mächtig, aber andererseits, was hieß das schon? Er versteckte sich ohnehin nur noch in seinem Schloss. Warum sollte er sich auch die Hände schmutzig machen, wenn es noch Leute wie Tesaki gab? Das der Blonde die Macht des Kleinods gegen ihn verwendete, stand eigentlich nicht zur Debatte. Er selbst hatte Jahre gebraucht um herauszufinden, wie man es gebrauchen konnte. Seine einzige Sorge galt einem möglichen Versagen des Jungen bei einem Auftrag. Was, wenn der Bengel sich das Juwel abnehmen ließe? Die Folgen wären katastrophal.

Nur am Rande nahm Naraku wahr, dass sein ganzer Plan auf der festen Überzeugung ruhte, dass Tesaki sein Verbündeter war. Konnte er wirklich sicher sein, dass dieser ihn nicht verriet? Ja, er hätte so mehr Kontrolle über ihn, aber wenn er sich wirklich mit ganzem Herzen gegen ihn stellte, hatte er dennoch schlechte Karten.

Doch dann sah der Schwarzhaarige in die Augen des vor ihm Sitzenden und mit einem Mal wurde ihm klar, dass Verrat für diesen nicht einmal in seinen kühnsten Träumen in Erwägung gezogen werden konnte. Was da vor ihm saß, war ein Kind. Kein Mann, kein ebenbürtiger Krieger, kein Erwachsener, kein furchteinflößender Dämon. Ein Kind. Ein Kind ohne Kindheit, ein misshandeltes Wesen. Ein Hanyou, der seine gesamte Zukunft in seine Hände gelegt hatte. Der ihm vollkommendes Vertrauen entgegen brachte. Der die Welt noch mit den Augen des Unbefleckten sah, obwohl man ihm täglich vom Horror erzählt hatte.

Wer konnte diesem unschuldigen Geschöpf in die Augen sehen, und ihn für den ernstzunehmenden Gegner halten, der er war?

Naraku war sich sicher, keiner seine Feinde wäre dazu in der Lage, zumal es ihm selbst schon schwer fiel. Aber gerade das fegte seine letzten Zweifel beiseite. Tesaki würde ihn nicht verraten. Er war überhaupt nicht in der Lage dazu. Ihm konnte er vertrauen, wenn auch nicht bedingungslos.
 

Langsam hob der gefürchtete Halbdämon seine Hand und auf deren Fläche erschien nun ein obsidianschwarzes Juwel, das in einem dunklen Licht zu leuchten schien. Der einzige Makel war eine kleine Lücke an der Seite, wo zwei Splitter fehlten.

„Tesaki... Weißt du, was das ist?“, fragte er leise.

Der Junge schaute vorsichtig auf und seine hellen Augen weiteten sich überrascht. „Das... Das Juwel der vier Seelen?“

„Genau.“, flüsterte er. Vorsichtig ließ er einen Teil seiner dunklen Energie in das Kleinod fließen. Ein feiner Riss bildete sich und zog sich über die glatte Oberfläche des runden Gegenstands. Mit einem leisen Knirschen brach das Juwel in zwei Hälften.

„Erinnerst du dich an unser Gespräch, nachdem du die Miko beseitigt hast? Ich habe dir eine Belohnung versprochen...“
 

~Kouga~
 

„Was machst du denn hier?“, fragte der Wolfsdämon misstrauisch.

Die schwarzhaarige Frau sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an.

„Ich spürte eine gewaltige, dunkle Aura und wollte dem nachgehen... Aber warum fragst du, Dämon? Du kennst mich nicht...“

Tatsächlich, sie waren sich noch nie zuvor so direkt begegnet. Woher sollte die Priesterin auch wissen, wer er war? Obwohl ihn das schon ein wenig kränkte.

„Ich bin Kouga, Anführer der Wolfsdämonen!“, meinte er so großspurig wie es mit all den aufgewühlten Gefühlen in ihm möglich war. „Und ich weiß, dass du die untote Miko Kikyou bist.“

„Ah, natürlich. Der Wolfsdämon mit den letzten beiden Splittern, ich erinnere mich.“

Also hatte sie doch schon von ihm gehört!

„Weißt du, was da vor sich gegangen ist?“, fragte die Miko, doch ihr Ton gefiel dem Youkai nicht. So... befehlerisch.

Ihr sagen, was hier los gewesen war? Klar könnte er das. Aber warum sollte er? Damit sich noch jemand zwischen ihn und Naraku stellte? Kikyou war auch hinter dem Hanyou her, das wusste er. Doch er würde nicht zulassen das jetzt, wo Inu Yasha aus dem Weg war, ihm doch noch jemand seine Rache vor der Nase wegschnappte.

Doch halt, dachte er sich, Kikyou war doch Inu Yashas Geliebte. Wie würde sie reagieren, wenn sie von seinen lebensbedrohlichen Verletzungen, oder gar seinem Tod erfuhr? Kouga jedenfalls war nicht erpicht darauf, ihr diese Nachricht mitzuteilen. Sollte er ihr also einfach die Antwort verweigern und weitergehen? Nein, das wäre ihm fast wie eine Flucht erschienen. Er würde den Teufel tun und sich von einer so überheblichen Untoten unterkriegen lassen!

„Tatsächlich ist hier eine Menge passiert. Kagomes... Tod hat einiges ins Rollen gebracht.“, brachte er doch recht mühsam hervor.

„Das war klar.“, erwiderte die Priesterin ruhig.

Kouga starrte sie an. “Du... Du hast es gewusst!?“

„Natürlich. Kagome war meine Wiedergeburt, selbstverständlich spüre ich den erneuten Verlust meiner Seele. Auch wenn wir beide begonnen haben eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, bestand doch immer eine gewisse Verbindung zwischen uns.“, erklärte sie. Ihre Miene jedoch zeigte dabei keinerlei Gefühle, als wäre ihr der Tod des Mädchens vollkommen gleichgültig. Der junge Anführer konnte nicht anders, als eine Welle der Abneigung gegen Kikyou zu spüren, Wiedergeburt hin oder her.

„Was ist danach passiert?“, wollte die Untote wissen, „Wie geht es Inu Yasha?“

Nun wurde es Kouga zu viel: „Wieso gehst du nicht zu ihm und fragst ihn selbst!? Er liegt gleich da hinten!“, dabei deutete er in die Richtung, „Aber viel ist von ihm nicht mehr übrig, nachdem er erst Besuch von mir und dann auch noch von seinem Halbbruder gekriegt hat!“ Er holte tief Luft und sagte dann etwas leiser, aber dafür umso verächtlicher: “Du kannst ihm ja nicht so viel bedeutet haben, wenn er lieber Kagome in den Tod folgt.“

Nun war es Kikyou die ihn anstarrte. „Das... Das würde er nicht...“

„Und ob! Er selbst hat Kagome getötet und sich dann so gegrämt, das er mich angefleht hat ihn zu töten! Geh doch, und überzeug dich selbst! Ist allerdings möglich, dass er schon zu stinken anfängt, ehe du da bist! Kann halt nicht jeder seine Splitter des Juwels bei sich behalten!“, warf er ihr entgegen.

Ohne auf den zerrissenen Blick der Miko zu achten, wandte er sich um.

Noch in der Bewegung bildetet sich ein Wirbel aus Luft und Blättern um ihn.

„Und selbst wenn er nicht tot ist, wird er doch nie wieder glücklich sein können...“, kam es noch von ihm, doch die Worte wurden vom Rauschen des Windes übertönt.

Kikyou stand allein da.
 

~Rin~
 

Warum nur? Warum passierte das immer nur ihr? Sie war nur eine Last für Sesshoumaru-sama und Jaken-sama. Immer passierten schlimme Dinge, wenn ihr Meister nicht da war. Bestimmt war das nur ihretwegen! Sie zog das Unglück an... Ihre Eltern, die von Banditen getötet worden waren – sie sah das viele Blut noch heute in ihren Träumen. Aber nicht, wenn Sesshoumaru-sama da war. Wenn er mit ihnen am Lagerfeuer saß, fühlte sie sich sicher und geborgen.

Aber jetzt war er nicht da. Jetzt war nur Jaken-sama mit seinem Kopfstab da. Und die Wölfe.

Rin konnte Wölfe nicht leiden. War das denn verwunderlich? Schließlich hätten diese Tiere sie einmal fast getötet. Nur weil Sesshumaru-sama sich um sie gekümmert hatte, lebte sie überhaupt noch. Die Menschen aus dem Dorf hätten das nicht gemacht. Sie hätten sie nicht einmal beerdigt. Dagelassen hätten sie sie, zum Fraß für diese teuflischen Tiere.

Sollte sie jetzt genauso enden?

„Rin, mach schon, versteck dich irgendwo!“, rief Jaken panisch und ließ eine weitere Feuerwolke aus seinem Stab hervorschnellen. „Oder flieg mit Ah-Uhn weg oder sonst was... aber hier ist es zu gefährlich!“

„Aber...“ Rin sah zu dem Drachen, der von den Wölfen in eine Ecke getrieben worden war. Drei von ihnen stürzten sich abwechselnd auf ihn, doch weder Jaken noch Rin hatten es geschafft nah genug an ihn heran zu kommen, um ihm den Maulkorb abzunehmen. Wie sollte sie denn zu ihm kommen? Außerdem tat ihr Knöchel noch immer furchtbar weh, dort, wo eine dieser Bestien sie erwischt hatte, bevor Jaken sie verscheuchen konnte. Die Wunde brannte ganz furchtbar, auch wenn sie nicht gerade tief war. Warmes Blut tropfte auf den Boden und heizte den Raubtierinstinkt der Wölfe noch mehr an.

Sie konnte nicht zu Ah-Uhn und selbst wenn, es würde bedeuten Jaken-sama im Stich zu lassen. Und wo sollte sie sich denn verstecken? Diese Biester konnten doch bestimmt dem Geruch ihres Blutes folgen und ohnehin waren sie umzingelt...

Rin hatte Angst. Diese Wölfe sahen genau so aus wie die, die sie damals fast getötet hatten. Das braune Fell, das nur heller an der Brust war. Die dunklen Spitzen ihrer Ohren. Die intelligenten Augen mit dem hungrigen Ausdruck darin.

Man sollte meinen, dass das Mädchen in diesen Momenten mit ihrem Leben abschloss, doch das tat sie nicht. Das letzte Mal war Sesshoumaru-sama gekommen und hatte sie gerettet. Er war überhaupt immer gekommen. Und er würde auch jetzt kommen!

Jaken hatte zu keuchen begonnen. Die Wölfe schlichen lauernd um ihn herum.

„Halt durch, Jaken-sama! Sesshoumaru-sama wird ganz bestimmt kommen und uns retten!“ sprach sie dem kleinen Dämon Mut zu.

„Du dummes Mädchen! Sesshoumaru-sama ist mit viel wichtigeren Dingen beschäftigt, er kann nicht immer kommen wenn du ihn ruft! Er ist schließlich nicht dein Haushund!“ giftete der Krötendämon.

„Aber... Aber... Sesshoumaru-sama wird doch...“ Sie schluchzte einmal. „Sesshoumaru-sama!“, rief sie aus und ging auf die Knie, weil ihr verletzter Fuß sie nicht mehr tragen wollte.

Da setzte einer der Wölfe zum Sprung an.

„SESSHOUMARU-SAMAAA~!“

Sie schloss die Augen, den Schmerz schon erwartend – er blieb aus.

Selbst durch ihre Augenlider hindurch nahm sie das gleißend grüne Licht wahr und hörte das zischende Geräusch. Einen Moment war es still, dann folgte das Geräusch eines dumpfen Aufpralls. Vorsichtig wagte sie es die Augen zu öffnen. Der Wolf, der sie eben noch angegriffen hatten, lag nun vor ihr. Der Körper rechts, der Kopf links.

Das Geräusch ertönte noch einmal und sie hörte Wölfe aufheulen. Vorsichtig drehte sie den Kopf. Ihre Augen weiteten sich.

Da stand er. Hoch wie ein Turm ragte er auf, ein Leuchtturm, der Hoffnung versprach. Er war gekommen.

Ein letztes mal noch schnellte die helle Energiepeitsche vor und dann waren auch die letzten beiden Wölfe tot.

Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Jaken fand als erster seine Sprach wieder:

„Oh, ehrwürdiger Sesshoumaru-sama, ihr seid tatsächlich gekommen um uns, eure treuen Ergebenen zu retten! Ich bin ja so gerührt! Natürlich habe ich keine Sekunde lang daran gezweifelt, im Gegensatz zu Rin...“ Dabei warf er ihr einen scharfen Blick zu.

Der Inuyoukai jedoch beachtete den kleinen Dämon jedoch nicht weiter – wenn man davon absah das er gezielt auf ihn drauftrat – sondern ging zu dem Reitdrachen Ah-Uhn hinüber und griff dessen Zügel.

Nun schien der unsichtbare Bann gebrochen und auch Rin rappelte sich freudestrahlend auf.

„Sesshoumaru-sama!“, rief sie freudig und stolperte auf ihn zu, um kurz vor ihm stehen zu bleiben.

„Ich freue mich so das ihr wieder da seid!“

Sesshoumaru schenkte ihr einen langen, beinahe nachdenklichen Blick. Dann aber schüttelte er leicht den Kopf, als wolle er einen lästigen Gedanken loswerden.

„Du bist verletzt. Setz dich.“, befahl er nur.

Rin gehorchte auf der Stelle.

Der Dämon löste eines seiner beiden Schwerter aus der Scheide. Rin hatte es ihn noch nie benutzen sehen.

Er hockte sich neben sie und legte die breite Seite der Waffe auf ihre Wunde. Voller Staunen bemerkte das Mädchen ein wunderschönes, helles Leuchten, das von der Berührungsstelle ausging und vergaß darüber sogar den Schmerz.

Nein, nicht vergessen, er war nicht mehr da, stellte sie fest, als Sesshoumaru-sama das Schwert zurück schob. Die Wunde war verschwunden!

„Oh, das ist aber ein tolles Schwert, Sesshoumaru-sama!“, rief sie aus. Ihr Retter stand auf und sie tat es ihm nach.

„Ah, Sesshoumaru-sama, eure Macht erstaunt mich immer wieder! Aber warum – wenn ich fragen darf – habt ihr Tensaigas heilende Kraft für dieses Mädchen benutzt?“ Auch wenn Tensaigas mächtigste Eigenschaft das Wiederbeleben von Lebewesen war, hatte es doch in erster Linie heilende Fähigkeiten.

„Es würde zu lange dauern Heilmittel zu besorgen...“, erwiderte Sesshoumaru nur.

„Oh, nun, wenn das so ist... Also, ich will mich ja nicht beklagen, aber bei meinen heldenhaften Versuchen Rin zu beschützten, habe ich mir auch einiges zugezogen und – Ah, Sesshoumaru-sama, wartet auf mich!“

Doch der Angesprochene hatte Rin bereits auf Ah-Uhn gesetzt und stieg nun selbst auf, woraufhin der Drache Anstalten machte loszufliegen und das ganze Blut zusammen mit Jaken hinter sich zu lassen.

Der Krötendämon bekam gerade noch den geschuppten Schwanz des Youkais zu fassen und verfluchte einmal mehr in stiller Resignation sein Schicksal.
 

~Tesaki~
 

Es war hell. Wirklich hell. Die Mittagsstunde war noch gar nicht so lange her und die Sonne stand hoch am Himmel. Ihre weichen Strahlen beleuchteten die Wälder. Sie wurden von dem silber glitzernen Wasser der Flüsse und Seen reflektiert und warfen bunte Schatten auf die Stämme der dickeren Bäume.

Die Natur war ein einzigartiges Kunstwerk. Voller Wunder und Schönheit. Wesen wie die Menschen oder Dämonen hatten es nicht verdient, sie bestaunen zu dürfen. Grausame Wesen, die diese Natur achtlos zerstörten. Aber Hanyou waren nicht anders... Tesaki bedauerte das sehr, aber auch er würde es sich nicht leisten können, Rücksicht auf die Pflanzen seiner Umgebung zu nehmen, wenn er in einen Kampf verwickelt werden würde. Er wusste und bedauerte es. Ob sich irgendeiner seiner Feinde jemals Gedanken darüber gemacht hatte? Wohl kaum.

Der kleine Halbdämon ließ seinen Blick über die Wipfel der Bäume gleiten, die unter ihm dahinzogen. Er war stolz darauf, hier oben sein zu können. Schon immer hatte er diese erste und einzige Beschwörung ausprobieren wollen, die ihm die Hikari no Youkai beigebracht hatten: den Feuervogel.

Gut, 'Feuer' passte nicht so recht, stellte Tesaki mit einem Blick auf das Geschöpf das ihn durch die Lüfte trug fest. Das Wesen bestand keineswegs aus Feuer. Es war aus reinem Licht, eine weiß leuchtende Gestalt, die körperlos schien. Fast sah es einem Schwan ähnlich, doch die Füße wirkten kräftiger. Ein Phönix... Ja, vielleicht traf es das am besten. Der Vogel war nicht aus Feuer, nicht einmal aus rötlichem Licht, und doch wurde er so genannt. Er war kein Lebewesen, nur ein Gebilde aus Licht, Youki und der ganz eigenen Magie, die man nur mit komplizierten Beschwörungen und Ritualen einsetzen konnte. Tesaki hatte von beidem mehr als genug gelesen und selbst ausprobiert. Der Feuervogel war eine einfache Form, doch wer nicht das Blut einem Lichtdämons in sich hatte, sollte einige Schwierigkeiten mit seiner Beschwörung haben.

Natürlich hatte das magische Juwel, dessen eine Hälfte Naraku-sama Tesaki überlassen hatten, auch seinen Teil beigetragen. Er brauchte die Formeln nicht extra aufsagen, es genügte sie zu denken und schon war der Vogel da. Es gelang ihm jetzt sogar bei Nacht.

Überhaupt hatte das Kleinod dem Hanyou sehr viel mehr Macht und auch Selbstvertrauen gegeben. Sein Meister hatte ihm ausführlich erklärt wie er es am besten benutzen konnte, auch wenn er ihm einen Großteil der Entscheidungen selbst überlassen hatte.

Sein jetziges Ziel war der Wolfsdämon Kouga und dessen beiden Splitter. Nun, jedenfalls offiziell. Tatsächlich aber war er sich nicht ganz sicher, ob er Narakus Befehl in dieser Hinsicht wirklich ausführen sollte. Sein halbdämonischer Retter war einfach wunderbar, ehrfurchtseinflößend, mitreißend, er war alles was ihn in den Augen des Jungen wie einen Gott erscheinen ließ – und doch hatte Tesaki eines gelernt, in Narakus Schloss: Sein Meister war nicht ohne Fehler.

Kagura hatte ihm viele Geschichten erzählt, die er zunächst alle als übertrieben abgetan hatte. Wie konnte der Schwarzhaarige so viel Pech haben, ein ums andere Mal zu scheitern!? Doch langsam waren da immer mehr Zweifel gewesen. Der Befehl, Inu Yasha entkommen zu lassen, hatte ihn skeptisch gemacht. Es war schlichtweg nicht vernünftig darauf zu vertrauen, dass ein Feind, und sei er auch noch so geschwächt, sich nicht doch noch erholen konnte. Seiner Meinung nach – wobei es überhaupt seltsam war, dass Tesaki eine eigene Meinung vertrat – war Naraku-sama da etwas zu selbstsicher und überschätzte seine Macht.

Der halbe Lichtdämon kannte all die Stärken und Schwächen des Anderen, nichts war ihm verborgen geblieben. Er hatte seinen Retter so gut wie möglich kennenlernen und verstehen wollen, und wann immer es ihm nicht ausdrücklich verboten worden war, hatte er Fragen gestellt, Gespräche belauscht, Dokumente heimlich geöffnet... Er wusste, wie man so etwas versteckte, sich nichts anmerken ließ. Wer Jahre lang in einem Keller eingesperrt Tränen und Demütigung vorgetäuscht hatte wo keine mehr war, weil schlicht sein Wille lange vorher gebrochen wurde, der wusste zu lügen und zu verheimlichen ohne rot zu werden. Nicht das er Naraku jemals angelogen hätte! Er wollte ihn doch nur besser kennenlernen... Und genau das hatte er.

Naraku-sama hatte Fehler in seinem Plan, Fehler, die er ausmerzen wollte. Er verließ sich zu sehr auf seine 'Glückssträne', wie er es nannte. Sicher, ihre Sterne schienen schon irgendwie günstig zu stehen, aber man musste doch immer alles im Auge behalten.

Tesaki hatte nicht vor, seinen Meister zu verraten. Warum sollte er? Er war ihm unheimlich dankbar, für alles was er für ihn getan hatte. Für die Macht, die er ihm durch das Juwel gegeben hatte, aber noch mehr für das große Vertrauen, das diese Geste bewies. Und dennoch hatte er dieses mal fest vor, den Befehlen des Schwarzhaarigen zu trotzen. Warum? Weil es das Beste für alle war. Weil sein Instinkt es ihm riet. Weil man manche Leute zu ihrem Glück zwingen musste.
 

Und statt Richtung Süden zu fliegen, wo die Saimyosho einen kleinen Wirbelwind gesichtet und ihm davon berichtet hatten, flog er nach Norden, wo die Hölleninsekten Inu Yasha zuletzt beobachtet hatten.
 

~Kikyou~
 

Als Kikyou in die von Kouga gewiesene Richtung ging, krampfte sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Sie wollte nicht glauben, was der Wolfsdämon ihr erzählt hatte. Nein, sie würde niemals mehr jemandem glauben, der schlecht von Inu Yasha sprach. Diesen Fehler hatte sie bereits einmal zu oft getan.

Sanft berührte einer ihrer Seelenfänger sie an der Schulter und sie sah ihn an. Stumm nickte die Priesterin, erkannte den leisen Hinweis.

Sie konnten nicht weiter. Ein Barriere trennte sie von ihrem Ziel, eine unsichtbare Wand, die die Seelenfänger nicht durchbrechen konnten. Nun wusste sie auch, wer dahinter steckte. Naraku hatte sie schon einmal entführt und sie eingesperrt. Sie war hilflos gewesen und hatte ich nicht bewegen können, weil ihre Helfer ihr keine Seelen mehr bringen konnten. Naja, jedenfalls hatte Naraku das geglaubt. Aber dieser Bannkreis war stärker als das letzte Mal. Damals hatte sie vorsorglich viele Seelen in ihrem Körper sammeln können und sich lediglich bewegungsunfähig gestellt. Aber wenn sie jetzt weiterging, würden die Seelen aus ihrem Körper fliehen. Nicht mehr als einige Schritte würde sie gehen können, bevor alle Kraft sie verließ. Naraku musste nun, da er das Juwel der vier Seelen fast vollständig beisammen hatte, auch größere Fähigkeiten was Bannkreise und Beschwörungen belang, erhalten haben. Das war bedenklich... Würde sie in diese offensichtliche Falle tappen, wäre sie absolut schutzlos.

Die einzige Frage die jetzt noch im Raum stand war die, ob Inu Yasha sich tatsächlich dort drüben befand, nur wenige Meter von ihr entfernt... Oder war alles falscher Alarm und sie war dabei, einer Illusion auf den Leim zu gehen? Aber nein, wenn dem so war hätte Naraku diese Falle nicht so offensichtlich gestellt.

Die Entscheidung wurde ihr jedoch je abgenommen, als sie ein winziges Blutrinnsal bemerkte, das sich seinen Weg zwischen de Blättern eines dichten Gebüschs hervor bahnte. Alle Zweifel waren mit einem mal wie fortgewischt, dort lag ganz bestimmt ein Verletzter, wenn nicht Toter und wenn sie Kouga – der sich recht überzeugend angehört hatte – Glauben schenken konnte, war es Inu Yasha. Inu Yasha...

Die aufgeregt umherfliegenden Seelenfänger beachtete Kikyou nicht mehr. Es war ihr egal, ob sie sterben würde. Denn wenn es stimmte, wenn Inu Yasha wirklich tot war, dann würde sie auf jeden Fall mit ihm gehen. Sie hatte es ihm versprochen... Was brachte ihr dann noch Rache? Das machte weder ihn noch sie selbst wieder lebendig.

Entschlossen straffte die Priesterin die Schultern und zog alle Seelen die die Dämonen um sie herum festhielten, in sich herein. Dann trat sie durch den Bannkreis, der sie, wie erwartet, durchließ. Kikyou würde nur nachsehen, und wenn er es nicht war wieder zurückgehen... Das sollte sie noch schaffen, sie war stark!

Fast sofort spürte sie, wie ihre Energie sie verließ. Das helle Licht von gut einem Dutzend Seelen die ihren Körper verlassen wollten, hüllte sie ein. Doch die Priesterin biss die Zähne zusammen und hielt sie fest, so fest sie nur konnte. Dennoch wurde sie immer schwächer, ihre Schritte waren nun stolpernd. Ein grässlicher Schmerz lähmte ihre Glieder, doch sie gab nicht auf.

Dann hatte sie das Gebüsch erreicht und somit auch die Person, die ein Stück weiter vorn an einem Baum zusammengesunken war. Inu Yasha.

Mit ihrer letzten Willenskraft schleppte sie sich vorwärts, bereits die Hälfte der Seelen hatte sie verlassen. Sie brach vor der Gestalt zusammen, sah in das Gesicht ihres Geliebten, welches schlafend wirkte.

„Inu... Yasha...“, hauchte sie kaum hörbar und legte ihre Hand an seine Wange. Er war es, kein Zweifel. Eine Spur getrockneten Blutes zog sich über seinen Mundwinkel zum Kinn hinab. Seine Hände und Füße lagen in großen Lachen seines Blutes und Kikyou konnte die Biss- und Kratzspuren an den Gelenken erkennen.

Kouga hatte die Wahrheit gesagt. Sie hatte dieses Mädchen, Kagome unterschätzt. Ihr Tod hatte den Halbdämon tatsächlich so sehr berührt, das er hatte sterben wollen. Mit ihr aber hatte er nicht in die Hölle gehen wollen...!

Aber ihre Eifersucht war jetzt nicht wichtig. Nur das sie hier war, zählte. Auch wenn Inu Yasha ihre Liebe verschmähte, so wollte sie sie ihm dennoch geben.

Kikyou spürte wie ihr falscher Körper schwer wurde und warf sich ihrem Hanyou in die Arme. Sie würde nicht sterben, wenn jetzt niemand kam, nein, sie konnte sich nur nicht bewegen. Genauso wenig wie er es konnte und so würden sie früher oder später beide gehen, gemeinsam, wie sie das immer gewollt hatte. War doch gut, oder? Nein, es war überhaupt nicht gut, es war schlecht, es war falsch. Freute sie sich etwa gerade wirklich, dass Inu Yasha in ihren Armen starb!? Was war nur aus der reinen, unschuldigen Miko geworden, die sie einst gewesen war!?

Kikyou war tot, sie wusste es, aber ihre Liebe lebte! Sie hatte nicht das Recht, der wichtigsten Person in ihrem Leben den Tod zu wünschen, nur um mit ihr vereint zu sein! Sie wusste doch, sein Leben war noch nicht vorbei... Er hatte Freunde gefunden, ganz allein, ohne ihre Hilfe. Er hatte sie verloren, ganz allein, ohne ihr Zutun... Nein, das war nicht richtig. Ihre Seele, wiedergeboren in Kagome, hatte ihm beigestanden. Doch jetzt war sie tot, ihre Seele, aufgeteilt auf zwei Körper, gehörte nun vollständig ins Totenreich. Es war leicht zu glauben, dass Inu Yasha nun ebenfalls mit ihnen gehen musste, jetzt, wo sie beide tot waren. Was lohnte sich das Leben für ihn, wenn er niemanden mehr hatte?

Und doch, es kam ihr falsch vor. Diese Entscheidung konnte sie nicht einfach so jetzt fällen... Wenn sie hier bei ihm blieb, würden sie beide sterben. Aber es gab eine Möglichkeit, das zu verhindern.

Kikyou drückte sich noch mehr gegen den Körper vor ihr und tatsächlich konnte sie, wenn auch nur sehr schwach, seinen Puls wahrnehmen. Inu Yasha war noch nicht tot, nein, wenn er auch auf dem besten Weg dorthin war. Aber sie könnte ihn zurückholen, sie könnte ihn noch retten... Wenn sie ihr eigenes, untotes Dasein dafür aufgab. Das war mit Sicherheit nicht das Problem, sie war ohnehin verloren. Aber... Wollte sie ihn wirklich retten? Den Mann, der sie betrogen hatte und mit einem anderen Mädchen umhergereist war? Der nicht mit ihr hatte sterben wollen, als sie es von ihm verlangt hatte? Der sich im Hass zu Naraku verloren hatte? Es wäre so viel einfacher, mit ihm zu gehen. Sich der Schwärze um sie herum hinzugeben...

Aber sie konnte nicht. Sie durfte nicht. Denn sie liebte Inu Yasha.
 

Vielleicht ist es niemandem aufgefallen, aber bisher hat Tesaki selbst in Gedanken an Narakus Namen ein -sama rangehängt. Das tut er jetzt nicht mehr - jedenfalls nicht immer



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-10-16T01:34:57+00:00 16.10.2009 03:34
Wie es aussieht scheint der kleine Tesaki so langsam aber sicher Zweifel an Naraku und seinen Plänen zu bekommen und vielleicht bekommt er ja so noch dessen wahren Charakter zu Gesicht.
Die Tatsache, dass Naraku ihm das halbe Juwel gegeben hat und das dieser nun auf Alleingang was gegen Inu Yasha unternehmen will könnte Naraku unter Umständen noch zum Verhängnis werden. Ich bin gespannt, wie Tesaki reagiert, sollte er auf Inu Yasha treffen...
Kikyos Entscheidung, Inu Yasha leben zu lassen, dürfte ihr - zumindest aus ihrer Sicht der Dinge aus - bestimmt nicht leicht fallen, aber vielleicht ist es ja doch besser so... Auch wenn Selbiger zurzeit keinen großen Lebenswillen mehr hat und ihn der Verlust Kikyos nur noch mehr schmerzen würde. Ich bin zumindest gespannt, wie es weitergehen wird - und was Sesshomaru noch tun wird, auch im Bezug zu Rin und seinen Bemerkungen Inu Yasha gegenüber, sich nicht mit Menschen abzugeben.


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