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Digimon Virus

Wenn du zur Marionette wirst...
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Willkommen in der Digiwelt!

Digimon Virus

Wenn du zur Marionette wirst...
 

1.Kapitel: Willkommen in der Digiwelt!
 

Er wusste nicht sicher, was genau ihn am Kopf getroffen hatte, aber es musste etwas ziemlich hartes gewesen sein. Anders konnte er sich beim besten Willen nicht erklären, warum sein Kopf so furchtbar brummte. Mit einem gequälten Stöhnen setzte er sich auf, blickte sich um. Erstarrte.

Wo zum Teufel war er hier?

Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war die Tatsache, dass er sich spät abends in der U-Bahn befunden hatte, auf dem Weg nach Hause von seiner Arbeit als Polizist. Er hatte sich auf einen gemütlichen Abend mit seiner Frau und seinen beiden Kindern gefreut und dann-... nichts. Rein gar nichts. Auf einmal war er hier, wo auch immer das war.

Bäume mit Blättern in den verschiedensten Formen und Farben ragten viele Meter weit in die Höhe, der Boden, auf dem er saß, war mit zahlreichen kleinen Pflanzen überwucherte Erde. Skeptisch beobachtete er seine Umgebung. Saß er hier tatsächlich inmitten eines Waldes? Wie war er aus der Münchener U-Bahn hierher gekommen?!

Sein Verstand riet ihm, dass es das Sinnvollste wäre, sich zunächst einmal umzusehen, um der Sache auf den Grund zu gehen, wenngleich er nicht wirklich glauben konnte, was er sah. Um Gottes Willen! In seiner Arbeit hatte er schon oft mit Leuten zu tun gehabt, die sich an manche Dinge durch den übermäßigen Einsatz bestimmter Drogen nicht mehr erinnern konnten. War ihm das widerfahren? Hatte man ihn unter Drogen gesetzt? Zweifelnd schüttelte er den Kopf, erhob sich langsam und klopfte sich den Schmutz von der Kleidung. Vom Rumsitzen würde sich seine Lage zumindest nicht klären.

Er wollte sich gerade in Bewegung setzen, als plötzlich ein lauter, weiblicher Aufschrei seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Sofort schaltete sich sein Instinkt ein. Was auch immer mit der Frau geschehen war – er musste ihr helfen. Hastig eilte er in die Richtung, aus der er das Geräusch vermutete und zu seiner Erleichterung täuschte ihn sein Gehör nicht. Nachdem er sich durch ein paar Büsche hindurch gekämpft hatte, saß vor ihm auf dem Boden eine verzweifelt vor sich hin schluchzende Frau.

Sie hatte wasserstoffblonde, lange und zu einem Zopf gebundene, sehr stylisch frisierte Haare, ihr Gesicht wirkte durch das starke Make-up sehr betont, wobei besonders ihre roten, runden Lippen hervorstachen. Ihre Figur war sehr hager und dürr, was einen starken Kontrast zu ihren übergroßen Brüsten bildete, die beinahe aus ihrem rosafarbenen, knappen, schulter- und bauchfreien Top heraussprangen. Dazu trug sie einen knappen, türkisen Faltenrock und am Ende ihrer langen, wohlgepflegten und perfekt enthaarten Beine, befanden sich violette und mit Kunstfell besetzte Stiefel. Sie wimmerte und hielt ihre Hand vor sich. Sein Blick fiel auf ihre künstlichen, rosa glitzernden Fingernägel und er hob seine Augenbrauen an, als ihm bewusst wurde, weshalb sie geschrieen hatte. Einer ihrer künstlichen Nägel hatte sich wohl verabschiedet.

Er räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Sofort fuhr sie herum und fixierte ihn mit giftigem Blick. „Weshalb auch immer Sie mich hierher gebracht haben“, kreischte sie, „Hiermit sind Sie eindeutig zu weit gegangen!“ Vorwurfsvoll hielt sie ihm die Hand unter die Nase, doch er hob lediglich seine Hände in einer abwehrenden Geste.

„Entschuldigen Sie, gute Frau, aber ich habe Sie nicht hierher gebracht. Aber es ist wirklich, nun, es ist wirklich furchtbar, was Ihnen angetan wurde“, er räusperte sich und hielt ihr die Hand hin. „Hier, ich helfe Ihnen auf.“

„Das will ich ja auch hoffen! Und wer auch immer das war, bis ich nichts anderes weiß, sind Sie dafür verantwortlich, dass das hier passiert ist! Es hat drei Stunden gekostet, diese Nägel zu stylen, und das hier ist eine einzige Katastrophe!“ Ungehalten griff die Frau nach seiner Hand und ließ sich hochziehen. Noch ein letztes Mal wedelte sie drohend mit ihren Fingern vor seinem Gesicht herum, dann begann sie, sich umzublicken. „Und überhaupt, was ist das hier für ein furchtbarer Ort? Es ist überall dreckig, bestimmt gibt es bei all diesem Grünzeug auch jede Menge Insekten, die mich stechen wollen, und dieser Gestank – das ist ja eklig!“ Angewidert verzog die Blondine das Gesicht und fächelte sich gekünstelt Luft zu.

Innerlich seufzte er auf und sammelte sich. Wo auch immer er gelandet war und wer auch immer ihn hier her gebracht hatte, diese Frau als Gefährtin würde es ihm mit Sicherheit nicht leichter machen, dem auf den Grund zu gehen. Dennoch hatte er keine andere Wahl als sie mit zu nehmen, denn diese aufgetakelte und künstliche Person alleine hier zurück zu lassen wollte er nicht verantworten. So lächelte er gekünstelt und hielt ihr ein weiteres Mal seine Hand hin. „Ich bin im übrigen Markus Friedberg.“

Abschätzig musterte die Frau ihn von oben bis unten, während sie ihren Rock zurechtzupfte, der beim Aufstehen gefährlich hoch gerutscht war, und an dem ein paar vereinzelte Grashalme hingen. Mit seinen kurzen, schwarzen Haaren, dem schlichten Hemd und der schwarzen Stoffhose bot er einen denkbar unscheinbaren und langweiligen Anblick vor seinem auffälligen Gegenüber, doch mit seinen dreiundvierzig Jahren hatte er wirklich nicht mehr das Bedürfnis, jeder neuen Strömung der Mode hinterher zu rennen.

Nach einer kurzen Weile berührte sie flüchtig seine Hand und zog sich dann schnell zurück, als übertrage er irgendwelche exotischen Krankheiten.

„Mein Name ist Mandy Hausmacher, aber alle nennen mich nur Mandy. Ich habe ein Nagelstudio in der Innenstadt, ‚Mandys Naildesign’, Sie haben bestimmt schon von mir gehört, wir sind der Trendladen diesen Sommer! Wobei ich fast befürchte, dass jemand wie Sie kaum in mein Studio kommen wird. Ich meine, so, wie Sie aussehen – sind Sie arbeitslos?“

Markus brachte ein schwaches Lächeln zusammen, denn er wusste, dass Mandy es vermutlich nicht böse meinte und es anscheinend einfach nur ihre Art war. „Nein, um ehrlich zu sein, bin ich Polizist. Ich arbeite in der-...“

Weiter kam er nicht. Zum einen hatte sich die Frau bereits desinteressiert abgewandt, zum anderen trat just in diesem Augenblick ein gut durchtrainierter Mann an ein paar Bäumen vorbei, direkt auf sie zu, und zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er hatte kurze, braune und zerzaust wirkende Haare, in denen eine Sonnenbrille steckte. Über einem grünen T-Shirt trug er ein orangefarbenes Hemd, dazu eine schwarze Cargohose und rote Chucks. Seine Kleidung sah nach Markenware aus und Markus seufzte leise in sich hinein. Er ahnte, was kommen würde, denn das breite Grinsen auf dem Gesicht des Neuankömmlings sprach Bände.

„Hey, Süße“, meinte er im lässigen Tonfall zu Mandy, die ihn im ersten Moment ein wenig verwundert, dann jedoch mit einem flirtenden Lächeln anblickte, „Ich bin hier um dir zu helfen, weil ich so hübsche Ladys wie dich einfach vor Gefahren beschützen muss. Hat der Kerl dir irgendetwas getan?“ „Nein, nein. Mach dir keine Gedanken um diesen unwichtigen Typen da“, Mandy kicherte nervös in einer erstaunlichen Tonhöhe und reichte dem Mann freudig ihre Hand entgegen, „Hi, ich bin Mandy.“ „Mein Name ist Jonas Teßmer“, er ergriff ihre Hand und zog sie näher zu sich, „Aber heute Nacht darfst du gerne auch J.T. stöhnen...“

„Wie primitiv.“

Der trockene und herabwertende Kommentar ließ die drei anwesenden Personen erschrocken herumfahren. Vor ihnen befand sich eine absolute Business-Frau, sie wirkte sehr gepflegt und edel. In einem blauen Kostüm, mit farblich passenden Schuhen, die schwarzen Haare zu einem strengen Dutt nach oben frisiert, stand sie da und mit ernstem, skeptischem Blick musterte sie Markus, Mandy und Jonas. „Oh, oh, oh“, entgegnete Jonas mit frecher und herausfordernder Miene, „Scheint so, als hätte es hier jemand dringend nötig, mal ordentlich durchgenommen zu werden.“ Der Gesichtsausdruck der Frau blieb ausdruckslos und zeigte keinerlei Regung.

„Entschuldigen Sie“, meldete sich Markus, nach einem deutlichen Räuspern, in freundlichem Tonfall zu Wort, „Sind Sie dafür verantwortlich, dass wir alle hier sind?“

„Glauben Sie das wirklich? Ganz im Ernst: wenn ich die Möglichkeiten hätte, eine Gruppe von Menschen ins Nirgendwo zu entführen, dann würde ich mich mit Sicherheit nicht für einen solchen Haufen niveauloser Kleinhirne entscheiden.“

„Hey, pass mal auf, du Schlampe!“, fuhr Jonas sie bösartig an und trat ein paar Schritte auf sie zu, „Ich bin weltweit bekannter und anerkannter Fotograf. Ich bin ein Genie auf meinem Gebiet und wenn ich eines nicht bin, dann ein Kleinhirn. Komm erst einmal auf mein Niveau, dann reden wir weiter!“ Mandy trat neben ihn und hakte sich bei seinem rechten Arm ein: „Genau, du dumme Gans!“

Die Frau würdigte die Beiden keines Blickes und reichte Markus ihre Hand. „Ich bin Theresa Christ und wie es aussieht, sitzen wir hier für eine Weile gemeinsam fest. Sie scheinen mir die vernünftigste Person hier zu sein.“ Markus ergriff die Hand und schüttelte sie: „Markus Friedberg. Freut mich, Sie kennen zu lernen.“

Sie sah sich nachdenklich um und runzelte die Stirn. „Ich denke, es ist am sinnvollsten, wenn wir zunächst einmal versuchen, diesen Wald zu verlassen. Vielleicht stoßen wir auf ein Dorf. Bestimmt vermisst man uns auch bereits, denn es ist schon Tag. Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits Suchmannschaften unterwegs sind, um uns zu finden. Nun ja, oder zumindest mich.“

„Wer hat dich denn hier bitte zu unserem Anführer ernannt?“, schnaubte Jonas und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich bewege mich keinen Zentimeter von hier weg.“ Mandy nickte zustimmend.

„Das ist mir nur recht“, murmelte Theresa und rollte genervt mit den Augen, ehe sie ihre kühle Fassung zurück gewann, „Markus, kommen Sie mit oder wollen Sie ebenfalls tatenlos hier herumstehen und auf ein Wunder warten?“

Glücklicherweise blieb dem Angesprochenen eine Antwort erspart, denn in dem Augenblick ertönte erneut ein panischer Aufschrei: „Lass mich runter! Bitte! Ich habe mit alldem nichts zu tun!“ Allem Anschein nach ein junger Mann, der um sein Leben fürchtete. Während Jonas und Mandy desinteressiert und schmollend den Schrei ignorierten, rannte Markus los, um dem Hilfebedürftigem zu helfen. Bevor sie ihm folgte, wandte sich Theresa zu dem Pärchen um: „Eine kleine Anregung: Was auch immer diesen Jungen gerade überfällt, wird vermutlich danach mit uns weiter machen. Es wäre vielleicht sinnvoller, zusammenzuarbeiten, statt wie ein Baby herum zu zicken.“ Während sie wegrannte, konnte man nach einem Schnauben deutlich das Wort „Kindergarten“ vernehmen.

Der Weg war nicht all zu weit, es ging an ein paar Sträuchern und Bäumen vorbei, und schon bald kam Theresa bei einer sehr kleinen Lichtung an, auf der sich ihr folgendes Bild bot: Eine wild aussehende, junge Frau mit roten, zerzausten Haaren stand breitbeinig vor Markus. Selbst durch die dicke Lederjacke und die Motorradhose hindurch konnte man sehen, dass sie einiges an Muskeln aufzuweisen hatte, und ihre Haltung verriet nicht nur, dass sie einiges an Kampferfahrung im Nahkampf hatte, sondern auch, dass sie bereit war, jeden Moment zuzuschlagen. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt und sie zitterte vor Zorn, der Gesichtsausdruck war wutverzerrt. Sie brüllte Markus einige sehr wüste Beschimpfungen entgegen, während dieser versuchte, sie durch gutes Zureden zu beruhigen. Mit mäßigem Erfolg.

Hinter der Frau allerdings kauerte derjenige, der wohl nach Hilfe gerufen haben musste. Der junge Mann in einer schlichten Jeans und einem roten, sackigen T-Shirt hockte verschreckt auf dem Boden, ein paar seiner halblangen schwarzen Haare hatten sich aus seinem kurzen, groben Zopf gelöst und hingen ihm wirr ins Gesicht, wobei sie sein rechtes Auge zu Teilen verbargen, das langsam begann, zuzuschwellen. Scheinbar hatte diese Wilde ein oder zwei Treffer landen können, bevor Markus sie von ihrem Opfer abgelenkt hatte.

„Ich sage Ihnen doch, weder ich, noch dieser junge Mann dort, haben etwas mit unserer ungewöhnlichen Situation zu tun. Beruhigen Sie sich und lassen Sie Ihre Fäuste sinken, dann können wir uns in aller Ruhe unterhalten und Sie werden feststellen, dass es uns nicht viel anders geht als Ihnen!“, mit ruhiger und bedachter Stimme sprach Markus der aufgebrachten Frau zu. In seiner Laufbahn als Polizist hatte er schon häufig mit gewalttätigen Menschen zu tun gehabt und er hatte somit einige Übung darin, eine entsprechende Person zu beruhigen. Auch wenn es ihn beunruhigte, dass er seine Waffe nicht bei sich trug, die ihm im Notfall zum Drohen als letzter Trumpf in diesem Fall sicherlich sehr hilfreich gewesen wäre.

„Ach ja? Und wer sagt mir, dass das nicht irgendein Trick ist, damit ich unachtsam werde? Ich weiß doch, wie ihr Kriminelle tickt!“, sie trat ein paar Schritte auf Markus zu und packte ihn am Kragen, dieser hob jedoch nur mit einem gequälten Seufzen die Hände: „Ich versichere Ihnen, es ist nicht so wie Sie denken. Beruhigen Sie sich, bitte!“

„Lassen Sie ihn los“, mischte sich Theresa mit kühler Stimme ein, „Es bringt Ihnen rein gar nichts, wenn Sie wehrlose und unschuldige Mitmenschen verprügeln. Die Situation wird sich dadurch nicht bessern.“

Unerwartet zeigten Theresas Worte Wirkung, denn die Fremde ließ Markus los und wandte sich mit einem bösartigen Grinsen auf den Lippen ihr zu. „Aber es bessert meine Laune enorm, wenn ich meine Wut an jemandem auslassen kann“, murmelte sie, während sie auf ihr neues Opfer zuging, „Und sehe ich das richtig? Sie haben hier das Sagen?“

„Nein, hat sie mit Sicherheit nicht! Ich bin absolut dagegen!“, Jonas’ aufgebrachte Stimme hinter ihr, brachte die junge Karriere-Frau dazu, mit den Augen zu rollen. Sie hatte wirklich gehofft, dass Mandy und ihr neuer Freund stur stehen bleiben und sie nicht mehr belästigen würden. Stattdessen durfte sie sich jetzt wieder mit ihnen herumschlagen, als ob die wütende Frau vor ihr nicht bereits genug Probleme mit sich brachte. „Woah! Wer ist denn dieses Muskelweib?!“

„Hören Sie“, überging Theresa die Unterbrechung geschickt und blickte ihrem Gegenüber, das mit erhobenen Fäusten vor ihr stand, ernst in die Augen, „Wir sitzen hier alle im selben Boot. Uns hat es alle in diesen Wald verschlagen, keiner kann sich genau erinnern, wie es dazu kam. Aber wenn eines klar ist, dann dass wir hier nur wieder herauskommen, wenn wir zusammenarbeiten und uns nicht gegenseitig umbringen. Ich denke, so werden wir auch eher dahinter kommen, warum man uns hierher verschleppt hat. Alleine ist jeder von uns angreifbar, gemeinsam können wir mehr erreichen. Denken Sie darüber nach.“

Einige Zeit herrschte Schweigen, dann ließ die Frau langsam ihre Hände sinken und begann damit auf irgendetwas herumzukauen. Vermutlich ein Kaugummi, der sich die ganze Zeit über in ihrem Mund befunden hatte, und den sie während der Auseinandersetzung vollkommen vergessen hatte.

„Ich traue Ihnen nicht, nur damit Sie das wissen!“, fauchte sie gereizt, „Wer immer uns allerdings hierher gebracht hat, hatte einen Grund dafür. Und ich glaube, euer Haufen ist ohne mich hoffnungslos verloren! Das ist der einzige Grund, warum ich mit euch mit gehen werde.“

Theresa nickte und meinte dann im sachlichen Tonfall, während sie ihr die Hand entgegen streckte: „Mein Name ist Theresa Christ.“ „Camilla Sänger, aber meine Kumpel nennen mich nur Cam“, meinte ihr Gegenüber kaugummikauend im lässigen Tonfall und statt die Hand zu ergreifen und sie zu schütteln, schlug sie ein. Mit skeptischem Blick zog Theresa ihre Hand zurück und deutete nacheinander auf die Anwesenden, die sie kannte: „Das hier sind Markus Friedberg, Jonas Teßmer und... Mandy.“ Die hochgewachsene, muskulöse Frau besah sie nacheinander mit herabwertenden Blicken und Jonas und Mandy sahen sie angewidert an.

„I-Ich bin Martin Trautmann“, meldete sich eine etwas unsichere Stimme zu Wort und sie drehten sich zu dem jungen Mann um, auf den Camilla kurze Zeit vorher losgegangen war und den sie vor ihr gerettet hatten, der sich inzwischen vom Boden erhoben hatte. Cam blickte drohend in seine Richtung, was ihn dazu brachte, ein paar Schritte zurückzuweichen und die Frau brach in ein hartes Lachen aus.

Mit einem Kopfschütteln überging Theresa die Szene. „Wie ich vorhin bereits sagte, wäre es am sinnvollsten, zunächst einmal einen Weg aus diesem Wald heraus zu finden. Vielleicht treffen wir auf ein Dorf und-...“

„Und wie ich vorhin bereits sagte, hat dich keiner zu unserer Anführerin ernannt! Ich lasse mich nicht von einem Weib wie dir herumzukommandieren“, fiel ihr Jonas ins Wort und Mandy kicherte hysterisch, als die Angesprochene die Augen verdrehte. „Gut, dann bleibt ihr beiden eben hier, während der Rest von uns den Versuch unternimmt, hier heraus zu kommen!“

„Nein, das können wir nicht machen“, mischte sich Markus ein und seufzte, „Wir müssen als Gruppe zusammenbleiben, du hast es vorhin selbst gemeint. Nur zusammen können wir vermutlich etwas an unserer Lage ändern.“ Theresa starrte ihn kurz vorwurfsvoll an, als die übrigen Anwesenden ihm zustimmten, ließ sie ihre Hände sinken. Sie drehte sich zu Jonas. „In Ordnung, Mister Möchtegern-Macho. Dann übergebe ich die Führung in Ihre zweifellos überaus qualifizierten Hände.“

„Vielen Dank. Hier müssen wir entlang gehen!“, mit einem breiten und zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht deutete Jonas in eine beliebige Richtung und marschierte mit Mandy im Gepäck los. Es war mehr als offensichtlich, dass er keinerlei Ahnung oder System hatte und ihr Schicksal nun der absoluten Willkür ausgesetzt war. Die anderen folgten ihm kommentarlos, denn jedem war klar, dass sie noch Stunden diskutieren würden, wenn sie jetzt damit beginnen würden.

Je weiter sie liefen, desto nebliger wurde der Boden zu ihren Füßen. Bald konnten sie ihre Füße kaum noch sehen und Mandy kreischte regelmäßig laut auf, weil irgendetwas angeblich ihre Beine gestreift hatte. Jonas spielte sich derweil als ihr Beschützer auf und Theresa zeigte sich deutlich genervt, da sie sich einem solchen Volltrottel untergeordnet hatte. Markus tauschte sich derweil mit Martin aus und erfuhr, dass der Sechsundzwanzigjährige ein mittelloser Game Designer war, der seine Ausbildung abgeschlossen, aber keine Angebote hatte. Währenddessen nutzte Cam ihre freie Zeit und trat böswillig gegen Bäume und Sträucher.

Nach einer schier unendlichen Zeit kamen sie endlich am Rand des Waldes an, sie alle waren erstaunt, dass sie es tatsächlich geschafft hatten, aus diesem herauszufinden. „Na, was hab’ ich gesagt?“, grinste Jonas, doch die Aufmerksamkeit der anderen war abgelenkt. Sie starrten entgeistert auf den Boden zu ihren Füßen. „Sind das... Wolken?“, fragte Martin ungläubig und beugte sich hinab, um den weißen Untergrund, der aussah wie sonst die riesigen Wolken am Himmel, zu betasten. Er fühlte sich weich und flauschig an, erinnerte vom Gefühl her an eine Mischung aus Watte und Flokati-Teppich. Nachdenklich schüttelte Martin den Kopf: „Es fühlt sich seltsam an.“ Langsam erhob er sich, ging ein paar Schritte. Unter seinen Füßen wirkte der Untergrund eigenartig nachgiebig, es war sehr unangenehm, darauf zu laufen. Aber was blieb ihnen schon übrig?

Die Umgebung wirkte, abgesehen vom Wald hinter ihnen, sehr hell und strahlend. Ein wenig weiter vor ihnen fiel der Boden steil nach unten ab, bildete eine Art Klippe. In dem Tal, das darunter lag, setzte sich der eigenartige Wolken-Untergrund fort, ein Fluss zog sich quer hindurch und verbreiterte sich irgendwann zu einer Art kleinen See, ehe er sich wieder verschmälerte. Einzelne Häuser und Häusergruppen lagen im unebenen Talkessel, ein paar Bäume und aus der Distanz unmöglich erkennbare Dinge gaben einen Anblick preis, den keiner der sechs Anwesenden jemals gesehen hatte. „Träume ich?“, fragte Markus ungläubig und rieb sich demonstrativ über die Augen.

„Nein, tust du nicht!“, dir fröhliche, piepsig klingende Kinderstimme ließ ihn für einen kurzen Augenblick erstarren, ehe er sich langsam umwandte. Doch er konnte nirgends ein Kind entdecken. Mit gerunzelter Stirn blickte er sich um und sein Blick fiel auf sechs kunterbunte Stofftiere, die am Boden lagen. Waren die vorhin bereits da gewesen?

Langsam trat er mit unsicherem Gesichtsausdruck auf sie zu, als sich plötzlich eines von ihnen bewegte! Erschrocken tat er einen Satz zurück, stolperte über eine Art flauschigen Stein und landete auf seinem Hintern. Das kleine, fellbedeckte Ding, das wie eine kleine lila-hellgraue Kugel mit Waschbärschwanz aussah, und einen mit spitzen Hörnern versehenen Metallhelm, in den für die Augen Sichtschlitze eingearbeitet waren, trug, hüpfte derweil freudig auf ihn zu und setzte sich auf seinen Schoß.

„Willkommen in der Digiwelt!“
 

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