Zum Inhalt der Seite

Can you feel me shiver?

m a s t e r s h i p p i n g
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Falling feels like this

-SETO-
 

Abwesend lege ich das Telefon bei Seite, über welches ich bis eben noch mit meinem kleinen Bruder kommuniziert habe.

Ohne weiter über das Gespräch und dessen Inhalt nachzudenken wende ich meine Aufmerksamkeit erneut dem Laptop zu, der aufgeklappt vor mir auf dem Tisch steht.

Ich beginne damit, die Mails in meinem Posteingang zu beantworten, welcher beinahe überläuft und halte mich mit etlichen Tassen Kaffee wach, um später noch einige Akten durchzusehen und ein paar Schreiben zu bearbeiten beziehungsweise fertig zu stellen.
 

Der morgige Tag wird für mich gegen sechs Uhr beginnen. Um diese Uhrzeit findet eine Vorstandssitzung der Kaiba Corporation in einem der größeren Konferenzräume des Firmengebäudes in Tokyo statt.

Anschließend habe ich mich für einen Besuch in der Zentrale eines in Japan recht erfolgreichen Softwareherstellers angekündigt, um mit diesem zu verhandeln und ins Geschäft zu kommen.

Gegen Abend ist ein Treffen der jeweiligen Geschäftsleitungen aller Firmen angesetzt mit denen ich in Kürze Verträge schließen werde.
 

Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass es bereits am folgenden Tag zu einer auch nur annähernd festen Entscheidung kommen wird, weshalb ich meinen Aufenthalt in Tokyo um genau eine Woche verlängert habe.

Schließlich habe ich neben all den Sitzungen und Verhandlungen in dieser Stadt auch noch ein Unternehmen zu leiten und während meiner Abwesenheit läuft bei weitem nicht alles so glatt, wie ich mir wünschen würde.
 

Entnervt vergrabe ich das Gesicht in den Händen, als ich die Aktienkurse der KC überprüfe. Dabei muss ich feststellen, dass diese in den drei Tagen, in denen ich meine Arbeit nicht voll und ganz darauf habe konzentrieren können, durchaus ein wenig gefallen sind.

Zwar sind die Zahlen keinesfalls besorgniserregend, doch sie gefallen mir nicht und ich greife nach meinem Handy, um mit meiner Sekretärin in Kontakt zu treten.

Auf die grobe Art und Weise, die ich während des Gesprächs an den Tag lege und welche

sie seit Jahren nicht mehr in solchem Ausmaß zu spüren bekommen hat, achte ich nicht weiter, sondern erkläre ihr knapp mein Anliegen.
 

Selbstverständlich ist es völlig unmöglich, die Kurse meinen inkompetenten Angestellten ein zweites Mal zu überlassen und ich gebe ihr zu verstehen, dass ich mich soweit es in der momentanen Situation machbar ist, selbst darum kümmern werde.

Dabei gebe ich ihr jedoch mehr als deutlich zu verstehen, dass ich auf Grund der Vielzahl an Terminen nicht in der Lage bin, mich Tag und Nacht ausschließlich mit Aufgaben zu beschäftigen, welche normaler Weise nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fallen.
 

Verärgert und ohne ein Wort des Abschieds lege ich auf und knalle das Telefon neben mich auf die Tischplatte.

In der Zeit, die ich damit verbracht habe meine Sekretärin anzugiften, sind wieder neue Nachrichten in meinem E-Maileingang eingetroffen und ich überfliege sie seufzend.

Die Konferenzen am Samstag haben sich allem Anschein nach durch einige kleinere Schwierigkeiten um zwei Stunden verschoben. Das bedeutet für mich, ich werde mich zuvor länger und intensiver in die Akten einarbeiten können. Somit kann ich eventuell noch einige undichte Stellen aus den vertraglichen Forderungen der Konkurrenz herausfiltern und diese zu meinem Vorteil nutzen.
 

Das ist wahrlich die erste erfreuliche Nachricht an diesem tristen Tag, der sich für den Großteil der Menschheit bereits dem Ende neigt.

An Mokuba und dich verschwende ich momentan, mehr oder weniger ungewollt, keinen einzigen Gedanken. Dafür gibt es einfach zu viel zu tun.
 

Den eigentlichen Grund für mein Verhalten habe ich mittlerweile erfolgreich verdrängt.

Es ist leicht gewesen als gedacht, nach all den Jahren erneut in mein altes Muster und meine scheinbar abgelegte Arbeitswut zurückzufallen und letztendlich hat es mich kaum Anstrengung oder Beherrschung gekostet.

Dafür ist der Rückschlag, den ich erfahren habe zu groß und es ist mir nicht schwer gefallen meine undurchdringliche Mauer aus Kälte und Gefühllosigkeit wieder aufzubauen.

Ich sehe keinen anderen Weg, um meine Schwäche und Angst vor fremden Augen zu verschließen und mich selbst nicht zu verachten ...
 

Nicht ohne das bekannte Schwindelgefühl erhebe ich mich von meinem Stuhl und senke kurz die Lider, um wieder eine klarere Sicht zu bekommen.

Im ersten Augenblick fällt mir nicht ein, was ich als nächstes zu tun gedacht habe und brauche einige Sekunden, bis mir wieder einfällt, dass ich duschen will, bevor ich mich in die Hotellobby begebe, wo mich einer meiner potentiellen neuen Vertragspartner abholen wird. Die letzte Besprechung für den heutigen Tag ist für genau zwanzig Uhr angesetzt und ich habe noch genau eine Dreiviertelstunde Zeit, bis ich mich im Erdgeschoss des Hotels einfinden soll.
 

Im Badezimmer angekommen streife ich meine Kleidung ab und lasse das warme Wasser auf mich hinabprasseln, wobei ich mich mit einer Hand an der gefliesten Wand abstütze. Immer noch verschwimmt die Umgebung vor mir und ich fühle mich schwach.

Es ist nicht das erste Mal, dass es mir so geht, doch es hat sich noch nie so beklemmend angefühlt.

Nicht ausschließlich heute spüre ich, dass ich dem Druck, der auf mir lastet nur noch schwer standhalten kann ...

Ich gestehe es mir nicht ein ... außer in solchen Augenblicken ... in denen ich glaube, das Gewicht der ganzen Welt würde auf meinen Schultern lasten.
 

Zittrig fahre ich mit einer Hand über meinen Körper, spüre, wie sich meine Rippen leicht von meiner Haut abzeichnen und starre emotionslos auf die Wand, gegen welche ich mich halb lehne.

Ich bin müde ...
 

Und doch muss ich weitergehen ... mir selbst beweisen, dass ich stark bin ...
 

Als ich nach wenigen weiteren Minuten vorsichtig aus der Dusche steige und mich abtrockne, fällt mein Blick für den Bruchteil einer Sekunde auf den großen Spiegel mir gegenüber.

Erneut hinzusehen wage ich nicht.

Ich wage es nicht, meinem eigenen Spiegelbild in die Augen zu sehen.

Dem Mann, der ich einst gewesen bin und der ich nie mehr habe sein wollen ...

Weil er einsam gewesen ist ...
 

Schleunigst wende ich mich ab, verlasse das Bad und ziehe mich an.

Es darf nicht sein, nicht jetzt.

Wenn ich beginne zu bereuen, werde ich einen Schritt zurückgeworfen und ich werde dich nie vergessen können ...
 

Nachdem ich meinen Mantel übergeworfen habe, nehme ich meinen Aktenkoffer und schließe mein Zimmer ab.

Daran, den Aufzug hinunter ins Foyer zu benutzen, denke ich nicht.

Stattdessen entscheide ich mich für die Treppe und mache mich recht langsam auf den Weg nach unten.

Meine Hand krallt sich bebend am Geländer fest und bei jedem Schritt ist es, als würden meine Beine meinem Gewicht nachgeben wollen.
 

Ohne mir davon jedoch etwas anmerken zu lassen, warte ich am verabredeten Treffpunkt auf den ebenfalls sehr jungen japanischen Unternehmer, welcher auch pünktlich auftaucht.

Er bietet mir einen Platz im hinteren Teil seiner Limousine an und nimmt dann neben mir Platz. Sein Fahrer startet den Wagen und er selbst erklärt mir, dass er sich überlegt hat das Geschäftliche beim Abendessen zu regeln, da dies doch ungezwungener sei.
 

Zur Antwort erhält er nur ein steifes Nicken und bis wir das Restaurant, welches er gewählt hat erreicht haben enthalte ich mich jeglichem weiteren Kommentar.

Dieser Mensch wird für meine Firma noch sehr wichtig sein und auch, wenn ich normaler Weise nicht darüber nachdenke, ob es unhöflich sei ein Angebot auszuschlagen, so möchte ich es mir mit ihm doch nicht verscherzen und verhalte mich ruhig.
 

Ungefähr eine Viertelstunde später kommen wir an besagtem Restaurant an und der Kellner, welcher meinen Begleiter schon bestens zu kennen scheint, führt uns zu einem Tisch im hinteren Teil des Raums, wo wir uns ungestört unterhalten und miteinander verhandeln können.

Mein schwarzhaariges Gegenüber bittet mich zu bestellen, was ich gerne haben würde, denn er bietet sich an mich einzuladen.

Ich schlage jedoch aus und lasse meinen Blick über die Karte schweifen.

Seit Tagen habe ich nichts gegessen und auch sonst bin ich nie sonderlich hungrig.

Allerdings ist dies nichts, was er wissen muss und ich bestelle einfach irgendetwas.
 

Kurze Zeit nachdem der Kellner unsere Bestellung aufgenommen hat, bringt er auch schon die Getränke und anschließend das Essen, was mich kaum merklich schlucken lässt, denn ich brauche nicht mehr als einmal auf meinen Teller zu schauen, um festzustellen, dass ich niemals so viel in mich hineinbekommen werde.

Ganz im Gegenteil, mir wird schon vom hinsehen schlecht und ich habe damit zu kämpfen, diesen Umstand nicht allzu offensichtlich zu zeigen.
 

Den gesamten Abend über stochere ich mehr oder weniger in meinem Reis herum und rühre nichts an, während mein neuer Geschäftspartner seit langem seinen leeren Teller bei Seite geschoben hat und mich ab und zu ein wenig skeptisch mustert.

Darauf gehe ich nicht weiter ein, sondern fahre einfach damit fort über den letzten der drei Verträge zu sprechen, der für heute noch aussteht.
 

Eigentlich hoffe ich nur noch, dass es bald vorbei ist und ich ins Hotel zurückkehren kann ... um dort weiterzuarbeiten.

Das Ende meines Gedankens veranlasst mich beinahe dazu ein schiefes, bitteres Lächeln auf meine Lippen zu legen, aber ich verkneife es mir.
 

In eben jenem Moment überfällt mich plötzlich eine neue Welle von Übelkeit und ich breche mitten im angefangenen Satz ab. Der andere stutzt verwirrt und fragt mich, ob alles in Ordnung sei.

Alles, was ich noch flüchtig herausbekomme ist eine knappe Entschuldigung, bevor ich aufstehe und mehr oder weniger zur Toilette stolpere, wo ich mich schwer atmend auf dem Waschbeckenrand abstütze.

Ich bin blasser als sonst und habe das Gefühl auf dem linken Auge nichts mehr zu sehen, was mich panisch werden lässt.
 

Es ist unerträglich, ich verstehe mich selbst nicht mehr.

Mein Körper spielt verrückt und ich kann nichts dagegen tun, ich bin hilflos, so wie ich es nie habe sein wollen.

Erschöpft lasse ich mich an der Wand hinabsinken.

Etwas, das ich unter normalen Umständen nicht tun würde, zumindest nicht an einem Ort, an dem jederzeit jemand auftauchen und mich in diesem Zustand sehen kann.
 

Doch jetzt ist es mir egal, mir ist alles egal ... ich will das es aufhört.

Ich will zurück, was mich einst beschützt hat.

Vor mir selbst ...
 


 

„Herr Kaiba?“, dringt auf einmal eine Stimme an mein Ohr und kurz darauf vernehme ich ein Klopfen.

Jenes reißt mich zurück in die Gegenwart und ich öffne die Augen.

Zu meinem Erstaunen kann ich meine Umgebung wieder deutlich erkennen und um zu verhindern, dass der Unternehmer, mit dem ich mich verabredet habe hereinkommt, rapple ich mich schnellstmöglich auf und öffne die Tür, vor welcher eben dieser steht und mit einem Ausdruck von Besorgnis im Gesicht zu mir aufblickt.

Er ist ein wenig kleiner als ich ... fast so wie du ...
 

Innerlich verfluche ich mich für den Gedanken und verbanne ihn aus meinem Kopf.
 

„Sind sie sicher, dass es ihnen gut geht?“, fragt der Schwarzhaarige mich und ich erwidere nur unwirsch, dass ich sehr gut alleine zu Recht komme.
 

Mein Zustand hat sich verbessert und so unvernünftig es auch sein mag ... ich werde versuchen weiterzumachen, wie bisher.

Nur, um mein Herz von dir zu befreien und das zu begraben, was du aus mir gemacht hast.

Wissend, dass es falsch ist.

Wissend, dass es mich zerstören wird ... irgendwann.
 

Für weitere Beratungen habe ich keine Kraft mehr.

Lieber will ich auf meinem Zimmer noch ein wenig arbeiten und somit unterschreibe ich den Vertrag unverändert, wie wir ihn vor meinem kurzweiligen Fortgang zurückgelassen haben.

Im Großen und Ganzen bin ich damit zufrieden und noch länger daran zu feilen steht jetzt nicht in meinem Sinne.

Ich rufe den Kellner zu mir, zahle und bedanke mich bei meinem Begleiter für die Zusammenarbeit.

Daraufhin verlasse ich das Restaurant und nehme ein Taxi zurück zum Hotel.
 

Zum zweiten Mal an diesem Tag steige ich die Stufen zum fünften Stockwerk jenes Gebäudes hinauf.

Noch nicht einmal ein Viertel des Weges liegt hinter mir und doch muss ich feststellen, dass mein Atem zu schnell ist und ich kaum noch genügend Luft bekomme, worauf ich kurz innehalte.

Es ist schlimmer als zuvor.

Und ich spüre, dass ich kaum noch einen Schritt vorwärts komme.
 

Seufzend stelle ich fest, dass mein Handy klingelt und ich greife mit zitternden Fingern in meine Manteltasche.

Ohne auf die Anzeige der Nummer zu achten, nehme ich ab und komme gar nicht zu Wort, denn eine Stimme, die ich nicht hören will fängt an zu sprechen ... deine Stimme.
 

„Seto? ...

Es tut mir Leid, dass ich so spät noch störe ... ich ... dein Bruder hat heute mit dir telefoniert und er sagte, du klingst nicht gut. Bitte Seto ... übernimm dich nicht. Vielleicht habe ich nicht mehr das Recht dazu ... aber ich mache mir solche Sorgen ...“
 

Mir wird schwarz vor Augen.
 

„Stimmt es, dass du erst übernächste Woche nach Domino zurückkehrst? Du arbeitest zu viel ... du machst dich kaputt und es macht mir Angst ... bitte ... hör auf dich zu quälen. Wahrscheinlich sollte ich das am wenigsten von dir verlangen, denn meine Dummheit ist verantwortlich für deinen Schmerz ... aber ... ich habe das nicht gewollt.

Ich bitte dich, lass mich versuchen zu erklären ... ich werde alles tun, wenn du es willst verschwinde ich aus deinem Leben ... für immer ...

Ich kann es tragen, solange ich nur weiß, dass du dich nicht selbst zerbrichst ...“
 

Ich fühle, wie deine Worte mich treffen.

Die Fehler die ich begangen habe ... das, was ich zu meinem Schutz geworden bin.
 

Und ich stehe am Ende der Wendeltreppe ... tief in meiner Seele.

Es geht nicht weiter.

Hinter mir stürzen die letzten Stufen in die Tiefe.

Und ich falle, spüre, wie mein betäubter Körper auf den Boden aufschlägt.
 

„Verzeih mir ...“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück