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Ta Sho

Wiedergeboren
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Home again

Das letzte Kapitel dieser FF! Freut euch, ihr habt's überstanden ^^
 

Verhalten blinzelte die Crew nach draußen, wirklich erkennen konnten sie ohnehin noch nichts. Jeder prüfte gleichzeitig auch, ob noch alles dran war. Tja, zumindest waren sie an einem Stück angekommen, wo auch immer sie sich gerade befanden.

Saber war der erste, der seine Sprache wieder fand. Er schnallte sich ab, stand auf und ging auf die Glasfront zu, dabei fragte er seine Freunde: „Bei euch noch alles dran?“

„Jo“, kam von Colt die Bestätigung. War alles an seinem Platz. Zumindest soweit er das beurteilen konnte, denn wieder mal war der Sprung kein Zuckerschlecken gewesen. Der Cowboy hatte einen dringlichen Wunsch, während er sich ebenfalls abschnallte: „Wenn wir das das nächste Mal machen, erinnert mich vorher daran, die Kopfschmerztabletten in meine Satteleinheit zu packen.“

„Ich“, Fireball hatte den Autopiloten eingeschaltet und war aufgestanden. Nur ging der Pilot nicht auf die Glasfront zu, sondern nach hinten zu April, dabei sprach er ungerührt weiter: „mach sowas freiwillig sicher nicht noch mal! Süße, bitte sag, dass das da vorne das Königreich Jarr ist und dass wir noch genug Energie haben, um bis nach Yuma zu kommen.“

Da war offenbar der dringliche Wunsch zuhause, endlich in Gefilde aufzubrechen, die ihnen bekannt waren. Aber da war er garantiert nicht der einzige an Bord. Es war an der Zeit, dass sie sich endlich wieder frei auf einem Planeten bewegen konnten.

Mit verzerrtem Gesichtsausdruck hielt sich April den Kopf. Sie hasste es und es tat schrecklich weh. Als hätte der Blitz in ihrem Kopf eingeschlagen. Das tat gerade an den Schläfen weh, aber so schnell der Schmerz auch gekommen war, war er auch wieder weg. Etwas verunsichert sah April auf und gab Auskunft: „Das ist das Königreich, aber ich weiß nicht, ob es unseres ist.“

Auf dieses Stichwort hin ging Saber zu seiner Satteleinheit zurück. Die Frage war berechtigt. Und die Zweifel natürlich erst recht. Schnell beugte er sich hinab und gab ein paar Befehle in den PC ein. Ob sie tatsächlich zuhause waren, würde sich gleich klären. Solange war Warten angesagt. Eine Disziplin, die niemandem an Bord lag. Fireball war von Haus aus immer die Ungeduld in Person gewesen und die anderen drei hatten erst mal genug davon. Einen Monat lang zu bangen und zu hoffen, dass eine geliebte Person endlich wieder zurück kam, das brauchte niemand mehr.

April war eigentlich sehr geübt darin und normalerweise hatte sie eine Engelsgeduld, aber die konnte sie gerade nicht mehr aufbringen. Ihr dauerte das zu lange. April stand auf, trat neben Saber und gab der Satteleinheit einen kräftigen Schlag. Sie verteufelte das Ding: „Nun mach schon!“

Wieso war nie eine Kamera in der Nähe, wenn man eine brauchte? Colt hätte das zu gerne für die Nachwelt und die anderen Kollegen festgehalten. Ein denkwürdiges Ereignis. April verlor mit ihrem Baby die Geduld.

Saber fing Aprils Hand ab, als sie gleich darauf noch einmal ausholte. Besonnen versuchte er sie zu beruhigen: „Gib ihm noch ein bisschen Zeit. Wir haben mit dem Sprung viel Energie verbraucht.“

„Also, Prinzessin, wenn du willst“, kam nun auch Colt auf die beiden zu und begutachtete den Blecheimer: „ich könnte auch mal einen fachmännischen Blick darauf werfen.“

Gemeint hatte der Cowboy natürlich, dass er auch mal drauf hauen könnte. So standen sie nun da, die drei, und starrten nervös auf den kleinen Bildschirm. Saber schüttelte leicht mahnend den Kopf, wehe da kam noch einmal jemand auf die Idee, seine Satteleinheit zu massakrieren. Immer noch fest umschlossen hielt er dabei Aprils Hand. Zum Einen, weil er sicher gehen wollte, dass eben niemand mehr Schlagzeug spielte und zum Anderen, weil ein bisschen gegenseitiger Halt im Augenblick gut tat. Nicht nur der Blondine.

Auch Fireball kam auf die drei wieder zu und steckte sich dazwischen. Die vier wagten es Augenblicke lang nicht, sich zu bewegen, oder auch nur ein Wort zu sagen. Sie wollten doch nur wieder zuhause sein. Das und nichts anderes. Hoffentlich enttäuschte sie der Computer mit seinen Berechnungen nicht. Zu allem Überfluss ging plötzlich auch noch die gesamte Beleuchtung auf dem Schiff aus, nur die Notbeleuchtung blinkte.

Der Bildschirm war vorerst schwarz. Eine herbe Enttäuschung und alle vier mussten hart schlucken. Colt trat nun doch nach der Satteleinheit des blonden Recken und fluchte: „Verdammt!“

Saber kommentierte das ziemlich trocken, noch immer mit Aprils Hand in seiner: „Ich schätze, uns ist grad der letzte Rest Energie ausgegangen.“

Fireball klopfte dem Recken auf die Schulter und deutete ihm, mitzukommen. Während er sich schon umwandte, ließ er verlautbaren: „Das wäre dann die Antwort auf meine zweite Frage gewesen. Saber, wir zwei sehen uns mal den Badlander genauer an. Colt? Du und April haltet die Stellung, wir sind gleich wieder da.“

Colt verzog missmutig das Gesicht. Super! Jetzt war er auch noch vom Wach- zum Hütehund gemacht worden. Das gefiel ihm gar nicht. Zumal er das blinkende, rote Lichtlein über dem Ausgang auch nicht gerade mochte. Ramrod war noch nie so derart leer gewesen, dass ihnen die Systeme versagten. Der Cowboy holte mit dem Fuß noch einmal aus, aber dieses Mal war sein Ziel beweglich und zum Glück außer Reichweite. Er brummte den Wuschelkopf an: „Pah! Stellung halten! Dir geb ich gleich ne Stellung, Kurzer!“

Der Kuhhirte war dabei allerdings bei weitem nicht so gereizt oder sauer, wie er geklungen hatte. Es machte ihn nur wahnsinnig, nichts tun zu können. Da fühlte er sich immer ein Stück weit hilflos und nutzlos obendrein. Dafür bekam er jetzt von Saber Aprils Hand in die seine gedrückt. Der Schotte folgte dem Piloten nur mit einem Nicken.
 

„Da wären wir nun, Prinzessin“, presste Colt leise hervor, nachdem Fireball und Saber aus dem Raum verschwunden waren. Er sah auf die behandschuhte Hand der Blondine hinab, die er in seiner hielt und zog einen Schmollmund: „zum Warten verdammt.“

„Sei froh, du wirst wenigstens nicht weitergereicht“, scherzte die Navigatorin und zog ihre Hand weg. Die Geste war von Saber zwar lieb gemeint gewesen, aber so schwach war sie dann auch wieder nicht. Und außerdem fürchtete sie sich nicht im Dunkeln. Das blonde Mädchen neigte den Kopf und bedeutete dem Cowboy so, dass sie sich das Warten versüßen sollten. Solange kein einziges System funktionierte und sie nicht einmal Saft für das Licht an Bord hatten, konnten sie ohnehin nichts tun.

April setzte den Helm ab, klemmte ihn unter ihren Arm und trat vor die große Glasscheibe. Im Augenblick ging von draußen keine Gefahr aus, alles war friedlich. April konnte einen Blick auf den Planeten werfen, der von König Jarred seit mehr als dreißig Jahren regiert wurde. Sie konnte kaum glauben, dass hier vor zwanzig Jahren ein erbitterter und erbarmungsloser Kampf um Leben und Tod statt gefunden hatte, den viele Menschen mit dem Leben bezahlt hatten. Es war doch idyllisch hier draußen. Dieser Gedanke erschreckte April etwas, weil sie diese Empfindung bei einem Kriegsschauplatz nicht für angebracht hielt. Sie senkte die Augen. Fast die halbe Air Strike Base 1 hatte hier ihr Grab gefunden, so viele Männer waren nicht mehr zu ihren Familien zurück gekommen. Allen voran Fireballs Vater. April schloss die Augen und kämpfte die Tränen hinunter. Warum musste sie ihre Zeit zum Nachdenken nützen? Sie könnte sich dafür ohrfeigen! Sie hatten den Japaner persönlich kennen gelernt, alle von ihnen. Der Held von einst war ein Mensch, wie jeder andere. April korrigierte ihre Gedanken sofort wieder. Nein, der Held war wie sein Sohn. Er war ein liebevoller Mann, gerechtigkeitsliebend, ehrlich und war für den Frieden eingestanden. Langsam wurde ihr erst bewusst, was sie wirklich mit angesehen hatte. Es raubte ihr für einen Moment den Atem.

Dann aber sah sie entschlossen zu Colt auf. Alles, was ihr wichtig war, war immer noch bei ihr, stand an ihrer Seite und stärkte ihr den Rücken. Mehr noch als zuvor und anders, als vor ihrer verrückten Reise. Das fühlte April. Vieles hatte sich verändert. Ihre Freundschaft aber war geblieben.

Colt hatte zu ihr aufgeschlossen und selbst minutenlang auf das schwarze Weltall vor ihnen geschaut. Gedankenverloren. Als April zu ihm aufsah, legte er ihr lächelnd einen Arm um die Schulter und gestand ihr leise: „Ich freu mich auf zuhause. Auf meine süße Robin und Josh. Und auf unsere kleine Rachel.“

Ihm stockte einen Moment der Atem. Rachel? Klar doch! Sein Töchterchen. Colt fiel es wie Schuppen von den Augen. Er wurde ja Vater. Das war es gewesen, was ihm die ganze Zeit schwer auf dem Herzen gelegen war und nicht gewusst hatte, weshalb er sich plötzlich solche Sorgen um seine Robin machte. Sie war schwanger. Seine Robin bekam sein Kind. Jetzt wurde der Cowboy erst recht ungeduldig. Er wollte sofort zu seiner Familie heim. Am besten noch gestern.

April schmunzelte leicht und lehnte den Kopf an seine Schulter: „Ihr habt also schon einen Namen für euer Kind ausgesucht“, stellte sie fest.

„Tja“, bestätigte der Cowboy und gestand seiner besten Freundin dann noch: „das haben wir wohl. Manche Erinnerungen sind mir nach wie vor unheimlich. Sie scheinen so unwirklich.“

Da sprach Colt nicht nur seine eigenen Gedanken aus, sondern auch die von Saber und April. Auch ihnen war immer noch bei manchen Erinnerungen etwas seltsam zumute. Doch sie waren wahr, so hatten sie es erlebt und April hoffte, dass es ihnen erst einmal wie selbstverständlich vorkam, wenn sie endlich wieder zuhause waren. Es musste einfach besser werden. In ihrem Umfeld, ihrem Zuhause. Tief in sich wusste April, dass sie in ihrer Zeit gelandet waren, da war sie sich beinahe schon totsicher. Und sie freute sich auf zuhause. Auch, wenn das Erlebte dieses Schiff niemals verlassen würde, so wusste sie doch, dass sie mit ihren drei Jungs jederzeit darüber reden konnte.
 

Da ging der Strom auf Ramrod wieder an und kurze Zeit später kamen Saber und Fireball wieder zu Colt und April auf die Brücke. Der Schotte erklärte trocken: „Also, alles, was die Outridertechnologie ist, aber so fortschrittlich, wie Jesse immer tut, ist sie dann auch wieder nicht.“

„Stimmt“, lächelte Fireball den Schotten an und lobte die gute Zusammenarbeit der vier damit gleich indirekt mit: „Da gibt es nichts, was wir nicht auch hingebracht hätten.“

Aprils Augen blitzten kurz auf, als sie Fireballs Lächeln wahr nahm. Er hatte alles gut weggesteckt. Darüber war sie froh und sie hoffte, dass es auch so blieb.

Die vier versammelten sich wieder um Sabers Satteleinheit und warteten schweigend auf weitere Ergebnisse. Nachdem der Badlander als Energielieferant angezapft worden war, funktionierten die Systeme wieder einwandfrei. Aber allen war klar, dass so ein kleines Schiffchen wie Jesses Jet die Energieversorgung von Ramrod nicht ewig aufrecht erhalten konnte. Sobald Sabers Rechner endlich das gewünschte Jahr ausspuckte, würden sie ihren Stromverbrauch auf ein Minimum reduzieren müssen.

Erleichtert atmeten die vier auf, als es da endlich gut lesbar auf Sabers Schirm hieß: Königreich Jarr, mit Datum 20. Juni 2086. Irgendwie hatten sie es geschafft, zumindest das richtige Jahr zu erwischen. Wie sie es aber geschafft hatten, über einen Monat vor der Schlacht wieder hier zu landen, das war ihnen ein Rätsel. Aber damit konnten sie leben. Die vier fielen sich in die Arme.

„Schwein braucht der Mensch“, jubelte Colt, während er April umarmte und den anderen beiden jeweils leicht auf die Schulter schlug.

Fireball stichelte gleich übermütig weiter: „Bist ja nach wie vor unser Glücksschweinchen, Cowboy. Deshalb nehmen wir dich immer noch mit.“

Als Colt aus den Augenwinkeln auch noch dieses schelmische Zwinkern bemerkte, schob er April von sich und setzte dem vermaledeiten Japaner endgültig nach, der in weiser Voraussicht schon mal die Flucht angetreten hatte. Er stob Fireball hinterher und fluchte lachend: „Wenn wir erst mal gelandet sind, Matchbox, dann liefere ich dich eigenhändig wieder in der Akademie ab! So ein frecher Zwerg, hat man dafür Worte?!“

April schüttelte lächelnd den Kopf und stupste Saber an: „Die zwei Kindsköpfe.“

Der Schotte konnte das nur ebenso schmunzelnd bestätigen. Dabei stupste er April selbst leicht mit dem Ellbogen an und zwinkerte: „Blöderweise sind das unsere. Die nimmt uns keiner mehr freiwillig ab.“

Saber stellte die kleine Hetzjagd von Fireball und Colt gleich wieder ein. Dann machten sich die vier doch sichtlich gelöst und entspannter an die Arbeit, sämtliche, nicht für die Heimreise benötigte Systeme herunterzufahren. Auf Aprils Anraten hin, nahmen sie sogar so viel Saft wie möglich von der Steuerung und der Navigation. Sie wusste, Fireball war ein hervorragender Pilot und April konnte notfalls auch mit Sternenkarten ihren Kurs berechnen. Je mehr Energie ihnen blieb, desto besser standen ihre Chancen, dass sie es endlich bis nachhause schafften.
 

Es dauerte ewig, bis Yuma endlich in Sicht kam. Alle saßen wie auf Nadeln, wollten endlich zuhause landen. Kurzfristig hielt die Anspannung wieder Einzug im Kontrollraum von Ramrod. Was würden die Daheimgebliebenen sagen? Hatten sie auf die vier gewartet?

„Ein bisschen finster da unten“, stellte der Recke fest, als sie den Militärflughafen Yuma überflogen. Die Startbahn war nicht mehr beleuchtet und auch sonst war nichts mehr los. Seltsam, wie Saber fand. Sie befanden sich im Krieg, da war sich Saber ausnahmsweise totsicher. Da war es doch etwas leichtsinnig, den Militärflughafen in der Nacht unbesetzt zu lassen. Saber wunderte das.

Fireball nickte. Auch ihm sagte der Anblick nicht sonderlich zu. Er sah in die dunkle Nacht hinab. Was war in der Zwischenzeit hier passiert? Alles sah verlassen aus, dem Piloten war es etwas zu ruhig da unten. Die Hände fest um die Schubregler geschlossen, wandte er sich an April zurück: „Süße? Meld uns bitte beim Tower unten an. Die sollen mal Licht machen.“

Dieser Aufforderung kam April sofort nach. Sie funkte das Bodenpersonal an, hoffte auf eine positive Antwort. Es dauerte eine ganze Weile, bis April endlich alles geklärt hatte. Sie war verwundert, bestimmt drei Mal hatte sie dem Tower erklären müssen, wer sie waren und dass sie wirklich Ramrod waren. Erst als sie die Funkkennung von Ramrod mehrmals geprüft hatten, waren sie endlich so weit, auch April ein paar Fragen zu beantworten. Etwas überfahren beendete sie die Funkverbindung und murmelte: „Fünf Monate.“

„Bitte?“, Colt wandte sich halb zu April um, blieb aber brav in seiner Satteleinheit sitzen, weil Fireball den Landeanflug bereits einleitete. Aprils leise Stimme hatte den Cowboy hellhörig werden lassen. Nur ganz verstanden hatte er ihre zwei kleinen Worte nicht.

Die Blondine gab Colt die gewünschte Antwort. Sie drehte sich ebenfalls herum, sodass sie zu ihrem Scharfschützen sehen konnte. Es war seltsam gewesen, vom Bodenpersonal zu erfahren, dass sie seit fünf Monaten verschollen waren. Sie schluckte, denn bis jetzt war ihr nicht klar gewesen, was ihre Odyssee für die Menschen bedeutet hatte, die zurück geblieben waren. Sie erklärte ihren Jungs: „Sie sagen, wir waren fünf Monate verschwunden. Der nette Herr vom Tower hat geglaubt, er hätte in der Nachtschicht grade seine Sinne nicht mehr alle beisammen. Aber, ich glaube, wir kriegen ein herzliches ‚Willkommen daheim!‘ von allen.“

Auf dem Rollfeld ging endlich das Licht an. Fireball atmete erleichtert auf. Ramrod war ohne diverse technische Hilfsmittelchen verdammt schwer zu fliegen. Hoffentlich brachte er sie alle heil runter. Nur mit dem Licht kam auch Leben aufs Rollfeld. Plötzlich strömten von überall her Menschen auf die offene Fläche zwischen den Flugzeuggaragen. Eine Menge Kavalleristen, darunter Offiziere und auch Commander Eagle.

Saber sah gespannt auf das Treiben hinunter. Wer war dort überall vertreten? War sie auch da? Der Schotte stolperte über seine eigenen Gedanken. Wer wartete auf ihn? Erwartungsvoll blickte er nach unten. Saber hoffte auf June. Er wollte sie endlich wieder in die Arme schließen können. Hoffentlich kam sie auch. Bei all dem Rummel war es schwer zu sehen, ob die junge Brünette auch unter all den aufgescheuchten Hühnern war. Dort unten ging es zu, als wäre eine Weltsensation gerade im Landeanflug. Saber hörte Aprils Worte aufmerksam zu und ließ sie sich durch den Kopf gehen. Dann stockte ihm für einen Augenblick der Atem. Sie waren fünf Monate weg gewesen. Unauffindbar verschollen. Nun kannte Saber den Grund für diesen Aufruhr. Es konnte nur bedeuten: „Okay, sie sehen grade ein paar Geister.“

„Ich sag doch unser kleiner Schlossgeist rasselt zu laut mit seinen Ketten“, mit einem leichten Seitenhieb auf Fireball zwinkerte Colt zum Oberhelden hinüber. Er hatte nicht wirklich verstanden, was Saber damit sagen wollte. Sie waren zuhause! Die Knilche da unten sollten sich mal die Augen auswaschen und noch mal genauer hinsehen. Da war kein Knick in der Linse, sie waren es wirklich.

April verdrehte leicht die Augen. Im Gegensatz zu Colt hatte sie den Recken sehr wohl verstanden. Sie übersetzte für diejenigen an Bord, die den Schotten nicht verstanden hatten: „Wir waren fünf Monate weg, Colt. Wir wurden für tot erklärt.“

Nun kommentierte auch Fireball das Treiben dort unten: „Ich schätze, wir sprengen grade die Beerdigung.“

War zwar eine seltsame Vorstellung, das musste er zugeben, aber so ganz unwahrscheinlich war die Option leider nicht. Vorsichtig senkte er Ramrod hinab, korrigierte immer wieder über die Schubregler ihre Flugbahn. Ohne Stabilisatoren war Ramrod schwer zu halten, jede Windböe brachte sie erneut vom Kurs ab. Aber wenigstens war der große Cowboy nun bodennahe genug, dass die Schaulustigen endlich Platz machten.

Die Blondine stand aus ihrer Satteleinheit auf, sie vertraute voll und ganz auf die Flugkünste ihres Piloten und kam vorsichtig nach vor. April hielt sich an Colts Satteleinheit fest und blickte auf das Rollfeld hinunter. Endlich war es mit Flutlicht ausgeleuchtet worden, endlich konnte man sehen, wo noch ein Platz für ihr Riesenbaby sein würde. Unmengen von Menschen versammelten sich, drängten sich aneinander. Mittlerweile waren auch viele Zivilisten darunter. Freunde und Verwandte konnte April dort schon von Weitem erkennen, eine komplette Flugstaffel war zur Sicherheit ausgerückt und eskortierte Ramrod herunter. Das Bodenpersonal hatte also ihr Energiedefizit gemeldet und vorsorglich alle Hilfseinheiten alarmiert.

April bedachte ihre Jungs mit einem kurzen Blick. Colt hielt es kaum noch in seinem Sitz aus. Er fieberte ungeduldig seiner Robin entgegen, das konnte sie förmlich spüren. Die sensible Frau an Bord musterte auch Fireball kurz. Der musste sich voll und ganz auf seine Aufgabe konzentrieren und hatte für keine anderen Gedanken Platz. Und zu guter letzt blieben ihre meerblauen Augen an Saber hängen. Auch er fieberte jemandem entgegen. Es wurde Zeit, dass sie endlich zuhause ankamen. April selbst kam der Landeanflug wie eine kleine Ewigkeit vor. Wieso ging das nicht schneller?
 

Kaum hatte Ramrod aufgesetzt und verstummten seine Motoren, nahm einer nach dem anderen die Beine in die Hände und verließ das Schiff. Im Klartext hieß das, April rief erfreut den Namen ihres Vaters aus und war erst mal verschwunden. Colt sprang ebenfalls auf und hechtete der Blondine hinterher. Fireball schnallte sich eher bedächtig ab und verließ den Kontrollraum erst mal Richtung Verwahrzellen.

Der Schotte murmelte nur kurz: „Ich komme gleich nach“ und blieb vorläufig alleine im Kontrollraum zurück. Er wollte noch ein paar Momente für sich haben und versuchen zu verarbeiten, was in den letzten Monaten alles geschehen war. Saber senkte den Blick auf seine Satteleinheit. Nur dunkel konnte er sich daran erinnern, dass sie als anderes Team gestartet waren, dass er zu Beginn ihrer Reise der Captain gewesen war. Hatte er in der Vergangenheit seine Identität verloren? Der Highlander horchte noch einmal tief in sich hinein. Nein, er hatte nichts verloren. Im Gegenteil. Er wusste, dass er nur gewonnen hatte. Saber war zufrieden, wie es jetzt war. Ramrod war ein Pilotprojekt gewesen, Commander Eagle hatte ein junges Team dafür haben wollen. Der Commander hatte sehr genau gewusst, wen er mit welchem Posten betrauen würde. Saber war ein fähiger Stratege, hatte beim britischen Geheimdienst viele Fähigkeiten erlernt und war auch im Oberkommando im Rang eines Majors eingestuft worden. Dennoch war das Kommando an einen jungen und unerfahrenen Piloten gegangen. Saber sah zur mittleren Satteleinheit auf. Die Entscheidung war goldrichtig gewesen. Shinji war talentiert und lernte schnell. Schneller, als Saber manchmal lieb war. Der Schotte hatte im Hintergrund immer darauf geachtet, dass nichts aus der Bahn geriet. Er war sich sicher, jeder hier hatte seine Aufgabe gut gemacht. Sie waren ein eingeschworenes Team und Saber hatte, nachdem für alle klar war, wo sein Platz im Team war, kaum ein greifen oder lenken müssen. Sie waren Freunde und hatten gewusst, wer was zu tun hatte.

Bedächtig stand Saber aus seiner Satteleinheit auf und sah sich auf dem Schiff um. So ruhig wie in diesem Moment war es selten auf dem großen Cowboy. Besonders in den letzten Monaten war hier immer die Hölle losgewesen. Saber schmunzelte. Colt zu erklären, dass beim Schiff zu bleiben auch wirklich hieß, beim Schiff zu bleiben, war schier ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Bis auf seine kleinen Ausflüge war der Cowboy allerdings lieb und brav geblieben. Naja, wie man das bei Colt halt definierte. Lieb und brav. Es war tatsächlich an der Zeit, dass sie wieder dort angekommen waren, wo sie hingehörten.

Saber ging auf die Glasfront zu. Sie hatten vor Kurzem mit an gesehen, wie der Krieg zwischen Menschen und Outridern ausgebrochen war. Dem Schotten standen dabei die Haare zu Berge. Es war schrecklich gewesen. Jetzt, wo er die Zeit gefunden hatte, das alles noch einmal Revue passieren zu lassen, kam er zu diesem vernichtenden Urteil. Er hätte es lieber nicht erlebt. Jede Heldengeschichte hatte einen bitteren Beigeschmack. Das wusste nicht zuletzt der Schotte besser als kaum ein anderer. Schließlich stammte der Sprössling eines schottischen Adelshauses von William Wallace, einem Freiheitskämpfer, ab. Saber senkte den Blick. Helden starben bekanntlich. War nur die Frage, ob sie nun auch Helden waren. Für tot wurden sie schließlich schon erklärt und nun standen sie hier, heimgekehrt.

War sie das? Der Schotte erhaschte einen Augenblick lang einen Blick auf das Antlitz einer Frau in der Menge. Nun kam auch in ihm wieder die Unruhe zum Vorschein. Sie war es, sie war es wirklich. So unglaublich es für Saber auch war, sein Herz sprach eine andere Sprache. Da unten stand die Frau, die er liebte und die er seit Monaten nicht gesehen hatte. Mit leuchtenden Augen und dem Wissen, dass alles gut ausgegangen war und alles richtig war, wandte sich Saber von der Glasfront ab und verließ Ramrod.
 

Schwer waren die letzten Schritte hier herunter gewesen und mit jedem Schritt war er langsamer geworden. Shinji sträubte sich innerlich dagegen, aber was blieb dem jungen Captain übrig? Sein Freund hatte Mist gebaut, mittlerweile mehr als nur einmal, und er sollte seine gerechte Strafe bekommen. Gedanklich hakte Fireball den Tag schon ab, der war es nicht wert, länger in seinem Gedächtnis zu bleiben. Leider würde der Pilot diesen Tag nie wieder vergessen können, das wusste er auch selbst. Aber zumindest einen Versuch war es wert.

„Endstation. Wir sind da, Jesse.“

Dabei öffnete Shinji die Zellentür und trat auf den blauhaarigen zu. Es war ein unangenehmes Gefühl. Fireball gefiel das alles überhaupt nicht. Er spürte die Kälte zwischen ihnen, die Distanz und auch die Spannungen, die sie seit jenem Abend nie aus dem Weg geräumt hatten. Aus Freunden waren Rivalen geworden, schleichend, dafür aber umso überraschender.

Jesse erhob sich. Seine Hände waren immer noch gut verschnürt, dank der Handschellen, die ihm angelegt worden waren. Das Kopfbrummen hatte sich in den letzten Minuten stetig gelegt, allerdings hatte der Überläufer begonnen, über einige Dinge nachzudenken. Als er im Kontrollraum wach geworden war, hatte er ein seltsames Gefühl gehabt, hatte eigentlich gar nicht wirklich gewusst, was genau los war. Hier unten, in der karg ausgeleuchteten Zelle war es still gewesen und Jesse hatte Zeit gefunden, seine Gedanken zu sortieren. Viele Erinnerungen waren über ihn hereingebrochen. Zuerst war er verwirrt darüber gewesen. Was hatte er mit Fireball zu tun gehabt? Doch gar nichts! Der feine Rennfahrer war immerhin nur zufällig auf Ramrod gelandet und hatte ihm ein Mädchen ausgespannt, das er gerne besitzen würde. Doch je länger Jesse darüber nachdachte, desto mehr anderer Dinge waren ihm eingefallen. Er und der kurzgeratene Laufmeter waren Klassenkameraden gewesen. Eigentlich mehr als das. Sie waren miteinander oft um die Häuser gezogen, waren Freunde gewesen. Jesse sah auf Fireball hinab, folgte ihm aber ohne Anstalten zu machen. Der Japaner war schuld daran, dass alles letztendlich so gekommen war.

Kalt blaffte er ihn an: „Spar dir deine Freundschaftstour!“

Der Pilot nahm Jesse an der Schulter und führte ihn auf den Gang hinaus. Ihre Freundschaft von damals war nichts mehr wert. Nicht erst seit der Geschichte, die hier passiert war. Sie war früher schon in die Brüche gegangen. Wegen einem Mädchen. Das Beste an der ganzen Geschichte allerdings war, zumindest empfand es Fireball so, dass er mit April nie etwas angefangen hatte, sie Jesse ausgespannt hätte. Er war mit der Tochter von Commander Eagle von Anfang an gut ausgekommen, hatte sich mit ihr verstanden, aber er war nie auch nur auf die Idee gekommen, sich in sie zu verlieben oder sie einem Freund auszuspannen.

„Mach es mir nicht unnötig schwer. Das hier ist schon schlimm genug“, dabei verstärkte Fireball den Druck auf Jesses Schulter etwas mehr.

Jesse wand sich aus dem Griff und blieb kurzerhand auf dem Gang wieder stehen. Je ruhiger der kleine Japaner mit ihm sprach, desto mehr stachelte ihn das an. Diese selbstgefällige Art von Fireball brachte Jesse im Null Komma nix an die Decke. Der Sohn eines Captains war doch wirklich nur durch die Akademie gekommen, weil der Nachname zu verführerisch gewesen war. Wie hätte das denn ausgesehen, wenn der Sohn von Captain Shinji Hikari wegen einer Befehlsverweigerung von der Akademie geflogen wäre? Jesses Augen funkelten und blitzten auf den kleineren hinab. Nichts war sie noch wert, ihre Freundschaft aus der Zeit vor Jesses Rauswurf, den er alleine Fireball zu verdanken hatte. Er knurrte ihn deswegen drohend an: „Denk mal scharf darüber nach, wer es hier wem unnötig schwer macht! Hat es dir nicht Spaß gemacht, mich vor April ständig schlecht zu machen, nur damit deine Chancen bei ihr steigen?“

Der ehemalige Kadett hatte seit jeher das Gefühl gehabt, Fireball hätte über ihn nur schlecht gesprochen. Die Blondine hatte Jesse vom ersten Moment an, wo sie einander vorgestellt worden waren, abblitzen lassen. Er hatte von April nicht nur eine Abfuhr kassiert, sondern immer wieder. Sie war prinzipiell lieber mit Fireball, everybody’s darling, ausgegangen. Dabei übersah er geflissentlich, dass April schlicht und ergreifend kein Interesse an ihm hatte. Genau sowenig Interesse hatte sie aber zum Zeitpunkt des Balls an Fireball gehabt, er war allein deswegen ihr ständiger Begleiter gewesen, weil sie sich bei ihm gut aufgehoben fühlte und sich in seiner Gegenwart wohl gefühlt hatte. Damals hätte sie darauf schwören können, nichts außer Freundschaft für den Wuschelkopf zu empfinden, nach ihrer Reise hatte sich das allerdings geändert.

Auch Fireball war stehen geblieben. Das war der Kern allen Übels. Fireball war damals dazwischen gegangen, als Jesse auf dem Ball gedacht hatte, ein ‚Nein‘ wäre nur eine Aufforderung dafür, es noch vehementer zu versuchen. Als Fireball in die Szene geplatzt war, hatte bei ihm alles ausgesetzt. Er hätte bei jedem anderen Mädchen so reagiert. Der Beschützer in ihm, sein Gerechtigkeitssinn, nichts hätte zugelassen, dass er dabei nur zugesehen hätte. In dem Moment war Jesse ihm unterlegen gewesen, eine einmalige Ausnahme. Das wussten sie beide. Und so standen sie sich nun auch gegenüber. Der hochgewachsene, gut trainierte Jesse sah drohend auf den kleinen und eher schmächtigen Fireball hinab. Auch in Handschellen war er Fireball überlegen. Nur ein falsches Wort von dem kleinen Armleuchter und Jesse würde ihm eine vor den Latz knallen.

Fireball allerdings bot Jesse die Stirn: „Deine Chancen wären schon mal rapide angestiegen, wenn du ihr auch nur einmal zugehört hättest, wenn sie etwas erzählt hat. Du hattest an ihr als Mensch kein Interesse, weshalb hätte sie dann welches an dir haben sollen?“

Jesse biss die Zähne zusammen. Er wollte ruhig bleiben, aber das fiel bei dem selbstgefälligen Kaliber vor ihm nicht leicht. Es funktionierte nicht. Weshalb er Fireball die Hände gegen die Schulter stieß und ihn anblaffte: „Aber du schon! Du wolltest sie doch erst haben, als ich mich mit ihr getroffen hab.“

„Du redest von April wie von etwas, das man besitzen kann. Warum kapierst du’s denn nicht? April und ich sind Freunde. Und nur das“, in dem Moment hatte er Jesse angelogen. Aber was war das noch wert? Es würde ohnehin nichts mehr kitten können. Diese Freundschaft war ein Scherbenhaufen. Fireball bedauerte es zwar irgendwie, aber schlussendlich würde es zwischen ihnen ohnehin nicht mehr so werden, wie noch in der Akademie. Zu viel war mittlerweile vorgefallen und Jesse stand hier nicht als Freund, sondern als Kadett, der es vorgezogen hatte, seinen Arrest nicht abzusitzen. Diesem Gespann eine weitere Chance zu geben, war sinnlos, das sah Fireball ein. Deswegen griff er fest um Jesses Arm und führte ihn hinaus: „Aber egal, wie oft ich es dir erkläre, du verstehst es trotzdem nicht. Es ist egal, Jesse. Ich hoffe nur, dass du diesmal so schlau bist und deine Strafe absitzt.“

Unwirsch zog Jesse seinen Arm zurück, doch den Griff von Fireballs Händen entkam er dadurch nicht mehr. Es hatte alles keinen Zweck mehr, für dieses Mal musste er sich geschlagen geben. Nur hieß geschlagen geben nicht zwangsläufig, sich auch verbal geschlagen zu geben. Jesse wusste es besser. Dieser kleine Tunichtgut hatte ihm bei April alles vermasselt. Noch einmal protestierte Jesse ungehalten dagegen: „Freunde! Klar doch. Du kennst die Bedeutung dieses Wortes doch noch nicht mal! Ich wette, ihr beiden teilt euch hier auf Ramrod nicht nur den Tisch. Du kannst doch deine Finger nicht von ihr lassen. Das konntest du damals nicht, das kannst du heute noch nicht.“

„Du solltest in einer ruhigen Minute noch einmal darüber nachdenken, was ein Freund ist. Du kennst da nämlich keinerlei Unterschied“, sie hatten sich in der Hinsicht beide nicht gerade mit Ruhm bekleckert, das wusste zumindest Fireball. Bei Jesse war er sich da nicht so sicher. Der war elendig uneinsichtig, was manche Dinge betraf. Schweigend begleitete er ihn nun hinaus.

Ohne weitere Gegenwehr ging Jesse mit. Immer wieder warf er einen Blick auf den kleineren Star Sheriff. Er hätte Fireball nur einmal richtig anrempeln zu brauchen, dann hätte er sich wieder aus dem Staub machen können. Doch spätestens am Fuß der Rampe wäre die Reise in die Freiheit für ihn auch schon wieder zu Ende gewesen. Jesse sah es wohl oder übel ein. Dieses Mal war er zu langsam gewesen. Aber er hatte eine Menge anderer Dinge gelernt. Freundschaften waren nicht immer das, wofür sie sich aus gaben und für das man sie hielt. Jesse hatte in der Akademie noch gedacht, mit Fireball einen Freund gefunden zu haben, mit dem man Pferde stehlen konnte. Sie hatten sich wirklich gut verstanden und beide ziemlich die selbe Einstellung zu manchen Kursen gehabt. Ein Mädchen hatte das alles zunichte gemacht. War das zu fassen? Jesse sah ein weiteres Mal auf Fireball hinab. Er hatte mit April nie ernsthaft an so etwas wie eine Beziehung gedacht, er hatte sich lediglich die Zeit mit ihr vertreiben wollen. Fireball hingegen dürfte diesbezüglich vom Blitz getroffen worden zu sein. Jesse dachte an einen dämlichen Trinkspruch: ‚Wahre Freunde teilen alles. Auch die Frau.‘

Ihre Freundschaft war nicht das gewesen, wofür sie sie gehalten hatten. Das war Jesse nun endgültig klar. Sie hatten sich eine Menge Fehler geleistet. Jesse allerdings hatte sich den größeren geleistet. Er war so blöd gewesen und hatte sich nach seiner Suspendierung und dem aufgebrummten Hausarrest nicht an die Ausgangssperre gehalten. Wüsste er, dass auch Fireball das getan hatte, er hätte sich dann für nicht ganz so blöd hingestellt. Nur hatte sich Jesse erwischen lassen. Er hätte einfach nur abhauen müssen, weit genug weg, aber er hatte es vorgezogen, seine Rachegelüste zu befriedigen, die ihm im Endeffekt wieder die Arrestzelle eingebrockt hatten. Er war schon in mancherlei Hinsicht ein selten dämlicher Hornochse. Das ganze Theater nur wegen eines Mädchens.

Draußen wurde Jesse ohne ein weiteres Wort an zwei MPs weitergereicht und abgeführt. Jesse hatte nicht mehr als einen kritischen Blick für Fireball übrig. Sie würden sich wiedersehen, irgendwann. Da war sich Jesse ganz sicher. Bis dahin aber würde er mehr aus seinem Leben machen. Viel mehr. Jesse hatte große Pläne für seine Zukunft ohne das Kavallary Oberkommando.

Fireball sah Jesse und seiner Begleitung noch kurz nach. Da ging ein ehemaliger Freund hin. Der Captain wandte sich ab, blieb aber mit einem seltsamen Gefühl stehen. Hinter ihm lag nun ein alter Freund, vor ihm standen drei Freunde. Etwas mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit waren sie. Saber, Colt und April. Die drei lagen Freunden und Familie im Arm und feierten das Wiedersehen. April war ihrem Vater um den Hals gefallen und klammerte sich seither an das Oberhaupt der Sektion West, ohne ihn ein einziges Mal losgelassen zu haben. Der Cowboy hielt seine Zukünftige im Arm, streichelte ihr immer wieder über das Bäuchlein, das inzwischen deutlich verriet, was in den nächsten Monaten auf den Scharfschützen zukam, und scherzte mit Josh. Eine glückliche kleine Familie eben. Saber stand mit June etwas abseits dieser überschwänglichen Freuden, hielt etwas schüchtern deren Hand. Der Pilot schmunzelte. Saber konnte schon so manches Mal etwas unterkühlt wirken. Von Saber und June wanderten Fireballs Augen zu Ramrod hinüber. Es war kaum zu glauben, wo sie die letzten Monate gewesen waren. Er glaubte es selbst kaum. Aber wichtig war schließlich nur, dass sie alle gesund und wohlbehalten wieder zuhause angekommen waren. Fireball sah sich um. War in der Menge vielleicht auch irgendwo jemand, der sehnsüchtig auf ihn gewartet hatte? Als er seine Mutter nicht entdecken konnte, seufzte er leise und schloss zu seinen Freunden auf. Manche Dinge änderten sich auch nicht, wenn sich die Vergangenheit änderte.
 

Die nächste Zeit standen Routinearbeiten an. Commander Eagle musste eine Beerdigung absagen. Nun ja, das fiel nicht unter die Routinearbeiten, aber diese Feierlichkeiten sagte der Commander nur zu gerne ab. Die vier Freunde sahen sich zwei Tage lang die Krankenstation aus der Nähe an, der Commander wollte sichergehen, dass ihnen auch wirklich nichts fehlte. Währenddessen wurde Ramrod in einen Hangar geschafft und wieder in Gang gesetzt. Für die Berichte ließen sich die vier etwas Plausibles einfallen, wie man fünf Monate absolute Abstinenz von der Bildfläche erklären konnte. Das kleine Kunststück brachten sie tatsächlich fertig. Für eine gute Woche wurden sie dann noch dienstfrei gestellt, um sich von den Strapazen erholen zu können. Alle hatten mitgenommen ausgesehen.

Colt wich, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, keine Sekunde von Robins Seite. Er verbrachte jede freie Minute mit ihr und seinem zukünftigen Schwager. Der Cowboy blühte wieder auf, innerhalb weniger Tage war er wieder zur alten Hochform aufgelaufen. Natürlich war das nur Robins liebevoller Hingabe und ihrer guten Küche zu verdanken, aber in diesem Fall heiligte der Zweck wohl die Mittel. Die beiden wurden bald Eltern, da sollte auch der Vater, wenn möglich, Nerven aus Drahtseilen haben. Für Robin galt es also, ihren armen Schatz wieder aufzupäppeln und für die nächsten Missionen zu stärken. Dass die bestimmt kamen, daran bestand für die blonde Lehrerin kein Zweifel. Mit Müh und Not hatte das Oberkommando die fünf Monate ohne die Ramrodcrew überstanden, immer wieder hatten Outrider die neuen Siedlungen angegriffen. Robin würde Colt nicht zum Daheimbleiben überreden, das hätte sowieso keinen Sinn bei einem verbohrten Sturkopf wie ihm, aber sie wollte doch, dass sich in Zukunft alle etwas vorsahen und Vorsicht walten ließen.

Sabers erstes Wiedersehen nach fünf Monaten hatte zwar etwas unterkühlt gewirkt, war aber dann umso herzlicher und überraschender geworden. Auch June war etwas verschreckt von Sabers Unnahbarkeit bei seiner Heimkehr gewesen, wenn nicht sogar verunsichert. Die erste Nacht war sie wach im Bett neben dem Schotten gelegen und hatte sich gefragt, was nur passiert war. Saber war von Haus aus nie ein übertrieben gefühlsbetonter Mensch gewesen, aber neben ihr war er doch immer herzlich gewesen. Das hatte sie bei seiner Heimkehr vermisst und sich sofort Gedanken darüber gemacht. Eine Aussprache war am nächsten Morgen schon fällig gewesen, bevor Saber überhaupt ins Oberkommando aufgebrochen war. Die war in einer Überraschung gegipfelt. Saber hatte es zuhause die Augen geöffnet. Junes Nähe war wundervoll, er hatte sie vermisst. Nach einem tiefen und erholsamen Schlaf neben ihr, war sein Heiratsantrag nur noch Formsache gewesen. Saber hatte sich noch während der Ansprache vor June gekniet und sie gebeten, seine Frau zu werden. Er hatte ihr aufgezählt, was er alles an ihr liebte. Seine Entscheidung war ihm leicht gefallen. Mit dieser Partnerin konnte das Leben in all seinen Facetten gerne kommen. Saber und June würden gemeinsam alles überstehen.

April hatte in der ersten Nacht ihrer Heimkehr Besuch gehabt. Fireball hatte sie nachhause begleitet. Nach dieser Odyssee waren beide mal ganz alleine. Es war eine Wohltat gewesen, in dieser Nacht hatten beide schlecht ein Auge zutun können. Das Feuer der Leidenschaft hatte zu stark in ihnen gelodert. Dieses Feuer war prompt am nächsten Morgen von der Erkenntnis gelöscht worden, dass das Oberkommando Beziehungen unter Kollegen verbot. Keinem der beiden gefiel es, es brach ihnen sogar das Herz, aber die Vernunft siegte. Sie waren Kollegen und Freunde. Mehr durften sie einfach nicht sein, mehr würden sie nicht mehr sein. Das schlug sich auf die Laune und Gemüter der beiden jüngsten nieder.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Misano
2009-09-27T12:11:48+00:00 27.09.2009 14:11
upps, wieder mal nix dagelassen?

Geht ja gar nicht!

Nach dem Ende war's eigentlich klar, dass du da einige Sachen nicht im Raum stehen lassen kannst und das Ganze weiter geht. Ich les dann mal weiter, sobald ich wieder Zeit dazu habe. ;-)
Von:  Sannyerd
2009-09-12T22:28:57+00:00 13.09.2009 00:28
ohhhh schon zu ende *schnüff*


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