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Drachenkind

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Da bin ich nun endlich wieder!!!
Jaaaaha... es hat lange gedauert, sehr lange und es tut mir auch wirklich schrecklich leid... sehr leid! ;_; Verzeiht mir...
Die gute Nachricht ist, dass meine Prüfungen vorbei sind und ich endlich – ENDLICH – fertig bin! Hab mein 2.Staatsexamen in der Tasche! *_*
Und ich war nicht untätig. Auch wenn es kein neues Chap gab, habe ich fleißig weiter geschrieben. Im Moment bin ich bei Kapitel 28 und habe dieses aber nach 24 Seiten und 17.000 Wörter „abgebrochen“. (Ich habe beschlossen, dass es fertig ist, um es mal so zusagen.)
Wie dem auch sei... Ich hoffe, das neue Chap gefällt auch wenn ich hierfür nicht unbedingt sagen will, was lange währt wird endlich gut. Aber es ist annehmbar...

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Die Treibjagd

Susan sah ihren Mann stumm an und auch Draco war zu keiner Erwiderung fähig. Warum sollte Barrington wollen, dass er mitkommt? Warum? Es sei denn er wusste wer er wirklich war. Anders konnte er es sich gar nicht erklären.

„Warum?“, fragte Susan noch vor ihm. Offenbar konnte sie es genauso wenig glauben. Doch ihre Gründe waren wohl andere als seine.

„Ich weiß es nicht.“, sagte Alexander und klang nun müde. „Er wollte, dass ich dich heute schon mitnehme. Ich habe ihm irgendwas erzählt, dass die Ställe dringend ausgemistet werden müssten. Also hat er die Treibjagd verschoben. Sie wird erst in zwei Wochen stattfinden. Er will unbedingt, dass du mich begleitest. Er will dich dabei haben.“

„Aber warum? Draco ist nur ein einfacher Arbeiter.“, sagte Susan.

„Ja, das habe ich ihm auch gesagt. Aber er besteht darauf, dass jeder der ihn begleitet seinen Pagen mitbringt und da ich keinen habe, soll es Draco sein. Was genau der Zweck davon ist habe ich nicht verstanden. Als ich sagte, dass ich dich nicht allein lassen möchte, erwiderte er nur, er würde sich darum kümmern.“

Draco war nur zu bewusst, was Barrington damit bezweckte. Sie hatten ihn unterschätzt und ein Blick in Alexanders Gesicht verriet ihm, dass er das gleiche dachte.

„Du kannst es dir überlegen und nein sagen.“, bot Alexander an. „Dagegen könnte er nicht viel machen, außer natürlich darauf beharren, dass ich dich ja bezahle, wie er glaubt.“ Mit diesen Worten setzte sich Alexander endlich und strich sich mit seiner großen Hand über den Nacken.

„Geht das denn so einfach?“, fragte Susan und Sorge schwang in ihrer Stimme mit. Offenbar hatte sie John Barrington ebenso durchschaut.

„Draco ist ein freier Mensch, wenn er sich entscheiden würde unseren Hof morgen zu verlassen, könnten wir auch nichts dagegen tun.“

Draco sah Alexander aufmerksam an. Er hatte ihm gerade klar und deutlich einen Vorschlag gemacht. Wenn er ging, würde er Barrington entgehen und könnte eine weitere Begegnung noch ein paar Wochen hinauszögern. Er hätte mehr Zeit zum üben. Er hätte mehr Zeit um davon zu laufen.

Und das würde er auf keinen Fall.

Außerdem würde sein Fehlen diesen Mann nur noch misstrauischer machen.

„Nein, ich komme mit.“, sagte er entschieden.

Alexander sah ihn einen Moment zweifelnd an, nickte dann aber. „Das habe ich mir schon gedacht. Dann werde ich ihm Bescheid geben.“

„Es wird schon alles gut gehen.“, antwortete Susan. „Was soll denn auch geschehen? Barrington wird es dir ja nicht anlasten, dass er Hera nicht haben konnte.“

„Ja, vielleicht. Hoffentlich.“, antwortete Alexander bloß und strich sich müde über das Gesicht.
 

Die nächsten beiden Wochen verschonte Barrington sie mit seiner Anwesenheit, aber ein Bote brachte Nachricht wann und wo die Jagd beginnen sollte. Außerdem würden an dem Tag zwei Kammerfrauen kommen und sich um Susan kümmern.

In diesen zwei Wochen hatte Alexander so schlechte Laune, wie es Draco noch nicht bei ihm gesehen hatte. Er konnte ihn irgendwie verstehen, aber er wollte seine Entscheidung auch nicht ändern.

In dieser Zeit hatte Alexander ihm eingeschärft, dass sie sich am Ende des Jagdzuges halten werden, dass Draco auf keinen Fall sprechen sollte und auch sonst immer in seiner Nähe zu bleiben hatte. Kurzum er sollte so tun als wäre er geistig wirklich so beschränkt, wie Alexander es Barrington weismachen wollte. Und das löste in Draco ein Gefühl aus, das er nicht richtig zuordnen oder benennen konnte. Er wusste nur, dass es ihm ganz und gar nicht gefiel, dass Barrington ihn für schwachsinnig halten sollte, wie es Alexander formuliert hatte. Es würde Barrington nur dazu bringen, seine Überlegenheit auszuspielen. Allein dieser Gedanken ließ Draco gleichzeitig heiß und kalt werden, denn es war eine unumstrittene Tatsache, dass Barrington ihm momentan sehr wohl überlegen war.

Dennoch nahm sich Draco vor, Alexanders Willen zu folgen. Hauptsächlich, um ihn nicht noch weiter in Bedrängnis zu bringen. Ihm war klar, welch Risiko Annies Bruder einging, indem er sich um ihn kümmerte und ihn sogar mitnahm.

Irgendwann würde seine Zeit gewiss kommen, sagte er sich selbst.
 

Der Tag, an dem die Jagd stattfinden sollte, war wolkenlos und sonnenklar. Der Himmel strahlte in einem satten Blau, an dem sich Draco den ganzen Morgen nicht hatte satt sehen können. Als Drache hatte es für ihn nur die Nacht gegeben und das Mondlicht und beides liebte er noch immer sehr. Aber dieses Farbspiel faszinierte ihn und ängstigte ihn zugleicht. Es war schön, das konnte er nicht leugnen und doch noch lange nicht so schön, wie die sternenbehangene, glitzernde Nacht. Dieser helle, blaue Himmel zeigte ihm nur umso mehr, dass er den Himmel nie wieder würde erreichen können. Ganz gleich ob bei Tageslicht oder in der Nacht. Er war unerreichbar für ihn geworden.

Darüber dachte er nach als er sowohl Hera als auch Wüstensand sattelte.

Er war rechtzeitig fertig und so warteten Alexander und er am Nachmittag auf der Koppel auf die Ankunft der Männer, die sie abholen und anschließend zum Jagdtrupp bringen sollten. Die beiden Männer wurden von einer Kutsche begleitet und Alexander weigerte sich seine Frau eher zu verlassen, ehe er sich nicht von den beiden jungen Frauen überzeugt hatte, die Barrington zu ihm geschickt hatte. Schließlich würde er ihnen seine Frau anvertrauen und er gedacht nicht, sie in unerfahrene oder stümperhafte Hände zu geben, wie er sagte.

Alexander ging auf die Kutsche zu, die vor dem Haus gehalten hatte und Draco sah zwei Frauen aussteigen. Nur aus der Entfernung sah er sie kurz an, schenkte ihnen aber keinerlei weitere Beachtung. Als er dieses eine Mal in der Stadt gewesen war, hatte er genug Frau gesehen. Sie alle sahen für ihn irgendwie gleich aus, die Haare vielleicht anders, die Gesichtszüge ebenso, doch keine von ihnen hatte etwas ähnlich Anziehendes an sich, wie es Annie gehabt hatte.

Draco beobachtete, wie Alexander kurz mit ihnen sprach und sie dann ins Haus führte. Offenbar war er zufrieden. Als er den Kopf wandte, nahm Draco war, dass auch er die ganze Zeit von den beiden Männer beobachtet worden war. Unerschrocken begegnete er ihren abschätzenden Blicken, der jedoch gleich darauf auf Hera fiel. Ein abfälliges Lächeln huschte über ihr Gesicht und Draco ahnte, was in ihren Köpfen vorging. Die Menschen waren so einfältig.

Nachdem Alexander wieder bei ihnen war ritten sie schließlich los und wie abgesprochen blieb Draco in Alexanders Nähe, jedoch neben ihm und nicht hinter ihm, wie es vielleicht üblich gewesen wäre. Auf dem Gesicht des anderen erkannte Draco Anspannung und Sorge. Kurz fragte er sich um was sich Alexander wohl merkt sorgte: Um seine Frau oder darum, dass an diesem Tag alles Gut ging. Draco atmete durch und dachte noch einmal daran, dass er sich von Barrington nicht provozieren lassen durfte. Allerdings würde das schwer werden, auch das wusste er. Er brauchte diesen Mann nur zu sehen und seine Wut würde von neuem entflammen.
 

An einer Lichtung, die Draco unbekannt war, stießen sie mit den anderen Männern zusammen. Mit Barrington und Semerloy waren weitere 15 Leute da, zählte Draco schnell. Er machte sich nicht die Mühe zuzuhören, als Barrington Alexander die Herren vorstellte. Vielmehr ließ er seinen Blick über die Umgebung schweifen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich Alexander vor jedem kurz höflich verbeugte.

Draco selbst wurde keinerlei Beachtung geschenkt. Selbst dann nicht, als sie Hera bewunderten. Auch John Barrington schwärmte in höchsten Tönen von ihr, aber Draco fiel auf, dass er verschwieg, was wirklich bei dem Proberitt geschehen war. Vielmehr ließ er es so klingen, als hätte er sie ohne Mühe geritten. Draco grinste innerlich und warf Alexander einen Blick zu, der es aber vermied ihn anzusehen. Als die anderen fragten, wo er dieses prächtige Pferd her hat, antwortete Alexander, dass er sie von seinem Vater als kränkliches Fohlen bekommen hatte, da dieser nichts mit einem so schwachen Tier anfangen wollte. Es konnte ja keiner ahnen, dass sie sich so entwickeln würde.

An diesem Punkt der Unterhaltung hörte Draco wieder sehr genau zu und strich unbewusst Heras Hals entlang. Sie waren sich wirklich auf gewisse Weise erschreckend ähnlich.

Dann ließ er den Blick doch noch über die anderen Männer gleiten und ihm fiel auf, dass die Männer nicht nur Sperre oder Pfeil und Bogen dabei hatten, sondern auch ihre Schwerter. Sie saßen fest an ihren Hüften, immer griffbereit. Er biss die Zähne zusammen. Alexander hatte ihm ausdrücklich verboten, sein eigenes Schwert mitzunehmen. Barrington war ohnehin schon misstrauisch genug, dass er Hera reiten konnte, wenn er dann noch ein so kostbares Schwert mitbrächte, würde ihnen niemand mehr glauben, dass er nur ein einfacher, zum Teil schwachsinniger, Arbeiter war.

Er hob den Kopf, als die Stimmen der Männer verstummte und Barrington ihn aufmerksam musterte. Ebenso wie Jonathan Semerloy. Die anderen Männer sahen sich ein wenig ratlos an und fragten sich wohl, warum John Barrington plötzlich so schweigsam war.

Draco erwiderte seinen Blick kühl, auch wenn es ihm schwer fiel Gleichgültigkeit zu zeigen. Hera begann leicht zu tänzeln und warf den Kopf in den Nacken. Das schien für Barrington das Zeichen zu sein.

„Es scheint, als würde ihr Prachtexemplar unruhig werden, Alexander. Wir sollten also aufbrechen. Doch vorher will ich ihnen natürlich noch erklären, wie wir vorgehen werden.“, rief Barrington und ein Raunen ging durch die Menge, das wohl Zustimmung bedeuten sollte.

Auch hierbei hörte Draco nicht hin. Die Worte rauschten an ihm vorbei und er konnte nicht anders, als genervt auszuatmen und die Augen zu verdrehen. Dabei fiel sein Blick erneut auf Alexander, der ihn streng ansah. Sofort dreht er den Kopf wieder zu Barrington und tat so, als würde er ihm interessiert zuhören. Der ganze Aufwand, so viele Menschen und das nur wegen einem einzigen Eber. Lachhaft!
 

Barrington ritt voran, die anderen folgten ihm hintereinander. Nicht alle hatten einen Begleiter. Sie ritten immer zu weit oder dritt. Draco und Alexander bildeten die Nachhut und als Alexander Draco einen kurzen Seitenblick zuwarf, nickte dieser. Er würde versuchen sich zurückzuhalten und seine Rolle zu spielen. Es war nur ein Tag, sagte er sich immer wieder. Nur ein Tag und beim nächsten Mal würde er e sein, der die Regeln ihres Zusammentreffens festlegte.

Sie ritten eine ganze Weile und Draco zweifelte langsam daran, ob sie wirklich den Eber finden und jagen könnten. Welches Tier mit Verstand bemerkte nicht so viele Menschen, die sich so geräuschvoll auf ihren Pferden durch den Wald bewegten? Sie unterhielten sich ständig in recht lautem Ton.

Waren die Menschen wirklich so dumm? Bei Barrington konnte er sich das nicht so richtig vorstellen, auch wenn er es gern glauben wollte. Aber er hatte schließlich auch ihn gefunden. Doch gerade als er dies gedacht hatte, löste sich John Barrington aus der Spitze des Trupps und ließ sich zu ihnen nach hinten zurückfallen.

„Ist etwas nicht in Ordnung? Ihr seid so schweigsam.“, fragte er an Alexander gewandt.

„Ich bin in Gedanken bei meiner Frau.“, antwortete Alexander höflich. Draco starrte Barrington ohne zu blinzeln an und versuchte dessen Reaktion einzuschätzen. Aber sein Gesicht zeigte keine Regung, nicht einmal Verständnis oder Mitgefühl.

„Natürlich.“, sagte er dennoch und Draco wusste, dass er es nicht so meinte. Es stand in sein Gesicht geschrieben. Draco sah auf und bemerkte, dass auch Semerloy nach hinten fiel. Er beobachtete den Mann. Er war gradlinig und wesentlich attraktiver als Barrington. Sein Aussehen war gepflegt, die blonden Haare in einem Zopf zusammengebunden und grüne, wache Augen. Aber Draco wusste, dass es nur eine Fassade war. Auch Jonathan Semerloy war genauso unberechenbar und tödlich wie John Barrington.

„Es ist wirklich ein sehr schönes Tier.“, lobte Barrington Hera nach einmal. „Habt ihr schon einen passenden Hengst gefunden?“

„Nein, tut mir Leid, noch nicht. Keiner meiner Bekannten hat ein Tier, was auch nur annähernd an sie heranreichen würde. Konnten sie vielleicht schon eines ausfindig machen?“, fragte Alexander höflich zurück.

„Nein, leider auch nicht. Ein Rappe wäre wohl das Beste, aber ich habe noch keinen gesehen, der ihr von der Statur gerecht werden könnte. Aber ich werde mich weiterhin darum kümmern, schließlich möchte ich auch so ein Exemplar in meinem Stall stehen haben.“

„Ich wäre ihnen sehr verbunden.“, erwiderte Alexander und Draco fragte sich einmal mehr, wie er es schaffte, sich so zu verhalten. Lieber würde er sich die Zunge abbeißen, als so etwas zu sagen. Hera bewegte sich unruhig, als hörte sie ganz genau, dass über sie gesprochen wurde und vor allem auch was. Beruhigend streichelte Draco sie noch einmal und sie wieherte kurz als Antwort. Als Draco wieder aufsah, blickte er genau in Barringtons interessiertes Gesicht, der ihn beobachtete hatte.

„Es ist ein wenig seltsam.“, begann er plötzlich und Alexander sah ihn irritiert an.

„Entschuldigen sie, ich kann ihnen nicht ganz folgen.“, sagte er. Barrington hatte den Blick noch immer nicht von Draco genommen und auch Semerloys schien unablässig auf ihn geheftet zu sein.

„Oh, ich meinte das Haar von ihm.“, sagte John Barrington fast beiläufig und zeigte auf Draco. Alexander sah zu Draco und dieser erwiderte seinen Blick kurz, dann richtete er ihn wieder auf Barrington. Er konnte es nicht ertragen, diesen Mann aus den Augen zu lassen, während er sich in seiner Nähe befand.

„Was ist damit?“, fragte Alexander weiter.

„Es schimmert im Sonnenlicht leicht golden, nicht wahr Jonathan?“ Semerloy nickte zustimmend. „Es ist mir bei unserem ersten Treffen bereits aufgefallen und ich wollte mich heute gern überzeugen.“, sprach Barrington weiter.

„Aber das ist doch sicher nichts ungewöhnliches. Immerhin ist er blond und auch das Haar meiner Frau glänzt leicht golden, wenn sie im Sonnenleicht steht.“,

Barrington warf Alexander einen kurzen, abschätzigen Blick zu, als wäre es der größte Unsinn, den er je gehört hatte. „Natürlich.“, sagte er trocken.

„Seit wann ist er bei ihnen?“, fragte nun Jonathan Semerloy.

„Seit dem letzten Herbst.“

„Wo war er davor?“, wollte nun Barrington weiter wissen.

„Das weiß ich nicht. Wie ich ihnen sagte, spricht er nicht.“

Wieder nickte Barrington nur und ritt dann, ohne ein weiteres Wort, wieder voran. Semerloy folgte ihm, ebenso schweigend.

„Wir hätten uns irgendwas einfallen lassen müssen.“, wisperte Alexander unter seinem Bart, doch Draco verstand ihn perfekt. „Er fragt zu viel.“

Draco vermied eine Antwort. Er hatte den gleichen Gedanken.
 

Die Jagd zog sich weiter hin ohne dass sie einen nennenswerten Erfolg vorweisen konnten. Besagten Eber hatten sie noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Die Männer schossen zwar Hasen und Fasane und hielten sich damit bei Laune, aber Alexander wurde merklich unruhiger, wie Draco spürte.

Der Nachmittag zog vorüber, ebenso der frühe Abend. Als die Sonne bereits im Westen stand und begann tiefer zu sinken, machten sie ihre erste Pause. Es wurde Wein, Brot, fetter Schinken und Käse gereicht, doch Draco aß nichts. Er verspürte keinen Hunger. Auch deswegen, weil Barrington ihn nicht aus den Augen ließ. Kurz vor Sonnenuntergang gab Barrington endlich den Befehl, dass sie sich wohl trennen sollten und Draco atmete erleichtert auf. Ebenso Alexander neben ihm. Es war doch absehbar gewesen mit so vielen Menschen keinen Erfolg zu haben, überlegte Draco. Warum also hatte sich Barrington nicht schon früher dazu entschlossen? Sie hätten schon längst wieder zurück sein können, fluchte er still. Als er kurz zu Alexander sah, wusste er, dass er ähnlich Gedanken hatte.

Bevor sie sich trennten, sah Draco noch einmal kurz in den Himmel. Der Mond war bereits schwach zu sehen und würde in dieser Nacht wieder fast voll sein. So wie er ihn am liebsten sah. Dann folgte er Alexander und den anderen beiden Männern, die in ihrer Gruppe waren.

Es begleitete sie ein Mann namens Yarrow mit seinem sehr schmächtig aussehenden Pagen, der noch ein paar Jahre brauchte, ehe er ein Mann werden würde, dachte Draco. Der Junge hatte halblanges braunes Haar bis zum Kinn, ein paar Sommersprossen und braun, grüne Augen. Der Mann Yarrow, war das Gegenteil von ihm. Offenbar suchte Barrington nur Begleitung, die es in Körperumfang mit ihm aufnehmen konnte, dachte Draco bissig. Obwohl Alexander in dieses Schema ganz gewiss nicht fiel und auch dieser Jonathan Semerloy nicht. Aber was machte er sich darum eigentlich Gedanken?, fragte er sich verärgert. Yarrow hatte helles graues Haar, das mit einer Schleife im Nacken zusammengehalten wurde und seinen breiten Kopf nur noch mehr betonte. Seine Ohren standen seltsam ab und seine Augen waren braun. Der Page ritt neben Draco und dieser bemerkte, wie er immer wieder von dem Jungen mit verstohlenen Blicken gemustert wurde. War sein Aussehen wirklich so viel anders, als das von anderen Menschen? Er war doch rein optisch ein vollkommener Mensch. Was also ließ andere so misstrauisch werden?

„Ich bin sehr gespannt, wann wir das Tier endlich finden. Nach Sir Barringtons Beschreibung muss es ja ein sehr großes und außergewöhnliches Vieh sein. Ein Wunder, dass wir es bisher noch nicht gesehen haben.“

„Ich denke, wir waren bisher einfach zu viele gewesen.“, antwortete Alexander und Draco hörte den Unterton in seiner Stimme. Er hielt sich zurück seine Wut nicht an dem armen Mann auszulassen.

„Ja, das kann wohl sein. Aber jetzt werden wir ihn sicher bald finden. Ich möchte gern derjenige sein, der ihm den Todesstoß versetzt, aber das wollen wir doch gewiss alle, nicht wahr? Ich werde mich also anstrengen müssen.“

„Dann wünsche ich ihnen viel Glück dabei.“, sagte Alexander. „Allerdings sollten wir jetzt wohl lieber schweigen, sonst werden wir die letzten sein, die ihn hören.“

Damit schwieg Yarrow erst einmal und Draco stieß dankbar die Luft aus. Wie konnten die Menschen überhaupt jemals erfolgreich bei solch einer Jagd sein, wenn sie ständig nur redeten? Man hörte sie sicher schon meilenweit. Warum nur hatte er sie damals nicht gehört?, fragte er sich ärgerlich.

Inzwischen hatte der Himmel sich in ein dunkles Blau verfärbt und in wenigen Augenblicken würde das Sonnenlicht ganz verschwunden sein. Der Mond strahlte bereits heller und die ersten Sterne wurden sichtbar. Es war genau in diesem Moment, in dem sie ein Rascheln vernahmen, welches links von ihnen kam. Zuerst glaubte sie, es seien die anderen Reiter, die wieder zu ihnen gefunden hatte, so dass sie ihre Pferde anhalten ließen und wartete, wer wohl aus dem Gestrüpp erscheinen würde. Doch schon mit dem nächsten Geräusch, wurde ihnen klar, dass es keiner von ihnen war, der da auf sie zu kam. Das Rascheln wurde von einem Grunzen begleitet, das tief und grollend war. Vor Schreck machte Yarrows Pferd einen Satz nach hinten und warf seinen Reiter fast ab. Im nächsten Augenblick schoss etwas Großes, Schlammbraunes aus dem Gebüsch rechts neben ihnen hervor, das von einem Quieken begleitet wurde. Kurz darauf hörten sie das Geschrei von ungefähr sechs Männern.

Sie hatten ihn endlich gefunden.

„Offenbar ist das ihr Eber. Wollten sie nicht der Erste sein?“, fragte Alexander Yarrow, der mit verschrecktem Gesicht dem Tier hinterher sah.

Gleich darauf stürmten die anderen Männer aus dem Gebüsch, dem Tier hinterher und Alexander riss Wüstensand herum, um dem Tier ebenfalls zu folgen. „Zeit es zu beenden.“, murmelte er dabei und Draco war sicher, dass die anderen es nicht verstanden hatten. Er dachte ganz ähnlich.

Auch er riss Hera herum und folgte Alexander. Inzwischen waren also 10 Leute dem Tier auf der Spur und dieses raste in wilder Panik durch den Wald. Es erstaunte Draco nicht, dass es trotz seiner Körpergröße und Fülle so schnell war. Er hatte schon viele solcher Tiere gesehen, die zuerst wie leichte Beute aussahen. Doch die Angst verlieh ihnen zusätzlich Stärke. Aber das würde das Tier auch nicht retten können. Und dies wusste er aus eigener, bitterer Erfahrung.

Bald hörte er weitere Hufschläge hinter sich. Die anderen mussten den Aufruhr gehört haben und ihnen gefolgt sein.

„Hier ist er!“, rief einer der Männer und Draco sah aus dem Augenwinkeln Barringtons Trupp, der als letztes zu ihnen stieß.

„Einkreisen!“, befahl Barrington mit schriller Stimme und sein Gesicht war puterrot. Draco stieß einen abfälligen Laut aus. Wie stellte der Mann sich das vor? 17 Männer jagten ein Tier und alle ihm hinterher. Das würde niemals gelingen. Nicht so. Der Eber brauchte bloß im nächsten Unterholz zu verschwinden und es war für umsonst. Sie würden die ganze Nacht damit zubringen, weiter nach ihm zu suchen. Einer der Männer warf seinen Speer, doch er verfehlte den Eber knapp. Vor Schreck, schien das Tier noch schneller zu werden, wenn dies überhaupt möglich war.

Draco ließ Hera langsamer werden und sich zurückfallen. Es musste ihm irgendwie gelingen diese Jagd jetzt zu beenden. Das was diese Männer taten war vollkommen sinnlos und ohne Verstand. Er konnte darauf verzichten die ganze Nacht damit zuzubringen erneut nach dem Tier zu suchen. Und er konnte nicht verstehen, wie Alexander den anderen so bereitwillig folgte. Sah er die Sinnlosigkeit in dem Unterfangen nicht selbst? Offenbar war es Alexander egal. Draco wusste, dass er in Gedanken nur bei Susan war.

Draco hob den Blick und sah sich um. Er erkannte bestimmte Merkmal an Bäumen, Formen von Ästen und Blättern, auch wenn sie damals noch jung und zart gewesen waren, wieder. Es sagte ihm, dass er hier schon einmal bei einem seiner unzähligen Ausritte mit Hera gewesen war. Diesen Teil des Waldes kannte er also. Vielleicht würde ihm das helfen, die Sache voranzutreiben. Er ließ Hera ein wenig nach rechts schnellen und ritt dann wieder nach vorn. Wenn es ihm gelingen könnte, den Eber zu umrunden und dann von vorn zu stellen, könnte er den anderen eine Gelegenheit geben ihn zu erledigen. Doch dafür musste Hera schneller sein, als der Eber und er würde wissen müssen wohin das Tier rannte. Floh es einfach nur blind oder wusste es wohin es wollte?

Draco rief sich diesen Teil des Waldes ins Gedächtnis und versuchte sich in den Eber hineinzuversetzen. Schon oft hatte er diese Tierart gejagt und auch erlegt, er kannte also ihre Reaktionen und Instinkte. Wohin würde ein Eber fliehen, um dem sicheren Tod durch seine Verfolger zu entgehen? Welchen Weg würde er wählen? Er musste sie irgendwie abhängen können, sich einen Vorteil verschaffen. Dann fiel ihm etwas Entscheidendes ein.

Es gab hier einen weiteren Teich, doppelt so groß, wie der, der sich in der Nähe von Annies Hütte befand. Er wusste nicht, wie tief der Teich war, aber der Eber würde sicher hindurch schwimmen können. Würde er das tun und seine Verfolger erst herumreiten müssen, hätte das Tier einen klaren Vorsprung. Wildschweine waren gute Schwimmer, das wusste er, auch wenn man es ihnen nicht ansah. Hinter dem Teich war der Wald noch ein wenig dichter bewachsen, es gab genügend Höhlen und dichtes Unterholz, welche der Eber gut als Versteck nutzen könnte. Wenn er es soweit geschafft hatte, wäre es zu spät.

Er würde es einfach versuchen müssen.

Bald schön hörte er links neben sich die anderen Männer, die sich noch immer wilde Befehle zuriefen und sich gegenseitig antrieben. Sie waren noch vor ihm, als spornte er Hera an schneller zu werden. Es dauerte nicht lange, da konnte einen kurzen Blick durch die Bäume auf sie erhaschen. Das Geschrei der Männer klang in Dracos Ohren eher so, als wären sie die gejagten. Doch als er die Männer überholte, wurden ihre Stimmen etwas leiser und er konnte die Geräusche des Ebers, wie er Grunze und sich seinen Weg bahnte, heraushören.

„Schneller.“, flüsterte er leise und versuchte Hera damit noch ein wenig mehr anzutreiben. Als hätte sie ihn verstanden, wurde sie wirklich noch ein wenig schneller. Draco sah ein wenig nach links und konnte etwas Braunes zwischen dem Grün vorwärts rasen sehen. Sie waren auf gleicher Höhe, wie das Tier. Dann überholten sie es, wie ihm ein Seitenblick nach hinten verriet. Er ließ Hera in gleicher Geschwindigkeit weiter galoppieren, bis er sicher war, dass der Abstand groß genug war. Dann lenkte er Hera in einem größeren Bogen nach links. Zu seiner rechten sah Draco den Teich. Sie schienen es gerade noch rechtzeitig geschafft zu haben. Als sie dem Tier direkt gegenüber waren, brachte er Hera zum stehen. Es geschah so abrupt, dass sich Hera einen Moment aufbäumte und laut wieherte. Draco wollte den Eber erschrecken, um den anderen so genügend Zeit zu verschaffen, es einzuholen und zu erlegen.

Das Grunzen wurde lauter und jeden Augenblick würde das Tier durch die letzten Büsche brechen. Auch das Donnern der vielen Pferdehufe konnte er ebenso hören. Es war laut und dröhnend. Seine Instinkte als Jäger waren also noch nicht ganz verschwunden.

Der Eber brach durch die Büsche. Draco hatte eine Hand auf Heras Hals gelegt, um sie zu beruhigen und tatsächlich blieb sie recht ruhig stehen. Dabei war es ein wirklich beeindruckendes Tier, dachte Draco. Der Eber hätte Hera fast bis an die Flacken gereicht, wenn sie nebeneinander gestanden hätten. Die Stoßzähne waren so groß wie Dracos eigener, halber Unterarm und ragten spitz und gefährlich aus seinem speicheltriefenden Maul heraus. Die Augen waren kleine schwarze Punkte in seinem Kopf und funkelten gefährlich.

Das Tier rannte direkt auf ihn zu, ohne langsamer zu werden, aber Hera schien das keineswegs nervös zu machen. Sie blieb ruhig stehen und schien darauf zu vertrauen, dass er das richtige tat.

Die Männer folgten dem Tier dicht hinten auf und einige hatten ihre verbliebenen Speere hoch erhoben. Andere hatten Pfeil und Bogen gespannt. Draco sah zu dem Eber, der ihm nun so nah war, dass er ihm in die Augen sehen konnte. Und in jenem Moment, als sich ihre Blicke trafen, stieß der Eber einen so hohen Schrei aus, als hätte ein Speer in bereits durchbohrt. Das Tier versuchte jäh sein Tempo zu verlangsamen. Es war jedoch so schnell, dass seine Beine unter der Last des Körpers wegknickten und es mit einem lauten Schlag zu Boden ging. Hera wich erschrocken zurück, beruhigte sich aber offenbar gleich wieder. Dennoch konnte sie nicht still stehen und Draco verlangte das auch nicht von ihr.

Kaum war der Eber gefallen, warfen die Männer ihre Speere und schossen ihre Pfeile ab und das Surren, welches davon begleitet wurde, ließ Draco augenblicklich erstarren. Er sah wie die Pfeile auf den Eber niedergingen, wie sie sich durch die Haut in sein Fleisch bohrten und doch war es, als würde er es selbst sein dessen Haut davon zerrissen wird.

Noch einmal spürte er, wie sich viel größere Pfeile ein Loch in seine Schwingen rissen, seine Schuppen durchbrachen und ihn verletzten. Er wusste, wie sich das Tier fühlte, welche Schmerzen es erlitt. Hastig schüttelte Draco den Kopf und die Bilder damit ab. Es war nicht er, der blutend auf der Erde lag. Nicht jetzt. Doch im gleichen Moment stieß der Eber einen so lauten und hohen Schrei aus, dass es Draco das Blut in den Adern gefror. Noch einmal sah er zu dem Tier und erkannte, dass es immer noch lebte. Es wand sich in seinem Tod, kämpfte vergebens dagegen an. So wie er...

Die Männer stiegen von ihren Pferden und näherten sich dem Eber zu Fuß, mit erhobenen Schwertern und Speeren. In ihren Augen lag ein Glanz, der Draco schwindlig werden ließ. Erst jetzt realisierte er, worum es bei dieser Jagd wirklich ging. Es ging um die reine Freude darum das Tier zu quälen, schoss es ihm durch den Kopf. Er selbst hatte unzählig Wesen getötet, er war nicht frei von Tod und Blut. Doch er hatte es immer nur aus Notwendigkeit getan, weil er es zum Leben und Überleben gebraucht hatte, niemals weil er sich an dem Tod labte. Diese Männer hingegen waren das ganze Gegenteil. Sie genossen die Qualen und Schmerzen des Tieres und ergötzten sich regelrecht daran.

So wie sie es auch bei ihm getan hatten.

Wie viele von diesen Männern waren auch dabei gewesen, als er der Gejagte war? Er sah sich ihre Gesichter genauer an und versuchte sie wiederzuerkennen. Noch immer schrien sie und versenkten ihre Schwerter und Speere im Leib des Tieres, das kaum noch atmete. Keiner von ihnen kam ihm bekannte vor und er wusste, dass er sie sofort erkennen würde. Unter den Helmen hatte er nur Barrington und Semerloy erkannt.

Nur unbewusst nahm Draco war, wie Hera vor der Szenerie zurück wich und langsam zur Seite ging, vorbei an dem sterbenden Tier. Plötzlich spürte Draco eine Hand auf seiner Schulter und fuhr erschrocken herum. Es war Alexander gewesen und Draco sah ihn fragend an. Doch dieser erwiderte seinen Blick nicht, sondern drückte seine Schulter ein zweites Mal, bevor er ihn dann losließ. Bisher war Draco noch nicht einmal aufgefallen, das Alexander nicht unter den Schlächtern war. Er saß neben ihm auf Wüstensand und betrachtete, wie er zuvor, das grausame Schauspiel. Auf seinem Gesicht zeigte sich die gleiche Abscheu, wie sie auch Draco empfand.

Der Eber stieß einen letzten hohen Schrei aus, dann sackte sein Körper in sich zusammen und er lag reglos am Boden. Er hatte um sein Leben gekämpft und es war ihm gelungen einen der Männer zu verletzen, der nun auf dem Boden saß und sich das blutende Bein hielt. Ein wenig empfand Draco Genugtuung und vielleicht auch etwas Schuld. Genugtuung, weil auch dieses Tier nicht kampflos erlegen war, Schuld weil ihm vielleicht die Flucht geglückt wäre, wenn er es nicht verhindert hätte. Ein Jubeln und Grölen ging durch die Menge und die Männer klopften sich gegenseitig auf die Schultern, um sich gegenseitig zu beglückwünschen. Draco wurde von diesem Anblick noch übler. Er drehte den Kopf weg und schloss die Augen. Auch, wenn es bereits dunkel war, sah er alles deutlich und klar. Der Mond schien in dieser Nacht sehr hell. Die Luft war erfüllt von Blutgeruch und drehte ihm den Magen um. Er wusste nicht warum, doch er hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Aber er schluckte die bittere Galle herunter und bereute es noch mehr, dass er so gehandelt hatte.

„Alexander!“, rief Barrington auf einmal und Draco fuhr herum. „Warum steht ihr da so unbeteiligt! Ihr habt uns die ganze Arbeit überlassen!“ Draco wusste nicht, ob es scherzhaft sein sollte oder bedrohlich. Er verstand überhaupt nichts mehr. Er wollte nur noch weg von diesem Ort.

„Ich wollte mich nicht einmischen. Euch sollte die Ehre gebühren, das Tier zu erlegen. Ihr habt es schließlich entdeckt.“

Barrington sah ihn einen Moment schweigend an, lachte aber schließlich laut. „Das Lobe ich mir doch einmal!“, rief er aus. „Allerdings habe ich eher den Eindruck, dass ihr kein Blut sehen könnt. Ihr seid ganz bleich!“ Die anderen Männer stimmten in das Lachen ein.

Draco hörte wie Alexander ein Geräusch machte, das fast wie ein Knurren klang, doch mit weitaus freundlicher Stimme sagte er: „Ihr habt mich durchschaut, Sir! In der Tat bereitet es meinem Magen keine Freude, gleich so viel davon zu sehen.“

Die Männer lachten abermals schallend und Alexanders Miene verfinsterte sich augenblicklich. Draco fragte sich, wie weit Alexander wohl gehen würde, um es Barrington recht zu machen und vor allem wunderte es ihm einmal mehr, dass er dabei so ruhig bleiben konnte.

„Was ist mit eurem Begleiter?“, fragte Barrington weiter und Draco sah, dass Alexander ebenso überrascht von dieser Frage war, wie er selbst.

„Was meint ihr?“

„Auch er sitzt noch immer auf seinem Pferd, ohne sich zu beteiligen.“

Draco sah sich kurz um. Auch die verbliebenen Pagen saßen noch auf ihren Rössern und sahen ihren Herren zu. Bis auf einen, der das Bein seines Herren verband. Niemand von ihnen hatte sich beteiligt. Warum wurde also gerade er gefragt?

„Er weiß sehr genau, dass es ihm nicht zusteht, sich in Dinge einzumischen, die ihn nichts angehen. Er kennt seinen Platz.“, antwortete Alexander dennoch ohne Umschweife und ohne auf die anderen zu verweisen.

„Wie ihr meint. Ich frage mich aber, woher er wusste, wohin das Tier fliehen würde. Er hat ja offenbar am Teich auf es gewartet.“, sprach Barrington weiter und die anderen stimmten murmelnd zu.

Alexander sah nun zu Draco, offenbar nicht wissend, was er darauf antwortete sollte. Es war eine Frage, die nur Draco beantworten konnte. Dieser wusste das und er wusste ebenso, dass Alexander das auch von ihm erwartete. Er sah zu Barrington und zuckte schließlich mit den Schultern. Er war nur ein einfacher Arbeitet, ohne viel Verstand, hatte Alexander ihm eingeschärft. Diese Geste, war die einzige, die ihm also angemessen war.

„Er hatte mehr Glück, als Verstand.“, sagte einer der Männer. „So etwas geschieht nur den Schwachsinnigen.“

„Ja, in der Tat.“, stimmte ein anderer zu und die anderen murmelten ebenfalls ein ja. Damit wandte sich Barrington ab und Draco hörte, wie Alexander neben ihm, erleichter die Luft ausstieß.
 

Da es bereits dunkel war, machten sich die Männer daran Seile an den Beinen des Ebers zu befestigen und eines am Hals. Barrington hatte beschlossen, dass er das Tier mit auf die Burg nehmen würde. Am nächsten Tag wollten sie es gemeinsam zerlegen und es sollte ein großes Festmahl geben. Da es niemand wagte ihm zu wiedersprechen, banden sie die anderen Enden der Seile an Barrington und Semerloy Satteln fest, damit ihre Pferde das tote Tier hinter sich her ziehen konnten. Die beiden Männer ritten wie zu Beginn voraus, die anderen hinter ihnen und Alexander und Draco bildeten wie zuvor den Schluss.

Bis zum Waldrand ritten die Männer gemeinsam, dann trennten sich ihre Wege. Auch Alexander verabschiedete sich von Barrington.

„Ich sehen schon ihr könnt es nicht erwarten zu eurer Frau zurückzukehren.“, sagte Barrington spitz.

„Ich mache mir ehrlich Gedanken um sie.“, bestätigte Alexander ernst. „Es geht ihr wirklich nicht gut.“

„Glauben sie etwa die Mädchen, die ich ihnen geschickt habe, könnten nicht auf sie aufpassen?“, fragte Barrington scharf und Alexander erwiderte sofort: „Natürlich nicht, aber mir ist es lieber, wenn ich bei ihr bin. Ich möchte mir keiner Vorwürfe machen müssen, wenn doch etwas Unvorhergesehenes eintritt.“

„Ja,ja.“, winkte John Barringon ab. „Gehen sie nur. Ich hoffe doch aber, es war keine Qual mich heute begleiten zu müssen.“

„Auf keinen Fall, Sir. Es war mir ein Vergnügen, Zeuge eures großen Erfolges zu werden.“, schmeichelte Alexander ihm.

„Das will ich hoffen.“, antwortete der dicke Mann kühl und wandte dann sein Pferd, doch plötzlich blieb er stehen und sah noch einmal zu Draco. Dieser hatte das erwartet und begegnete seinem Blick fest.

„Sehr interessant.“, stieß Barrington aus und Alexander sah ihn verwundert an. Draco sah es aus den Augenwinkeln, denn sein Blick hatte sich nicht von Barrington gelöst.

„Was meint ihr?“, fragte Alexander schließlich, da John Barrington Draco noch immer fasziniert betrachtete.

„Findet ihr nicht auch Jonathan, dass es wirklich höchst interessant ist, wie sich die Haare des jungen Mannes im unterschiedlichen Licht verändern.“, wandte sich Barrington an seinen Nachbarn.

Draco erstarrte augenblicklich. Er ahnte, wovon Barrington sprach. Annie hatte es mehrmals erwähnt und war ebenso fasziniert gewesen.

„Ja, wirklich in der Tat. Seine Haare glänzen im Licht des Mondes silbern, wo sie doch im Schein der Sonne golden schienen. Bei jedem anderem Menschen mit diesem hellen Ton würden sie wohl weiß erscheinen. Wirklich sehr beeindruckend.“, stimmte Jonathan Semerloy zu und Draco sah einen erschrockenen Ausdruck auf Alexanders Gesicht treten. Allerdings nur kurz, denn Annies Bruder hatte sich schnell gefangen und schaute nun ebenso scheinbar interessiert.

„Das ist mir noch nie aufgefallen.“, sagte er dann, als sähe er es wirklich zum ersten Mal.

„Ach wirklich?“

„Ja.“, antwortete Alexander fest.

„Wusste sie, Alexander, dass es eine ganze bestimmte Drachenart gibt, deren Schuppen ähnlich wie die Haare ihres Begleiters auf das Sonnen- und Mondlicht reagieren?“

„Tatsächlich?“, fragte Alexander verblüfft. „Nein, das war mir nicht bekannt.“

„Doch, doch.“, bestätigte Barrington. „Bei den Monddrachen ist es so. Nun, eigentlich hat noch niemand einen Monddrachen bei Sonnenlicht gesehen, aber ich haben ihnen ja bereits erzählt, dass ich schon einmal einen fast erwischt hätte.“

„Ja, Sir, daran kann ich mich erinnern.“

„Und sehen sie, an diesem Tag schien die Sonne und der Drache kam aus seiner Höhle und seine Schuppen glänzten wie Gold, wobei sie doch die vorherigen Male, in denen ich ihn im Mondeslicht beobachtet hatte, immer wie Silber erschienen.“

Alexander antwortete nicht, wobei Draco das auch nicht erwartet hatte. Was wollte oder konnte er dazu auch noch sagen? Draco wusste, dass Barrington indirekt seine Vermutung laut ausgesprochen hatte. Nur mit Mühe unterdrückte Draco den Wunsch sich auf den Mann zu stürzen und ihn zu töten. Das Wissen, dass er ihm und den verbliebenen Männern unterlegen war, hielt ihn zurück. Draco konnte die Augen von Barrington nicht abwenden und wusste, dass er ihm damit fast die Antwort gab.

„Ich frage mich, warum das wohl bei diesem Drake hier so ist.“, flüsterte Barrington leise.

„Zufall.“, antwortete Alexander und zuckte mit den Schultern. „Oder wissen sie vielleicht etwas mehr, was sie nicht mit uns teilen wollen?“, fragte er direkt weiter und aus seiner Stimme war alle Freundlichkeit gewichen.

„Ich weiß gar nichts. Ich vermute nur.“, erwiderte Barrington flüsternd.

„Wollen sie diese Vermutungen mit uns teilen?“

„Nein, ich denke dafür reicht es noch nicht. Aber ich irre mich bestimmt auch. Viel Verstand scheint ihre Begleitung wirklich nicht zu besitzen.“ Nun klang sein Ton schon wieder schärfer und herablassender.

„Dann wünsche ich ihnen eine geruhsame Nacht.“, verabschiedete sich Alexander und Draco folgte ihm. Er konnte den Blick Barringtons noch immer in seinem Rücken spüren. Unter seinem Bart wisperte Alexander scharf: „Drehe dich bloß nicht um.“

So wiederstand Draco dem Drang, den er schon fast nachgegeben hätte.
 

Es kam Draco vor als würde der Rückweg schneller gehen. Sie hatten den Hof noch vor Mitternacht erreicht. Während Alexander augenblicklich nach Susan sah, brachte Draco die Pferde in den Stall. Er sattelte und rieb sie ab und gab ihnen anschließend noch Futter und Wasser. Im Anschluss verriegelte er die Boxen von Wüstensand und Hera und als er den Stall verließ, waren auch die Mädchen, die Barrington geschickt hatte, verschwunden.

Er ging in das Haus und fand Alexander noch in der Küche, der sich gerade einen Tee gekocht hatte und ihm auch eine Tasse auf den Tisch stellte.

„Wie geht es ihr?“, erkundigte sich Draco nach Susan. Es war zwar ungewöhnlich für ihn, aber er merkte, dass sich Alexander Anspannung auch in dieser Beziehung auch auf ihn übertragen hatte. Er mochte Susan wohl wirklich, wurde ihm klar.

„Es geht ihr gut, sie schläft jetzt. Sie haben sich wirklich gut um sie gekümmert, das kann man nicht abstreiten. Was hast du gemacht?“, fragte er schließlich und schloss die Finger um die heiße Tasse.

Fragend sah Draco ihn an und nahm seine eigene Tasse in die Hand. Der Tee roch nach unterschiedlichen Kräutern auf einmal, Kamille und Hagebutte konnte er erkennen, die anderen schienen neue zu sein. Vielleicht solle er sich irgendwann einmal damit beschäftigten. Als hätte er keine anderen Sorgen, dachte er bissig.

„Was meinst du?“, fragte Draco. Er war doch den ganzen Tag mit ihm zusammen.

„Der Eber hat dich gesehen und plötzlich schien es so, als wären wir das kleinere Übel, dem er sich ergeben wollte. Ich hatte den Eindruck, er hätte Angst vor dir. Dabei machen die Tiere, wenn sie erst einmal in Rage sind, vor nichts mehr halt. Vielleicht hat er gespürt, dass du anders bist.“

Draco antwortete nicht. Er wusste, dass die Tiere anders auf ihn reagierten und der Gedanke, dass sie vielleicht spürte, was er wirklich war, war ihm auch schon gekommen. Alexander schien ihn zu keiner Antwort zu drängen oder gar zu erwarten.

„Allerdings glaube ich, dass Semerloy es auch gesehen hat. Er war neben mir und hat einen Moment gezögert bevor auch er sich auf das Tier stürzte.“, sprach Alexander weiter. „Ich glaube er hat das gleiche gedacht, wie ich.“ Alexander rieb sich die Augen. „Es war so ein großer Fehler dich mitzunehmen. Sie hatten genügend Zeit dich anzusehen. Das mit deinen Haaren ist mir zum Beispiel noch nie aufgefallen.“

„Annie hatte es einmal erwähnt.“, sagte Draco nachdenklich. „Ich selbst kann es nicht beurteilen.“

„Hatten sie zuvor nur eine Vermutung, dann hat sich diese jetzt bestärkt. Die Sache mit dem Eber war wirklich merkwürdig und dass er so von deinen Haaren geredet hat, kann nichts Gutes heißen.“

„Vielleicht sollte ich ihm gleich gegenübertreten.“, überlegte Draco laut.

„Nein!“, widersprach Alexander sofort heftig und Draco hatte auch nichts anderes erwartet. „Du weißt, dass das unsinnig ist. Du könntest nicht gegen ihn bestehen, selbst wenn er Fair kämpfen würde und ich bezweifle, dass er das tut. Ich weiß, es fällt dir schwer zu warten und dich in Geduld zu üben, aber dir wird nichts anderes übrigbleiben, wenn du dieses Zusammentreffen mit ihm überleben willst.“

Daraufhin antwortete Draco nichts, sondern sah Alexander nur an. Dieser Schnaubte kurz durch die Nase und schüttelte dann den Kopf. Er hatte wohl verstanden. „Oder wenn du ihn wirklich töten willst.“, fügte er deswegen an.

„Wir müssen dafür sorgen, dass er nicht noch einmal Gelegenheit bekommt, dich so gründlich anzuschauen.“

Draco seufzte leise. Er wusste nicht, ob er sich wirklich nach Alexander richten sollte. Doch Alexander hatte mehr Erfahrung. Er kannte Barrington besser. Aber auch er konnte sich irren.
 

Nach jener Jagd ließ sich John Barrington drei Wochen nicht mehr auf dem Hof blicken. Langsam wollte Draco glauben, dass er sich eventuell doch in ihm getäuscht hatte. Vielleicht hatte er ihn überschätzt. Möglichweise war es wirklich nur Zufall gewesen, dass er ihn damals in seiner Höhle gefunden hatte und vielleicht auch wirklich nur ehrliches Interesse, das ihn nach seinen Haaren hatte fragen lassen.

Auf dem Hof ging alles seinen gewohnten Gang, ohne besondere Vorkommnisse. Alexander ritt zwar öfters in die Stadt, kehrte aber jedes Mal ohne ernst Miene zurück. Barrington hatte nicht noch einmal nach Draco gefragt und schien auch nicht mehr darauf erpicht ihn noch einmal persönlich zu treffen.

Dennoch wurde Draco das Gefühl nicht los, dass es zu still geworden war. Barrington hatte zuvor so viel Interesse an ihm gezeigt und nun kam plötzlich nichts mehr. Gerne wollte er glauben, was Alexander sich einzureden versuchte. Was Draco misstrauisch bleiben ließ, war etwas was Alexander einmal nach seinen Besuchen bei Annie erwähnt hatte. Barrington wollte immer wissen, wann Alexander das nächste Mal kommen würde. Er sollte ihm unbedingt Bescheid geben, damit er ihn persönlich empfangen könnte und sie über einen Rappen für Hera reden konnten. Draco konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Barrington so viel Hingabe für irgendetwas aufweisen konnte.
 

Es geschah an jenem Tag, an dem Alexander bereits das dritte Mal in dieser Woche in die Stadt ritt. Er wollt Besorgungen machen, anschließend Annie besuchen und ein weiteres Treffen mit John Barrington hinter sich bringen, wie er es selbst bezeichnete. Draco besserte kaputte Stellen im Koppelzaun aus, während er hin und wieder einen Blick auf Susan hatte. Diese saß im Garten und hatte einen Korb Flickwäsche mitgenommen. Die letzten Tage war ihr Zustand gleich geblieben, aber nicht unbedingt besser geworden. Sie war oft müde und angespannt und schlief in kleinen Pausen, die sie von ihren Haushaltspflichten machte, auch sofort ein.

Mit Hammer und Nagel befestigte Draco gerade eine Holzlatte, während Hera hinter ihm stand und an seinem Rücken näselte. Er stieß sie ungeduldig mit dem Ellenbogen weg, denn er wusste genau was sie wollte. Doch der Ausritt musste warten, bis er seine Arbeit erledigt hatte. Natürlich würde Alexander es auch akzeptieren, wenn er es später beendete, aber es gab noch genug andere Arbeiten für die nächsten Tage. Es war unglaublich, denn kaum hatte er eine Sache erledigt, wartete schon die nächste. Die Arbeit auf solch einen großen Hof schien nie aufzuhören, dachte er mühselig. Als er Hera abermals wegstieß, hob er kurz den Blick und sah eine Bewegung aus der Richtung in die Alexander sonst immer in die Stadt ritt. Er beachtete es nicht weiter, da er glaubte Alexander wäre bereits zurück. Erst im nächsten Moment realisierte er, dass es zwei Pferde gewesen waren, die er gesehen hatte. Hera trat plötzlich zurück und verlor ihre Ruhe. Er sah, wie sie neugierig den Kopf hob, die Nüstern in die Luft gereckt.

Als Draco die Männer erkannte ließ er Hammer und Nägel augenblicklich fallen. Es waren John Barrington und Jonathan Semerloy.

Sie hatten wie immer ihre Schwerter dabei, dass war es auch nicht, was Dracos Herz schneller schlagen ließ, sondern der Bogen und Pfeilköcher auf Semerloys Rücken. Als würden sie abermals zur Jagd gehen. Kurz schweifte Dracos Blick zu Susan in den Garten, doch er konnte sie von seinem Standpunkt aus nicht sehen. Wahrscheinlich war sie bereits wieder eingeschlafen. Ruhig stand er da und überlegte, was Barrington auf dem Hof wollte. Alexander wollte sich doch heute ohnehin mit ihm treffen und das Treffen war arrangiert gewesen. Barrington hatte also gar keinen Grund hier zu sein, dachte er.

Während die beiden Männer langsam auf ihn zukamen, sahen sie sich nicht einmal um. Als wüssten sie genau, dass Alexander nicht da war. Sie waren wegen etwas anderem hier, wurde ihm bewusst. Im gleichen Moment nahm Semerloy seinen Bogen von der Schulter und zog einen Pfeil aus dem Köcher. Vor Überraschung stolperte Draco ein paar Schritte rückwärts. Er hatte gewusst, dass es irgendwann so weit sein würde, trotzdem kam es vollkommen plötzlich für ihn.

Er wusste nun genau, warum sie da waren.

Sie hatten nur darauf gewartet, dass Alexander nicht auf dem Hof sein würd! Semerloy spannte den Bogen, den Pfeil auf sein Herz gerichtet. Ohne nachzudenken drehte sich Draco um und rannte die wenigen Schritte zu Hera. Mit geübtem Griff faste er in ihre Mähne und schwang sich auf den Rücken des großen Tieres. Ohne, dass er ihr einen direkten Befehl geben musste, galoppierte sie los und sprang in einem hohen Bogen über den Zaun. Dann schnellte sie in die andere Richtung davon.

„Jonathan!“, schrie Barrington laut und als Draco kurz nach hinten blickte, sah er das Semerloy den Bogen kurz sinken ließ und ihn in eine neue Position brachte, aus der er besser auf ihn Zielen konnte.

Barrington brüllte: „Jetzt!“ und kurz darauf schlug Hera einen Haken nach links. Der Pfeil verfehlte ihn, doch aus den Augenwinkeln sah Draco, dass Semerloy bereits einen weiteren anspannte. Er wusste, dass Hera schneller war, als die beiden Männer, doch er wusste aus eigener Erfahrung auch, dass Semerloy ein guter Schütze war. Seine Hände verkrampften sich in Hera Mähe, um nicht den Halt zu verlieren. Vor sich sah er den Wald. Wenn er diesen erreichen konnte, konnte er sie abhängen. Trotz dieser Situation konnte Draco nicht anders und dachte an den Eber. Sie waren gleich.

Draco hörte hinter sich ein Surren, das ihn abermals schlecht werden ließ, doch dieses Mal hatte er keine Zeit sich in seinen Erinnerungen zu verlieren. Gerade noch rechtzeitig riss er seinen Oberkörper nach rechts und glaubte den Pfeil noch einmal ausgewichen zu sein, als er einen kurzen, aber doch intensiven Schmerz in der linken Schulter spürte. Der Pfeil hatte ihn getroffen. Mit der rechten Hand griff er nach seiner linken Schulter und als er sie nach vorn zog, sah er Blut an seinen Fingern haften. Es war nur ein Streifschuss gewesen, dachte er schnell und ein wenig erleichtert. Dann Blickte er wieder nach hinten und sah, dass Barrington und Semerloy immer noch dicht hinter ihm waren. Wie war es Semerloy möglich, dass er noch während des Reitens so genaue Pfeile abschießen konnte? Fast hatte er den Waldrand erreicht.

„Semerloy, mach endlich!“, brüllte Barrington noch einmal hinter ihm, doch dieses Mal warf Draco keinen Blick zurück. Gleich würden ihm die Bäume genug Schutz spenden. Doch kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, spürte er ein seltsames Prickeln in seiner Schulter. Genau an der Stelle, an der der Pfeil ihn zuvor gestreift hatte. Abermals berührte Draco die Stelle, konnte aber keine Veränderung feststellen. Es war nur eine kleine Wunde, nichts worüber er sich Sorgen machen müsste und er hatte schon weitaus schlimmere Verletzungen gehabt. Dennoch wurde das Prickeln stärker und es blieb nicht nur an dieser Stelle, sondern breitet sich von seiner Schulter seinen linken Arm hinab aus. Er glaubte es auch in seinem Rücken spüren zu können. Irgendetwas war an diesem Pfeil anders gewesen. So eine kleine Wunde, würde niemals so etwas auslösen können.

Langsam verlor er das Gefühl in der linken Schulter, sie wurde regelrecht taub und das schlimmste war, dass es seinen linken Arm, einen Teil seines Rückens und die rechte Schulter immer mehr betraf.

Ein unruhiges Gefühl machte sich in seiner Brust breit und zog seinen Magen zusammen, als ihm klar wurde, was eigentlich geschah. Das Taubheitsgefühl hatte nun auch seine linke Hand erreicht und sein Griff löste sich von Heras Mähne. Langsam verlor er das Gleichgewicht. Im gleichen Moment hörte er ein neuerliches Surren und dieses Mal konnte er nicht schnell genug reagieren. Der Pfeil traf ihn unterhalb des rechten Schulterblattes, doch diese Stelle war fast taub, so dass er den Schmerz kaum spürte.

Aber er spürte die Auswirkungen des zweiten Pfeils sehr viel schneller. Nicht nur wurde sein Rücken und nun auch rechter Arm taub, sondern sein Blick verschwamm und es fiel ihm schwer seine Umgebung noch zu erkennen. Sie waren inzwischen im Wald. Er vermutete es wegen dem ganzen Grün um ihn herum. Draco merkte, wie sich auch sein Griff der rechten Hand lockerte. Er wollte es nicht, wollte seinen Körper zwingen weiter festzuhalten. Es gelang ihm sogar noch sein Gewicht nach vorn zu verlagern, um nicht von Hera herunterzurutschen. Doch in seinem Kopf begann es sich zu drehen. Plötzlich hörte und roch er nicht mehr richtig. Er konnte sich überhaupt nicht mehr orientieren, war vollkommen hilflos. Sein Herz schlug inzwischen so schnell, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Hastig zog er die Luft ein und stieß sie wieder aus. Er glaubte zu ersticken, doch egal wie schnell er atmete, es kam ihn so vor, als würde es ihm nur noch mehr die Luft abschnüren.

Nur unbewusst nahm er wahr, wie das Prickeln nun auch seine Beine erreichte. Es war das letzte was er wahrnahm, bevor sich seine Hände völlig von Heras Mähen lösten. Ebenso wie all die menschlichen Gefühle, die ihn an diesen Körper banden. Draco fühlte sich leicht und losgelöst. Er hatte auf einmal das Gefühl, als könnte er seit langer Zeit wieder fliegen. Sein Körper fühlte sich so unendlich befreit an.

Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er auf dem Boden aufprallte und eine vertraute Schwärze ihn umfing.


Nachwort zu diesem Kapitel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Ich kann nicht versprechen, wann das nächste Kapitel kommt, aber ich denke doch, dass es nicht wieder so lange dauern wird. Dennoch muss ich erst mal meinen Umzug im Juli über die Bühne bringen und meine Vampire Knight FF habe ich auch noch am Laufen – aber wenn es euch irgendwie tröstet: Die habe ich in den letzten Wochen und Monaten genauso vernachlässigt.^^°

Bis bald hoffentlich
maidlin
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: enni
2011-06-10T04:25:07+00:00 10.06.2011 06:25
Du weißt ich geb dir gern Feedback und ich denke du wirst erfreut sein, wenn ich dir sage, es ist sogar ein ganzes kommi draus geworden! XD Aber lange rede kurzer Sinn, los gehts! ^^

1. Absatz
Ah Alexander und Susan bieten Draco einen ausweg an, find ich nett von ihnen aber es war klar, daß Draco diesen Weg nicht annehmen würde. Viel zu stolz der gute! Genau das ist aber auch das was es gefährlich macht! Puhh... Und ich fürchte ich bin mit Alexander einer meinung, Ja, vielleicht. Hoffentlich. lastet er Alexander nicht an das er Hera nicht haben konnte.

2. Absatz
Sag ich ja, viel zu viel stolz der gute! ^^; Ob Draco es wirklich aushalten kann bis zum schluss als angeblich Schwachsinniger?

3. Absatz
Nenn mich paranoit, aber irgendwie machen mir diese zwei Mägde sorgen. Barrington und auch Semerloy sind solch niedrige Kreaturen, mich würde es nicht wundern, wenn sie den Mägden aufgetragen hätten dafür zu sorgen das Susan probleme bekommt. Oder aber (und das hoffe ich schwer) es ist nur meine überschäumende einbildung und dein Gehirn ist nicht wirklich so gemein das zu machen! XD

4. Absatz
Gefällt mir nicht, diese ganze situation die da gerade ist gefällt mir nicht! XD Und Draco verdammt nochmal, hör zu wenn Barrington was erzählt, auch wenn er ein A*** ist, es kann lebensrettend sein wenn man weiß was man tun muss und für einen Menschen ist ein Eber nichts Lachhaftes! Dann wiederrum, wenn er was falsch macht, kann man es ja gut und gerne auf seine Schwachköpfigkeit schieben! XD

5. Absatz
Was haben Semerloy und Barrington für Probleme mit Dracos Haar? Versteh ich grad auch nicht besonders, aber ich werde mich auch gern später dazu aufklären lassen. *lach* Ansonsten hatte ich jetzt bei der interaktion zwischen Semerloy, Barrington, Alexander und Draco nur das gefühl sie möchten Draco in eine Ecke drängen aus die er nicht mehr flüchten kann. Oder aber sagen wir, es ist nicht nur ein gefühl, es ist schon gewissheit und das ist wohl auch deren beider übliche Vorgehnsweise. Das wird übel möcht ich meinen.

6. Absatz
Hier muss ich mal kurz schmunzeln zu Dracos bissigen Sarkasmus, was Barringtons begeleiter und dessen Körperumfang anbetrifft. Tja gleich und gleich gesellt sich gern! XD Und Alexander bringt Yarrow gekonnt zum schweigen! *schmunzel*! ^^
Aber ahh. ah AHH! Draco was denkst du dir dabei bei deinem eigenmächtigen Handeln? Schön und gut das er die Jagd vorbei haben möchte, aber es ist nicht die beste strategie sie durch so einen Schachzug zu beenden! Viel zu leicht kommst er dadurch nur noch mehr ins Visier... und es ist auch eine unnötige Gefahr, weil ein Wildschwein wenn es gejagd wird ja nur noch gefährlicher ist. Aber das arme Schwein tut mir leid und ich hätte es Draco bestimmt nicht übel genommen, hätte er sich übergeben bei dem was da zelebriert wurde. In fakt wäre das vllt. sogar etwas gutes gewesen, aber was solls? Interressant fand ich auch, daß es anscheinend vor Draco angst hatte, ich nehm mal an das gute Tier konnte durch Dracos menschliche Fassade sehen! Find ich toll geschrieben! >.< Ob das alle tiere können? Aber aha, war klar, sag ich doch. Barrington macht das misstraurisch. Wie gut das die Schwachsinnigen oft mehr glück als verstand haben, nicht wahr?

7. Absatz
Ah sieh an, da haben wir ja die Antwort! XD Die sache mit Dracos Haar hört sich wirklich wunderschön an und ich beneide Barrington fast dafür, das er es sehen kann! ^^ Tja und ich weiß nicht ob ich mich grad drüber freue das Barrington vermutet Draco könnte der Drache sein. Ich versteh zwar nicht ganz wie er auf die vermutung kommt nur weil Dracos Haar eben etwa anders ist, aber wenn ich ehrlich bin, ich will den Kerl auch überhaupt nicht verstehen! Aber schön zu wissen, daß die Semerloy und Barrington wirklich schon vorher den Drachen beobachtet hatten. Bleibt noch die frage, wie haben sie ihn damals gefunden und wie konnten sie ihn beobachten ohne das er es gemerkt hatte? Oder hat der Drache diese menschen gesehen und sie einfach nicht für voll genommen? Bin mal gespannt! ^^

8. Absatz
Oh wie schön, Alexander und Draco sind mit mir einer meinung, na das ist doch mal was erfreuliches! *lach* Ach und wie nett, Semerloy auch! Na ob ich mich jetzt darüber freue ist was anderes! XD Aber gut sieht das alles nicht wirklich aus.

9. Absatz
Ganz ehrlich, ich kann mir das auch nicht vorstellen. Warum will er also genau wissen wann Alexander wieder kommt? Will er ihn ablenken und wärend Alexander bei Annie ist, alleine mal zu Draco schauen? Oder läßt er Draco schon beobachten? Ich könnte es mir nur zu gut vorstellen und da würde man garantiert auch sehen, daß Draco schon spricht. Au weia!

10. Absatz
Oh nein Maidlin, was machst du???
Ich war jetzt völlig entsetzt. Ich hatte wirklich gehofft Draco könnte vllt. mit einer kleinen Pfeilwunde entkommen, aber hätte niemals damit gerechnet das die Pfeile vergiftet sein könnten. Wie hinterhältig und gemein, sowohl von Sererloy und Barrington sowohl auch von Dir! Sieh dich mal von mir gegen dein Knie gekickt! Sadist alter!!!!
Aber dachte ich mir doch, daß es so ähnlich kommen würde, was das auftauchen von Barrington auf dem Hof betrifft wärend Alexander weg ist. Jetzt bin ich nur gespannt was die beiden weiterhin mit Draco vorhaben und VERDAMMT NOCHMAL, wie kannst du uns nur mit so einen Cliffhänger sitzen lassen? AAAAAAaarg!

Aber du bekommst jetzt auch ein Lob von mir, ich fand das Kapitel wirklich, wirklich gut! Es war durchgehend spannend und am schluss war es fast unerträglich gut! Es kostet mich jetzt echt nerven hier aufhören zu müssen. Und ich kann sagen, das lesen von dem Kapitel hat mir jetzt wirklich einen sehr angenehmen morgen beschert. So lob ich mir doch mal meinen angehenden Tag!

Ich les deine VK FF ja auch und ich freu mich da auf das nächste Kapitel, aber ich werde sehnsüchtig darauf warten das es hier mit Drachenkind weitergeht.

Und somit, hab dich ganz doll lieb!
cu enni! :D



Von:  funnymarie
2011-06-09T08:27:01+00:00 09.06.2011 10:27
hi, erstmal gratuliere zu deinen bestandenen prüfungen^^
und schön, dass es mit drachenkind weiter geht^^
barrington und dieser andere sind doch echt das allerletzte!
so was feiges, überhaupt keinen mumm in diesen armseeligen wichten!
ich bin gespannt, wie es weiter geht und freu mich auf dein nächstes kapi^^
viel erfolg bei deinem umzug^^
lg funnymarie


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