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Die alte Villa

von

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Der Anfang vom Ende

Sie standen wieder vor der Dachbodentür, aber diesmal sah sie wenigstens was.

„Sie geht nicht auf.“ Mike war sich vollkommen sicher, dass die Tür zu bleiben würde, aber sie war sich sicher, dass sie aufgehen würde. Sie hatten schließlich herausgefunden, was sie raus finden sollten, sie war eine Ahnin der Witwe Belize.

„Nun mach schon, ich will wissen, was Belize von uns will.“

Mike seufzte erneut und drückte die Klinge herunter, er wartete und grinste sie an, dann drückte er leicht gegen die Tür und sie schwang auf. Er traute seinen Augen nicht.

„Also gut, diesmal hast du gewonnen. Dann lass uns mal gucken, was Belize für eine Überraschung im Schrank versteckt hat.“ Die Abendteuerlust blitzte wieder in seinen Augen auf.

„Mike?!“

„Was?“

„Wovor hast du eigentlich Angst?“

„Hä?“

„Ich meine, wovor hast du wirklich Angst? Ich habe das Gefühl, dass es für mich wichtig ist das zu wissen.“

„Du hast heute ziemlich viele Gefühle.“

„Ob du’s glaubst oder nicht, mich hat ein Gefühl veranlasst dir meinen Traum zu erzählen, eigentlich wollte ich es nicht tun.“

Er dachte kurz nach und meinte dann: „Ich hab auch aus einer Laune raus bei dir angerufen. Mir is danach erst der Einfall mit der Verkleidung gekommen.“

Jetzt blickte sie triumphierend.

„Also, was ist deine größte Angst?“

Es dauerte eine Weile bis Mike antwortete: „Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es nicht.“

„Wie du weißt es nicht?“

„Ich weiß es nicht. Ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht.“

„Was heißt, du hast dir noch nie Gedanken darüber gemacht?“

„Ich habe mir halt noch keine Gedanken darüber gemacht. Manchmal bist du echt schwer von Begriff.“

Sie seufzte. „Gut, wovor hast du denn überhaupt Angst?“

Mike lief rot an.

„Man nun sag’s mir schon.“

„Ich kann nicht.“

„Hör auf mit diesen blöden Vorurteilen. Ich hab keine Lust hier noch ewig zu stehen und ich geh da nicht rein, bevor du mir nicht gesagt hast, wovor du Angst hast. Du kennst schließlich auch meine größte Angst, also mach schon.“

„Du bist ja auch ein Mädchen.“

„Mike.“

Er zog hörbar die Luft ein. Dann murmelte er etwas, dass klang wie: „Ich habe Angst dich zu verlieren.“

„Was?“ Ihre Stimme zitterte.

„Man. Ich habe Angst dich und meine Familie zu verlieren. Bist du jetzt zufrieden?“ Nun wurde er wütend.

„Oh Scheiße.“

„Was soll das jetzt wieder heißen?“

Sie blickte vom Boden Mike direkt in die Augen. „Jetzt habe ich erst recht Angst.“

Mike sah sie nur fragend an. Nun verstand er gar nichts mehr.

„Man, Mike. Ich vermute, dass uns irgendwer im Schrank auflauern wird. Ob es nun Belize ist oder diese Stimme bzw. das Wesen, welches zu dieser Stimme gehört oder jemand ganz anderes. Und er wird uns vernichten wollen und das kann er am besten, wenn er uns Angst macht. Wenn er uns Todesängste ausstehen lässt, weil wir dann verrückt werden.“

„Du hast zu viele Horrorbücher gelesen.“ Mike schüttelte verblüfft den Kopf.

„Das ist aber kein Horrorbuch oder Alptraum, wir werden nicht gleich aufwachen und uns im Bett wieder finden. Das ist REALITÄT. Mike, wach endlich auf und benutze deinen Kopf.“

„Okay, okay, ich hab schon verstanden, ich-“

„Nicht streiten. Helfen.“ Wieder eine Stimme.

„Das war sie, Mike, das war sie. Das war die Stimme aus meinem Traum.“ Sie wurde hysterisch. Mike hielt sie an den Schultern fest. „Psst. Komm beruhige dich, bitte.“

Sie hielt sich an ihm fest und dann konnte sie nicht mehr, sie fing an zu schluchzen. Mike drückte sie an seine Schulter und hielt sie fest.

„Psst. Ist gut.“ Er streichelte über ihr dickes Haar und dann über den Rücken.

„Mike, ich kann nicht mehr. Das macht mich wahnsinnig.“ Sie schluchzte immer noch.

„Ist gut. Wir schaffen das. Ich bin bei dir und ich bleib auch bei dir. Versprochen.“

„Bitte versprich nichts, was du nicht halten kannst.“ Sie richtete sich auf und Mike strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.

„Wie meinst du das?“

„Ich weiß nicht, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir nicht vielleicht getrennt werden.“

Mike sah sie entsetzt an, dann schüttelte er energisch den Kopf.

„Ich will dich aber nicht allein lassen.“

„Vorerst musst du das auch nicht.“ Sie versuchte zu lächeln. Er nickte und blickte dann zur Dachbodentür. Sie nahm seine Hand und wollte losgehen, als sie stehen blieb, sich zu ihm umdrehte und dann lächelnd sagte: „Lass deinen Gefühlen freien Lauf.“

Er kräuselte die Stirn, fragte aber nicht nach dem ‚Warum?’. Sie holten noch mal tief Luft und gingen dann durch die Tür. Die steile Treppe konnten sie nur nacheinander hoch gehen. Oben angekommen nahm Mike wieder ihre Hand.

„So und jetzt zum verbotenem Schrank.“ Es sollte wohl lustig klingen, sie war sich da nicht ganz so sicher. Es klang schrecklich ernst und trotzdem nicht ernst zu gleich. Sie hielt ihre Kerze nach vorn und fing an zu kichern.

„Was denn nu?“

„Ich musste eben, an die tollen Zeiten hier oben denken.“ Sie kicherte immer noch. Nun fing Mike auch an zu lachen. So standen sie da, Hand in Hand und lachend. Nach fünf Minuten hatten sie sich wieder gefangen. Jetzt waren ihre Gesicht wieder ernst. Sie wollte weiter gehen, aber Mike hielt sie zurück: „Soll ich meine Angst zeigen?“

Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet und hatte auch keine Antwort darauf, darum sagte sie nur: „Zur richtigen Zeit ja.“

Er nickte, als hätte er verstanden was sie meinte, und dann gingen sie über ihren Spielplatz in die dunkelste Ecke.
 

Sie waren vor dem Schrank angekommen.

„BELIZE! ZEIG DICH!“ Sie brüllte in die Stille und wartete auf eine Antwort, aber es kam nichts. „BELIZE, WIR SIND DA! ZEIG DICH!“ Nichts, keine Antwort. Keine Stimme, keine Blutschrift. Nichts. „Dann gehen wir halt ohne ihn in den Schrank.“

Mike nickte und öffnete dann vorsichtig die Tür. Aber in dem Schrank war nichts, da stand nur ein alter Besen. Sie sahen sich beide verblüfft an.

„Und was machen wir nun?“

„Ich hab keine Ahnung. Wenn Belize sich wenigstens zeigen würde.“

Jetzt standen sie einfach nur da und Mike begann zu zittern.

„Ist dir kalt.“

„Ja. Nein. Also ich will hier nur raus. Entweder Belize taucht jetzt hier auf oder ich gehe wieder runter und schlage die Scheibe in der Tür ein.“

„Mike?“

„Willst du mich hindern?“

„Nein. Die Stimme, die die vorhin ‚nicht streiten’ gesagt hat.“

„Ja, was ist damit?“

„Ich habe erst nicht darauf geachtet, ich habe angenommen es sei die aus meinem Traum, aber die war es nicht.“

„Du hast Recht. Ich kenne diese Stimme und es war nicht die, die ‚RUHE!’ gebrüllt hatte.“

„Es ist die Stimme meines Vaters gewesen.“
 

Mike stand nur da und starrte sie an. Seine Beine knickten so plötzlich weg, als wären sie aus Pudding. Sie kniete sich neben ihn. Unvermittelt rief er: „Die Wette, die Wette ist an allem Schuld. Diese vermaledeite Wette.“

„Mike? Ist alles in Ordnung?“

„Nichts ist in Ordnung.“ Na wenigstens hörte er sie noch. „Du erinnerst dich sicher an den Tag, als ich die Einladung von Marie Ann bekommen hatte.“

„Klar, da waren wir das letzte Mal auf dem Dachboden.“

„Auch das noch. Egal, auf dem Schulhof bin ich doch stehen geblieben, weil ich eine Stimme gehört habe.“

„Stimmt, wir haben es als Halluzination abgetan.“

„Es war keine Halluzination. Ich kannte diese Stimme, sie sagte: ‚Mike, du hättest die Wette nicht gewinnen sollen. Jetzt ist euer Schicksal besiegelt.’ Es war die Stimme deines Vaters.“

Sie sah ihn an, heute konnte sie nichts mehr überraschen. Jetzt drängte sich ihr immer mehr die Frage auf, was ihr Vater mit der ganzen Sache zu tun hat.

„Irgendetwas fehlt noch.“ Sie stand wieder auf und schloss die Schranktür. „Lass uns mal nachdenken.“

„Ich hab keine Lust mehr.“

Sie sah zu Mike runter. „Ich hab schon lange keine Lust mehr auf dieses blöde Spiel. Du kannst ja versuchen zu gehen, du wirst nicht weit kommen, bis zur Dachbodentür, weiter nicht.“

„Du hast Recht, Belize hat sie wieder verschlossen. Also gut, “ Er holte tief Luft. „was wissen wir und was könnte noch fehlen?“

Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Dachboden. „Wir wissen, dass ich eine Ahnin der Frau Belizes bin.“

„Wir wissen, dass wir Belize helfen müssen, aber wobei?“

„Ganz einfach, wir müssen die Geschichte ändern.“

„Die Geschichte ändern? Man, nun weichst du aber ganz schön von der Realität ab. Wir könnten ihm helfen seinen wirklichen Tod aufzuklären, das würde ich akzeptieren.“

„Okay. Weiter. Wie wir ihm helfen sollen, muss er uns sagen. Und was mein Dad mit der ganzen Geschichte zu tun hat, muss er uns auch sagen.“

„Ich denke, er wird uns noch einiges mehr erklären müssen.“ Er stand auf. „BELIZE! JETZT KOMM RAUS! WIR HABEN ALLES RAUS GEFUNDEN! ZEIG DICH ENDLICH!“

Sie stand auf und blickte in die Dunkelheit, ihre Kerzen waren fast nieder gebrannt und sie konnte nicht mehr weit sehen.

„BELIZE!“ Diesmal rief sie seinen Namen.

„Ich komm ja schon.“

„Wo bist du?“ Sie konnte ihn nicht sehen, nur seine Stimme hören. Auch Mike neben ihr, er hatte wieder ihre Hand genommen, was ihr ein Gefühl der Sicherheit gab, sah sich um.

„Ihr könnt mich nicht sehen. Ich stelle mich jetzt vor euch.“ Die Stimme war angenehm warm und sie hatten sie noch nicht gehört.

„Sollen wir mit der Luft reden?“ Sie hatte keine Lust auf Kompromisse.

„Ihr dürft aber nicht erschrecken.“

„Uns schockt heute nichts mehr.“ Mike war aufgeregt, dass konnte sie aus seiner Stimme heraus hören. Sie drehte sich zu ihm um und ihr fiel zum ersten Mal auf, wie angenehm und beruhigen nicht nur seine Stimme, sondern auch seine Gegenwart war. Sie drehte sich wieder nach vorn in die zunehmende Dunkelheit, da die Kerzen jetzt fast völlig runter gebrannt waren.

„Belize?“

„Ja?“

„Kannst du irgendwie Licht anmachen? Ich kann fast nichts mehr erkennen.“

Irgendwo klickte irgendetwas und dann war es hell.

„Danke.“

Vor ihnen wurde es jetzt dunkler und es war wie an einem warmen Sommertag, wenn die Straße vor einem „schwamm“. Und dann kam eine Gestalt zum Vorschein. Sie trug sehr altertümliche Klamotten, die wohl einmal rotbraun waren, aber mit der Zeit verblassten. Sie drückte seine Hand fester.

„Da bin ich.“

„Gut was willst du nun von uns?“ Mike kam gleich zur Sache.

„Das wisst ihr doch schon.“

„Wir haben da aber noch ein paar Fragen an dich.“ Auch sie hatte keine Lust hier noch länger rum zustehen, ihr wurde kalt. „Wie bist du gestorben?“

„Äh, die Treppe runtergefallen.“

„Das glauben wir dir nicht.“ Mike sah sie zweifelnd an.

„Es ist wahr, aber darum habe ich euch nicht zu mir geführt.“

„Und warum dann?“

„Ihr müsst mir helfen eine zweiteilige Spieluhr zu finden.“

„Eine Spieluhr?“ Es kam von beiden zu gleich und wie aus der Pistole geschossen.

„Ja, ich brauche sie um einer alten Freundin zu helfen.“

Sie sahen sich fragend an. Aber ihr brannte eine Frage auf der Zunge, die sie noch stellen wollte: „Belize, was hat meiner Vater damit zu tun?“

„Dein Vater?!“

„Ja, ihr Vater.“

Belize sah sie überrascht an. „Ich habe keine Ahnung.“

„Ich glaube dir nicht, aber das ist vorerst egal.“ Sie traute Belize ganz und gar nicht über den Weg, auch wenn er eine angenehme Stimme hatte.

„Und warum hast du dich nicht gleich gezeigt?“ Das war die Frage, die Mike gequält hatte.

„Weil ihr mir sonst nicht geglaubt hättet. Außerdem musstet ihr einige Dinge selbst herausfinden, die vielleicht später wichtig sein könnten.“

Mike nickte, dann sah er sie fragend an, sie sah ihn an und flüsterte ihm ins Ohr: „Das ist nicht der Mann, den ich gesehen habe.“

Mike war perplex: „Echt nicht?“

Sie schüttelte den Kopf und Mike zuckte mit den Schultern, dann wandte er sich wieder Belize zu: „Na dann los. Wo müssen wir lang, Belize?“ Er hatte die Führung übernommen.

„Öffne die Schranktür.“

„Da steht nur eine alter Besen in der Ecke“, widersprach Mike. Er hatte keine Lust auf Scherze.

„Öffne die Schranktür.“ Belize sah ihn geduldig an.

Er zögerte einen Moment und öffnete dann zum zweiten Mal die Schranktür.



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