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Der Entschluss

So leise wie möglich stahl sie sich die Treppe hinauf. Kiara plagte das schlechte Gewissen. Sie wusste, dass sie eigentlich ihrem Großvater gegenüber alles hätte genau erzählen müssen, doch im Moment sah sie sich weder dazu in der Lage, ihrem Großvater noch mehr Sorgen zu bereiten noch sich selbst einzugestehen, dass ihre Chancen ziemlich mies standen, um den Pharao und ihren Bruder zu retten.

Erleichtert erreichte sie ihr Zimmer und ließ sich auf ihr Bett sinken.

Die Vorhänge waren zugezogen und so drang nur schwach ein wenig Tageslicht in das Zimmer. Kiara sah sich um. Selten hatte sie sich so einsam und hilflos gefühlt. Sie war nicht der Typ Mädchen, der sich hinter einem Jungen versteckte – vielmehr war sie ein Mädchen von der Sorte, das einem sofort klar machte, dass ihr etwas nicht passte. Sie gab nie einfach so die Hoffnung auf, ließ sich keine Vorschriften machen und hatte auch keine Scheu davor, sich sogar körperlich mit irgendwelchen männlichen Geschöpfen zu messen.

Doch all das nützte ihr im Moment reichlich wenig, da der Geist des Priesters sich kaum mit lockeren Sprüchen und drohenden Fäusten würde vertreiben lassen.

Kiara hasste ihre jetzige Hilflosigkeit, doch sie wusste, dass ihr blindes Umherwüten noch viel weniger brachte.

Stattdessen ließ sie sich langsam in ihre Kissen sinken, schloss die Augen und dachte nach. Ihre Gedanken schweiften ab zu dem Pharao, zu ihrem Bruder, ihren Freunden...

Es musste doch einen Weg geben herauszufinden, wo sich Aknadin versteckt hielt und wie man ihn aufhalten konnte.

Neben ihr erschien die ziemlich farblose Kontur des Geistes der Pharaonenprinzessin. Sie sah traurig aus, traurig und hilflos.

Kiara schüttelte den Kopf. Sie würde jetzt nicht einfach so resignieren und schon gar nicht zulassen, dass ihre beste Freundin sich ebenfalls in Hoffnungslosigkeit verlor. Noch hatten sie eine Chance zu gewinnen, noch war Yami nicht tot.

Entschlossen richtete sie sich auf, sprang aus dem Bett und riss die Vorhänge auf.

Das strahlend gelbe Licht der Sonne floss ins Zimmer, beschien ihr Gesicht. Kiara konnte die Wärme auf ihrem Gesicht spüren und ein angenehmes Gefühl kroch in ihr hoch.

„Wie fühlst du dich?“, fragte sie die Prinzessin, ohne sich umzudrehen.

Sie konnte den verzweifelten Seufzer hören, den sie ausstieß und sofort plagte sie wieder das schlechte Gewissen. Wie sollte es ihr schon gehen? Ihr Bruder lag im Koma und Yugis Geist war spurlos verschwunden. Blieben nicht viele Möglichkeiten, was Gefühle anging.

„Entschuldige, das war taktlos.“ „Ist schon gut! Ehrlich gesagt, ist mir das viel lieber, als wenn du mich jetzt ignorieren würdest.“

Kiara hörte die Verbitterung heraus und sofort wurde ihr klar, dass sie in den letzten Stunden keine Sekunde daran gedacht hatte, wie es der Prinzessin ging.

Beschämt wandte sie sich ihr zu. „Ich hab mich in den letzten Stunden nicht gerade wie eine Freundin aufgeführt, glaub ich. Tut mir leid, Prinzessin! Ich … ich war so durcheinander, dass ich … dass ich nicht mehr an dich gedacht habe.“

Kiara blickte beschämt zu Boden. „Ich schätze, ich bin egoistischer als ich immer dachte.“

Yamika setzte ein schwaches Lächeln auf. „Jetzt hör endlich auf, Kiara! Ich weiß, dass es dir leid tut, dass du das alles nicht mit Absicht gemacht hast, vor allem dass du ein schlechtes Gewissen hast … es ist okay! Ich hab dir doch schon wieder verziehen! Aber bitte … hör endlich mit dieser Mitleidstour auf!“

Kiara zuckte überrascht zusammen. „Mitleidstour?“ „Ach komm schon! Seit wann lässt du dich so leicht unterbuttern? Schön und gut, Aknadin hat einen Vorsprung, aber warum lässt du dich von so etwas davon abhalten, das zu tun, was dir einfach liegt?“ „Weil ich nicht einen einzigen Anhaltspunkt habe.“ „Natürlich haben wir den, hoffe ich zumindest.“, fügte sie leise hinzu.

Kiara seufzte und schaute wieder aus dem Fenster. Warum nur wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie etwas übersehen hatte? Widerwillig dachte sie an ihre erste Vision zurück, das erste Mal, als sie Aknadin gesehen hatte. Die kalten Augen, der weiße Spitzbart, die altägyptische Tracht, die …

Kiara schnappte nach Luft. Wie kam sie überhaupt auf Augen?

„Natürlich, das ist es!“

Yamika blickte überrascht auf. „Was ist was? Ist dir was eingefallen?“ „Ich hab gerade wieder an meine erste Vision gedacht, daran, als ich Aknadin das erste Mal gesehen habe.“

Kiara schwieg und blickte die Prinzessin erwartungsvoll an, bis diese schließlich die Schultern hob. „Und? Wie soll mir das jetzt weiter helfen?“

„Na ja … Aknadin hatte nur ein Auge.“ „Oh nee, Kiara … so genau brauchst du es mir jetzt doch nicht erklären.“, wandte Yamika ein und verzog das Gesicht. „Das ist mir zu …“ „Jetzt hör mir doch mal zu. Aknadin hatte nur ein Auge … das andere hat er durch das Millenniumsauge ersetzt. Er ist oder war Träger eines Artefakts. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er nach unserem kleinen Kampf das Weite gesucht und sein Heil in der Flucht gefunden hat. Und welcher Ort wäre für seinen Geist ein besseres Zuhause als das Millenniumsauge, dessen Träger er vor Tausenden von Jahren war?“

Yamika nickte. Kiaras Vermutungen ergaben durchaus Sinn, doch sie war immer noch skeptisch. „Und wo ist das Millenniumsauge? Seit Pegasus es verloren hatte, ist es verschwunden.“

Kiara kratzte sich am Kopf. Das war in der Tat eine gute Frage. Allerdings …

„Prinzessin … wie ist das eigentlich? Die Millenniumgsgegenstände zieht es doch immer zu den Personen zurück, die sie vor Jahrtausenden besessen haben, oder vielleicht zu Personen, die denen aus der Vergangenheit sehr ähneln, oder versteh ich das falsch?“ „Im Grunde genommen schon. Zumindest ist es bei den meisten so. Der Gürtel und das Puzzle haben es dir ja bewiesen.“

Kiara schüttelte schon wieder den Kopf. „Ach vergiss es wieder, das macht auch keinen Sinn. Er war ja nicht der Besitzer, sondern …“ „Moment mal, Kiara, ich kann dir gerade nicht wirklich folgen. Von wem sprichst du denn gerade?“ „Na ja … ich hatte daran gedacht, dass … vielleicht befindet sich das Augen ja mittlerweile im Besitz von Aknadins Sohn oder der Person, die seinem Sohn ähnlich ist. Aber … das ist quatsch. Sein Sohn war ja nie der Träger des Millenniumsauges.“ „Und wenn wir davon ausgehen, dass Aknadin das Auge soweit beeinflussen kann, dass es irgendwie seinen Weg zu dieser Person findet, die in der heutigen Zeit seinen Sohn verkörpert?“ „Dann würde ich sagen, dass du einen über den Durst getrunken hast. Seit wann können die Artefakte von Geistern beherrscht und beeinflusst werden?“ „Schon vergessen, dass ich ein paar wunderschöne Lichtspiele mit dem Gürtel produzieren kann, die die Realisierung eines Monsters hervorragend untermauern?“ „Das bist du?“ „Wer sonst?“ „Das heißt … es wäre möglich?“

Yamika hob abwehrend ihre Hände. „Ich will es nicht beschwören, Kiara … aber es ist einen Versuch wert. Und … wo willst du sonst anfangen zu suchen?“, fragte sie hilflos und blickte sie traurig an.

Kiara nickte zustimmend und ließ sich auf das Bett sinken.

Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden, bis Yamika den Kopf hob und zu Yugis Bett hinüber sah. „Und wie wollen wir herausfinden, wer dieser Mensch ist, der einst Aknadins Sohn war?“

Kiaras Gesichtszüge hellten sich sofort auf. „Endlich mal etwas, wo ich dir mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass ich weiß, um wen es sich handelt.“

Kiara konnte ihrer Freundin ansehen, dass sie mit allem Möglichen nur nicht mit einer positiven Nachricht gerechnet hatte. „Ach wirklich? Raus mit der Sprache!“

Kiara sprang auf und begann, in ihrem Deck herumzublättern, während sie erklärte: „Du kennst doch die Steintafel im Museum, nicht wahr?“ „Du meinst die, in die der alte Kampf zwischen dem Pharao und seinem Priester eingraviert ist?“ „Ganz genau die! Aknadin hatte vor 5000 Jahren nur den einen Wunsch, dass sein Sohn Herrscher über Ägypten wird. Es liegt doch also nahe, dass dieses Vorhaben die Grundlage für die Auseinandersetzung zwischen den beiden war.“ „Du meinst …“ „Der Priester, der auf der Steintafel dem Pharao als Gegner gegenübersteht, ist niemand anderes als der Sohn von Aknadin.“ „Schön und gut, aber wie soll uns das jetzt weiter helfen?“ „Überleg doch mal, Prinzessin! Wem sieht denn die Figur des Priesters so ähnlich, dass wir das Ganze anfangs sogar für einen Scherz gehalten haben?“

Die Augen der Prinzessin weiteten sich und Kiara grinste. „Ganz genau …“ „Seto Kaiba!“ „Und jetzt mal ehrlich … die Vermutung, dass Seto Kaiba vor Jahren einstmals Aknadins Sohn war, ist ja nun auch nicht gerade so abwegig, oder?“

Yamika schmunzelte. „Worauf warten wir dann noch? Auf zu Kaiba!“

Kiaras Grinsen erlosch. „Jetzt warte doch mal. Schön und gut, wir wissen jetzt, wo sich das Auge eventuell befindet, aber … noch ist die Frage ungeklärt, wie wir Aknadin besiegen können.“

Yamikas Eifer erlosch beinah sofort, als ihr klar wurde, dass Kiara Recht hatte. Wie um alles in der Welt sollten sie einen Geist besiegen?

„Und wenn wir jetzt erst einmal zu Kaiba sprinten, fragen ob er das Millenniumsauge hat und uns dann was überlegen?“, fragte Yamika vorsichtig.

Kiara schnaubte. „Damit er uns dann ordentlich eins überwischt, während wir über ein paar Lösungen diskutieren? Nee, Prinzessin, das Risiko gehe ich nicht ein. Es muss doch eine Möglichkeit geben … den Kerl zu erledigen.“ „Die gibt es bestimmt. Das Problem ist nur, wo fängst du mit der Suche an?“ „Gibt es denn nicht irgendeine Duel Monsters-Karte, die Geister vernichtet?“ „Ach Kiara … wenn alles so einfach wäre …“ „Ja ich weiß! Aber … es macht mich wahnsinnig, wenn wir hier herumsitzen und nichts tun, während Yugi …“

Kiara merkte sofort, dass wieder die Tränen in ihr hoch krochen. Mühsam schluckte sie sie hinunter. Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, dass ihr ohne Yami oder Yugi alles viel schwerer fiel. Wäre einer von ihnen hier, würde ihr unter Garantie eine Möglichkeit einfallen.

„Das Reich der Schatten.“, murmelte Yamika plötzlich neben ihr und Kiara zuckte erschrocken zusammen. „Was meinst du damit?“ „Vielleicht … haben wir eine Möglichkeit, ihn in das Reich der Schatten zu verbannen.“

Kiaras Augenbrauen zogen sich zusammen. „Du meinst mit einem Duell?“

Hilflos zuckte Yamika mit den Schultern. „Möglich?“ „Sag mal spinnst du? Ich will keinen Kaffeeklatsch mit Aknadin abhalten, ich will Yugi retten, verdammt!“ „Und welche anderen Möglichkeiten siehst du dann sonst noch?“, fauchte Yamika augenblicklich zurück. Ihr sonst so hübsches Gesicht hatte sich in eine kalte Maske verwandelt.

Kiara schüttelte den Kopf. „Ich lass mich auf keinen Fall mit Aknadin auf ein Spiel der Schatten ein. Ich kann mich noch gut daran erinnern, was beim Kampf gegen Marik passiert ist und ich sage dir eins, Prinzessin … mich wirst du im Leben nicht zu so einem Wahnsinn überreden!“ „Und wenn es die einzige Möglichkeit ist, Yugi und meinen Bruder zu retten?“

Da war es. Yamika hatte das ausgesprochen, was Kiara in den letzten Sekunden erfolgreich verdrängt hatte. Ihr war klar, dass Yami keine Sekunde gezögert hätte, um für sie dieses Risiko auf sich zu nehmen. Und was tat sie? Sie weigerte sich, dieses Opfer zu bringen, weil sie … weil sie Angst hatte, Angst vor dem, was passieren könnte, wenn sie verlieren würde…

„Kiara, hör zu! Du bist gut! Du bist sehr gut und das weißt du auch! Himmel nochmal, Yugi ist der ungeschlagene Champion und trotzdem hat er es noch nicht einmal geschafft, gegen dich in einem Duell zu gewinnen … wieviel Bestätigung brauchst du denn noch?“

Kiara senkte den Kopf. Ein Spiel der Schatten.

Sollte es möglich sein, dass das die einzige Chance war, um Yugi zu retten?

„Er wird sich nicht drauf einlassen.“ „Das weißt du nicht.“, entgegnete Yamika ernst, während sie aufstand und Kiara gegenüber trat.

Kiara sah sie an und war erstaunt zu sehen, wieviel Hoffnung in Yamikas Augen schimmerte. Sie vertraute ihr – baute auf sie, wahrscheinlich ebenso fest, wie Yami und Yugi.

Krampfhaft bemühte sie sich, den dicken Kloß in ihrer Kehle hinunterzuwürgen.

Ein sanftes Lächeln spielte um Yamikas Mundwinkel. „Lass es krachen, Kiara.“, flüsterte sie stolz. „Zeig ihm, wer der wahre Champion ist!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yatimu
2008-11-21T21:57:09+00:00 21.11.2008 22:57
Ja!!!!!!!
Das nenn ich Frauenpower!!!
Lass es krachen Kiara!
Rette Yami und Yugi!
Ich kann mir vorstellen, es ist schlimmer zu Kaiba zu gehen wie ein schattenduell^^
Ich finde es sehr gut, dass du auch ihre Angst beschreibst!
Das macht es realistisch (ich meine die ganze ff und yugioh usw is ja auch nich realistisch, aber ich hoffe, du weißt trotzdem, was ich mein^^
Ich freu mich schon soooooooooooo aufs weiterlesen^^


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