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Wie Hund und Katze...

von

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Der Neue

Der Neue
 

Jetzt hatte es ihn doch hierher verschlagen, an einen Ort, an den er niemals wieder wollte, nachdem er aus dem Haus seiner Eltern ausgezogen war: Ein kleines gemütliches Dorf, wo jeder jeden kannte und er sich die nächsten Jahre erst einmal als Eindringling würde fühlen dürfen. Ein Ort, wo man tagsüber die Vögel zwitschern hören und nachts die Sterne sehen konnte… so schlecht war es hier vielleicht gar nicht.

Er stellte den Koffer neben seinem Auto auf dem Fußweg ab und richtete sich auf. Seufzend hielt er sich eine Hand vor die Augen, da die Sonne bereits ihren Höhepunkt erreicht hatte und ihn so ziemlich stark blendete.

„Mittagszeit…“, murmelte er. Nun, dann würden ihn wohl nicht ganz so viele seiner neuen Nachbarn bei seinem Einzug beobachten. Er hatte gar nicht bemerkt, dass es bereits so spät geworden war.

„Herr Keller?“

Er drehte sich zu einem der Umzugshelfer um und lächelte.

„Soll das Bett nach oben?“

„Ja bitte.“ Er nickte und griff wieder nach seinem Koffer. Vielleicht sollte er lieber mit reingehen und aufpassen, dass nichts kaputt ging. Außerdem konnten ihm die ganzen neugierigen Blicke, die durch die Küchenfenster der umliegenden Häuser auf ihn gerichtet waren, durch die Mauern nicht folgen.

Das Haus war noch sehr kalt und ungemütlich gewesen, als er es das erste Mal betreten hatte, um es sich anzusehen. Die Maler hatten es in der Zwischenzeit fertig gebracht, durch ein wenig Farbe an den Wänden, eine ganz neue, freundliche Atmosphäre herzustellen, in der man sich wohl fühlen konnte.

Er stellte den Koffer in seinem neuen Wohnzimmer ab und trat an den Kamin heran. Daneben ein Fernseher, davor die Couch… das würde sicher sehr gemütlich werden.

Als es plötzlich an der Tür klopfte, schreckte er aus seinen Gedanken hoch. Verwirrt schüttelte er den Kopf, lächelte über sich selbst und ging wieder in den Flur. Wieso versank er immer so in seinen Fantasien?

Eine Frau mittleren Alters stand in der Tür, ein Lächeln auf den Lippen und einen Teller Kekse in den Händen. Ein Anstandsbesuch für den Neuen.

‚In Ordnung… es geht wohl los.’ Er lächelte ebenfalls und trat auf die Frau zu.

„Hallo, ich habe gesehen, dass Sie einziehen.“, sagte sie und reichte ihm die Kekse. „Mein Name ist Marlene Beckstein, ich wohne gegenüber.“

„Oh in diesem wunderschönen gelben Haus?“ Er hatte es gesehen, als er sich bei seiner Ankunft kurz umgesehen hatte.

Die Frau nickte glücklich. „Ja es ist sehr schön, nicht wahr? Schon die Eltern von Peter haben darin gelebt… Peter ist mein Mann, wissen Sie?“

Nein das hatte er nicht gewusst, aber jetzt schon. Er nickte lächelnd. „Mein Name ist Janis Keller.“, stellte er sich vor.

„Dann willkommen, Herr Keller. Wenn Sie mal irgendetwas brauchen sollten, zögern Sie nicht, bei mir zu klingeln, in Ordnung?“

„Vielen Dank.“, sagte Janis. „Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.“

„Herr Keller?“ Einer der Umzugshelfer war an die beiden herangetreten, eine unbeschriftete Kiste in den Händen.

„Oh… die kommt ins Arbeitszimmer.“ Janis nickte der Frau entschuldigend zu. „Ich muss mich jetzt erstmal wieder um meine Sachen kümmern.“

„Natürlich.“ Marlene lächelte. „Wieso kommen Sie nicht morgen Abend zum Grillen zu uns? Die andern Nachbarn sind auch alle eingeladen, dann könnten Sie ein paar von uns kennen lernen. Und auch meinen Mann und meine Kinder.“

„Sehr gerne, vielen Dank, Frau Beckstein.“, meinte Janis und reichte ihr zum Abschied die Hand.

„Nennen Sie mich doch Marlene, das tun wir hier alle.“

„Janis.“

Die Frau ließ seine Hand los und ging die paar Stufen hinunter, die von der Einfahrt zu seiner Haustür hinauf führten. „Dann bis morgen, Janis.“

Er atmete erleichtert auf, als Marlene über die Straße ging und dann in ihr Haus verschwand. Die erste Aufnahmeprüfung hatte er damit wohl bestanden. Erleichtert ließ er die Umzugshelfer vorbei, die seine Couch ins Wohnzimmer trugen und folgte ihnen dann. Er stellte den Teller mit den Keksen auf den Kamin und nahm sich einen davon.

„Wie weit sind Sie?“, fragte er die Umzugshelfer.

„Wir brauchen noch etwa zehn Minuten, dann dürfte alles im Haus sein.“, antwortete einer von ihnen.

„Okay… vielen Dank.“ Janis biss in den Keks. „Hm… die sind gut.“

„Wo ist eigentlich Ihr Hund?“

„Ha… verdammt!“ Janis stopfte sich den Rest vom Keks in den Mund und lief wieder nach draußen. Er öffnete den Kofferraum seines Autos. „Hey Molly… alles okay bei dir?“

Die Hündin stand auf, wedelte fröhlich mit ihrem Schwanz und bellte zur Antwort.

„Na komm… du möchtest bestimmt ein bisschen herum laufen. Hast immerhin drei Stunden im Auto gehockt… Und hopp!“ Er klatschte in die Hände und die Hündin sprang aus dem Wagen.

„Ihr Hund hört aber gut.“, hörte er eine Stimme hinter sich sagen. Er drehte sich um und erkannte einen alten Mann, gestützt auf einen teuer aussehenden Gehstock. Ein schwarzer Hut, versuchte seine grauen Haare zu verdecken, aber es gelang ihm nicht wirklich. „Lassen Sie ihn trotzdem nicht frei hier herum laufen.“

„Natürlich.“, sagte Janis. „Ich wollte sie gerade in den Garten bringen.“

Der alte Mann nickte, warf noch einen abschätzenden Blick auf den Hund und ging dann weiter. Janis sah ihm noch kurz stirnrunzelnd nach, zuckte dann aber mit den Schultern und wandte sich wieder seinem Haus zu. „Na komm Molly, gehen wir rein.“

Die Hündin bellte noch einmal und lief dann voraus, verschwand im Haus und war nicht mehr zu sehen. Der Aufschrei eines der Umzugshelfer ließ Janis lächeln. Molly war immer so aufgeregt, wenn sie an einen ihr unbekannten Ort kam.
 

Ein Neuer also. Als er die Hand sinken ließ, fiel der Vorhang wieder vor das Fenster und schottete ihn so von der Außenwelt ab.

Er ging zurück zu seinem Schreibtisch und setzte sich vor seinen Laptop. Ein kleines Fenster öffnete sich in der rechten unteren Ecke des Bildschirms und machte ihn darauf aufmerksam, dass er eine E-Mail bekommen hatte. Seine Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, als er auf das Fenster klickte und die Mail öffnete.
 

Hey Luka,

dein Skript ist bei mir angekommen und ich hab auch schon rein gelesen. Es ist großartig.

Hast du schon eine Idee für dein nächstes Buch? Wir würden gern zu Weihnachten wieder eins von dir raus bringen, es ist schon eine Weile her seit dem letzten.

Ich komme morgen Abend gegen sieben bei dir vorbei, dann können wir persönlich darüber reden, in Ordnung?

Wir sehen uns dann.

David
 

„Oh nein…“ Luka starrte geschockt auf den Bildschirm. Sein Verleger wollte herkommen? Er schloss die Mail, stand wieder auf und begann im Zimmer umher zu laufen.

Er kannte David zwar bereits seid vielen Jahren, aber der Gedanke daran, dass dieser ihn besuchen kommen würde, machte ihn jedes Mal wieder nervös. Als er seinen Blick durch sein Arbeitszimmer schweifen ließ bemerkte er, was für eine Unordnung in dem kleinen Raum herrschte, in dem er die meiste Zeit des Tages und wohl auch der Nacht verbrachte.

„Was hab ich hier nur wieder für ein Chaos angerichtet?“, fragte er sich selbst und begann wahllos einige Gegenstände vom Boden aufzuheben und einen Platz dafür zu suchen. Nach einigen Minuten in denen er Bücher und Zettel von einer Ecke des Zimmers in eine andere geräumt hatte, richtete er sich auf und besah sich das jetzt noch größere Durcheinander.

„Oh nein…“ Seine Stimme versagte, die Farbe wich aus seinem Gesicht und er sank zu Boden. „Das… das krieg ich nie wieder in Ordnung.“, murmelte er niedergeschlagen. Der Zettel, den er gerade noch in der Hand gehalten hatte, segelte langsam zu Boden und blieb vor seinen Augen liegen. „Was…? Mondfinsternis?“ Er schnappte erschrocken nach Luft und versuchte den Zettel wieder aufzuheben, war dabei aber so aufgeregt, dass es nicht funktionieren wollte. „Komm schon…“

Als plötzlich etwas sein Bein streifte fuhr er erschrocken zusammen. Er erstarrte und wandte langsam den Kopf und starrte in zwei grüne blitzende Augen. „Ah!“ Erschrocken fiel er nun ganz zu Boden und hielt sich schützend die Hände vors Gesicht.

Etwas raues berührte seine Hand und dann maunzte etwas anklagend. Luka öffnete die Augen und sah seine Katze, die mit ihren Vorderpfoten auf seinen Händen stand und ihn forschend anschaute.

„Finn…“ Erleichtert ließ er seine Hände sinken und setzte sich wieder auf. „Du hast mich erschreckt.“ Der Kater maunzte wieder und lief aus dem Zimmer. „Du hast wohl Hunger, was?“ Als Luka aufstehen wollte, fiel sein Blick wieder auf den Zettel. Er hob ihn auf und folgte dann seinem Kater in die Küche.

„Hm… was war das für eine Geschichte?“ Luka las die Stichpunkte auf dem Blatt, während er das Futter für Finn aus dem Kühlschrank holte und in eine Schale füllte. Abwesend stellte er sie auf den Boden und las weiter.

Finn war an sein Futter herangetapst, hatte einen Bissen genommen und war gleich wieder zurück geschreckt. Er fauchte kurz und streifte dann um die Beine seines Besitzers. Als dies nicht dessen Aufmerksamkeit erregte, stieß Finn mit seinem Kopf leicht gegen den Fuß des Menschen und als auch dies nicht funktioniert, fuhr er seine Krallen aus und schlug mit einer Pfote gegen Lukas Bein.

„Au!“ Luka zuckte erschrocken zusammen und starrte auf seine Katze herab. „Was soll das denn, Finn?“ Der Kater maunzte anklagend und stieß mit der Nase gegen seine Futterschale.

„Oh… entschuldige Finn. Ich hab vergessen es warm zu machen.“ Luka legte den Zettel auf den Kühlschrank und griff nach der Schale, stellte diese dann in die Mikrowelle.

„Tut mir echt Leid… Weißt du… das ist eine Idee die mir vor ein paar Jahren mal durch den Kopf gegangen ist. Ich hab sie nie in einer Geschichte aufgeschrieben… Eigentlich hatte ich sie schon vergessen.“ Finn maunzte zur Antwort und strich wieder um Lukas Beine. „Ich wusste gar nicht, dass ich sie aufgehoben hatte.“

Die Mikrowelle gab ein leises ‚Pling‘ von sich, als Zeichen dass sie fertig war. Luka öffnete sie, griff nach Finns Schale und zog erschrocken die Finger zurück.

„Au verdammt!“ Schnell lief er zum Spülbecken, drehte den Wasserhahn auf und hielt seine Finger unter kaltes Wasser. „Tut mir Leid Finn… jetzt ist es zu heiß.“

Finn maunzte noch einmal, drehte sich um und verließ mit erhobenem Schwanz die Küche. Luka hörte die Katzenklappe quietschen und wusste, dass sein Kater das Haus verlassen hatte. „Oh nein… jetzt ist er sauer…“

Luka wandte den Blick von seinen geröteten Fingern ab und sah wieder zu dem Zettel, der unschuldig auf dem Kühlschrank lag. Er zögerte kurz, drehte dann den Hahn wieder zu, holte den Zettel und lief in sein Arbeitszimmer zurück. Dort setzte er sich wieder vor seinen Laptop und öffnete sein Schreibprogramm. Bevor er mit dem tippen begann warf er noch einmal einen Blick auf die Stichpunkte, dann versank er in seiner Arbeit.
 

Janis stand auf und streckte sich gähnend. Die Umzugshelfer waren schon vor Stunden wieder gegangen und seitdem versuchte er die Kartons auszuräumen, die in jedem Zimmer ordentlich an einer freien Wand standen. Er hatte sie zwar selbst eingepackt, war aber trotzdem von einigen Dingen die sich darin befanden, sehr überrascht.

Gerade hatte er einen kleinen dicken, sehr kitschigen Engel aus einem der Kartons im Schlafzimmer herausgeholt und betrachtete diesen jetzt etwas ratlos. Er konnte sich nicht daran erinnern, dieses seltsame, ziemlich geschmacklose Ding eingepackt zu haben.

„Wo kommst du denn her, mein Freund?“ Egal wie er den Engel drehte und wendete, woher er kam konnte Janis nicht herausfinden. „Na schön… dann kommst du… zurück in den Karton. Ist besser so, glaub mir.“ Seufzend sah er sich um. „Das wird noch ne ganze Menge Arbeit.“

Er lächelte, als er das lauter werdende Tapsen von Molly auf dem Parkettboden im Flur hörte und die Hündin kurz darauf durch die Tür schoss und versuchte, an ihm hochzuspringen. „Ist ja gut, ist ja gut. Ich hör ja auf für heute.“ Janis streichelte den Kopf der Hündin und trat dann ein paar Schritte von ihr zurück. „Na komm, du hast sicher Hunger… schauen wir mal, wo dein Futter ist. Vielleicht finden wir ja auch mein Essen irgendwo.“ Er verließ – gefolgt von Molly – sein Schlafzimmer und ging die leise knarrende Treppe hinunter. „Und die Kaffeemaschine. Ich könnte jetzt wirklich einen Kaffee gebrauchen.“

Molly trottete ruhig neben ihm her, bis sie die Küche erreicht hatten. Dort angekommen hob sie den Kopf, schnupperte kurz und lief dann zielgerichtet auf den Karton mit der Aufschrift Hundefutter zu. Janis lachte, als sie versuchte ihn durch kratzen zu öffnen, scheuchte sie dann weg und ritzte mit einem Messer das Klebeband auf.

„Nicht so ungeduldig, junge Dame.“ Janis zerrte an der Tüte Trockenfutter herum, bis sie sich schließlich löste und er durch den plötzlichen Schwung beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Er räusperte sich und griff dann nach einer von Mollys Schüsseln. Diese stellte er auf den Boden, füllte etwas Futter hinein und warf die Tüte Trockenfutter schließlich achtlos in eine Ecke.

„Ich hoffe, es schmeckt. Meine Kaffeemaschine kannst du mir ja leider nicht suchen, ne.“

Molly machte sich nicht einmal die Mühe, in irgendeiner Weise auf diese Frage zu reagieren, ignorierte ihren Besitzer und begann zu fressen.

„Dachte ich es mir doch.“ Janis besah sich die Aufschriften der anderen Kartons und versuchte sich daran zu erinnern, in welchen er seine Kaffeemaschine gepackt hatte. „Dann such ich sie eben selbst.“

Gerade als er wieder nach dem Messer greifen wollte, hörte er ein lautes Scheppern aus einem der anderen Zimmer des Hauses. Molly stand sofort knurrend neben ihm, das Futter plötzlich unbeachtet.

„Komm mit.“, murmelte Janis, griff sich das Messer und ging langsam auf die Tür zu. Molly folgte ihm auf dem Fuß. Sie hatte aufgehört zu knurren und die Ohren wachsam aufgestellt um kein Geräusch zu verpassen.

Im Flur war nichts zu sehen und die Türen zum Arbeitszimmer und zum Bad waren verschlossen. Janis bezweifelte, dass sich ein Einbrecher die Mühe machen würde, die Tür hinter sich zu schließen, wenn er gerade dabei war, das Haus auszuräumen.

Etwas klirrte und dann war ein klagendes Maunzen zu hören. Janis atmete erleichtert auf, ließ das Messer sinken und bedeutete Molly zu warten. Er trat in den Türrahmen zum Wohnzimmer und sah sich suchend um. Als er eine schwarze Katze unter der Couch entdeckte trat er ganz in den Raum und schloss die Tür hinter sich, damit zum einen Molly nicht hinein und zum anderen die Katze nicht hinaus konnte. Das Messer legte er auf das bereits aufgebaute Regal neben der Tür, dann trat er langsam an das Tier heran, ging in die Hocke und streckte vorsichtig die Hand aus.

„Hey du.“ Er lächelte und bewegte langsam seine Hand über den Teppich. „Na komm her. Du brauchst keine Angst zu haben“ Die grünen Augen der Katze funkelten, als sie ihm den Kopf zuwandte. „Na komm… ich tu dir nichts.“

Beim betreten des Zimmers hatte er bereits gesehen, was die Katze vermutlich umgeworfen hatte – den Eimer für die Asche vom Kamin und einige Gläser, die er bereits ausgepackt hatte. Beides hatte ziemlichen Krach gemacht und so war es kein Wunder, dass die Katze etwas verschreckt war.

„Na los, komm schon her. Ist ja nichts passiert.“ Janis bewegte weiter seine Hand über den Teppich und versuchte so die Katze aus ihrem Versteck zu locken. Er musste noch einige Minuten auf sie einreden, bis sie sich schließlich unter der Couch hervortraute und langsam auf ihn zu kam. „Ja so ist gut, komm her.“ Janis ließ die Katze an seiner Hand schnuppern, kraulte dann vorsichtig ihren Kopf.

Als er ihr Halsband bemerkte suchte er nach einem Namensschild, konnte aber keines entdecken. „Tja… du wirst mir sicher nicht sagen, wer du bist, nicht wahr?“, meinte er lächelnd. „Dann musst du wohl mitkommen, fragen wir Marlene.“ Mit diesen Worten hob er die Katze hoch und stand auf.

Mit dem Tier in den Armen verließ er das Wohnzimmer. Sein Blick fiel auf Molly, die noch immer genau dort stand, wo er sie zurück gelassen hatte und wachsam die Tür beobachtete.

„Gut gemacht Molly.“, lobte er die Hündin.

Diese schnupperte kurz und wurde so auf die Katze aufmerksam, die ihr Besitzer mitgebracht hatte. „Nein Molly… diese Katze ist tabu für dich, klar? Du wartest hier, während ich herausfinde, wo sie hingehört.“ Mit diesen Worten verließ er das Haus und überquerte die Straße.

Marlene öffnete ihre Tür beinahe in dem Moment, in dem er bei ihr geklingelt hatte. Sie wusste scheinbar bereits vorher, dass er dort war, hatte ihn vermutlich bereits das Haus verlassen sehen.

„Hallo.“, meinte Janis. Er wartete, bis die Frau an den Zaun gekommen war, der ihr Grundstück umgab und lächelte dann. „Entschuldigen Sie die Störung. Ich hatte gerade einen kleinen Einbrecher in meinem Haus. Wissen Sie vielleicht, zu wem der kleine Kerl hier gehört?“

Marlene lachte und besah sich dann die Katze. „Oh… das ist der Kater Ihres Nachbarn. Ein kleiner Streuner. Er ist hier bereits in jedes Haus eingestiegen.“

„So was… so einer bist du also.“ Janis grinste. „Ich bring ihn wohl besser zurück und rede mal mit seinem Besitzer.“

„Oh nein, das sollten Sie nicht tun.“, meinte Marlene. „Setzen Sie das Tier einfach vor seiner Haustür ab, er findet den Weg hinein alleine.“

„Wieso? Ist irgendwas mit meinem Nachbarn?“, fragte Janis etwas beunruhigt. Er drehte sich um und warf einen Blick auf das Haus, das direkt neben seinem stand.

„Oh nein, er ist nicht gefährlich oder so etwas.“, meinte Marlene. „Herr Seidel ist nur etwas seltsam. Er geht nie aus dem Haus, redet mit niemandem und öffnet auch für keinen die Tür. Nun außer für diesen einen Mann. Aber das ist wahrscheinlich sein Verleger.“

„Er ist Schriftsteller?“, fragte Janis überrascht.

„Ja… aber das ist auch das Einzige, was ich über ihn weiß.“ Marlene schüttelte bedauernd den Kopf. „Armer Kerl. Ich denke ja er braucht Hilfe, aber na ja…“

Janis nickte. „Oh ähm… vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich bring den Kleinen dann jetzt mal zurück.“

Die Frau lachte freundlich. „Das war doch überhaupt kein Problem und wie gesagt, kommen Sie ruhig vorbei, wenn Sie etwas brauchen sollten.“

„Vielen Dank.“ Janis verabschiedete sich und überquerte die Straße wieder. In einem kleinen Vorort wie diesem war das überhaupt kein Problem, nicht so wie in der großen Stadt, in der er vorher gewohnt hatte. Hier fuhren kaum Autos, da die einzigen, die hier durchfuhren Leute waren, die hier wohnten.

Als er das Namensschild am Briefkasten seines Nachbarn las warf er einen zweifelnden Blick auf die Katze in seinen Armen, die sich an ihn schmiegte und sich sehr wohl zu fühlen schien. „Dein Besitzer ist also Luka Seidel?“ Er trat an die Tür und drückte auf die Klingel. Wenn sein Nachbar wirklich der war, für den er ihn hielt, wäre das einfach unglaublich.

Als nach zwei Minuten noch niemand reagierte, klopfte Janis an die Tür.
 

Ein Klingeln ließ ihn von seiner Arbeit hochschrecken. Er sprang von seinem Stuhl auf, speicherte hastig die Datei und schlich dann zur Tür seines Arbeitszimmers. Vorsichtig sah er um die Ecke und auf die Haustür um festzustellen, ob wirklich jemand davor stand oder er sich das Klingeln nur eingebildet hatte.

Er schnappte erschrocken nach Luft, als er tatsächlich den Schatten eines Menschen durch das Fenster neben der Tür erkennen konnte und zog den Kopf wieder zurück.

„Oh nein…“ Er spürte seinen eigenen Herzschlag schneller werden, vor allem wohl durch den Schrecken und die Aufregung. Auch seine Atmung beschleunigte sich.. „Nein nein… du musst dich beruhigen. Wenn du nicht hingehst, wird er wieder gehen.“ Als jemand an seine Tür klopfte, schrie er erschrocken auf, zuckte zusammen und rutschte an den Wand zu Boden.

„Hey Sie, ich weiß dass Sie da sind. Kommen Sie her!“ Der Mann vor seinem Haus hämmerte wieder gegen die Tür.

Luka presste sich die Hände auf die Ohren und schüttelte den Kopf. Wieso ging er nicht weg?
 

„Hören Sie! Ich hab Ihre Katze hier. Wenn Sie sie zurück haben wollen, dann kommen Sie raus, sonst nehme ich sie wieder mit und Sie können sie sich dann bei mir abholen.“, rief Janis.

Kurz darauf wurde die Haustür endlich geöffnet, wenn auch nur einen kleinen Spalt breit.

„Hi.“, sagte Janis. „Das ist doch Ihre Katze, oder nicht?“

„Finn!“ Luka öffnete die Tür vollständig und griff nach seiner Katze, riss sie Janis regelrecht aus dem Arm.

„Hey ganz ruhig.“ Janis musterte sein Gegenüber. Der Junge war mindestens einen halben Kopf kleiner als er und trug Klamotten, die ihm gut zwei Nummern zu groß waren. Seine Haare hatten sicher schon lange keinen Friseur mehr gesehen, sie fielen ihm über die Augen und verdeckten einen großen Teil seines Gesichtes. Die Haare und der Umstand, dass er den Kopf gesenkt hielt machten es Janis schwer sein Gesicht zu erkennen, aber er war sich ziemlich sicher, tatsächlich Luka Seidel vor sich zu haben, den Autor von Drachengold, Die Burg des Magiers, Der Elfenbeinturm und noch vielen anderen verdammt guten Fantasyromanen. Der Schriftsteller, dessen Bücher er sich einfach immer kaufen musste, sobald sie erschienen.

„Vielen Dank.“, murmelte Luka und wollte die Tür wieder schließen, wurde aber von Janis daran gehindert.

„Warte… du solltest besser auf ihn aufpassen. Ich hab ihn in meinem Haus gefunden und er scheint das öfter zu machen. Ich hab kein Problem damit, wenn bei mir ein paar Gläser kaputt gehen, aber-“ Er unterbracht sich selbst, als er bemerkte, dass Lukas Hände zitterten. „Hey, bist du okay?“

Luka nickte stumm, den Blick starr auf den Boden vor sich gerichtet.

„Okay…“ Janis zögerte und lies die Tür los, da er sie festgehalten hatte um Luka daran zu hindern, sie zu schließen. „Gut… dann pass besser auf, ja?“

Luka nickte noch einmal und warf dann die Tür zu.

Janis schüttelte verwirrt den Kopf und ging zu seinem eigenen Haus zurück.
 

Luka setzte Finn auf dem Boden ab und blieb selbst auch neben ihm sitzen – die Augen geschlossen, die Hände auf dem Boden abgestützt – und versuchte sich wieder zu beruhigen. Der Kater beschloss, dass es besser war, seinen Besitzer allein zu lassen und verschwand in die Küche um zu sehen, ob Luka es in der Zwischenzeit geschafft hatte, sein Futter zu machen. Enttäuscht musste er allerdings feststellen, dass seine Schale noch immer in der Mikrowelle stand. Leider würde er seinen Besitzer jetzt nicht mal durch den Einsatz seiner Krallen dazu bewegen können aufzustehen, das wusste Finn genau. So tapste er beleidigt ins Wohnzimmer, sprang auf den Sessel und machte es sich dort bequem. Menschen waren schon seltsame Geschöpfe…
 

Im Laufe des Abends hatte sich Janis irgendwann auf die Suche nach dem Inhalt seines Kühlschrankes gemacht und ihn schließlich zwischen Tellern, Töpfen und dem Müsli gefunden. So hatte er sogar etwas essen können, Samstage waren eindeutig kein guter Tag zum umziehen in einen kleinen Vorort in dem alle Geschäfte um 18 Uhr dicht machten.

Den nächsten Tag verbrachte er dann zum Großteil damit, seine Kartons auszupacken und deren Inhalt in Regale und Schränke zu räumen. Zwischendurch ging er auch mehrmals mit Molly spazieren, wobei er einige seiner neuen Nachbarn kennen lernte und Marlene ihn schließlich noch einmal an die Einladung zum Grillen erinnerte.
 

Ende Kapitel 1

Der Verleger

Hi Leute! Ich freu mich, dass ein paar Leute meine Geschichte lesen und möchte mich an dieser Stelle auch erst einmal bei den Leuten bedanken, die mir einen Kommi geschrieben haben. Das waren jani-chan und HollyGolightly… Ich hab mich wirklich sehr gefreut.^^ Die Frage, wo er alles herbekommt, was man für sein Leben so braucht, wird in diesem Kapitel zumindest ansatzweise geklärt.^^

Und jetzt Schluss der Vorrede und viel Spaß mit dem zweiten Kapitel.
 

2. Der Verleger
 

Erst nach dem dritten Klingeln öffnete Luka vorsichtig die Haustür einen Spalt breit und spähte nach draußen.

„Hey.“ David hob zum Gruß die Hand und grinste dann breit. „Na was ist, lässt du mich rein?“

Luka nickte und trat zur Seite, um den anderen Mann ins Haus zu lassen.

„Sag nicht, du hast vergessen, dass ich komme.“, meinte David.

„Ent- entschuldige die Unordnung, ich wollte noch aufräumen, aber-“, stammelte Luka, wurde aber von David unterbrochen, der eine Hand gehoben hatte, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Das mein ich gar nicht.“, sagte der Verleger und grinste. „Die Unordnung hier bin ich doch gewöhnt. Was ich meinte war, dass ich eine ganze Weile darauf warten musste, dass du die Tür aufmachst.“

Luka nickte und senkte den Kopf. „Ich war in meine Arbeit vertieft.“

„Oh… ist es zufällig ein neuer Roman?“, fragte David. Seine Neugierde war geweckt. Immerhin war das sowieso der Grund seines Besuches. Luka nickte wieder.

„Ja… ich hab ihn gestern angefangen.“

„Gehen wir in dein Arbeitszimmer, okay? Da lässt es sich besser reden.“ David stand bereits an der Tür, ohne Lukas Antwort abgewartet zu haben.

„Nein!“, rief Luka und beeilte sich zu seinem Verleger zu kommen. „Das… das geht nicht.“ Er schob sich zwischen David und die Tür und versuchte den anderen Mann so davon abzuhalten, dass Zimmer zu betreten.

„Luka.“ David runzelte die Stirn. „Was soll das denn?“

„Du kannst nicht-“ Luka unterbrach sich selbst. Er merkte, wie ihm schwindlig wurde, schloss die Augen und schüttelte den Kopf um das Gefühl wieder loszuwerden. „Du kannst…“

„Hey, ganz ruhig.“ David lächelte. „Wenn du nicht willst dass wir ins Arbeitszimmer gehen, dann… gehen wir eben in die Küche. Hast du heute schon etwas gegessen.“

„Nein… ich hab gearbeitet…“, antwortete Luka, nicht ganz sicher, ob er jetzt erleichtert sein sollte, oder nicht.

David sah den jüngeren forschend an. „Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“ Als Luka den Kopf senkte, war David die Antwort bereits klar. „Na… los ab in die Küche. Ich werde uns etwas kochen.“ Er griff nach Lukas Arm und zog ihn hinter sich her in die Küche. Wenn der Junge sich erst einmal in seine Arbeit vergrub, dann vergaß er alles um sich herum, nicht nur das aufräumen, sondern auch das essen. Schon als er den ersten Schritt in das Haus gesetzt hatte, war David klar gewesen, dass Luka an einem neuen Roman arbeitete. Das Chaos, welches im Flur herrschte, sprach für sich und er war sicher, dass es im Arbeitszimmer noch schlimmer aussah, sonst hätte sich Luka nicht so dagegen gewehrt, dass sie es betraten.

„Wann war Pedro das letzte Mal hier? Du hast kaum noch was Essbares im Haus.“, fragte David, nachdem er einige Minuten lang die Schränke durchsucht hatte. „Meine Güte, es ist nicht gut, wenn du nichts isst. Ich hab dir schon oft genug gesagt, dass du besser auf dich aufpassen musst.“

„Ich…“ Luka senkte den Kopf. David war böse auf ihn, er hatte es wieder einmal geschafft, ihn zu verärgern. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken, zog die Beine an und vergrub sein Gesicht zwischen seinen Armen.

„Hey…“ David legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter und ging dann vor ihm in die Hocke.

„Es tut mir leid…“ Luka schniefte. „Ich weiß, du hast gesagt, ich muss besser auf mich achten.“ Ohne den Kopf zu heben, wischte er sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. „Jetzt bist du böse auf mich… und… u-u-und du hast auch das Recht dazu. Ich meine wenn ich nicht… dann kann ich auch nicht… ich meine…“

David schüttelte seufzend den Kopf und griff nach Lukas Händen, unterbrach somit das Gestammel des Jüngeren. „Ich bin nicht böse auf dich.“ Luka sah verwirrt auf.

„Nicht?“

„Nein. Wieso sollte ich denn?“ David stand auf und wuschelte dem Jungen durch die Haare. „Ich mache uns jetzt was zu Essen.“
 

Janis fühlte sich in etwa so, wie vor einer großen Schularbeit… in Mathematik. Im Grunde genommen stand er sogar vor einem Test, wenn auch nicht in der Schule, sondern vor dem Haus der Becksteins und auch nicht in Mathematik.

„Ah, Sie müssen Janis Keller sein.“, rief eine fröhliche Männerstimme hinter ihm, als er gerade auf die Klingel drücken wollte. „Marlene hat uns bereits von Ihnen erzählt.“

Janis setzte ein freundliches Lächeln auf, bevor er sich umdrehte. „Nun, dann sind Sie mir gegenüber im Vorteil.“, meinte er.

„Andreas Richter.“ Der Mann reichte Janis die Hand. „Und das sind meine Frau Luisa und meine Tochter Sara.“

„Freut mich, Sie kennen zu lernen.“, meinte Janis und gab Luisa ebenfalls die Hand. Dem kleinen Mädchen winkte er nur freundlich lächelnd zu, da sich die kleine hinter ihrer Mutter versteckte.

„Verzeihen Sie bitte.“, meinte Luisa entschuldigend. „Sie hat es nicht so mit Fremden.“

„Das ist schon in Ordnung.“ Janis lächelte die Frau an. „Es ist besser, wenn sie nicht gleich auf jeden fremden Mann zuläuft, nicht wahr?“

Luisa nickte. „Da haben Sie wohl Recht. Na komm mein Spatz.“ Sie griff nach der Hand ihrer Tochter und zog sie hinter sich her in den Garten der Becksteins. Janis schüttelte kurz den Kopf und folgte ihnen dann. Andreas ließ das Tor hinter sich zufallen und schloss dann zu Janis auf.

„Also, was führt Sie in einen kleinen Ort, wie unseren hier?“, fragte er. „Ich meine… bei uns ziehen nicht allzu oft neue Nachbarn ein… verzeihen Sie bitte meine Neugier...“

„Nein, das ist schon in Ordnung.“, antwortete Janis. Er seufzte. „Wissen Sie… ich wollte eigentlich auch nie in so einen kleinen Ort ziehen. Ich bin eher ein Großstadtmensch. Aber… im Leben läuft nicht immer alles so, wie man es sich wünscht.“

„Was ist denn passiert?“

„Nun ich-“

„Janis! Wie schön, dass Sie hier sind!“ Marlene kam auf ihn zu, eine Schürze um die Hüften und in den Händen eine Schüssel voller Salat.

„Wir reden später weiter.“, flüsterte Andreas. „Hallo Marlene.“ Er winkte ihr fröhlich zu und machte sich dann auf die Suche nach seiner Familie.

„Kommen Sie, ich mache Sie mit den anderen bekannt!“ Sie stellte die Schüssel auf einen langen, bereits ziemlich vollen Tisch ab und ging dann los, ohne eine Antwort von Janis abzuwarten. „Die Familie Richter kennen Sie ja scheinbar schon.“ Sie lachte fröhlich und steuerte dann zielgerichtet auf einen großen, dunkelhaarigen Mann zu, der an einem klapprigen Grill stand und kleine Würstchen wendete. „Das hier ist mein Mann, Peter.“

„Hallo. Sie müssen Janis sein. Meine Frau hat gestern den ganzen Abend von Ihnen geschwärmt.“, meinte Peter, legte die Grillzange weg und reichte Janis die Hand.

„Geschwärmt?“, fragte Janis etwas irritiert.

„Er übertreibt nur, mal wieder.“ Marlene warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu, der ihn dazu veranlasste, die Augen zu verdrehen und zu einem anderen, weitaus stabileren Grill zu gehen und sich doch um das Fleisch zu kümmern.

Marlene lächelte und wandte sich dann den vielen anderen Menschen in ihrem Garten zu. „Das dort drüben beim Klettergerüst, das sind meine Tochter Hannah, mein Sohn Jonas… die Kleine da ist die Tochter der Richters…“ Marlene deutete einzeln auf jedes Kind, das in dem seltsamen Gebilde aus Eisenstangen herumkletterte. „Oh, die süße Kleine da ist die Enkelin von Bernhard Wolf. Armer Kerl, hat letztes Jahr seine Frau verloren. Nach fast 60 Jahren Ehe.“

„Schrecklich.“ Janis war sich nicht ganz sicher, was er darauf antworten sollte, da er weder diesen Bernhard Wolf, noch seine Frau kannte.

„Ja nicht wahr.“ Marlene schüttelte den Kopf. „Das dort ist er, der mit dem schwarzen Hut.“

Janis folgte ihrem Blick und erkannte den alten Mann, dem er gestern auf der Straße begegnet war. „Wir sind uns gestern kurz über den Weg gelaufen.“

„Kommen Sie. Ich stelle Sie dem Rest vor.“
 

David legte sein Besteck zur Seite und sah auf. „Was ist passiert?“

Luka öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber gleich wieder und senkte niedergeschlagen den Kopf. „Wieso denkst du, es wäre etwas passiert?“

„Ich kenn dich gut genug um zu wissen, wenn du ein Problem hast, also spuck es aus.“, antwortete David. Seit einer halben Stunde saßen die beiden jetzt beim essen und Luka hatte in der ganzen Zeit noch kein einziges Wort gesagt. Nicht das Luka von Natur aus gesprächig war, aber normalerweise hätte er wenigstens ein paar Sätze zu seinem neuen Roman verloren.

„Ich… ich hab einen neuen Nachbarn.“, antwortete Luka, denk Blick starr auf seine Hände gerichtet.

„Und? Hat er dir irgendetwas getan?“, fragte David weiter. Luka hatte anscheinend ein Problem, aber wie gewöhnlich war es sehr schwierig, eine ordentliche Beschreibung davon aus ihm herauszubekommen.

„Na naja… nicht direkt. Er… er war gestern hier.“, murmelte Luka.

David seufzte, halb erleichtert, halb amüsiert. „Ich verstehe.“, meinte er. „Was wollte er denn?“

„Er hat mir Finn zurück gebracht.“, antwortete Luka. „Er war wohl in sein Haus eingestiegen…“

Nur mit Mühe unterdrückte David ein Lachen. „Er hat dir also deinen flüchtigen Kater zurück gebracht? Das war doch sehr nett von ihm.“

Luka schüttelte hektisch den Kopf. „Er wollte nicht wieder gehen.“

„Okay… Du hast also Panik gekriegt, nicht wahr?“, fragte David und seufzte. „Er wollte dir sicher nichts tun.“

„Woher willst du das wissen?“, rief Luka aufgebracht, zuckte aber sofort selber zusammen, als ihm klar wurde, dass er gerade geschrien hatte. „E-e-e-entschuldige…“, stotterte er, den Blick noch immer auf seine Hände gerichtet.

„Schon okay.“, meinte David lächelnd. „Na komm…“ Er griff nach Lukas Besteck und drückte es dem Jungen wieder in die Hände. „Iss auf und dann unterhalten wir uns über deinen neuen Roman, ja?“

Luka nickte zögernd und begann dann wieder zu essen.

David schüttelte von dem anderen unbemerkt den Kopf. Irgendetwas musste er doch tun können, um den Jungen aus dem Haus und in Kontakt mit anderen Menschen zu bekommen. Es war nicht gut für Luka, den ganzen Tag nur in seinem Arbeitszimmer zu hocken und niemals vor die Tür zu gehen. Natürlich wusste er, dass der Junge schon beinahe panische Angst davor hatte, mit anderen Menschen – besonders Fremden – zu reden, aber er wusste auch, dass es nicht mehr lange so weiter gehen konnte. Je länger Luka sich von der Außenwelt abschottete, desto schwieriger würde es werden, ihn wieder in diese Welt hinein zu bringen.
 

Janis streckte sich stöhnend und lehnte sich dann mit dem Rücken gegen die kalte Hauswand. Er hatte in der letzten Stunde mehr seiner Nachbarn kennen gelernt, als in dem letzten Jahr in seiner alten Wohnung. Und sie waren nicht so, wie Janis es sich vorgestellt hatte, sondern aufgeschlossen und sehr freundlich. Selbst die kleine Sara hatte sich inzwischen an ihn gewöhnt und hatte ihm schon ein paar Mal darum gebeten, ihr neuen Saft zu geben.

„Sind wir so anstrengend?“

„Andreas…“ Janis richtete sich erschrocken auf und lächelte dann. „Nein das nicht… aber ich komme aus der Großstadt. Aus meiner Nachbarschaft kannte ich nur zwei Menschen… den Pizzajungen und die alte Dame, die eine Etage unter mir gewohnt hat. Das hier ist etwas… ungewohnt.“

Andreas lächelte und lehnte sich neben Janis an die Hauswand. „Ich habe auch nicht immer hier gewohnt. Meine Frau und ich, wir kommen ebenfalls aus einer Großstadt, wissen Sie?“

„Wirklich?“ Janis wirkte erleichtert. „Wie haben Sie daran gewöhnt, dass alle Ihre Nachbarn Sie kennen?“

„Nun… es hilft zu wissen, dass man selber auch alle seine Nachbarn kennt.“, meinte Andreas.

Janis lachte und schüttelte amüsiert den Kopf. „Wieso sind Sie hier her gezogen?“

„Als Luisa schwanger war sagte sie zu mir, dass unsere Kinder auf keinen Fall in einer großen Stadt aufwachsen würden. Sie wollte, dass Sara und ihr Bruder umgeben von Pflanzen, Tieren und frischer Luft leben und groß werden.“ Andreas seufzte. „Dafür ist dieser Ort sehr gut geeignet, nicht wahr?“

„Sie haben noch einen Sohn?“, fragte Janis.

Andreas sah plötzlich sehr traurig aus. „Saras Zwillingsbruder…“

„Ist ihm etwas passiert?“, fragte Janis Der Gesichtsausdruck seines Gegenübers beantwortete ihm die Frage bereits.

„Ich… ich geh dann mal wieder zu meiner Frau zurück.“ Andreas wandte sich ab und ging zurück zu den anderen.

Janis suchte nach der Gastgeberin. „Ähm Marlene?“

Die Frau wandte sich um und lächelte. „Janis, wie gefällt es Ihnen bei uns?“

„Sehr gut, alle sind sehr freundlich.“, antwortete Janis. „Ich… müsste mich nur mal kurz ausklinken und mit meinem Hund eine Runde gehen.“

„Oh ja natürlich, gehen Sie.“ Marlene lachte. „Das Essen läuft Ihnen schon nicht weg, nicht wahr?“

Janis lachte ebenfalls und wandte sich dann ab. Auch wenn alle hier sehr nett waren, anstrengend waren sie auch.

Er war sogar ein klein wenig erleichtert, als er auf die Straße trat und das Gartentor der Becksteins hinter sich schloss. Schnell überquerte er die Straße, schloss seine Tür auf und griff nach der Leine, die direkt neben der Tür auf dem Boden lag.

„Molly komm her, wir gehen raus!“, rief er und schüttelte die Leine.

Die Hündin bellte zur Antwort und kam sofort aus dem Wohnzimmer herausgeschossen. Als sie ihr Herrchen erreicht hatte, sprang sie freudig an ihm hoch und lies ihn die Leine in ihr Halsband einhacken. „So… los geht’s.“

Molly landete wieder mit allen vier Pfoten auf dem Boden und zog Janis hinter sich her aus dem Haus. „Hey, hey…“, lachte er. „Nicht so ungeduldig, junge Dame!“

Aber die Hündin dachte gar nicht daran, langsamer zu gehen und so stolperte Janis noch ein paar Meter hinter ihr her, bis er mit jemandem zusammenstieß.

„Autsch… Verzeihung.“, meinte Janis und zog kurz an der Leine. „Molly, ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht so ziehen.“ Die Hündin setzte sich auf den Gehweg und sah unschuldig zu ihrem Herrchen auf.

„Janis?“ Die Stimme des Mannes in den er hineingelaufen war, klang überrascht und kam ihm auch sehr bekannt vor.

„David?“ Janis sah erstaunt auf und lachte dann. „Was machst du denn hier?“

„Das könnte ich dich genau so fragen. Sag nicht, dass du jetzt hier wohnst?“ David ging in die Hocke und kraulte Molly am Kopf, um sie so zu begrüßen.

„Doch, das tu ich. Und wieso bist du hier?“, fragte Janis. „Sag nicht… sag mir jetzt bitte nicht, dass du der Verleger von Luka Seidel bist…“ Er hatte sich umgesehen und festgestellt, dass sie nur wenige Meter vom Eingang des Hauses seines Nachbarn entfernt standen.

„Nun… um ehrlich zu sein, bin ich das.“, antwortete David. Er tätschelte Molly noch ein letztes Mal den Kopf und stand dann wieder auf. „Um genau zu sein, sind Luka und ich gute Freunde.“

„Ich glaubs einfach nicht.“, meinte Janis perplex.

„Und du-“ David brach ab und in seinem Gesicht war deutlich zu sehen, dass ihn gerade eine Erkenntnis überkommen hatte. „Du bist sein neuer Nachbar?“

„Ähm… ja.“, antwortete Janis. „Ich war gestern kurz bei ihm, wegen seiner Katze. Er ist… anders, als ich ihn mir vorgestellt habe.“

David nickte. „Na los komm, gehen wir eine Runde mit Molly.“ Die Hündin stand sofort wieder und ging los, den beiden Männern voran.

Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis David schließlich wieder das Wort ergriff. „Du hast ihn gestern ganz schön erschreckt, weißt du das?“

„Ich habe es vermutet, bei seiner Reaktion. Er hat kaum was gesagt, mich nicht angesehen und seine Hände haben gezittert.“, antwortete Janis. „Ist irgendwas mit ihm nicht in Ordnung? Meine Nachbarn meinen auch, er wäre seltsam. Marlene hat mir gesagt, dass er niemals aus dem Haus geht, mit niemandem redet und nur für dich überhaupt seine Tür aufmacht.“

„Nun… er hat ein paar Probleme, ja.“, meinte David bestätigend. „Ich kenn ihn jetzt schon eine ganze Weile, eigentlich seit seiner Geburt…“ Janis sah ihn fragend an. „Unsere Eltern sind Freunde, alte Schulfreunde um genau zu sein… nun… er war schon immer ziemlich schüchtern…“ David zuckte mit den Schultern um deutlich zu machen, dass er nicht wusste, wie Luka so geworden war. „Ich weiß echt nicht, was ich mit ihm machen soll.“

Janis runzelte die Stirn. Er brauchte David nicht anzusehen, um zu wissen, dass es diesen sehr bedrückte, dem Jungen nicht helfen zu können.
 

Nachdem David das Haus verlassen hatte, war Luka noch einen Moment an der Tür stehen geblieben und hatte den Anderen beim weggehen beobachtet. Als er gesehen hatte, wie sein neuer Nachbar mit ihm zusammenstieß, war er erschrocken zusammengezuckt und langsam vom Fenster zurück gewichen.

Janis Blick war für kurze Zeit auf ihn gerichtet gewesen und hatte sein Herz vor Schreck schneller schlagen lassen, auch noch, nachdem der Mann wieder zu David gesehen hatte.

Jetzt saß Luka im Wohnzimmer, zusammengekauert in seinem Lieblingssessel und schaukelte leicht vor und zurück.

„Nur weil die beiden sich kennen, heißt das noch lange nicht, dass sie über dich reden Luka…“, murmelte er zu sich selbst. „Aber… als er gestern hier war, hab ich mich wie immer völlig daneben benommen… er stellt David ganz sicher Fragen über mich… oh nein… okay, hör auf damit. Du musst dich wieder beruhigen. Selbst wenn…“ Luka lachte leise. „Er wird ganz sicher nicht wieder herkommen, also was sollte es mich stören?“ Er hob den Kopf und atmete tief durch. „Siehst du, es ist alles… in Ordnung…“ Bei den letzten beiden Worten klang seine Stimme wieder zweifelnder. Luka ließ den Kopf zwischen seinen Armen verschwinden. „Verdammt…“

Finn, der gerade wieder von seinen Mäusefangzügen zurückgekehrt war, sah zu seinem Besitzer auf. Er sparte es sich, auf sich aufmerksam zu machen, da der Mensch ihn in diesem Zustand sowieso nicht hören würde, setzte stattdessen gleich zum Sprung an.

„Uah!“ Luka schrie erschrocken auf, als Finn neben ihm auf dem Sessel landete und seinen Kopf sofort gegen die Seite seines Besitzers drückte. „Finn… musst du mich so erschrecken?“

Der Kater mauzte und kuschelte sich neben Luka auf den Sessel. Dieser kraulte Finn abwesend am Kopf, woraufhin das Tier sofort zu schnurren begann.

Der Junge seufzte, bemerkte gar nicht, wie er sich langsam entspannte. Seine verkrampfte Hand löste sich aus seinem Pulli, sein Herzschlag und seine Atmung beruhigten sich wieder.

Finn schloss die Augen, zum einen weil er zufrieden mit sich selbst war, da er seinen Besitzer wieder einmal dazu gebracht hatte, sich zu beruhigen und außerdem genoss er es sehr, von dem Menschen gestreichelt und gekrault zu werden.
 

- Ende Kapitel 2 -
 

So, das wars… ich hoffe, es hat euch gefallen. Nächste Woche geht’s dann weiter mit Kapitel 3.^^

Bis dann,

Bye Bye

Das Päckchen

So, es ist Sonntag und ich habe das dritte Kapitel fertig.

Ich muss mich erstmal wieder bei ein paar Leuten bedanken, die mich bei diesem Kapitel unterstützt haben. Erstmal Marge91 für ihre lieben Kommis, ich hab mich sehr gefreut. Dann jani-chan und einer Kommilitonin, fürs Korrekturlesen und noch einer anderen Kommilitonin für sehr interessante Ideen für die nächsten Kapitel… langweile ich euch?^^ Gut dann hör ich jetzt auf und wünsche euch viel Spaß beim drittel Kapitel.
 

3. Das Päckchen
 

Es war erstaunlich, wie schnell man sich doch wieder an das Leben in einem kleinen Dorf gewöhnte. Molly fühlte sich in ihrer neuen Heimat vom ersten Tag an sehr wohl, das war deutlich daran zu erkennen, dass die ohnehin lebhafte Hündin noch wilder wurde. Die Felder, welche fast das gesamte Dorf umgaben, waren eine perfekte Umgebung für sie und Janis war froh, sie dort frei laufen lassen zu können.

Auch Janis hatte sich schnell eingewöhnt. Nur ein paar Tage hier und er kannte alle seine Nachbarn, wusste den Namen jeder freilaufenden Katze und konnte sie sogar der richtigen Familie zuordnen.

Er war dankbar für die Ruhe, die das geringe Verkehrsaufkommen in diesem Dorf mit sich brachte, da er sich nun besser auf seine Arbeit konzentrieren konnte, selbst die Schließung der Geschäfte um 18 Uhr störte ihn nicht mehr.

Und es gab eine Sache, auf die man sich hier im Gegensatz zu einer Großstadt verlassen konnte: Die Post kam immer pünktlich.

Genau um viertel nach elf klingelte es an Janis Haustür. Molly begann sofort, aufgeregt zu bellen und schoss aus dem Wohnzimmer hinaus in den Flur.

Janis sah von seinem Laptop auf und runzelte fragend die Stirn. Eigentlich erwartete er keine Post. Bevor er aufstand, speicherte er schnell die Datei, an der er gerade gearbeitet hatte, dann verließ er das Arbeitszimmer.

„Sei ruhig, Molly.“ Er schob die bellende Hündin in die Küche und schloss die Tür hinter ihr, bevor er dem Postboten öffnete. „Hi.“

„Hallo ähm…“ Der Postbote suchte mit den Augen nervös den Boden des Hausflures ab, bevor er weiter sprach. „Ich habe ein Päckchen für Ihren Nachbarn, Luka Seidel.“ Als er keinen Hund entdecken konnte, sah er endlich wieder auf. „Er scheint nicht da zu sein.“ Der Postbote hielt ihm ein kleines gelbes Paket entgegen. „Würden Sie es vielleicht für ihn annehmen?“

„Sicher.“ Janis versuchte das Grinsen – welches die Reaktion des Postboten hervorgerufen hatte – zu unterdrücken. Da es ihm aber nicht besonders gut gelang räusperte er sich, um sich selbst zur Vernunft zu rufen. Schnell gab er dem Mann eine Unterschrift und nahm dann das Päckchen entgegen. „Sind Sie neu?“

„Vertretung.“ Der Postbote klang verwirrt. „Wieso?“

„Nur so, nicht so wichtig.“, meinte Janis lächelnd. „Vielen Dank.“ Nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte, verschwand das Lächeln sofort wieder aus seinem Gesicht.

Er drehte das Päckchen unschlüssig in der Hand und betrachtete es von allen Seiten, bevor er schließlich mit den Schultern zuckte und es neben sein Telefon auf den kleinen Flurtisch legte.

Als er gerade wieder in sein Arbeitszimmer zurückgehen wollte, um weiter zu schreiben, hörte er ein leises Kratzen, gefolgt von einem klagenden Jaulen.

„Oh Molly…“ Janis schlug sich leicht mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte über sich selbst den Kopf. Schnell öffnete er die Tür und ließ seine Hündin wieder aus der Küche heraus. „Tut mir Leid Süße. Ich weiß auch nicht, warum ich dich in letzter Zeit ständig vergesse.“ Molly sprang fröhlich an ihm hoch – sie vergab ihm meistens sofort wieder, egal was er tat. Janis drückte sie allerdings wieder von sich weg. „Ich muss arbeiten, okay? Ich bin schon total im Rückstand wegen dem Umzug und allem. Ich habe einen Abgabetermin, weist du?“ Die Hündin sah ihn verständnislos an. „Tut mir wirklich Leid, aber ich kann jetzt nicht mit dir spielen.“

Molly wandte sich von ihm ab und trottete beleidigt ins Wohnzimmer. Sie verstand nicht, wieso dieser Mensch immer so beschäftigt war, dass er nie Zeit zum spielen hatte.

Janis sah der Hündin einen Moment hinterher. Es tat ihm Leid, dass er im Moment nicht die Zeit finden konnte, sich mit Molly zu beschäftigen. Vor allem jetzt, wo die ganze Umgebung geradezu danach schrie, mit ihr raus zu gehen und sie ein wenig toben zu lassen. Schließlich kehrte er allerdings wieder in sein kleines, noch immer etwas ungemütliches Arbeitszimmer zurück und versuchte, den Faden wieder aufzunehmen, um weiterarbeiten zu können.

Nachdem er über eine Stunde lang untätig auf den Bildschirm gestarrt hatte, ohne eine Idee zu haben, wie er weiterschreiben sollte, stand er frustriert auf und klappte den Laptop zu. „Verdammt!“, fluchte er genervt. „Dabei war ich grad so gut drin!“ Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und schüttelte dann den Kopf, um sich wieder zu beruhigen und seinen Ärger loszuwerden. „Na fein… Womit lenk ich mich jetzt am besten ab?“ Wenn er Glück hatte, würde ihm die entscheidende Idee kommen, wenn er nicht weiter über den Roman nachdachte. Er könnte mit Molly spazieren gehen, die Hündin würde das sicher freuen und er würde garantiert auf andere Gedanken kommen.

Im Flur fiel sein Blick auf den Grund für sein momentanes Problem. Janis runzelte die Stirn und griff noch immer genervt nach dem Päckchen seines Nachbarn. Seufzend wandte er sich zur Tür um, griff nach seinem Schlüssel und verließ dann das Haus. Er würde zuerst die Post abgeben und anschließend mit Molly spazieren gehen, sonst würde er es möglicherweise später noch vergessen.

Kurze Zeit später drückte er bereits auf Lukas Klingel und wartete, ob sich im Haus etwas regte. Als sich nichts tat, bückte er sich, um das Päckchen vor die Tür zu stellen.
 

Luka schreckte von seiner Arbeit hoch, als er das Klingeln hörte. Angespannt richtete sich sein Blick auf die Tür zum Arbeitszimmer.

„Das ist sicher nur der Postbote.“, murmelte er zu sich selbst. Als sein Blick auf die Uhr über der Tür fiel, zuckte er allerdings erschrocken zusammen. Es war bereits viertel nach zwölf, die Post musste schon da gewesen sein. Er fuhr sich mit zitternden Händen durch die verstrubbelten Haare.

„Wer auch immer das ist, geht sicher gleich wieder weg.“, versuchte er sich selbst einzureden. „Ganz sicher… Uah!“ Ein plötzliches unerwartetes Sturmklingeln ließ Luka aufschreien und so stark zusammenzucken, dass er von Stuhl fiel und schmerzhaft auf dem Boden landete. Schutzsuchend kauerte er sich unter dem Schreibtisch zusammen, zog die Beine an und versteckte seinen Kopf zwischen den Armen. Um das noch immer andauernde Klingeln nicht mehr hören zu müssen, hielt er sich die Ohren zu.

Als es plötzlich aufhörte, regte sich Luka erst nicht, ließ aber schließlich erleichtert die Hände sinken.

„Luka, ich weiß, dass du da bist!“

Die Augen des Jungen weiteten sich geschockt, als er die Stimme von draußen herein rufen hörte und sie sofort erkannte. „Oh nein…“ Sein neuer Nachbar! „Er wird sicher nicht gehen. Er ist das letzte Mal auch nicht gegangen…“

„Komm her und mach die Tür auf! Der Postbote hat was für dich bei mir abgegeben!“

Der Postbote? Luka hatte den ganzen Schrecken mit einem Mal vergessen und krabbelte aufgeregt auf allen Vieren unter dem Tisch hervor. Das konnte nur das neue Buch sein, auf das er bereits seit zwei Wochen wartete.

Langsam ging er auf die Tür zu, die Angst holte ihn fast sofort wieder ein und so hielt er sich schließlich mit wackligen Beinen am Rahmen fest und schaute vorsichtig um die Ecke.

„Aber… der Postbote legt Päckchen doch immer vor die Haustür.“ Als Luka diese Erkenntnis traf, zog er sofort seinen Kopf zurück und presste sich an die Wand neben der Tür. Seine bebenden Hände schlossen sich krampfhaft fest um die Falten, die seine Hose warf, was dazu führte, dass er am ganzen Körper zu zittern begann.

Als wäre das alles noch nicht genug, wurde ihm auch noch schwindelig. Er spürte seinen eigenen Herzschlag unangenehm in seinem Kopf pochen.

„Wenn du die Tür nicht aufmachst, öffne ich das Päckchen und schau nach, was drin ist!“, rief Janis und dass er genervt war, konnte Luka ganz deutlich hören.

Der Junge zuckte erschrocken zusammen. Das würde er nicht wirklich machen, oder doch?

Zögernd löste er sich von der Wand und ging dann mit vorsichtigen Schritten auf die Tür zu. „Ganz ruhig…“, murmelte er und holte tief Luft. Er streckte eine zitternde Hand nach der Türklinke aus und drückte sie langsam herunter. Bevor er die Tür allerdings öffnete, schloss er die Augen. Sein Blick wanderte automatisch in Richtung seiner Schuhe.
 

„Hey.“ Janis lächelte freundlich, als die Tür aufging.

Auch wenn er Luka nicht wirklich kannte, so war es für ihn trotzdem nicht schwer zu erkennen, dass der Junge ziemlich nervös war. Luka starrte auf den Boden und spielte unruhig am Saum seines übergroßen Pullovers herum.

„Hier.“ Er hielt ihm das Päckchen entgegen. „Du bist gerade noch rechtzeitig gekommen. Eine Minuten länger und ich hätte es aufgemacht.“

Luka hob überrascht den Kopf. „Sie… S- Sie haben… nicht…?“ Eine Mischung aus Verwirrung und Erstaunen, die Janis nicht ganz verstand, zeichnete sich in dem Gesicht des Jungen ab. „Danke.“, murmelte er und wollte nach dem Päckchen greifen, aber Janis zog es wieder zurück. Luka ließ die Hände nur langsam wieder sinken und sah den Anderen dabei fragend an.

Janis grinste. „Also, was ist da drin?“ Er hielt das Päckchen aus Lukas Reichweite, auch wenn er sich eigentlich ziemlich sicher war, dass der Junge nicht versuchen würde, es ihm aus der Hand zu reißen.

„Ein Buch.“, nuschelte Luka, den Blick wieder zu Boden gerichtet. Was wollte dieser Mann denn bloß von ihm?

Als er spürte, dass sein Herz schneller schlug, als es gesund sein konnte, biss er sich nervös auf die Unterlippe.

Als keine weitere Erklärung kam, legte Janis den Kopf schief und sah den Jungen forschend an. „Das war mir bereits klar, als ich das Logo von einem Onlinebuchladen auf dem Adressaufkleber gesehen habe.“, meinte er schmunzelnd. „Von wem ist das Buch denn?“

„Was geht Sie das an?“, fragte Luka aufgebracht. Wieso mischte sich dieser fremde Mann in seine privaten Angelegenheiten ein?

Janis Augenbrauen wanderten amüsiert ein Stück in die Höhe, als er das zornige Funkeln in den Augen des Kleineren sah.

Als Luka klar wurde, was er gerade gesagt hatte, sog er erschrocken die Luft ein und wich unbewusst einen Schritt zurück. „T-t-t-tut mit Leid.“, stotterte er, starrte Janis angespannt aus vor Schreck geweiteten Augen an. „Ich wollte nicht… ich meine ich…“ Luka brach ab, da er eigentlich gar nicht wirklich wusste, was er Janis sagen wollte. Als er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, senkte er verlegen den Kopf und biss sich wieder auf die Unterlippe.

Die auf diesen kleinen Ausbruch folgende Reaktion des Jungen ließ Janis belustigt grinsen und er musste sich sehr zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Er räusperte sich, um seine Beherrschung wieder zu finden. „Also? Wer ist der Autor?“

Da Luka etwas murmelte, das Janis nicht verstand, fragte der noch einmal nach. „Kevin Keller.“ Diese Antwort war zwar nicht wirklich viel lauter gewesen als die vorherige, aber Janis hatte trotzdem verstanden, was Luka gesagt hatte.

Er starrte den Jüngeren perplex an, öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn allerdings wieder, ohne einen Ton hervorgebracht zu haben. Das konnte doch nur ein Scherz sein. Oder aber es gab tatsächlich solche großen Zufälle.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren hielt er Luka das Päckchen entgegen. Als der Junge aufsah, schluckte Janis überrascht. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass dieses Gespräch Luka so zugesetzt hatte. Der Kleinere war weiß wie eine Wand, nur seine Wangen waren leicht gerötet, die Augen schimmerten feucht und blickten ihn beinahe flehend an.

Luka griff nach dem Päckchen, riss es an sich und warf die Tür hinter sich zu, sperrte die Außenwelt so wieder aus, flüchtete sich in seine Isolation zurück.

Janis starrte auf die geschlossene Tür vor sich, verfolgte das an einem rostigen Nagel baumelnde verwelkte und vertrocknete Blumensträußchen mit den Augen. Nicht dass ihn Lukas Reaktion überrascht hätte, er hatte von Anfang an damit gerechnet, das der Junge genau das tun würde, aber dennoch erstaunte ihn der Ausgang des Gespräches.

Er wandte sich von der Tür ab und ging langsam in die Richtung seines eigenen Hauses. Nachdenklich verschränkte er die Arme vor dem Bauch, bildete mit der rechten Hand eine Faust und stützte sein Kinn darauf. Kevin Keller also.

Selbstzufrieden vor sich hingrinsend schloss er die Tür zu seinem Haus auf. Auf einmal hatte er die Motivation, an seinem Roman weiter zu schreiben, wieder gefunden. Und eine Idee, wie er die Handlung fortführen konnte, würde ihm sicher auch gleich kommen. Dass er ursprünglich eigentlich mit Molly spazieren gehen wollte, hatte er bereits wieder vergessen.

Der Hündin war das auch im Moment ziemlich egal. Sie lag zufrieden in dem gemütlichen Fernsehsessel ihres Herrchens und schnüffelte ab und zu mit geschlossenen Augen an der Armlehne, auf der ihr Kopf lag und die so gut nach dem Menschen roch.
 

Luka saß mit angezogenen Beinen auf seinem weich gepolsterten Schreibtischstuhl, hatte seine Arme verschränkt auf die Knie gelegt und stützte sein Kinn darauf ab. Eine Zeit lang starrte er mit leerem Blick an die Wand gegenüber, beobachtete den Sekundenzeiger der Uhr über der Tür und zählte jedes einzelne Ticken mit, ohne zu wissen, bei welcher Zahl er gerade war.

Da er nicht bemerkt hatte, dass er schon vor einigen Minuten angefangen hatte, zu weinen, blinzelte er erschrocken, als ihm die Sicht vor seinen Augen verschwamm. Verwirrt fuhrt er sich mit eiskalten Fingern übers Gesicht und spürte die feuchten Spuren, die sich bis zu seinem Kinn hinunter zogen und von da aus auf seinen Pullover tropften.

Lukas Arme rutschten die Beine hinunter, auf seinen Bauch, wo sie kraftlos liegen blieben. Er folgte ihnen mit den Augen, dann hob er den Kopf und starrte mit halb geöffnetem Mund geradeaus, über die Schreibtischkante hinweg ins Leere.

Er hörte sich selber atmen, hatte aber nicht das Gefühl, wirklich Luft zu bekommen. Sein Blick wanderte langsam über den Schreibtisch und blieb schließlich an dem alten schwarzen Telefon hängen, das in der hintersten Ecke stand, umgeben von zerknülltem Papier und herumliegenden leeren Kugelschreibern.

Luka lehnte sich nach vorn und griff mit zitternden Händen nach dem Hörer, wählte die Nummer seines einzigen Freundes. Während er der leisen Melodie lauschte, die bei Davids statt dem nervtötenden Tuten zu hören war, wischte er sich mit dem Ärmel seines Pullovers die Tränen aus den Augen.

„Hallo?“ Luka fuhr erschrocken zusammen, als er Davids hörbar genervte Stimme erkannte. Langsam ließ er die Hände sinken. Wenn er einfach wieder auflegte, konnte David weiter arbeiten. Vielleicht machte ihm die Störung dann ja nichts weiter aus. „Hallo?“ Noch einmal zuckte er zusammen. Er hustete und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Vor Angst David wütend gemacht und ihn bei seiner Arbeit gestört zu haben, hatte er vergessen zu atmen.

‚Wie bin ich nur auf die dumme Idee gekommen, ihn anzurufen?’ Luka kniff die Augen fest zusammen und schüttelte über sich selbst den Kopf. ‚Immerhin arbeitet David. Er hat unglaublich viel zu tun. Natürlich wird er wütend, wenn ich ihn störe…’

„Wenn du wieder der Typ bist, der letzten Monat diese Telefonstreiche gespielt hat, dann kannst du was erleben, Freundchen!“, rief David.

Am ganzen Körper zitternd hob Luka den Telefonhörer wieder ans Ohr. Er musste bei David um Verzeihung bitten und ihm versichern, dass er ihn nie wieder anrufen würde.

„Es… es… es tut mir Leid.“, schluchzte er in den Hörer. „Ich wollte dich nicht stören, wirklich nicht. Ich werd das nie wieder tun, ich lass dich jetzt weiter arbeiten, ich-“

„Luka?“, unterbrach David den viel zu schnellen und damit beinahe schon unverständlichen Redefluss des Jungen.

„Ich wollte nicht… ich meine… ich…“ Luka brach ab, da er nicht wusste, wie er weiter reden sollte. „Es tut mir leid!“ Er wollte schnell wieder auflegen, wurde aber von David mitten in der Bewegung gestoppt.

„Luka!“ Der Angesprochene erstarrte förmlich. „Ist etwas passiert?“ Der Junge antwortete nicht, aber David wusste auch so, dass etwas nicht stimmte. Dies war das erste Mal, seit er ihn kannte, dass Luka ihn angerufen hatte. „Ich komme zu dir, okay?“

Luka setzte zu einer Antwort an, wollte dem Anderen sagen, dass es nicht nötig war, zu ihm zu kommen, aber da hörte er auch schon das schnelle regelmäßige Tuten aus dem Telefon, dass darauf hinwies, dass die Leitung unterbrochen worden war.

Ein flaues Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus, als er den Hörer langsam sinken ließ und schließlich auflegte. Er lehnte sich auf dem Stuhl wieder zurück, schlang die Arme um die noch immer angezogenen Beine und ließ seinen Kopf darauf sinken.
 

Ende Kapitel 3
 

So das war’s. So lieb ich Janis hab, er kann echt gemein sein, oder?

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Und da ich immer nich weiß, was ich hier noch schreiben soll, mach ich jetzt Schluss. Wir sehen uns nächsten Sonntag.

Bye Bye…^^

Das klärende Gespräch

Hallo liebe Leser, willkommen zum… vierten Kapitel. Ich gebe zu, ich hab mich damit etwas schwer getan, hatte etwa eine Woche lang ne Schreibblockade, weil ich einfach nicht wusste, wie ich es anfangen soll. Außerdem muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich das Gefühl bekommen hab, dass mein Computer mich hasst, er ist mir nämlich relativ regelmäßig abgestürzt. Aber jetzt läuft er wieder einwandfrei, da grad jemand hier war und ihn mir repariert hat.

Und jetzt, wo ich es geschafft habe und das Kapitel vom Korrekturlesen zurück ist, will ich euch gar nicht mehr lange vom Lesen abhalten.

Ich hoffe, dass euch dieses Kapitel gefällt, denn jetzt geht es los.^^
 

4. Das klärende Gespräch
 

„Luka…“ Seit einer halben Stunde saß David jetzt gegenüber von Luka auf dessen Couch und bisher hatte er es nicht geschafft, ein vernünftiges Wort aus dem Jungen herauszubekommen. Das Einzige, was Luka von sich gegeben hatte, waren ein paar gestammelte Entschuldigungsversuche gewesen, die er aber sofort wieder aufgegeben hatte. Seitdem saß Luka mit angezogenen Beinen in seinem Sessel und hatte nichts mehr gesagt. „Luka.“, versuchte er es noch einmal und diesmal reagierte der Junge. Er hob den Kopf und sah vorsichtig – aus vom weinen gerötetem Augen – zwischen seinen Armen hervor. Ein Lächeln legte sich auf Davids Lippen, war allerdings in seinen Augen nicht zu sehen. „Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?“

„Ich…“ Luka brach ab und ließ seinen Kopf seufzend wieder auf seine Arme sinken.

David stand von dem Sofa auf und ging vor dem Jungen in die Hocke. „Luka, du hast mich angerufen. Ich nehme mal an, du wolltest mit mir über irgendwas reden, nicht wahr?“

„Es tut mir Leid… Ich wollte dich nicht bei deiner Arbeit stören. Ich… ich wäre damit auch allein…“, murmelte Luka. „Es tut mir Leid.“

David schüttelte den Kopf. „Hör mal Luka, ich finde es gut, dass du mich angerufen hast, okay? Und ich möchte auch, dass du es wieder tust, wenn etwas passiert.“

Luka sah auf, die Verwirrung stand ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben. „Meinst du das ernst?“

David lächelte. „Natürlich.“ Der Junge senkte erschrocken den Kopf, als Davids Hand ihn berührte, da dieser aufgestanden war, um Luka durch die Haare zu wuscheln. „Und jetzt erzählst du mir, was passiert ist, okay?“

Luka nickte zögernd. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder, atmete tief durch und versuchte es noch einmal. „M…mein…“ Luka machte noch einmal eine Pause, dann schrie er den Satz beinahe. „ Mein neuer Nachbar war wieder hier!“ Nach einer kurzen Pause fügte er noch eine leise Entschuldigung hinzu.

Davids Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe, dann seufzte er beinahe erleichtert. „Hat er dir etwas getan?“

„Na ja er… der Postbote hat ein Päckchen bei ihm abgegeben und er … er hat es mir gebracht.“ Luka wandte seufzend den Kopf ab, da er nicht wusste, wie er weiter erzählen sollte.

„Aber das war doch nett, oder nicht?“ David setzte sich wieder auf die Couch. Irgendetwas sagte ihm, dass dies wieder einmal ein längeres Gespräch werden würde.

„Na ja schon…“ Luka sah wieder zu David. „Wenn er es einfach hingestellt hätte… ich meine, ich hätte es mir selber reinholen können…“ Die Hände des Jungen verkrampften sich ineinander, während er versuchte, dem anderen zu erklären, was passiert war. „Aber er… er hat gesagt, er würde es öffnen, wenn ich nicht rauskomme.“

„Und hat er das?“, fragte David, als Luka nicht weiterredete.

„Nun… nein.“, antwortete Luka. „Ich hab die Tür geöffnet und… er wollte mir das Päckchen nicht geben, bis ich ihm verrate, was ich bestellt habe. Und dann wollte er auch noch wissen, wer der Autor des Buches ist.“ Luka senkte den Kopf. „Ich hab ihn angeschrien. Ich… ich hab mich vollkommen daneben benommen.“

David seufzte. Nun wusste er wenigstens, was den Jungen bedrückte. „Hör mal Luka, es ist vollkommen in Ordnung, jemanden anzuschreien. Ich tu das auch manchmal. Da ist überhaupt nichts dabei.“

Luka schüttelte hastig den Kopf. „Nein, ich darf andere Menschen nicht anschreien, das ist nicht richtig.“, sagte er aufgebracht. Nervös strich er sich eine Haarsträhne aus den Augen und biss sich auf die Unterlippe. „Nicht richtig.“ Sein Kopf sank wieder auf seine Arme. „Du… du kennst ihn doch, oder?“, fragte Luka leise. „Kannst du ihm nicht sagen, dass er mich in Ruhe lassen soll? Er… er macht mir Angst.“

David nickte grimmig, während er aufstand. Wie konnte Janis es nur wagen, den Jungen so zu erschrecken und ihm solche Angst einzujagen? Auch wenn Janis sein Freund war, das konnte er ihm einfach nicht durchgehen lassen.

„Komm mit, ich mach dir erstmal einen Tee, der beruhigt.“, meinte er gezwungen gelassen.

Luka nickte zögernd, stand langsam auf und folgte David dann in die Küche. Dort ließ er sich sofort wieder auf einen Stuhl sinken und zog die Beine an.
 

Als es an der Tür klingelte, sah Janis verwirrt von seinem Buch auf. Er erwartete doch überhaupt keinen Besuch, immerhin kannte niemand seine neue Adresse.

Das Buch legte er offen und umgedreht auf den Couchtisch, damit die Seite nicht verblätterte, dann stand er auf, verließ das Wohnzimmer und öffnete die Haustür.

„Hallo.“

„Andreas?“, fragte Janis verblüfft. „Also mit einem Besuch von Ihnen hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet.“

Der Mann vor der Tür lachte fröhlich. „Um ehrlich zu sein, ich auch nicht. Sie werden niemals erraten, wieso ich hier bin.“

„Nun, wenn ich es nicht erraten kann, warum sagen Sie es mir dann nicht einfach?“, fragte Janis freundlich.

„Was? Oh ja, natürlich.“ Andreas lachte noch einmal, zog dann eine knallbunte Karte aus seiner Manteltasche und reichte sie an Janis weiter. „Hier. Meine Tochter, Sie erinnern sich bestimmt?“ Er wartete gar nicht auf eine Antwort von Janis und redete einfach weiter. „Sie feiert am Samstag ihren Geburtstag, gestern ist sie sieben geworden. Ich war selber ganz überrascht, weil sie Ihnen gegenüber ja so zurückhaltend war, aber Sara wollte Sie unbedingt einladen.“

„Mich?“ Janis deutete überrascht mit dem Daumen seiner rechten Hand auf sich selbst, starrte dann wieder auf die pink-grüne Innenseite der Karte, auf der Datum, Ort und Zeit der Party standen.

„Ja.“ Andreas nickte, mit hochgezogenen Augenbrauen. „Also, werden Sie kommen?“

„Nun ich denke… wenn mich eine junge Dame zu ihrem Geburtstag einlädt, wie könnte ich dann nein sagen?“, meinte Janis grinsend. „Nur… was schenkt man einer siebenjährigen?“

Andreas lachte und Janis bekam langsam den Eindruck, dass dieser Mann dies sehr häufig und sehr viel tat. Die tiefen Falten um seinen Mund herum, die man nur sah, wenn er lachte, schienen das sehr deutlich aussagen zu wollen.

„Nun, Ihnen wird sicher etwas einfallen. Sara freut sich eigentlich über alles.“ Er reichte Janis die Hand. „Sie wird sich freuen, dass Sie ihre Einladung annehmen. Wir sehen uns dann am Samstag.“ Er wandte sich am und ging zum Fußweg zurück. „Und nicht zu spät kommen.“

Janis schloss kopfschüttelnd die Tür und besah sich noch einmal die bunte Karte. Ein Kindergeburtstag also. Na ja, drum herum gekommen wäre er ohnehin nicht, selbst wenn er gesagt hätte, dass er keine Zeit hatte, Andreas wäre wohl nicht ohne eine Zusage wieder gegangen.

Er legte die Karte grinsend auf den Flurtisch und machte gerade den ersten Schritt Richtung Wohnzimmer, als es noch einmal klingelte. Noch immer grinsend öffnete Janis die Tür wieder, wahrscheinlich hatte Andreas noch irgendetwas vergessen.

„Hey.“ Das Grinsen verschwand, als Janis in das ernste Gesicht seines Gegenübers sah. „David?“

„Darf ich reinkommen?“, fragte der Verleger. Seine schlechte Laune konnte Janis überdeutlich spüren.

„Klar, komm rein.“ Er trat einen Schritt zur Seite und ließ David so ins Haus. „Gehen wir ins Wohnzimmer.“ Die Haustür warf er einfach hinter sich zu und führte den anderen dann in den besagten Raum. „Setz dich doch. Also… wieso bist du hier?“

Nachdem auch Janis sich gesetzt hatte, atmete David tief ein. „Kannst du mir mal sagen, was du dir dabei gedacht hast?“, fragte er ohne Umschweife, da er der Meinung war, Janis würde genau wissen, wieso er gekommen war.

Der sah ihn allerdings nur ziemlich verständnislos an. „Was meinst du? Hab ich irgendwas getan, von dem ich wissen sollte?“

„Luka hat mich vor ein paar Stunden auf Arbeit angerufen.“, erklärte David. „Er war völlig aufgelöst. Ich bin natürlich sofort hergefahren und weißt du, was er mir erzählt hat?“

Janis schüttelte den Kopf, obwohl er genau wusste, wieso David wütend war – und das war er, man erkannte das sehr gut an der wild pochenden Ader an seiner Stirn

„Du standest vor seiner Tür und hast ihn bedroht. Er ist völlig fertig wegen dir.“ Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Was hast du dir nur dabei gedacht? Du weißt doch, dass er Angst vor Menschen hat.“

„Nein eigentlich hast du mir nur gesagt, dass er ziemlich schüchtern ist.“, meinte Janis und lehnte sich ruhig in seinem Sessel zurück. „Nur weil er schüchtern ist, darf man also nicht mit ihm reden?“

„Man darf mit ihm reden, natürlich. Und man kann das auch, aber-“

„Und mit man meinst du dich, richtig?“, unterbrach Janis den Verleger.

„Na hör mal!“ David gestikulierte wild mit seinen Armen. „Ich kenne Luka schon eine ganze Weile. Er vertraut mir.“

„Ja.“ Janis schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich kenne ihn natürlich noch nicht so lange und damit bin ich kein geeigneter Gesprächspartner für ihn.“

David stand auf und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was du mit deiner Aktion angerichtet hast? Kannst du dir vorstellen, wie lange ich schon daran arbeite, ihn mal wieder aus dem Haus, mal wieder unter Menschen zu bringen? Du hast das alles kaputt gemacht, ist dir das klar?“

Janis legte gelassen die Füße auf den Couchtisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „So… er hat dich also angerufen und du bist sofort zu ihm gefahren, richtig?“

David blieb stehen und wandte sich zu Janis um. „Genau. Mir war sofort klar, dass irgendetwas nicht stimmen konnte er-“

„Er hat dich vorher noch niemals angerufen, nicht wahr?“ Janis hatte ihn wieder unterbrochen.

David starrte ihn erst verwirrt an, dann ungläubig, schließlich ließ er sich seufzend auf das Sofa sinken. „Ja, du hast Recht.“ Er schüttelte den Kopf. „Er hat das tatsächlich vorher noch niemals getan.“

„David…“ Janis nahm die Füße wieder vom Tisch und richtete sich in seinem Sessel auf. „Ich kann mir vorstellen, wie viel er dir bedeutet. Aber… ihn immer nur mit Samthandschuhen anzufassen wird Luka nicht unbedingt weiter bringen.“

„Du kennst ihn erst seit einer Woche und denkst, dass du dir schon ein Urteil über ihn bilden kannst?“, fragte David aufgebracht. Er sah zwar ein, dass Janis den Jungen zu einem kleinen Fortschritt bewegt hatte, aber die Methode, Luka Angst zu machen, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Du hast ihn vielleicht dazu gebracht, mich freiwillig anzurufen und dafür bin ich dir auch sehr dankbar, aber ich möchte nicht, dass du noch einmal zu ihm gehst!“

Janis zog leicht amüsiert die Augenbrauen hoch. „Du möchtest nicht, dass ich noch einmal zu ihm gehe?“

David schüttelte den Kopf und fuchtelte wieder wild mit den Händen in der Luft herum. „Er will das nicht. Luka hat mir gesagt, dass du ihm Angst machst und ich soll dir ausrichten, dass er nicht noch einmal mit dir sprechen möchte.“

„Und du tust alles, was er von dir möchte, nicht wahr? Er ruft dich an und du fährst sofort hierher. Er tut ein bisschen hilflos und du bemutterst ihn sofort, richtig?“, meinte Janis lachend.

„Luka tut ganz bestimmt nicht hilflos!“, rief David und stand wieder auf. „Du wirst ganz sicher nicht noch einmal zu ihm gehen, hast du das verstanden?“

Janis wurde wieder ernst. „Tu uns beiden den Gefallen, beruhige dich und setz dich wieder hin, ja?“ Er wartete, bis David wieder saß, bevor er weiter sprach. „Wie ich bereits sagte, ist mir klar, dass dir viel an ihm liegt. Um ehrlich zu sein, hab ich auch das Bedürfnis, ihn zu beschützen, wenn ich ihn sehe. Aber das wird ihm nicht helfen, das kannst du mir glauben.“

„Ach, du weißt wohl, wovon du redest?“, meinte David und der Sarkasmus war selbst für Janis nicht zu verkennen.

„Ganz genau. Ich war damals nicht ganz so schlimm drauf wie Luka und ich bin sicher, dass er noch eine ganze Menge mehr Probleme hat, als ich in seinem Alter hatte…“ Janis brach ab, erschrocken über das, was er gerade gesagt hatte. Er hatte sich doch geschworen, das niemals irgendwem zu erzählen, er wollte daran doch nie wieder dran denken müssen.

Davids Blick wurde unsicher, als er Janis Worte hörte. „Was meinst du damit?“ Der ganze Spott war aus seiner Stimme verschwunden.

„Wie gesagt, hat Luka sicher eine ganze Menge Probleme. Das sieht man sofort, wenn man ihm in die Augen schaut.“

„Janis, versuch nicht abzulenken, okay?“ David beugte sich vor. „Erzähl schon.“

Der Andere seufzte frustriert und gab sich geschlagen. „Na ja im Grunde genommen weist du es bereits. Ich hab dir schon mal erzählt, dass von zu Hause weg bin, um Schriftsteller zu werden… Das war mein größter Traum. Tag und Nacht saß ich an meinem Roman und habe gearbeitet. Ich lebte bei meiner Freundin, sie war fünf Jahre älter als ich, hatte eine eigene Wohnung, wir liebten uns, sie war also für mich damals wirklich perfekt. Nur…“ Janis unterbrach sich selbst und machte eine hilflose Geste. „Nun, ich habe nur noch geschrieben und keine Zeit mehr mit ihr verbracht, schließlich setzte sie mich vor die Tür. Wenn sie das nicht getan hätte, dann wäre ich heute wahrscheinlich wie Luka… So viel zur Kurzfassung.“

„Aber das ist doch miteinander überhaupt nicht zu vergleichen.“ David klang wieder sehr gereizt.

„Denkst du das wirklich?“, fragte Janis lächelnd. „Es wird Luka nicht helfen, dass du dir andauernd Sorgen um ihn machst und dass du immer sofort da bist, wenn er Probleme hat. Wenn du willst, dass Luka wieder unter Menschen geht, musst du ihn mit der Realität konfrontieren. Ihn zu bemuttern, wird ihn ganz sicher nicht weiter bringen.“

„Ich bemuttere ihn nicht ich… ich…“ David brach ab. Janis hatte Recht. Er machte sich dauernd Sorgen um Luka, war immer sofort zu Stelle, wenn etwas nicht in Ordnung war. Wenn Luka nichts mehr zu Essen im Haus hatte, rief er Pedro an und gab ihm die Bestellung des Jungen. Wenn er einen Abgabetermin nicht einhalten konnte, sprach er mit seinem Chef und ersparte es so Luka. Und es gab noch viele andere Dinge, die er dem Jungen abnahm. „Verdammt…“

„Ich sage nicht, dass es schlecht ist, dass er jemanden hat, der sich um ihn kümmert.“, meinte Janis lächelnd. „Er muss nur lernen, alleine klar zu kommen, denkst du nicht?“

„Wie kannst du dir eigentlich nach einer Woche schon so eine fundierte Meinung über einen anderen Menschen bilden?“, fragte David niedergeschlagen. Obwohl er einsehen musste, dass er Luka nicht unbedingt half, ärgerte es ihn, dass Janis es sich heraus nahm, so einfach über den Jungen zu urteilen.

„Hey, ich bin Autor, nicht wahr? Da muss man eine gute Menschenkenntnis haben, oder nicht?“, meinte Janis und hob in einer Friedensgeste die Hände. „Also was ist? Muss ich jetzt um deine Erlaubnis bitten, ihn noch mal zu treffen?“

David seufzte ergeben. „Du hast mich noch nicht hundertprozentig überzeugt und solltest du ihm noch einmal solche Angst einjagen, werde ich dich schlagen müssen. Aber ich denke, du solltest es versuchen. Zwei Fortschritte hast du immerhin schon erzielt.“

„Zwei?“, fragte Janis verwirrt. „Er hat dich angerufen? Was ist der zweite?“

„Das ist der zweite.“, antwortete David. „Der erste war, dass er dir überhaupt die Tür geöffnet hat.“ Janis lachte, doch David blieb Ernst. Er hoffte nur, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Plötzlich sah verwirrt aus. Eigentlich hätte Janis gar nicht um seine Erlaubnis fragen müssen. Wieso hatte er es also getan?

„Dir ist schon klar, dass du da mitziehen musst, oder?“, fragte Janis noch immer lachend.

Da war also der Haken. „Er wird mich ganz sicher hassen.“, meinte David niedergeschlagen.
 

Ende Kapitel 4
 

So, das war es erstmal wieder. Ich hoffe es hat euch gefallen und ihr habt ein bisschen was Neues über David und Janis gelernt.^^

Also ich hab beim Schreiben angefangen, mich mit mir selbst zu streiten. Ich sag euch, dass ist verdammt anstrengend. Aber Spaß gemacht hat’s mir, ich hoffe euch auch.^^

Und jetzt sag ich mal tschüss und wünsche euch ein schönes restliches Wochenende und eine schöne neue Woche, wir sehen uns nächsten Sonntag wieder.^^

Bye Bye *wink*

Molly auf Abwegen

5. Molly auf Abwegen
 

Seufzend wandte sich Luka seinem Schreibtisch zu, starrte auf den leeren weißen Bildschirm und seufzte gleich noch einmal. Das was ihm gerade solche Probleme bereitete ließ sich wohl ganz allgemein als Schreibblockade bezeichnen. Bisher hatte er noch niemals solche Schwierigkeiten gehabt, etwas zu Papier zu bringen, wie bei seinem neuen Roman und er war sich noch nicht einmal sicher, wieso er nicht weiter schreiben konnte. An der Handlung lag es ganz bestimmt nicht, er wusste genau, was als nächstes geschehen sollte.

Luka verschränkte die Hände hinterm Kopf und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, sah zur Decke auf, als könnte sie ihm helfen, sein Problem zu lösen.

Nachdem er ein paar Minuten so dagesessen und vor sich hin gestarrt hatte, riss ihn ein plötzliches lautes Bellen aus seinen Gedanken. Er zuckte erschrocken zusammen. Seit wann gab es denn in seiner Nachbarschaft einen Hund? Immerhin hatte hier so gut wie jede Familie eine Katze, manche sogar zwei oder drei, die vertrugen sich sicher nicht mit Hunden.

Luka wandte sich dem Fenster zu, um den schweren Vorhang, der davor hing, ein Stück zur Seite zu schieben. Die Quelle des Bellens fand er beinahe sofort und der Anblick seines neuen Nachbarn ließ sein Herz vor Schreck einen Schlag aussetzen, dann aber um einiges schneller weiterschlagen, als vorher.

Da er vermeiden wollte, dass der andere ihn sah, ließ er die Hand, die den Vorhang festhielt, langsam wieder sinken. Als allerdings der goldbraune Hund begann, fröhlich um sein Herrchen herumzuspringen, stockte Luka mitten in der Bewegung.

Verwirrt beobachtete er, wie der Mann in die Hocke ging und den Kopf des Hundes in seine Hände nahm, etwas zu ihm sagte und ihn dann hinter den Ohren kraulte. So wie er mit dem Hund umging, schien er eigentlich ein ganz netter Mensch zu sein, ganz im Gegensatz dazu, wie Luka ihn kennengelernt hatte.

Janis stand wieder auf und zupfte sein Hemd zu Recht. Kopfschüttelnd sah er sich um, nickte jemandem zu, den Luka nicht sehen konnte, dann trafen sich ihre Blicke. Der Junge zuckte erschrocken zurück, kippte dabei mit dem Stuhl zur Seite und landete sehr unsanft auf dem Boden.

„Au…“ Luka rappelte sich vorsichtig wieder auf und sah sich verwirrt um. Eine Hand wanderte zu einer schmerzenden Stelle am Hinterkopf, die andere schob vorsichtig den Vorhang wieder zur Seite. Hoffentlich hatte Janis ihn nicht bemerkt. Erleichtert stellte Luka fest, dass dies wohl nicht der Fall gewesen war, da sein Nachbar bereits nicht mehr zu sehen war. Er ließ den Vorhang wieder in seine ursprüngliche Position zurückfallen und wandte sich vom Fenster ab.

Luka verzog schmerzhaft das Gesicht und seufzte, legte den Kopf in den Nacken und drückte dadurch mit der linken Hand, die noch immer an seinem Hinterkopf lag auf eine langsam entstehende Beule. „Au! Verdammt…“ Er stöhnte und ließ die Hand wieder sinken.

Ohne den am Boden liegenden Stuhl zu beachten, verließ er leicht taumelnd das Arbeitszimmer Richtung Küche. Wieso schaffte es sein neuer Nachbar nur immer wieder, ihn derartig zu erschrecken? Er öffnete das Gefrierfach seines Kühlschrankes und holte das einzige heraus, was sich darin befand: Eiswürfel.
 

Kopfschüttelnd wandte Janis den Blick wieder von Lukas Haus ab, grinste über den erschrockenen Ausdruck im Gesicht des Jungen.

„Na los Molly gehen wir. Das ist eine junge Dame, die sicher schon auf uns wartet.“

Die Hündin bellte kurz, woraufhin Janis lachte, da es so geklungen hatte, als wäre es eine Antwort des Tieres gewesen. Er zog kurz an der Leine und ging dann wieder los.

Ein bisschen unsicher war er auf Grund der etwas seltsamen Situation schon, immerhin hatte ihn, seit er selber in dem Alter gewesen war, keine Siebenjährige mehr zu ihrem Geburtstag eingeladen. Außerdem war er sich auch mit dem Geschenk für die Kleine immer noch etwas unsicher.

„Ah Janis, Sie sind auch eingeladen?“

Der Angesprochene blieb stehen und wandte sich verwirrt um. „Marlene? Sie auch?“

„Nun, ich bin Saras Patentante.“, meinte Marlene lächelnd.

Janis nickte. Natürlich. Es wäre auch seltsam, wenn der neue Nachbar, den niemand wirklich kannte eingeladen wäre, aber die Patentante nicht.

„Sie haben Ihren Hund mitgebracht?“, fragte Marlene skeptisch. „Halten Sie das für eine gute Idee? Die Richters haben eine Katze.“

Janis seufzte. „Ja ich weiß, ich glaube ich kenne hier jede einzelne Katze. Aber… ich wollte Molly nicht schon wieder so lange allein im Haus lassen. Das ist sie nicht gewöhnt.“ Er lächelte. „Ich hoffe, das macht keine Schwierigkeiten.“

„Aber nicht doch, Sara liebt Hunde.“ Andreas war plötzlich neben ihnen aufgetaucht, breit grinsend, fast als wäre es sein eigener Geburtstag, der heute gefeiert wurde. „Meine Frau hat nur leider eine Allergie gegen Hundehaar, sonst hätten wir wahrscheinlich auch einen.“ Andreas machte eine einladende Geste Richtung Haustür. „Jetzt kommt aber rein… nur… Janis…. der Hund sollte vielleicht lieber im Garten bleiben.“

Janis nickte. „Natürlich.“ Er ging mit Molly hinters Haus und machte die Leine los. „Sie kann hier doch nichts kaputt machen, oder?“

Andreas, der Janis gefolgt war, schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Der gesamte Garten ist kindergerecht, also dürfte es mit dem Hund keine Probleme geben.“

Janis lächelte, folgte Andreas dann zurück zur Haustür. Das Lächeln verschwand sofort wieder aus Janis Gesicht, als der Andere ihm den Rücken zugewandt hatte. Es war ihm zwar schon vorher klar gewesen, aber dies würde ein langer Nachmittag werden.
 

„Hey kleine Sara.“ Janis ging vor dem Mädchen in die Hocke und lächelte sie freundlich an.

„Ich bin nicht klein.“, meinte das Kind beleidigt. „Ich bin schon sieben!“

Janis riss in gespieltem Erstaunen die Augen auf. „Natürlich, entschuldige bitte.“ Er griff nach einer mitgebrachten Tüte und zog ein in rotem Geschenkpapier verpacktes rechteckiges Päckchen daraus hervor. „Ist man denn mit sieben schon zu alt für Geburtstagsgeschenke?“

Sara starrte ihn mit offenem Mund an, riss ihm das Geschenk aus der Hand und lief, ohne sich bei ihm zu bedanken, zu einer kleinen Gruppe von Kindern, um es dort auszupacken. Janis sah ihr lachend hinterher.

„Entschuldigen Sie bitte.“ Lächelnd trat Luisa neben ihn und sah ihrer Tochter kopfschüttelnd und mit verschränkten Armen hinterher. „Normalerweise sagt sie danke.“

„Nein, das ist schon in Ordnung.“ Janis stand wieder auf und reichte der Frau zur Begrüßung die Hand. „Sie haben ein sehr schönes Haus.“

„Oh danke schön. Andreas’ Großeltern haben es vor, ich weiß nicht wie vielen Jahren gebaut. Wie Sie sehen, mit viel Liebe zum Detail.“, meinte Luisa und deutete mit dem Zeigefinger nach oben an die Decke.

Als Janis hoch sah, verzog er kurz das Gesicht. „Ich denke, ich sehe, was sie meinen.“

„Denken Sie nicht, ich hätte etwas gegen die Stuckdecken meiner Schwiegermutter.“, flüsterte sie. „Und vor allem, erzählen Sie das bloß nicht meinem Mann.“

Janis schüttelte schnell den Kopf. „Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.“

„Ihr habt Geheimnisse?“

Luisa wandte sich um und sah sich plötzlich ihrem Mann gegenüber. „Andreas.“

„Wir haben nur Ihre wunderschöne Decke bewundert.“, meinte Janis. Es fiel ihm schwer, sich das Lachen zu verkneifen, aber zum Glück schien ihm niemand etwas anzumerken.

„Mama!“

Luisa zuckte zusammen und sah sich suchend um. „Entschuldigen Sie mich. Die Pflicht ruft. Ich komme Sara!“ Den letzten Satz hatte sie ihrer Tochter zugerufen und kurz darauf war sie in dem an das Wohnzimmer angrenzenden Raum verschwunden.

„Ich will ehrlich zu Ihnen sein.“, meinte Andreas leise. „Ich finde diesen Stuck schrecklich. Aber meine Frau scheint ihn zu mögen.“

Janis grinste und erst als Andreas auch gegangen war um sich mit den anderen Gästen zu unterhalten, lachte er leise.
 

Molly lag gelangweilt im Schatten eines Baumes und döste mit halbgeschlossenen Augen vor sich hin. Wieso nahm dieser Mensch sie eigentlich mit, wenn er sie dann doch überhaupt nicht beachtete? Sie schnaubte durch die Nase und legte eine Pfote auf ihre Schnauze. Menschen waren seltsame Geschöpfe.

Die Ohren der Hündin stellte sich alarmiert auf, als sie ein leises Knacken rechts von sich hörte und fast sofort drehte sie auch ihren Klopf in die Richtung des Geräusches. Was war das? Ein anderes Tier vielleicht? Molly schnupperte ein paar Mal, sprang dann auf. Sie war sich ganz sicher, dass es nach einer Katze roch. Mit freudig wedelnder Rute lief sie los, in die Richtung, in der sie das Tier gerochen hatte.

In einem Gebüsch direkt am Gartenzaun saß die Katze auch schon, mit angelegten Ohren und ebenfalls wedelndem Schwanz. Molly blieb direkt ihr stehen und bellte einmal laut.
 

Finn fauchte die große Hündin vor sich warnend an, damit diese bloß nicht auf dumme Gedanken kommen würde. Er war schlecht gelaunt, da dieser bescheuerte Mensch, der sich sein Besitzer nannte, wieder einmal vergessen hatte, ihm etwas zu essen zu geben und deshalb hatte er gerade keine Lust auf Gesellschaft.

Der Kater fauchte noch einmal, um seiner Gegenüber klar zu machen, dass diese verschwinden sollte, aber der Hund schien das nicht zu begreifen.

Stattdessen setzte sie zum Sprung an und wäre wohl auf Finn gelandet, hätte der Kater nicht sofort die Flucht ergriffen. Vielleicht ließ die Hündin ihn ja in Ruhe, wenn er vor ihr weglief.

Doch sie dachte gar nicht daran, von ihm abzulassen. Die Hündin lief ihm hinterher, sprang über den niedrigen Gartenzaun und verfolgte Finn auf die Straße.

Nicht doch! Jetzt war Finn genervt. Er lief unter ein Auto, das am Straßenrand vor dem Haus seines Besitzers parkte und duckte sich fauchend.

Während Finn sie mit funkelnden Augen aus dem Schatten heraus beobachtete, lief die Hündin bellend um die Wagen herum und kratzte auf dem Asphalt herum.

Wie blöd waren Hunde eigentlich? Auf einer Straße kann man nicht buddeln!
 

Luka sah vom Bildschirm seines Laptops auf. Nachdem er einen halben Tag lang auf den deprimierend leeren Bildschirm gestarrt hatte und nicht weiter schreiben konnte, hatte er endlich den Faden wieder gefunden und ein paar Sätze in den Computer getippt und jetzt wurde er natürlich gestört.

Seit fünf Minuten bellte vor seiner Haustür ein Hund und scheinbar kümmerte sich keiner seiner Nachbarn um diesen doch sehr nervigen Krach.

Luka trommelte nervös mit den Fingern auf seinem Schreibtisch. Wenn er weiterarbeiten wollte, hatte er keine andere Möglichkeit, als den Hund zum Schweigen zu bringen. Allerdings gehörte der wohl einzige Hund in diesem Dorf seinem neuen Nachbarn und sollte der gerade in dem Moment auftauchen, in dem er draußen war… Er schloss die Augen und atmete tief durch.

„Das hilft mir jetzt auch nicht weiter.“, murmelte er. Wenn er heute noch zum arbeiten kommen wollte, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als zu versuchen, den Hund zum Schweigen zu bringen. Luka schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte, bevor er aufstand und sein Arbeitszimmer verließ.

„Okay…“ Zögernd ging er auf die Haustür zu. „Ganz ruhig bleiben und… tief durchatmen.“ Luka versuchte sich selbst gut zuzureden, allerdings half das nicht wirklich. „Tief durchatmen…“, wiederholte er beinahe ängstlich und tat es auch, bevor er eine Hand nach der Türklinke ausstreckte, sie herunterdrückte und die Tür dann vorsichtig öffnete.

Bevor er den Hund überhaupt sehen konnte, schoss bereits etwas kleines braun-weißes mit einem lauten Fauchen an ihm vorbei. Luka drehte sich verwirrt einmal um sich selbst. „Finn?“ Das war doch gerade sein Kater gewesen, oder nicht?

Etwas Großes traf unerwartet die Tür, die daraufhin mit viel Schwung gegen Luka krachte. Der Junge verlor das Gleichgewicht und wurde von der Tür zu Boden gerissen. „Aua…“ Zögernd hob er den Kopf um zu sehen, was gerade passiert war und schaute direkt in die leuchtenden braunen Augen des Hundes seines Nachbarn.

Als das Tier näher an ihn herankam, weiteten sich Lukas Augen erschrocken. Er nahm die Arme schützend vor das Gesicht und versuchte dann mit halbherzigen Handbewegungen den Hund abzuwehren.

Aber Molly dachte überhaupt nicht daran, von Luka abzulassen. Bellend und mit dem Schwanz wedelnd, tapste sie mit ihren Vorderpfoten auf Lukas Schultern und schleckte dann über sein, nicht ganz hinter seinen Armen verstecktes Gesicht.

„Geh weg!“ Luka versuchte das Tier von sich zu schieben, hatte aber keinen Erfolg. Also versuchte er etwas, was mit den Hunden seiner Eltern immer funktioniert hatte. Er zog eine Packung Taschentücher aus der Tasche seines Pullovers und warf sie in hohem Bogen durch den Flur. Zuerst reagierte Molly nicht und Luka wollte sich bereits verzweifelt damit abfinden, dass er den Hund heute wahrscheinlich nicht mehr loswurde, dann aber ließ sie plötzlich von ihm ab und lief den Taschentüchern hinterher.

Erleichtert stand Luka wieder auf und beobachtete die Hündin, wie sie ihre Beute gerade zwischen die Zähne nahm und dann wieder auf ihn zu gerannt kam. Irgendwie musste er sie wieder loswerden. Am Besten warf er die Taschentücher auf die Straße.

Vorsichtig zog er sie Molly aus dem Schnauze, wollte keine zu hastigen Bewegungen machen, nicht dass sie sich doch noch dazu entschied, auf ihn loszugehen. Dann warf er die Packung aus der Haustür hinaus. Sie landete auf dem Fußweg, wo sie allerdings von Molly unbeachtet liegen blieb.

Luka beobachtete halb verwirrt, halb entsetzt, wie der Hund sich scheinbar gelangweilt von ihm abwandte und in die Richtung davon trottete, in die vor wenigen Minuten sein Kater geflohen war. Nervös hüpfte der Junge einmal auf der Stelle, drehte sich dann ein Paar Mal um sich selbst, hin- und hergerissen zwischen dem Schließen der Haustür und dem Verfolgen des Hundes. Schließlich entschied er sich dafür, zuerst die Tür zu schließen und ging dann ins Wohnzimmer, wo sich wohl beide Tiere befanden.
 

Janis reichte erst Luisa, dann Andreas zum Abschied die Hand und wandte sich zuletzt Sara zu. „Danke noch mal für die Einladung, Kleine.“

„Ich bin nicht klein.“, mault Sara, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Sie wippte auf ihren Füßen langsam vor und zurück, warf ihren Eltern einen bösen Blick und schürzte die Lippen, bevor sie weiter sprach. „Danke für das Geschenk.“ Kaum hatte sie die Worte gesagt, wandte sie sich auch schon zur Tür um und flüchtete ins Haus. Kichernd wandte Janis sich um. Irgendwie mochte er die Kleine, sie schien ihm hier der einzige normale Mensch zu sein.

Anfangs hatte er zwar befürchtet, dass der Geburtstag eines kleinen siebenjährigen Mädchens schrecklich langweilig werden würde, doch das Kind war an diesem Nachmittag noch das Unterhaltsamste gewesen. Die Gespräche – über den richtigen Blumendünger und wie man am Besten das Unkraut aus dem Vorgarten entfernen konnte – die er mit Marlene und ihrem Ehemann geführt hatte und dann noch die Lästerrunden mit den anderen anwesenden Frauen, waren bei weitem schlimmer gewesen, als die Runde Mensch- Ärger- Dich- Nicht, die Sara unbedingt mit ihm hatte spielen wollen.

Allerdings freute er sich jetzt wirklich darauf, nach Hause zu kommen, wo er seine Ruhe hatte, Vielleicht würde er auch noch eine Runde mit Molly gehen.

Die Hündin würde sich bestimmt freuen, ihn wieder zu sehen. Immerhin hatte er sie einige Stunden allein im Haus gelassen.

Er drehte den Schlüssel im Schloss herum, trat in den Flur und ließ die Tür hinter sich zu fallen. „Molly?“, rief er in das ruhige Haus hinein, erhielt jedoch keine Antwort. Er rief den Namen des Tieres noch einmal, allerdings reagierte sie auch diesmal nicht. „Hm… sie wird doch nicht beleidigt sein, oder?“, fragte Janis sich selbst, legte den Schlüssel neben das Telefon und ging dann in sein Arbeitszimmer. Dann würden sie eben nicht spazieren gehen. Er hatte heute sowieso schon zu viel Arbeitszeit verloren.
 

Luka saß mit angezogenen Beinen auf dem kalten Parkettfußboden im Wohnzimmer. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand und ließ seinen Kopf immer wieder dagegen fallen, bis er irgendwann die Beule traf, die er sich am frühen Nachmittag zugezogen hatte. „Verdammt…“ Sein Blick wanderte zu Finn und dem Hund, die sich beide friedlich in Lukas Lieblingssessel zusammengerollt hatten und seit einer halben Stunde vor sich hindösten.

Er hatte ein paar Mal versucht, den Hund aus dem Wohnzimmer herauszuschieben, aber immer wenn er Molly berührt hatte, war sie zusammengezuckt und er hatte erschrocken seine Hand zurück gezogen. Irgendwann hatte er es dann aufgegeben und sich lieber in eine Ecke verkrochen, von der aus er die beiden Tiere beobachten konnte.

Aber irgendetwas musste er doch tun, um den Hund wieder loszuwerden. Ihn selbst aus dem Haus zu bringen, traute er sich nicht. Der Hund war verdammt groß und konnte sicher sehr schmerzhaft zubeißen. Was blieb ihm also noch?

„David…“ Natürlich! Luka rappelte sich vom Boden auf und verließ rückwärtsgehend langsam das Zimmer, ohne den Blick von dem leise knurrenden Hund zu nehmen. Kaum war er außer Sichtweite, lief er in sein Arbeitszimmer und stolperte seinem Telefon entgegen. Er nahm den Hörer in die Hand, wählte die Nummer und lauschte dann auf die leise Melodie, die statt dem nervigen Tuten zu hören war. „Komm schon… geh schon ran.“, murmelte er nervös, den Blick nicht von der Tür abwendend, so als könnte Molly jederzeit hereingestürmt kommen.

Als die Melodie verstummte, wollte Luka gerade dazu ansetzen zu erzählen, was passiert war, als David Stimme auch schon aus dem Hörer drang.

„Hallo, dies ist der automatische Anrufbeantworter von David Krause. Leider bin ich im Moment nicht erreichbar. Wenn Sie mir aber eine Nachricht und Ihre Telefonnummer hinterlassen, werde ich Sie sobald wie möglich zurückrufen.“ Ein leises Piepen machte deutlich, dass der Anrufer ihm jetzt eine Nachricht aufs Band sprechen konnte.

Luka starrte mit geweiteten Augen und leicht geöffnetem Mund ins Leere. Schließlich piepte es noch einmal, dann war die Leitung tot. Der Junge ließ langsam die Hand sinken und legte wieder auf. Wenn David nicht erreichbar war, was sollte er dann machen?

Er ließ sich auf den Stuhl fallen, der hinter seinem Schreibtisch stand und versuchte das flaue Gefühl, dass sich in seiner Magengegend breit machte, zu unterdrücken.

David hatte ihm einmal gesagt, er wäre immer erreichbar. Vielleicht war ihm ja etwas zugestoßen? Oder er hatte ihn damals angelogen. Oder vielleicht ging er auch absichtlich nicht ran… Luka schüttelte den Kopf, um diesen Gedankengang zu unterbrechen, bevor er ihn fortsetzen konnte, aber es gelang ihm nicht. David hatte wahrscheinlich seine Nummer auf dem Display seines Handys gesehen und war nicht rangegangen, damit Luka ihn nicht wieder stören konnte.

„Oh nein.“ Der Junge ließ den Kopf hängen. „Ich wusste doch, dass ich ihm auf die Nerven gegangen bin.“

Was sollte er denn jetzt machen? Wie sollte er den Hund jetzt aus seinem Haus heraus kriegen? Einfach warten, bis sein Nachbar zum ihm kam? Nein, das konnte ewig dauern, da dieser wahrscheinlich nicht einmal wusste, dass sein Hund hier war. Oder vielleicht wusste er es doch und er hatte ihn absichtlich hierher geschickt.

„Ah, hör auf so viel zu denken!“, rief Luka frustriert. Das brachte ihn ganz sicher auch nicht weiter. „Okay… irgendwas muss ich doch tun können. Zum Beispiel… genau ich sag ihm, er soll seinen Hund holen.“ Er atmete ein paar Mal tief durch, dann stand er entschlossen auf und ging in Richtung seiner Haustür. Je näher er dieser allerdings kam, desto langsamer und zögernder wurden seine Schritte. Schließlich blieb er stehen und starrte die Tür unschlüssig an.

„Nein, das ist doch keine so gute Idee.“, murmelte er und wandte sich wieder ab, um ins Arbeitszimmer zurück zugehen. Nach zwei Schritten blieb er allerdings abermals stehen und drehte sich wieder um. „Man…“ Luka senkte den Kopf und ballte die Hände zu Fäusten. Bei dem Gedanken daran, dass er, um das Problem zu lösen, eigentlich gar keine andere Wahl hatte als rauszugehen, merkte er, wie er zu zittern begann. „Okay… nicht so viel denken. Nicht so viel denken.“

Luka griff nach seiner Mütze, zog sie sich kurz entschlossen über den Kopf und fast auch über die Augen. Dann wickelte er sich seinen Schal um und schlüpfte anschließend in seinen langen Wintermantel. Schließlich stopfte er sich seinen Schlüssel in die Tasche und öffnete die Haustür.

Er atmete noch einmal tief ein, zog die Tür hinter sich zu und rannte dann schnell und ohne sich vorher umzuschauen in Richtung des Nachbarhauses los. Den Satz, nicht so viel denken, wiederholte er in Gedanken immer wieder, bis er schließlich auf die Klingel drückte. Wahrscheinlich wäre er nicht einmal bis zum Fußweg gekommen, wenn er doch noch einmal über seine Entscheidung nachgedacht hätte.

Während er darauf wartete, dass die Tür geöffnet wurde, trat er nervös von einem Bein aufs andere und verkrampfte seine Finger im Schal, zog diesen so bis über seine Nase.
 

Janis öffnete genervt die Tür. Wer auch immer ihn da gerade bei seiner Arbeit störte, würde es bereuen. Als sein Blick jedoch auf eine Gestalt in einem langen Wintermantel fiel, deren Gesicht fast vollständig von einem dicken Schal und einer Mütze verdeckt war, vergaß er seinen Ärger beinahe auf der Stelle wieder und lachte statt dessen laut auf.

Sein Gegenüber zuckte erschrocken zusammen, drehte sich um und wollte weglaufen, aber Janis reagierte schneller und hielt ihn am Arm fest.

„Luka?“, fragte er, zog den Jungen zurück und versuchte ihm in die Augen zu sehen, was allerdings unmöglich war, da der Kleinere den Kopf gesenkt hielt. „Ist alles in Ordnung?“

Luka schüttelte kaum merkbar den Kopf. „Ihr… I-“ Er unterbrach sich selbst schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch. Jetzt musste er es ihm sagen, weg konnte er nicht mehr und so zu tun als wäre nichts, würde den Mann sicher nicht überzeugen. „Ihr Hund… er ist…“ Luka versuchte das bisschen Mut das er hatte zusammen zunehmen und bemerkte so nicht einmal, dass er seinen Nachbarn anschrie. „Er ist in meinem Wohnzimmer und ich krieg ihn da nicht raus!“

Während Janis den Jungen anstarrte, wanderte seine rechte Augenbraue unbemerkt ein Stück in die Höhe. „Molly?“
 

Ende Kapitel 5
 

So das war’s auch schon wieder… Ist Luka nicht süß? Richtig zum knuddeln. Und Janis… der ist so dermaßen vergesslich. Vergisst sogar, dass er Molly mitgenommen hatte.
 

Ich muss euch noch kurz was erzählen bevor ihr abhaut.^^

Ich wohne nämlich in einer WG und wir haben auch eine Katze. Und diese Katze sieht genauso aus, wie ich mir Finn vorstelle… und das ist total verwirrend. Ich muss mich immer tierisch zusammenreißen den süßen kleinen Whisky nicht aus versehen Finn zu nennen.

So das war’s jetzt aber wirklich. Ich hoffe, ihr seid nächste Woche wieder dabei.^^
 

Bye u-chan

Anruf von zu Hause

Hallo Leute… ich weiß, ich hab ganz schön auf das Kapitel warten lassen. Tut mir Leid, verzeiht ihr mir?

Ich wollte eigentlich noch viel mehr schreiben in diesem Kapitel, aber es ist jetzt bereits zehn Minuten vor Mitternacht und ich hab mir selbst geschworen, es diesen Sonntag hoch zuladen.^^

Vielleicht habt ihrs schon gelesen. Ich war letzte Woche etwas verhindert, weil ich auf Exkursion in Berlin war. Da hab ich es leider nicht mehr geschafft, zu schreiben.

Aber genug der Vorrede, los geht.
 

6. Anruf von zu Hause
 

Janis schüttelte den Kopf. Das konnte doch nicht sein, oder? Schließlich war der Hund… Er schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. „Ich bin so ein Idiot.“

Luka zuckte auf Grund der unerwarteten Reaktion seines Nachbarn zusammen. Er versuchte seinen Arm loszumachen, aber Janis hielt ihn nur noch stärker fest.

„Ich… es tut mir Leid Sie g-gestört zu h-haben. I-I-Ich k-kümmer mich selbst darum… bitte, lassen Sie mich los.“, stammelte er ängstlich und versuchte, seinen Arm aus dem Griff des anderen zu befreien.

„Beruhige dich, okay?“ Janis legte dem Jungen eine Hand auf den Kopf. „Ich komm mit rüber und hole Molly, in Ordnung?“

Luka nickte langsam. Als Janis ihn los lies, zog er seinen Arm so schnell zurück, als hätte er sich verbrannt. Er machte eine hilflos wirkende Geste in Richtung seines Hauses und ging dann ohne ein weiteres Wort los. Janis ließ die Tür einfach offen, da er in einem Dorf wie diesem nicht damit rechnete, dass jemand bei ihm einbrechen würde.

„Übrigens Luka… Wir haben über 20 Grad. Was soll denn dein Winteroutfit?“ Janis verkniff sich nur mühsam das Lachen.

Der Junge biss sich nervös auf die Unterlippe. „Ich… ich… ähm…“ Luka suchte nach einer Erklärung, die er Janis geben konnte und mit der dieser auch zufrieden sein würde, aber ihm fiel einfach nicht ein, wie er ihm das erklären sollte. „Wir… wir sind da.“, sagte er stattdessen, um den anderen vom Thema abzulenken. „K-Kommen Sie rein.“

Janis grinste und folgte dem Jungen amüsiert ins Haus. Da Luka sich so angestrengt hatte, ihn von der Frage abzubringen, würde er das Thema erstmal auf sich beruhen lassen.

Das Wohnzimmer war genau dort, wo sein eigenes sich auch befand, nur schien es etwas größer zu sein. Vielleicht lag es daran, dass der Kamin, der bei Janis die Hälfte einer Wand einnahm, fehlte. Schwere dunkelrote Vorhänge verdunkelte das Zimmer, so dass Luka bei ihrem Eintreten erst einmal das Licht einschaltete.

Als sein Blick auf den Sessel fiel, in dem Finn und Molly gemütlich vor sich hin dösten, musste er lachen. „Nun, die beiden scheinen sich ja ziemlich gut zu vertragen.“, meinte er.

Luka nickte langsam. „Nun… Ihr Hund… Molly?“ Er brach ab und wartete auf eine Bestätigung seines Nachbarn. „Sie hat Finn verfolgt und… bis in mein Haus und… und geknurrt…“

„Geknurrt.“, stellte Janis ernst fest und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie witzig er diese Situation in Wirklichkeit fand. „Nun… dann hol ich meinen Hund hier wohl mal lieber raus. Nicht dass sie dich noch beißt.“

„Hätte sie das getan?“, fragte Luka erschrocken. Wenn er das gewusst hätte, dann hätte er von Anfang an Abstand zu dem Tier gehalten.

Janis zögerte einen Moment und tat so als würde er nachdenken. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein.“ Er wandte sich zu Molly um und ging die paar Schritte bis zum Sessel. „Sie beißt nur Postboten.“

Luka sah seinem Nachbarn unsicher dabei zu, wie dieser den großen Hund anleinte und vom Sessel zog. Dass sie nur Postboten biss trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei und so wich er, als Janis sich mit Molly nähert, langsam bis an die Wand zurück.

„Entschuldige bitte die Umstände.“, meinte Janis. „Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen.“

Luka nickte kurz und kaum sichtbar und senkte den Kopf wieder. Er wollte, dass sein Nachbar und dessen Hund sein Haus jetzt wieder verließen, aber er wusste nicht, wie er es ihm sagen sollte. Nachdem Janis sich immerhin die Zeit genommen hatte, herzukommen und den Hund zu holen, weil er selbst das ja wieder einmal nicht geschafft hatte, konnte er ihn doch nicht einfach so wieder rausschmeißen. Aber immerhin war es ja sein Hund, natürlich musste er kommen und ihn holen. Oder hätte sein Nachbar von ihm erwartet, dass er den Hund selbst zurückbrachte?

Janis beobachtete Luka, der gegen die Wand gelehnt da stand und sich unsicher auf die Unterlippe biss. Er schien jede Sekunde die verstrich nervöser zu werden.

„Ich geh dann mal wieder.“, meinte Janis. „Ich hab noch ziemlich viel zu tun.“

Luka atmete erleichtert auf und nickte noch einmal leicht. „V- Vielen Dank.“, murmelte er, den Kopf noch immer gesenkt.

„Kein Problem.“ Janis grinste. „Sollte so etwas noch einmal vorkommen, kannst du mich ruhig wieder holen.“

Luka nickte noch einmal, hoffte allerdings inständig, dass etwas derartiges niemals wieder vorkommen würde. Er hielt den Kopf so lange gesenkt, bis er hörte, wie die Haustür leise ins Schloss fiel. Als er wieder aufsah, fiel sein Blick als erstes auf Finn, der ihn aus verschlafen wirkenden grünen Augen anstarrte.

„Ist bei dir alles in Ordnung?“, fragte Luka während er an den Sessel herantrat und davor in die Hocke ging. Er streckte eine Hand aus und kraulte Finn vorsichtig am Kopf. Der Kater begann zu schnurren, um dem Menschen zu zeigen, dass es ihm gut ging und ihm nichts passiert war. Natürlich spürte er die Nervosität von Luka, vor allem, da die Hand die ihn kraulte, immer stärker zitterte.

Finn stand auf und machte so den Platz für Luka frei, der sich auf sofort neben den Kater in den Sessel fallen ließ.

„Ich hatte wirklich Angst, weißt du das? Ich dachte, der Hund würde dir etwas antun… und mir.“ Finn maunzte und sprang leichtfüßig auf Lukas Schoß, wo er sich schnurrend zusammenrollte.
 

Als das Telefon klingelte, schreckte Luka auf. Er sah sich orientierungslos um und hatte etwas Mühe festzustellen, wo er war, doch als Finn klagend maunzte und von seinen Beinen herunter sprang, wurde ihm bewusst, dass er noch immer im Wohnzimmer in seinem Sessel saß.

„Muss wohl eingeschlafen sein…“, murmelte er und stand auf. Verschlafen taumelte er Richtung Arbeitszimmer, wo das Telefon noch immer nervige Geräusche von sich gab.

„Hallo?“, murmelte er in den Hörer, nachdem er diesen abgenommen und sich ans Ohr gehalten hatte.

„Luka?“, fragte die besorgt klingende Stimme einer Frau.

Lukas Augen weiteten sich erschrocken, als er sie erkannte. Sein Atem beschleunigte sich und er sah sich suchend um, als würde die Frau plötzlich in seinem Arbeitszimmer auftauchen können. Er sollte das Gespräch einfach beenden, genau… aber das war unhöflich.

„Luka, leg bitte nicht auf.“, bat die Frauenstimme. „Ich würde gern mit dir reden.“

„Vivien.“, flüsterte der Junge so leise, dass es am anderen Ende der Leitung eigentlich gar nicht hätte ankommen können. Die Frau verstand Luka trotzdem.

„Ja… Wie geht’s dir? Wir haben so lange nichts mehr von dir gehört, dein Vater macht sich Sorgen um dich.“

Sein Vater… Luka trat ein paar Schritte zurück, bis er gegen den Stuhl stieß. Er ließ sich darauf sinken und starrte auf seine Füße.

„Also, geht es dir gut?“, fragte Vivien noch einmal, da sie keine Antwort bekommen hatte.

„J-ja…“, antwortete Luka leise. „Es… es geht mir gut. Ihr braucht euch… braucht euch keine Sorgen zu machen.“

„Das ist gut.“ Vivien klang erleichtert. „Frank, ich meine, dein Vater… er würde dich gern besuchen kommen und-“

„Nein!“, rief Luka unvermittelt und sprang wieder auf.

„Nein? Was soll das denn bitte bedeuten?“, mischte sich eine harsche Männerstimme in des Gespräch ein.

„Frank bitte, lass mich-“

„Nein, gib mir den Hörer!“, unterbrach Frank seine Frau. Luka hörte ein kurzes Gerangel um das Telefon, dann sprach wieder sein Vater.

„Sohn, ich werde zu dir kommen, ob dir das gefällt, oder nicht! Verstanden?“

Luka erkannte die rhetorische Frage seines Vaters und so sagte er kein Wort, sank nur wieder auf den Stuhl zurück. Das war nicht gut, sein Vater durfte nicht hier her kommen, das ging nicht, er…

„Luka, hast du mich verstanden?“, fragte Frank noch einmal, diesmal lauter.

„J-j-ja…“, antwortete Luka.

„In Ordnung, morgen gegen Mittag.“ Mit diesen Worten legte Frank auf und Luka konnte nur noch das leise Tuten hören, dass bedeutete, dass das Gespräch beendet war.

Langsam ließ Luka die Hand, die den Hörer hielt, sinken. Das war gar nicht gut. Was sollte er denn jetzt machen? Immerhin war sein Vater der Grund, weswegen er vor fast zwei Jahren überhaupt von zu Hause ausgezogen war und sich seit dem nicht einmal dort gemeldet hatte. Es ging nicht, es war einfach unmöglich, er konnte seinen Vater nicht treffen. Aber was sollte er schon machen? So tun, als wäre er nicht zu Hause ging nicht, da sein Vater sich angekündigt hatte. Und wo anders hin gehen war auch nicht möglich, sein Vater würde wahrscheinlich erst richtig sauer werden, wenn er das tun würde.

Luka sah auf, als ihm eine Idee kam. „David genau, ich ruf David an, er weiß sicher, was ich machen… Nein…“ Luka, der bereits die ersten Zahlen der Nummer gewählt hatte, hielt inne und legte dann schnell den Hörer auf das Telefon zurück. David war schon bei seinem letzten Anruf nicht ans Telefon gegangen, wenn er jetzt wieder seine Nummer auf dem Display sehen würde, dann wäre er sicher völlig von Luka genervt. „Was mach ich denn jetzt nur?“ Unsicher starrte er das Telefon an, als könnte es ihm eine Antwort auf seine Frage geben, allerdings war die einzige Lösung, die ihm einfiel tatsächlich, David anzurufen.

„Na schön…“, murmelte Luka nervös und griff wieder nach dem Hörer. „Was soll schon schief gehen? Außer dass er dich anschreien könnte kann nichts weiter passieren…“ Mit leicht zitternden Fingern wählte er die Nummer und wartete auf die leise Melodie, die immer zu hören war, wenn er David anrief. „Nun er könnte dich für den Rest deines Lebens hassen…“ Er stockte, als ihn die monotone Stimme einer Frau ihn darauf hinwies, dass die Leitung besetzt war und er mit Davids Mailbox verbunden wurde. „Verdammt…“
 

„Ja ich war gerade dort, Molly ist bei ihm eingebrochen. Was? Nein…“

Molly schob mit ihrem Kopf quietschend die Tür zum Arbeitszimmer ihres Herrchens auf und tapste dann über den Parkettfußboden, was sie auf Grund der Geräusche zu gerne tat.

„Nein, das war nur Molly.“ Janis lachte. „Das Haus ist nicht unbedingt das neuste, die Türen quietschen alle ein wenig.“

„Luka hat mich vorhin angerufen.“ Davids Stimme drang etwas verzerrt aus dem kleinen Lautsprecher des Telefons auf seinem Schreibtisch. „Jetzt weiß ich wenigstens, wieso.“

„Er hat dich angerufen und du bist nicht rangegangen? Schäm dich.“, zog Janis ihn grinsend auf.

„Ich saß in einer Besprechung…“, meinte David. „Also, wie geht es ihm?“

„Du versuchst geschickt vom Thema abzulenken, was? Na gut dann lass ich dich mal.“, antwortete Janis und starrte dann nachdenklich in die Luft. „Hmmm… es schien ihm eigentlich ganz gut zu gehen. Etwas nervös vielleicht, wegen meinem großen und gefährlichen, bissigen Hund.“

Molly legte den Kopf schief und sah ihr Herrchen fragend an.

„Aber sonst war er in Ordnung?“, fragte David, ohne auf die Bemerkung über Janis’ Hündin einzugehen.

„Ja, er sah zumindest so aus… ich meine, bis auf dass er bei 20 Grad im Wintermantel und mit Mütze und Schal draußen herum läuft.“

„Oh…“ David lachte unsicher. „Ich glaub das ist meine Schuld… Ich hab ihm das mal vorgeschlagen, damit er sich wieder auf die Straße traut.“

„Hat’s denn was gebracht?“, fragte Janis, auch wenn er die Antwort eigentlich schon wusste.

„Nun, bis heute nicht.“, lachte David. „Na gut, wenn es ihm gut geht, bin ich beruhigt. Ich muss jetzt wieder an die Arbeit.“

„In Ordnung.“ Janis verabschiedete sich von David und legte dann auf. Er verschränkte die Arme hinterm Kopf und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Tja Molly… was machen wir beide jetzt?“

Die Hündin bellte kurz und verließ dann schnell das Arbeitszimmer. Kurze Zeit später kam sie mit einem grünen, bereits sehr zerkauten Ball zurück. „Blöde Frage…“, murmelte Janis kopfschüttelnd. „Na gut, gehen wir in den Garten.“
 

Das Einzige, was Janis daran störte, einen Hund zu haben, waren die nächtlichen Spaziergänge, wenn es Molly mal wieder in den Kopf gekommen war nach Mitternacht unbedingt noch nach draußen zu wollen. Auch wenn es den Tag über knapp 20 Grad gewesen waren, jetzt, wo die Sonne nicht mehr schien, war es eindeutig zu kalt, um noch draußen herumzulaufen. Aber was tat man nicht alles für seinen vierbeinigen Freund.

„Molly, zieh doch nicht so. Benimm dich wenigstens, wenn du mich schon um diese Uhrzeit noch aus dem Haus holst.“, beschwerte sich Janis, doch die Hündin schien ihn zu ignorieren. „Du… unmöglich dieser Hund…“

Als Molly stehenblieb und lauschend die Ohren aufstellte, seufzte Janis erleichtert. „Ist schon okay, du musst nicht stehen bleiben. Ich wollte nur, dass du aufhörst-“ Er unterbrach sich selbst, als Molly plötzlich anfing leise zu knurren. Als er alarmiert aufsah, fiel sein Blick auf eine schmale Gestalt, die im Dunkeln kaum zu erkennen war und sich langsam auf ihn zu bewegte. Janis kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, dadurch besser sehen zu können, ließ es aber wieder bleiben, da er keine Veränderung bemerkte.

„Wer ist da?“, fragte er leise, um die anderen Nachbarn nicht zu wecken. In diesem Dorf hätte man ihm vermutlich sogar übel genommen, wenn er eine Familie aus dem Schlaf gerissen hätte, um sie vor einem Feuer zu warnen, also war er lieber vorsichtig.

Molly hörte auf zu knurren, jaulte kurz leise und zog Janis dann in die Richtung der noch immer auf ihn zugehenden Gestalt. „Hey, was soll das denn?“, fragte Janis. Nun gut… wenn Molly den Fremden nicht anknurrte, schätzte sie ihn vermutlich nicht als Gefahr ein.

Janis erkannte Luka in dem Moment, in dem dieser in den Schein einer der wenigen Straßenlaternen dieser Straße trat. „Na großartig…“, murmelte Janis, als er sah, dass der Junge mit geschlossenen Augen und nur mit einem Pyjama bekleidet, vor ihm stand. „Luka?“

Der Junge reagierte nicht und lief einfach weiter stur gerade aus. „Hey Luka, warte doch mal.“ Janis Blick fiel auf die Füße seines Nachbarn und er hob erschrocken die Augenbrauen. „Du trägst ja nicht mal Schuhe. Hey.“ Er ging neben Luka her und griff vorsichtig nach den Schultern des Kleineren. „Komm, ich bring dich nach Hause.“

„Nein!“ Luka blieb augenblicklich stehen und versteifte sich. „Nein, nicht nach Hause…“

„Okay, okay.“, beeilte sich Janis zu sagen. „Okay… dann gehen wir zu mir, ja? Da bist du besser aufgehoben, als hier draußen.“ Erleichtert nahm er das Nicken des Jungen zur Kenntnis und führte ihn dann langsam in sein Haus.

Na das war ja großartig. Luka, der niemals nach draußen ging, schlafwandelte nachts allein durchs Dorf, im Pyjama und ohne Schuhe… Janis schüttelte den Kopf.

Sobald sie durch die Haustür getreten waren, dirigierte Janis ihn ins Wohnzimmer, wo er ihn auf die Couch drückte. Sobald Lukas Kopf das Polster berührte, war er bereits wieder eingeschlafen. Janis schnipste. „Eine Decke…“
 

Ende Kapitel 6
 

So… das war’s auch schon wieder. Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Nächste Woche erfahrt ihr dann, was David jetzt mit Luka anstellt. (Ich bin ziemlich fies zu dem armen Luka oder…^^) Oh ja, ich fahr nächstes Wochenende nach Hause zu meiner Familie. Aber ich wird mir ganz viel Mühe geben, das nächste Kapitel trotzdem zu schreiben und spätestens Sonntagabend hoch zuladen. Also dann, ich wünsche eine schöne Woche.^^

Der Besuch

Hallo Leute,

ja ich weiß, es hat ziemlich lange gedauert, aber nun ist das neue Kapitel da. Ich hatte wohl sozusagen meine Muße verloren… oder sie mich? Na auch egal, jedenfalls haben wir uns gestern Abend wieder gefunden. Und dafür müssen wir jani-chan ganz herzlich danken, denn sie hat mir über einen Fehler im Plot geholfen, der mich etwas blockiert hat. Lange Rede, kurzer Sinn… Hier kommt das 7. Kapitel… (Meine Beta-Leser sind übrigens alle beide grad etwas unabkömmlich. Ich hoffe also, es sind keine Fehler mehr in diesem Kapitel.

Und los geht’s…
 

7. Der Besuch
 

Schläfrig kuschelte Luka sich in seine warme Decke, unwillig die Augen zu öffnen, und dachte an seinen letzten Traum. Er hatte etwas mit Finn zu tun gehabt, das wusste er noch, aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was in ihm passiert war. Schade eigentlich. Es war ein schöner Traum gewesen.

Er spürte eine raue Zunge, die über sein Gesicht leckte und dann etwas schweres auf seiner Brust. Wahrscheinlich hatte sein Kater beschlossen, dass er jetzt genug geschlafen hatte und wollte ihn zum Aufstehen bewegen.

„Ist ja gut Finn, ich steh ja schon auf.“, murmelte er in der Hoffnung die Katze würde von ihm runterspringen, aber die schweren Pfoten lagen noch immer auf seiner Brust. „Finn…“, beschwerte sich Luka, öffnete unwillig die Augen und starrte in das braunhaarige Gesicht des Hundes seines Nachbarn.

Mit einem lauten Schrei fuhr er hoch und veranlasste Molly so, ihre Pfoten von ihm herunter zu nehmen. Bei dem anschließenden Versuch aufzustehen, verlor er allerdings den Halt und machte unangenehme Bekanntschaft mit dem harten Parkettfußboden des ihm unbekannten Wohnzimmers.

„Au… verdammt…“

„Na, auch endlich aufgewacht, Dornröschen?“, fragte Janis. Der Spott in seiner Stimme war selbst für den völlig erschrockenen Jungen nicht zu überhören.

Janis trat an den Couchtisch neben dem Luka zu Boden gegangen war und stellte ein Tablett darauf ab. „Hier, Frühstück. Hast doch sicher Hunger.“

Luka nickte zögernd, ohne den Blick von seinem Nachbarn zu nehmen, in dessen Haus er sich scheinbar unerwarteter Weise befand. Er stand langsam wieder auf und setzte sich auf das Sofa, auf dem er bist vor kurzem noch geschlafen hatte.

„Hier.“ Janis hielt dem Jungen eine Tasse mit dampfendem Kaffee entgegen. „So wie du geschlafen hast, scheinst du Koffein nötig zu haben.“

Schweigend griff Luka nach der Tasse und trank einen Schluck des schwarzen Gebräus. Er hatte zwar versucht keine Miene zu verziehen und sich nichts anmerken zu lassen, aber der Kaffee war doch noch stärker, als er erwartet hatte. So kniff er die Augen zusammen und begann zu Husten, wobei er Kaffee auf dem Boden verteilte.

„Na scheinbar bist du kein Kaffeetrinker.“, stellte Janis mit undeutbarer Mine fest und nahm Luka die Tasse aus der Hand. „Hättest du doch sagen können, anstatt ihn zu trinken. Ich hab auch eine Tasse Tee für dich.“

Luka sah dem anderen ein paar Sekunden lang in die belustigt wirkenden Augen, bis er die Röte beinahe in sein Gesicht schießen spürte. Schnell senkte er den Kopf und verschränkte die Hände im Schoß.

„Jetzt nimm schon und iss… es ist bereits Mittag.“, meinte Janis und drückte dem Jungen den Tee in de Hände.

Schon Mittag? Luka hob erschrocken den Kopf und sah sich suchend nach einer Uhr um. Er fand eine kleine Digitaluhr auf dem Kamin und die roten Zahlen, die ihn von dort aus anblinkten, verhießen nichts Gutes.

„Oh nein…“ Wie gebannt starrte Luka auf die Anzeige der Uhr und bemerkte so nicht mal den besorgten Blick, den Janis ihm zuwarf.

Was war den jetzt schon wieder mit dem Kleinen los? Die eben noch geröteten Wangen des Jungen waren weiß, wie die Wand seines Wohnzimmers, sein Mund stand halb offen und Panik schien sich in den weit aufgerissenen Augen zu spiegeln.

„Hey.“ Janis trat einen Schritt vor und fuchtelte dem Jungen vor dem Gesicht herum. „Erde an Luka. Bist du noch da drin?“

Der Angesprochene blinzelte verwirrt und sah perplex zu Janis herauf. „J-ja… ja entschuldigen Sie…“

„Musst du irgendwo hin?“ Janis versuchte erst gar nicht die Ironie aus seiner Stimme zu verbannen, da er ziemlich genau wusste, dass Luka nirgendwo hingehen würde, außer in sein eigenes Haus.

„Ich ähm… ich…“, stammelte Luka.

Janis Augenbrauen wanderten als Antwort auf das Gestotter des Jungen ein Stück in die Höhe.

Luka senkte den Kopf. Eigentlich hatte sein Nachbar überhaupt kein Recht, zu erfahren, was er vorhatte. Na ja… obwohl… immerhin hatte er ihn wohl über Nacht aufgenommen. Aber wieso eigentlich? Er war sich ganz sicher am Abend in seinem Bett eingeschlafen zu sein. Dieser seltsame Typ war doch wohl nicht in sein Haus eingebrochen und hatte ihn entführt? Um ihn am nächsten Morgen… ja um was zu tun? Um ihm einen gehörigen Schrecken einzujagen? Na, das hatte er ganz wunderbar geschafft.

Luka senkte den Kopf und schloss die Augen. „Das geht Sie überhaupt nichts an!“, rief er plötzlich und überraschte sich damit selbst so, dass er erschrocken zusammenzuckte und wieder aufsah, direkt in die Augen seines Nachbarn.

Janis hatte sich vor ihm auf den Boden gekniet, als der Junge wiedereinemal in Gedanken versunken war. Als er jetzt von ihm angeschrien und dann auch noch angestarrt wurde, wanderten seine Augenbrauen bis unter seinen Haaransatz und ein leichtes Lächeln blitzte für wenige Sekunden in seinem Gesicht auf.

„Ent-entschul-… Entschuldigen Sie… ich… ich bin nur etwas…“

„Verwirrt, aufgeregt… unter Zeitdruck?“, fragte Janis und setzte sich neben Luka auf die Couch. „Also, jetzt wo du mich schon angeschrien hast… möchtest du mir nicht sagen, wo du so dringend hin musst?“

Luka sah verlegen von seinem Nachbarn weg und murmelte etwas völlig unverständliches, in der Hoffnung, Janis würde es nicht verstehen, das Interesse verlieren und einfach nicht noch einmal fragen, so wie es eigentlich alle immer taten.

„Bitte was?“, fragte Janis allerdings und zerstörte somit die kleine Hoffnung des Jungen, ihm nicht erklären zu müssen, was los war.

„Mein Vater…“, nuschelte Luka, den Blick auf seine Füße gerichtet.

„Oh, bekommst du Besuch von deiner Familie?“, fragte Janis. „Na das ist doch aber schön, oder nicht? Du hast sie doch sicher lange nicht mehr gesehen.“

Luka schüttelte abrupt den Kopf, verkrampfte seine zitternden Hände im Saum seines Schlafanzugoberteils und sank dabei ein ganzes Stück in sich zusammen.

Ein altbekanntes flaues Gefühl machte sich langsam aber unaufhaltsam in seiner Magengegend breit und er hatte den Eindruck, kaum Luft zu bekommen.

„Hey Kleiner…“ Janis beugte sich besorgt zu Luka vor, der so aussah, als müsse er sich gleich übergeben. „Brauchst du vielleicht frische Luft?“

„J-ja…“ Luka schüttelte den Kopf und stand in einer schnellen Bewegung auf. Er spürte ein leichtes Schwindelgefühl, das schnell stärker wurde und taumelte rückwärts gegen die Couch. „D-das ist… sicher eine gute… Idee.“

„Ich glaube auch.“ Janis stand ebenfalls auf und griff nach Lukas Arm. „Ich bring dich zur Tür.“

Luka erstarrte beinahe zur Salzsäule, als sein Nachbar ihn so unerwartet berührte und ließ sich auf Grund dessen einfach in den Flur und zur Haustür ziehen. Als Janis sie geöffnet und mit Luka einen Schritt nach draußen getreten war, schrie der Junge allerdings erschrocken auf, riss sich los und rannte ohne ein Wort der Erklärung ins Wohnzimmer zurück.

Janis starrte ihm verblüfft hinterher, warf dann einen Blick auf Lukas Haus. Ein Mann mittleren Alters stand mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Türschwelle und starrte grimmig die Straße hoch und runter.
 

„War das dein Vater?“ Janis hatte die Haustür wieder geschlossen und war Luka ins Wohnzimmer gefolgt. Er hatte sich einen Moment lang suchend umschauen müssen, da er den Jungen erst gar nicht gesehen hatte, aber dann hatte er ihn in der hintersten Ecke des Raumes entdeckt, wo der Kleine mit angezogenen Beinen auf dem Boden saß. Auf seine Frage erhielt er widererwarten tatsächlich eine Antwort, auch wenn sie nur aus einem zaghaften Nicken bestand, das eigentlich kaum zu sehen war. „Willst du ihm nicht Hallo sagen?“ Luka schüttelte den Kopf und versteckte seinen Kopf schutzsuchend zwischen seinen Armen.

Was sollte er denn jetzt nur tun? Sein Vater stand wahrscheinlich schon wer weiß wie lange vor seiner Haustür. Und er war kein besonders geduldiger Mensch. Wahrscheinlich war er furchtbar sauer auf ihn, weil er ihn so warten ließ. Nein, er konnte jetzt unmöglich noch rüber gehen. Aber… wenn er hier sitzen blieb und wartete, dann würde es nur noch schlimmer werden. Sein Vater würde sicher nicht einfach gehen. Er wartete sicher darauf, dass sein Sohn endlich die Tür öffnete, damit er ihn ordentlich anschreien konnte.

Luka begann zu zittern. Er wusste nicht, was er tun sollte. Je länger er seinen Vater warten ließ, desto schlimmer würde er die ganze Situation sicher machen. Aber einfach rüber gehen konnte er auch nicht.

„Hältst du das für eine gute Idee? Immerhin steht er wahrscheinlich schon eine ganze Weile vor deinem Haus.“, meinte Janis.

Luka hob den Kopf und starrte zu dem Anderen hinauf, da dieser vor ihm stehen geblieben war und ihn mit einem mahnenden Blick bedachte.

„Wenn du Angst hast, dass er sauer sein könnte, weil du die Tür nicht aufgemacht hast… es wird nur noch schlimmer, wenn du hier rumsitzt und wartest, das ist dir doch klar, oder?“

Luka schniefte und nickte langsam. Janis stellte erschrocken fest, dass der Junge so aussah, als wenn er gleich anfangen würde zu weinen.

‚Nein, nein, tu das nicht!‘, versuchte er den Kleinen in Gedanken zu beschwören. Janis konnte es nicht sehen, wenn jemand weinte. „Okay… du gehst jetzt sofort da rüber und lässt deinen Vater ins Haus, oder ich hole ihn her und er kann dich hier anschreien. Was ist dir lieber?“

Luka sah ihn geschockt und völlig überrumpelt an. Das würde er doch nicht wirklich tun, oder? Der Junge stockte. Doch, er würde. Er würde ganz sicher. So wie er den Mann bisher kennen gelernt hatte, entsprach das ganz genau seiner Art.

Unschlüssig biss sich Luka auf die Unterlippe. Wenn er hier bleiben würde, dann… sein Nachbar würde alle seine Familienprobleme mit anhören und wahrscheinlich dabei mehr über ihn lernen, als Luka lieb war.

Widerwillig stand der Junge auf und nickte mit gesenktem Kopf.

„Was nun? Willst du rüber gehen, oder soll ich ihn herholen?“, fragte Janis

„Ich…“ Luka holte tief Luft, hielt sie kurz an und ließ sie dann langsam wieder entweichen. „Ich gehe rüber. Wo… wo ist mein… Schlüssel?“

„Janis zog etwas aus seiner Tasche und wedelte damit vor Luka herum, so dass der Junge den Kopf hob und die Hand ausstreckte.

„Und jetzt raus mit dir. Ich muss arbeiten.“ Janis schob den Kleineren in Richtung Haustür, öffnete sie und schubste ihn auf die Straße. Danach warf er die Tür sofort wieder ins Schloss.
 

Luka stand unschlüssig auf der Türschwelle des Hauses seines Nachbarn. Noch hatte sein Vater ihn nicht bemerkt, aber er würde sicher gleich in diese Richtung schauen und dann würde er ihn sehen können. Verstecken würde jetzt wahrscheinlich nichts mehr nützen. Wohin sollte er denn auch? Wieso hatte sein Nachbar auch sofort die Tür zuwerfen müssen?

Na ja… eigentlich war ihm die Antwort klar. Wahrscheinlich war er ihm auf die Nerven gegangen. Vermutlich hatte er ihn nicht einmal im Haus haben wollen. Wobei er noch nicht mal wusste, was er dort eigentlich getan hatte.

Verwirrt kratzte sich Luka am Kopf und ging die wenigen Schritte von der Haustür zum Fußweg. Wahrscheinlich würden alle seine Nachbarn bereits blöd gucken, weil er auf der Straße war.

Luka blieb stehen und riss erschrocken die Augen auf, als ihn eine unangenehme und erschreckende Erkenntnis wie ein Blitz traf. Er stand im Schlafanzug und mit nackten Füßen mitten auf der Straße und alle seine Nachbarn starrten ihn im Moment wahrscheinlich gerade durch ihre Fenster hindurch an. Luka konnte ihre Blicke regelrecht in seinem Nacken spüren. Ohne lange darüber nachzudenken, was schlimmer war – die Blicke seiner Nachbarn oder die Begegnung mit seinem sicher bereits vor Wut schäumendem Vater – lief er so schnell er konnte, ohne nach links oder rechts, geschweige denn gerade aus zu schauen, auf sein Haus zu. Es kam, wie es kommen musste: Er lief genau in die Arme seines Vaters hinein.

Frank Seidel hatte sich umgedreht, als er das Geräusch schneller Schritte gehört hatte. Der Anblick seines Sohnes, der nur im Schlafanzug – fast schon panisch – die Straße entlang lief, rief ein beinahe sanftes Lächeln auf seine Lippen. Als er bemerkte, dass sein Junge sich beim Laufen nicht umsah, hob er schnell die Arme und hielt Luka an den Schultern fest, bevor sie zusammenstoßen konnten.

„Ist das irgendeine neue Modeerscheinung, von der ich wieder einmal nichts mitbekommen habe?“, fragte er belustigt.

Luka sah erschrocken auf, als er die Stimme seines Vaters erkannte und wich sofort reflexartig einige Schritte zurück.

Als Frank die Reaktion seines Sohnes sah, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck und schlagartig strahlte er genau die Wut aus, vor der Luka sich gefürchtet hatte.

Die Augen des Jungen weiteten sich erschrocken und er senkte schnell den Kopf, um sich bei seinem Vater zu entschuldigen. „E-e-es… es t-tut mir Leid.“ Seine zitternde Stimme vermittelte Frank einen Eindruck der Angst, die er wieder einmal in seinem Sohn ausgelöst hatte. Halb bedauernd, halb frustriert schüttelte er den Kopf.

„Wo sind deine Manieren, Junge?“, fragte er in einem harschen Tonfall. „Stehst hier mitten am Tag im Schlafanzug vor deinem Haus, nachdem du mich eine halbe Stunde hast warten lassen!“

Luka zuckte zusammen und wich noch einen Schritt zurück. Das flaue Gefühl, welches er bereits gespürt hatte, als er noch im Haus seines Nachbarn gewesen war, wurde wieder stärker. ‚Ganz ruhig.‘, versuchte er sich selbst zuzureden, aber es half nichts. Er stand trotzdem noch – vier Schritte von seinem Vater entfernt – zitternd auf dem Zugangsweg seines Grundstückes.

„Na nun schließ schon endlich die Tür auf, Junge!“, wies ihn Frank an und Luka gehorchte fast automatisch. Er bewegte sich ohne darüber nachzudenken auf die Tür zu, steckte den Schlüssel ins Schloss und ließ seinen Vater ins Haus.
 

Er hatte seinem Vater einen Kaffee und sich selbst einen Tee gekocht und sich dann erst zu Frank an den Küchentisch gesetzt. Wahrscheinlich wollte er dadurch so lange wie möglich vermeiden, mit dem anderen reden zu müssen, auch wenn ich klar war, dass es unmöglich war, einem Gespräch mit diesem Mann auszuweichen.

„Wie man Kaffee kocht, weißt du ja anscheinend.“, meinte Frank, nachdem er einen Schluck des heißen Getränkes genommen hatte. „Sag mal… du trinkst doch keinen Kaffee, oder?“ Als Antwort auf seine Frage bekam er wie erwartet nur ein zaghaftes Nicken. „Dann sag mir… wieso hast du sowohl Kaffee, als auch eine Kaffeemaschine im Haus?“

Angepeilt, gezielt und genau ins Schwarze getroffen. Zumindest vermittelte ihm der betretene Gesichtsausdruck seines Sohnes diesen Eindruck. Und die kaum verstehbare genuschelte Antwort, bestätigte ihn in dieser Vermutung.

„Sag das bitte noch einmal und sprich deutlich mit mir, Junge.“

Luka spielte nervös mit dem Löffel in seiner Teetasse und biss sich unsicher auf die Unterlippe. Wenn er seinem Vater die Wahrheit sagte, würde dieser das wahrscheinlich gleich wieder falsch verstehen und als eine Einladung begreifen. Dabei war es nur eines der Gebote der Höflichkeit, die sein Vater ihm eingetrichtert hatte, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Aber er war nicht gut m Lügen. Sein Vater würde es sofort merken, wenn er die Unwahrheit sagte.

„Ich… ähm… für…“

„Hör auf, hier so herum zu stammeln und antworte mir! Ich habe dich etwas gefragt!“, schlug Frank wieder seinen Befehlston an. Er wusste aus Erfahrung, dass er ohne ihn nicht viel weiter kommen würde, wenn er etwas von Luka wollte, also hatte er sich angewöhnt, mit seinem Sohn größtenteils auf diese Weise zu reden.

Natürlich brachte es Luka zum reden, wenn sein Vater diese Tonfall anschlug, allerdings nur deshalb, weil er Luka damit eine höllische Angst einjagte.

„Für… f-für…“ Luka brach ab. Wenn er es jetzt nicht sagte, dann würde sein Vater vermutlich gleich wieder richtig böse werden. „Für dich!“, rief er laut, zuckte auch sofort zusammen, als er merkte, dass er wieder einmal geschrien hatte.

In letzter Zeit passierte ihm das öfter, als ihm lieb war. Er wollte nicht schreien. Die Leute mussten ja sonst was von ihm denken. Sein neuer Nachbar zum Beispiel. Den hatte er jetzt schon mehrmals angeschrien.

Frank starrte seinen Sohn verblüfft an, mit dieser Antwort hatte er jetzt nicht gerechnet. Luka hatte eine Kaffeemaschine, falls er einmal – so selten, wie das vorkam – Besuch von seinem Vater bekam?

Schnell räusperte er sich und trank noch einen Schluck Kaffee, um nicht auf die Aussage des Jungen reagieren zu müssen, da er nicht wirklich wusste, was er darauf antworten sollte.

„Deine Mutter hat nach dir gefragt.“, meinte Frank und erklärte das Thema Kaffeemaschine damit für beendet.

Luka sah verblüfft auf. „Meine Mutter?“

„Ja… wird ja auch Zeit. Ihr letzter Anruf ist bereits fast drei Jahre her. Sie scheint sich nicht sonderlich für ihren Sohn zu interessieren.“

Luka zuckte zusammen und starrte betroffen auf die Tasse in seinen Händen. „Hat sie… hat sie gesagt… was sie w-wollte?“

„Ach was soll sie schon wollen?“, meinte Frank und ignorierte völlig, dass der Junge ihm gegenüber schon wieder zusammen zuckte. „Wahrscheinlich hat sich nur mal wieder irgendeine Freundin nach dir erkundigt. Ist doch immer so.“ Er trank den letzten Schluck seines Kaffees, stellte die Tasse dann geräuschvoll auf dem Tisch ab und lehnte sich zurück. „Also, was treibst du in letzter Zeit? Man hört ja nie etwas von dir.“

Luka hielt unsicher den Blick auf seine Tasse gesenkt, während er seinem Vater von seinem neuen Roman erzählte. „Aber die Idee hab ich schon länger… ich meine… sie ist… sie ist schon etwas älter. Ich hab sie nur… nur noch nie aufgeschrieben.“

„Nun, dann wird es Zeit, dass du es tust, nicht wahr?“, meinte Frank nur, nachdem er sich die Geschichte hat erzählen lassen.

Luka nickte. Sein Vater hatte natürlich Recht. Diesen Roman hätte er wahrscheinlich schon längst fertig haben können, wenn er sofort daran gearbeitet hätte und das Schreiben nicht wieder unnötig aufgeschoben hätte.

„Aber etwas musst du mir jetzt noch erklären, Junge.“, meinte Frank und bewirkte damit, dass Luka den Kopf hob und ihn mit einem unsicheren Blick bedachte. „Deinen Aufzug.“

„Meinen…“ Luka sah verwirrt an sich herab. Er trug noch immer seinen Schlafanzug, nur seine Füße steckten mittlerweile in warmen Pantoffeln. Sein ‚Aufzug‘ war tatsächlich mehr als nur erklärungsbedürftig.
 

Ende Kapitel 7
 

Ich hoffe, ihr fandet das jetzt nicht zu kurz. Aber das was ich als nächstes vorhabe passt nicht mehr so gut in den Sinn dieses Kapitels. Also, seid gespannt auf nächste Woche.

Bye eure u-chan

Traum der Vergangenheit

So hier kommt das nächste Kapitel der Geschichte um Luka und Janis. Ich hoffe, es gefällt euch und ich hoffe auch, dass ihr das Ende von dem Gespräch aus dem letzten Kapitel nicht zu plötzlich findet.

Na gut, sparen wir uns heute das lange Vorgeplänkel. Ich wollte nur noch schnell die Möglichkeit nutzen und mich bei jani-chan für ihren Kommi bedanken.
 

8. Geschichten
 

Nachdem er Luka regelrecht aus dem Haus geworfen hatte, war er an seine Arbeit zurückgekehrt. Er hatte sie in den letzten Tagen etwas schleifen lassen und musste zusehen, dass er nicht in Verzug kam und am Ende seinen Abgabetermin nicht einhalten konnte. Ein paar Seiten weiterzuschreiben schaffte er auch, bis es an seiner Tür klingelte und der Postbote ihn aus seiner Konzentration riss.

Janis öffnete etwas genervt die Tür und starrte den jungen Mann in der gelb-schwarzen Uniform davor fast schon böse an.

„Ich hab hier ein Päckchen für Sie.“, meinte der Postbote erstaunlich gelassen und hielt Janis besagtes Packet entgegen.

„Oh… danke.“, antwortete Janis verwirrt und nahm dem anderen das Päckchen ab. Er suchte nach einem Absender, aber scheinbar hatte derjenige, der ihm das Paket geschickt hatte vergessen, ihn drauf zuschreiben.

Etwas streifte sein rechtes Bein und dann bellte Molly plötzlich einmal laut.

Der Postbote lächelte und ging vor der Hündin in die Hocke. „Netter Hund. Wie heißt er denn?“, fragte er und streichelte dem Tier über den Kopf.

„Molly.“, antwortete Janis. „Sie bekommen noch eine Unterschrift, nehme ich an?“

„Oh ja, richtig.“ Der junge Mann stand wieder auf und bedachte die Hündin noch mit einem Lächeln, dann hielt er Janis seinen elektronischen Block hin, um ihn dort unterschreiben zu lassen. „Und diesen Brief hier hab ich noch für Sie. Post von der Familie?“

„Wie meinen Sie-?“ Janis nahm den Brief entgegen und drehte ihn, um den Absender lesen zu können. Jürgen Keller.

„Es ist derselbe Name, oder nicht? Nun, einen schönen Tag wünsche ich noch, Herr Keller. Molly.“

Die Hündin bellte noch einmal zum Abschied und verschwand dann wieder im Haus, während der Postbote zu seinem Fahrrad zurück ging und es zum nächsten Haus weiter schob.

Eine Autotür knallte laut zu und dann wurde ein Motor gestartet. Janis sah sich kurz um und entdeckte den Störenfried vor dem Haus seines Nachbarn. Scheinbar machte sich Lukas Vater bereits wieder auf den Weg zurück nach Hause.

Janis schloss die Tür wieder, legte das Päckchen und den Brief auf den Flurtisch und wandte sich dann an seine Hündin, die neben der Wohnzimmertür saß und ihr Herrchen unschuldig ansah. „Ein schöner Wachhund bist du mir.“, meinte er tadelnd. „Normalerweise bellst du Postboten immer an. Was war denn an diesem anders?“

Molly sah mit großen Augen zu ihm auf und gab sich alle Mühe, so auszusehen, als könne sie kein Wässerchen trüben. „Hat er dich etwa bestochen? Na großartig… mein Hund ist bestechlich!“ Janis griff nach dem Brief, riss ihn an der Seite auf und schüttelte sich den Inhalt in die Hand. „Eine Einladung?“ Janis öffnete die Karte verwirrt und begann zu lesen.
 

Unser Sohn feiert seinen 18. Geburtstag.

Hiermit laden wir Sie herzlichst ein, an dieser Feier teilzunehmen.

Aber wir feiern nicht nur den Geburtstag unseres Sohnes, sondern auch seine Ernennung zum Junior Chef unserer Firma.

Über Ihre Teilnahme würden wir uns sehr freuen.
 

Unter dem mit Computer geschriebenen Text stand in der sauberen Handschrift seiner Mutter: Bitte komm Kevin, es würde deinem Bruder viel bedeuten.

Janis seufzte. Junior Chef der Firma seines Vaters.

Er war damals exakt aus diesem Grund zu Hause ausgezogen, genau an dem Tag, an dem er 18 geworden war. Ohne irgendjemandem aus seiner Familie etwas zu sagen, hatte er seine Sachen gepackt und war zu seiner Freundin gezogen, bevor seine Eltern an diesem Tag wieder nach Hause gekommen waren. Seitdem hatte er sie nicht mehr gesehen. Seine Mutter rief er zwar einmal im halben Jahr an, um ihr zu sagen, dass es ihm gut geht und sie sich keine Sorgen zu machen brauchte, aber mit seinem Vater hatte er seitdem kein Wort mehr gesprochen.

Dieser Umstand war ein Grund mehr, weshalb er sich über diese Einladung wunderte.

Nur sein Bruder hatte in den letzten drei Jahren einmal angerufen und das auch nur, um ihm zu sagen, dass er so schnell wie möglich zurückkommen musste, um die Firma zu übernehmen.

Janis warf den Brief zurück auf den Flurtisch. „Es würde deinem Bruder viel bedeuten.“, murmelte Janis und widmete sich dem Päckchen. „Natürlich… er hat mir auch bei unserem letzten Gespräch nicht gesagt, wie sehr er mich hasst.“ Er öffnete das Päckchen und zog das Buch heraus, das sich darin befand. Auf dem Einband klebte ein Zettel mit der Nachricht: Ich dachte, es gefällt dir vielleicht. David.

Er löste den Zettel vom Buchdeckel und las den Namen des Autors. „Luka Seidel. Kurzgeschichten.“ Er grinste glücklich, seine Familie war wieder vergessen. Eigentlich sollte es erst in zwei Tagen erscheinen und er hatte sich auch vorgenommen, dann sofort in den nächsten Buchladen zu fahren und es sich zu kaufen.

Am liebsten würde er es sich jetzt in seinen Fernsehsessel bequem machen und anfangen, zu lesen, aber die Arbeit rief. Und wenn er sich jetzt nicht wirklich endlich ans Schreiben machte, verpasste er tatsächlich noch seinen Abgabetermin. Er hatte nur noch eine Woche und der Umzug hatte seinen ganzen Zeitplan durcheinander gebracht.
 

Luka ließ sich erschöpft bäuchlings auf sein Bett fallen und vergrub das Gesicht im Kissen. Sein Vater war nur für eine Stunde geblieben und trotzdem hatte er das Gefühl, seit einer Woche nicht mehr geschlafen zu haben.

Nachdem er gestanden hatte, dass er nicht wusste, wie er seinen ‚Aufzug‘ erklären sollte, hatte Frank zwar davon abgesehen, ihn noch einmal zu fragen, aber Luka wusste genau, dass sein Vater ihn deswegen wieder für völlig unfähig hielt, für sich selbst zu sorgen. Er hatte es in dessen Gesicht gesehen, als er ihn für einige Sekunden angesehen hatte. Danach hatte er sich nicht mehr getraut, seinem Vater in die Augen zu schauen.

Dieser Tag war bereits wieder gelaufen, obwohl er eigentlich gerade erst begonnen hatte. Nun, es war bereits Mittag, aber er war ja auch erst vor etwas über einer Stunde aufgewacht – bei seinem Nachbarn Janis.

Luka hob den Kopf. Was hatte er überhaupt in dem Haus des anderen getan? Wieso war er dort gewesen? Er war sich hundertprozentig sicher, am Abend vorher in seinem eigenen Bett eingeschlafen zu sein, also wieso war er nicht auch wieder dort aufgewacht?

Janis würde ihn doch wohl nicht etwa entführt haben? Luka hielt diese Möglichkeit für einen Moment sogar für logisch, dann verwarf er sie aber wieder.

„Das wäre ja total unsinnig…“, murmelte er und schüttelte den Kopf. Er drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Er hatte doch hoffentlich nichts Peinliches gemacht? Aber welche der vielen peinlichen Dinge die er tun konnte, würde ihn wohl von seinem Bett auf die Couch seines Nachbarn befördern?

„Oh nein…“ Luka setzte sich erschrocken auf, als ihn eine Erkenntnis traf. „Ich bin geschlafwandelt!“ Er sah sich um, als wäre noch jemand anderes im Haus und schlug sich dann eine Hand vor die Stirn. „Hoffentlich bin ich nicht einfach direkt in sein Haus gelaufen… obwohl… wie sollst du denn sonst dahin gekommen sein, du Idiot? Er wird dich ja wohl kaum auf der Straße aufgelesen haben… verdammt…“ Er schrie laut auf und zog sich die Decke über den Kopf. Wieso musste er auch immer so peinliche Sachen machen? Janis würde ihn jetzt sicher für einen Idioten oder noch schlimmer, für einen Irren halten. Er musste zugeben, dass er das selbst auch denken würde, wenn jemand plötzlich mitten in der Nacht vor seiner Tür stehen, einfach an ihm vorbei laufen und sich auf seine Couch legen würde. „Ich bin wirklich so ein Idiot.“
 

Nachdem sich seine Gedanken noch gute zwei Stunden im Kreis gedreht hatten, war Luka schließlich wieder aufgestanden und in sein Arbeitszimmer gegangen. Dort saß er jetzt bereits seit einer ganzen Weile an seinem Schreibtisch und starrte wie gebannt auf den Cursor, der ihn von dort aus anblinkte. Wieder einmal wollte ihm keine Idee kommen, wie er weiter schreiben konnte und mittlerweile war er kurz davor, den Computer auszuschalten und den Roman aufzugeben.

„Es hat schließlich keinen Sinn…“, murmelte er. „Ich bin einfach zu unfähig. Was sollen meine Leser auch mit so einer alten Idee… das würde eh keiner lesen.“ Seufzend stützte Luka seinen Kopf in seine Hände und schloss die Augen. „Es braucht auch keiner zu lesen, weil dir ja schließlich gar nicht einfällt, was zum Teufel du schreiben sollst!“, fluchte er und schlug unvermittelt mit einer Faust auf die Tischplatte.

Geschockt starrte der Junge auf seine Hand und spürte, wie Tränen langsam in seine Augen traten. „Verdammt…“

Luka hörte ein leises Mautzen und kurz darauf landete etwas leichtfüßig auf seinem Schoß. Als er den Blick senkte, sah er dort wie erwartet Finn, der sich an den Bauch seines Besitzers kuschelte. Der Kater trat ein paar Mal auf der Stelle, dann legte er sich hin und schloss schnurrend die Augen.

„Finn du… was machst du?“, fragte Luka verwirrt und begann sanft den Kopf des Tieres zu kraulen. „Ich hab vergessen, dir etwas zu essen zu geben, nicht wahr?“

Finn mautzte noch einmal, machte aber keinerlei Anstalten, sich zu bewegen. „Also manchmal… bist du mir unheimlich, weißt du das?“ Als der Kater wie zur Antwort den Kopf hob und ihm in die Augen sah, sog Luka erschrocken die Luft ein. „Ich hab ab und zu wirklich das Gefühl, du würdest mich verstehen… Das ist es! Finn… oh man…“ Luka unterbrach sich selbst wieder und beugte sich zu seinem Laptop vor. „Wieso bin ich nicht schon eher auf die Idee gekommen?“

Finn ließ sich von der plötzlichen Hektik seines Besitzers nicht aus der Ruhe bringen. Der Kater hatte zwar eigentlich Hunger, aber das konnte auch noch warten, bis Luka fertig war. Zwar wusste Finn nicht genau, auf welche Idee er den Jungen gebracht hatte, aber er war froh, dass es funktioniert hatte. Einen deprimierten Menschen konnte er nicht brauchen. Dann würde er wieder nichts zu essen bekommen.

Finn schloss schnurrend wieder seine Augen und schlief irgendwann ein, während der Mensch fieberhaft tippte.
 

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So leise wie möglich öffnete er die Tür zum Zimmer seines Sohnes einen Spalt breit und spähte durch den kleinen Spalt. Die Nachttischlampe brannte noch, aber Luka schlief immer mit Licht. Obwohl er inzwischen alt genug sein dürfte, hatte der Junge noch immer Angst vor der Dunkelheit.

„Schläft er schon?“

Frank löste seine Hand von der Türklinke und wandte sich zu seiner Frau um. Sabine sah wie jeden Abend so aus, als würde sie noch Besuch erwarten: perfekt geschminkt und in dem besten Kleid, was ihr Kleiderschrank an diesem Tag her gegeben hatte. Nur diesmal war Frank sich ganz sicher, dass sie niemanden mehr erwartete.

„Ja.“, antwortete er. Sein Blick verfinsterte sich. „Hör zu. Wenn du gehen willst, dann geh. Das du wartest, bis die Kinder schlafen zeigt nur wieder, was du für eine unmögliche Mutter und bist.“

„Luka würde es nicht verstehen. Du kennst ihn. Ich weiß gar nicht, was wir mit ihm falsch gemacht haben. Der Junge ist sechs Jahre alt und verlässt sein Zimmer nur, wenn man ihn dazu zwingt. Ich gebe dir einen letzten Rat als die Mutter dieses missratenen Kindes: Schick ihn zu einem Psychiater. Vielleicht kann der ja noch etwas retten!“

Franks Hände schlossen sich zu Fäusten und er hatte Schwierigkeiten, seine Wut im Zaum zu halten. Am liebsten hatte er diese Frau geschlagen, aber das hätte nur zu Problemen geführt… nämlich vermutlich vor Gericht. Der neue Freund seiner Ex- Frau war Anwalt. Er seufzte und sein Blick richtete sich zu Boden.

„Geh einfach.“ Frank flüsterte fast. „Und wenn du draußen bist, komm nicht auf die Idee noch einmal wiederzukommen.“

Das ließ sich Sabine wie erwartet nicht zweimal sagen. Sie griff nach den beiden Koffern, die neben der Haustür standen und ging, ohne einen weiteren Blick auf ihren Mann zu werfen.

Frank seufzte noch einmal und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Er hatte gewusst, dass seine Frau mit Luka nicht zu Recht kam und ihm war auch klar, dass der Junge ein Grund dafür war, dass sie die Familie verlassen wollte. Sie hatte nur auf einen Mann gewartet, der genug Geld verdiente, sonst wäre sie wahrscheinlich bereits vor zwei Jahren gegangen. Damals war Lukas Verhalten schon auffällig genug gewesen, um das Kind einem Spezialisten vorzustellen, aber Frank hatte sich geweigert, so etwas seinem vierjährigen Sohn zuzumuten.

„Papa?“

Frank wandte sich um, als er die Stimme seines ältesten Sohnes erkannte. „Luis. Warum schläfst du denn noch nicht?“

„Ist sie weg?“, fragte der sechzehnjährige, ohne auf die Frage seines Vaters einzugehen. Frank nickte als Antwort nur. „Dann kehrt hier vielleicht endlich wieder Ruhe ein.“

Franks Augen weiteten sich und er starrte seinen Sohn beinahe verwirrt an. „Was meinst du damit?“

„Na ja…“ Luis suchte einen Augenblick nach Worten. „Also… so toll ist die Atmosphäre in unserer Familie ja schon eine ganze Weile nicht mehr gewesen, findest du nicht?“

Frank nickte noch einmal und wandte sich der Tür zu, durch die seine Frau verschwunden war. Ihr neuer Lebensgefährte hatte sie auf der anderen Seite der Tür erwartet, da Frank ihm verboten hatte, das Haus zu betreten.

„Das was sie da über Luka gesagt hat… ist das wahr? Ich meine… braucht er wirklich einen-“ Er unterbrach sich selbst, als er das Kopfschütteln seines Vaters sah.

„Der Kleine ist ein wenig sonderbar, das stimmt.“ Frank drehte sich wieder um und zog die Tür zu Lukas Zimmer ins Schloss. „Aber ich denke, wir kriegen das auch ohne Hilfe hin. Der Junge braucht einiges, aber ganz sicher keinen Psychiater.“

Luka starrte seine Tür schockiert an. Er war aufgewacht, als er seine Eltern hatte reden hören und nun saß er mit dem Rücken an die Wand gelehnt in seinem Bett und drückte seinen Teddy fest an sich. Stumme Tränen liefen über seine Wangen.

Er wusste zwar nicht genau, was ein Psychiater war, aber so entsetzt wie sein großer Bruder gerade geklungen hatte, konnte es nichts Gutes sein.

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Luka öffnete die Augen und blinzelte verwirrt an die Decke seines Schlafzimmers. Seine Nachtischlampe erleuchtete den Raum, obwohl es noch immer mitten in der Nacht war.

Der Junge setzte sich vorsichtig auf und fuhr sich dann mit beiden Händen übers Gesicht. Zumindest wollte er das. Er hielt mitten in der Bewegung inne, als seine Finger etwas Feuchtes berührten, das scheinbar seine Wangen hinunter gelaufen war.

Hatte er etwa geweint? Was hatte er nur geträumt? Es musste etwas ziemlich Schlimmes gewesen sein, wenn es ihn dazu gebracht hatte zu weinen, während er schlief. Luka musste sich gestehen, dass er lieber nicht wissen wollte, worum es in diesem Traum gegangen war.
 

Ende Kapitel 8
 

So, das war’s auch schon wieder. Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Jani-chan meinte beim Korrekturlesen schon, es wäre traurig…^^

Nächste Woche wird’s auf jeden Fall wieder lustiger.

Ich wünsch euch eine schöne Woche

Bye u-chan

Geburtstage

Hey Leute, ich weiß… ich hab ein wenig Verspätung. Aber das liegt alles nur daran, dass ich im Moment bei meiner Nichte den Babysitter spiele. Irgendwie hab ich im Moment das Gefühl, die Story läuft nicht ganz rund. Aber ab dem nächsten Kapitel sollte sie das theoretisch wieder tun. Ich hoffe das Kapitel gefällt euch trotzdem.

Es geht auch ein klein wenig um Janis Familie.

Oh ja richtig und bitte nicht davon verwirren lassen, dass seine Eltern ihn Kevin nennen. Das klärt sich alles später noch auf.^^
 

9. Geburtstage
 

Janis streckte beide Arme in die Luft und gähnte. Es waren ein paar lange Tage und Nächte gewesen, in der letzten Woche, aber wenigstens hatte er so seinen Roman noch fertig gebracht und würde auch seinen Abgabetermin einhalten können. Er hatte auch nicht unbedingt so viel Lust darauf gehabt, sich wieder einmal mit seinem Verleger zu streiten.

„So speichern und losschicken.“ Er tat, was er gerade zu sich selbst gesagt hatte und schaltete dann seinen Laptop aus. „Okay Molly…“ Die Hündin lag neben seinem Schreibtisch und hob müde den Kopf, als sie angesprochen wurde. „Ich bin fertig. Was hältst du von einem sehr, sehr langen Spaziergang?“ Molly sah ihn aus großen braunen Augen verständnislos an, gab ein kurzes jaulendes Geräusch von sich und ließ ihren Kopf dann wieder auf den Boden sinken. „Na schön…“ Janis stand auf und stupste die Hündin leicht mit dem Fuß an. „Hoch mit dir, du faules Tier…“, meinte er lachend und verließ dann das Wohnzimmer, um die Leine zu holen. „Komm schon!“

Als er mit der Leine klapperte, schien Molly endlich zu verstehen, was ihr Herrchen von ihr wollte und lief in den Flur hinaus, wo sie fröhlich an dem Menschen hochsprang. „Oho… jetzt auf einmal.“

Janis befestigte die Leine an Mollys Halsband, zog sich eine Jacke über und griff nach dem Hausschlüssel. Dann öffnete er die Tür und trat das erste Mal seit Tagen wirklich in die Sonne hinaus.

Die letzte Woche über hatte er Molly tagsüber nur schnell in den Garten raus gelassen und hatte dann weitergearbeitet. Nur nachts war er mit ihr spazieren gegangen, um besser einschlafen zu können.

„Ziemlich kalt geworden.“, meinte er. Nun, das war nur natürlich. Immerhin war der Sommer inzwischen fast vorbei, eigentlich war es bereits Herbst. Die ersten Blätter an den geraden Bäumen in den gepflegten Vorgärten seiner Nachbarn hatten sich bereits gelblich verfärbt, die letzten warmen Tage des Jahres lagen sicher schon eine Woche zurück. Wenn er sich Recht erinnerte, war es der Tag gewesen, an dem Luka bei zwanzig Grad im Wintermantel vor seiner Tür gestanden hatte.

Bei dem Gedanken daran, musste Janis unbewusst grinsen. Er hatte den Jungen seit dem Tag danach nicht mehr gesehen, was eigentlich nicht weiter verwunderlich war. Luka ging sowieso nie nach draußen und Janis besuchen würde er sicher erst Recht niemals freiwillig. Und er selbst hatte sein Haus ja auch seit einer Woche nicht mehr verlassen.

Vielleicht sollte er ihn mal wieder besuchen gehen und schauen, ob bei ihm alles in Ordnung war. Immerhin hatte sich Luka mit seinem Vater getroffen und dass der Junge Angst davor gehabt hatte, war Janis nicht entgangen.

Er ging an dem Haus der Becksteins vorbei und machte sich auf den Weg in Richtung der umliegenden Felder, um Molly dort frei laufen zu lassen.
 

Luka ließ sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch sinken und warf einen Blick auf seinen Laptop. Ein kleines Fenster in der rechten unteren Ecke des Bildschirms machte ihn darauf aufmerksam, dass er eine E-Mail bekommen hatte. Er klickte auf das kleine Symbol und öffnete so seine Nachricht.
 

Hey Luka,

ich hab eine Weile nichts von dir gehört, ich hoffe, bei dir ist alles in Ordnung.

Am Freitagabend habe ich frei, deshalb dachte ich, ich könnte mal vorbei kommen und schauen, wie’s dir geht? Also, wenn du nichts dagegen hast, komm ich gegen acht vorbei.

Also, wir sehen uns dann.

David.
 

Der Junge sah vom Laptop auf und überlegte kurz. Freitag, das war in zwei Tagen. Das wäre dann der 1. Oktober. Luka stockte. „Oh nein…“ Wieso musste David ausgerechnet an diesem Tag vorbei kommen wollen. ‚Wenn du nichts dagegen hast.‘ Sicher hatte er etwas dagegen, aber er konnte David kaum absagen. Der andere würde einen Grund wissen wollen und dann müsste Luka ihm sagen, dass er an diesem Tag Geburtstag hatte. Besuch zu seinem Geburtstag… das konnte nicht gut gehen. Bisher war an jedem seiner Geburtstage etwas schief gelaufen, wenn ihn jemand mit ihm feiern wollte. Aber David kannte ihn schon seit einer halben Ewigkeit, er müsste eigentlich seinen Geburtstag wissen. Hieß das etwa, dass David vorhatte, mit ihm zu feiern?

Luka sprang auf und begann unruhig in seinem Arbeitszimmer umher zu laufen, immer zwischen Tür und Schreibtisch hin und her. Das war nicht gut, das war ganz und gar nicht gut.
 

Donnerstag kam und ging und für beide – für Luka und für Janis – kam somit ein Tag, dem sie mit einem unguten Gefühl entgegen sahen, beide aus einem ähnlichen Grund. Der eine wegen seines eigenen Geburtstages, der andere wegen dem seines Bruders.

Janis zog die Tür seines Autos hinter sich zu und startete den Motor. Er hatte nur eine Kleinigkeit als Geschenk für Julius besorgt, da ihm einfach nichts hatte einfallen wollen, was er seinem jüngeren Bruder hätte schenken können. Auch wenn er eigentlich so gut wie keine Lust auf die Party hatte, so blieb ihm eigentlich nicht wirklich etwas anderes übrig, als wenigstens kurz dort vorbei zu schauen, wenn er schon eingeladen wurde.
 

Luka beobachtete, wie das Auto seines Nachbarn um die Ecke verschwand. Als er den Motor gehört hatte, war er erschrocken von seinem Schreibtischstuhl aufgesprungen und zum Fenster gelaufen, um nachzusehen, ob David bereits kam.

„Es ist erst kurz nach sechs, Idiot… er sagte doch, er kommt gegen acht…“ Luka ließ die Gardine los und ging zurück zu seinem Schreibtisch, wo ihn der leere Bildschirm seines Laptops daran erinnerte, dass er noch Arbeit hatte.

Seit er Davids Mail gelesen hatte, konnte er sich nicht mehr aufs Schreiben konzentrieren, dabei war es gerade so gut gelaufen. Die letzte Woche war er mit der Story richtig gut voran gekommen und jetzt konnte er schon wieder nicht schreiben.

David würde sicher irgendwann ungeduldig werden. Immerhin wollten sie sein neues Buch zu Weihnachten veröffentlichen und ein Buch waren die paar Seiten nun wirklich noch nicht.

Luka senkte seufzend den Kopf und begann, zwischen Tisch und Tür hin und her zu laufen. ‚David kommt bald.‘, schoss es ihm durch den Kopf und er sah sich kurz unsicher um. In seinem Arbeitszimmer herrschte wieder einmal völliges Chaos und der Rest des Hauses sah sicher auch nicht besser aus. „Wieso hab ich denn noch nicht aufgeräumt?“, fragte Luka und bückte sich nach einigen losen Blättern, die vor seinen Füßen lagen. „Verdammt… das schaff ich doch nie… wieso hab ich denn auch… ich weiß seit zwei Tagen, dass er kommt…“ Was sollte David denn von ihm halten, wenn er wieder in dieser Unordnung stand? Diesmal hatte er ihm immerhin schon zwei Tage vorher Bescheid gesagt, dass er kam. Wahrscheinlich war das ja Absicht gewesen, um ihm mehr Zeit zu geben, aufzuräumen. Und er hatte das natürlich wieder einmal nicht getan! Wenn David ein schlechtes Bild von ihm hatte, war er selber Schuld!
 

Janis fuhr die viel zu lange Einfahrt vor dem viel zu großen Haus hoch und hielt vor der überdimensionierten Eingangstür. Ein kleiner korpulenter Mann, der in seinem schwarzen Anzug aussah, wie ein Pinguin und sich auch genauso fortbewegte, öffnete ihm höflich die Tür.

„Herzlich Willkommen, junger Herr.“, sagte der Pinguin und ließ sich von Janis die Autoschlüssel reichen.

„Ich bin schon seit ein paar Jahren kein junger Herr mehr in diesem Haus.“, meinte Janis ruhig und ging dann ohne ein weiteres Wort in Richtung des geöffneten Eingangs. Er hörte, wie hinter ihm der Motor seines Wagens wieder gestartet und das Auto dann aus der Einfahrt gefahren wurde.

Die beiden Männer, die an der Tür standen, senkten höflich den Kopf und auch die anderen Angestellten, die ihm auf dem Weg zum Salon begegneten, grüßten ihn höflich. ‚Das habe ich eindeutig nicht vermisst…‘, dachte Janis grimmig. Er hatte es noch nie leiden können, dass ihm all diese Menschen mit so viel Respekt begegneten, obwohl er ihn sich überhaupt nicht verdient hatte.

Janis ließ seinen Blick durch den übergroßen Raum schweifen, in dem die Feier stattfinden sollte. In der Mitte befand sich der große weiße Springbrunnen, in dem er als Kind immer gern mit seinem kleinen Bruder gespielt hatte. Um den Brunnen herum standen lange, reichhaltig gedeckte Tische, welche die Gäste mit allem versorgten – von kleinen Snacks bis zu einem ausgiebigen Drei– Gänge– Menü.

„Kevin!“ Unerwartet hing eine Frau an seinem Hals und zog ihn ein Stück nach unten in eine Umarmung. „Ich bin so froh, dass du tatsächlich gekommen bist!“

„Mama…“ Janis schloss die Augen und drückte die Frau fest an sich.

„Du bist also tatsächlich hier…“ Die kalte Stimme ließ Janis erstarren und er löste sich wieder von seiner Mutter. Als er sich umwandte erkannte er seinen jüngeren Bruder, der ihn so wütend anfunkelte, als wäre Janis die Wurzel allen Übels auf der gesamten Welt. „Ich habe mit Vater gewettet, dass du zu feige wärst, um hier aufzutauchen. Da hab ich wohl verloren.“

„Nun… jemand hat mir eine sehr nette und persönliche Nachricht auf meine Einladung geschrieben.“, meinte Janis lächelnd.

Julius warf seiner Mutter einen kurzen Blick zu. „Wenn du gekommen bist, um nun doch die Firma zu übernehmen, kannst du gleich wieder gehen.“

Janis starrte seinen Bruder verblüfft an. „Julius… ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich dir das jetzt schon gesagt habe… ich will die Firma nicht.“

„Was ist denn so schlecht an meiner Firma?“ Ein Mann in einem teuren schwarzen Anzug mit einer – in Janis Augen – eher geschmacklosen Krawatte, war plötzlich hinter Julius getreten, legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter und sah seinem ältesten Sohn erwartungsvoll in die Augen.

„Es ist gar nicht so sehr die Firma an sich.“, antwortete Janis schneidend.

Julius Augen weiteten sich erstaunt und er ballte die Hände zu Fäusten. Wie konnte sein Bruder es wagen, so etwas zu behaupten? Der Junge schnaubte verächtlich, wandte sich ab und stampfte regelrecht in eine willkürlich gewählte Richtung davon.

„Nun… fühl dich wie zu Hause, Junge. Melanie, wir sehen uns später.“

Janis sah seinem Vater verständnislos hinterher, als auch dieser wieder ging und seine Frau mit seinem Sohn allein ließ. „Wie zu Hause?“ Der Mann war zu einer Gruppe von wichtig aussehenden Männern neben der weißen Statue eines Unbekannten getreten, wahrscheinlich um mit ihnen wieder irgendwelche wichtigen Dinge zu besprechen.

„Nun Kevin…“ Melanie sah ihren Sohn mit einem mitfühlenden Blick an. „Du darfst ihm das nicht übel nehmen, bitte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie enttäuscht er war, als du plötzlich verschwunden bist. Immerhin hat er immer gehofft, dass du mal seine Firma übernehmen würdest. Immerhin ist das die Tradition seiner Familie.“

„Mama.“ Janis mied bewusst den Blick der Frau. „Ich wollte diese Firma niemals übernehmen.“ Er seufzte. „Ich denke, ich sollte wieder gehen. Danke… vielen Dank für die Einladung.“ Eine Hand schloss sich unerwartet um sein Handgelenk und hielt ihn vom gehen ab.

„Kevin nein.“ Melanie sah traurig zu ihrem Sohn auf. „Ich habe dich so lange nicht gesehen. Jetzt bist du endlich hier und willst nach fünf Minuten schon wieder gehen?“

Auf Janis Lippen formte sich ein unglückliches Lächeln. „Du hast mich also vermisst?“

„Natürlich. Kevin, du bist mein Sohn und ich habe dich seit fast drei Jahren nicht mehr gesehen ich-“

„Und warum…hast du mich dann nicht einmal besucht?“, unterbrach Janis seine Mutter.

Melanies Augen weiteten sich erschrocken und sich starrte ihren Sohn geschockt an. Sie ließ Janis Handgelenk los und kurz darauf konnte sie ihm nur noch dabei beobachten, wie er erst den Salon, dann auch das Haus verließ.

Sie hatte ihm auf seine Frage nicht antworten können, was hätte sie auch sagen sollen? Immerhin hatte er Recht. Sie hätte ihn besuchen können, aber sie war zu feige gewesen. Sie hatte sich nicht einmal getraut, ihren Sohn anzurufen, obwohl sie seit seinem ersten Anruf seine Telefonnummer hatte.
 

Luka zitterte wie Espenlaub, als er endlich die Haustür öffnete. David hatte bereits vor über zehn Minuten das erste Mal geklingelt und seit dem stand der Junge nun schon im Flur seines Hauses und hatte sich nicht getraut, zu öffnen.

„Hey.“, meinte David, als sich die Tür endlich geöffnet hatte. Sein Blick fiel auf Luka, der mit gesenktem Kopf vor ihm stand und zitterte, als hätte er gerade eine knappe viertel Stunde in der nächtlichen Kälte gestanden. Er konnte hören, wie schnell der Junge atmete. „Lässt du mich rein?“

Luka nickte, bewegte sich jedoch keinen Millimeter von der Stelle. Er versuchte mehrere Dinge gleichzeitig unter Kontrolle zu bekommen und irgendwie schien nichts davon zu funktionieren. Weder das Zittern hörte auf, noch beruhigte sich seine Atmung und so sehr er es auch versuchte, seine Füße bewegten sich keinen einzigen Schritt. Das Einzige was sich änderte, waren die Farben um ihn herum. Sie schienen zu verschwinden und sich langsam aber sicher, eine nach der anderen, in schwarz zu verwandeln. Er spürte, wie ihm schwindlig wurde und hob deshalb langsam eine Hand, um sich am Türrahmen festzuhalten, allerdings zu spät. Das letzte was er spürte war, wie er das Gleichgewicht verlor und Richtung Boden stürzte.

David hatte es kommen sehen. Er fing den Jungen auf, trat ins Haus und schloss die Tür hinter sich. „Kleiner Dummkopf…“, murmelte er.
 

David hatte Luka auf das Sofa gelegt und ihm einen Pfefferminztee gekocht, der jetzt dampfend in einer Tasse auf dem Wohnzimmertisch stand. Als er bemerkte, dass sich der Junge bewegte, kniete er sich schnell neben die Couch.

„Hey… hey, mach langsam.“ Luka hatte die Augen noch nicht mal geöffnet, da versuchte er bereits, sich aufzusetzen. „Hier, trink erst einmal was.“ David griff nach der Tasse und reichte sie dem Jungen.

„Was ist denn passiert?“, fragte Luka verwirrt, nachdem er einen Schluck getrunken hatte. Er hielt die Tasse noch immer vor sein Gesicht, als würde er sich dahinter verstecken wollte.

„Du bist ohnmächtig geworden.“, meinte David lächelnd.

„Oh nein…“ Wieso musste er nur wieder völlig unnötig so etwas peinliches tun?

Lukas entgeisterter Gesichtsausdruck brachte David zum Lachen. Er griff nach der Tasse und zog sie dem Jungen aus der Hand, um zu verhindern, dass er den Tee verschüttete. „Ist ja nichts passiert. Aber… was war denn eigentlich los?“

„Tut mir Leid…“, murmelte Luka niedergeschlagen. „Ich war… ich war… an meinem Geburtstag geht immer etwas schief.“ Der Junge senkte den Kopf und verschränkte die Hände im Schoß.

„Nicht doch.“ David streckte die rechte Hand aus und wuschelte Luka durch die Haare. „Pass auf.“ Er griff nach einem, in grünes Geschenkpapier eingewickelten Päckchen und warf es auf Lukas Beine. „Hier, mach das auf.“
 

Ende Kapitel 9
 

So, das war‘s leider auch schon wieder. Ich weiß noch nicht, ob ich das 10. Kapitel bis Sonntag schaffe, aber ich wird es auf jeden Fall versuchen. Auf eine vierjährige aufzupassen, nimmt ne ganze Menge Zeit in Anspruch.

Also dann, wir sehen uns im nächsten Kapitel wieder.

Bye u-chan

Das Buch

Hallo Leute. Ich muss dringend mal wieder in meinen eigenen Zeitplan finden… hier kommt jedenfalls das nächste Kapitel.^^ Und wir wollen uns nicht mit einer langen Vorrede aufhalten, oder? Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Viel Spaß beim Lesen.
 

10. Das Buch
 

Er hatte seinen Geburtstag also tatsächlich einmal ohne größere Zwischenfälle überstanden und darüber war Luka unglaublich erleichtert. An das erste Mal, dass an diesem Tag etwas schief gelaufen war, erinnerte sich der Junge noch sehr gut. Als er die acht Kerzen auspustete, fing die Tischdecke plötzlich Feuer. Nein… eigentlich war der erste Geburtstag, an dem alles einfach falsch lief, sein siebter gewesen. In der Nacht war seine Mutter gegangen und hatte ihre Familie allein gelassen.

Seufzend ließ sich Luka gegen die Wand im Flur sinken und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Seit dem war jeder Geburtstag ein riesen Fiasko gewesen.

Als Finn plötzlich durch die Katzenklappe ins Haus rannte, zuckte Luka erschrocken zusammen, verlor den Halt und saß keine Sekunde später auf dem harten Parkettfußboden. Das laute Bellen eines Hundes, vor seiner Haustür, hinderte ihn daran, zu jammern.

Der Junge stand langsam wieder auf und starrte verwirrt und erschrocken zugleich die Tür an, als könne der Hund davor sie plötzlich einfach aufstoßen und in das Haus rennen.

Vorsichtig trat Luka an die Tür und legte eine zitternde Hand auf die kalte Metallklinke. Wenn er jetzt öffnete, würde der Hund auf jeden Fall an ihm vorbei rennen und Finn hinterher jagen. Sollte er die Tür lieber geschlossen lassen? Es kam Luka so vor, als würde das Bellen mit jeder Sekunde lauter werden. Seine Nachbarn sahen wahrscheinlich schon genervt aus ihren Fenstern und es würde sicher auch nicht mehr lange dauern, bis einer von ihnen bei ihm klingelte und ihn aufforderte, den Hund endlich herein zu lassen.

Luka biss sich nervös auf die Unterlippe und drückte langsam die Klinke herunter. Aber hatte er tatsächlich lieber den fremden Hund im Haus, als seine Nachbarn vor der Tür? Luka nickte sich selbst zu und zog mit einer schwungvollen Bewegung die Tür auf. Sofort schoss etwas Großes, Hellbraunes an ihm vorbei und in sein Wohnzimmer, wo zuvor auch Finn hin verschwunden war.

Luka warf noch einen Blick auf die Straße und sah auf dem Grundstück gegenüber eine Frau am Gartenzaun stehen, die ihn anstarrte. Erschrocken warf der Junge die Tür wieder ins Schloss und folgte dann vorsichtig den beiden Tieren. Er atmete noch einmal tief durch und sah dann erst ins Wohnzimmer hinein.

Lukas Augen weiteten sich, als sein Blick auf den Hund fiel, der scheinbar mit Finn kuschelte. „Du… du gehörst doch meinem Nachbarn, o-oder?“

Molly hob kurz ihren Kopf, ließ die Schnauze dann aber auch gleich wieder auf das weiche Polster des Sessels sinken und drückte sie wieder an den Kater.

Na großartig. Jetzt musste er wohl oder übel wieder mit seinem Nachbarn reden. Seit seiner peinlichen Aktion, mitten in der Nacht einfach in dessen Haus zu laufen, hatte er nicht mehr mit dem Mann gesprochen und eigentlich wollte er das auch wenn möglich vermeiden.
 

„Molly!“ Janis stand in der Tür zu seinem Garten und sah sich suchend nach seinem Hund um. „Hey, Molly!“ Aber von dem Tier war nichts zu sehen.

Janis hatte sich den halben Tag über wieder in seiner Arbeit vertieft und die Hündin deshalb wieder nur in den Garten hinaus gelassen, anstatt mit ihr spazieren zu gehen. Bisher hatte es deswegen niemals Probleme gegeben, aber scheinbar hatte Molly es jetzt geschafft, den Zaun irgendwie zu überwinden.

Kopfschüttelnd wandte er sich wieder um und ging ins Haus zurück. Wohin würde Molly verschwinden? Der einzige Ort, an dem sie bisher ohne ihn war… Na wenn sie tatsächlich wieder den Weg ins Haus seines Nachbarn gefunden hatte, konnte er sich schon mal auf ein ziemliches Theater gefasst machen.
 

Ein langanhaltendes Klingeln ließ Luka erschrocken zusammenzucken und vom Boden aufspringen. Er warf den beiden Tieren, die noch immer in seinem Sessel lagen, einen abschätzenden Blick zu und verließ dann das Wohnzimmer. Wenn sie in der letzten halben Stunde nicht aufgestanden waren, würden sie es kaum tun, während er im Flur war. Zögernd drückte Luka die Klinke herunter und zog die Tür langsam auf.

„Hi.“ Janis hob die Hand neben seinen Kopf und begrüßte seinen Nachbarn so.

„H-Hallo…“, murmelte Luka scheu und zwang sich sichtlich selbst, dem anderen Mann in die Augen zu sehen.

„Ich wollte fragen… na ja mein Hund ist mir wieder mal abgehauen.“ Janis machte eine etwas hilflos wirkende Handbewegung und lächelte dann. „Ich dachte, sie ist vielleicht hier.“

„Sie… sie ist im Wohnzimmer. Könnten Sie… könnten Sie ihren Hund da bitte rausholen?“, fragte Luka und trat hastig zur Seite, um Janis ins Haus zu lassen.

„Hast du es irgendwie eilig?“, fragte Janis und schlenderte in aller Ruhe an dem Jungen vorbei.

„Na ja… ich ich m-muss arbeiten.“, antwortete Luka leise.

„Was arbeitest du denn? Von zu Hause aus?“, fragte Janis weiter, obwohl er die Antwort natürlich schon längst kannte.

„Ich… ich… ich…“ Janis drehte sich um und seine Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe. ‚Oh nein… er mag es auch nicht, wenn ich so herum stammel… Warum tu ich das nur immer wieder?‘ „Ich… ich… ich schreibe.“

„Du schreibst.“, stellte Janis fest. Der Hund im Wohnzimmer seines Nachbarn schien vergessen zu sein. „Was denn?“

„E-ei-ein Buch.“ Luka senkte den Kopf und starrte auf seine Füße, um dem anderen nicht in die Augen sehen zu müssen.

„Oh.“ Janis schmunzelte leicht. „Worum geht es denn in deinem Buch?“

„Um… einen Jungen.“, antwortete Luka leise. Er wollte nicht, dass irgendjemand wusste, dass er Schriftsteller war, aber obwohl es ihm schwer fiel, Janis davon zu erzählen, machte es ihn weniger nervös, als er angenommen hatte.

„Oh.“, meinte Janis und er klang dabei so überrascht, dass Luka wieder aufsah. Der entgegen dem Klang seiner Stimme gelangweilte Gesichtsausdruck seines Nachbarn verblüffte ihn. „Einen Jungen. Na das wird sicher ein richtig unglaubliches Buch. Bestimmt ein richtiger Bestseller.“ Janis wandte sich ab und ging ins Wohnzimmer, um seinen Hund zu holen.

„Warten Sie!“, rief Luka, ohne vorher nachzudenken. Janis blieb stehen und wandte sich wieder zu dem Jungen um. „Ich meine… ähm ich ähm… also…“ Er wusste nicht genau warum, aber er hatte das Bedürfnis, Janis mehr zu erzählen. Sein Nachbar schien von der Antwort, die er ihm gegeben hatte, enttäuscht gewesen zu sein. „Es geht… also es…“ Luka senkte den Blick wieder auf seine Füße, in der Hoffnung, es würde ihm leichter fallen Janis von seinem Buch zu erzählen, wenn er ihn dabei nicht ansah. „Also im Grunde… geht es um… um einen Jungen und der… ich bin nicht gut in so was.“, gab der Junge geknickt zu. Seine Hände schlossen sich unbewusst zu Fäusten und er biss sich nervös auf die Unterlippe. „Also eigentlich… eigentlich geht es um einen Prinzen.“

Janis lächelte und trat einen Schritt vor. Er griff nach Lukas Arm und zog den Jungen, der sich überraschender Weise kein bisschen wehrte, mit sich ins Wohnzimmer, wo er ihn in den Sessel drückte. Anschließend nahm er selbst auf dem Sofa Platz. Es schien so, als wollte Luka ihm erzählen, worum es in seinem neuen Buch ging. Diese Gelegenheit sollte er auf jeden Fall nutzen. „Es geht also um einen Prinzen?“

Luka presste die Lippen aufeinander und nickte vorsichtig. „Aber er weiß nicht, dass er ein Prinz ist. Sein Onkel… er t-tötete seinen Vater, a-also den König, a-als der Prinz noch… noch ein Baby war. Und na ja… eine Dienerin hat ihn… also ich meine… das Baby gerettet. Der Prinz wuchs bei einer Bauernfamilie auf… Ich denke, mehr sollte ich n-nicht erzählen… das macht… macht die Sp-Spannung kaputt.“

Janis nickte grinsend. „Ja da hast du allerdings Recht. Nachher hab ich keine Lust mehr, das Buch zu lesen, weil ich den Inhalt schon kenne.“

„Sie…“ Luka sah überrascht auf. „Sie würden mein Buch lesen?“ Als Janis nickte, lächelte auch Luka leicht. Bisher kannte er nur einen Menschen, von dem er genau wusste, dass er seine Bücher las. Nun wusste er von einem weiteren, außer David.

„Na gut.“ Janis schlug sich leicht die Hände auf die Oberschenkel und stand auf. „Ich werd mir jetzt mal Molly schnappen und selbst auch wieder arbeiten gehen.“

„Wie… ähm…“ Luka brach ab und kratze sich nervös am Hinterkopf. „Ich meine…“

Janis hatte Molly bereits am Halsband ergriffen und vorsichtig vom Sessel gezogen. Der Kater hatte nur kurz aufgeschaut, sich aber nicht weiter stören lassen. Nun hielt Janis in der Bewegung inne, ließ Molly los und sah Luka fragend an.

„Ich k-kenne n-nicht mal I-Ihren Namen.“, murmelte der Junge mit gesenktem Kopf. So sah er auch nicht das Grinsen, das wieder in Janis Gesicht zurück kehrte. „Du hast schon bei mir übernachtet und weißt nicht einmal, wie ich heiße?“ Er beobachtete, wie Luka zusammenzuckte und in einem Augenblick so rot angelaufen war, wie eine Tomate. „Nun, diesen Umstand müssen wir ändern, nicht wahr?“ Janis streckte dem Jungen eine Hand entgegen. „Janis Keller.“

„K-Keller…“ Luka sah überrascht auf und ergriff reflexartig die Hand seines Nachbarn. Der fragende Blick des Mannes verlangte eine Erklärung, was an seinem Namen so interessant war. „Mein… Keller ist der Name m-meines Lieblingsautors…“

„Es ist ein häufiger Name, nicht wahr?“, meinte Janis und starrte auf seine Hand. „Du kannst jetzt wieder loslassen.“

Luka zog seine Hand so plötzlich zurück, als hätte er sich verbrannt. „V-Verzeihung…“

„Schon okay.“ Janis wandte sich wieder seinem Hund zu. „Komm Molly, lassen wir ihn arbeiten. Ich bin schon sehr gespannt, auf dein Buch.“, meinte er im Vorbeigehen zu Luka und verließ dann das Haus.

Der Junge sank auf das Sofa und vergrub sein Gesicht in beiden Händen. Was hatte er sich nur wieder dabei gedacht? Wieso hatte er seinem Nachbarn unbedingt erzählen wollen, worum es in dem Buch ging? Eigentlich hätte es ihm doch egal sein können, was dieser Janis von ihm dachte. Janis… wie lange war er jetzt schon sein Nachbar? Und erst jetzt hatte er nach seinem Namen gefragt? „Du bist echt bescheuert!“, rief der Junge über sich selbst verärgert. Was sollte der Mann jetzt von ihm denken?
 

Janis schloss seine Haustür auf und griff nach der Leine, die innen an der Klinke hing. Molly war sicher nur zu Luka gegangen, weil sie sich von ihrem Herrchen vernachlässigt gefühlt hatte. Er musste sich also wohl oder übel wieder dazu zwingen, jeden Tag mit ihr spazieren zu gehen. Immerhin war das ja auch der Grund gewesen, weshalb er die Hündin damals überhaupt zu sich genommen hatte.

Mit einer schnellen Bewegung klinkte er die Leine im Halsband ein und machte sich dann auf den Weg Richtung Felder.

„Tut mir Leid Molly.“, meinte er. Die Hündin sah ihn kurz an. „Ich hätte mich besser um dich kümmern sollen, nicht wahr?“ Molly senkte den Kopf wieder und schnupperte am Fußwegpflaster entlang. Janis musste Grinsen und das nicht nur wegen seiner Hündin.

Luka hatte sich gerade das erste Mal freiwillig mit ihm unterhalten und auch endlich nach seinem Namen gefragt. Nachdem er schon seit einigen Monaten neben ihm wohnte und ihn immer mal wieder besuchte, wurde dies auch Zeit. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er sich dem Jungen niemals vorgestellt hatte.

Zwar konnte Janis sich irren, aber er glaubte doch, bei Luka bereits einen großen Fortschritt bewirkt zu haben. Immerhin sprach er mittlerweile auch von sich aus mit seinem Nachbarn.

Das musste er David erzählen. Als langjähriger Freund des Jungen würde er sich ganz sicher darüber freuen, so etwas zu hören.
 

Erst nach einem zweistündigen Spaziergang kam Janis zurück und ließ sich sofort – noch bevor er die Schuhe ausgezogen hatte – auf die Couch fallen, mit der Absicht, mindestens eine Stunde darauf liegen zu bleiben. Etwas machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung und hielt ihn davon ab, seine schmerzenden Füße zu schonen. Und das war nicht etwa Molly, die noch eine Entschädigung für die letzten Wochen verlangte, immerhin hatte Janis sie eine ganze Weile lang beinahe ignoriert. Das Telefon im Flur klingelte und schien nicht die Absicht zu haben, heute nochmal damit aufhören zu wollen. Schließlich quälte Janis sich langsam vom Sofa auf und trottete zum Telefon, wo er den Hörer abnahm und sich sofort zu Boden sinken ließ. „Hallo?“, fragte er Müde in das Mikrophon.

„Janis? Du klingst ziemlich müde. Hast du gestern noch gefeiert?“

Der Angesprochene brauchte einen Moment, um die Stimme zu identifizieren, aber schließlich gelang es ihm. „David?“ Was meinte der andere damit, dass er gefeiert hätte? „Wusstest du etwa von der Party?“

„Nun… ja…“

Janis ließ seinen Kopf sinken. Dieser Mann hatte seine Spione einfach überall. „Du willst wissen, wie es gelaufen ist?“ David sagte nicht, aber Janis antwortete trotzdem. „Nun… ich war ein paar Minuten da, hab mich mit meiner gesamten Familie gestritten und bin wieder gegangen. Ich meine, dafür dass wir vor ein paar Jahren so auseinander gegangen sind, verlief es sogar ziemlich… harmonisch.“

„Na ja… du kannst die Probleme mit deiner Familie natürlich nicht an einem Tag lösen.“, meinte David. „Aber es ist ein Anfang, oder?“

Janis nickte, obwohl er natürlich wusste, dass der andere ihn gar nicht sehen konnte. „Ich hab mit Luka gesprochen.“, wechselte er schnell das Thema. „Er hat mir von seinem neuen Buch erzählt. Das wird dich vielleicht freuen… freiwillig.“

David schwieg einen Moment. „Du hast Recht, das freut mich. Ich war gestern Abend noch bei ihm, da hatte ich nicht das Gefühl, als ob sich irgendetwas geändert hatte. Aber das passt normalerweise nicht in sein Verhalten.“

„Molly hat sich mal wieder zu ihm geschlichen, da sind wir dann ins Gespräch gekommen.“ Janis gähnte müde. „Was hältst du davon, wenn wir später reden? Ich bin völlig fertig. Molly hat mich zwei Stunden lang durch alle Felder geschleift.“

David lachte. „Natürlich. Passt es dir, wenn ich dich heute Abend besuchen komme?“

„Na klar. Mein Skript ist fertig, ich hab jetzt erst mal ein paar Tage frei.“, meinte Janis. „Ich werd mich aber erst mal ein bisschen hinlegen.“

„Okay, ich komm dann heute Abend.“, sagte David und wollte gerade auflegen, als Janis noch etwas hinzu fügte.

„Und bring Pizza mit.“
 

Als es klingelte, saß Janis gerade an seinem Laptop und bestellte im Internet ein paar Bücher. Er stand auf und ging zur Tür, um seinen Besuch herein zu lassen. „Hey.“, begrüßte er David schlicht und machte eine einladende Geste in den Flur. Ohne ein Wort zu sagen, trat der andere Mann an ihm vorbei und zog seinen Mantel aus. Der bedrückte Gesichtsausdruck sprach Bände und sofort spürte Janis ein diffuses, kribbelndes Gefühl, welches er nur schwer als Besorgnis erkannte. „Ist etwas passiert?“

„Das kann man wohl sagen. Es ist schrecklich!“, antwortete David niedergeschlagen.

„Wollen wir uns vielleicht erst mal setzen?“, fragte Janis schnell und wies ins Wohnzimmer, wo sich die beiden schließlich auf das Sofa sinken ließen. „Also, was ist los?“

„Du weißt doch, dass Luka an einem neuen Buch arbeitet.“, meinte David und als er sah, wie Janis nickte, fuhr er fort. „Der Verlag bekommt eine neue Führungsebene.“

„Ihr seid doch nur ein kleiner Verlag, oder nicht?“, fragte Janis leicht verwirrt. „Wozu braucht ihr dann eine Führungsebene?“

„Wir haben uns vergrößert. Ist eine lange Geschichte und ziemlich uninteressant. Jedenfalls soll Luka mit seinem neuen Buch auf Promo Tour gehen.“ David ließ den Kopf hängen und seufzte.

„Konntest du das nicht irgendwie verhindern?“, fragte Janis bestürzt. „Ich meine… das ist nicht unbedingt eine gute Idee, oder?“

„Ach wirklich?“ David schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wie die auf so eine Idee gekommen sind, aber ich konnte es ihnen nicht ausreden.“

Janis verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. „Hm… und jetzt?“

„Müssen wir wohl einfach das Beste daraus machen.“, antwortete David ruhig.

Janis schüttelte den Kopf. Wie sollten sie das bitte schön tun? Luka vor einem Haufen von Menschen, denen er Autogramme geben sollte? Selbst wenn ihn eine ganze Armee begleiten würde, höchst wahrscheinlich würde ihn niemand auch nur in die Nähe seiner Fans bekommen. „Weiß er es schon?“

David schüttelte den Kopf.“Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich es ihm sagen soll.“

Gestern hab ich noch mit ihm Geburtstag gefeiert und heute soll ich ihm so eine Nachricht überbringen…“
 

Ende Kapitel 10
 

Na und? Wird die Veränderung in Lukas Verhalten deutlich? Er kann einem schon Leid tun… was da jetzt auf ihn zu kommt wird sicher nicht leicht für ihn. Aber er hat ja David und Janis… ob die wohl so eine große Hilfe sind? Wie wird Luka auf die Nachricht reagieren? Nun… wenn alles gut geht, lest ihr es nächste Woche.^^

Bye bye *wink*

Hausbesuche

Hallo Leute… das 11. Kapitel ist fertig und ich hoffe es gefällt euch… und ich hoffe ihr kommt mit, weil ich sehr in den Tagen springe.^^‘ Aber das musste sein. *g*

Also ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
 

11. Hausbesuche
 

Es würde wirklich nicht einfach werden, Luka zu erklären, was sein Verlag von ihm verlangte. Die Tour sollte starten, kurz bevor sein neues Buch erschien und das war ein weiterer Punkt, der David Sorgen machte. Wenn Luka von der ganzen Sache erfuhr, bevor er das Buch beendet hatte, würde er dies wahrscheinlich niemals tun, nur um der Situation zu entgehen. So schätzte ihn Janis jedenfalls ein.

„Und was soll ich jetzt tun?“ David starrte in seine dampfende Teetasse, die Janis ihm vor ein paar Minuten gebracht hatte. „Ich kann es ihm nicht sagen, aber ich kann es ihm auch unmöglich verschweigen.“

„Mach dir keine Sorgen.“, meinte Janis ruhig. Er hatte in der letzten Stunde über genau diese Frage nachgedacht, war allerdings – wie er eigentlich auch erwartet hatte – nicht zu einem sinnvollen Ergebnis gekommen. „Uns wird schon etwas einfallen. Wann ist das Ganze geplant?“

„Anfang Dezember.“, antwortete David. „Das Buch soll kurz vor Weihnachten erscheinen.“

„Bis dahin sind noch etwa zwei Monate Zeit.“, überlegte Janis.

David schüttelte den Kopf. „Das kannst du vergessen, in dieser Zeit schaffen wir es niemals ihn-“

„Das hab ich doch auch gar nicht gesagt.“, fiel Janis dem anderen ins Wort. „Wir müssen uns nur etwas überlegen, wie wir ihm helfen können, oder? Um diese Promo Tour wird er nicht herum kommen, nicht wahr? Also müssen wir das Beste daraus machen.“

David nickte langsam, beugte sich zum Tisch vor und stellte die Tasse darauf ab. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie der Situation etwas Gutes abgewinnen und das Beste daraus machen sollten. Allerdings hatte Janis natürlich Recht, wenn er sagte, dass sie keine andere Möglichkeit hatten. „Hast du eine Idee?“

„Nun ich denke… ich werde ihm die nächsten zwei Monate so lange auf die Nerven gehen, bis er sich an mich gewöhnt hat.“, meinte Janis, lehnte sich im Sessel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann wird er mich bei dieser Tour sogar dabei haben wollen.“

„Du meinst also, dass Luka Autogramme geben und Lesungen veranstalten wird, wenn du dabei bist? Ich bin seit Jahren sein bester Freund und nicht mal ich habe ihn bisher dazu gekriegt, überhaupt mal sein Haus zu verlassen. Vom Kontakt mit seinen Fans will ich nicht mal sprechen.“ Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Wie bitte sollte es Luka denn helfen, wenn Janis ihn bei der Tour begleitete.

„Du hast einen entscheidenden Punkt vergessen. Ich habe dir gegenüber einen offensichtlichen Vorteil.“

David starrte den anderen verwundert an und konnte sich keinen Reim darauf machen, was dieser meinte. „Welchen?“ Wenn der Vorteil so offensichtlich wäre, müsste er ihm doch auffallen, oder?

„Ich bin ebenfalls Schriftsteller.“
 

Janis und David hatten sich darauf geeinigt, Luka erst zu informieren, wenn er seine Arbeit fertig gestellt hatte. Auf diese Weise konnten sie zum einen sicher stellen, dass Luka das Buch fertig schrieb und zum anderen würde er sich nicht Wochen lang deswegen verrückt machen und am Ende nicht mehr fähig sein die Tour durchzuziehen. David hatte zu bedenken gegeben, dass die Möglichkeit bestand, dass der Junge sich zu sehr aufregen würde und so schon vorher in Ohnmacht fallen könnte. Oder schlimmeres.

Janis begann bereits am Tag nach dem Gespräch genau das umzusetzen, was er David gegenüber angedeutet hatte. Er begann Luka auf die Nerven zu gehen. Den Vorwand für einen Besuch lieferte ihm ein etwas unerwarteter Komplize.

„Hey.“, sagte er, als die Tür nach dem dritten Klingeln endlich geöffnet wurde.

„Hallo…“, murmelte Luka zaghaft. Als Janis nichts weiter sagte, hob der Junge langsam den Kopf und sein Blick fiel auf eine Katze, die sich an die Brust seines Nachbarn kuschelte. „Finn!“

„Er ist mal wieder bei mir eingestiegen.“, meinte Janis und kraulte den Kopf des Katers.

„Das… d-das tut mir Leid.“, antwortete Luka schnell und griff nach dem Kater, um ihm dem Mann aus den Armen zu nehmen.

„Ah warte…“ Janis verzog schmerzhaft das Gesicht und wich einen Schritt zurück. „Ich glaube, er hat sich an mir festgekrallt.“

„Oh…“ Luka ließ die Arme wieder sinken.

Janis lächelte innerlich über den hilflosen Gesichtsausdruck des Jungen. Eigentlich hatte er ja vorgehabt dem Kleinen etwas vorzuspielen und war selbst sehr überrascht gewesen, als er die Krallen des Katers gespürt hatte. Zwar kannte er Finn nicht besonders gut und er war ja auch nur ein Tier, aber irgendwie bekam er das Gefühl, dass dieser Kater schlauer war, als man ihm zutraute. Und auch sein Timing war perfekt. „Kann ich vielleicht reinkommen? Er lässt sicher irgendwann wieder los.“

„Ähm…“ Luka zögerte. Sollte er seinen Nachbarn wirklich ins Haus lassen? Aber was sollte schon groß passieren? Immerhin war Janis schon zweimal in seinem Wohnzimmer gewesen. Eigentlich dürfte nichts Schlimmes geschehen können…

Erst nach gefühlten fünf Minuten – für Luka waren es mindestens zehn – nickte der Junge schließlich und trat zur Seite, um den anderen herein zu lassen.

Janis folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er sich schließlich auf das Sofa sinken ließ. Er versuchte noch einmal vorsichtig, die Krallen des Katers von seinem Hemd zu lösen, hatte allerdings keinen Erfolg.

„M-möchten Sie vielleicht einen… einen Tee?“ Nervös spielte Luka am Saum seines Pullovers herum, der ihm wie immer einige Nummern zu groß war.

„Ja, sehr gern.“

Luka wirbelte regelrecht herum und lief in die Küche, um das Wasser aufzusetzen.

Janis kicherte leise und hob Finn von seinem Schoß. „Na, ein bisschen aufgeregt der Kleine, was?“

Der Kater mautzte leise und machte es sich neben Janis zwischen den Sofakissen bequem.
 

In der Küche griff Luka gerade nach einer Tasse und riss eine zweite beim herausziehen mit sich, die mit einem lauten Klirren auf den Boden krachte. Der Junge sprang erschrocken zurück und ließ die andere Tasse bei dieser Bewegung ebenfalls fallen.

Schnell wich er ein paar Schritte zurück und starrte verdutzt auf die weißen Scherben, die scheinbar über den gesamten Küchenfußboden verteilt waren. ‚Verdammt…‘, schoss es ihm durch den Kopf. Er hatte doch nur einmal versuchen wollen, ein guter Gastgeber zu sein, aber scheinbar gelang ihm nicht einmal etwas einfaches, wie seinem Besuch eine Tasse Tee zu machen.

„Hey, ist alles in Ordnung?“

Luka wirbelte herum und starrte Janis aus großen Augen an. Zwar hatte er die Stimme sofort erkannt – wie auch nicht, immerhin war er der einzige andere im Haus – aber er war doch erschrocken, seinen Nachbarn plötzlich in der Küchentür stehen zu sehen.

„Es klang so, als hättest du hier ein paar Probleme.“ Janis rechte Augenbraue wanderte ein Stück in die Höhe, als sein Blick auf die Scherben fiel, die wohl mal eine Tasse gewesen waren. „Sieht so aus, als hätte ich Recht… was ist denn passiert?“

„Ich… ähm…“ Luka trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. As er spürte, wie sein Gesicht schnell wärmer wurde, senkte er den Kopf, damit Janis nicht sah, dass er wieder einmal rot wurde. „Mir i-ist d-d-die Tasse… runter… runtergefallen…“, nuschelte er schließlich. „S-setzen Sie sich ruhig wieder ins Wohnzimmer… d-der Tee kommt gleich.“ Er ging in die Hocke und begann die Scherben aufzusammeln. „Ich… ich mach das hier nur schnell weg.“ Als er gerade nach einem der kleineren Splitter greifen wollte, umschloss plötzlich eine Hand seinen Arm und zog ihn zurück. Luka hob erschrocken den Kopf und starrte Janis geradewegs ins Gesicht.

Der Blick des Jungen wirkte völlig verängstigt und so versuchte Janis sich an einem freundlichen Lächeln, um ihn zu beruhigen. „Du schneidest dich noch.“, meinte er und ließ Lukas Arm wieder los. „Hast du einen Besen?“

Der Junge nickte langsam, den Blick auf sein Handgelenk gerichtet.

„Wo?“, fragte Janis schließlich, da der Kleine nichts weiter sagte.

„Ähm im… im Schrank. Ich…“ Luka stand auf und ließ dabei die Scherben, die er bereits aufgesammelt hatte, wieder fallen und kniff erschrocken die Augen zusammen. Nach einigen Sekunden öffnete er vorsichtig das rechte, dann erst das linke und schielte zu Janis, der noch immer auf dem Boden kniete und den Jungen beobachtete. „Ich hole ihn!“ Sofort rannte Luka aus dem Raum und einmal quer durch den Flur ins Bad. Er schloss die Tür hinter sich ab und rutschte dann an ihr lehnend zu Boden. „Du bist so ein Tollpatsch. Ein riesen Trottel!“ Nun sein Nachbar würde sicher genau das denken, was er selbst gerade ausgesprochen hatte.

Er schaffte es tatsächlich nicht einmal einen einfachen Tee zu kochen, ohne etwas Peinliches zu tun. Und jetzt hatte er seinen Besuch auch noch in der Küche allein gelassen. Das war sicher auch nicht richtig! Warum konnte er auch mit Gästen nicht umgehen? Immer wenn er mal welche gehabt hatte, war irgendetwas schief gegangen. „Was soll er jetzt von dir denken?“

„Was würdest du denn denken, wenn du an meiner Stelle wärst und ich mich im Bad eingeschlossen hätte? Wolltest du nicht einen Besen holen?“

Luka sprang erschrocken auf und starrte die Tür an. Er hatte nicht erwartet, dass Janis ihm hinterher kommen würde, obwohl er wohl damit hätte rechnen müssen. Und schon hatte er wieder etwas Peinliches getan, ohne das gewollt zu haben.

„Wo ist jetzt der Besen?“

„Küche…“, antwortete Luka nur und senkte den Kopf. Er hörte Schritte vor der Tür, die sich vom Bad entfernten, die darauf schließen ließen, dass Janis in die Küche zurück ging. „Verdammt…“ Der Junge spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Er drückte seine Stirn gegen die kalten Fliesen neben der Tür. „Verdammt…“
 

Es hatte eine ganze Weile gedauert, aber schließlich hatte Janis es geschafft, Luka dazu zu bewegen, dass Bad zu verlassen. Mittlerweile dampfte Pfefferminztee in zwei Tassen auf dem Küchentisch und der Junge saß mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl, die Beine angezogen und die Arme darum gelegt. Inzwischen hatte er auch den Grund vergessen, weshalb Janis überhaupt in seinem Haus war und fand sich einfach mit seinem Besucher ab. „T-tut mir Leid.“

Janis sah erstaunt von seiner Tasse auf und blinzelte verwirrt. „Was denn?“

„Ich ähm…“ Luka biss sich unsicher auf die Unterlippe und griff nach seiner Teetasse. „Dass ich… dass ich…“ Was wollte er eigentlich sagen? Es tat ihm Leid, dass er wieder mal so ein Tollpatsch gewesen war? Wieso hatte er überhaupt angefangen, etwas zu sagen. Nun würde er den Satz sicher auch zu Ende bringen müssen…

„Dir braucht nichts Leid zu tun.“, schaltete sich Janis ein und bewahrte Luka so vor einer Antwort. „Ist ja schließlich nichts passiert, oder?“ Luka schüttelte den Kopf. „Na siehst du. Und jetzt lächel mal.“

Lächeln? Luka hob den Kopf und starrte Janis verdutzt an. Lächeln? Na ja… es konnte ja nicht weh tun. Hoffte er jedenfalls.

Janis grinste, als er Lukas unsicheres Lächeln sah und griff nun ebenfalls nach seiner Tasse. „Und… wie läuft dein Buch?“

Der abrupte Themenwechsel verwirrte Luka. Das Lächeln verschwand langsam aus seinem Gesicht und er biss sich nervös auf seine Unterlippe. „Ganz… gut…“

„Schön.“ Janis lächelte und trank den letzten Schluck Tee aus seiner Tasse. „Gut… ich werd dann jetzt mal wieder gehen. An meinem Schreibtisch wartet noch eine ganze Menge Arbeit auf mich.“

„O-okay. Ähm… es… es war schön, Sie wieder zu s-sehen.“, nuschelte Luka in dem Versuch, höflich zu sein, so wie sein Vater es ihm beigebracht hatte.

„Wirklich?“, fragte Janis, da er genau wusste, dass Luka es nicht mochte, Besuch zu bekommen.

„Ähm…“ Der Junge lächelte nervös und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich…“

„Schon gut, ich verschwinde jetzt.“
 

„Was hast du getan?“ David lachte in den Telefonhörer und schlug sich die flache Hand gegen die Stirn. „Oh man… und wie geht es ihm?“

„Ganz gut, denke ich. Er meinte, er hätte sich gefreut, mich wieder zu sehen.“ David hörte, wie sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung ebenfalls lachte.

Er zog die Augenbrauen zusammen und starrte verblüfft das Telefon an. „Er hat sich gefreut, dich wieder zu sehen?“

„Ähm… nein.“ Janis klang plötzlich wieder ernst.

„Wo hat er denn den Satz aufgeschnappt?“

„Ohne seine Eltern wirklich zu kennen würde ich sagen, sein Vater hat ihm beigebracht, höflich zu sein.“

„Ja, ich glaube das hat er.“, meinte David. „Auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann, dass er so etwas jemals zu irgend jemandem gesagt hätte.“

„Na ja… okay das war‘s eigentlich, was ich dir erzählen wollte. Ich muss mich jetzt wieder an die Arbeit machen. Angeblich hab ich einen Fehler im dritten Kapitel eingebaut.“

David lachte und legte auf, nachdem er sich von Janis verabschiedet hatte. Er hatte zwar noch einige Bedenken, was Janis Plan anging, sofern es überhaupt etwas war, was man als Plan bezeichnen konnte, aber er hatte sich darauf eingelassen. Jetzt musste er Janis auch die Möglichkeit geben, das Ganze durchzuziehen. Er konnte nur hoffen, dass es auch funktionierte. Allerdings musste er auch zugeben, dass er selber auch keine bessere Idee hatte.

Es klopfte leise an seiner Bürotür und kurz darauf steckte ein junger Mann seinen Kopf durch die Tür. „Herr Krause? Wir brauchen Ihre Hilfe.“

David nickte und stand auf. Sein Handy steckte er noch schnell in die Tasche seines Jacketts, dann folgte er dem kleinen Lockenkopf aus dem Büro heraus.
 

Am nächsten Tag musste sich Janis natürlich einen anderen Grund für seinen Besuch bei Luka einfallen lassen, denn wenn er ohne einen Anlass dort auftauchte, würde Luka sicher sehr schnell misstrauisch werden.

Als es klingelte, fuhr Luka erschrocken aus seiner Arbeit auf und sah sich in seinem Arbeitszimmer um, als würde derjenige, der gerade geklingelt hatte bereits vor seinem Schreibtisch stehen. Es läutete noch einmal und schließlich stand Luka mit einem flauen Gefühl in der Magengegend auf. Nur langsam ging er durch den Flur, bis er schließlich an der Haustür stand.

„Luka? Komm schon, du bist doch da, nicht wahr?“

Als der Junge die Stimme seines Nachbarn erkannte, atmete er erleichtert aus. ‚Nur Janis…‘ Er griff nach der Klinke und zog die Tür auf.

„Hallo. Ich hoffe ich störe nicht.“, meinte Janis und hielt Luka mit einem freundlichen Lächeln die Hand zur Begrüßung hin.

Der Junge griff automatisch danach und schüttelte sie. „N-Nein… tun Sie nicht.“

„Doch tu ich. Du kannst es dir sparen, mich anzulügen. Ich seh dir das an der Nasenspitze an.“ Janis senkte den Blick auf seine Hand, die noch immer von Luka festgehalten wurde. „Du kannst mich jetzt wieder loslassen.“

Erschrocken zog der Junge seine Hand zurück und ließ sie in der Tasche seiner viel zu großen Hose verschwinden. Er hatte es schon wieder getan…

„Hast du vielleicht Zucker da? Meiner ist mir gerade ausgegangen und es ist Sonntag… da hat kein Geschäft offen.“ Janis sah Luka fragend an und wartete auf eine Antwort.

Der Kleiner war allerdings noch viel zu sehr in seinen eigenen Gedanken versunken, auf der Suche nach einer Erklärung dafür, wieso er zweimal kurz hinter einander zweimal das gleiche Peinliche tat. Als Janis ihm schließlich mit der Hand vor dem Gesicht herum wedelte, um ihn in die reale Welt zurück zu holen, sprang Luka erschrocken ein paar Meter zurück und fand sich kurz darauf auf dem Boden wieder, da sein rechter Fuß bei der Landung weggeknickt war. „Aua…“, jammerte der Junge und spürte, wie ihm langsam Tränen in die Augen stiegen.

„Alles in Ordnung?“ Janis Stimme klang nicht nur erschrocken, er sah auch so aus. Schnell lief er zu dem Kleineren und half ihm auf die Beine.

„M-mein… mein Fuß…“

Janis legte einen Arm des Jungen über seine Schulter und stütze ihn auf dem Weg ins Wohnzimmer.

‚Nein…‘ Luka senkte den Kopf, als er bemerkte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Diese Situation war vermutlich das Peinlichste, was er jemals erlebt hatte und er konnte nicht mal davor weglaufen, weil sein Fuß so weh tat.

Janis half dem Jungen, sich auf die Couch zu legen und zog ihm dann die Hausschuhe aus, um sich die Verletzung ansehen zu können.

„Nein!“ Luka richtete sich erschrocken auf und schlug Janis Hand weg. Janis musste seinen lauten Herzschlag hören können, zumindest hatte Luka das Gefühl, denn es schlug ihm bis zum Hals.

„Hey regt dich ab. Es ist bloß dein Fuß. Und du bist verletzt. Also, lass mich das bitte mal ansehen.“ Janis lächelte beruhigend und tastete vorsichtig den Knöchel ab. „Ist nicht weiter schlimm, das dürfte gleich nicht mehr weh tun.“ Er ließ Lukas Fuß los und stand auf. „So und was ist mit dem Zucker?“
 

Luka ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl sinken und starrte abwesend an die Decke. Er hatte seinem Nachbarn eine Tasse Zucker mitgegeben und der war wieder verschwunden. Ein wenig verwirrt war er schon über seine eigene Reaktion diesem Mann gegenüber. Vor einigen Wochen wäre er noch panisch davon gelaufen, wenn Janis geklingelt hätte, heute war er sogar erleichtert gewesen, als er festgestellt hatte, dass er vor der Tür stand und nicht jemand anderes.

Als plötzlich das Telefon klingelte, zuckte er erschrocken zusammen und richtete sich im Stuhl auf. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus und er spürte, wie seine Hände zu zittern begannen. ‚Okay… reiß dich zusammen… Wer soll das schon sein?‘ Es gab nicht viele Menschen, die seine Nummern hatten, außer natürlich David und seinem Vater. „M-mein Vater kann es nicht sein, er war erst hier…“ Also… es konnte nur David sein. Es klingelte noch einmal und Luka griff schnell nach dem Hörer, bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte. „H-ha-hallo?“

„Sie haben gewonnen.“, sagte eine Computerstimme. „Um Ihren Gewinn-“ Luka legte schnell wieder auf und seufzte. Woher hatten diese Werbefirmen denn seine Telefonnummer?

Luka seufzte noch einmal. Irgendetwas stimmte in letzter Zeit nicht, vielleicht waren es aber auch alles nur Zufälle. Obwohl… erst besuchte ihn sein Vater, der ihn bis dahin noch nicht einmal angerufen hatte, David rief mittlerweile mindestens einmal die Woche an und auch Janis stand jeden Tag vor der Tür. Obwohl… das tat er erst seit zwei Tagen, aber es war trotzdem auffällig.
 

Am nächsten Tag klingelte Janis an Lukas Haustür, ein kleines Päckchen unter dem Arm. Der Postbote hatte es zwar vor Lukas Tür gelegt, aber da er noch einen Grund gebraucht hatte, um den Jungen zu besuchen, hatte er die Gelegenheit genutzt, die sich dadurch geboten hatte.

Die Tür wurde bereits nach seinem zweiten klingeln geöffnet und gab den Blick auf Luka frei, der nervös an dem Saum seines Pullis herumspielte.

„H-hallo…“, murmelte der Junge und ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Wangen.

„Hi.“ Janis hielt ihm das Päckchen entgegen und grinste fröhlich. „Das hat der Postbote bei mir abgegeben. Vielleicht solltest du ihm die Tür mal öffnen, wenn er bei dir klingelt.“

„Ähm… ja…“ Luka lächelte unsicher und griff nach dem Päckchen. „D-danke…“

„Hm…“ Janis beugte sich vor und bedachte den Jungen mit einem durchdringenden Blick.

„W… was?“ Luka wich einen Schritt zurück und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.

„Na ja… ich würde dich gern auf einen Tee einladen nur… du wirst sicher nicht mitkommen wollen, oder?“ Er beobachtete, wie Luka schnell mit den Kopf schüttelte. „Dachte ich mir.“ Janis tat so, als würde er einen Moment überlegen und trat dann ins Haus. „Dann trinken wir einfach bei dir einen Tee.“

Luka starrte seinem Nachbarn völlig baff mit offenem Mund hinterher und schüttelte verblüfft den Kopf.
 

Ende Kapitel 11
 

So, das war’s schon wieder. Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Ähm… also es ist eigentlich ein Kapitel, das zu den nächsten hinführen soll, das also vor allem darstellen soll, dass sich Luka langsam an Janis gewöhnt. Ich hoffe das kam auch so rüber.^^

Also dann, wir sehen uns.

Bye Bye *wink*

u-chan

Wir teilen uns einen Apfelbaum

Hi Leute… Ich weiß, ich hab mich lange nicht blicken lassen. Tut mir Leid. Ich hatte so was wie ne kleine fieße Schreibblockade und jetzt fällt mir auch kein Tital für dieses Kapitel ein. Aber ich lad es jetzt trotzdem hoch, ich hab euch immerhin schon zwei Wochen warten lassen. Also dann, viel Spaß mit dem Kapitel. Janis schafft es heute Luka zu etwas zu bringen, was er vorher noch niemals getan hat.^^
 

12. Kapitel
 

Luka schielte vorsichtig hinter seiner Tasse hervor und lächelte unsicher. Janis hatte vermutlich gerade irgendeinen Witz gemacht, denn sein Nachbar lachte sich offensichtlich über irgendetwas kaputt. Leider hatte Luka gerade in dem Moment nicht richtig zugehört und so hatte er jetzt keine Ahnung, ob er ebenfalls lachen sollte. So musste ein Lächeln eben reichen.

Vorsichtig stellte er die Tasse auf den Tisch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Kann ich… Darf ich Sie etwas fragen?“

Janis hörte auf zu lachen und runzelte die Stirn. „Sicher. Du musst nicht erst fragen, ob du mich etwas fragen darfst, also schieß los.“

„Wieso…“ Luka hielt den Blick unverwandt auf seine Tasse gerichtet, um seinen Nachbarn nicht ansehen zu müssen. „Wieso kommen Sie m-mich j-jeden Tag be-besuchen?“

Die Frage lies Janis lächeln. In den letzten zwei Wochen war Janis jeden Tag bei ihm gewesen und war ihm so lange auf die Nerven gegangen, bis er sich mit seiner fast schon ständigen Anwesenheit abgefunden hatte. Der Kleine schien sich an ihn gewöhnt zu haben, war in seiner Gegenwart viel weniger nervös, als noch vor Kurzem und stottern tat er eigentlich so gut wie gar nicht mehr. Nun außer, wenn er Janis eine Frage stellte, deren Antwort er eigentlich gar nicht wissen wollte. Das er sie trotzdem stellte, musste ihm auf jeden Fall hoch angerechnet werden. „Ist es dir lieber, wieder jeden Tag allein hier rumzusitzen?“

Der Junge schüttelte ohne aufzusehen den Kopf. Er biss sich unsicher auf die Unterlippe und schluckte, um den Kloß im Hals loszuwerden, der sich innerhalb weniger Sekunden gebildet hatte und jetzt nicht mehr verschwinden wollte.

„Na siehst du? Ist doch viel netter, wenn ich da bin. Oder nicht?“ Janis grinste, lehnte sich im Stuhl zurück und streckte sich. „Also, was hast du heute vor?“

„Ich...“ Luka sah Janis verwirrt an. Was er vorhatte? Was sollte er schon vorhaben? Er machte doch jeden Tag dasselbe und der andere wusste das. Jetzt wo er darüber nachdachte, war das schon irgendwie traurig. Was hatte er denn den ganzen Tag lang getan, bevor Janis ihn dauernd besucht hatte?

Nun... er hatte in seinem Arbeitszimmer gehockt und geschrieben und er hatte dabei seine Ruhe gehabt. Jetzt saß er jeden Tag mindestens eine Stunde lang mit Janis zusammen und redete mit ihm. Sicher war es um einiges leichter und ruhiger gewesen, als sein Nachbar noch nicht andauernd vor seiner Tür gestanden hatte, aber er musste sich doch eingestehen, dass er sich am Abend sogar fast darauf freute, ihn am nächsten Tag wiederzusehen. Er wusste zwar nicht genau wieso, aber irgendwie genoss er die Gegenwart des anderen. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass er jetzt nicht mehr den ganzen Tag lang alleine war. Obwohl ihm das sonst am angenehmsten erschien.

Kein Kontakt zu anderen Menschen hieß immerhin auch, dass er nichts anstellen konnte, was ihm hinterher peinlich sein musste, er konnte niemanden verärgern und musste sich weniger Gedanken um seine Außenwirkung machen. Trotz alledem war er seltsamerweise froh über die Gesellschaft seines Nachbarn. Bei diesen Gedanken lächelte Luka unbewusst, trank dann einen Schluck Tee.

„Oh, hätte ich nicht fragen sollen?“, meinte Janis gespielt ernst. „Ist es etwas was unanständiges?“

Luka hustete und spukte so den Tee wieder aus. Er starrte den Anderen erst erschrocken an, dann wurde sein Blick immer unsicherer. Etwas Unanständiges? Wie hatte er es geschafft, Janis denken zu lassen, er würde unanständige Dinge tun? Als er schließlich den Blick abwandte, hörte er, wie Janis leise kicherte.

„Du solltest wirklich lernen zu unterscheiden, wann ich etwas ernst meine und wann ich dich nur aufziehen will.“, meinte er und verschränkte die Arme auf dem Tisch. Er seufzte. „Also ich werd heute noch mit Molly spazieren gehen und dann… hm… na wirklich was vor hab ich nicht. Du?“ Luka schüttelte den Kopf. „Tja dann sind wir wohl heute beide unbeschäftigt… Sag mal…“ Janis überlegte kurz. „Warst du eigentlich schon jemals in deinem Garten?“ Wieder ein Kopfschütteln. „Na dann sollten wir das vielleicht mal tun.“ Er stand auf und griff nach Lukas Arm, um den Jungen ebenfalls auf die Füße zu ziehen. „Wir teilen uns einen Apfelbaum, wusstest du das?“

Luka starrte den anderen mit großen Augen an und ließ sich ohne Widerstand von ihm mitziehen. In den Garten? Das ging doch nicht! „Ich…“ Er wollte seinem Nachbarn sagen, dass er nicht rausgehen wollte, aber mehr brachte er nicht heraus.

„Hey.“ Janis griff im Vorbeigehen nach Lukas Mütze und drückte sie dem Kleineren in die Hand. „Ich weiß, du hast Angst davor, rauszugehen aber weißt du was?“

Der Junge schüttelte den Kopf.

„Im Garten bist du draußen, ohne dass dich jemand sehen kann.“, meinte Janis. „Okay ich geb‘s zu. Ich kann in deinen Garten schauen, aber sonst niemand.“

„Niemand?“, fragte Luka leise. Er hatte sich die Mütze inzwischen aufgesetzt und fast über die Augen gezogen.

„Ja.“, bestätigte Janis. Sie hatten die Hintertür des Hauses erreicht und Janis drückte gerade die Klinke herunter. „Okay… bist du so weit?“

„Nein.“ Lukas Stimme klang mehr als nur ängstlich, aber Janis lächelte und öffnete die Tür trotzdem. Sofort blies ihnen ein kalter Wind ins Gesicht, was kein Wunder war, wenn man die Jahreszeit bedachte. Janis trat über die Schwelle und drehte sich zu Luka um. „Na komm schon.“, meinte er und streckte dem Jungen die Hände entgegen.

„A-aber…“ Luka starrte seinen Nachbarn mit halb geöffnetem Mund an, brachte aber kein weiteres Wort heraus. Er konnte da nicht rausgehen. Seit Jahren hatte er sein Haus nicht mehr verlassen… nein Moment, das stimmte so gar nicht. Er hatte. Als die verrückte Hündin seines Nachbarn das erste Mal in seinem Haus gewesen war.

„Komm schon.“ Janis lächelte. „Wovor hast du Angst? Hier sind nur du und ich und die Vögel, die über den Winter hier bleiben wollen. Du warst doch schon einmal mutig genug, um aus dem Haus zu gehen.“

Langsam, fast wie in Zeitlupe, streckte Luka einen Arm aus und griff nach der Hand seines Nachbarn. Er erwartete fast, dass dieser ihn jetzt einfach über die Schwelle zog, doch nichts passierte. ‚Okay… tief durchatmen. Er hat Recht, es kann überhaupt nichts passieren. Gar nichts…‘ Luka suchte in seinem Kopf nach Dingen, die schief gehen konnten, fand aber nichts. Obwohl… er konnte über die Stufe stolpern und ins Gras fallen, was sicher ziemlich lächerlich aussah. Aber Janis war – wenn er ihm glaubte – der einzige, der ihn hier draußen sehen konnte und irgendwie hatte Luka nicht das Gefühl, dass er sich über ihn lustig machen würde, sollte etwas passieren.

„Na gut.“, murmelte er schließlich und trat in den Garten hinaus und… es passierte gar nichts. Erleichtert ließ der Junge die Luft entweichen, die er vor Anspannung angehalten hatte und hob den Kopf, um sich umzusehen. Dort am Zaun stand tatsächlich ein Apfelbaum, genau zwischen dem Grundstück seines Nachbarn und seinem eigenen. Der Zaun war an dieser Stelle unterbrochen. „Wow…“

„Ziemlich cool, was?“, meinte Janis lächelnd. „Ich wüsste zu gern, warum der genau auf der Grundstücksgrenze steht.“ Er wandte den Blick vom Baum ab und dem Jungen zu, der noch immer seine Hand hielt und unsicher direkt vor der Tür stand. Janis ließ die Hand langsam los und trat ein Stück zurück, um Luka ein wenig Freiraum zu geben und ihm die Möglichkeit zu lassen, sich selbst ein wenig umzusehen.

Nur langsam bewegte der Junge sich von der Tür und dem Schutz des Hauses weg und hinaus in den Garten, aber er tat es. Janis beobachtete ihn lächelnd dabei.
 

Er war wohl am Vortag zu lange draußen gewesen, denn es ging ihm, auf Gutdeutsch, ziemlich beschissen. Luka verkroch sich unter seiner Bettdecke und hoffte, dass sein Nachbar wenigstens heute mal nicht vorbei kommen würde. Heute war ihm einfach überhaupt nicht nach Besuch.

Luka zog sich die Decke über die Nasenspitze und starrte seine Lampe strafend an, als wenn sie an seinem momentanen Zustand Schuld wäre. Allerdings bereute er diesen Blick sofort wieder und schloss die Augen, die sich anfühlten, als wären sie dreimal so dick, wie am vergangenen Abend. Der Junge drehte sich schwerfällig auf die linke Seite und stöhnte, da ihm jede Bewegung weh tat. Bitte Janis… nur heute nicht…

Diese Bitte würde sein Nachbar ihm allerdings nicht erfüllen, denn er stand bereits vor Lukas Tür und drückte auf die Klingel. Nachdem sich eine Weile nichts getan hatte, runzelte Janis die Stirn. Janis klingelte noch einmal und verschränkte etwas beunruhigt die Arme. Vielleicht war dem Jungen etwas passiert? In letzter Zeit hatte er ihn eigentlich nicht mehr warten lassen.

Schließlich schwang die Tür aber doch langsam auf und gab den Blick auf ein kleines schwarzhaariges, in einen Bademantel gekleidetes Häufchen Elend frei. „Luka?“

Der Junge hob langsam den Kopf und starrte seinen Nachbarn mit einem leicht verwirrten Blick an. Er musste ihn rein bitten, ihm etwas anbieten. „Möchten Sie-“

Als Luka leicht schwankte, trat Janis einen Schritt vor, so dass der Junge gegen ihn fiel und nicht zu Boden. „Nein, ich glaube, ich möchte nichts.“, meinte er und strich dem Kleineren wie beiläufig die Haare aus der Stirn. „Du hast Fieber, du gehörst ins Bett.“

„Da… da war… ich auch…“, murmelte Luka und versuchte wieder auf seinen eigenen Füßen zu stehen. „Möchten Sie einen… einen…“ Luka brach ab und legte selbst eine Hand an die Stirn. „Ich… ich glaube sie haben Recht… i-ich habe F-Fieber…“

„Ganz genau und deshalb bringe ich dich jetzt wieder ins Bett.“ Janis griff nach Lukas Arm und führte den Jungen zurück ins Schlafzimmer. Vor der Tür, blieb der Junge allerdings plötzlich stocksteif stehen. Janis Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe und er warf dem Kleineren einen Fragenden Blick zu.

„Sie… Sie…“ Luka fuhr sich nervös durch die Haare. „Das g-geht n-nicht…“

„Wieso?“ Janis verwirrter Blick ruhte auf dem Jungen, der mit gesenktem Kopf vor der geschlossenen Schlafzimmertür stand. Seine Augen weiteten sich verblüfft, als ihm klar wurde, wo das Problem lag. Das war doch wohl nicht sein Ernst. „Hör mal, wenn du da nicht freiwillig reingehst, werd ich dich rein tragen.“ Das war doch nur ein Schlafzimmer!

Luka schüttelte entsetzt den Kopf, bereute es allerdings sofort wieder, da es ihm ziemlich heftige Kopfschmerzen bescherte.

„Na dann… rein mit dir.“ Janis drückte dir Türklinke runter und schob Luka in den Raum.

„Nein!“, rief Luka erschrocken. Das war nicht gut, das war einfach nicht richtig! Luka stemmte sich gegen die Hand in seinem Rücken und versuchte den anderen davon abzuhalten, das Zimmer zu betreten, aber da war es schon zu spät. Die Tür schwang auf und gab den Blick auf sein völlig chaotisches Schlafzimmer frei, der einzige Raum, den er nicht jeden Tag aufräumte, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass Janis ihn jemals betreten würde. Sein Nachbar kicherte. Verwirrt sah Luka zu ihm auf und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch da wuschelte ihm bereits die Hand des anderen durch den Kopf.

„Ab ins Bett mit dir.“, meinte Janis und gab dem Jungen einen sanften Stoß in die richtige Richtung. Janis schüttelte den Kopf. Irgendwie war die Reaktion ja typisch für den Jungen gewesen. „Ich koche dir jetzt erst mal einen Tee.“ Er deckte Luka zu und warf dann noch einen Blick in sein nicht nur vom Fieber gerötetes Gesicht. Seufzend wandte er sich um und verließ das Zimmer, die Tür ließ er offen stehen.

Luka rollte sich in seinem Bett zusammen und zog sich die Decke über den Kopf. Wieso hatte er Janis so deutlich zeigen müssen, dass er krank war? Hätte er nicht einfach so tun können, als wäre er gesund? Sein Nachbar hätte einen Tee mit ihm getrunken und wäre wieder gegangen und hätte nichts mitbekommen. Und jetzt? Nun kochte Janis ihm einen Tee, wahrscheinlich würde er ihm auch noch etwas zu essen machen. Nein, bitte nicht das. Luka wollte dem anderen nicht zur Last fallen.

Er hatte es als Kind seinem Vater auch immer verheimlicht, wenn er krank war, nur um ihm nicht noch mehr Probleme zu bereiten, als er es ohnehin schon tat. Wenn er jetzt daran zurück dachte war das wahrscheinlich doch keine so gute Idee gewesen. Er ging mit Fieber in die Schule und die riefen dann seinen Vater an, dass er ihn abholen musste. Das gab jedes Mal riesigen Ärger. Vielleicht war es doch gut, dass er Janis nicht angelogen hatte?

Luka schlug die Decke wieder zurück und atmete tief ein. Die Luft war ziemlich stickig geworden.

Nein, es war nicht gut. Janis würde im Gegensatz zu seinem Vater nicht in eine peinliche Situation kommen, wenn er es ihm nicht gesagt hätte. Viel mehr würde er seinem Nachbarn jetzt unnötig zur Last fallen.

Luka seufzte und verkroch sich wieder unter seiner Decke. Das hatte er ja wieder mal toll hingekriegt…
 

Janis kam mit einem Tablett in den Händen zurück und stellte es auf dem Fußboden ab, da der Nachttisch viel zu voll gestellt war mit allem möglichen Zeug, das normalerweise nichts auf einem Nachttisch zu suchen hatte. „Hey Luka.“ Er setzte sich auf das Bett und zog die Decke vorsichtig die Decke zurück. „Der Tee ist fertig.“

Der Junge hatte den Kopf in eine andere Richtung gedreht und starrte die gegenüberliegende Wand an, um seinem Nachbarn nicht in die Augen sehen zu müssen. Diese Situation war vollkommen neu für ihn und er hatte keine Ahnung, wie er sich jetzt verhalten sollte. Außer seinem Vater und seinen Geschwistern hatte ihn noch niemals jemand überhaupt besucht, wenn er krank war. Auch nicht, wenn er gesund war, aber das tat jetzt nicht wirklich etwas zur Sache.

„Ich sagte, der Tee ist fertig.“, wiederholte Janis. „Ich hab auch Zwieback gefunden.“

Luka wandte langsam den Kopf und sah seinen Nachbarn irritiert an. „Ich… ich hab gar keinen Zwieback.“

„Ja ich weiß.“ Janis grinste. „Ich war kurz bei mir und hab welchen geholt. Und jetzt trink deinen Tee.“

Lukas Gesichtsausdruck wechselte von irritiert zu verblüfft und schließlich zu bedrückt. „Sie haben… extra für mich…?“

„Na sicher.“, meinte Janis. „Der Tee ist auch von mir, du hattest kein Kamille da. Meine Mutter sagt immer, wenn man krank ist, hilft am besten eine Tasse Kamillentee und Zwieback. Ich könnt mich allerdings auch irren.“ Er machte eine kurze Pause. „Vielleicht war das ja auch bei Übelkeit…“

Luka lachte kurz leise. Er musste zugeben, dass Janis ein ziemlich witziger Mensch war. Manchmal war sein Nachbar im Kopf wirrer, als er, aber nur manchmal. „Aber wieso?“, fragte er schließlich leise.

„Wieso Kamillentee gut bei Krankheiten ist?“, fragte Janis. „Keine Ahnung.“

„Nein ich meine…“ Luka kratzte sich verwirrt am Kopf. „Warum? ... warum geben Sie sich für mich solche Mühe?“

Janis sah den Kleineren durchdringen an. „Willst du mal raten?“, fragte er und grinste, als Luka den Kopf schüttelte. „Na weil du mein Freund bist. Und Freunde helfen sich.“

Erstaunt starrte der Junge ihn an. „Ich bin… Ihr… Freund?“

„Na sicher, sonst würde ich nicht jeden Tag hier her kommen, oder?“, meinte Janis und griff nach der Teetasse. „Und jetzt trink.“

Luka nickte, nahm die Tasse entgegen und trank einen Schluck. Ein Freund… außer David hatte er noch nie einen Freund gehabt und wenn Davids und seine Familie nicht ohnehin befreundet wären, hätte er nicht mal diesen einen.

Trotzdem war es ihm unangenehm, dass Janis sich scheinbar um ihn kümmern wollte. Auch wenn er sagte, sie wären Freunde, so fiel er ihm jetzt bestimmt zur Last. Und er wollte anderen Menschen doch nicht zur Last fallen. „Ich… ich komm schon allein zu- zu Recht.“, murmelte er. „Ich war… schon öfter k-krank.“

„Ja? Na das nehm ich doch an.“, meinte Janis. „Jeder Mensch ist mal krank. Wir werden jetzt erst mal deine Temperatur messen, damit wir sehen, wie ernst es wirklich ist.“ Er überging einfach Lukas Aussage, dass er allein klar kommen würde. „Hast du ein Thermometer?“, fragte er. Der Junge schüttelte den Kopf, woraufhin Janis die Stirn runzelte. Luka mied seinen Blick und versteckte sich hinter seiner Tasse, aus der er bisher nur einen einzigen Schluck Tee getrunken hatte. Er verstand nicht ganz, wo jetzt das Problem lag. „Okay… ich geh rüber und hole meins. Du trinkst solange deinen Tee, in Ordnung?“

Luka nickte, auch wenn ihm bei der ganzen Sache nicht ganz wohl war. Es schien Janis nicht zu stören, sich um ihn zu kümmern, er schien das sogar gern zu machen. Trotzdem war es einfach irgendwie nicht richtig. Bisher war er immer allein zu Recht gekommen, wenn er krank gewesen war. Nur wenn es wirklich ganz schlimm gewesen war, dann hatte er David angerufen. Aber wirklich nur, wenn es nicht mehr anders ging. Er hatte dann immer Ärger bekommen, dass er nicht schon eher angerufen hatte. Es war also wohl auch nicht richtig, erst jemandem Bescheid zu sagen, wenn es schon richtig schlimm war. Aber er konnte ja auch nicht immer wegen jedem kleinen Schnupfen gleich alle alarmieren und dann war es am Ende gar nichts. Das war aber auch alles kompliziert.
 

Janis nahm das Fieberthermometer entgegen und las die Zahlen ab, die es anzeigte. „38,4.“, meinte er langsam. „Naja, ist weniger schlimm, als ich dachte.“

„Sehen Sie?“, meinte Luka leise. „Sie… Sie müssen sich wirklich nicht um m-mich kümmern.“

Janis lächelte. „Ich sagte doch schon, ich mach das gerne.“ Er legte das Thermometer neben die Tasse auf den Nachtisch und wandte sich dann wieder dem Jungen zu. „Pass auf. Du solltest jetzt vielleicht etwas schlafen. Ich werd dich allein lassen, dann hast du deine Ruhe. Wenn du nachher wieder aufwachst, misst du nochmal Fieber und rufst mich dann an, in Ordnung?“

Luka nickte langsam und lächelte leicht. Langsam bekam er das Gefühl, dass der andere es ernst meinte, sich wirklich Sorgen um ihn machte und nicht nur so tat.

„Okay.“ Janis lachte und suchte dann einen Zettel aus dem Papierstapel unter dem Fenster heraus. „Ich schreib dir meine Telefonnummer auf. Wenn du mich heute Abend noch nicht angerufen hast, komm ich nochmal vorbei und schau nach dir.“ Er legte das Blatt mit seiner Nummer neben das Thermometer. „Ähm… falls du dann schläfst… kann ich deinen Schlüssel mitnehmen?“

„M-m-meinen…“ Luka starrte den anderen mit großen Augen an. Den Schlüssel? Aber dann würde Janis ja jederzeit hereinkommen können. Wenn das Fieber aber schlimmer wurde und er ihn nicht anrufen konnte? Es war vielleicht tatsächlich besser. Aber nicht mal David hatte einen Schlüssel für sein Haus und er war sein einziger Freund. Nein, das stimmte so nicht mehr. Janis hatte heute gesagt, dass er sein Freund ist. Trotzdem war er sich nicht wirklich sicher, ob es so eine gute Idee war seinem Nachbarn den Schlüssel anzuvertrauen. So gut kannte er ihn dann doch wieder nicht. „Ich… ich ich weiß nicht…“, antwortete er schließlich.

Janis runzelte die Stirn. Er hatte schon geahnt, dass es schwierig werden würde den Schlüssel von dem Jungen zu bekommen. Seufzend stand er auf. „Ich werd jetzt gehen.“ Er wandte sich zur Tür um und war schon fast zur Tür raus, als Luka sich aufsetzte.

„Warten Sie.“
 

Ende Kapitel zwölf
 

So… Ich hoffe es hat euch gefallen. Armer Luka, krank sein ist nicht schön.^^

Okay also… vielleicht habt ihr ja ne Idee, wie ich das Kapitel nennen kann, dann sagts mir bitte.

Oh und ich hoffe, ich bin nächste Woche nicht gleich wieder verhindert. Da bin ich nämlich Samstag auf der Buchmesse in Leipzig und ich denke nicht, dass ich meinen Laptop da mit hinnehmen werde. Aber ich krieg das schon hin.^^

Und? Ist von euch noch irgendwer auf der Buchmesse? Vielleicht sehen wir uns da.

Also dann, ich wünsch euch eine schöne Woche.

Bye u-chan

Krankenbesuch

Hallo Leute, ich weiß, ich hab mal wieder auf mich warten lassen…

mich hats ziemlich erwischt, schlimmer, als Luka. Böse Grippe. Das hat mich jetzt fast für ne ganze Woche aus dem Verkehr gezogen. Aber jetzt bin ich fast wieder gesund und es kann weiter gehen.
 

13. Krankenbesuch
 

Es war bereits spät am Nachmittag, beinahe schon Abend und langsam machte Janis sich Sorgen. Luka hatte immer noch nicht angerufen. Entweder schlief er noch immer – was er sich eigentlich nicht vorstellen konnte, denn dann hätte er von morgens um zehn Uhr bis jetzt durchgeschlafen – oder er schaffte es nicht bis zum Telefon oder… traute sich nicht, ihn anzurufen. Er neigte dazu, letzteres für am wahrscheinlichsten zu halten.

Janis schloss die Tür auf, nachdem auf sein Klingeln keine Reaktion folgte und trat in das Haus seines Nachbarn. Er war erstaunt gewesen, dass Luka so schnell nachgegeben und den Schlüssel so einfach rausgerückt hatte. Wenn Luka nicht krank wäre, würde Janis den Schlüssel jetzt sicher nicht in der Hand halten, das war ein verdammt großer Vertrauensbeweis, dem ihm der Kleine da gemacht hatte. Irgendwie hatte er mit mehr Widerstand gerechnet und leider war er sich nicht ganz sicher, ob das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war.

Im Haus war es stockfinster, nicht nur, weil die Sonne auf Grund der Jahreszeit bereits untergegangen war, sondern auch, wegen den schweren Vorhängen, die Luka vor jedem Fenster hängen hatte.

„Er schläft doch wohl nicht tatsächlich noch?“ Janis ging geradewegs zum Schlafzimmer. Die Tür stand noch immer offen und so klopfte er leise an den Türrahmen, bevor er in den Raum ging und die kleine Nachtischlampe einschaltete.

In dem schwachen Lichtschein musste er feststellen, dass der Junge in ansah.

„Wie fühlst du dich?“, fragte er ohne Umschweife.

„Nicht so gut…“ Luka schloss kurz die Augen und atmete tief durch. „Ich… ich wollte anrufen aber… ich kann nicht… aufstehen…“

Janis lächelte mitfühlend. „Das ist schon in Ordnung.“, meinte er, während er um das Bett herum ging und das Fenster öffnete. „Hast du was gegessen?“

Der Junge schüttelte den Kopf. Auf dem Nachttisch neben seinem Bett lag noch immer der Zwieback, dem Janis ihm am Morgen gebracht hatte. Er hatte vor lauter Schlafen vergessen, ihn zu essen.

„Was getrunken?“

Luka schüttelte wieder den Kopf und schniefte leise. „Tut mir Leid…“, murmelte er, wobei seine Stimme so klang, als würde er gleich weinen.

„Na na…“ Janis trat an sein Bett zurück und wuschelte ihm kurzerhand durch die Haare. „Das ist doch kein Grund zum Weinen, Kleiner.“ Er half dem erstaunten Luka dabei, sich aufzusetzen und gegen die Wand zu lehnen.

„Sie… Sie sind nicht b-böse?“, fragte der Junge und die Verblüffung in seiner Stimme bracht Janis zum Lachen.

„Nein, aber nicht doch. Wie kommst du denn darauf?“ Er griff nach dem Zwieback und hielt ihn dem Jungen hin, der ihn zögernd entgegen nahm. „Du hast sicher die ganze Zeit geschlafen.“

Mit einer Erleichterung, von der er sich selbst nicht erklären konnte, woher sie kam, biss Luka in den Zwieback und krümelte dadurch sofort sein ganzes Bett voll. „Oh…“

Janis kicherte auf Grund des einerseits überraschten, andererseits bedrückten Gesichtsausdrucks des Jungen. „Was ist?“

„Tut mir Leid…“, murmelte Luka deprimiert und ließ die Hand, die den Zwieback festhielt sinken.

„Was denn? Ist doch dein Bett, das du da grad vollgekrümelt hast. Außerdem kann ich das wieder wegmachen, ist gar kein Problem.“ Janis sah sich um und entdeckte ein der hinteren Ecke des Raumes einen Stuhl, auf dem irgendwelche alten Zeitungsausschnitte lagen. Er legte sie sorgfältig auf den Boden und stellte den Stuhl dann neben Lukas Bett.

Der Junge lächelte leicht. „Ich hab als Kind mal Kekse in meinem Bett gegessen.“, meinte er leise, den Blick starr auf den Zwieback in seiner Hand gerichtet. „Mein Vater ist ganz schön sauer geworden, weil ich alles vollgekrümelt habe… Ich musste mein Bett neu beziehen.“

„Ich hab das auch mal gemacht.“ Janis grinste. „Unsre Haushälterin hat sich ziemlich aufgeregt und meine Mutter hat von da an die Kekse eingeschlossen…“

Luka kicherte, nur kurz und ziemlich leise, aber Janis hatte es trotzdem gehört. „Ich seh schon, du findest das witzig. Na warte, pass auf. Ich hab noch mehr lustige Kindheitsgeschichten auf Lager… hm…“

Für einen Moment war Luka erschrocken zusammengezuckt, da Janis Tonfall nicht besonders freundlich klang, aber jetzt lächelte er doch wieder leicht und sah seinem Nachbarn aufmerksam dabei zu, wie er überlegte.

„Ha, da fällt mir was ein. Einmal, da war ich noch ziemlich klein, waren meine Eltern spazieren, es war Herbst. Wahrscheinlich der erste Herbst, in dem ich bemerkt hab, dass die ganzen bunten Blätter eigentlich mal an den Bäumen hingen. Na ja jedenfalls… ich hatte mir von zuhause Leim mitgenommen und versucht alle Blätter wieder anzukleben.“

Luka lachte. „Wirklich? Hat es funktioniert?“

„Nein.“ Janis zuckte mit den Schultern und grinste. „Wie denn auch?“

„Ja stimmt.“ Der Junge wandte seufzend den Blick ab. „Ich… ich hab keine lustigen Kindheitsgeschichten zu erzählen.“

„Was denn nicht?“, fragte Janis erstaunt. „Na dann muss ich dir wohl einfach noch ein paar von meinen peinlichen Aktionen als Kind erzählen.“ Er überlegte einen Moment, bis ihm etwas einfiel, das ihn als Kind auch schon immer gewundert hatte. „Du glaubst nicht, was ich für seltsame Eltern hab. Ähm… als ich… ich denke ich war sieben. Da hab ich beim Tante Emma Laden um die Ecke eine Dose Cola geklaut… ich dachte damals übrigens, die Frau die dort arbeitet würde tatsächlich Tante Emma heißen.“ Er lachte kurz und fuhr dann noch immer grinsend fort. „Sie hat mich natürlich erwischt und es meinem Vater gesagt. Kannst du dir vorstellen, was er getan hat?“

Luka schüttelte den Kopf. Er hatte als Kind nie etwas Verbotenes oder Ungesetzliches getan, also hatte er keine Ahnung, wie ein Vater in einer solchen Situation reagieren würde.

„Also jeder normale Vater hätte mir das Taschengeld gekürzt oder mir Hausarrest gegeben. Meiner hat genau das Gegenteil getan.“, erklärte Janis.

„Er hat Sie zu Hause rausgeworfen?“, fragte Luka erstaunt. Das konnte er sich gar nicht vorstellen. Man konnte doch kein sieben jähriges Kind auf die Straße setzen!

„Nein.“ Janis lachte. Der Junge kam wirklich manchmal auf ziemlich absurde Ideen. „Na ja so ähnlich. Er hat mein Taschengeld erhöht, weil ich ja scheinbar nicht genug hatte, um die Cola zu bezahlen. Und er hat mich zum Strickkurs angemeldet.“

Lukas Augen weiteten sich vor Erstaunen und er starrte seinen Nachbarn mit offenem Mund an. „St… Strickkurs?“

„Ja…“ Janis Gesichtsausdruck wurde eben so verwirrt wie der des Jungen. „Seltsam oder? Der Kurs fand an fünf Tagen die Woche statt… Eine eigenartige Methode, was? Na ja aber es hat funktioniert. Zwei Dinge habe ich dadurch gelernt. Ich habe nie wieder auch nur daran gedacht, etwas zu klauen und… ich kann jetzt stricken.“

Luka starrte ihn sprachlos an. War das gerade sein Ernst gewesen, oder hatte er ihn wieder einmal auf den Arm nehmen wollen? Das zu unterscheiden, fiel ihm immer noch schwer. Sein Nachbar war in dieser Beziehung ein recht komplizierter Mensch.

„So, genug Kindheitsgeschichten.“, meinte Janis und stand auf. „Ich werd dir noch einen Tee machen.“

Luka nickte und sah dem anderen hinterher, als dieser das Zimmer verließ. Irgendwie war die ganze Situation zwar immer noch sehr merkwürdig, aber es machte ihm mittlerweile viel weniger aus, als am Morgen. Natürlich fühlte es sich noch immer falsch an, dass sich sein Nachbar um ihn kümmerte, aber wenn er genau darüber nachdachte, fiel ihm auch niemand ein, der es sonst tun könnte. Er selbst fühlte sich wirklich nicht in der Lage dazu und David wollte er nicht stören, der hatte mit seiner Arbeit sicher viel zu tun. Also blieb tatsächlich nur Janis, der ja auch angedeutet hatte, dass er ihn als einen Freund sah. Luka lächelte leicht und zog seine Decke über die Augen. Er hatte bisher außer David noch keinen Menschen getroffen, der sein Freund hatte sein wollen.

Irgendwie war das alles schon etwas seltsam. Noch vor wenigen Monaten hatte er vor Janis riesige Angst gehabt und hatte nicht mal an der Haustür mit ihm reden wollen. Jetzt lief eben dieser Mann ganz allein durch sein Haus, hatte sogar seinen Schlüssel und kümmerte sich um ihn, jetzt wo er krank war. Vielleicht sollte er mit David darüber reden. Wenn er so darüber nachdachte, machte ihm diese Entwicklung doch etwas Angst. Wer wusste schon, was Janis wirklich vorhatte? Allerdings war er ja auch ein Freund von David, also konnte er im Grunde keine schlechten Absichten haben. Oder?

„Hey Luka, dein Zucker ist alle!“, rief Janis, der gerade durch die Tür zurück kam. Er stockte, als er den zitternden Jungen zusammengekauert auf seinem Bett sitzen sah. „Luka? Alles in Ordnung?“ Sein Blick wanderte zu dem noch immer geöffneten Fenster. „Ist dir vielleicht kalt?“ Mit wenigen Schritten war er beim Fenster und schloss es. „Hey Kleiner!“

Luka schüttelte abrupt den Kopf und verkroch sich unter seiner Bettdecke. Er hätte nicht über solche Dinge nachdenken sollen, jetzt hatte er wieder Angst vor seinem Nachbarn.

„Was ist denn los?“ Janis hockte sich besorgt neben das Bett und griff nach der Decke, um sie zurückzuziehen, aber Luka hielt sie so fest, dass sie sich keinen Millimeter bewegte. „Hab ich irgendwas Falsches gemacht?“ Irgendwas stimmte hier doch nicht. Gerade eben hatte der Junge doch noch gelächelt und jetzt schien er sich vor etwas schrecklich erschrocken zu haben. „Luka.“, murmelte er leise.

„E-es tut mir… Leid…“ Die Stimme des Jungen drang dumpf und nur ganz leise unter der Decke hervor, aber Janis war sich sicher, sie gehört zu haben.

„Was denn?“, fragte er ruhig. Wenn der Junge ihm sagte, was er falsch gemacht hatte, konnte er es vielleicht beim nächsten Mal vermeiden. Er wollte schließlich das Vertrauen des Kleinen gewinnen und ihm keine Angst machen.

„Ich…“ Wie sollte er Janis denn erklären, was los war? Er konnte ihm ja wohl schlecht sagen, dass er selbst das Problem war. „Es… es ist nicht Ihre Schuld.“

„Komm doch erst mal unter der Decke vor.“, bat Janis. „Du kriegst da drunter eh gleich keine Luft mehr.“

Nach einer Minute tauchte Luka tatsächlich wieder auf, den Blick starr in eine andere Richtung gewandt, darauf bedacht, seinen Nachbarn auf keinen Fall anzusehen

„Also wenn es nicht meine Schuld ist, nehme ich an… es ist deine?“, fragte Janis, scheinbar unberührt von diesem durchaus abweisenden Verhalten.

Luka nickte und er spürte, wie sich erste Tränen ihren Weg aus seinen Augen und die Wangen hinunter suchten. ‚Nicht weinen, Idiot!‘, schallt er sich selber in Gedanken, aber das half auch nichts, er begann trotzdem zu weinen.

„Oh… ist es denn so schlimm?“, fragte Janis verwirrt. Bis vor wenigen Minuten war doch noch alles in Ordnung. Was konnte der Kleine denn angestellt haben, dass er jetzt weinen musste? Vorsichtig beugte er sich vor, legte dem Jungen erst eine Hand auf die Schulter, dann zog er ihn kurzerhand in eine Umarmung.

Luka war zuerst beinahe starr vor Schreck, als er spürte, wie Janis ihn umarmte, dann vergrub er sein Gesicht aber im T-Shirt seines Nachbarn und klammerte sich mit den Händen am offenen Hemd fest.
 

Es war nicht leicht gewesen, aus Luka eine vernünftige Antwort herauszubekommen, aber sobald er es endlich geschafft hatte, ihn zu beruhigen, hatte der Junge ihm erklärt, was passiert war. Janis war durchaus verblüfft gewesen. Er hatte ja schon gewusst, dass der Kleine durchaus zu Übertreibungen neigte, aber dass er sich selber so eine Angst vor einem Menschen einreden konnte, dem er eigentlich schon vertraut hatte, überraschte ihn. Vielleicht war er ja tatsächlich etwas zu schnell vorgegangen, aber immerhin war es bisher immer die freie Entscheidung des Jungen gewesen, ihn ins Haus zu lassen, oder ihm sogar den Schlüssel zu geben.

Janis hatte Luka versichert, dass er ihn wirklich als Freund mochte und sich um ihn Sorgen machte. Außerdem erzählte er ihm, dass er David versprochen hatte, ein Auge auf ihn zu haben. Seltsamerweise beruhigte das den Jungen und wenige Tage später hatte sich ihr Verhältnis zueinander wieder eingerenkt.

Als er krank war, hatte Luka es sogar geschafft über seinen eigenen Schatten zu springen und Janis darum zu bitten, die Katze zu füttern. Ein deutliches Zeichen dafür, dass er ihm eigentlich durchaus vertraute, das nur selbst noch nicht ganz realisiert hatte.

Das Fieber von Luka war am nächsten Tag bereits wieder verschwunden gewesen, ohne dass einer von ihnen einen Grund dafür hätte finden können, dass es überhaupt da gewesen war. Das war zwar durchaus etwas seltsam, aber es gab Wichtigeres, über das Janis sich Gedanken machen musste.

Etwa die Hälfte der Zeit, die er hatte um Luka zumindest ein bisschen aus seinem Schneckenhaus zu locken, war bereits um und obwohl er schon erstaunliche Fortschritte gemacht hatte, würde die Autogrammstunde garantiert immer noch eine riesige Katastrophe werden. Irgendwie musste er es schaffen, Luka zu Kontakten mit anderen Menschen zu motivieren und die Gelegenheit dazu bat sich ihm, als der Junge ihm stolz und überglücklich erzählte, dass sein Buch endlich fertig war. Zumindest dachte er das anfangs.

„Korrekturgelesen ist es natürlich auch schon.“

„Wann soll es denn erscheinen?“, fragte Janis, der so tat, als hätte er keine Ahnung.

„Kurz vor Weihnachten.“, erzählte Luka. „Ich bin so froh, dass ich es noch rechtzeitig geschafft habe.“

„Das sollten wir feiern.“, meinte Jains lächelnd.

„F-feiern?“ Luka klang unsicher. „i-ich denke nicht…“

Janis grinste. „Natürlich. Das ist ein Grund zum Feiern… erzähl mal, wen würdest du zu so etwas einladen?“

Der Junge senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „N-niemanden…“

Janis seufzte. „Okay… wir stellen uns jetzt einfach mal vor, wir würden eine Party machen. Wer würde da sein?“ Er sollte vielleicht lieber wieder einen Gang zurück schalten.

„Ähm… nur hypothetisch?“, fragte Luka leise. Er wollte auf keinen Fall, dass sein Nachbar plötzlich einen Haufen Leute einlud, die mit ihm den Abschluss seines Buches feierten. Außerdem… machte man solche Partys nicht eigentlich erst, wenn es erschienen war? „Na ja… vielleicht… Sie?“

„Na das will ich hoffen.“ Janis schaffte es durch seine Aussage den Jungen wieder dazu zu bewegen, ihn anzusehen und grinste. „Wer noch?“

Luka überlegte. Es kam ihm etwas seltsam vor, über die Gästeliste einer Party nachzudenken, die er so wie so niemals geben würde, aber warum sollte er Janis diesen Gefallen nicht tun? „Ähm… David?“

„Der würde sich sicher freuen.“, meinte Janis. „Noch irgendwer?“ Als Luka den Kopf schüttelte, runzelte Janis die Stirn. „Niemand? Vielleicht jemand aus deiner Familie?“

Aus der Familie? Seinen Vater wollte er auf keinen Fall noch einmal hier haben… seine Mutter hasste ihn und sein Bruder war schon immer zu beschäftigt gewesen, um Zeit mit ihm zu verbringen. „V-vielleicht… aber wirklich nur vielleicht…“

„Wer?“, fragte Janis, als Luka nicht weiter sprach. Er war gespannt darauf, ein wenig über Lukas Familie zu erfahren, da sie über dieses Thema bisher noch nie gesprochen hatten.

„Meine Schwester.“

Janis sah den Jungen erstaunt an. „Du hast eine Schwester?“

Luka nickte. Sie war die Einzige in seiner Familie, die ihn nie bedrängt, oder beschimpft oder ignoriert hatte. Seine Schwester war zwar jünger als er, aber viel verständnisvoller, als sein Vater.

„Wie heißt sie?“, wollte Janis neugierig wissen.

Luka lächelte leicht bei den Gedanken an seine Schwester. „Ihr Name ist Lilly… sie… sie ist sechzehn und… und sie ist einer der nettesten Menschen, die ich kenne.“ Nicht, dass er viele Menschen kannte…

Erstaunt musste Janis feststellen, dass Luka tatsächlich über jemanden schwärmte. Nun es war seine Schwester, aber so wie er sie beschrieb, vertraute er ihr sehr.

„Lilly ist ein wirklich schöner Name.“, meinte Janis. „Ich hab nur einen Bruder, Julius… wir verstehen uns nicht besonders gut.“

„Ich hab auch einen.“ Luka griff nach der Tasse, die vor ihm auf dem Tisch stand und trank einen Schluck Tee. „Ich kenne das Problem.“

Janis lachte. Luka hatte ihn tatsächlich auf eine Idee gebracht. Nun, es würde keine Party geben, aber vielleicht konnte er seine Schwester einladen. Wahrscheinlich hatten die beiden sich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen.

Der Junge kam auf diese Weise zwar nicht mit ihm unbekannten Leuten in Kontakt, aber es schien ihm ja ohnehin schwer genug zu fallen, mit Menschen zu reden, die er kannte. Jetzt musste er nur David nach der Nummer fragen und schon konnte er eine kleine Familienzusammenkunft organisieren. Na ja er musste sich noch überlegen, wie er vor Luka geheim hielt, dass er dahinter steckte. Der Kleine würde ihm das sicher übel nehmen.
 

Ende Kapitel 13
 

Okay… das war das böse Kapitel 13 (ich bin zwar nicht abergläubisch, aber es is mir schon immer schwer gefallen, über die 13. Seite oder das 13. Kapitel hinaus zu kommen… aber ich habe es geschafft!!!^^) Wenn alles gut geht, kommt nächste Woche dann also der Besuch von Lilly… wenn sie das überhaupt will, ich hab sie noch gar nicht gefragt. Oh und mein Semester geht am Mittwoch wieder los, dann schreib ich wahrscheinlich wieder regelmäßiger. Wer sagt, man würde in den Ferien mehr Zeit zum Schreiben haben, hat nämlich vollkommen Unrecht!

Also dann, bis nächste Woche.

Bye u-chan

Ein Mensch, der gerne Zeit mit dir verbringt…

Hallo Leute, bitte nehmt es mir nicht übel, dass es wieder so lange gedauert hat… ich hab nur das kleine Problem, dass die Veränderungen von Luka nicht zu schnell und nicht zu langsam gehen dürfen (im Übrigen auch die von Janis^^) und das stellt mich doch vor eine ziemliche Herausforderung. Kurz, ich bin schon wieder in eine Schreibblockade geraten. Aber jani-chan hat mir da gestern wieder raus geholfen.^^

Ich weiß nicht, ob ich es schon mal gesagt hab, aber Luka und Janis basieren irgendwie beide auf mir selbst, darum ist es für mich eigentlich ziemlich leicht, mich in sie hineinzuversetzen. Sie sind allerdings beide um einiges extremer, als ich.^^ So… und jetzt geht’s los.
 

14. Ein Mensch, der gerne Zeit mit dir verbringt…
 

Die Telefonnummer von Lukas Schwester herauszufinden, war nicht weiter schwer, immerhin war David schon seit vielen Jahren ein Freund der Familie. Janis hatte das Mädchen für den nächsten Nachmittag eingeladen, er musste Luka ja jeden Tag etwas zu tun geben. Wenn alles gut lief, bekam der Kleine auch nicht mit, dass Janis hinter dem plötzlichen und unerwarteten Auftauchen von Lilly steckte. Obwohl… Luka war nicht blöd und er würde möglicherweise einfach eins und eins zusammen zählen. Immerhin hatte er ihm erst gestern gesagt, dass er eine Schwester hatte und jetzt würde sie plötzlich vor seiner Tür stehen.

Janis lächelte, als er ein Mädchen in einem langen dunklen Mantel die Straße entlang laufen sah und winkte ihm zu. Es war wahrscheinlich besser, wenn er bei dem Treffen dabei war. Er hielt es durchaus für möglich, dass Luka seiner Schwester einfach die Tür vor der Nase zuschlug. Allerdings musste er so noch viel mehr darauf achten, dass der Kleine nichts mitbekam.

„Hallo, du bist bestimmt Lilly.“, begrüßte er das Mädchen, als sie vor Lukas Haus angekommen war.

„Und Sie müssen Janis sein.“ Sie lächelte und griff nach der Hand des anderen, obwohl dieser sie ihr gar nicht hingehalten hatte. „Ich freue mich, Sie persönlich kennen zu lernen. Als Sie mir erzählt haben, dass Sie ein Freund von Luka sind, hab ich mich so gefreut!“

‚Wow… sie ist ganz anders, als ihr Bruder…‘ Janis sah das Mädchen verwundert an. ‚Erstaunlich…‘

„Ich weiß, mein Bruder und ich sind uns kein bisschen ähnlich.“ Sie grinste, als sie das erstaunte Gesicht ihres Gegenübers sah. „Nein, ich kann keine Gedanken lesen. Das ist nur, was alle denken, die uns beide kennen.“

„Verstehe…“ Janis lächelte ebenfalls. Die gute Laune der Kleinen war schon beinahe ansteckend.

„Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie mich angerufen haben.“, meinte Lilly. „Mein Vater wollte mir Lukas Adresse nie sagen und na ja… er hat mich auch nicht angerufen. Ich hab mir Sorgen um ihn gemacht.“ Der Gesichtsausdruck des Mädchens wechselte innerhalb weniger Sekunden von fröhlich, zu traurig und wieder zurück zu einem Grinsen. „Aber jetzt weiß ich ja, dass er einen neuen guten Freund gefunden hat. Das erleichtert mich wirklich.“

„Ja ähm…“ Janis schaffte es endlich seine Hand aus dem Griff des Mädchens zu befreien. „Also… ich wollte dich bitten, ihm nicht zu sagen, dass ich dich angerufen habe.“

Lilly sah ihn fragend an. „Wieso? Oh… Sie denken, er wäre Ihnen böse. Ja, das könnte passieren.“ Sie grinste. „Sie kennen meinen Bruder wirklich gut und das, obwohl Sie noch gar nicht so lange hier wohnen. In Ordnung, ich werde ihm nichts verraten.“

„Danke.“ Janis klang erleichtert. „Wollen wir?“ Er deutete auf die Tür von Lukas Haus und lächelte, als das Mädchen nickte.

„Und wie erklären Sie ihm, dass Sie auch hier sind?“, fragte Lilly, nachdem sie geklingelt hatte.

„Ach… ich bin jeden Tag hier. Das wird ihm gar nicht auffallen.“, meinte Janis. „Hey Luka, komm schon, mach die Tür auf!“

„Wei… schreien Sie immer so?“, wollte Lilly wissen. Sie konnte sich nicht so Recht vorstellen, dass Luka mit jemandem Zeit verbrachte, der ihn anschrie.

„Na ja… wenn er nicht aufmacht, dann schon.“, meinte Janis. „Dann weiß er, dass ich es bin.“ Als die Tür langsam geöffnet wurde, flüsterte er dem Mädchen zu: „Siehst du?“

„Hallo…“, sagte Luka, bevor er seine Schwester überhaupt bemerken konnte.

„Hi.“ Janis hob eine Hand zum Gruß und schob dann die Tür kurzerhand weiter auf. „Ich hab auf der Straße jemanden getroffen, der dich unbedingt besuchen kommen wollte.“

Alle Farbe wich aus Lukas Gesicht, als sein Blick endlich auf seine Schwester fiel. „Lilly… w-was machst… du d-denn hier?“ Wieso war sie hier? Sie kannte weder seine Adresse, noch seine Telefonnummer… sein Vater hatte sie ihr sicher nicht verraten. Er wollte bestimmt nicht, dass sie Kontakt zu ihm hatte, wegen seinem schlechten Einfluss, hatte er immer gesagt. Also wieso war sie hier?

Sein Blick wanderte zu seinem Nachbarn, der allerdings sofort abwehrend die Hände hob.

„Ich hab damit nichts zu tun.“, meinte Janis. „Was ist, lässt du sie rein?“

Luka starrte die beiden perplex an und rührte sich keinen Millimeter von der Stelle. Wenn Lilly hier war, dann… war sein Vater vielleicht auch da?

Er suchte die Straße mit den Augen ab, konnte das Auto seines Vaters allerdings nirgendwo entdecken. Und wenn Janis damit nichts zu tun hatte, wie kam Lilly dann hier her? David vielleicht? Ihm würde er es fast sogar zu trauen.

„Hey.“ Janis lenkte die Aufmerksamkeit des Jungen wieder auf sich, in dem er mit einer Hand vor seinen Augen herum wedelte. „Wenn du jetzt so wie so schon Besuch hast, werd ich mal wieder gehen.“, meinte er lächelnd. „Viel Spaß ihr Beiden.“ Ohne auf eine Reaktion seines Nachbarn zu warten, wandte er sich um und ging zurück zur Straße.

Jetzt, da Luka seiner Schwester die Tür bereits geöffnet hatte, würde er sie auch rein lassen. Immerhin wäre es ziemlich unhöflich, sie jetzt einfach wieder wegzuschicken. Ein weiterer kleiner Schritt in die richtige Richtung war getan. Jetzt blieb Janis nur zu hoffen, dass er es schaffte, dem Jungen seine Angst zu nehmen, bevor dieser von der Promo Tour erfuhr. Sonst würde es eine Katastrophe geben und zwar eine von der Sorte Weltuntergang.
 

Es verging eine weitere Woche, in der Luka jeden Tag Besuch von seinem Nachbarn bekam. Mittlerweile brachte Janis nicht einmal mehr einen triftigen Grund dafür hervor, dass er vor der Tür stand, aber das brauchte er auch eigentlich gar nicht mehr. Luka freute sich eigentlich jeden Tag richtig darauf, dass Janis kam, so war wenigstens immer etwas los. Da er gerade sein Buch beendet hatte, konnte er sich nicht einmal mehr mit seiner Arbeit beschäftigen und so war er dem Anderen durchaus dankbar, dass er ihn besuchen kam.

Wieso seine Schwester bei ihm gewesen war, wusste er noch immer nicht wirklich. Der Frage danach, woher sie seine Adresse bekommen hatte, war sie geschickt ausgewichen und so blieb ihm nichts anderes übrig, als weiterhin zu rätseln, was Lilly zu ihm geführt hatte.

Allerdings wurde er von seiner Klingel dabei unterbrochen. Mit den Gedanken noch immer bei dem Besuch seiner Schwester ging er zur Tür und öffnete sie, in Erwartung, dass sein Nachbar davor stand.

„Hallo.“, sagte der Mann vor der Tür freundlich.

„Hi.“ Luka sah ihn nicht an. Hätte er es getan, dann wäre ihm aufgefallen, dass dort nicht Janis stand.

„Ich habe ein Päckchen für…“ Der Mann brach ab und drehte besagtes Päckchen in den Händen, um den Namen besser lesen zu können. „Luka Seidel.“

„Was?“ Der Junge sah verwirrt auf. Janis hatte zwar schon öfter Pakete bei ihm vorbei gebracht, aber das war eindeutig nicht dessen Stimme.

„Ein Päckchen.“, wiederholte der Postbote lächelnd. „Sind Sie Luka Seidel?“

„J-ja…“, antwortete der Gefragte zögernd. Wieso hatte er die Tür einfach geöffnet und nicht vorher nachgesehen, wer es war? Jetzt würde er mit dem Postboten reden müssen.

„Ich bräuchte eine Unterschrift.“, meinte der Mann und hielt ihm seinen elektronischen Block entgegen.

Luka griff mit zitternden Händen nach dem Stift. Ihm war gar nicht wohl bei der Sache und er versuchte, sich irgendwie selbst zu beruhigen. Allerdings half ihm: Er tut dir doch eigentlich gar nichts!, nicht wirklich viel weiter. Obwohl der Postbote ihm tatsächlich nichts tat… Er kritzelte seinen Namen auf die Linie – nun, eher darunter, aber der Anderen gab sich damit zufrieden.

„Danke schön.“, sagte er, drückte Luka das Päckchen in die Hand und wandte sich ab. „Einen schönen Tag noch.“

Der Junge atmete tief durch und schloss die Tür hinter sich. Erleichtert lehnte er sich dagegen und starrte etwas verwirrt auf das Päckchen in seinen Händen. Es war gar nicht so schlimm gewesen, wie er es sich immer vorgestellt hatte. Er war nicht in Ohnmacht gefallen und hatte auch sonst nichts Peinliches getan. Außerdem war der Postbote ziemlich freundlich gewesen.

Er stieß sich von der Tür ab und ging in die Küche, wo er zuerst das Paket auf den Tisch legte und sich dann einen Tee machte. Im Moment war alles so verwirrend. Ständig musste er sich neuen und ungewohnten Situationen stellen und er wusste nicht immer, wie er mit ihnen umgehen sollte.

Ein erneutes Klingeln riss den Jungen aus seinen Gedanken. Er ging zur Tür und streckte zögernd eine Hand nach der Klinke aus.

‚Ach komm schon! Was soll passieren?‘ Luka schüttelte den Kopf. ‚Du hast keine Ahnung, wer da draußen ist! Da kann alles Mögliche passieren…‘, rang er mit sich selbst. ‚Na ja… nicht alles Mögliche… aber durchaus genug. Aber… du bist so ein elender Angsthase!‘ Kurz entschlossen drückte er die Klinke herunter und zog die Tür auf.

„Oh gut, ich dachte schon, Sie wären jetzt auch weg.“ Der Postbote stand wieder auf der Schwelle, ein kleines Päckchen in den Händen. „Ich wollte Sie fragen, ob Sie das hier annehmen könnten? Ihr Nachbar ist nicht da…“

„Janis?“, fragte Luka leicht verwirrt. Er hatte eigentlich das Gefühl gehabt, dass der andere immer zu Hause war. Obwohl… „Vielleicht ist er mit Molly spazieren gegangen.“

„Molly?“, fragte der Postbote. „Ist das ein Mensch oder ein Tier?“

Luka lächelte leicht. „Molly ist eine Hündin.“, antwortete er amüsiert über den Gedanken, dass sie ein Mensch sein könnte. Janis kleine Schwester vielleicht?

„Oh… dachte ich mir.“ Der Postbote lachte. „Bekomm ich noch eine Unterschrift?“

Luka nickte und unterschrieb noch einmal auf dem elektronischen Block. Es war seltsam. Ein kurzes, völlig normales und harmloses Gespräch über den Hund seines Nachbarn und schon war er viel ruhiger. Als er den Block zurück gab, musterte er zum ersten Mal das Gesicht seines Gegenübers. Der Postbote schien nicht viel älter zu sein, als er selbst, hatte halblange braune Haare und freundliche Gesichtszüge. Eigentlich niemand, vor dem man Angst haben musste.

„Dann… bis bald.“, meinte Luka, nachdem der junge Mann ihm das Päckchen in die Hand gedrückt hatte.

„Hoffentlich.“ Der Postbote lächelte. „Ich bin nur die Vertretung.“

„Oh…“ Luka wirkte offensichtlich enttäuscht.

„Ah…“ Der junge Mann fühlte sich irgendwie verpflichtet, ihn wieder aufzumuntern. Der Junge hatte etwas an sich… man konnte ihn nicht traurig oder enttäuscht zurück lassen. „Aber der Postbote für diesen Bezirk ist öfter krank. Ich komme bestimmt bald wieder vorbei.“

Lukas Gesicht hellte sich sichtbar auf und der Junge lächelte. Es war ihm zwar selbst ein Rätsel wieso, aber irgendwie war ihm der junge Postbote sympathisch.

Die beiden verabschiedeten sich voneinander und Luka ging in die Küche, um seinen Tee zu trinken.

Der Postbote ging zu seinem Auto zurück und warf den Block auf den Beifahrersitz. Dann wandte er sich noch einmal um und sah zum Haus von Lukas Nachbarn, wo Janis in der Tür stand und ihm dankbar zunickte. Er verstand zwar nicht ganz, wieso der Mann gewollt hatte, dass er sein Päckchen bei Luka abgab, aber er hatte auch nicht wirklich ein Problem damit gehabt, diesem Wunsch nachzukommen. Der Junge schien ziemlich nett zu sein.
 

„Hey Kleiner.“ Janis grinste, als Luka die Tür geöffnet hatte. „Du hast ein Päckchen von mir?“

Der Junge nickte. „In der Küche. Kommen Sie doch rein.“ Er lächelte. „W-waren Sie mit Molly spazieren?“

Janis grinste und sparte sich eine Antwort. Zum Glück hatte der Junge sich von ihm abgewandt, sonst hätte er wahrscheinlich bemerkt, dass er gar nicht außer Haus gewesen war, als der Postbote bei ihm geklingelt hatte. Sein Gesichtsausdruck dürfte im Moment Bände sprechen.

„Hast du schon gefrühstückt?“, fragte Janis, als er ebenfalls in die Küche trat.

„Ähm… nein… ich hab nur… einen Tee getrunken.“, antwortete Luka. Er griff nach dem Päckchen seines Nachbarn und hielt es unschlüssig in den Händen.

„Ich auch noch nicht. Wollen wir zusammen essen?“, fragte Janis. Er beobachtete den Jungen aufmerksam. Der Kleinere stand wie angewurzelt neben dem Küchentisch und starrte noch immer auf das Päckchen.

„Ich… ich weiß nicht.“, antwortete Luka schließlich. „Ich… esse normalerweise… alleine.“

„Ich auch. Hab ja niemanden, mit dem ich gemeinsam frühstücken könnte. Also komm schon.“, meinte Janis. „Hast du was hier?“ Er ging eigentlich davon aus, dass der Kleine nichts zu essen da hatte, das hatte er schließlich fast nie.

Luka schüttelte den Kopf. „Nicht viel.“

‚Na also…‘, schoss es Janis durch den Kopf. ‚Ich habs doch gewusst.‘ Er hatte gehofft, dass Luka nichts im Haus hatte. So hatte er einen Grund, ihn aus dem Haus zu locken. „Na dann frühstücken wir bei mir.“

Lukas Augen weiteten sich und er starrte seinen Nachbarn erschrocken an. Das war doch wohl nicht sein Ernst, oder? Dazu musste er aus dem Haus gehen und über die Straße und… „Ähm… ich weiß n-nicht…“

„Ach komm schon, was soll passieren?“, meinte Janis.

„Die… die anderen…“

„Sind alle auf Arbeit.“, bemerkte Janis. „Und selbst wenn sie dich sehen. Sie werden sich denken… oh in dem Haus wohnt doch jemand? Toll.“

Luka lächelte bei dieser Aussage unbewusst. Irgendwie hatte Janis ja Recht. Außerdem hatte er ja heute auch bereits mit dem ihm unbekannten Postboten gesprochen und es war nichts passiert. Eigentlich war es sogar deine sehr interessant Erfahrung gewesen und völlig harmlos. „Na… na gut.“

„Okay. Also… du wirst deine Jacke brauchen.“ Janis grinste. „Es ist ziemlich kalt draußen.“

Luka nickte und ging in den Flur. Mit zitternden Händen griff er nach seiner Jacke und zog sie an. So weit, so gut, das war noch kein Problem gewesen. Der Reißverschluss stellte allerdings dann doch eines dar, da er es auf Grund seiner immer stärker zitternden Hände nicht schaffte, ihn zu schließen.

„Soll ich dir helfen?“, fragte Janis, der sich Lukas Schwierigkeiten mit dem Reißverschluss einige Minuten angesehen hatte, bevor er das Gefühl bekam, dass er doch eingreifen sollte. „Weißt du…“ Er schob die Hände des Jungen beiseite und griff nach dem Saum der viel zu weiten Jacke. „Mein Vater hat mir früher immer dabei geholfen.“ Janis lächelte bei dem Gedanken an die wenige Zeit, die er als Kind mit seinem Vater verbracht hatte. „Immer wenn wir beide zusammen etwas unternehmen wollten, hab ich so getan, als wüsste ich nicht, wie man eine Jacke zu macht. Ich weiß nicht, ob ihm das bewusst war, aber er hat mir den Reißverschluss immer geschlossen.“

Erst hatte Luka zurück weichen wollen, er konnte doch nicht seinen Nachbarn dabei helfen lassen, seine Jacke richtig anzuziehen, immerhin war er kein Kind mehr und ein Erwachsener musste so etwas selbst können. Als Janis allerdings begann, von seinem Vater zu erzählen, blieb Luka doch stehen und hörte ihm zu. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sein Vater irgendwann mal etwas mit ihm hatte unternehmen wollen. Als er klein war, wollte er so vieles mit seinem Vater machen, hatte sich allerdings nie getraut, ihn zu fragen.

„Mein…“, begann er zögernd. „M-mein Vater hat mir gezeigt, wie man einen Reißverschluss benutzt.“

Janis lächelte. „Ja, meiner auch. Bestimmt zwanzig Mal.“

Luka nickte, um deutlich zu machen, dass sein Vater es ihm auch mehrere Male gezeigt hatte.

„Okay.“ Janis zog den Reißverschluss hoch und ließ dann die Jacke des Jungen los. „Dann wollen wir mal, oder?“

„Ähm…“ Luka sah seinen Nachbarn unsicher an, schüttelte dann aber den Kopf.

„Was denn?“, fragte Janis erstaunt. „Ich dachte, du wolltest mitkommen.“

„Ich… meine… meine Schuhe…“, murmelte der Junge und senkte den Kopf. „Ich kann doch nicht… in Hausschuhen rausgehen.“

Janis öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn allerdings wieder und wandte stattdessen den Blick ebenfalls Richtung Boden, oder eher auf Lukas Füße, die in zwei plüschigen Hunden steckten. Seine Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe. Das war nicht unbedingt die Art von Hausschuhen, die er bei einem neunzehnjährigen erwartet hatte.

Die beiden hoben gleichzeitig den Kopf, aber nur Janis begann laut zu lachen. Luka wandte sich von ihm ab und wollte weglaufen, um sich irgendwo zu verstecken, doch sein Nachbar hielt ihn kurzerhand am Ärmel seiner Jacke fest.
 

Mit gesenktem Kopf lief Luka neben Janis her. Sie hatten gerade erst das Haus verlassen und waren nun auf dem Weg zum Bäcker, ein paar Straßen weiter. „Das war ein Geschenk meiner kleinen Schwester.“, murmelte er schließlich.

„Das hab ich mir fast gedacht.“, meinte der Größere amüsiert, zumindest glaubte Luka, Belustigung in seiner Stimme zu hören. „Sie scheint dich wirklich zu mögen.“

Der Junge hob den Blick und sah zu seinem Nachbarn auf. Wie konnte er nur durch ein Geschenk, wie diese Hundeschuhe wissen, ob Lilly ihn mochte, oder nicht? Er kannte das Mädchen schon so lange er denken konnte und war sich nicht wirklich sicher, was sie von ihm hielt. Nun… sie war immerhin bis zu ihm raus gefahren, nur um ihn zu besuchen. Wahrscheinlich hatte Janis Recht. Nur wie konnte er es so schnell wissen?

„Du kannst Menschen nicht besonders gut einschätzen, was?“, fragte Janis lächelnd.

Luka schüttelte betrübt den Kopf. Nein, das konnte er wirklich nicht. Einer der Gründe, warum er den Kontakt mit anderen Menschen scheute. Er wusste nie, was sie von ihm hielten, aber da er sich immer völlig daneben benahm, mussten ihn alle um ihn herum für einen Trottel halten. Nun… vielleicht alle außer Janis. Und David… und scheinbar auch Lilly. Luka blinzelte verwirrt. Das waren drei Menschen, die ihn vielleicht nicht für einen Idioten hielten.

„Mach dir keine Sorgen. Ich kann das auch nicht besonders gut. Aber es gibt einige Zeichen, an denen man erkennen kann, dass dich jemand mag.“, meinte Janis.

„W-w-woran dann?“, fragte Luka aufgeregt. Wenn es solche Zeichen gab, war er vielleicht im Stande, sie zu lernen.

Sein Nachbar lachte. „Nun… zum einen ähm… wenn ein Mensch gerne viel Zeit mit dir verbringt. Oder dir ohne Anlass etwas schenken möchte… dich freundlich anlächelt und zu dir hält, auch wenn du mal was Dummes machst.“

Luka nickte. Ein Mensch, der gerne Zeit mit ihm verbrachte… Eigentlich musste er gar nicht großartig überlegen, immerhin hatte Janis ihm bereits gesagt, dass er gerne Zeit mit ihm verbrachte. Er schluckte nervös und schloss die Hände zu Fäusten. Auch wenn er Angst vor der Antwort hatte, musste er Janis jetzt fragen, um zu sehen, ob er ihn richtig eingeschätzt hatte. „S-so… so… wie Sie?“, fragte er schließlich so leise, dass sein Nachbar ihn beinahe nicht gehört hätte.

Janis blieb stehen und wandte sich zu Luka um. Er legte seine Hände auf die Schultern des Jungen und drehte ihn zu sich. „Genau.“ Er lächelte und wuschelte dem Kleineren durch die Haare. „So wie ich.“
 

Ende Kapitel 14
 

Mir fällt auf, dass Finn lange nicht mehr aufgetaucht ist und die Nachbarn auch nicht… vielleicht sollte ich in den nächsten Kapiteln mal wieder was daran ändern.

Ich hoffe das Kapi hier hat euch gefallen. Bis nächste Woche. (diesmal krieg ich es garantiert hin^^)

Bye u-chan

Einmal Bäcker und zurück…

So… dieses Kapitel ist zugegeben etwas kurz, aber länger hätte ich es nicht machen können, ich will ja auch nicht unnötig rumschwafeln.^^
 

Luka trifft heute auf jemanden, der schon lange nicht mehr aufgetaucht ist… Also ich wünsch euch viel Spaß beim Lesen.
 

15. Einmal Bäcker und zurück…
 

Luka war direkt hinter der Tür stehen geblieben, während Janis direkt begann, fröhlich mit der Verkäuferin zu plaudern. „Guten Morgen, Marlene.“

„Janis. Sie habe ich aber lange nicht mehr gesehen.“, meinte die Frau mit einer übertriebenen Fröhlichkeit in der Stimme. „Wie geht es Ihnen?“

„Oh gut... ich war nur in letzter Zeit ziemlich beschäftigt.“, antwortete Janis entschuldigend. 'Ich hab da ein kleines Projekt, das meiner ganzen Aufmerksamkeit bedarf...' Aber diesen Gedanken behielt er lieber für sich. Es war nicht so, dass er Luka als ein Projekt sah.

Der Blick der älteren Frau fiel auf Luka, der mit gesenktem Kopf direkt neben der Tür stand. Er hatte die Hände in seinen Jackentaschen verschwinden lassen und die Mütze so tief ins Gesicht gezogen, dass es Marlene unmöglich war, ihn zu erkennen.

„Wer ist das denn?“, fragte sie so laut, dass auch Luka sie hören konnte.

Der Junge zuckte erschrocken zusammen und wich den letzten Schritt zurück, der ihn noch von der Wand trennte. Sie durfte in auf keinen Fall ansprechen, dann wäre er gezwungen, ihr zu antworten. Nicht darauf zu reagieren wäre unhöflich, aber er würde ganz sicher nicht wissen, was er sagen sollte.

„Das ist Luka.“, antwortete Janis. Schnell schüttelte er den Kopf, um Marlene davon abzuhalten, den Jungen anzusprechen. Es war bereits schwer genug gewesen, ihn hier her zu bekommen. Wenn sie ihn jetzt ansprach, würde der Kleine wahrscheinlich flüchten.

Marlene blinzelte ihn einen Moment verwirrt an, warf dann noch einmal einen Blick auf Luka und nickte dann. „Luka Seidel?“, fragte sie leise. „Ihr Nachbar?“

„Genau der.“ Janis lächelte. „Wir hätten gerne vier Brötchen.“

Marlene nickte und deutete auf die Auslagen. „Mit Körnern, oder ohne?“

Nun… das hier war eine Vorstadt, eigentlich eher ein Dorf. Wieso war Janis von der geringen Auswahl überhaupt überrascht? „Ähm… für mich ohne.“ Er wandte sich zu Luka um. „Und für dich?“

Der Junge sah erschrocken auf und starrte seinen Nachbarn verwirrt an. Er war so in seinen Gedanken darüber versunken gewesen, was er sagen sollte, wenn er angesprochen wurde, dass er nicht gemerkt hatte, wovon Janis gerade gesprochen hatte. „Ähm…“ Sollte er jetzt einfach antworten und hoffen, dass er keinen Blödsinn erzählte, oder war es besser, wenn er Janis fragte, was er wissen wollte? Er ließ den Blick zwischen Marlene und Janis hin und her wandern und biss sich unsicher auf die Unterlippe. „Ich…“ Er konnte unmöglich einfach antworten, ohne zu wissen, worum es ging, aber wenn er Janis fragte, würde das dem anderen zeigen, dass er ihm nicht zugehört hatte. Und vielleicht würde er dann böse werden… was hieß hier vielleicht? Er würde sicher böse werden. Immerhin war ihm selbst gerade erst klar geworden, dass Janis ihn mochte, also war er sein Freund und Freunde hörten sich gegenseitig zu.

Dass Luka ihm nicht antwortete, sondern ihn nur schweigend anstarrte, machte Janis Sorgen. Meistens war das ein Zeichen dafür, dass sich der Kleine wieder zu viele Gedanken machte und sich dadurch in etwas hineinsteigerte, was gar nicht da war.

Janis machte Marlene ein Zeichen, dass sie einen Augenblick warten sollte und trat dann auf Luka zu. „Heu.“

Der Junge schrie erschrocken auf und presste sich gegen die Wand. Wann war Janis zu ihm rüber gekommen? Erst war er zu sehr in Gedanken versunken, um mitzubekommen, was Janis gesagt hatte und dann hatte er darüber zu stark nachgedacht, um zu bemerken, dass sein Nachbar plötzlich vor ihm stand. „Ich… ich…“ Luka gab sich alle Mühe, nicht zu wein en, konnte die Tränen aber nicht zurückhalten. Er war aber auch ein Idiot! Jedes Mal wenn etwas schief ging, war er derjenige, der schuld daran war.

„Hey!“ Janis griff nach Lukas Schultern, zog den Jungen zu sich und schloss ihn in die Arme. „Was ist denn los?“

„Es… es tut mir Leid…“, murmelte Luka. „Ich… ich ha-habe Ihnen n-nicht zugehört.“

Janis lächelte und drücke den Jungen ein Stück von sich weg, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Aber das ist doch nicht so schlimm.“, meinte er. „Du kannst mich doch einfach fragen was ich gesagt habe. Ich wiederhole das auch gern für dich.“

„W-wirklich?“ Luka wischte sich die Tränen aus den Augen. „Sie sind nicht… böse?“

„Nein.“, antwortete Janis lachend. „Wieso sollte ich? Das passiert mir auch andauernd.“

„Mir auch.“ Marlene lächelte den Jungen freundlich an. „Also, was für Brötchen möchten Sie, Luka?“

„Was für… ähm…“ Der Junge sah hilfesuchend zu Janis, der aber nur auf die Auslagen deutete und Luka in ihre Richtung schob.

„Ist deine Entscheidung.“, meinte er.
 

Janis ließ sich seufzend auf seine Couch sinken und schloss die Augen. Von den sieben Wochen die er gehabt hatte, waren nur noch drei übrig. Der Junge hatte bereits einige sogar durchaus große Fortschritte gemacht, aber er war noch weit davon entfernt in Ruhe auf Promo-Tour zu gehen. Vielleicht war es langsam an der Zeit, Luka darüber zu informieren, dass sein Verlag eine solche Tour geplant hatte. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie er Luka das vermitteln sollte. Der Kleine würde vermutlich einen Schock kriegen und sich für ein paar Tage im Bad einschließen. Einfach im Haus konnte er sich mittlerweile nicht mehr verstecken… nach seiner eintägigen Krankheit hatte er den Schlüssel nicht von seinem Nachbarn zurück verlangt, so das Janis eigentlich jederzeit in Lukas Haus gelangen konnte.

„Man! Das ist alles so kompliziert!“ Frustriert schlug er mit Händen auf das Sofa schüttelte den Kopf. Es war sicher nicht gut alleine mit dem Kleinen zu sprechen. Vielleicht rief er lieber David an und überlegte sich mit ihm gemeinsam eine Strategie, es Luka schonend beizubringen. Zu lange sollten sie damit auch nicht mehr warten. Wenn sie es Luka erst einen Tag vor der Angst sagten, würde er keine Zeit mehr haben, sich daran zu gewöhnen.

Er schreckte aus seinen Gedanken auf, als er plötzlich leise Schritte hörte, die auf das Wohnzimmer zukamen. Wenige Sekunden später stand Luka in der Tür. Richtig. Janis hatte es beinahe vergessen. Der Kleine hatte ja seine Toilette benutzen wollen. Nun, eigentlich hatte er nach Hause gehen wollen, bis Janis aus ihm heraus gekitzelt hatte, dass er auf die Toilette musste und sich nur nicht traute, zu fragen.

„Na, alles erledigt?“, fragte Janis grinsend. Ein bisschen aufziehen konnte er den Jungen schon, das verkraftete der Kleine.

Luka wurde rot und senkte den Kopf, nickte dann aber leicht. „J-ja… d-danke…“

Janis hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht los zu lachen. Egal in was für deprimierenden Gedanken man gerade steckte, der Kleine holte einen da immer mit Leichtigkeit wieder raus, wahrscheinlich, ohne dass ihm das selbst bewusst war.

„Ich denke… ich w-werde jetzt trotzdem gehen.“, meinte Luka. „Danke für das Frühstück.“

Janis sprang auf, lief zu dem Jungen und hielt ihm am Arm fest, bevor er sich umdrehen konnte. „Warte.“

Luka sah erstaunt auf. Er war es nicht gewöhnt, dass ihn jemand festhielt, allerdings war er es noch weniger gewöhnt, dass er nicht in Panik verfiel, obwohl sein Nachbar dies gerade tat.

„Möchtest du vielleicht mit Molly und mir spazieren gehen?“, fragte der Blonde.

„Sp-spazieren?“ Lukas Gesichtsausdruck wurde noch eine Spur erstaunter, wenn das überhaupt möglich war.

Janis musste sich wieder ernsthaft das Lachen verkneifen. „Ja, spazieren. Molly muss noch raus, ich war noch nicht mit ihr… sie geht gerne in die Felder, warst du da schon mal?“

Luka schüttelte den Kopf. Natürlich war er da noch nie. Wie auch? Bis auf heute war er höchstens in den Garten seines Hauses gegangen und das auch nur, weil Janis ihn mitgenommen hatte. Und gerade eben war er aus demselben Grund beim Bäcker gewesen und es war nichts passiert, wovor er Angst haben musste. Es war durchaus seltsam, da er seinen Nachbarn noch nicht so lange kannte, aber Janis war der erste Mensch, dem er so weit vertraute, dass er mit ihm nach draußen ging. Er vertraute darauf, dass Janis auf ihn aufpassen würde.

Langsam nickte er. Auch wenn er sich nicht ganz sicher war, was er von seinen letzten Gedankengängen halten sollte, wollte er es versuchen. Es war sicher nichts Falsches daran, auf die Felder zu gehen, wenn Janis das so wie so scheinbar schon eine ganze Weile tat. Und passieren konnte da draußen eigentlich auch nicht wirklich was. „Ich würde gerne mitkommen…“

Der Blonde grinste. Anscheinend hatte der Kleine heute wieder einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wenn alles gut ging, dann hatte er ihn bis zur Promo-Tour vielleicht wenigstens so weit, dass er nicht vor seinen Fans in Ohnmacht fiel.
 

Noch am Abend desselben Tages hatte er David angerufen um ihm von seinen Gedanken in Bezug auf Lukas Tour zu erzählen und der Verleger hatte ihm sofort zugestimmt. Nicht nur das, er war sogar gleich in sein Auto gestiegen und zu ihm gefahren.

Seit einer halben Stunde saß er jetzt auf Janis Sofa und ließ sich von dem jungen Schriftsteller erzählen, was in den letzten Tagen passiert war.

„Du hast ihn an einem einzigen Tag dazu gekriegt, zum Bäcker zu gehen, mit dir zu frühstücken und dann noch auf den Feldern spazieren zu gehen?“, fragte David verblüfft und vor allem ungläubig. Das passte so gar nicht zu Luka.

„Ja… und dabei hat mit Marlene, Andreas und seiner Tochter und mit Bernhard gesprochen, auch wenn der zugegebenermaßen verdammt unhöflich war.“ Janis ließ sich in seinen Sessel sinken und lächelte. „Er hat sich in den letzten Wochen ganz schön verändert. Oh ja… und er hat sogar dem Postboten die Tür aufgemacht. zweimal.“

David schüttelte den Kopf. Seit Luka auf der Welt war… na ja gut, seit der Kleine laufen konnte, hatte er versucht, ihn aus seinem ‚Schneckenhaus‘ zu locken, war aber immer gescheitert. Und jetzt kam Janis den der Junge erst seit wenigen Monaten kannte und schaffte das Unmögliche! „Das ist wirklich… erstaunlich…“, meinte er schließlich. „Aber… ich teile deine Befürchtung, dass es für die Promo-Tour noch nicht reichen wird.“

„Ja… und ich denke das es am Besten ist, wenn wir es ihm gemeinsam sagen.“, sagte Janis.

„Am Besten bevor der Verlag ihn anruft, um mit ihm den Verlauf abzusprechen.“ David räusperte sich, als er Janis‘ bestürzten Gesichtsausdruck sah. „Ja ich weiß… ich hab ihnen gesagt, dass sie das nicht brauchen, aber sie wollen nicht auf mich hören.“

„Kannst du das nicht mit ihnen ausmachen? Du bist immerhin sein Verleger.“, fragte Janis. Das war nicht gut. Er hatte nicht daran gedacht, dass der Verlag noch anrufen würde, dabei machte das seiner auch immer vor einem öffentlichen Auftritt. Vielleicht hatte er es vergessen, weil er sich in letzter Zeit eigentlich nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hatte.

„Wie gesagt, ich habe das schon vorgeschlagen, aber sie halten es für besser, das direkt mit Luka abzuklären.“ David klang frustriert. „Also sollten wir uns bald einfallen lassen, wie wir es ihm sagen.“

Janis schüttelte den Kopf. „Wie bescheuert sind die denn? Dann haben sie doch viel mehr Arbeit, als notwendig.“

Der Verleger zuckte mit den Schultern. „Das hab ich auch gesagt.“

Janis seufzte. In den letzten vier Wochen war ihm keine Idee gekommen, wie er es dem Jungen erklären sollte und jetzt musste er sich etwas ausdenken, bevor der Verlag auf die Idee kommen konnte, alles kaputt zu machen? „Ich hab keine Ahnung, wie wir es ihm erklären sollten. Vielleicht bleibt uns nur die Möglichkeit, es ihm einfach zu sagen, ohne viel drum herum. Wenn wir ihn zusammen festhalten, kann er vielleicht nicht weglaufen und sich im Bad einschließen.“

Obwohl die letzte Bemerkung durchaus als witzig hätte aufgefasst werden können, lachte keiner von ihnen, da es die wahrscheinlichste Reaktion des Jungen auf eine solche Nachricht sein würde.

„Tja… ich gebe zu, dass mir auch nichts besseres einfällt.“ David stand auf. „Heute ist sicher kein guter Zeitpunkt, um es ihm zu sagen.“ Luka hatte heute schon zu viele Dinge getan, die neu für ihn waren, die Nachricht über die Tour würde ihn wahrscheinlich… umhauen. „Morgen?“

„Ja…“ Janis seufzte noch einmal. „Morgen.“

David lächelte noch einmal, wandte sich um und stieß dabei eine kleine Vase um, die auf einem kleinen Beistelltisch neben der Couch gestanden hatte. „Ups… entschuldige. Ich hoffe die war nicht… wertvoll?“

Janis grinste. „Nein, keine Sorge. Ich hab hier schon nichts wertvolles mehr stehen. So oft wie Finn hier einsteigt und Chaos verbreitet, wäre das auch ziemlich bescheuert von mir.“

David wirkte erleichter. „Okay, dann sehen wir uns morgen Abend.“
 

Ende Kapitel 15
 

Tja schon vorbei. Ich hoffe es hat euch gefallen. Nächstes Mal stehen Janis und David wohl tatsächlich vor einem ziemlich großen Problem, was? Wie sie es lösen erfahrt ihr dann.^^

Also dann, ich wünsche euch eine schöne Woche.

Bye u-chan

Auf in den Kampf

Hallo Leute!

Ich hab das 16. Kapitel gerade fertig geschrieben. Es geht jetzt langsam doch etwas schneller auf den großen Tag X zu. Und heute lernt Luka wieder etwas, nämlich dass man nicht nur seine Gefühle verletzen kann, sondern er genau so auch die Gefühle von anderen. Habt ihr doch aber gewusst, oder?^^

So dann viel Spaß mit dem 16. Kapitel.
 

16. Auf in den Kampf
 

David zog den Schlüssel, löste seinen Sicherheitsgurt und stieg aus dem Auto. Janis‘ Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er gestern Abend keinen Verdacht geschöpft, als sie über Lukas Promo-Tour gesprochen hatten, aber er musste aufpassen, damit die beiden nicht dahinter kamen, was hier wirklich los war. Janis konnte ihm in dieser Hinsicht durchaus gefährlich werden, doch auch Luka war verdammt klug. Wenn er nicht aufpasste, würde er sich verraten und die ganze Aktion könnte platzen. Also musste er wirklich vorsichtig sein, in dem, was er sagte.

„Hey David!“ Janis hatte wohl sein Auto kommen hören und war sofort nach draußen gekommen. Er lief die wenigen Stufen, die zur Straße führten hinunter und ging dann mit großen Schritten auf den Verleger zu. „Kann‘s losgehen?“

„Ja.“ David schloss die Tür seines Wagens mit einem lauten Knall, der wahrscheinlich alle Nachbarn wieder aus den Betten geworfen hatte. In einer Vorstadt wie dieser, wo die Bürgersteige um 18 Uhr hochgeklappt wurden, waren die meisten mittlerweile bestimmt bereit im Bett. „Auf in den Kampf…“

Janis grinste leicht, doch das Lächeln verschwand wieder, als er auf Lukas Klingel drückte.

„Pass auf… er erwartet keinen Besuch.“, meinte David. Er steckte seine Hände in die Taschen seiner Hose, eine entspannte Haltung, die David nicht unbedingt erwartet hatte.

Als auch nach dem zweiten Klingeln nicht geöffnet wurde, klopfte Janis an die Tür. „Hey Luka!“, rief er laut. „Komm schon, mach die Tür auf!“
 

War das gerade die Stimme seines Nachbarn gewesen? Luka schaute verwirrt auf seine Armbanduhr und wandte sich dann langsam in Richtung seines Hauses um. Wenn er genau hinhörte, konnte er jetzt auch ein leises Klingeln hören, welches darauf schließen ließ, dass jemand vor seiner Haustür stand.

Seufzend ging der Junge zurück zu seinem Haus, schloss die Terrassentür hinter sich und durchquerte dann seinen Flur.

„Hallo.“, begrüßte er Janis, nachdem er die Tür geöffnet hatte. Als sein Blick auf David fiel, starrte er die beiden Männer auf der Türschwelle verwirrt an. „Was… wieso seid ihr… beide hier?“

Janis grinste. „Lässt du uns rein?“ Erst mal so tun, als wäre alles ganz normal.

„Ähm… ja natürlich.“ Luka trat einen Schritt zur Seite und gab so den Weg ins Haus frei. „Entschuldigt bitte, dass ich euch nicht gleich aufgemacht habe ich… hab die Klingel nicht gehört.“

David sah den Jungen fragend an. „Das ist doch unmöglich. Die solltest du überall im Haus hören können. Du brauchst dich uns gegenüber doch nicht rauszureden, es ist schon in Ordnung, wenn du-“

Janis hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und den Verleger so in seinem Redeschwall unterbrochen. „Warst du etwa draußen?“ Als Luka ganz langsam nickte, musste Janis grinsen. Das war doch wirklich mal ein Fortschritt… der Kleine ging freiwillig und vor allem alleine nach draußen. In den Garten, ja, wo er vor allen Blicken geschützt war… aber es war schon beinahe unglaublich, dass der Junge von selbst auf die Idee gekommen war, das Haus zu verlassen. Und jetzt würden sie ihm eine Nachricht überbringen müssen, die vermutlich alles, was er in den letzten Wochen erreicht hatte, wieder kaputt machen würde.

Luka beobachtete, wie sich der Gesichtsausdruck von Janis verfinsterte und auch David schien ernster zu werden. Ein ungutes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit und er wich aus einer Art Reflex vor seinen beiden Besuchern zurück. Irgendetwas an dieser ganzen Situation gefiel ihm ganz und gar nicht und auch wenn er nicht wirklich fassen konnte, was ihn störte, löste es doch ziemlich ungute Gefühle in ihm aus.

Als Janis sah, welche Reaktion seine plötzliche Ernsthaftigkeit bei dem Jungen auslöste, lachte er schnell. „Ähm… wir müssen mit dir reden.“, sagte er lächelnd. Es war wohl besser das ganze Thema schnell hinter sich zu bringen. Wenn sie noch lange damit warten würden, mit dem Jungen zu reden, hätten sie am Ende wahrscheinlich nicht mehr den Mut, es ihm überhaupt zu sagen.

„O-okay… ähm… k-kommen Sie…“ Da war es wieder. Lukas Stottern stellte ein deutliches Zeichen seiner Nervosität dar. Er führte seine Gäste ins Wohnzimmer, wo er sich sofort auf die Couch sinken ließ, da seine Beine sich bereits anfühlten, wie Wackelpudding. Egal was die beiden ihm mitteilen wollten, es konnte nicht gut sein. Zum einen kamen sie zu zweit, wahrscheinlich, weil das worum es ging so schlimm war, dass sich einer von ihnen allein nicht traute, es ihm mitzuteilen. Also wollte er es auch nicht wirklich hören… Dann war David extra hier her gefahren, um mit ihm zu sprechen, also wollte er es ihm nicht am Telefon sagen… Es konnte also wirklich nichts Gutes sein, worum es in dem Gespräch gehen sollte.

„Luka…“

Der Junge sah auf, direkt in Janis‘ Gesicht, da sein Nachbar sich neben ihn auf das Sofa gesetzt hatte. David saß ihnen gegenüber auf Lukas Fernsehsessel. „Ähm… Entschuldigung… worüber… wo-“ Er sah Hilfesuchend zu seinem Verleger. Auch wenn er Janis inzwischen ein wenig besser kannte, so war David noch immer derjenige, dem er am meisten vertraute. Wieso saß er so weit weg von ihm? Luka verkrampfte seine Hände im Schoß und begann nervös mit seinen Fingern zu spielen. „Worüber wollt ihr… ähm… wollen Sie reden?“ Er schloss die Augen und senkte den Kopf. Jetzt war er sich nicht einmal mehr sicher, wie er seine Besucher ansprechen sollte. Den einen duzte er, den anderen nicht, er konnte nur hoffen, dass es ihm keiner von den beiden übel nahm, wenn er jetzt irgendetwas durcheinander brachte.

Janis seufzte. „Wir haben eine ganze Weile überlegt, wie wir es dir am Besten sagen können.“ Er griff nach Lukas Händen, was den Jungen dazu brachte, ihn anzusehen.

Wenn sie lange überlegt haben, konnte es tatsächlich unmöglich etwas Gutes sein, das hätten sie ihm sofort und ohne Umschweife gesagt, da war es sich ganz sicher.

Janis warf einen Blick auf den Verleger, der so viel zu heißen schien wie: Okay, sag es ihm jetzt. Wenn es nötig wird, halt ich ihn fest.

David nickte langsam. Als Verleger war es natürlich seine Aufgabe, Luka diese Nachricht zu unterbreiten und nicht Janis‘. Allerdings war er sich nicht ganz sicher, wie er es dem Kleinen sagen sollte. Die falsche Wortwahl konnte entweder Unverständnis oder Panik in dem Jungen auslösen und beides war weniger wünschenswert.

„In Ordnung.“, meinte David schließlich. „Ich weiß, das wird dir jetzt sicher nicht gefallen, Luka, aber hör mir bitte erst einmal zu.“

Es würde ihm nicht gefallen? Das war ganz eindeutig nicht gut!

Janis schloss seine Hand besorgt etwas fester um Lukas, als er ein leichtes Zittern bemerkte, das durch den Jungen ging und langsam immer stärker wurde. Er warf dem Verleger einen Blick zu, der diesmal sagte: nun mach endlich!

„Okay…“ David atmete einmal tief durch bevor er weiter sprach. „Luka… du musst auf Promo-Tour.“

„Hä?“ Der Junge sah nicht so aus, als hätte er verstanden, was David gerade gesagt hatte.

„Pro-mo-Tour.“, wiederholte Janis deswegen, wobei er jede Silbe der beiden Wörter einzeln betonte.

„Was?“ Lukas Stimme klang aufgeregter, doch er starrte die beiden anderen immer noch so an, als hätte er nicht begriffen, worum es gerade ging.

„Du sollst dein neues Buch präsentieren.“, meinte Janis schließlich nach einer längeren Pause, in der niemand von ihnen etwas gesagt hatte.

Luka schüttelte den Kopf. Nein, nein, nein… das kam überhaupt nicht in Frage. Das ging nicht, das konnte er nicht! „I-i-i-ich… ähm… ich…“

Es war wohl so weit. Gleich würde sicher die Situation eintreten, die der Grund war, wieso sie zu zweit waren. In dem Moment, in dem Janis noch daran dachte, sprang Luka auch schon auf und wollte weglaufen. Sein Nachbar reagierte allerdings schneller als der Junge, griff nach dessen Arm und zog ihn auf die Couch zurück. Er rutschte ein Stück näher zu dem Jungen und legte einen Arm um dessen Schultern, um ihn davon abzuhalten einen erneuten Versuch zu starten, wegzulaufen.

„Vor diesem Problem kannst du nicht davonlaufen, Kleiner.“

Luka spürte, wie ihm warm wurde. Ein stärker werdendes Kribbeln breitete sich in seinem ganzen Körper aus und alles um ihn herum begann, sich unwirklich anzufühlen. Dieses Gefühl kannte er zu Genüge und er hasste es, da er aus Erfahrung wusste, dass er jetzt nicht mehr in der Lage war, wegzulaufen. Seine Beine würden ihn keine zwei Meter weit tragen.

Der Junge zitterte mittlerweile so stark, dass Janis das Gefühl hatte, dass es sich auch auf ihn übertrug und er war froh, dass der Kleine saß. „Hör mal… ich weiß, dass du Angst davor hast, aber es ist nur halb so schlimm, wie es sich jetzt anhört.“, versuchte er Luka zu beruhigen, aber natürlich drangen seine Worte überhaupt nicht zu ihm vor.

Janis warf einen Blick zu David, der allerdings auch nur leidend das Gesicht verzog und mit den Schultern zuckte. Lukas normale Reaktion wäre gewesen, wegzulaufen, sich irgendwo einzuschließen und erst wieder rauszukommen, wenn er sich entweder beruhigt hatte, oder alles vorbei war. Die momentane Situation war also nicht nur für den Jungen neu, sondern auch für ihn.

‚Na schön…‘ Janis seufzte und zog Luka näher an sich heran. Da niemand von ihnen wusste, wie sie jetzt mit ihm umgehen sollten, mussten sie eben improvisieren. „Luka…“ Er brach wieder ab. Lukas Gesicht sagte ihm, dass der Kleine ihm im Moment nicht unbedingt zuhören würde.

Der Junge starrte aus weit aufgerissenen Augen und mit halb geöffnetem Mund auf einen willkürlichen Punkt auf dem Teppich seines Wohnzimmers. Er konnte die Stimmen der anderen beiden zwar hören, doch die Bedeutung dessen was sie sagten nicht wirklich erfassen. Das Wort Promo-Tour hallte in seinem Kopf wieder und ließ seine Gedanken wild umher schwirren.

Sein neues Buch präsentieren, das bedeutete viele fremde Menschen treffen… oder vielleicht auch nicht, denn wer würde seine Bücher schon lesen? Wahrscheinlich waren seine Verkaufszahlen so schlecht, deshalb hatte sein Verlag diese Tour überhaupt erst angesetzt. Ja, so musste es sein. Und wenn er das jetzt vermasselte, würden sie seine Bücher vielleicht nicht mehr verlegen. Was sollte er dann tun? Schreiben war doch das Einzige, was er konnte! Aber er konnte auf keinen Fall sein Buch vorstellen… Autogramme geben… mit unbekannten Leuten reden… wenn überhaupt jemand kam. Und… Er wurde in seinen wirren Gedankengängen unterbrochen, als plötzlich etwas Schweres auf seinem Schoß landete und sich kurz darauf etwas Spitzes in seine Beine bohrte. „Au!“

Alle Anwesenden starrten irritiert auf das kleine Fellbündel, dass es sich gerade auf Lukas Schoß gemütlich machte.

„Finn…“, stellte Luka erstaunt fest. Der Kater war einige Tage nicht da gewesen, wahrscheinlich irgendwo draußen herumgestromert. Und jetzt hatte sich Finn auf seinen Beinen zusammen gerollt, als wäre er nie weg gewesen.

Der Kater begann leise zu schnurren, als Luka begann, ihn hinter den Ohren zu kraulen. Er schloss genießend die Augen und mautzte kurz, um seinem Besitzer zu zeigen, dass er ihn vermisst hatte. Finn konnte deutlich die Aufregung und Nervosität des Menschen spüren und da er bereits gemerkt hat, dass sein Schnurren eine beruhigende Wirkung auf Luka hatte, konnte er ihm so vielleicht helfen.

Davids Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe, als er feststellte, dass die Katze etwas schaffte, wo er und Janis versagt hatten, nämlich Luka zu beruhigen. Erstaunt warf er dem Blonden einen Blick zu der so viel sagte wie: Das Tier nehmen wir auf jeden Fall mit.

Janis nickte. Er musste unwillkürlich lächeln, als ihm auffiel, dass er und David es schafften, sich mit vielsagenden Blicken zu verständigen. Allerdings hatten sie hier noch ein Problem zu lösen. „Luka…“

Der Junge sah auf, ohne mit dem Kraulen aufzuhören. Unsicher ließ er den Blick zwischen David und seinem Nachbarn hin und her schweifen, bis er sich schließlich traute, etwas zu sagen. „Ich…ich halte das n-nicht… für e-eine g-gute Idee… das gefällt mir nicht.“

„Ich denke nicht, dass du eine Wahl hast.“, meinte David. „Der Verlag will, dass du diese Promo-Tour machst. Es ist alles schon geplant und angekündigt.“

Luka schüttelte den Kopf. „Es… würde doch niemand kommen…“

Janis stutzte bei diesen Worten. Er war sich nicht ganz sicher, was er dem Jungen darauf antworten sollte. Wenn er sagte, es kommen schon genug Leute, bekam er wahrscheinlich wegen der vielen Menschen Angst. Allerdings klang der Kleine beinahe enttäuscht, dass niemand zu seiner Präsentation kommen würde. Schließlich räusperte er sich, klopfte dem Jungen auf die Schulter und zog seinen Arm dann zurück. „Das weiß man vorher nie so genau. Aber wir werden es sehen, wenn wir da sind.“

„Wir?“, fragte Luka verwundert. „Heißt das…“

„Jap.“ Janis grinste. „Denkst du, ich lass dich bei so etwas allein?“

Luka schenkte seinem Nachbarn ein leichtes Lächeln. Dann fiel ihm etwas auf, das ihm sicher Sorgen machen sollte. „Haben… haben Sie schon länger davon gewusst?“

„Na ja…“ Janis wandte den Kopf zu David um, der sich scheinbar aus dem Gespräch hatte zurück ziehen wollen.

„Ich hab es ihm vor einer Weile gesagt.“, antwortete der Verleger schließlich. „Ich wusste nicht, wie ich es dir beibringen sollte, also hab ich ihn um Hilfe gebeten.“

„Also war… das alles… dass Sie…“ Luka brach auf der Suche nach Worten ab und senkte den Kopf. Die vergangenen Wochen, all die Besuche von Janis… dass der andere ihm gesagt hatte, er würde ihn als Freund sehen… War das etwa eine Lüge gewesen?

Tränen suchten sich ihren Weg über seine Wangen und tropften schließlich auf die Hand, die noch immer Finn kraulte. Das konnte doch nicht sein… er hatte sich so darüber gefreut, dass Janis sein Freund war.

„Luka?“ David beugte sich im Sessel vor. Ihm waren die Tränen aufgefallen, die jetzt langsam in Finns Fell versickerten.

Janis wandte den Blick auf den Kleinen und stellte besorgt fest, dass dieser weinte. „Was ist denn los?“, fragte Janis, der sich nicht erklären konnte, was gerade passiert war. Wahrscheinlich waren Lukas Gedanken wieder einmal in abwegige Richtungen gelaufen und das hatte ihn zum Weinen gebracht. „Hey.“ Er legte dem Jungen eine Hand unters Kinn und hob seinen Kopf ein Stück an, so dass Luka ihm in die Augen sehen musste. „Red mit mir.“

Luka starrte seinen Nachbarn erst verblüfft an, dann schüttelte er beinahe panisch den Kopf. Nein! Er konnte Janis nicht sagen, dass er ihn durchschaut hatte. Wer wusste schon, wie er dann reagieren würde?

„Okay ähm… ich glaube hier läuft grad wieder etwas außer Kontrolle.“, meinte Janis und warf David einen Blick zu. „Kannst du… irgendwas Beruhigendes machen? Tee?“

Der Verleger nickte, stand auf und verließ den Raum. Luka starrte ihm geschockt hinterher. Wieso ließ er ihn mit Janis allein? Der andere konnte jeden Augenblick böse auf ihn werden!

„Also Luka… was ist los hm? Du kannst es mir sagen, wir sind doch Freunde.“, meinte Janis.

Der Junge schüttelte en Kopf. Wieso hielt sein Nachbar an dieser Lüge fest? Sie waren keine Freunde, Janis hatte das nur getan, weil David ihn darum gebeten hatte.

Finn öffnete genervt die Augen. Wieso hatte der Mensch aufgehört, ihn zu kraulen? Er tat hier immerhin alles, damit es ihm besser ging, da konnte er doch wohl auch eine gewisse Gegenleistung erwarten. Der Kater fuhr seine Krallen wieder aus, wartete aber noch einen Augenblick, ob der Mensch nicht von selbst wieder anfing, ihn zu streicheln.

„Aua!“, rief Luka, als sich wieder etwas Spitzes in seine Beine bohrte. Er zuckte so heftig zusammen, dass er das Gleichgewicht verlor und gegen Janis stieß.

Der lächelte und ergriff sofort die Gelegenheit, um Luka festzuhalten. Nachher kam der Kleine sonst nur wieder auf dumme Gedanken. Zum Beispiel… weglaufen und im Bad einschließen.

Oh nein! Luka zuckte erschrocken zusammen, als sein Nachbar einen Arm um ihn legte. Jetzt kam er aus der Sache nicht mehr raus.

„Also… redest du jetzt mit mir?“, fragte Janis in einem Tonfall, als wäre nichts gewesen.

„Ich… ich… ich…“ Luka schluckte. Das hier gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Was sollte er denn jetzt machen? Er würde Janis sagen müssen, was ihm durch den Kopf ging, eine Lüge würde der andere sicher sofort erkennen. „Ich…“

„Du?“

„Sie…“ Luka brach erneut ab. Was stammelte er denn da nur wieder für einen Blödsinn zusammen? Janis konnte es doch genau so wenig leiden, wenn er so herum stotterte, wie sein Vater!

„Oh jetzt doch ich?“

„Man!“, rief Luka genervt. Was erwartete der Andere eigentlich von ihm? Er kämpfte sich frei und sprang auf. Finn wurde dadurch ebenfalls zu Boden geworfen, was der Kater mit einem langgezogenen mautzen und einem Fauchen quittierte. „Was wollen Sie von mir? Wieso tun Sie das alles?“

Janis starrte den Kleineren verblüfft an und auch David kam ins Wohnzimmer zurück. Der Junge hatte durchaus schon öfter aus einem plötzlichen Impuls heraus geschrien, aber noch niemals so.

„Was meinst du?“, fragte Janis verwirrt.

„Das. Alles!“ Luka machte eine wage Handbewegung. „Ich bin Ihnen doch total egal, Sie kümmern sich nur um mich, weil David Sie darum gebeten hat!“

Janis zuckte zusammen. Meinte der Kleine das ernst? Dachte er wirklich, dass er das nur wegen David tat? Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch der Verleger kam ihm zu vor.

„Luka!“ David überwand die kurze Strecke zwischen Tür und Couch, blieb direkt vor Luka stehen und griff nach den Armen des Jungen. „Was redest du denn da? Ist dir nicht klar, dass du Janis damit verletzt?“

„W-was?“ Der Kleinere blinzelte verwirrt und starrte David einige Sekunden lang verständnislos an. Schließlich wandte er den Blick auf Janis, der ziemlich niedergeschlagen auf dem Sofa hockte und tatsächlich sehr verletzt aussah. Er setzte mehrmals dazu an etwas zu sagen, brachte allerdings kein Wort heraus.

„Luka…“ Janis senkte den Blick. Ihm fiel es vermutlich mindestens genau so schwer wir dem Jungen, über seine Gefühle zu sprechen, aber er wusste auch, dass er da jetzt durch musste. „Ich gebe zu, dass ich jeden Tag hier gewesen bin, lag an der anstehenden Promo-Tour, weil wir einfach zu wenig Zeit haben. Aber… auch ohne diese Tour hätte ich versucht dich besser kennen zu lernen und dein Freund zu werden, ich wäre es nur etwas langsamer angegangen.“

Luka starrte seinen Nachbarn perplex an. „Meinen… meinen Sie das ernst?“

„Ja.“, antwortete Janis, hob den Blick und lächelte. „Wieso sollte ich dich anlügen?“

„Also sind wir… noch Freunde?“, fragte Luka vorsichtig, auch wenn er Angst vor der Antwort hatte. Wenn Janis jetzt nein sagte, dann hätte er selbst die erste Freundschaft, die sich zwischen ihm und jemand anderem aufgebaut hatte durch seine Unfähigkeit zerstört.

Janis seufzte, erleichtert diese Frage zu hören. „Natürlich.“

Luka schniefte. Er senkte den Kopf und hielt sich einen Arm vor die Augen, damit die anderen beiden nicht sahen, dass er schon wieder weinte. Vielleicht würden sie es falsch verstehen.

David grinste. „Ich hole den Tee.“
 

Ende Kapitel 16
 

Luka is explodiert. *g*

Tja da war das Kapitel schon wieder vorbei. Ich hoffe es hat euch gefallen. Jetzt dauert es sicher nicht mehr allzu lange, bis Luka tatsächlich vor seinen Fans stehen muss, von denen er gar nich glaubt, das es sie gibt… er sollte sich vielleicht mal selber googlen.^^

Nein okay ich glaub das bringt nix. Also dann, bis nächste Woche.

Bye Bye

Eine Party!!! Ist das sein Ernst?

Hallo Leute und danke für eure Kommis.^^

Ich bin heute etwas spät dran… meine Schwester hat mich grad angerufen und mich daran erinnert, dass heute Muttertag ist, also musste ich meine Mutti natürlich noch anrufen und wir haben erst mal ne dreiviertel Stunde telefoniert, weil wir so lange nicht mehr miteinander geredet haben. Also alle von euch, die nicht daran gedacht haben, ruft eure Mutti an. Und allen Müttern da draußen wünsch ich noch einen schönen restlichen Muttertag. Ich weiß, er ist nicht mehr lang, aber es ist der Gedanke der zählt, oder?

So und jetzt geht’s los, mit dem nächsten Kapitel.
 

17. Eine Party!!! Ist das sein Ernst?
 

„Ich kann das nicht machen.“ Janis seufzte. Das war mittlerweile der fünfte Anruf, bei dem Luka genau diesen Satz gesagt hatte und von David wusste er, dass der Junge ihn auch schon einige Male angerufen hatte. Seit sie ihm gestern von der Promo Tour erzählt hatten, mussten sie sich abwechselnd sein Gejammer darüber anhören.

„Hör mal Luka.“ Janis fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „So schlimm wie du dir das jetzt gerade vorstellst, wird das sicher gar nicht.“

„Ach wirklich? Was wenn überhaupt niemand kommt, weil niemand meine Bücher liest? Der Verlag macht die Tour doch sicher, um meine Verkaufszahlen zu steigern, weil sie zu niedrig sind und w-wenn keiner k-kommt, dann verlegen sie meine Bücher nicht mehr. Ich meine, das wäre sicher nicht w-wirklich schlimm, w-weil sie ja eh keiner liest, aber… was soll ich denn machen, wenn der Verlag-“

„LUKA!“

Der Junge zuckte erschrocken zusammen, als Janis seinen Redeschwall so plötzlich und vor allem so laut unterbrach. „E-ent-entschuldigung ich-“

„Warte kurz, ich komme rüber. Ich muss dir was zeigen.“

Luka hörte ein leises Klicken und dann nur noch ein rhythmisches Tuten, welches darauf hinwies, das Janis aufgelegt hatte. Etwas zeigen? Was wollte sein Nachbar ihm zeigen?
 

Zwei Minuten später stand Janis vor seinem Haus und drückte auf die Klingel. Luka öffnete die Tür beinahe sofort – als hätte er bereits dahinter gewartet – und ließ seinen Nachbarn herein. „Also ähm… was w-wollen Sie m-mir zeigen?“

Janis Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe. Er wusste ja, dass der Kleine nervös war, aber dass er wieder so weit war, bei jedem zweiten Wort zu stottern, überraschte ihn doch etwas. „Nichts Schlimmes.“, versicherte er ihm deshalb. „Brauchst gar nicht so aufgeregt zu sein.“

Luka nickte und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Janis hatte ja Recht, im Moment hatte er gar keinen Grund, um nervös zu sein. „Okay ähm… also… was wollen Sie mir zeigen?“

„Ich brauch deinen Computer.“, meinte Janis und ging an dem Jungen vorbei in Richtung Arbeitszimmer, wo er das gesuchte Gerät vermutete. „Und Internet. Das hast du doch, oder?“

„J-ja schon, aber-“ Luka beeilte sich, seinem Nachbarn hinterher zukommen und trat schließlich neben ihn an seinen Schreibtisch heran.

„Hast du dich schon jemals selbst im Internet gesucht?“, fragte Janis grinsend. „Da kommen ziemlich interessante Dinge bei raus.“

„Ähm nein.“, meinte Luka leicht verwirrt. „Nein, das hab ich noch nie. W-wieso?“

„Pass auf.“ Janis grinste. Er tippte Lukas Namen in eine Suchmaschine ein und klickte auf das erste Ergebnis. „Luka Seidel. Geboren am 1. Oktober 1990. Sieh mal, du hattest Geburtstag… und du sagst mir das nicht?“ Er lachte und brachte so auch Luka zum Lächeln. „Okay… deutscher Schriftsteller, na das wissen wir. Ah da, Werke… Drachengold, 825 Seiten und 750 in England und den USA… deine Bücher werden sogar übersetzt.“

„Das… das wusste ich gar nicht.“, meinte Luka. Er blinzelte verwirrt und las stumm weiter, was auf der Seite sonst noch stand. David kümmerte sich um alle seine Verträge, also wohl auch Übersetzungen. Sein Verleger hatte nie mit ihm über so etwas gesprochen… wahrscheinlich hatte er ihn nicht damit erschrecken wollen, dass seine Bücher auch in anderen Ländern gelesen wurden.

„Und hier.“ Janis deutete auf eine bestimmte Zeile auf dem Bildschirm. „Der Elfenbeinturm, der dritte des erfolgreichen Autors erschien mit einer Erstauflage von… wow… ich wusste nicht, dass so viele Leute deine Bücher lesen. Du bist auf jeden Fall einer der erfolgreichsten deutschen Autoren.“

„N-nein…“ Luka schüttelte den Kopf. Das konnte doch nicht sein.

„Wusstest du das wirklich nicht?“, fragte Janis verblüfft. „Es ist aber wirklich erstaunlich… es ist zwar in jedem Buch ein Bild von dir, aber sonst sieht und hört man von dir eigentlich gar nichts. Dass du dann trotzdem so bekannt bist, muss an der guten Marketingstrategie von David liegen.“

Luka starrte wie gebannt auf den Bildschirm. Bis gerade eben war er sich nur über einen Leser sicher und der saß direkt neben ihm. Und jetzt erfuhr er, dass seine Bücher sogar in anderen Ländern erschienen. „Ich… ich… m-muss mich setzen…“

Janis sah auf und stellte erschrocken fest, dass Luka so weiß war, wie die Wand hinter ihm. Vielleicht hätte er selbst erst einmal nachsehen sollen, was auf der Seite über den Jungen stand, bevor er es ihm gezeigt hatte. Nun, jetzt war es zu spät darüber nachzudenken. Schnell stand er auf und half Luka, sich auf den Stuhl zu setzen. „Alles okay, Kleiner?“, fragte er besorgt. Er hatte ja gewusst, dass Luka ein guter und erfolgreicher Autor war, aber der Junge war bald berühmter, als er und hielt sich dabei vollkommen aus der Presse heraus.

„Ah… ich bin nur… etwas verwirrt.“, meinte Luka und ließ den Kopf sinken. Ihm war schwindlig und dabei auch noch abwechselnd heiß und eiskalt.

„Wieso weißt du davon denn nichts? Wenn du so viele Bücher verkaufst, musst du doch auch eine ganze Menge Geld auf dem Konto haben.“, meinte Janis und ging neben dem Jungen in die Hocke.

Luka seufzte. „Ich… ich geh doch n-nicht aus dem Haus… wie k-kann ich dann wissen, wie viel G-Geld ich auf dem Konto habe?“ Das war wirklich war, er hatte nicht einmal selbst sein Konto eröffnet, dass hatte David damals für ihn gemacht, als er sechzehn war.

„Es gibt Online Banking.“, gab Janis zu bedenken. „Aber… das ist auch eigentlich gar nicht so wichtig.“ Er legte den Jungen seine Hände auf die Schultern und brachte ihn dazu, ihn anzusehen. „Geht’s dir gut?“

Lukas gequälter Gesichtsausdruck gab ihm eigentlich schon die Antwort, trotzdem schüttelte der Junge den Kopf. „Ich hab nicht gewusst, dass so viele Menschen meine… Geschichten lesen, das ist mir etwas… etwas p-peinlich.“

„Na hör mal, du bist Schriftsteller.“, meinte Janis. „Natürlich lesen die Leute da draußen deine Bücher. Es sind wirklich verdammt gute Geschichten.“

„Wirklich?“, fragte Luka zweifelnd. Er zweifelte immer an sich selbst und an seiner Arbeit. Jeden seiner Romane las er selbst mindestens zweimal Korrektur, bevor er ihn jemandem anders zum Lesen in die Hände gab.

„Sicher.“ Janis musste Lachen. Der Kleine war einfach zu niedlich. „Sonst würde die niemand verlegen, nicht wahr?“

„Aber… warum dann die Promo Tour? Wenn meine Bücher doch ge-gelesen werden…“ Luka fuhr sich unsicher durch die Haare. Er hatte immer gedacht, dass man nur etwas promoten musste, was sich von selbst nicht gut verkaufen würde.

„Luka… du schreibst seit Jahren, du hast da draußen eine große Fangemeinde und niemand… niemand hat dich jemals gesehen. Die Menschen sind einfach neugierig.“ Janis griff nach Lukas Händen und zog den Kleineren auf die Füße. „Gehen wir ins Wohnzimmer.“

Luka ließ sich von seinem Nachbarn hinterher ziehen und schließlich auf die Couch drücken. Die Menschen sind neugierig? Auf ihn? Waren ihnen seine Geschichten nicht genug? Er hatte auch in Filmen nie verstanden, warum die Leute so ausrasteten, wenn sie eine berühmte Persönlichkeit trafen. Er war kein Filmstar oder Sänger, er war einfach nur Schriftsteller. Niemand interessierte sich für Autoren. Wer wusste bei einem Film, wer das Drehbuch geschrieben hatte? Niemand. Deshalb waren Autoren auch sicher von diesem ganzen Fantrubel. Na ja gut, außer sein Lieblingsautor und Vorbild Kevin J. Keller… Er las öfter über ihn in der Zeitung, die Medien und überhaupt alle Menschen schienen ihn regelrecht zu verfolgen. Das wollte er auf keinen Fall! Wenn er durch diese Promo Tour auch so etwas auslösen würde und seine Leser ihn plötzlich verfolgen würden.

„Janis?“, fragte er schließlich leise. „Kennen Sie… die Bücher von Kevin Keller?“

Der Angesprochene biss sich unsicher auf die Unterlippe. Was sollte er darauf antworten? Na sicher kenn ich die Bücher, in und auswendig… ich schreibe sie ja… Nein, das war sicher keine gute Idee. Aus allem was der Kleine ihm erzählt hatte, schloss er, dass er wohl auch Fan von seinen Büchern war. Einer von der Sorte Fans, die er mochte, nämlich die, welche ihn nicht bis vor seine Haustür verfolgten und davor übernachteten. „Ja, ich kenne sie…“, sagte er schließlich. Es war sicher keine gute Idee, dem Jungen jetzt auch noch zu sagen, dass er sein Lieblingsautor war.

„Er… ist ziemlich be-bekannt, nicht wahr?“ Luka lächelte unsicher. Er war sich nicht ganz sicher, wie er seinem Nachbarn seine Befürchtungen am besten mitteilen sollte, aber das musste er gar nicht, da Janis es ihm abnahm.

„Du hast Angst, dass es so wird, wie bei ihm, nicht wahr? Fans, die dich verfolgen, die dein Haus belagern, dauernd an deiner Tür klingeln? So lange, bis du freiwillig so weit wegziehst, wie möglich?“ Janis stoppte sich selbst, als er Lukas erstaunten Blick sah.

„Sie… Sie können sich das ziemlich gut vorstellen. Ich…“ Luka schluckte und senkte den Kopf. „Ich will nicht, dass mir das auch passiert.“

Janis lächelte. Natürlich konnte er sich das gut vorstellen. Er war in den letzten Jahren wegen seiner Fans so oft umgezogen, dass er schon nicht mehr mitzählte. „Ich denke nicht, dass dir so etwas passieren wird. Die Menschen sind zwar… wirklich sehr merkwürdig aber… du hast immer noch David, nicht wahr? Er wird auf dich aufpassen. Und wenn es doch passiert, werd ich die alle persönlich davon jagen.“ Er grinste und schlug eine Faust in die andere Hand.

Trotzdem… es würden sicher viele Menschen bei seinen Buchlesungen und den Autogrammstunden da sein. Er konnte sich nicht vorstellen, wie er das schaffen sollte. Luka seufzte. „Bei der Lesung sind sicher viele Menschen…“

„Ja.“, meinte Janis. „Es werden viele Menschen da sein.“ Er sah keinen Grund darin, den Jungen über diese Tatsache anzulügen. „Aber David und ich werden auch da sein, du musst das nicht alleine machen.“

„Aber…“ Luka schüttelte den Kopf. „Das geht nicht… das… d-das kann ich nicht…“

Janis seufzte und ließ jetzt ebenfalls den Kopf hängen. Erst sagte der Junge er könne die Promo Tour nicht machen, weil niemand kommen würde, jetzt konnte er nicht, weil zu viele Leute kommen würden. Der Kleine musste sich wirklich mal entscheiden. Wie sollte er ihm helfen, wenn er an allen Möglichkeiten die er ihm anbot etwas auszusetzen hatte?
 

Einige Tage später stand Janis wie jeden Tag vor Lukas Tür und grinste den Jungen breit an, als dieser öffnete. Ohne ihn zu fragen, ob er mitkommen wollte, griff er nach Lukas Hand und zog den Jungen aus dem Haus. „Komm mit.“

„M-Moment!“ Schnell griff der Junge nach der Klinke und zog die Tür im Gehen hinter sich zu. „Was soll denn das so plötzlich?“

„Wenn du die Promo-Tour durchstehen willst, müssen wir dich an Menschen gewöhnen.“, meinte Janis. Er zog Luka hinter sich her über die Straße und blieb mit ihm vor Marlenes Tor stehen. „Unsre Nachbarin gibt heute eine kleine Party. Es sind nicht so viele Leute da und sie freuen sich darauf, dich kennen zu lernen.“

„W-was?“ Lukas entgeisterter Gesichtsausdruck ließ Janis lächeln.

„Mach dir keine Sorgen, wird schon schief gehen.“

Das meinte er doch nicht ernst, oder? Eine Party? Jetzt? Er war überhaupt nicht darauf vorbereitet, er trug verdammt nochmal Hausschuhe! Und er kannte dort auch niemanden, außer Janis natürlich, aber der würde sicher auch mit den anderen reden. Was sollte er denn dort machen? „Janis… Ich denke nicht, dass da-“

„Oh Janis!“ Die Tür war aufgeflogen und plötzlich stand Marlene mit einem fröhlichen Lächeln vor ihnen. „Und Luka, das freut mich aber, dass Sie auch kommen.“

„Die… Sie sind die Frau vom Bäcker.“, stellte Luka verblüfft fest. Er kannte doch noch jemand anderes, als Janis.

„Nein.“ Marlene lachte. „Mein Mann ist Zahnarzt. Ich arbeite nur beim Bäcker.“

Sie hatte gerade einen Witz gemacht, hatte sie doch, oder? Luka sah zu Janis, der lachte und lächelte ebenfalls. Okay, es war ein Witz gewesen. „Kommen Sie rein, hier drin ist es wärmer. Tja, der Sommer hat uns schon lange verlassen und jetzt geht auch der Herbst.“

Janis lächelte. „Es wird auch wieder wärmer.“ Er wandte sich an den Jungen, der mit gesenktem Kopf unsicher neben ihm stand. „Komm mit Luka, ich stell dich den anderen vor.“ Da er noch immer die Hand des Kleineren hielt, war es nicht schwer, ihn dazu zu bewegen, ihm zu folgen. „Alles okay?“, fragte er, als er ein leichtes Zittern in der Hand des Jungen spürte.

Luka nickte nur. Noch war alles in Ordnung. Er atmete tief ein und aus und hielt sich an Janis Hand fest. Wenn er so bleiben konnte und sein Nachbar ihn nicht allein lassen würde, dann gab es für ihn eine Möglichkeit, das hier zu überstehen.

„Okay. Wenn es dir zu viel wird, sagst du Bescheid, ja?“, meinte Janis. „Jetzt stell ich dich erst einmal noch ein paar Leuten vor.“

Luka schluckte. Bescheid sagen, wenn es ihm zu viel wurde. Alles klar. Wenn er sich das nur trauen würde. Janis wollte sicher hier sein und hatte sich auch bestimmt etwas dabei gedacht, ihn mit hier her zu nehmen. Wenn er jetzt nach zehn Minuten wieder gehen wollte, war sein Nachbar sicherlich enttäuscht. Das konnte er unmöglich tun, immerhin gab Janis sich so viel Mühe, ihm zu helfen. Also musste er sich zusammenreißen. Im Grunde konnte auch nichts wirklich Schlimmes passieren… In den letzten Tagen hatte Janis ihm erklärt, dass er sich nicht immer ausmalen sollte, was alles geschehen konnte. Wenn er in eine Situation kam, in der er sich unwohl fühlte, sollte er sich überlegen, was nicht passieren würde.

Er konnte es ja mal versuchen. Also… er würde sicher nicht… das Haus in Brand stecken. Und… unter Wasser setzen würde er es sicher auch nicht. Aber er konnte sich leicht vor allen hier lächerlich machen, irgendetwas vollkommen Peinliches tun, nicht wissen, was er sagen sollte, wenn ihn jemand ansprach, er würde-

Nein, das war falsch. Luka schüttelte den Kopf. ‚Du sollst an etwas denken, was nicht passieren wird.‘

„Luka.“ Janis zog den Jungen an seiner Hand zurück, weil der Kleinere einfach weiter gelaufen war, als er selbst stehen geblieben war.

„Ah… Entschuldigung ich war… in Gedanken…“ Der Junge senkte den Kopf. Und schon war es passiert. Auch wenn er an Dinge dachte, die nicht passieren konnten, machte er etwas falsch.

„Schon okay. Ich wollte dir Andreas vorstellen.“, meinte Janis. „Hallo erst mal. Wir haben uns eine Weile nicht mehr gesehen.“

„Hallo. Ja… ich hatte mit meiner Arbeit so viel um die Ohren, dass ich kaum zu etwas anderem gekommen bin.“, sagte Andreas. „Ich glaube meine Frau weiß inzwischen gar nicht mehr, dass sie noch verheiratet ist.“

„Na dann sollten Sie vielleicht öfter zu Hause sein. Sie haben doch auch eine süße kleine Tochter, die ihren Vater sicher auch sehr vermisst.“ Er hob eine Hand um dem anderen deutlich zu machen, dass er das Thema wechseln wollte. „Ich wollte Ihnen meinen Nachbarn Luka vorstellen. Er… ist etwas unsicher, also…“ Er beugte sich etwas vor und flüsterte Andreas die nächsten Worte zu. „Nicht wundern, wenn er nicht viel redet.“

„Okay.“, flüsterte Andreas zurück. „Hallo Luka, ich freue mich, Sie endlich mal kennen zu lernen. Ich hab gehört, dass Sie hier wohnen, aber bisher noch nie gesehen.“

„Ich…ich g-gehe n-nicht viel a-aus dem Haus.“, meinte Luka leise.

„Verstehe.“ Andreas Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe und er bedachte Janis mit einem vielsagenden Blick. „Na, schön dass Sie heute den Weg aus Ihrem Haus gefunden haben.“

Luka nickte langsam, den Blick noch immer stur auf seine Füße gerichtet. Andreas hob noch einmal kurz die Augenbrauen, dann verabschiedete er sich bei Janis mit den Worten, er würde nach seiner Frau suchen und verschwand.

„Hey Kleiner, entspann dich ein bisschen, ja? Hier wird dich keiner auffressen.“, meinte Janis. „Ah ich weiß. Ich kenn jemandem, dem du in die Augen sehen musst. Sie hat genau die richtige Größe.“

„Was meinen Sie?“, fragte Luka verwirrt. Janis gab ihm allerdings keine Antwort, sondern zog Luka hinter sich her in den nächsten Raum, in dem die Kinder der anwesenden Familien zusammen spielten.

„Hallo Kinder!“

„JANIS!“ Er war sich sicher, dass es Sara gewesen war, die gerade von allen am lautesten geschrien hatte.

„Wie schauts aus, mit einer Runde Mensch-Ärger-Dich-Nicht? Ich hab einen Freund mitgebracht, der würde auch gerne mitspielen.“ Janis deutete auf einen niedrigen Kindertisch und ließ Lukas Hand los. „Setz dich schon mal. Also?“

„JA!“, riefen die Kinder und der kleine Jonas lief los, um das Spiel aus dem Schrank zu holen.

Luka ließ sich auf den Boden sinken und sah sich unsicher um. Das hatte Janis also gemeint. Kinder waren in Ordnung, schätzte er. Nun, eigentlich hoffte er das.

„Du bist ein Freund von Janis?“ Sara hatte sich ohne Vorwarnung von hinten auf Luka gestürzt, was den Jungen dazu brachte, erschrocken aufzuschreien. Die Kleine lachte fröhlich. „Du bist lustig. Janis ist total cool, wenn du sein Freund bist, musst du das auch sein. Er hat mir Rollschuhe zum Geburtstag geschenkt, weißt du?“

„Rollschuhe.“ Luka lächelte. Ja, Kinder waren in Ordnung. „Das ist toll.“

„Jap!“ Sara lachte weiter und steckte damit auch Luka an.
 

Nachdem er eine Runde mitgespielt hatte, stand Janis auf und sagte Luka, dass er gleich wieder da wäre. Der Junge hatte kurz genickt und sich dann wieder auf das Spiel konzentriert. Zumindest ein wenig erleichtert hatte er den Raum verlassen und war zu den Erwachsenen zurück gekehrt.

„Und wie geht’s ihm?“, fragte Andreas, als er an ihn herangetreten war. „Ich hoffe wir sind nicht zu viel für ihn. Wie Sie wissen, können wir sehr anstrengend sein.“

„Ach, er wird es überleben.“, antwortete Janis zuversichtlich. „Ich gaube mit Kindern kommt er gut zu Recht.“ Da Luka Fantasy Bücher schrieb, waren bei den Lesungen und den Autogrammstunden wahrscheinlich viele Kinder dabei, zumindest, wenn sie Glück hatten. Das schienen die einzigen Menschen zu sein, die ihm keine Angst machten. Oder zumindest nicht so viele. „Und wie geht es Ihnen?“

„Wie schon gesagt… ich arbeite in letzter Zeit sehr viel.“, meinte Andreas. „Ich will Sie nicht mit meinen Problemen belasten aber… meine Ehe läuft im Moment nicht so gut.“

„Sind Sie so selten zu Hause, weil ihre Ehe nicht gut läuft? Oder läuft sie nicht gut, weil Sie so selten zu Hause sind?“, fragte Janis nach einer kurzen Pause.

Andreas nickte langsam. „Das ist eine gute Frage. Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht. Wissen Sie… bei der Grillparty vor ein paar Monaten, habe ich das erste mal seid sechs Jahren wieder an meinen Sohn gedacht und…“ Er machte eine Pause, um einen Moment nachzudenken. „Ja, ich denke das war der Zeitpunkt, ab dem es mit meiner Ehe bergab ging.“

Zuerst schien es Janis so, als hätte der andere keine Ahnung, was mit der Beziehung zwischen ihm und seiner Frau nicht in Ordnung war. Das er die Antwort darauf so plötzlich und vor allem allein gefunden hatte, überraschte ihn etwas. „Haben Sie mit Luisa darüber gesprochen?“

„Nein.“, meinte Andreas. „Es gibt Dinge, die sollte man besser Ruhen lassen und vergessen.“

Janis schüttelte den Kopf. „Es gibt Dinge, die kann man nicht einfach vergessen. Dazu gehört unter anderem der Verlust eines Familienmitgliedes, vor allem, wenn es das eigene Kind ist. Der Tod eines Kindes gehört zu den Dingen, über die man in einer Ehe miteinander sprechen muss.“ Janis wunderte sich etwas über sich selbst. Er war nie verheiratet gewesen und hatte auch bisher noch keine Kinder, trotzdem hatte er Andreas einen Rat geben können, der anscheinend gut gewesen war, denn der andere nickte und wandte den Blick zu seiner Frau um.

„Ich denke Sie haben Recht. Luisa und ich… wir haben schon eine ganze Weile nicht mehr… offen miteinander gesprochen.“

Janis nickte und verabschiedete sich von Andreas, bevor dieser zu seiner Frau ging und diese in den Arm nahm. Das war einfach gewesen. Vielleicht sollte er den Beruf wechseln. Vom Schriftsteller zum Eheberater… Nein lieber nicht. Dazu verdiente er als Autor zu gut.

Er grinste und entschied sich, zu Luka zurück zu gehen. Sie waren bereits fast eine ganze Stunde hier, wahrscheinlich war es bald zu viel für den Jungen. Als er allerdings durch den Türrahmen trat, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte verblüfft auf das Bild, das sich ihm darbot.

Luka und Sara hockten noch immer auf dem Boden und kitzelten sich gegenseitig durch, wobei das kleine Mädchen scheinbar die Oberhand hatte und Luka sich vor Lachen kaum wehren konnte.
 

Sie waren etwa anderthalb Stunden bei den Becksteins geblieben, bevor es Luka dann doch zu viel wurde. Sara wollte ihren neuen Freund zwar eigentlich gar nicht gehen lassen, doch schließlich gelang es Luka doch, sie aus ihrer Umarmung zu lösen.

Jetzt saßen er und Janis bei ihm in der Küche und tranken gemeinsam Tee. Sein Nachbar grinste ihn schon seit einigen Minuten über seine Tasse hinweg an, hatte aber bisher noch kein Wort gesagt.

„Was ist denn?“, fragte Luka schließlich, als er die Stille und den Blick nicht mehr aushalten konnte.

„Du hast es überlebt.“, stellte Janis fest. „Da waren jede Menge Leute und du bist nicht dran gestorben.“

Luka nickte. Noch vor wenigen Monaten hätte er vermutlich nicht einen Schritt in Marlenes Haus machen können. Mal ganz davon abgesehen, dass er sein Haus nicht verlassen hätte, wäre er wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen, wenn er die ganzen unbekannten Menschen gesehen hätte. „Es…“ Er hatte es sich auf jeden Fall schlimmer vorgestellt. „Es ist nichts passiert.“

„Na komm, nicht nur das.“ Luka, der Meister der Untertreibung. „Du hast dich doch auch durchaus amüsiert, oder nicht?“

Der Junge wandte seinen Blick unsicher auf seine Teetasse. „Na-na ja… schon…“

„Und Sara mag dich eindeutig.“, meinte Janis grinsend. „Du scheinst ziemlich gut mit Kindern umgehen zu können.“

„F-finden Sie?“ Luka spürte sein Gesicht wärmer werden. Oh nein, er wurde tatsächlich schon wieder rot…

Janis kicherte. „Das ist dir doch nicht etwa peinlich?“

„Nein!“ Luka schüttelte den Kopf und stellte die Tasse laut auf dem Tisch ab. „Nein, wieso sollte es?“

„Das ist die richtige Einstellung.“ Janis lachte jetzt. „Ich denke, du wirst die Promo-Tour überstehen. Wir müssen nur noch ein bisschen weiter üben.“

„Üben?“, fragte Luka etwas verwirrt. Was meinte er?

„Na den Umgang mit anderen Menschen.“, antwortete Janis schlicht.

„Mit anderen Menschen?“ Lukas Stimme klang etwas schrill. Er hatte ihn doch nicht etwa erschreckt?

„Bist du ein Papagei? Natürlich mit anderen Menschen. Es hat keinen großen Sinn, mit Pflanzen zu üben. Die werden dich wohl kaum um ein Autogramm bitten.“, meinte Janis.

Lukas Augen wurden groß, als ihm durch Janis Aussage noch etwas anderes auffiel, was er nicht konnte. „Ich… ich hab noch nie Autogramme gegeben… ich weiß gar nicht, wie das geht…“

Janis starrte den Jungen einen Augenblick an, dann ließ er den Kopf sinken. Das konnte noch lustig werden, in de nächsten zweieinhalb Wochen.
 

Ende Kapitel 17
 

So… das wars auch schon wieder. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen. Luka is schon ein ziemlicher Trottel. Ich hätte mich schon längst gegoogled, aber egal.^^

Also dann. Ich wünsch euch allen eine schöne neue Woche und gehe jetzt The Mentalist schauen.

Bye Bye

u-chan

Die Tour beginnt

Hey Leute, ich weiß… hab mich ne Weile nicht mehr blicken lassen, aber jetzt geht’s endlich weiter. Ich hab mich lange mit damit rumgeschlagen, wie ich weiter schreiben soll… so is es aber glaub ich ganz gut geworden.^^ Ich hoffe es gefällt euch.

Viel Spaß beim Lesen.
 

18. Die Tour beginnt
 

Die Zeit bis zur Promo - Tour verging für Luka eindeutig zu schnell und kaum dass er etwas davon gemerkt hatte, waren die letzten zwei Wochen vorbei und David und Janis standen plötzlich vor seiner Tür, um ihn abzuholen. Während sein Verleger den Koffer ins Auto brachte, versuchte Janis sich daran, den flüchtigen Kater einzufangen.

Luka hockte mit angezogenen Beinen auf dem Sofa und versuchte krampfhaft an etwas anderes zu denken als an die vor ihm liegenden Tage, doch irgendwie wollte ihm das nicht so Recht gelingen.

„Es ist alles in Ordnung… erst mal… es hat noch gar nicht angefangen, also hast du auch gar keinen Grund, schon nervös zu sein.“, murmelte der Junge. „Und außerdem ist David dabei…“

Von draußen kam ein unterdrückter aber dennoch lauer Schrei, dann war Davids fluchende Stimme zu hören. „Nichts passiert!“, rief der Verleger schließlich. „Mir ist nur der Koffer auf den Fuß gefallen!“

Luka starrte die Wohnzimmertür einen Moment lang perplex an und schüttelte schließlich den Kopf. „Janis ist auch dabei…“

„Jetzt bleib schon endlich stehen, verfluchte Katze!“, rief sein Nachbar gerade und im nächsten Moment huschte erst etwas Kleines durch die Tür, dann stürmte Janis hinterher. „Alles Bestens Luka, bleib ruhig sitzen, ich hab ihn gleich.“

Der Junge starrte seinem Nachbarn hinterher, der den Raum gerade wieder verließ und schüttelte wieder den Kopf. Auch nicht gut. „Aber… Finn ist ja auch noch dabei.“ In diesem Moment sprang ihm der Kater auf den Schoß und grub seine Krallen kurz in Lukas Beine. „Au!“

„Ist dir was passiert?“ Janis stand sofort wieder in der Wohnzimmertür und sah den Jungen besorgt an. „Oh… du hast ihn… na egal. Setzen wir ihn in die Tragebox und machen uns auf den Weg. Wir wollen doch nicht zu spät kommen, oder?“

Luka schüttelte den Kopf, hob den Kater auf den Arm und folgte Janis in den Flur. Eigentlich hätte er kein Problem damit, zu spät zu kommen. Er hätte nicht mal etwas dagegen, überhaupt nicht hinzugehen.
 

Einige Stunden und eine durchaus als unangenehm zu bezeichnende Autofahrt später kamen die vier schließlich an ihrem Zielort an. Sie hatten zwischendurch immer wieder anhalten müssen, weil Luka schlecht geworden war. Ob es die Aufregung war, oder er einfach nur lange Autofahrten nicht vertrug, wusste niemand so richtig, aber im Grunde kam es darauf auch nicht wirklich an.

Schließlich standen sie vor einer eindeutig zu großen Buchhandlung, in einer viel zu großen Stadt, mit Unmengen an Menschen, die Luka scheinbar alle anstarrten.

Der Junge hatte die Mütze und den Schal so weit ins Gesicht gezogen, dass nicht einmal seine Begleiter ihn noch erkennen konnten und nestelte nervös am Saum seiner zu großen Jacke herum. „Können… k-können wir vielleicht rein g-gehen?“

„Hä?“ David sah zu Luka, der leicht zitternd und mit gesenktem Kopf neben ihm stand. „Oh äh… ja natürlich. Wir sollten gehen. Ist auch ziemlich kalt hier draußen.“

Das war tatsächlich der Fall. Mittlerweile war bereits Dezember und es war sehr kühl geworden. Schnee lag zwar noch nicht, aber es waren trotzdem winterliche Temperaturen.

Janis legte dem Jungen eine Hand auf den Rücken und schob ihn Richtung Eingangstür. „Die Mütze solltest du drinnen aber abnehmen.“

„Was?“ Luka starrte seinen Nachbarn beinahe geschockt an. „Wieso?“

„Weil es da drin ziemlich warm sein wird.“, erklärte Janis, während sie durch die Tür gingen und ihnen bereits sehr warme Luft entgegen kam. „Und es sieht ziemlich seltsam aus, wenn man in einem warmen Gebäude herumläuft, als wären minus zwanzig Grad.“

Luka biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und ließ seinen Blick durch den Eingangsbereich der Buchhandlung schweifen. Janis hatte wahrscheinlich Recht. Die Leute hier würden ihn für ziemlich bescheuert halten, wenn er hier drinnen so eingepackt herumlaufen würde wie draußen.

„Außerdem erkältest du dich, wenn du im Haus so warm angezogen bist, wie draußen.“, fügte David noch hinzu.

Unsicher griff Luka nach seiner Mütze und zog sie langsam vom Kopf. Sofort senkte er den Blick und schloss die Augen. Wenn die Menschen ihn anstarrten, wollte er es nicht sehen.

„Hey Kleiner…“ Janis grinste David an. „Den Schal auch noch.“

„Ah, Sie müssen Luka Seidel sein.“ Ein großer Mann im schwarzen Anzug kam auf die drei zu und wollte Janis die Hand reichen, doch dieser schüttelte den Kopf.

„Er ist Luka.“, meinte er, wobei er auf den Jungen neben sich deutete, der inzwischen auch den Schal abgenommen hatte.

„Oh, entschuldigen Sie bitte.“ Der Anzugträger lächelte und streckte nun Luka die Hand entgegen. Als sich der Junge nicht rührte, schaute der Mann etwas unsicher zwischen Janis und David hin und her, die versuchten, ihm zu verstehen zu geben, noch etwas zu warten.

Nach ein paar Sekunden streckte Luka tatsächlich langsam den Arm aus und griff nach der Hand des Anderen.

„Ich bin der Manager.“, erklärte der Mann mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich muss sagen, es freut mich wirklich, dass Sie hier sind, Sie erscheinen ja sonst nie in der Öffentlichkeit.“

„Ich ähm…“ Luka sah hilfesuchend zu seinem Nachbarn auf. „Ich…“

„Er ist etwas schüchtern.“, meinte Janis schließlich und legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter. „Es ist ihm etwas peinlich, seine Bücher vorzulesen.“

„Oh ach so… ja natürlich.“ Der Manager nickte und tat so, als würde er Luka verstehen, obwohl er es überhaupt nicht nachvollziehen konnte. „Na gut… folgen Sie mir. Weil Sie ja so früh kommen wollten, ist noch niemand da, die Lesung beginnt erst in anderthalb Stunden.“

„Oh das ist in Ordnung, genau so wollten wir es.“, meinte Janis und auch David nickte.

Der Manager runzelte die Stirn. Er hatte Schriftsteller ja schon immer seltsam gefunden, aber dieser hier übertraf alle schrägen Vögel, die in ihrer Lesungsecke bereits aufgetaucht waren. Sein Blick fiel auf die graue Box in Davids Händen und seine Stirn legte sich noch ein bisschen mehr in Falten.

„Oh…“ David hob die Box vorsichtig ein Stück an. „Das ist seine Katze. Ich hoffe, das stört Sie nicht.“

„Katze?“ Die Augenbrauen des Managers wanderten ein Stück in die Höhe.

„Wir haben niemanden gefunden, der sich um sie kümmern könnte.“, meinte Janis „Wir konnten sie ja schlecht alleine lassen.“

„Ja, natürlich…“ Der Manager verstand eindeutig wieder nicht, was das Problem war, doch er tat so, als wäre dies nicht so. „Also, folgen Sie mir bitte.“

Janis legte wieder eine Hand an Lukas Rücken und schob den Jungen die ersten paar Meter hinter dem Anzugträger hinterher, da der Kleine sonst womöglich gar nicht losgegangen wäre.
 

Der Manager führte sie in die oberste Etage der Buchhandlung, in der bisher kaum jemand befand. Zum einen lag das wohl daran, dass es halb zehn war und das Geschäft erst vor einer halben Stunde geöffnet hatte und der andere Grund waren vermutlich die Bücher, die hier oben auslagen. Bei allen handelte es sich um irgendwelche reichlich uninteressanten Fachbücher, zumindest war das Lukas Meinung. David schien das anders zu empfinden, denn er bekam große leuchtende Augen, als er einen der unnatürlich dicken Wälzer zu Gesicht bekam.

„Ich… bin gleich wieder bei euch.“, meinte er, drückte Janis die Katzenbox in die Hand und verschwand mit dem Buch in einer Ecke.

„Ich wusste nicht, dass er sich für Astrologie interessiert…“, meinte Janis erstaunt.

„Astro ja…“ Luka lächelte schief. „Aber nicht Astrologie, sondern Astronomie. Das ist ein großer Unterschied.“

„Das… das weiß ich.“ Janis räusperte sich und wandte sich schnell an den Manager, um den durchaus peinlichen Moment zu überspielen. „Also ahm… wo findet die Lesung statt?“

„Dort drüben.“ Der Anzugträger deutete auf eine Sitzecke, bestehend aus einer roten Couch und zwei Sesseln in derselben Farbe. Davor stand ein langer Glastisch, allerdings gab es anscheinend keine Sitzmöglichkeiten für Gäste.

„Wo… sollen die Leute denn sitzen?“, fragte Janis etwas verwirrt.

Der Manager lächelte. „Wir haben Sitzkissen. Die Kinder setzen sich ohnehin nicht auf Stühle.“

„Okay…“ Janis legte Luka, der neben ihm stand und sich etwas nervös umsah, eine Hand auf die Schulter. „Wollen wir uns das mal näher ansehen?“

Der Junge nickte und setzte sich in Bewegung. Sie gingen zwischen zwei großen Stapeln mit Lukas Büchern hindurch, was ihm offensichtlich peinlich war – er versuchte eindeutig zu vermeiden, sie überhaupt wahrzunehmen.

Janis ließ sich auf die Couch fallen und seufzte. „Ich glaub hier würde ich auch eine Lesung machen. Sehr bequem.“

Luka sah ihn erstaunt an. „Sie würden hier eine Lesung machen? Was-“

„Ah…“ Janis schlug sich gedanklich selbst gegen die Stirn. Er wollte doch nicht, dass der Junge mitbekam, wer er wirklich war… „Ich meine… wenn ich ein Schriftsteller wäre, dann würde ich… hier sicher eine Lesung machen.“ Er grinste und als der Kleinere ebenfalls lächelte drehte er schnell den Kopf von ihm weg und seufzte erleichtert. ‚Das war knapp… Du musst wirklich besser aufpassen.‘

„Wenn Sie noch etwas brauchen, zögern Sie nicht, einen Mitarbeiter zu fragen.“, sagte der Manager gerade, als David zurück kam. „Ich habe noch andere Dinge zu tun.“ Mit diesen Worten verabschiedete er sich, nickte dem Verleger zu und verschwand dann in Richtung Treppe.

„Ein bisschen unhöflich war er ja schon.“, meinte Janis. Er öffnete die Katzenbox und ließ Finn endlich heraus. Der Kater bedankte sich dafür, indem er ihn in den Finger biss, bevor er auf Lukas Arm sprang und den Jungen damit von den Füßen riss, so dass dieser ebenfalls auf das Sofa sank.

„Und was denkst du?“, fragte David, der sich in einen der Sessel setzte.

Luka streichelte Finn abwesend über den Kopf und ließ seinen Blick dabei durch den Raum voller Bücher schweifen. „Ziemlich groß.“

„Ziemlich groß?“ Janis musste sich ein Grinsen verkneifen. „Ist das deine einzige Reaktion? Na dann haben wir wohl nichts, worüber wir uns Sorgen machen müssen.“

Luka ließ den Kopf sinken und starrte auf die Katze in seinem Schoß. Wenn er nur etwas von Janis Sicherheit hätte, würde er sich jetzt sicher besser fühlen. Im Moment war er so aufgeregt, wie noch nie in seinem Leben, nur hatte er in den letzten Monaten gelernt, nicht gleich in Ohnmacht zu fallen, wenn er nervös war.

„Mach dir nicht so viele Sorgen.“ David lehnte sich zurück und griff hinter sich, um nach eines der Exemplare von Lukas neuen Büchern zu greifen. „Es wird sicher alles gut gehen.“

„Wenn du das sagst…“ Luka kraulte seinen Kater noch immer hinter den Ohren. Das Tier hatte sich inzwischen auf seinen Beinen zusammengerollt und schien mit geschlossenen Augen vor sich hin zu dösen. „Ich… ich weiß nur nicht, ob… ich das schon kann…“

„Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.“, meinte Janis.

„Und der wäre?“, fragte Luka wenig überzeugt.

„Na, du musst es ausprobieren.“, antwortete sein Nachbar. „Was anderes bleibt dir auch gar nicht wirklich übrig.“ Er wuschelte dem Jungen durch die Haare. „Wird schon schief gehen.“

Na, wenn Janis das sagte. Luka sah auf und lächelte den Anderen an. Er war zwar nicht wirklich überzeugt davon, dass es gut laufen würde, aber was blieb ihm jetzt schon noch anderes übrig? Weglaufen konnte er jetzt wahrscheinlich eh nicht mehr…
 

Als eine Stunde später die ersten Leute kamen, wünschte er sich, er wäre einfach weggelaufen, doch nun war es wohl tatsächlich zu spät.

David und Janis übernahmen es, die Ankommenden zu Begrüßen, so dass er – noch immer mit Finn auf dem Schoß – in Ruhe auf der Couch sitzen konnte. Nun, wenn man von Ruhe sprechen konnte. Die ganze Situation in der er hier steckte, gefiel ihm ganz und gar nicht und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Leider wusste er auch nicht, wie er da wieder rauskommen konnte.

Finn mautzte ungeduldig, da Luka aufgehört hatte, ihn zu streicheln. Der Junge seufzte und fuhr fort, den Kater hinter den Ohren zu kraulen. „Was mach ich hier eigentlich, Finn?“, murmelte er leise. Er seufzte und sah vorsichtig auf, um zu sehen, wie viele Leute mittlerweile bereits gekommen waren. „Ich glaub, ich kann das nicht…“ Luka atmete tief durch und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Diesen plötzlichen Verlust der Aufmerksamkeit quittierte Finn mit einem unwilligen Mautzen und er sprang vom Schoß des Jungen. „Finn!“ Luka fuhr hoch und lief der Katze hinterher. „Bleib stehen!“

Janis lächelte einem kleinen Mädchen zu, dem er gerade ein Sitzkissen gereicht hatte und folgte Luka dann mit dem Blick, als dieser gerade durch die bereits nicht mehr kleine Menschenmenge rannte, um seinen Kater wieder einzufangen. „Ähm… bedienen Sie sich selber.“, sagte er zu dem Mann, der vor ihm stand und folgte Luka dann. „Warte, ich helf dir!“

Zwei Mädchen die gerade ankamen, beobachteten die Szene kichernd und als Luka an ihnen vorbei kam, lachten sie laut los. Der Junge blieb stehen und starrte die beiden erschrocken an, blickte sich dann um und sah um sich herum nur grinsende Gesichter.

‚Oh nein… du hast dich schon wieder total blamiert…‘ Er spürte, wie ihm plötzlich wärmer wurde und seine Atmung beschleunigte sich, während er von einem Anwesenden zum anderen sah.

„Luka…“ David war zu ihm getreten und sah ihn besorgt an.

Der Junge sah auf und schüttelte den Kopf. Dann wirbelte er herum und lief Richtung Treppe davon.

„Ich hab ihn!“, rief Janis und erhob sich mit dem Kater im Arm. „Luka-“ Er brach ab, da er den Jungen nirgendwo entdecken konnte. „Wo ist er hin?“, fragte er, als er David erreicht hatte. „Ist was passiert?“

„Ich glaube, es war ihm peinlich.“, meinte David. „Ich… such ihn besser. Die Lesung beginnt gleich.“

Janis nickte. „Vielleicht hat er sich im Klo eingeschlossen.“ Als David ihn fragend ansah, grinste er. „Das hat er schon mal gemacht.“ Er wandte sich zu den Anwesenden um, welche die ganze Szene etwas verwirrt beobachtet hatten. „In Ordnung… Wer von euch möchte Lukas Katze kennen lernen?“

„Ja!!!“ Die meisten Kinder sprangen von ihrem Sitzkissen auf und liefen zu ihm, um Finn zu streicheln. Auch wenn der Kater es nicht mochte, von so vielen Händen gleichzeitig angefasst zu werden, versuchte er doch, es ruhig zu ertragen. Was tat man nicht alles für seinen Menschen?
 

Auch wenn er es zuerst für einen Witz gehalten hatte, ging David tatsächlich als erstes zu den Toiletten, um dort nach dem Jungen zu sehen. Irgendwo musste er anfangen und obwohl er den Kleinen schon seit vielen Jahren kannte, hatte er das Gefühl, als wüsste Janis inzwischen mehr über Lukas Eigenarten, als er.

Er betrat den gefliesten Raum und sah sich nach einer Spur von dem Jungen um. ‚Was soll er schon für eine Spur hinterlassen haben? Also manchmal bist du wirklich ein Trottel…‘ Da er niemanden entdecken konnte, ging er zu den Toiletten und eine der Kabinen war tatsächlich abgeschlossen. Auch wenn man das eigentlich nicht tat, ging David davor in die Hocke, um zu sehen, wer drin war. „Luka?“

Der Junge presste sich mit dem Rücken an die geflieste Wand und schloss die Hände zu Fäusten. ‚Ich bin nicht hier, ich bin nicht hier… geh und such wo anders…‘ Wieso hatte er sich von den beiden zu dieser Tour überreden lassen? Wieso hatte er sein Haus verlassen? Das brachte nur Probleme. Sein Leben war bisher vollkommen ruhig und sicher verlaufen… bis zu dem Tag, an dem Janis neben ihm eingezogen ist, war alles in bester Ordnung gewesen.

Pedro hatte ihm einmal die Woche seinen Einkauf vorbei gebracht… na gut, vielleicht auch nur alle zwei Wochen… David hatte sich, wenn es hoch kam, einmal im Monat nach ihm erkundigt, seinen Vater hatte er seit seinem Auszug nie gesehen und auch nie gehört… seine Schwester hatte nicht gewusst, wo er wohnte… die einzige Gesellschaft, die er hatte, war Finn… Er war nicht einmal auf die Straße oder in seinen Garten gegangen… Janis hatte sein ganzes Leben vollkommen durcheinander gebracht…

„Luka.“ David stand wieder auf und klopfte sich seine Hosen ab, obwohl kein Staub auf dem Boden gewesen war. „Ich weiß, wie deine Schuhe aussehen.“

Der Junge ließ den Kopf hängen. ‚Verdammt…‘

„Du musst nicht mit mir reden, wenn du nicht möchtest.“, meinte David. „Aber hör mir bitte zu.“

Luka zögerte kurz und nickte schließlich, obwohl der Andere vor der Tür dies natürlich nicht sehen konnte.

Da er keine Antwort bekam, nahm er an, dass Luka nichts dagegen hatte, ihm zuzuhören. „Weißt du… sein Haus zu verlassen kann ziemlich gefährlich sein. Wenn du deinen Füßen erlaubst, auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen, weißt du nie, wo sie dich vielleicht hintragen.“

„Wer…“ Luka ließ sich an der Wand zu Boden sinken und zog die Beine an. „Wer hat das gesagt?“ Aus irgendeinem Grund kam ihm dieser Satz bekannt vor, doch er konnte sich nicht wirklich daran erinnern, woher er ihn kannte.

David lehnte sich lächelnd gegen die Tür der zweiten Toilette. „Der weise Magier Gandalf aus Herr der Ringe.“

„Oh…“ Irgendwie hatte er gehofft, es wäre eine wirkliche Person mit richtiger Erfahrung gewesen. Hätte es ihn dann beruhigt? Nein, wahrscheinlich nicht.

„Du klingst enttäuscht.“, stellte David fest. „Weißt du was das Problem dabei ist, sein eigenes Haus niemals zu verlassen?“ Er erhielt keine Antwort, hatte aber auch nicht wirklich damit gerechnet. „Wenn du immer nur zu Hause bleibst, kannst du nicht verletzt werden, nicht wahr? Aber… du verpasst auch alles, was draußen vor sich geht. Die Welt außerhalb deiner vier Wände ist vielleicht nicht immer schön und auch nicht immer angenehm, aber ich denke, sie ist es wert, in ihr zu leben.“

Luka schüttelte den Kopf und schlang die Arme um seine Beine. „Man wird… auch zu Hause verletzt…“
 

„Wann kommt Luka Seidel denn?“, fragte ein kleiner Junge, der gerade Finn auf dem Schoß hatte.

„Die Lesung hätte schon vor zehn Minuten beginnen sollen.“, meinte sein Vater, zumindest hielt Janis ihn für den Vater des Kindes.

„Ja ähm Luka… er hat sich nicht so gut gefühlt.“, antwortete er zögernd und fuhr sich durch die Haare. Wenn David nicht bald mit dem Jungen zurück kam, würde es hier bald Probleme geben.

„Er sah aber noch ganz gut aus, als er das Tier verfolgt hat.“ Eines der Mädchen die wegen Lukas Katzenjagd gelacht und ihn damit verschreckt hatte, deutete auf Finn. Der fauchte, schüttelte den Kopf und kuschelte sich dann wieder in den Schoß des kleinen Jungen.

Janis lächelte. Diese Katze war durchaus einzigartig. „Ich weiß nicht, wann Luka zurückkommt, aber wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich die Lesung machen.“

„Hä? Wieso?“, fragte das Mädchen und strich sich verwirrt eine blonde Strähne aus dem Gesicht. „Wieso sollten Sie das tun? Wir sind wegen Luka Seidel hier, nicht wegen Ihnen. Wer… wer sind Sie überhaupt?“

„Dummkopf…“ Das andere Mädchen hielt ihrer Freundin den Mund zu. „Das ist Kevin J. Keller.“

„Wer?“ Der kleine Junge hörte auf Finn zu kraulen und sah Janis jetzt interessiert an.

„Kevin Keller. Er ist auch Autor, schreibt ebenfalls Fantasy, genau so wie Luka.“, antwortete das Mädchen.

„Dann ist er die Konkurrenz?“, fragte die Blonde. „Von ihm will ich nicht vorgelesen bekommen.

Janis lachte. „Konkurrenz? So hab ich uns noch nie gesehen.“ Er setzte sich auf die Couch und griff nach dem Buch, das David bereits für die Lesung bereit gelegt hatte. „Nein… Luka und ich sind Freunde und ich bewundere ihn als Schriftsteller sehr. Also.“ Er schlug die erste Seite auf und lächelte die Kinder an, die direkt vor ihm saßen. Es waren nur wenige Erwachsene da, vor allem aber Jugendliche. „Soll ich euch jetzt etwas Lesen, oder nicht?“

„JA!!!“, riefen die Kinder in der ersten Reihe, die etwas Älteren hinter ihnen nickten nur.

„Okay…“ Janis senkte den Blick und das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. Verdutzt starrte er auf die unerwartete Widmung. Für meinen guten Freund Janis. Er lächelte leicht. Beinahe sah er Luka vor sich, an seinem Schreibtisch sitzend und stundenlang an diesem einen Satz überlegend. „In Ordnung.“ Schnell blätterte er die Seite um und begann zu lesen.
 

Ende Kapitel 18
 

So, das war’s. Ich hoffe es hat euch gefallen.^^

Ich wünsch euch ne schöne Woche und ich werd zusehen, dass ich bis nächsten Sonntag das nächste Kapitel schreibe.^^

Bis dahin

u-chan^^

Lustig ist das Autorenleben

Hallöchen^^ ich hab grad gute Laune, auch wenn ich Hunger hab. Oh und der Eismann kommt grade… Na egal… Ich hab das Kapitel grad fertig gekriegt. Es ist ein wenig kürzer als sonst, aber es hat n schönes Ende.

So… ohne viel Vorgerede –auch weil ich was essen gehen will^^ - geht’s jetzt los. Viel Spaß beim Lesen.
 

19. Lustig ist das Autorenleben
 

David führte Luka die letzte Treppenstufe hoch und einige Schritte in den Raum hinein, dann blieb er stehen und beugte sich ein wenig zu dem Jungen hinunter, um ihm ins Ohr flüstern zu können. „Und jetzt mach die Augen auf.“

Der Kleinere tat dies und das Erste, was er sah – besser gesagt, wen er sah –, war Janis, der mit einem Buch in der Hand auf dem Sofa saß und daraus vorlas. Dann erst nahm er die anderen Anwesenden wahr, die gekommen waren, um sich aus seinem neuen Buch vorlesen zu lassen. Die meisten von ihnen schienen nicht viel jünger zu sein, als er selbst, einige Kinder waren gekommen und nur wenige Erwachsene standen am Rand und hörten zu, was Janis erzählte.

„Und? Denkst du, dass du zu ihm gehen kannst?“, fragte David leise.

Luka atmete tief ein und hielt für einige Sekunden die Luft an. Als er sie schließlich wieder entweichen ließ, nickte er. Langsam machte er den ersten Schritt auf die Couch zu, dann den zweiten und als er endlich ohne zu zögern einen Fuß vor den anderen setzte, nahm David seine Hand vom Rücken des Jungen.

Janis hörte auf zu lesen, als er leise Schritte näher kommen hörte. Er hob den Kopf und erkannte – unweit der im Halbkreis auf dem Boden sitzenden Zuhörer – David und Luka. Er lächelte den Jungen an und winkte ihm zu.

„Macht mal bitte ein wenig Platz, wir kriegen Besuch.“, meinte er und wedelte mit der Hand in Richtung der Jugendlichen, die sich auch sofort umwandten, um zu sehen, wer da kam. „Wenn ich vorstellen darf: Luka Seidel.“

Die Anwesenden machten sofort bereitwillig einen Weg frei, in dem sie aufstanden und einen Schritt zur Seite traten. Sie begrüßten den Autor mit einem durchaus als stürmisch zu bezeichnenden Applaus, was dem Jungen sichtlich peinlich war.

Er lächelte schüchtern, als er zwischen den Anwesenden hindurch ging und sich schließlich auf das Sofa sinken ließ.

„Jetzt wo er hier ist, könnt ihr ihm auch Fragen stellen.“, meinte Janis grinsend. Er drückte Luka das Buch in die Hand und lehnte sich zurück. Seine Arbeit hier war getan… hoffte er jedenfalls.

Das blonde Mädchen, das vor einer Weile die Probleme mit Luka überhaupt erst verursacht hatte, hob die Hand, wartete aber erst gar nicht darauf, dass ihr das Wort erteilt wurde, sondern redete sofort los. „Sind Sie beide wirklich Freunde?“

Luka sah sie verwirrt an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Was war das denn für eine Frage? Hatte Janis ihnen irgendetwas Seltsames erzählt?

„Der Typ da hat das gerade behauptet.“, erklärte die Blonde. „Siehst du, ich hab doch gesagt, er hat gelogen.

„Nein, wir sind Freunde.“, antwortete Luka. Was interessierte das Mädchen denn daran, ob er ein Freund von Janis war, oder nicht?

„Du hast es grade zum ersten Mal selber gesagt, weißt du das?“, flüsterte Janis grinsend.

Luka nickte und lächelte vorsichtig. Ja das hatte er wohl.
 

Nachdem die Lesung mit einigen Problemen begonnen hatte, beendete Luka sie sehr professionell und auch die Signierstunde verlief glücklicherweise ohne weitere Schwierigkeiten und sie konnten relativ pünktlich zur nächsten Stadt weiterfahren.

Als die drei am Abend in ihrem Hotel eincheckten, gab es noch ein kleineres Missverständnis auf Grund der Katze, aber David versicherte Luka, dass er es klären würde und schickte den Jungen gemeinsam mit Janis auf ihr Zimmer.

Janis ließ sich sofort rücklings auf sein Bett fallen, während Luka neben der Tragebox in die Hocke ging und Finn daraus befreite.

„Hey… den kriegen wir da morgen nie wieder rein.“, beschwerte sich Janis. „Den fängst du ein.“

Luka nickte und hob Finn vom Boden hoch. „Aber ich kann ihn da nicht die ganze Nacht drin lassen. Das Ding gefällt ihm gar nicht.“ Er drückte den Kater an sich und kraulte ihn hinter den Ohren.

„Es würde mir sicher auch nicht gefallen, in so einer kleinen Kiste eingesperrt zu sein, aber trotzdem…“ Janis gähnte. „Was hältst du von Abendbrot?“

„Aber David hat doch gesagt, wir sollen ins Zimmer gehen.“, antwortete Luka. Er ließ Finn auf das zweite Bett springen und setzte sich dann auf einen der beiden Stühle.

„Schon. Aber er hat nicht gesagt, dass wir hier warten sollen.“, meinte Janis.

Luka senkte den Kopf. „Ich weiß nicht…“

„Wir können ihm ja Bescheid sagen.“, lenkte Janis ein. „Wenn er nicht auf seinem Zimmer ist, streitet er bestimmt noch mit der Frau an der Rezeption. Also komm schon. Essen ist wichtig.“

Das mochte vielleicht tatsächlich so sein, aber in einem Hotel hieß essen immer, in einem Restaurant mit zig anderen zu sitzen, die einem alle dabei zusehen konnten.

Ein Klopfen an der Tür nahm ihm die Entscheidung auf, da im nächsten Moment David mit einem breiten Grinsen ins Zimmer trat. „Okay… das mit Finn geht klar. Die Mitarbeiter waren nur nicht richtig informiert. Also, was haltet ihr davon, etwas essen zu gehen?“

Janis nickte sofort zustimmend und Luka seufzte. Anscheinend war er überstimmt worden. Egal was er jetzt sagen würde, die anderen beiden würden ihn im Endeffekt doch einfach hinter sich her schleifen.
 

Der nächste Tag begann verregnet, was sofort die Stimmung etwas trübte. Doch Janis Katzeneinfangaktion brachte diesmal selbst Luka zum Grinsen, vor allem als Finn am Ende einfach auf den Schoß seines Besitzers sprang und sich von diesem in der Box einschließen ließ.

„Diese Katze… der Kleine hat was gegen mich.“, meinte Janis, während er sich seine Jacke überzog. „Morgen fängst du ihn ein.“

„Das… haben Sie schon gestern gesagt.“, meinte Luka noch immer grinsend.

Auch Finn mautzte zustimmend. Das hatte er tatsächlich.

Janis runzelte die Stirn. „Also ganz ehrlich Luka… dein Kater ist ein klein wenig unheimlich…“

„Ja ich weiß. Er hat mich inspiriert, als ich beim Schreiben einfach nicht weiter gekommen bin.“ Luka lächelte und hob die Tragebox vom Boden. „Durch ihn ist das Pferd entstanden…“ Er verzog das Gesicht. Irgendwie war es doch etwas peinlich, dass seine Katze ihn zu so etwas inspiriert hatte.

„Das Pferd? Oh… das, das den Prinzen verstehen kann?“, fragte Janis. „Cool…“

Luka lächelte unsicher. „Wir… ähm… sollten vielleicht gehen.“

„Oha.“ Janis grinste. „Heut willst du freiwillig gehen? Na dann mal los. Gehen wir David einsammeln.“

Luka nickte langsam. Es war nicht unbedingt so, dass er unbedingt zur Lesung wollte. Eigentlich war es ihm nur um den Themenwechsel gegangen.
 

Der zweite Tag der Promo- Tour verlief ohne größere Zwischenfälle. Luka zog die Lesung durch, ohne sich im Klo einzuschließen, oder sonst irgendwie wegzulaufen und das Erfolgserlebnis sah man ihm am Abend auch deutlich an. Er strahlte übers ganze Gesicht.

„Und? War gut heute?“, fragte David, der sich im zweiten Hotel das Zimmer mit Luka teilte.

Der fröhliche Gesichtsausdruck verschwand, während Luka langsam nickte. „Ahm… nicht so schlimm, wie ich dachte…“

David lachte. „Nicht so schlimm? Das ist eine ganz schöne Untertreibung. Du hast das heute wirklich sehr gut gemacht.“

Der Junge lächelte vorsichtig und senkte den Blick. „F-findest du?“

„Und wie.“, meinte David. „Nur noch zwei Tage und dann hast du es hinter dir, weißt du das?“

Luka nickte. „Ja… und… ich meine ich muss zugeben, irgendwie… macht es ja schon Spaß aber… ich freu mich auch sehr darauf, wieder… wieder nach Hause zu kommen.“

„Ah, das geht jedem so.“ David legte seine Jacke über die Stuhllehne und trat dann zu Luka, griff nach der Hand des Jungen und zog ihn auf die Füße, da der Kleine bisher auf seinem Bett gesessen hatte. „Los, wir holen Janis und gehen etwas essen.“

„Du…“ Luka rührte sich keinen Schritt, obwohl David ihn eigentlich hinter sich hergezogen hatte. „Ich… ich mag nicht unter… bei so vielen Leuten… essen…“

„Aber gestern hast du das doch auch schon gemacht.“, meinte David. Sicher hatte er am vergangenen Abend bereits gemerkt, dass es Luka unangenehm war, im Restaurant des Hotels zu essen, aber der Junge hatte sich trotzdem ziemlich gut geschlagen.

„Ja schon, aber…“

Luka wurde davon unterbrochen, das die Tür aufflog und Janis ins Zimmer trat. „Kommt schon Leute, ich bin am verhungern. Gehen wir was essen.“

„Er will nicht.“ David deutete auf den Jungen, der ein Stück hinter ihm stand. Vielleicht würde Janis es ja schaffen, den Kleinen ins Restaurant zu befördern.

„Was soll das denn heißen? Du musst doch essen.“ Janis trat zu Luka und griff nach seiner Hand. „Na los, raus mit dir. Hier oben gibt’s kein Abendbrot.“

„Aber… es gibt doch Zimmerservice…“, wandte Luka ein.

„Heute nicht.“, meinte Janis. „Die haben alle frei. Raus jetzt mit dir.“

Luka stolperte ein paar Schritte in Richtung Tür, da sein Nachbar ihn geschubst hatte. Er wollte nicht im Restaurant essen, aber er war sich ziemlich sicher, dass Janis ihn nicht einfach hier oben lassen würde. Bis gerade eben hatte er noch gedacht, dass diese Tour Spaß machen würde, aber bei all den anderen Leuten zu essen, wäre ganz sicher nicht lustig.
 

Die Tour ging ohne größere Probleme zu Ende und zwei Tage später waren alle wieder zu Hause. Es war schwer auszumachen, wer sich mehr freute, Luka oder Finn. Der Kater stürmte sofort einmal durchs ganze Haus, nachdem der Junge ihn aus der Box herausgelassen hatte, Luka ließ sich im Wohnzimmer auf die Couch sinken und blieb dort eine Stunde lang vor sich hin lächelnd sitzen.

Er war wirklich froh, dass alles vorbei war und er jetzt wieder seine Ruhe haben würde, auch wenn er zugeben musste, dass ihm die Tour tatsächlich wider erwarten Spaß gemacht hatte.

So viele Leute waren gekommen, um etwas über sein neues Buch zu hören und sich ihre Ausgaben von ihm signieren zu lassen. Er hatte zwar erwartet, dass einige kommen würde – nach der kleinen Internetrecherche mit Janis wusste er ja, mit wie vielen Auflagen seine Bücher verlegt wurden – aber er hatte nicht damit gerechnet, dass er so gut mit den ganzen Leuten zu Recht kommen würde.

Luka stand auf und streckte sich. ‚Genug auf dem Sofa herumgesessen…‘ Jetzt würde er sich erst einmal einen Tee machen und währenddessen konnte er sich ja mal die Zeitungen anschauen, die er beim hereinkommen aufgesammelt hatte und die sich jetzt auf seinem Flurtisch stapelten.
 

Als Janis die Haustür aufschloss, wurde er im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen. Molly hatte ihn bereits gehört, als er auf das Haus zu gekommen war und hatte ihn angesprungen, bevor er einen Fuß in den Flur hatte setzen können. Der Mann hatte alle Mühe damit, die Hündin davon abzuhalten, ihm das Gesicht abzuschlecken.

„Oh Sie sind wieder da.“ Marlene stand über ihm und sah lächelnd zu ihm hinunter. „Ihr Hund hat Sie vermisst.“

„Ja das merk ich…“ Janis schon das Tier mit aller Kraft von sich und richtete sich auf. „Molly, Schluss jetzt. Ich bin ja wieder da…“ Die Hündin bellte einmal glücklich, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und trottete ins Haus zurück. Janis sah ihr kopfschüttelnd hinterher, dann wandte er sich zu seiner Nachbarin um. „Vielen Dank, dass Sie sich um Molly gekümmert haben. Ich habe wirklich nicht gewusst, was ich mit ihr machen soll.“

„Aber nicht doch, das ist doch selbstverständlich. Und sie ist so ein liebes Tier.“, antwortete Marlene mit dem für sie typischen Lächeln, das scheinbar nie aus ihrem Gesicht verschwand.

„Gab es irgendwelche Probleme?“, fragte Janis.

„Nein. Wie gesagt, sie ist so ein lieber Hund.“, meinte Marlene. „Hier, Ihr Schlüssel. Ich wollte ihn nur eben zurück bringen, als ich gesehen habe, dass Sie wieder da sind. Die Kartoffeln stehen auf dem Herd, ich muss zurück.“

„Ah… ja, danke.“ Janis nahm den Schlüssel entgegen und sofort wandte Marlene sich ab und ging zu ihrem Haus auf der anderen Straßenseite. In der Tür drehte sie sich noch einmal um und winkte Janis zu.

Er winkte zurück, dann trat er in sein Haus und schloss die Tür hinter sich. So nett Marlene auch war… dass sie immer wusste, wer wann wo war, konnte einen schon etwas nervös machen.
 

Luka saß mit einer dampfenden Tasse Pfefferminztee an seinem Küchentisch und griff nach der nächsten Zeitung. Ein Blick auf das Datum sagte ihm, dass sie vom zweiten Tag seiner Tour stammte.

Auf dem Titelblatt stand wie immer nur unwichtiger Blödsinn, der niemanden interessierte – zumindest empfand Luka das so.

Er nahm einen vorsichtigen Schluck aus seiner Tasse, aber der Tee war noch zu heiß, um ihn trinken zu können. „Drei Bäume an der Straßenkreuzung gefällt… Also ehrlich. Die Zeitung hat auch wirklich nichts zu berichten. Eine halbe Seite über gefällte Bäume zu schreiben…“ Luka blätterte um und erstarrte, als er das Bild sah, was sich auf der Mitte der Seite befand. Sein Blick wanderte langsam zur Überschrift des Artikels und als er die Worte las, stockte ihm der Atem.
 

Kevin J. Keller übernimmt die Buchlesung von Luka Seidel.
 

Er starrte noch einen Moment auf die Überschrift, dann sah er sich wieder das Bild darunter an. Darauf war Janis zu sehen, der mit Lukas Buch in der Hand auf einer Couch saß.

Mit einem dumpfen Geräusch fiel die Zeitung auf den Tisch. Die Lippen des Jungen formten stumm den Namen seines Lieblingsautors und dann den seines Nachbarn.
 

Ende Kapitel 19
 

So, das wars Kapitel vorbei. Nächstes Mal wird’s richtig spannend.^^ Na ja… zumindest sicher etwas schwierig für Luka. Also dann Leute ich hoffe es hat euch gefallen. Ich sag jetzt auf Wiedersehen, bis nächste Woche und geh was essen.

Bye Bye

u-chan

Kevin J. Keller

Hallo Leute, letzte Woche hab ich das Kapitel leider nicht geschafft, da wär nämlich so ne Hausarbeit, die geschrieben werden wollte. Aber die ist jetzt fertig, fehlen nur noch… zwei glaub ich.^^‘ Na ja das Semester geht dem Ende zu.

Okay kann’s los gehen? Na bestimmt.^^
 

20. Kevin J. Keller
 

Sein Telefon klingelte bereits zum fünften Mal, als er es endliche erreichte und abnahm. Bevor er irgendetwas zur Begrüßung sagen konnte, redete sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung bereits los.

„Wir haben ein Problem.“

Moment, war das David? Es war nicht seine Art, einfach loszureden, ohne sich vorher vorzustellen. „David?“ Der Verleger musste ziemlich aufgeregt sein.

„Du stehst in der Zeitung.“, meinte David. „Er weiß doch nicht, wer du bist, nicht wahr?“

„Ähm… nein, ich hielt es für besser wenn-“

„Nun, jetzt weiß er es.“, unterbrach David ihn.

„Was?“ Janis sah sich erschrocken um, als könnte Luka in seinem Flur stehen und es so herausgefunden haben. „Was meinst du? Woher…?“

David seufzte. „Du stehst in der Zeitung… ich hatte ganz vergessen, dass sich die Presse am ersten Tag angekündigt hatte…“

„Du meinst… als Luka sich in der Toilette eingeschlossen hat?“, fragte Janis.

„Ja… in der Zeitung ist ein ziemlich langer Artikel darüber, dass du Lukas Lesung an dem Tag übernommen hast.“

„Oh verdammt…“ Janis schloss die Augen und fuhr sich durch die Haare. Wenn er es ihm irgendwann selbst gesagt hätte, wäre das für den Jungen sicher schon ein Schock gewesen, aber so? Über die Zeitung? Sie waren seit gestern wieder zu Hause, vermutlich hatte Luka den Artikel bereits gestern gelesen. „Ich geh zu ihm…“ Wenn der Kleine die Zeitung tatsächlich bereits gelesen hatte, war er vermutlich mehr als nur ziemlich verwirrt.

„Wenn er es schon gelesen hat, wird er dir wahrscheinlich nicht aufmachen.“, bemerkte David. „Vielleicht sollte ich auch rüber kommen, dann gehen wir zusammen und-“

„Nein.“ Janis unterbrach David schnell. „Ich glaube, das müssen Luka und ich allein hinkriegen.“ Immerhin war es ihre Freundschaft, die hier auf dem Spiel stand. „Außerdem… hab ich zur Not seinen Schlüssel.“

Auf diese Worte folgte ein gleichmäßiges Tuten, das darauf hinwies, dass Janis aufgelegt hatte. David starrte seinen Telefonhörer verblüfft an. Luka hatte seinem Nachbarn tatsächlich seinen Schlüssel gegeben. Nicht mal er hatte einen und er war mit dem Jungen schon seit dessen Kindheit befreundet.

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.

„Kommen Sie rein.“ Er drückte auf den roten Knopf am Telefon und legte es auf den Tisch.

Ein junger Mann betrat das Büro mit einem unsicheren Lächeln im Gesicht. „Herr Krause ähm… ich soll Ihnen die Zahlen von Luka Seidels Promo- Tour vorbeibringen…“

„Ah ja, danke.“ David nahm den Ordner entgegen, den ihm der junge Angestellte gebracht hatte und schlug die erste Seite auf. „Sie sind neu hier?“

„Äh nein… ich arbeite schon seit einer Weile hier… ähm…“

David sah auf und lächelte. „Ist noch etwas anderes?“

„Ja also… alle sind ziemlich erstaunt darüber, dass Sie Luka Seidel dazu gekriegt haben, auf Tour zu gehen, wo Sie doch immer betont haben, dass er so etwas nicht machen würde. Ähm… Wenn Sie sich die Zahlen ansehen, werden Sie feststellen, dass es eine sehr gute Idee gewesen ist, diese Tour zu machen…“

David lachte. „Haben die anderen Sie vorgeschickt, um mir zu sagen, dass ich eine gute Idee hatte?“

„Ja gewissermaßen… irgendwie.“, antwortete der junge Mann unsicher. „Ich geh dann mal wieder an meine Arbeit…“

David nickte. Er fragte sich manchmal, wie er sich seinen Ruf im Verlag verdient hatte. Manchmal schien es ihm so, als wenn alle Mitarbeitern Angst vor ihm hatten.

Aber es war wohl tatsächlich eine gute Idee gewesen, Luka mit seinem Buch auf Promo- Tour zu schicken, nicht nur wegen der Verkaufszahlen. In den letzten Monaten hatte Luka sich mehr verändert, als dessen Vater jemals mit Therapien bei dem Jungen erreicht hatte. Eigentlich hatte er diese ganze Tour nur angesetzt, um Janis einen Grund zu geben, den Kleinen aus dem Haus zu locken. Und das hatte auch sehr gut funktioniert.

David lehnte sich lächelnd in seinem Sessel zurück und schloss seufzend die Augen. Luka war eindeutig der anstrengendste Autor, den er unter Vertrag hatte, aber er war auch einer der Besten und außerdem ein guter Freund. Und was tat man nicht alles für seine Freunde? Manchmal musste man sie eben auch zu ihrem Glück zwingen.

Der Zeitungsartikel war zwar eigentlich nicht ganz so geplant gewesen – er hatte Luka schon darauf hinweisen sollen, wer Janis war, jedoch eigentlich eher unterschwellig – aber er würde seine Wirkung vermutlich nicht verfehlen.
 

Janis klingelte und atmete dann einmal tief durch. Als niemand reagierte, blinzelte er leicht verwirrt. Er drückte noch einmal auf die Klingel. Wieder keine Reaktion. Na fein, wenn der Kleine es so haben wollte, sollte es so sein. Er holte tief Luft und lehnte sich dann ein Stück Richtung Tür.

„LUKA!!!“, rief er so laut, dass es vermutlich auch der letzte Bewohner am Rand der Vorstadt gehört hatte. „Entweder du machst diese verdammte Tür auf, oder ich mach es selbst. So oder so… ich komme rein und wir reden!“

Vorsichtig lugte Luka um die Ecke. Er stand unsicher auf der Schwelle zwischen Wohnzimmer und Flur und starrte die Haustür an. Janis hatte Recht. Wieso hatte er seinem Nachbarn auch einen Schlüssel gegeben? Verstecken konnte er sich in seinem Haus kaum vor Janis… Kevin… Kevin Janis… Verwirrt schüttelte der Junge den Kopf und ging langsam auf die Tür zu. Das war einfach nicht richtig. Wie konnte Janis sein Lieblingsautor Kevin J. Keller sein? Besser war vielleicht die Frage, wieso er das nicht mitbekommen hatte. Immerhin war der andere Schriftsteller verdammt bekannt und es dürften zigtausend Fotos von ihm im Internet zu finden sein.

Janis musste ihn für einen riesigen Idioten halten, dass er es nicht schon längst herausgefunden hatte. Wieso hatte er es ihm eigentlich nicht gesagt? Wieso hatte er so getan, als wäre er jemand anderes? Oh nein… er hatte seinem Nachbarn erzählt, dass dieser sein Lieblingsautor war.

Luka senkte seufzend den Kopf und griff nach der Türklinke. Am liebsten würde er jetzt weglaufen, aber aus dieser Situation gab es vermutlich kein Entkommen.
 

Die Tür öffnete sich langsam und gab so den Blick auf Luka frei, der mit gesenktem Blick in seinem Flur stand und unsicher vor und zurück wippte – wahrscheinlich unbewusst. Seine Hände hatte er in den tiefen Taschen seines noch immer viel zu weiten Pullis versteckt, die Haare hingen ihm wild ins Gesicht, so dass man ihn eigentlich kaum erkennen konnte.

„Luka…“, begann Janis, unterbrach sich aber selbst, als der Junge wortlos zur Seite trat, um Janis ins Haus zu lassen.

Er führte seinen Nachbarn noch immer schweigend ins Wohnzimmer, wo er sich sofort im Schneidersitz auf den Sessel sinken ließ. Selbst wenn Janis ihn jetzt ansprechen würde, wüsste er nicht, was er ihm sagen sollte. Bisher waren sie Nachbarn gewesen und auch Freunde aber jetzt war die Situation anders. Janis war sein Lieblingsautor, von dem er immer geträumt hatte, ihn einmal zu treffen. Er hatte es aber nie gewagt, sich diesen Wunsch einzugestehen. Wahrscheinlich hätte er so wie so kein Wort heraus gebracht, wenn er ihm gegenüber gestanden hätte. Ganz genau so, wie jetzt eigentlich. Im Großen und Ganzen war dies die Situation, vor der er Angst gehabt hatte. Kevin Keller kennenzulernen und nicht zu wissen, wie er damit umgehen sollte.

Janis beobachtete den Jungen einige Minuten lang schweigend. Schließlich trat er aber zum Sessel und ging vor ihm in die Hocke, um Luka ins Gesicht sehen zu können. Dunkle Ringe unter den Augen des Kleineren wiesen darauf hin, dass er die letzte Nacht schlecht bis gar nicht geschlafen hatte. „Hey.“

Luka sah vorsichtig auf und blinzelte, als er Janis so nah vor sich sah. „Hey.“, flüsterte er.

„Hast du schon was gegessen?“ Sein Nachbar klang wie immer, ein wenig besorgt, aber trotzdem wie immer.

Luka schüttelte langsam den Kopf und senkte dann den Blick wieder. Er konnte Janis nicht in die Augen sehen. Was sollte er ihm sagen? Wie sollte er jetzt mit ihm umgehen?

„Noch nicht? Es ist schon fast Nachmittag!“ Janis stand auf, griff nach den Händen des Kleineren und zog ihn auf die Füße. „Ab mit dir in die Küche.“

Luka starrte seinen Nachbarn einen Augenblick lang erschrocken an, hatte aber gar nicht lange Zeit nachzudenken, da Janis ihn kurzerhand in Richtung Küche schob.

„Setzen.“ Der Größere drückte ihn auf einen Stuhl. „So, was hast du zu essen da?“

Luka blinzelte verwirrt. Etwas an dieser ganzen Situation war falsch, vollkommen falsch. Kevin Keller sollte sich nicht so um ihn kümmern müssen… oder wollen? Luka schloss die Augen und schüttelte den Kopf.

„Das solltest du nicht tun… da wird einem schwindlig.“, meinte Janis belustigt. Er konnte sich ganz gut vorstellen, was sich gerade in Lukas Gedanken abspielte und gerade weil er es konnte, hatte er ihm nicht sagen wollen, wer er wirklich war. Wahrscheinlich wäre er gar nicht an den Jungen herangekommen, wenn dieser von Anfang an gewusst hätte, dass er seinen Lieblingsautor vor sich hatte. „Was hältst du von Spaghetti? Ich bin ein guter Koch aber… Nudeln machen ist ja bekanntlich auch Kochen.“

Luka beobachtete wie sein Nachbar – nein sein großes Vorbild – einige Töpfe aus seinen Schränken holte und auf den Herd stellte. Es war falsch, einfach nicht richtig. Kevin Keller sollte nicht für ihn kochen. Ganz und gar nicht.

Luka biss sich unsicher auf die Unterlippe. ‚Was mach ich denn nur?‘

Janis hatte gerade Wasser in den größeren der beiden Töpfe gefüllt und stellte ihn auf den Herd zurück. Er gab etwas Salz dazu und drehte den Schalter dann auf die Höchste Stufe. Als er gerade nach den Nudeln greifen wollte, hielt Luka ihn mit einem lauten Schrei zurück.

Der Junge klammerte sich an Janis Arm und schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Sie können nicht für mich kochen!“

Janis Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe. „Wenn dir das so wichtig ist, dann ist Nudeln machen eben doch kein Kochen.“

„Nein… nein… das… d-das meine ich n-nicht. Sie… S-Sie b-brauchen sich doch nicht um m-mich… zu kümmern. Sie sind… K-K-Kevin Keller…“

Luka war eindeutig mehr als nur ein bisschen nervös. So stark hatte Janis ihn noch niemals Stottern gehört. Vorsichtig zog er seinen Arm aus Lukas griff und legte dem Jungen dann die Hände auf die Schultern.

Der Kleine stand wieder mit gesenktem Kopf vor ihm. Wieso hatte er das gerade getan? Nach einer Kurzschlussreaktion zu handeln, sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Vielleicht sollte er sich bei Kevin Keller entschuldigen. „Ich ähm… ich… es…“

„Luka.“ Janis beugte sich ein Stück zu dem Jungen herunter. „Ich weiß, ich hätte dir sagen sollen, wer ich bin. Aber ich hatte genau vor dieser Reaktion von dir Angst.“

Angst? Luka sah auf. Kevin Keller hatte Angst gehabt?

„Ich bin immer noch dein Nachbar und vor allem Freund. Ein Name ändert nichts daran, weißt du? Es ist egal, ob ich Janis, Kevin oder meinetwegen Paul heiße.“, versuchte er dem Kleineren zu erklären.

„Aber Sie… Sie verstehen nicht Sie…“ Luka suchte nach den richtigen Worten. „Sie sind mein Vorbild, verstehen Sie? Ihre Bücher sind so… unglaublich… gut geschrieben und ich… ich wollte immer so… so schreiben können, wie… Sie…“ Er griff sich mit der Hand an die Stirn und stöhnte. Jetzt hatte er es sicher versaut. Einem anderen Menschen zu sagen, dass man so von ihm dachte, konnte nicht gut sein.

„Das Gleiche gilt für mich.“

Luka sah erstaunt auf und starrte seinen Nachbarn mit offenem Mund erstaunt an. „Ha?“

Janis lächelte. „Du bist auch mein Lieblingsautor. Die Phantasie, die du hast, ist unglaublich und ich gebe zu, manchmal habe ich dich darum beneidet. Als ich gehört habe, wer du bist, wollte ich dich unbedingt kennen lernen doch inzwischen… ist es mir egal, ob du Luka Seidel bist, du könntest genauso gut irgendein Junge sein, der zufällig neben mir wohnt und den niemand außer mir kennt. Ich wäre trotzdem dein Freund, weil ich dich deiner Selbst wegen mag und nicht, weil du zufällig mein Lieblingsautor bist.“

Luka starrte den anderen noch immer mit großen Augen an. Er spürte, wie ihm eine erste einsame Träne über die Wange rann, während Janis ihn noch immer anlächelte. Ohne darüber nachzudenken was er tat, trat er einen Schritt auf deinen Nachbarn zu und lief sich gegen ihn fallen.

Janis fing den Jungen auf und schloss seine Arme um ihn. Während der Kleinere in sein Hemd weinte, lächelte er noch immer. Jetzt war es raus, das Geheimnis, dass er fast vier Monate mit sich herumgetragen hatte.
 

Nachdem Luka sich wieder beruhigt hatte, konnte Janis endlich die Nudeln kochen und dem Jungen etwas zu Essen geben. Zwar hatten sie sich jetzt ausgesprochen, doch vermutete er, dass es die nächste Zeit trotzdem erst einmal schwer werden würde, mit dem Kleinen umzugehen. Besser gesagt würde es für Luka schwierig sein, mit ihm zu reden. Aber das würde sich sicher mit der Zeit wieder einrenken.

Janis hatte im Moment auch ganz andere Probleme, über die er nachdenken musste.

Die ganze Situation war ein wenig verdächtig. Lukas Promo- Tour, der Zeitungsartikel über Janis. Tatsächlich gab es nur einen Ort, an dem das alles hätte geplant werden können und theoretisch auch nur einen Menschen, der dahinter stecken konnte, auch wenn dieser erklärt hatte, dass er keine Schuld an der Sache hatte.

Es gab auch nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob sein Verdacht begründet war, oder nicht. Er musste David an dessen Arbeitslatz besuchen. Und zwar ohne sich vorher anzukünden.
 

Das Verlagsgebäude war um einiges größer, als er erwartet hatte und das obwohl David ihm erzählt hatte, dass sie sich vergrößert hatten. Aber er hatte kein Glasgebäude mit bestimmt fünfzehn Stockwerken erwarten. Gut, dem Verlag gehörten davon nur zwei Etagen, aber trotzdem war er um ein vielfaches größer, als noch vor wenigen Monaten.

„Vergrößert ist gut…“, murmelte Janis. „Es gab mal eine Zeit, da hatte David nicht mal ein eigenes Büro.“ Ein leises Pling sagte ihm, dass er in der richtigen Etage angekommen war und kurz darauf öffneten sich auch die Türen des Aufzuges.

Ein geschäftiges Treiben erwartete ihn. Überall in diesem Korridor rannten junge Leute mit Papierstapeln im Arm herum und dass niemand mit irgendwem zusammenstieß, kam einem kleineren Wunder gleich.

Janis sah sich kurz um und ging dann auf einen der wenigen Leute zu, die keine Papiere durch den Gang balancierten. „Entschuldigung?“

„Äh… kann ich Ihnen irgendwie… helfen?“, fragte der junge Mann perplex. Er hatte eindeutig nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden.

„Das hoffe ich doch.“ Janis lächelte. „Ich bin ein Freund von David Krause und habe gehofft, dass Sie mir vielleicht sagen könnten, wo ich ihn finde.“

„Äh ja… wa-wahrscheinlich in seinem Büro…“, antwortete sein Gegenüber nervös.

Janis wartete darauf, dass der andere ihm sagte, wo er hingehen müsste, doch er redete nicht weiter. „Und wo ist das?“, fragte er deshalb schließlich.

„Äh oh ja… äh… Entschuldigung ähm… Sie müssen in diese Richtung gehen. Nummer 506.“

„Danke.“ Janis lächelte den nervös wirkenden jungen Mann noch einmal freundlich an und machte sich dann auf die Suche nach dem richtigen Raum. „506… 506… okay… 500… 502… 504… hier, 506. David Krause… das gibt’s doch nicht.“ Unter dem Namen des Verlegers stand in großen dicken schwarzen Buchstaben das Wort: Präsident. „Ich glaub ich spinne.“ Janis schüttelte den Kopf und klopfte an die Tür.

„Herein.“

Janis öffnete die Tür und trat in das Büro. David saß hinter seinem Schreibtisch, den Blick auf sehr wichtig aussehenden Papierkram gerichtet. „So so… der Verlag hat also eine neue Führungsebene… bestehend aus… dir?“

David sah auf und starrte Janis erschrocken an. „Was machst du denn hier?“

„Ich dachte mir, ich besuch mal den netten Herren, der hier das Sagen hat. So wie es aussieht, bist das wohl du.“

David lachte nervös und fuhr sich durch die Haare. „Ja so wie’s aussieht… weiß Luka Bescheid?“

„Nein.“ Janis schloss die Tür hinter sich. „Er hat heute schon einen Schock gekriegt, der für die nächsten fünf Monate ausreichen dürfte.“

„Gut…“ David seufzte. „Setz dich doch.“
 

Ende Kapitel 20
 

So das war’s. Ich hoffe es hat euch gefallen.

Die Geschichte geht langsam ihrem Ende zu, aber keine Sorge, ein paar Kapitel kommen schon noch. Das eine oder andere muss ja schließlich auch noch geklärt werden.^^

So ich wünsche euch eine schöne Woche. Bis nächsten Sonntag.

Liebe Grüße

u-chan

Mut

Hallo Leute,

wisst ihr wie das mit Geschichten ist, die gewissermaßen ihr Eigenleben entwickeln? Ich hab‘s noch nicht erwartet, aber das hier ist das letzte Kapitel. Das überrascht mich wahrscheinlich genauso wie euch, aber irgendwie… hat die Geschichte den richtigen Abschluss von selbst gefunden.

Ich wünsch euch jetzt viel Spaß mit dem letzten Kapitel von der Geschichte über Janis und Luka.
 


 

21. Mut
 

Als Janis am nächsten Tag aus dem Fenster schaute, sah er genau das, was er gehofft hatte, niemals wieder zu sehen. Ein ungewohnter Krach hatte ihn bereits eine Stunde zu früh aus dem Schlaf gerissen, weshalb er so wie so bereits schlecht gelaunt war und nun musste er auch noch mit ansehen, dass die Menschenmassen – von denen er im übrigen niemals geglaubt hatte, dass sie überhaupt in dieses kleine Dorf passen würden – immer größer wurden.

Schnell ließ Janis die Hand sinken und die Gardine fiel wieder vors Fenster, versperrte die Sicht nach drinnen und nach draußen.

„Na wunderbar…“ Er seufzte und ging in die Küche, um sich seinen Morgenkaffee zu machen. Mit seinem Umzug in dieses kleine abgelegene Dorf – das eigentlich eine Vorstadt war – hatte er gehofft, nie wieder in eine solche Situation zu kommen. Wenn seine Fans bisher vor seinem Haus gewartet hatten, war das nie so sehr aufgefallen, das taten Jugendliche in Großstädten schon mal, aber hier…? Sie fielen doch sofort auf, wie eine Schneeflocke im Hochsommer.

Janis seufzte wieder. Was sollte er jetzt tun? Er könnte die Polizei rufen, aber wahrscheinlich würden seine Fans ihm das übel nehmen und nachher las keiner mehr seine Bücher. Aber… er konnte sie auch schlecht da draußen lassen. Seinen Nachbarn würde das vermutlich gar nicht gefallen. Außerdem hatte er Luka gestern Abend noch versprochen, dass er ihn heute besuchen kam. Jetzt konnte er das Haus eher schlecht verlassen.

Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und trank einen Schluck Kaffee. „Tja..“ Leise tapsende Schritte machten ihn darauf aufmerksam, dass er nicht mehr alleine war. „Hey Molly.“, meinte er, ohne aufzusehen. „Was hältst du wieder einmal von einem Umzug?“ Die Hündin stupste ihn am Bein an und knurrte leise. „Nicht viel, was? Ich auch nicht.“

Gedankenverloren begann er, Molly am Kopf zu kraulen, während er weiterhin seinen Kaffee trank. „Aber was haben wir für eine andere Möglichkeit? Sie haben uns wieder einmal gefunden und ich… hab keine Ahnung, wie ich sie wieder loswerden soll… Außerdem werden die anderen sicher bald ziemlich genervt sein.“

Er schreckte auf, als plötzlich etwas mit großer Wucht gegen sein Fenster schlug. Als er sich langsam Umwandte, war er bereits auf so ziemlich alles gefasst, trotzdem erschrak er sichtlich, als er eine Gruppe junger Mädchen – mit Fotoapparaten in den Händen – davor sah, die fröhlich Bilder von ihm machten.

Schnell stand er auf und lief aus der Küche hinaus in den Flur. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Nicht genug, dass sie vor seinem Haus warteten, jetzt gingen sie auch noch drum herum.

Er warf noch einmal schnell einen Blick in die Küche und winkte Molly heran, die noch immer neben dem Tisch hockte und eindeutig keine Ahnung hatte, was hier vor sich ging. Die Mädchen gingen kichernd wieder zu den anderen auf der Straße zurück und sofort wurde großes Geschrei laut, vermutlich, als sie gerade die Bilder seines erschrockenen Gesichtes herumzeigten.

Er musste irgendwie hier raus, ohne dass die Meute vor seiner Haustür etwas davon mitbekam und ihm fiel auf die Schnelle nur eine einzige Möglichkeit ein, dies zu tun.
 

Mit einer dampfenden Tasse Tee in der Hand ging Luka durch den Flur. Da er sein Buch beendet hatte und auch die Promo-Tour hinter ihm lag, würde er sich erst einmal einige Tage frei nehmen, bevor er wieder schrieb. David hatte ihn zwar um eine weitere Kurzgeschichte gebeten, aber einige Tage Urlaub würde er ihm sicher auch gönnen.

Als er beinahe im Wohnzimmer war, klopfte es leise. Er wandte sich verwundert zu seiner Haustür um. Wer klopfte denn bei ihm? Er hatte doch eine Klingel. Oder was diese vielleicht kaputt?

Luka ging einen Schritt auf seine Haustür zu, doch da klopfte es erneut und es schien aus einer anderen Richtung zu kommen. Zögernd drehte er sich um und erstarrte, als er jemanden vor seiner Hintertür stehen sah.

„Luka!“, rief Janis und klopfte noch einmal leicht gegen die Glasscheibe.

Der Junge erwachte aus seiner Starre und warf die Tasse in seinen Händen in einem hohen Bogen von sich, so dass sie gegen eine Wand krachte und ihren Inhalt auf dem Boden verteilte.

„Mach bitte auf.“ Janis lächelte entschuldigend. Jetzt hatte er ihn doch erschreckt. Eigentlich hatte er genau das verhindern wollen.
 

„Wieso genau sind Sie… ähm… durch meinen Garten gekommen?“, fragte Luka, mit einem Gesichtsausdruck, der seine Verwirrung so überdeutlich zeigte, dass Janis unter anderen Umständen vermutlich gelacht hätte.

„Sind dir die vielen Menschen da draußen etwa noch nicht aufgefallen?“, meinte er stattdessen ernst.

Luka schüttelte den Kopf. Er hatte noch nicht nach draußen gesehen, doch wenn da tatsächlich viele Leute waren, wollte er auch gar nicht nachschauen. „Aber wieso? Ich meine… nur weil da viele Menschen sind, schleichen Sie… durch meinen Garten?“

„Eigentlich hab ich mich aus dem Haus geschlichen.“, erklärte Janis. „Das belagern die nämlich.“

„Oh…“ Luka erinnerte sich plötzlich wieder daran, was für –teilweise verrückte – Fans Janis hatte. „Entschuldigung.“

„Ist ja nicht deine Schuld.“ Janis seufzte. „Aber jetzt wo sie mich wieder einmal gefunden haben…“

Nicht seine Schuld? Wie hatten diese Leute Janis denn gefunden? Doch nicht etwa wegen dessen öffentlichem Auftritt bei seiner Promo-Tour?

„Es ist meine Schuld…“, murmelte Luka und senkte den Kopf.

Janis sah den Jungen fragend an. Was meinte er denn damit?

„Wenn ich nicht weggelaufen wäre, hätten Sie nicht für mich einspringen müssen und dann hätten Ihre Fans auch nicht herausgefunden, wo Sie wohnen.“

„Nein Luka.“, erklärte Janis schnell, bevor sich der Kleine in diese Idee hineinsteigern konnte. „Hör mal… hast du diesen Leuten gesagt, wo ich wohne?“

Luka schüttelte den Kopf, starrte aber noch immer auf seine Hände. Er wagte es nicht, seinem Nachbarn in die Augen zu sehen.

„Hast du mir gesagt, ich solle deine Lesung übernehmen?“, fragte Janis weiter. Wieder ein Kopfschütteln. „Na siehst du? Du hattest mit der ganzen Sache nichts zu tun. Es ist nicht deine Schuld.“

Luka nickte leicht. Er war eindeutig noch nicht ganz überzeugt, aber es würde reichen um ihn davon abzuhalten, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen. Janis grinste, doch das Lächeln verschwand schnell wieder aus seinem Gesicht.

„Ich werde umziehen müssen.“, meinte er leise.

„Hä?“ Luka sah auf, starrte seinen Nachbarn irritiert an und nachdem dessen Worte endlich in seinem Gehirn angekommen waren, schüttelte er den Kopf. „Nein…“

„Die werden nicht von alleine wieder gehen. Das haben die schon ein paar Mal mit mir gemacht. Deswegen bin ich überhaupt erst hier her gezogen…“ Janis seufzte. „Ich hatte wohl irgendwie gehofft, dass sie mich in einem so abgelegenen Ort nicht finden würden.“

„Nein.“ Luka schüttelte noch immer den Kopf. Das konnte nicht sein Ernst sein, das konnte er doch nicht machen! „Sie… Sie können nicht wegziehen…“

Janis lächelte humorlos. „Ich habe schon einiges versucht, um sie zum Gehen zu bewegen und ihnen zu erklären, dass ich auch meine Privatsphäre haben möchte aber… sie hören mir nicht zu.“

„Sie können nicht gehen!“, rief Luka und sprang auf. „Sie haben mir erklärt, dass es wichtig ist, sich seinen Problemen zu stellen und trotzdem wollen Sie vor Ihren davon laufen!“ Er schloss die Hände zu Fäusten. „Ich bin nie aus dem Haus gegangen, habe mit niemandem gesprochen, aber Sie haben nicht locker gelassen, niemals. Egal wie sehr ich mich auch dagegen gesträubt habe, Sie haben mich aus dem Haus geholt und unter Menschen gebracht. Durch Sie habe ich das erste Mal mit meinen Lesern gesprochen. Und Sie wollen vor ein paar Ihrer Fans weglaufen…“ Luka holte tief Luft und schloss die Augen. Er hatte geschrien, aber diesmal hatte er nicht das Gefühl, sich dafür entschuldigen zu müssen. „Sie haben mir gesagt, dass wir Freunde sind…“

„Luka…“ Janis stand auf. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Zum einen hatte ihn außer seinem Bruder noch niemals jemand so angeschrien, nicht einmal sein Vater, zum anderen hatte er nicht erwartet, dass Luka es tun würde. „Es… tut mir Leid…“ Der Junge hatte Recht. Er hatte ihm gesagt, dass er vor seinen Problemen nicht immer davon laufen konnte und er selbst machte genau dies mittlerweile seit drei Jahren. Das Erste, vor dem er weggerannt war, dürfte sein Vater und die Firmenübernahme gewesen sein. Anstatt ihm klar zu sagen, dass er sie nicht haben wollte, war er einfach ohne ein Wort verschwunden.

„Also, was werden Sie jetzt tun?“, fragte Luka leise.

„Erst einmal… werde ich dir das Du anbieten.“, meinte Janis mit einem breiten Grinsen. „Dieses ganze Gesieze passt nicht mehr so wirklich, findest du nicht?“

Luka sah seinen Nachbarn perplex an. Er hatte mit allem gerechnet von: Ich ziehe trotzdem um, du hast mir nicht zu sagen was ich zu tun und zu lassen habe bis zu… du hast Recht, ich muss irgendwas tun… Aber diese Antwort überraschte ihn.

„Na komm, versuch es mal.“

„D-du?“ Luka klang unsicher.

„Siehst du? Gar nicht so schwer. Und jetzt… machen wir die Scherben der kaputten Tasse im Flur weg.“, meinte Janis zufrieden. Wenn sie erst einmal etwas anderes taten, hatte er noch etwas Zeit sich zu überlegen, was er mit seinen Fans vor seinem Haus tat.
 

David richtete seine Krawatte, obwohl es eigentlich im Moment nicht darauf ankam, ob seine Kleidung ordentlich war, oder nicht. Als die Tür vor ihm aufging, lächelte er sofort freundlich. „Hallo Frank.“

„David. Schön dass du da bist.“ Frank Seidel trat einen Schritt zur Seite und ließ den Verleger in die Wohnung. „Komm rein.“

Er folgte dem Mann ins Wohnzimmer, wo er einen Moment allein gelassen wurde – Frank wollte Tee machen. Wenn Luka und sein Vater etwas gemeinsam hatten, dann war es, dass sie beide immer als erstes Tee machten, wenn sie Besuch bekamen.

David trat an das Regal hinter dem Fernseher und las neugierig die Titel auf den Buchrücken. Ein Fach erregte seine besondere Aufmerksamkeit, da ihm die darin stehenden Werke mehr als nur bekannt vorkamen. Auf jedem einzelnen Buch stand der Name Luka Seidel.

Davids Augenbrauen wanderten ein Stück in die Höhe, als er nach dem neusten Werk seines jungen Freundes griff und es aus dem Regal zog. Er klappte das Buch auf und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er einen feinen sauberen und ihm wohlbekannten Schriftzug auf der ersten Seite entdeckte.
 

Mit klopfendem Herzen tat Janis langsam an die Menschenmenge vor seinem Haus heran. In diesem Augenblick konnte er sich ziemlich gut vorstellen, wie Luka sich immer hatte fühlen müssen, wenn er plötzlich vor seiner Tür gestanden hatte, wenn er ihn aus dem Haus geholt hatte und vor allem, als sie ihn zu der Promo- Tour geschickt hatten. Aber Luka hatte es durchgestanden, also würde er selbst das doch wohl auch schaffen… hoffte er zumindest.

Er blieb ein paar Schritte von seinen Fans entfernt stehen und räusperte sich leise. „Hallo.“

Obwohl er ziemlich leise gesprochen hatte, wandten sich sofort alle Anwesenden zu ihm um, doch der erwartete Ansturm blieb aus.

„Ähm… ich bin Kevin Keller und… ähm… könnte ich vielleicht durch?“ Er hatte sich zwar bereits überlegt was er sagen wollte, bevor er Lukas Haus verlassen hatte, doch jetzt wo er vor diesen ganzen Leuten stand, waren alle Worte plötzlich wieder weg. Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und blieb vor seiner Tür schließlich wieder stehen, wandte sich seinen versammelten Fans zu. „Ihr alle lest meine Bücher gerne, nicht wahr?“ Das war der einzige Satz, der ihm gerade wieder in den Kopf kam.

„JA!“, riefen fast alle gleichzeitig.

„Gut ähm… und ich schreibe sie verdammt gerne. Aber… jedesmal wenn ihr herausbekommt wo ich wohne, kommt ihr her und belagert mein Haus.“ Er hatte keine Ahnung, was er gerade sagte, die Worte kamen einfach aus seinem Mund heraus, ohne dass er groß darüber nachdachte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einer von euch so toll finden würde, wenn so viele Menschen plötzlich vor seinem Haus stehen würden. Hier bei mir zu Hause ist mein privater Bereich und ich möchte euch bitten, diesen zu respektieren. Wisst ihr… bisher bin ich immer umgezogen… Ihr seid ziemlich laut und… ihr… ich hoffe, ihr versteht das jetzt nicht falsch, aber ihr stört mich bei meiner Arbeit. Um gut schreiben zu können, brauche ich meine Ruhe.“ Er machte eine kurze Pause um die Gesichter der Anwesenden zu betrachten. Die meisten von ihnen wirkten ziemlich bedrückt. Wahrscheinlich ging ihnen gerade zum ersten Mal auf, was sie hier eigentlich taten. „Ich fühle mich hier sehr wohl und würde hier nur ungern wieder wegziehen. Mein Hund will hier auch nicht wieder weg. Sie hat mich vorhin angeknurrt, als ich es ihr vorgeschlagen habe.“

„Du hast einen Hund?“, fragte ein blondes Mädchen und plötzlich lächelten alle Anwesenden wieder.

„Ja.“ Janis lachte. „Ja. Und wirklich ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mein Haus als meine Privatsphäre respektieren würdet. Ich…, wenn es euch glücklich macht, kann mehr Signierstunden und Lesungen machen… und… ich würde euch auch allen hier und jetzt ein Autogramm geben, aber nur… wenn ihr nicht nochmal vor meinem Haus auftaucht.“

Unter seinen Fans herrschte einen Augenblick lang Stille, bis schließlich ein junger Mann aus der Gruppe hervor trat. „Wir verstehen dich sehr gut und… es tut uns Leid.“

„Ja, wir wussten gar nicht, dass es dich so sehr stört.“, meinte die Blonde wieder.

„Die Autogramme gibst du doch trotzdem, oder?“, fragte ein anderes Mädchen, woraufhin sie böse Blicke aller Anwesenden erhielt.

Janis lachte wieder. „Natürlich, ich habe es gerade gesagt, nicht wahr? Und…“ Er schloss die Tür zu seinem Haus auf und pfiff kurz. „Wollt ihr vielleicht Molly kennenlernen?“
 

Frank kam mit einem kleinen Tablett zurück, welches er auf den Couchtisch abstellte, bevor er zu David trat. „Was hast du da?“

Der Verleger wandte sich dem Älteren zu und hielt ihm lächelnd Lukas Buch vor die Nase. „Du warst auch da? Ich hab dich gar nicht gesehen.“

„Wer sagt, dass ich bei seiner Lesung gewesen bin?“, meinte Frank, griff nach dem Buch und stellte es schnell an seinen Platz zurück.

„Es ist signiert.“, antwortete Janis. „Außerdem… war das Ganze deine Idee. Es hätte mich gewundert, wenn du nicht auch gekommen wärst.“

Frank seufzte. „Ja… aber er hat mich gar nicht erkannt.“ Irgendwie hatte er wohl gehofft, dass Luka irgendwie auf ihn reagieren würde.

„Wenn er dich erkannt hätte, wäre er wahrscheinlich wieder verschwunden und hätte sich auf der Toilette eingeschlossen.“ David grinste. „Weißt du… als du mir das erste Mal von der Idee erzählt hast habe ich noch gedacht, du bist verrückt. Ich meine immerhin kennen wir Luka beide ziemlich gut und… es war ein ziemliches Risiko, ihn auf Promo- Tour zu schicken.“

Frank nickte, deutete auf das Sofa und setzte sich erst, bevor er weiter sprach. „Du hast von diesem Janis geredet und gesagt, wie sehr er bereits Einfluss auf Luka ausgeübt hat und wie stark er sich bereits verändert hatte. Ich hatte irgendwie Angst, dass er den Kontakt zu meinem Sohn einfach wieder abbrechen würde, wenn er nicht einen guten Grund hätte, ihn weiterhin zu besuchen.“

„Du bist ein ziemliches Risiko eingegangen, das hätte auch ganz schön nach hinten losgehen können.“, meinte David.

Frank lächelte. „Ich hatte nur die Idee. Du hast sie umgesetzt.“

„Schieb die Schuld nicht auf mich.“ David verschränkte die Arme vor der Brust. „Luka ist dein Sohn.“

„Und er schreibt für deinen Verlag.“, meinte Frank.

„David!“

Der Angesprochene wandte verwundert den Kopf und lächelte sofort wieder, als er Lilly erkannte, die in der Wohnzimmertür stand und ihn angrinste. „Was machst du denn hier?“

„Falls du’s vergessen hast, ich wohne hier.“, antwortete Lilly. „Und du? Ihr habt euch doch nicht wohl gegen Luka verschworen, oder?“

„Wie kommst du denn darauf?“, fragte Frank mit gespieltem Erstaunen.

Lilly stemmte die Hände in die Hüften und sah die beiden forschend an. „Irgendwas ist doch faul an der Sache…“
 

Er hatte es tatsächlich geschafft. Seine Fans waren gegangen, jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass sie auch nicht wieder zurück kamen. Dann konnte er vielleicht tatsächlich hier wohnen bleiben. Er wollte wirklich nur ungern wegziehen.

„Hm… schon seltsam.“, murmelte er. Anfangs hatte er nicht einmal hier her ziehen wollen und nun fühlte er sich so wohl in dieser kleinen Vorstadt, dass er nicht wieder weg wollte.

„Was ist seltsam?“ Luka sah ihn fragend an.

„Nicht so wichtig.“, meinte Janis lächelnd, obwohl schon allein die Anwesenheit des Jungen in seinem Haus seltsam war. Wieso der Kleine zu ihm rüber gekommen war, wusste er nicht, doch er hatte auch nichts dagegen.

„Janis?“, fragte Luka unsicher.

„Was denn?“ Der Angesprochene lächelte, sah aber nicht von seiner Tasse auf. Das Erste, was er für seinen unerwarteten Besuch gemacht hatte, war, Tee zu kochen.

„Ähm… nicht so wichtig.“, meinte Luka. Er konnte es ihm auch später sagen.

Jetzt sah Janis doch auf. Wenn Luka ihn schon ansprach, musste er auch etwas zu sagen haben, dass ihm wichtig war. „Erzähl schon.“

„Ich…“ Luka biss sich nervös auf die Unterlippe. Wieso wollte er es seinem Nachbarn überhaupt sagen? „Weinachten…“ Er brach wieder ab und es entstand eine lange Pause bevor er schließlich weiter sprach. „Ich glaube… dieses Jahr… gehe ich nach Hause.“
 

Ende Kapitel 21
 

Und Ende der Geschichte. Ich hoffe das letzte Kapitel hat euch gefallen. Ich finde es richtig süß. Und falls ihr es vergessen haben solltet… Lilly ist Lukas kleine Schwester.
 

Irgendwie ist es traurig, dass es jetzt zu Ende ist, aber… es fühlt sich auch echt gut an, die Geschichte fertig zu haben. Ich hoffe sie hat euch gefallen, mir hat es eine ganze Menge Spaß gemacht, sie zu schreiben. Ich werd mich jetzt von meinen Jungs verabschieden gehen.^^

Bis demnächst.

Euer u-chan



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Jani-chan
2009-01-16T17:49:53+00:00 16.01.2009 18:49
Okay, was gitb es da noch groß zu sagen....wie gehts weiter? *lieb & neugierig guck*
Von:  Marge91
2008-11-02T21:50:22+00:00 02.11.2008 22:50
sehr schön
da kam nur eins sagen super toll geschrieben
freu mich schon auf das nächste
mfg Marge91
Von:  Marge91
2008-11-02T21:44:33+00:00 02.11.2008 22:44
mir gefällt die ff sehr gut
werde gleich mal wieder lesen
bin gespannt wie es weiter geht
mfg Marge91
Von:  Jani-chan
2008-10-26T10:24:39+00:00 26.10.2008 11:24
so, jetzt auch ich! ^^ Ja also ich mag ja besonders Finn, aber das weißt du ja. Ich freu mich schon drauf, das nächste Kapi on zu sehen und hoffe, dass du diese Story auch zuendebringst. Jetzt, wo du so großen Aufwand für das alles drumherum betrieben hast...
Wie auch immer....
Knuddel dich ganz lieb
de Jani


*Kekse dalass*


Von:  HollyGolightly
2008-10-26T10:11:10+00:00 26.10.2008 11:11
mir gefällts...ob sich luka wohl irgendwann aus der reserve locken lässt...wird sicherlich ein hartes stück arbeit...er lebt ja wie ein eremit...wo kriegt er dann eigentlich alle dinge, die man fürs tägliche leben so braucht her? aber die tür ging ja schon mal auf *grins*...bitte weiterschreiben, ja`?
lg HG


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