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Living In A Toy Box

von

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Wenn die Welt brennt...

- „...Das Geburtshaus der entführten Psychopathin wurde heute Abend brennend vorgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass der Joker für die Brandstiftung verantwortlich ist. Gründe unbekannt. Der Vater der Geisel hielt sich wahrscheinlich zum Zeitpunkt des Brandes im Haus auf. Nach der Leiche wird gesucht. Details in einer Stunde...-
 

- „...Soeben erreichte die Polizei des Gotham City Police Departements ein Video, auf dem der Mord des vor wenigen Tagen im Stadtpark tot vorgefundenen Polizeibeamten aufgezeichnet ist. Täter und Opfer sind eindeutig zu identifizieren. Es handelt sich um die Psychopathin, die der Joker aus der Psychiatrie entführte. Nach den Tätern wird gefahndet. Ihr momentaner Aufenthaltsort ist zum Zeitpunkt unbekannt...-
 

Jazmin saß in der finstersten Ecke des kleinen Appartements und schaute geistesabwesend durch das ihr gegenüber liegende Fenster, durch das der weißgelbe Mond leuchtete. Sie kniete auf dem kühlen Boden, die Hände um die Knöchel geschlungen, das Kinn aufgestützt, die Geige an ihrer Seite. Es war kein Laut zu hören, keine Bewegung, kein Atmen, kein Wimpernaufschlag. Bedrückende, ehrliche Stille.
 

Der Joker hatte es sich auf einem Sessel nicht weit von dem Püppchen entfernt gemütlich gemacht. Im Grunde tat er dasselbe. Starrte apathisch in eine Richtung, mit der Ausnahme, dass er statt des hypnotisierenden Mondes Jazmin fixierte. Hätte sie dies bemerkt, wäre ihr Herz schon allein wegen der Intensität des Blickes stehen geblieben, aber sie bemerkte es nicht. Sie schaute nur auf den großen, weißgelben Mond draußen vorm Fenster.

Dieser Tag war alles andere als normal gewesen. Aber was war schon normal. Seit sie die ungewöhnliche Gesellschaft dieses Verrückten genoss, war kein Tag wie der andere. Im Grunde genommen waren es sogar keine Tage, nur eine aneinander gereihte Abfolge von Stunden, gefüllt mit paradoxen, absurden, verrückten Dingen. Wie er es versprochen hatte. Also kein Grund zur Beunruhigung. Alles verlief nach Plan. Er behielt stets die Kontrolle. Kein Grund zur Soge. Was waren schon ein paar Menschenleben? Es war alles. Ganz. Normal. Ein zufriedenes Lächeln, welches schnell wieder verschwand, huschte Jazmin kurz über die roten Lippen.
 

Er sah, wie der bleiche Mond sich in des Püppchens grauen Augen spiegelte und sie gespenstisch weiß erschienen ließ. Das Lächeln war ihm nicht entgangen, so schnell es auch wieder ging. Sein Vorhaben, sein Plan schien Wirkung zu erzielen. In der Psychologen Sprache nennt man dies Stockholm Syndrom. Die Geisel hat nicht das Gefühl, das eine Situation oder eine Person, sei es der gefährlichste Psychopath überhaupt, bedrohlich sei oder Konsequenzen für sich oder andere haben könnte. Der Entführer wird zum Freund.

Auf die eine Art fand der Joker dies ziemlich belustigend. Wie krank muss man sein, ihn als Freund anzusehen? Das Püppchen hat echt 'nen Schaden...

Auf der anderen Seite war es doch schon...nicht normal, nicht wie sonst. Einerseits eröffnete es ihm neue Möglichkeiten gewisse Menschen zu quälen, doch es war... komisch. Was, wenn dieses „Experiment“ außer Kontrolle geriet? Was, wenn das Mädchen außer Kontrolle geriet?

Er war sich seiner Sache bisher immer sicher. Keine Reue für nichts und niemanden. Doch das hier war neu. Es gab keine Garantie, dass alles gut verlief. Aber das liebte er an diesem Job. Immer wieder neue Herausforderungen.
 

Jazmin neigte den Kopf, ohne den Blick abzuwenden. Aber was würde am Ende passieren? Wenn jene Rache genommen wurde, wenn jenes Leben und jener Mensch nicht mehr existieren? Was ist dann, am Ende? Was passiert dann...mit ihr? Es gab eine Lücke in diesem unbestechlichem System. Plötzlich durch fuhr sie eine Angst, eine Angst vor verlorener Kontrolle, vor dem ...Nichts.

„Was ist, wenn die Welt brennt?“, hallte plötzlich ihr zartes Stimmchen kaum hörbar durch den dunklen Raum. „Brennen...brennen wir dann...auch?“ Sie kniff beängstigt die Äuglein zusammen und blickte zum Joker.

Dieser schaute sie nur wortlos an und schien zu überlegen.

„Rein theoretisch: Ja. Aber, wie du vielleicht weißt, Legenden sterben nie, Püppchen. Du hast die Welt zum brennen gebracht, das vergisst dir keiner so leicht“ Ein diabolisches Kichern entfloh seinen rot geschminkten Lippen.

„Aber wenn alle tot sind, wer erinnert sich dann an dich?“, diese Frage kam unerwartet. Nicht dumm, das Püppchen. Nicht dumm.

„Es geht nicht darum, dass sich Menschen an dich erinnern. Es geht darum, dein Gewissen, deinen Rachedurst zu befriedigen. Am Ende kannst du in Ruhe sterben, Püppchen“
 

Jazmins Gedanken schweiften kurz ab, die versuchte einen Sinn in diesen Phrasen zu erkennen.

„Also ist das einzige, um was es geht, am Ende zu Frieden zu sein und zu sterben? Kein materielles, kein gegenständliches Verlagen? Es geht nicht um das Töten und Unruhe stiften im eigentlichen Sinne, um das Blut, um die gequälten Schreie sondern nur um ein beruhigtes Gewissen?“ Die Verwirrung und das Unbegreifen waren deutlich in ihrer Stimme zu hören.

„Sicher, sicher. Doch das Blut und die gequälten Schreie sind ein netter Beigeschmack. HIHI“
 

Also war ihre Existenz nur durch Rache zu rechtfertigen. Am Ende würde sie sterben, wie jeder andere normale Mensch. Alles was sie hätte, wäre die Zufriedenstellung. Na, immerhin etwas.

Nun hatte sie ein Ziel und müsste nicht allein der trostlosen Welt den Mittelfinger zeigen.

Wieder schaute sie aus dem Fenster. Der weißgelbe Mond brannte sich in ihre Gedanken ein, fesselte ihre Sinne. Sie war jetzt schon zu Frieden. Die Fragen, die sie sich schon seit Ewigkeiten stellte, hatten Antwort gefunden.

Seitdem sie hier war, hatte ihr Leben eine Art Sinn, wenn auch einen sehr, sehr fragwürdigen.



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