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Living In A Toy Box

von

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Monster unterm Bett

Die Dämmerung hatte gerade eingesetzt. Die wohlig warme Röte wurde von der eindringlichen Kälte vertrieben. Regen peitschte gegen die Fensterscheiben, die solange schon kein Sonnenlicht mehr gesehen haben. Die Dunkelheit durchflutete das alte Herrenhaus am Rand von Gotham City.

Nur die zarten und sanften Melodien der kleinen Kindergeige unterstützen die antike Schreibtischlampe, den Raum spärlich zu erleuchten. Die Klänge verschmolzen mit dem eleganten Schwarz, welches das rosa Kinderzimmer in einen gruseligen Schatten tauchte.

Der Bogen strich leise über die vier Saiten und brachte die Schatten, die an den Wänden vorbeihuschten, zum tanzen. Die zerbrechlichen Fingerchen führten den Bogen über das Instrument als täten sie ihrer Lebzeit nichts anderes. Blonde Löckchen wippten im tragenden Takt und hellblaue Äuglein durchsuchten die Leere nach einem kleinen Lichtblick. Lange hatten sie nicht mehr gelacht, nur zarte Tränchen liefen ab und zu über die weichen rosigen Wangen. Das scheinbar mechanische Spiel und der ausdruckslose Blick ließ sie wie eine kleine Puppe aussehen, ungeliebt und verstoßen.
 

Plötzlich verstummte die liebliche Melodie mit einem schrecklichen Quietschen, als sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete. Es war wieder soweit. Sie hätte weg rennen können, doch es gab keine Möglichkeit, es ergab keinen Sinn. Sie hatte das Ende ihres jungen Lebens schon erreicht, es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie endlich erlöst würde.

Die Türe ging mit einem leisen Knarren auf und eine große schwarze Gestalt bewegte sich in schwerfälligen trampeligen Schritten auf das zarte Püppchen zu.
 

Das Monster war wieder wach...und wollte zu Abend essen.

Die eisig blauen Äuglein weiteten sich auf ihr Äußerstes und die Fingerchen ließen langsam die kleine Geige auf den Boden sinken, denn ihr Zittern nahm ihnen jegliche Kraft. Das schaurige Monster trat hinter den winzigen Stuhl, auf dem das Püppchen saß und streichelte ihr langsam durch das blonde Engelshaar. Bei jeder Berührung zuckte der zierliche Körper zusammen, ihr Atmen beschränkte sich auf ein Minimum. Das Monster beugte sich zu ihr hinab, bis das scheußliche Gesicht an ihrem war. Sie konnte jeden Atemzug auf ihrer Haut spüren, der durch die Schnauze drang.

Eine kalte Brise. Eis. Kalt.

Die Klauen strichen behutsam an ihrem Köpfchen entlang, bis sie schließlich auf ihren zerbrechlichen Schultern lasteten. Backsteine. Schwere. Backsteine.

„Na, mein Püppchen? Bist du noch nicht im Bett? Soll ich ein wenig mit dir kuscheln?“ Diese Worte waren wie tausend Nadelstiche. Sie kamen, nicht unerwartet, aber sie zu hören war immer wieder eine schreckliche Überraschung.

Das Püppchen sagte nichts, versuchte nur nach Luft zu ringen, doch es war keine mehr da. Kein. Bisschen.

Das Monster packte das Püppchen unsanft und trug es zu ihrem kleinen Himmelbett. Es war klein, aber das Monster kam trotzdem immer mit hinein.

Tausend andere Puppen schauten aus ihren glasigen Augen zu, doch sie taten nichts. Warum halfen sie nicht?

Die Klauen des Monsters stahlen sich unter das Puppenkleidchen und berührten die Porzellanhaut unsanft. Die Krallen kratzen die zarte Haut auf, zerfetzten das hilflose Püppchen, dessen Leben, dessen Seele.

Doch davon bekam das Püppchen gar nichts mehr mit. Es hatte diese Welt verlassen, wenn auch nur für einen kurzen Moment, und auch wenn sie bald zurück kommen musste, sie verließ die unergründliche und unkontrollierbare Dunkelheit und floh. Weit. Weit. Weg.



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