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Ghost Whisperer

SasukexSakura
von

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♥ Life ends… ♥

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen schloss Sakura die Augen und genoss die frische Briese, die ihr durch ihre schulterlangen Haare wehte und die rosafarbenen Kirschblüten umher wirbelte, die vor ihr auf dem frischen, saftigen Gras lagen.

Ihre zierlichen Hände verstärkten ihren Griff um den bunten Schirm, den sie hielt um sich vor der Sonne zu schützen.

Sie liebte den Frühling mit all seinen Gerüchen und Eindrücken. Alles erwachte zu neuem Leben und endlich fanden auch die Vögel wieder ihren Platz in dem großen Kirschbaum, unter dem sie es sich auf einer Decke bequem gemacht hatte um das Wetter zu genießen und ein wenig zu lesen. Hier war ihr Lieblingsplatz, ein Ort, an dem sie abschalten und all ihre Sorgen vergessen konnte.

Überrascht schlug sie ihre smaragdgrünen Augen auf und ihr Blick wanderte zu dem eisernen Gartentor, welches sich gerade mit einem leisen Quietschen geöffnet hatte.

Ein strahlendes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Otou-san“, trällerte sie mit glockenheller Stimme, ließ das Buch von ihrem Schoß rutschen und stand auf. Sie raffte ihren rosafarbenen Seidenkimono zusammen und lief ihrem Vater freudig entgegen.

„Hallo, meine kleine Kirschblüte“, sagte Tadao freudig und schloss seine Tochter in seine Arme, danach hielt er sie ein Stück von sich und musterte sie. „Aber Sakura… du erkältest dich noch, wenn du nur in Socken auf dem Rasen läufst“, tadelte er sie.

„Es ist nicht kalt, Otou-san“, beruhigte Sakura ihn. „Wie war deine Reise?“, erkundigte sie sich.

„Sehr angenehm, aber ich freue mich wieder zu Hause zu sein“, meinte Tadao, legte Sakura einen Arm um die Schulter und ging mit ihr zusammen zurück zum Haus. „Ist irgendetwas angefallen, während ich weg war? Oder ist etwas zwischen dir und Leiko und Sachiko vorgefallen?“

„Nein, du hast nichts verpasst, es war alles wie immer“, antwortete Sakura. Leider, fügte sie in Gedanken hinzu.

Tadao hielt ihr die Tür auf und Sakura betrat den Eingangsbereich des Hauses, ihr Vater folgte ihr.

„Ich bin wieder zu Hause“, rief er durch die Eingangshalle und kurz darauf hörte man eiliges Fußgetrappel auf dem polierten Kirschholzboden. Nur wenig später erschienen Leiko, ihre Stiefmutter, und Sachiko, ihre Stiefschwester.

„Endlich bist du wieder da. Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr zu mir zurück kommen“, begrüßte Leiko ihren Mann und klammerte sich an ihn.

Auch Sachiko begrüßte Tadao. „Schön, dass du wieder da bist, Otou-san“, sagte sie, verzog ihre schmalen, unförmigen Lippen zu einem Lächeln und umarmte ihn nun ebenfalls.

Sakuras Herz zog sich bei diesem Anblick schmerzhaft zusammen. Sie hatte nie verstanden, warum ihr Vater noch einmal geheiratet hatte, und das schon ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter. Er hatte ihr zwar erklärt, dass er sich eine Mutter für sie wünschte, doch lieber wäre sie mit ihrem Vater alleine geblieben, denn so eine falsche Schlange wie Leiko konnte sie einfach nicht leiden.

Sakura wandte sich ab, um sich dieses Schauspiel nicht länger mit ansehen zu müssen. Lieber wollte sie zurück in den Garten…

„Sakura, Liebes, wo willst du hin?“

Die Stimme ihres Vaters ließ sie noch einmal zurückblicken. „Ich hole nur eben meine Sachen von draußen“, gab sie mit einem tapferen Lächeln zur Antwort.

Tadao nickte nur und Sakura drehte sich wieder um.

Kurz bevor sie die Tür erreicht hatte, blieb sie noch einmal stehen und lauschte.

„Ich wüsste gerne, was mit ihr los ist“, hörte sie ihren Vater sagen.

„Sie ist schon immer so komisch, Tadao“, antwortete ihm Leikos schneidende Stimme.

Sakura schluckte hart und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihren Augen brannten.

Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Otou-san…
 

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Traurig blickte Sakura in die trüben Wolken, die schuld daran waren, dass sie dem Haus heute nicht entkommen würde.

Schon den ganzen Tag regnete es und Sakura hatte sich nach dem Hausunterricht mit Sachiko auf die überdachte Veranda geflüchtet. Ihr Vater war bei seiner Arbeit und Sakura wollte alles andere als bei ihrer neuen Familie zu sitzen.

Sie wandte sich wieder ihrem kleinen, gebundenen Buch zu, das sie in Händen hielt, wurde aber schon kurze Zeit später wieder unterbrochen.

„Sakura? Sakura, wo bist du denn?“ Schon von Weitem konnte sie Leikos Stimme vernehmen.

Leise seufzte Sakura. Konnte diese Frau sie nicht ein Mal in Ruhe lassen?

„Sakura!“ Leikos Stimme wurde schrill, sie schien ungeduldig zu werden.

Schließlich ließ sich Sakura doch noch erbarmen. „Ich bin hier, auf der Veranda!“

Schon kurze Zeit später erschien Leiko in der Bibliothek, von der aus man die Veranda erreichen konnte. „Da bist du ja!“, nölte sie genervt. „Ich brauche deine Hilfe.“

„Wobei denn?“, fragte Sakura höflich nach.

„Ich suche ein paar alte Stoffe, dein Vater sagte mir du wüsstest, wo ich sie finden kann.“

Sakura überlegte kurz. „Normalerweise lagern wir die alten Stoffe auf dem Dachboden.“

Seufzend verdrehte ihre Stiefmutter die Augen. „Als würde ich die da alleine finden können. Streng doch einmal deinen Kopf an, Kind.“

„Tut mir leid“, murmelte Sakura. „Ich werde dich natürlich begleiten und dir helfen.“

Leiko nickte. „Gut so. Komm!“

Sakura legte ihr Buch beiseite, stand auf und folgte Leiko aus dem Zimmer.

Zusammen gingen die beiden über eine mit Schnitzereien verzierte Holztreppe in den ersten Stock und schließlich noch eine kleine, weitere Treppe hinauf auf den Dachboden.

Sakura fühlte sich unwohl in Leikos Nähe, besonders heute hatte sie ein unheimliches Glitzern in ihren dunklen Augen.

Schnell ging sie auf eine alte, bunt bemalte Truhe zu, in der sie die Stoffe vermutete, nach denen ihre Stiefmutter suchte. Sie wollte nicht mehr Zeit als nötig mit ihr verbringen und klappte den schweren Deckel der Truhe auf. „Nanu? Ich bin mir aber sicher…“ Verwirrt darüber, die Truhe leer vorzufinden, stand Sakura auf und drehte sich wieder zu Leiko um. „Tut mir wirklich leid, aber…“

Plötzlich schossen Leikos Arme so schnell wie eine Kobra hervor und ihre langen, knochigen Finger schlossen sich um Sakuras Hals.

Erschrocken keuchte Sakura auf, rang verzweifelt nach Luft und versuchte sich aus Leikos Griff zu befreien.

Doch ihre Finger drückten nur noch fester Sakuras schmalen Hals zusammen und sie spürte, wie ihre Lungen sich verkrampften und sie um frischen Sauerstoff anbettelten. Ihr röchelnder Atem erstarb langsam und vor ihren Augen flimmerte es. Sie wollte nach Hilfe schreien, doch ihre Stimme versagte, sie hatte keine Luft um auch nur einen Ton zustande zu bringen.

„Du kleines Miststück hast es einfach nicht verdient in dieser Familie zu sein“, zischte Leiko ihr entgegen und drückte noch einmal fester zu, sodass Sakura erneut ein ersticktes Keuchen entfuhr. „Sieh es ein, Sakura, dein Vater kann dich nicht immer beschützen. Du kannst nicht sein alleiniger Liebling sein. Ich verfluche dich Sakura, ich wünsche dir, dass du niemals die Schönheit des Jenseits erleben wirst, das soll dir auf ewig vergönnt sein. Deine besten Tage sind gezählt. Sag auf Wiedersehen zu deiner Welt und Willkommen zu einer Zeit, in der dein Vater uns gehört, nur uns.“

Verzweifelt versuchte Sakura immer wieder nach Luft zu schnappen, doch Leikos Griff war erbarmungslos. Sie hatte keine Chance mehr, wünschte sich nur noch Erlösung von dem Schmerz in ihrer Brust. Wie in Zeitlupe fielen ihre Augen zu und schickten so eine letzte Träne auf den Weg über ihre blasse Haut.

Sie fühlte, wie ihr Herz langsam aufhörte zu schlagen und sich ihr Geist von ihrem Körper löste.

Lebe wohl, Otou-san…, dachte sie und zwang sich ein letztes, trauriges Lächeln auf die Lippen.

Ihr Herz hörte nun endgültig auf zu schlagen, Leiko ließ von ihrem Hals ab und Sakuras Körper sackte leblos zu Boden.

Ihr Geist löste sich jetzt völlig von ihrem Körper, war frei, bereit um seinen Weg ins Jenseits zu beginnen. Doch ihr Geist konnte nicht entkommen, war gefangen vom Hass und Neid Leikos… gefangen für immer.
 

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Hallo. ^^
 

Ja, ich weiß, jetzt komme ich schon wieder mit etwas Neuem an, dabei habe ich noch andere FFs am Laufen. Aber ich musste das hier einfach schreiben. Ich weiß nicht, wo die Idee dazu auf einmal herkam.

Ich hoffe es hat euch gefallen, auch wenn es doch etwas dramatisch begann. Aber es musste sein, sonst käme die Story ja nicht ins Laufen.

Ich möchte noch etwas zu den Namen der Charaktere sagen… Tadao bedeutet „zufrieden“, Leiko „arrogant“ und Sachiko „kalt“. Ich hatte gehofft, dass die Namen schon etwas über den Charakter des Menschen aussagen…

Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen, wenn ihr mir sagen könntet, wie ihr es fandet, ob es gut war oder ob ich noch etwas besser machen könnte. Und vielleicht habt ihr ja auch mal Lust in meine anderen FFs reinzuschauen, da stehen zwar Neji und Tenten im Vordergrund, aber Sasuke und Sakura spielen auch immer eine Rolle. *Schleichwerbung macht*

Ach ja, und bevor ich es vergesse… ich schicke eine ENS mit der Benachrichtigung zu einem neuen Kapitel eigentlich automatisch an alle, die einen Kommentar hinterlassen haben, wenn ihr was dagegen habt, dann meldet euch einfach.
 

Greez,

dat hia

♥ New hope ♥

Mit traurigem, trübem Blick starrte sie aus dem Fenster, das zur ehemaligen Bibliothek gehörte. Es kam ihr vor wie ein Déjà-vu; dunkle Wolken bedeckten den Himmel und es regnete, genau wie damals an dem Tag, den sie nie vergessen würde.

Ihr Blick blieb an dem alten Kirschbaum hängen, der immer noch ihr Lieblingsplatz war – den sie nie wieder erreichen könnte. Die Holzschaukel, die die letzten Besitzer des Hauses für ihre kleine Tochter dort angebracht hatten, wiegte sachte im Wind, der auch die letzten Blüten dieses Jahres vom Baum riss.

Wie oft hatte sie dieses Szenario jetzt schon beobachtet? Viel zu oft, Jahre, Jahrzehnte… Es erinnerte sie nur daran, wie lange sie nun schon in diesem Haus lebte.

Ein spöttisches Lächeln schlich sich auf Sakuras blasses Geistergesicht. Lebte, dachte sie, wirklich gelebt habe ich hier nur achtzehn Jahre.

Nie würde sie das Gesicht ihres geliebten Vaters vergessen können, als er ihre Leiche auf dem Dachboden entdeckte, als er von der Arbeit nach Hause kam. Verzweifelt hatte sie ihm zugerufen, dass das alles nicht so war, wie es scheint und dass Leiko schuld an allem war, doch sie war nur Luft für ihn gewesen, so wie für alle anderen.

Leiko… Noch immer wusste Sakura nicht, was diese Frau mit ihr angestellt hatte, dass ihr Geist auf ewig an dieses Haus gebunden schien. Aber dafür, dass diese falsche Schlange ihrem Vater etwas vorheuchelte, bestürzt die Trauer über ihre Stieftochter nur spielte, hasste Sakura sie noch mehr als für das, was sie ihr selbst angetan hatte.

Tadao war so verletzt gewesen, dass er bereits zwei Wochen nach ihrem Tod das Haus verkaufte, das ihm eigentlich so viel Glück und Freude bringen sollte. Sakura wusste nicht, wohin ihr Vater, Leiko und Sachiko gegangen waren, und es schmerzte sie noch immer, dass sie sich nicht von ihrem Vater hatte verabschieden können.

Das Haus stand über ein Jahr leer. Dann hatte es ein reicher Geschäftsmann gekauft und war mit seiner Familie eingezogen. Sakura konnte sich noch sehr gut daran erinnern, denn damals war etwas Überraschendes passiert, dass ihr neue Hoffnung brachte vielleicht irgendwie von ihrem Bann erlöst zu werden. Sie hatte sich nach langer Zeit des Alleinseins nur neugierig umgucken wollen, da starrte der Sohn des Mannes sie plötzlich an. Sakura war genauso überrascht gewesen wie er auch, dass er sie sehen konnte, denn seine kleine Schwester war völlig ahnungslos, auch wenn Sakura noch so oft direkt vor ihrer Nase herum getanzt hatte. Sie hatte sich mit ihm unterhalten wollen, wollte wissen, was draußen in der Welt los war. Und zuerst hatte er mit ihr geredet, aber dann ist er ihr immer öfter ausgewichen und eines Tages konnte sie ein Gespräch zwischen ihm und seinem Vater belauschen. Er erzählte, dass es in dem Haus spukt, er es nicht länger aushält und noch verrückt würde, wenn sie nicht bald das Haus wieder verlassen würden.

Der Mann war dem Wunsch seines Sohnes nachgekommen und hatte das Haus verkauft. Und wieder war sie allein gewesen.

Immer wieder hatte sie sich gefragt, was sie falsch gemacht hatte, dass die Familie weggezogen war, doch eine Antwort darauf hatte sie nie gefunden. Vielleicht war er auch einfach nicht damit klar gekommen, dass ein Geist mit ihm redete. Für sie war es schließlich auch komisch gewesen.

Der nächste Besitzer war ein ranghohes Mitglied des Militärs gewesen, der das Haus während des zweiten Weltkrieges bewohnte. Sakura fand furchtbar, was sich die Leute in dem Haus über den Krieg erzählten und erlebte die Armut der Menschen, die draußen auf der Straße vorbei gingen. Im Haus selbst fühlte sie sich zu dieser Zeit noch unwohler als sonst seit ihrem Tod, denn der Soldat war reich und konnte sich viel leisten. Sie wusste nicht mehr, wie viele Geishas und andere Frauen bei ihm ein und aus gegangen waren und wie viel Sake geflossen war, aber sie war froh, als er sein ganzes Geld beim Glücksspiel verlor und am Ende des Krieges das Haus wieder verkaufte.

Nach dem Krieg war Sakura für über fünf Jahre wieder alleine. Sie vermutete, dass die Leute kein Geld hatten, sich ein so großes Haus zu kaufen und dass sie sich lieber wieder eine Existenz aufbauen wollten.

Anfang der 50er Jahre dann wurde das Haus an eine junge Familie verkauft, doch als sie hörten, was damals hier passiert war, waren sie schnell wieder ausgezogen.

Weitere Besitzer folgten, doch lange blieb niemand, weil sich die Geschichte, dass es spukte, immer weiter verbreitete. Erst Ende der 70er traf Sakura wieder einen Jungen, der sie sehen konnte, so wie der Junge etwa fünfzig Jahre vor ihm. Doch enttäuscht musste sie feststellen, dass er nicht das Geringste von ihr wissen wollte. Er erzählte niemandem von ihr oder überhaupt, dass es spukte. Schon bald verließ er das Haus, um eine Universität in Tokyo zu besuchen. Die Familie blieb länger als alle anderen und Sakura lernte durch neue Erfindungen wie dem Fernseher oder Radio mehr über die aktuellen Ereignisse in der Welt. Aus Langeweile saß sie oft abends bei dem Elternpaar mit auf der Couch und diskutierte mit ihnen über verschiedene Spielfilme. Zwar konnten die beiden sie nicht hören, aber wenn sie mit jemandem sprach fühlte sie sich nicht ganz so allein. Aber schließlich zog auch diese Familie aus, als auch die Tochter alt genug war um auf ihren eigenen Beinen zu stehen.

Sakura erlebte oft, wie mehrere Makler mit Familien das Haus besichtigten, doch entweder konnten sie es nicht finanzieren oder waren abgeschreckt durch die Spukgeschichten.

Ein älteres Ehepaar zog Mitte der 90er Jahre ein, doch dann verstarb der Mann und die Witwe wollte nicht alleine in einem so großen Haus leben, was Sakura voll und ganz verstand. Sie hatte die Leute gemocht und war sehr traurig gewesen, als der Mann gestorben ist.

Dann war sie fast zehn Jahre wieder allein. Die Jahrtausendwende hatte sie nur durch die lauten Feiern und die bombastischen Feuerwerke mitbekommen. Sie beschäftigte sich täglich damit, die Nachbarschaft zu beobachten und sich die Menschen anzuschauen, die als potenzielle Käufer des Hauses in Frage kamen.

Erst 2005 zog die junge Familie ein, die Sakuras Existenz in diesem Haus ein bisschen leichter machte. Es machte ihr eine große Freude, die kleine Tochter täglich zu beobachten, ihre ersten Schritte, ihre ersten Worte mitzuerleben. Wie gerne hatte sie der Kleinen beim Schaukeln draußen zugeguckt. Doch dann, als die Familie einmal nicht Zuhause war, wurde bei ihnen eingebrochen. Sakura würde dem Mann nie verzeihen, der dieser kleinen Familie das Leben zerstörte. Nun von finanziellen Sorgen geplagt mussten sie das Haus verkaufen und wegziehen.

Das war vor drei Monaten gewesen. Sakura stieß einen leisen Seufzer aus. Es deprimierte sie, wieder alleine zu sein und die Nachbarskinder, die draußen auf der Straße spielten wenn die Sonne schien, konnten sie auch nicht mehr großartig unterhalten. Jetzt fuhren nur vereinzelt Autos vorbei und zwischendurch lief mal jemand eilig mit einem aufgespannten Schirm vorbei.

Die Menschen hatten es viel eiliger als zu ihrer Zeit. Überhaupt hatte sich vieles verändert, schon alleine in der Nachbarschaft.

Sie erinnerte sich an weite Wiesen auf die sie schaute, wenn sie draußen im Garten saß, doch heute waren diese verschwunden. Stattdessen wurden dort große Häuser gebaut, die von reichen Leuten bewohnt wurden und ihr Elternhaus galt als antik und sehr kostbar, weil es sich hier über hundert Jahre lang gehalten hatte, was nicht hieß, dass es sehr beliebt war unter den Menschen aus dieser Gegend. Eher das Gegenteil war der Fall. Und wieder einmal waren die Spukgeschichten schuld daran, ganz zu Sakuras Leidwesen. Einmal hatte sie gehört, wie jemand sagte, dass das Haus sogar eine sehr düstere und geheimnisvolle Atmosphäre ausstrahlen würde.

Erneut seufzte sie und überlegte gerade, ob sie nicht mal wieder die Kacheln im großen Badezimmer zählen sollte um sich zu beschäftigen, als zwei Autos die neu angelegte Einfahrt zum Haus hinauf fuhren.

Aufgeregt lehnte sie sich weiter vor, um mehr erkennen zu können und sah Sataro-san, der Makler, der seit dem Einbruch versuchte das Haus an die Leute zu bringen. Aus dem schwarzen Mercedes, der hinter seinem Wagen in der Einfahrt stand, stiegen ein Mann mittleren Alters, eine Frau, wohl seine Ehefrau, und zwei Jugendliche aus – beides Jungs.

Ein freudiges Lächeln erschien auf Sakuras Gesicht. Vielleicht würde einer von beiden ja mit ihr reden können und sie könnte neue Hoffnung schöpfen, dass er ihr hilft herauszufinden, was mit ihr passiert ist.

So schnell sie konnte schwebte sie in die Eingangshalle, versteckte sich aber schnell wieder. Wie ungeschickt von ihr. Wenn einer der beiden sie sehen könnte, dann sollte sie sich nicht schon jetzt vor ihnen zeigen, sonst würde die Familie das Haus erst recht nicht kaufen. Falls sie es überhaupt kaufen würden.

So wie sie Sataro-san kennen gelernt hatte, würde er die unschönen Details über den Einbruch und mögliche Geister zwar aus dem Programm lassen und lieber die alten, antiken Details des Hauses anpreisen, aber man konnte ja nie wissen, was die Familie für einen Geschmack hatte… Oder dass sie womöglich doch schon etwas von den Spukgeschichten gehört hatten.

Doch jetzt würde sie es erst mal auf sich zukommen lassen.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Gelangweilt musterte er das alte Haus mit seinen dunklen Augen. Er konnte zwar verstehen, warum sich sein Vater gerade dieses ausgesucht hatte, denn er mochte den alten, japanischen Baustil, aber er selbst konnte sich nicht dafür begeistern.

Er selbst fand moderne Bauten um einiges schöner, aber er wollte sich nicht groß beschweren. Das Haus schien okay, und nachdem, was er auf den Bildern gesehen hatte, konnte es sich hier durchaus aushalten lassen. Hauptsache er hatte ein Dach über dem Kopf und sein ganzes Leben würde er schließlich nicht hier verbringen.

„Genau nach Papas Geschmack“, raunte Itachi, sein älterer Bruder, ihm zu.

Sasuke zuckte nur mit den Schultern und folgte seinen Eltern und dem Makler in das Haus.

„Dieses wunderbare Wohnhaus wurde 1901 erbaut, mit ursprünglich sieben Schlafzimmern für die Hausherren und drei Unterkünften für Bedienstete.“

Nur mit halbem Ohr hörte Sasuke dem Makler zu. Was interessierte es ihn, wie dieses Haus aussah, als es erbaut wurde? War es nicht wichtiger zu wissen, wie es jetzt war?

Er ließ seinen Blick durch die große Eingangshalle schweifen. Der dunkle Holzboden schien schon ziemlich alt zu sein und eine massive Treppe führte ins Obergeschoss.

„… große Räume… sogar mit Bibliothek…“

Sasuke blendete das sinnlose Gebrabbel von dem Makler nun ganz aus und ging auf eine der Türen zu, die an die Eingangshalle grenzten.

Der Raum, der sich dahinter befand, musste wohl die Küche darstellen. Sasukes Blick blieb an den bunten Kacheln hängen, die Teile der Wände säumten und eher an ein Mosaik erinnerten.

„Hoffentlich kommen die Teile raus, falls wir das Haus kaufen“, sagte Itachi, der ihm gefolgt war und nun neben ihm mitten im Raum stand.

„Das hoffe ich auch“, murmelte er zurück. „Aber ich hab da keine Bedenken. Für Mama ist das Haus ein riesiger Spielplatz, an dem sie ihre Kreativität ausleben kann.“

„Antike trifft Moderne“, meinte Itachi und nickte zustimmend. „Ja, um die Innenausstattung müssen wir uns keine Gedanken machen. Aber…“ Nachdenklich runzelte er die Stirn.

„Aber…?“, hakte Sasuke nach.

„Wie kommst du damit klar, dass du die Schule wechseln müsstest, wenn wir hier her ziehen?“

Sasuke konnte sich gerade noch verkneifen genervt aufzustöhnen. „Ich bin kein kleines Kind mehr. Mir ist egal, wo ich mein letztes Schuljahr verbringe.“

„Warum war mir das eigentlich nicht klar?“, fragte Itachi und schlug sich dramatisch die Hand an die Stirn.

Der Jüngere verdrehte sie Augen. Itachi hätte Schauspieler werden sollen anstatt Psychologie zu studieren.

„Warum machst du dir eigentlich sorgen um mich? Schließlich ist es von hier bis zur Uni ein ganz schönes Stück.“

Itachi grinste. „Ich hab ein Auto, vergiss das nicht.“

Sasuke gab es nur ungern zu, aber darum beneidete er seinen Bruder, der mit einundzwanzig bereits im Besitz eines Führerscheins sein durfte. Zwar spielte Itachi öfter mal Taxi für ihn, aber lieber wollte er selbst fahren. Aber darauf müsste er noch zwei Jahre warten.

Schnell wechselte Itachi das Thema. „Komm, lass uns mal weiter gucken. Ich bin neugierig.“

Ohne ein Wort zu erwidern folgte Sasuke ihm und gemeinsam nahmen sie sich einen anderen Raum vor.

Dieser war ziemlich groß, hell erleuchtet und führte hinaus auf die Veranda, die das ganze Haus umgab.

„Wow“, machte Itachi und musterte den Holzboden. „Der scheint noch original zu sein.“

„Muss wohl das Wohnzimmer sein“, vermutete Sasuke.

Itachi nickte zustimmend. „Gefällt mir besser als das bei uns.“

Sasuke steuerte auf eine Tür zu, die an das Zimmer grenzte, öffnete sie und lugte hinein. Er fand die Bibliothek vor, von der der Makler zuvor gesprochen hatte. Oder zumindest glaubte er das. Von Büchern war nicht viel zu sehen, nur alte Holzregale, die bis an die Decke reichten, standen an den Wänden.

„War wohl nichts mit alter Literatur“, seufzte Itachi, der ihm mal wieder gefolgt war.

„Nein“, meinte Sasuke nur, und ging zu einem der Regale und fand in einem der vielen Fächer ein einzelnes Buch. Verwundert nahm er es heraus und blätterte es ein Mal schnell durch. Ein Gedichtband mit Haikus, dachte er sich gelangweilt und legte es zurück.

Plötzlich bemerkte er einen weißen Schimmer aus den Augenwinkeln und drehte ruckartig den Kopf in die Richtung. Doch es war verschwunden.

„Ist was?“, fragte Itachi überrascht.

Sasuke schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich dachte nur ich hätte was gesehen.“

Wie albern! Natürlich hatte er nichts gesehen. Das war bestimmt nur das Licht gewesen. Der Himmel draußen klärte sich langsam wieder auf, also gab es gar keine andere Möglichkeit.

„Lass uns nach oben gehen“, sagte er zu Itachi.

„Aber na klar. Ich muss mir doch schließlich das größere Zimmer aussuchen.“ Wieder grinste er und ging voraus.

„In diesem Haus gibt es keine kleinen Räume“, murmelte Sasuke nur. Zu seiner Verwunderung sah er sich noch einmal um, bevor er die Bibliothek verließ.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Er traf Itachi in einem der Schlafräume im ersten Stock. Er lehnte am Fenster und sah nach draußen.

„Und, schon entschieden?“, wollte Sasuke kurz angebunden wissen.

„Ich nehme das Zimmer nebenan“, antwortete Itachi mit einem Schulterzucken. „Vorausgesetzt natürlich, dass wir das Haus nehmen.“

„Wovon wir ausgehen sollten“, meinte Sasuke.

Itachi nickte nur und sah auf, als Schritte auf dem alten Holzboden zu hören waren, die in ihre Richtung führten.

Kurz darauf erschienen ihre Eltern mit dem Makler in der Tür.

„Ich lasse Sie dann mal alleine“, entschuldigte sich der Makler. „Wenn Sie mich brauchen, ich bin in der Eingangshalle.“ Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und seine Schritte verhallten langsam, bis sie gar nicht mehr zu hören waren.

„Ist das Haus nicht wunderbar?“, fragte Mikoto ihre Söhne.

Die beiden Brüder tauschten einen kurzen, vielsagenden Blick aus.

„Das Haus ist wirklich ganz wunderbar“, stimmte Itachi mit einem Lächeln zu, Sasuke nickte nur. „Werdet ihr es kaufen?“, hakte er dann nach und sein Blick wanderte zu seinem Vater.

„Was glaubst du, mein Sohn?“, stellte Fugaku die Gegenfrage.

„Na ja, das Haus scheint ziemlich teuer zu sein, aber man kann es ja schon antik nennen, also denke ich… Ja, es gefällt dir und du wirst es kaufen.“

Fugaku schien nachdenklich zu werden. „Ich überlege noch…“

Empört stieß Mikoto ihrem Mann den Ellbogen in die Rippen. „Natürlich werden wir es nehmen. Man kann so viel aus dem Haus machen. Und habt ihr diesen wundervollen Garten gesehen? Dir gefällt das Haus doch auch.“

„Ja, das Haus gefällt mir“, gab Fugaku zu. „Also stellt euch schon mal auf die neue Umgebung ein.“

„Hey, ich hab mir schon ein Zimmer ausgesucht“, grinste Itachi.

„Wahrscheinlich wieder das beste von allen“, neckte sein Vater ihn.

„Ach was.“

„Was ist mit dir, Sasuke?“ Fragend blickte seine Mutter ihn an.

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Ich finde das hier ganz nett.“

Fugaku schüttelte leicht den Kopf und verließ das Zimmer. „Das sind mir zwei Marken…“, konnten sie ihn noch sagen hören, dann verhallten seine Schritte, als er die Treppe ins Erdgeschoss hinunter ging.

„Dann würde ich mal sagen: Willkommen zu Hause“, lächelte Mikoto.
 

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Sakura hatte versucht, die beiden Jungs unauffällig bei ihrer Hauserkundung zu beobachten. Und hätte sie noch ein Herz, hätte es sicher vor Schreck ein Mal ausgesetzt, als der Jüngere von beiden ruckartig in ihre Richtung blickte.

Vielleicht hatte er eine Ahnung, oder er hatte einfach nur ihren Blick im Nacken gespürt, aber Sakura war sicher, dass er sie nicht gesehen hatte, denn sie war noch rechtzeitig verschwunden. Doch nur, weil sie sich ein Mal vor ihm verstecken konnte, hieß es nicht, dass er sie nicht sehen könnte.

Sie hoffte inständig, dass die Familie das Haus kaufen würde. Die Eltern schienen zumindest hellauf begeistert zu sein, auch wenn nur die Frau dies so offenkundig zeigte.

Mit größter Vorsicht schwebte sie zurück in die Eingangshalle, wo sie den Vater mit dem Makler vorfand.

„Wir nehmen es“, hörte sie ihn zu dem Makler sagen und erst glaubte sie, sie hätte sich gar verhört, aber Sataro-san griff freudig lächelnd nach der Hand des Mannes und schüttelte sie überschwänglich.

„Ich freue mich, dass Ihnen das Haus so gut gefällt.“

Sakura wusste, dass er eher froh war das Haus endlich los zu sein, aber sie wollte sich nicht beschweren.

Endlich würde es in ihrer Existenz wieder eine Wendung geben.

Und vielleicht würde sie auch endlich Hilfe bei ihrer Erlösung bekommen.
 

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Huhu. ^^
 

Ja, ich lebe noch.

Es tut mir echt furchtbar leid, dass ich so lange gebraucht habe weiter zu schreiben. Aber es gab ein paar Sachen in meinem Leben, die haben mich ein bisschen umgeworfen, und als es mir wieder besser ging, da kam das Abitur.

Nun ja, jetzt wird es besser werden, denke ich. ^^‘
 

Hm, zum Kapitel an sich… Ich hoffe, es ist nicht zu langweilig geworden, aber ich persönlich finde Sakuras Erfahrungen doch sehr interessant und werde wohl später noch weiter darauf eingehen. Und irgendwann mussten die Uchihas schließlich das Haus bekommen, sonst kommt die Story ja nicht ins Rollen.
 

Ich wurde gefragt, wann Sakura verstorben ist. Das sage ich noch nicht, ich hab ein Datum, aber darauf werde ich ebenfalls später eingehen. Und vielleicht kann man es anhand von Sakuras Erfahrungen ja auch schon ungefähr festmachen. Und auch andere Details von ihrem Tod werde ich erst später aufdecken. Wohl schon im nächsten Kapitel.

Oh, und bevor ich es vergesse… Sakura weiß nicht, wie sie erlöst werden kann. Das muss sie selbst herausfinden. *drop* ^^‘‘‘
 

Dann möchte ich mich noch für all die lieben Kommentare und für bereits 65 Favoriten bedanken. Wow, und das nur nach dem Prolog…

Ich hoffe, dass die FF auch weiter so gut ankommt und würde mich über Lob und Kritik freuen. ^^
 

Greez,

dat hia

♥ Gossip ♥

Die nächsten Tage und Wochen gehörten zu den besten, die Sakura seit ihrem Tod erlebt hatte.

Nicht nur, dass neue Hoffnung einen Weg zur Erlösung zu finden in ihr entflammt war; mit den Uchihas hatte das Haus einen würdigen Besitzer gefunden.

Es machte ihr großen Spaß die Familie beim Renovieren zu beobachten und ihr ging ihr nicht mehr existentes Herz auf, weil sie den alten Charme des Hauses, den sie noch aus ihren Kindertagen kannte, wieder aufblühen ließen. Vor allem das Oberhaupt der Familie, Fugaku, setzte sich dafür ein. Seine Frau verpasste dem Gebäude einen modernen Touch, der gut mit den altertümlichen Elementen harmonierte. Genau wie ihre Söhne es voraus gesagt hatten.

Die Badezimmer wurden neu gemacht, die Holzböden von Experten aufgebessert und die vielen Räume erwachten durch neue Farbe an den Wänden und Möbel zu neuem Leben.

Während der Renovierungsarbeiten hatte Sakura auf ihre eigene Weise Nachforschungen angestellt, ob sie sich auch weiterhin Hoffnungen machen durfte.

Zuerst hatte sie den älteren der beiden Söhne überprüft, Itachi. Er hatte sich ein schönes Schlafzimmer ausgesucht, allerdings wurde diese Schönheit früher von Sachiko bedeckt, die in diesem Raum gelebt hatte. Immer wieder hatte sie es vorsichtig gewagt, langsam in sein Blickfeld zu kommen, doch er hatte sie nicht ein Mal bemerkt.

Ganz anders Sasuke. Jedes Mal, wenn sie in seine Nähe kam, schaute er abrupt in ihre Richtung, runzelte misstrauisch die Stirn und wandte dann Kopfschüttelnd den Blick wieder ab. Sie wich ihm aus – noch. Noch war sie nicht bereit dazu, sich ihm ganz zu zeigen, weil sie Angst vor seiner Reaktion hatte. Aber er bestätigte ihr ihren Verdacht, was sie sehr erleichterte.

Gerade jetzt beobachtete sie aus sicherer Entfernung, wie er mit seinem Bruder in ihrem alten Schlafzimmer dunkelblaue Farbe an die Wände strich, die sie mit cremefarbenen Akzenten aufhellten.

„Und vielleicht findest du ja endlich eine Freundin“, neckte Itachi seinen jüngeren Bruder.

Dieser verdrehte genervt die Augen. „Solltest du da nicht lieber erst an dich als an mich denken? Du hast schon lange niemanden mehr mitgebracht.“

Itachi zuckte lässig mit den Schultern. „Das muss ich meiner Familie ja nicht unbedingt antun“, grinste er.

„Ach, aber ich?“

„Na klar.“ Er piekte Sasuke in die Seite.

„Sicher nicht…“ Sasuke versuchte seinen Bruder zu ignorieren, der ihn immer wieder aufs Neue aufzog und pinselte stur Farbe an die Wand.

Mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht beobachtete Sakura das Geschehen. Dann schloss sie die Augen und ließ sich durch den Boden ins Erdgeschoss gleiten. Sie tat das nicht gerne und es war nicht immer ein angenehmes Gefühl durch Wände zu gehen, aber es ging schneller und konnte ihr vor allem sehr nützlich sein.

Unbemerkt von Mikoto und einigen Möbelpackern, die gerade ein paar Gegenstände durch die Gegend schleppten und von der Hausherrin dirigiert wurden, durchquerte Sakura das große Wohnzimmer und ging durch die geschlossene Tür in die Bibliothek.

Sakura freute sich, dass die Familie die Regale abgewaschen und neu gestrichen hatten. Es befanden sich schon viele Bücher in den einzelnen Fächern, doch noch lange waren nicht alle gefüllt. Sie ging zu einem der Regale und starrte auf die gebundene Ausgabe eines Buches mit Haikus – es hatte ihr gehört. Es war das gleiche Buch, das Sasuke vor etwa zwei Wochen gefunden und sie an dem schicksalhaften Tag gelesen hatte. Welch Ironie, dass das letzte Werk, das sie gelesen hatte, von Tod handelte.

Wie gerne sie wieder lesen würde, so hätte sie sich wenigstens in einsamen Zeiten beschäftigen können, aber sie konnte nicht nach Büchern greifen, sie nicht halten, fasste durch alles hindurch.

Ein lautloser Seufzer entwich ihren Lippen. Sie sollte nicht mehr an die schlechten Zeiten denken, sondern an die guten, die nun folgen würden.

Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Familie einzog. Und dann lag ihr Schicksal in Sasukes Händen…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sasuke schob die Tür vom Kühlschrank zu, lehnte sich dagegen und schraubte seine Colaflasche auf. Seine dunklen Augen huschten durch den Raum, waren auf der Suche. Wonach, wusste er selbst nicht.

Was er aber wusste war, dass er sich beobachtet fühlte, und das schon seit er zum ersten Mal in dieses Haus gekommen war. Jedes Mal, wenn er meinte Blicke auf sich zu spüren, kribbelte sein Nacken wie verrückt. Immer wieder sah er einen blassen weißen Schimmer aus den Augenwinkeln, doch wenn er es sich genauer ansehen wollte, fand er nichts vor. Wie oft war das nun schon geschehen? Er hatte aufgehört zu zählen, so häufig war es passiert.

Lautlos seufzend nahm er einen Schluck von seiner Cola, dann stieß er sich ab und schlug die Richtung zu seinem Zimmer ein.

Vielleicht wurde er auch paranoid, überlegte er, obwohl ihm das nicht wirklich gefiel. Aber man konnte es doch schon nicht mehr normal nennen, was da mit ihm los war.

Er sprintete die alte Holztreppe nach oben in den ersten Stock.

Seit zwei Tagen lebten sie nun hier und er hatte gehofft, dass es besser werden würde, wenn sie sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnt hatten. Eventuell hatte er sich von den ganzen Möbelpackern und sonstigen Helfern so beobachtet gefühlt. Aber er hatte sich geirrt, ganz zu seinem Leidwesen. Er hatte sogar das Gefühl, dass es noch schlimmer geworden war.

Selbst jetzt sah er sich automatisch nach irgendeinem Beobachter um.

„Fühlst du dich wieder mal verfolgt?“

Ungewollt zuckte Sasuke zusammen und er sah zu Itachi, der im Türrahmen zu seinem Zimmer lehnte und ihn fast schon besorgt musterte.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte Sasuke trocken, um die Situation zu überspielen. Er hatte nicht wirklich große Lust mit Itachi darüber zu reden. Das könnte er später mit seinen verrückten Patienten machen.

„Natürlich weißt du das.“ Itachi gab nicht so schnell auf und kam ihm jetzt sogar entgegen. Prüfend blickte er seinem jüngeren Bruder in die Augen. „Du wirkst so nervös die letzten Tage, siehst dich immer wieder um, als ob du nach etwas suchen würdest.“

Ärgerlich presste Sasuke die Lippen zusammen. Itachi war schon immer ein guter Beobachter gewesen – zu gut für seinen Geschmack. „Es ist nichts“, versuchte er Itachi zu beruhigen.

Skeptisch hob der Ältere eine Augenbraue. „Ach, wirklich?“

„Wirklich.“ Sasuke versuchte sehr überzeugt von seinen eigenen Worten auszusehen. Das letzte was er jetzt gebrauchen konnte war von Itachi in sein Zimmer verschleppt zu werden, um auf die Couch verfrachtet zu werden und dann über all seine Probleme zu reden.

Itachi seufzte und kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Was soll ich bloß mit dir machen?“

Gar nichts?, dachte Sasuke, erwiderte Itachi jedoch nichts.

„Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn dich irgendwas bedrückt und du reden möchtest.“ Wieder sah Itachi ihn an.

Brav nickte Sasuke. „Ja, weiß ich. Aber es ist wirklich nichts. Mir geht’s gut.“

„Schon gut, schon gut, ich lasse dich ja in Ruhe“, murrte Itachi und verschwand endlich wieder in seinem Zimmer.

Erleichtert seufzte Sasuke auf und ging in sein eigenes Zimmer, das neben dem vom Itachi lag. Lauter als gewollt warf er die Tür hinter sich ins Schloss.

Verärgert ließ er sich auf sein breites Bett fallen, ließ die Beine baumeln und starrte an die Decke.

Er musste dringend mit sich ins Reine kommen, sonst würde er wirklich irgendwann bei Itachi auf der Couch landen. Einfach an etwas anderes denken, ermahnte er sich selbst.

Langsam drehte Sasuke sich auf die Seite. Die Sommerferien waren vorbei, ab morgen würde er auf eine neue Schule gehen. Nicht gerne erinnerte er sich an den nervigen Abschied von seinen alten Mitschülern zurück. Einige Mädchen hatten sogar vor Angst geheult, ihn nie wieder sehen zu können. Er trauerte dort niemandem nach, war eher froh endlich von dort wegzukommen. Mit fast niemandem hatte er etwas zu tun haben wollen, er war ein Einzelgänger. Vielleicht wurde es ja auf der neuen Schule besser.

Sasuke richtete sich auf, um noch einen Schluck Cola zu trinken – und da war es wieder! Ganz eindeutig ein weißer Schimmer. Aber warum verschwand er jedes Mal, wenn er in diese Richtung schaute? Lief er etwa davon?

Was denke ich da eigentlich?! Davon laufen…, tadelte er sich selbst.

Er schloss kurz die Augen und hielt sich den Kopf. Wahrscheinlich war es besser, wenn er bald schlafen gehen würde. Er hatte schon wieder diese merkwürdigen Halluzinationen. Schlaf würde ihm da gut tun.

Und ab morgen würde er sowieso auf andere Gedanken kommen…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

„… und hier sind dein Stundenplan und eine Übersicht über Gebäude und Gelände, damit du dich auch zurecht findest.“

„Danke.“ Gelangweilt nahm Sasuke die Sachen entgegen, hängte sich seinen Rucksack über eine Schulter und verließ das Sekretariat.

Mit einem kurzen Blick auf seine Karte und den Stundenplan schlug er die Richtung zu seinem neuen Klassenzimmer ein. Als er dort ankam, schob er die Tür auf und lugte hinein. Es war noch niemand da, er war der Erste und konnte sich einen Platz aussuchen.

Sasuke steuerte den letzten Tisch an der Fensterreihe an und ließ sich daran nieder. Seinen Rucksack stellte er unter den Tisch, dann stützte er sein Kinn auf seine Hand und schaute hinaus.

Langsam füllte sich der Vorhof mit Schülern und allmählich fanden sich auch einige in seinem Klassenraum ein. Neugierig wurde er gemustert und er versuchte das Tuscheln der anderen zu ignorieren.

Nur wenig später setzte sich ein Junge mit blondem Haar einen Tisch vor ihn und grinste ihn freundlich an. „Hi!“, sagte er. „Du bist neu hier, oder?“

Innerlich seufzte Sasuke. Ein Schnellmerker. Aber er wollte nicht so sein und nickte. „Ja.“

„Ich bin Naruto“, stellte sich der Blonde vor.

„Sasuke“, erwiderte der Schwarzhaarige knapp.

„Uchiha, richtig?“, vermutete Naruto.

„Ja“, meinte Sasuke überrascht. Woher wusste er das?

Naruto lachte leise. „Wir sind Nachbarn, meine Eltern haben sich schon bei deinen vorgestellt“, erklärte er.

„Ah, Namikaze“, fiel es Sasuke wieder ein. Seine Mutter hatte ihm davon erzählt und war richtig begeistert gewesen, dass sie so nette Nachbarn hatten.

„Genau.“ Naruto nickte. „Sag mal…“ Er blickte sich um, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass ihnen niemand zuhörte. Aber da hoffte er vergeblich, die ganze Klasse schien wie gebannt an ihren Lippen zu hängen.

Misstrauisch hob Sasuke eine Augenbraue und wartete ab, was Naruto zu sagen hatte.

„Kannst du in dem Haus überhaupt schlafen?“, raunte Naruto ihm zu.

„Wieso sollte ich das nicht können?“, fragte Sasuke nach. Er war verwirrter als er wollte. Und neugierig…

„Du hast sie noch nicht gehört? Die…“ Er legte eine dramatische Pause ein. „…Geistergeschichten.“

„Geistergeschichten…?“ Sasuke wurde skeptisch. Sollte er sich jetzt etwa irgendwelche Märchen über das Haus anhören?

Naruto nickte erneut. „Schon lange erzählt man sich, dass es in eurem Haus spukt. Mich wundert es, dass du davon noch nichts gehört hast.“ Seufzend schüttelte er den Kopf, als ob er es nicht fassen konnte, wie ahnungslos Sasuke doch war.

„Eigentlich glaube ich nicht an Geister“, meinte Sasuke monoton. Aber gleichzeitig dachte er an den mysteriösen hellen Schimmer, den er immer wieder irgendwo im Haus sah und der ihn regelrecht zu verfolgen schien. Doch das konnte nicht… Das war ja albern. Jetzt glaubte er Naruto auch noch.

Der Blonde vor ihm hob einen Zeigefinger. „Einst lebte in dem Haus ein Vater mit seiner Tochter. Sie war wunderschön und unwiderstehlich, wie eine Sirene. Doch dann starb die Mutter des Mädchens und der Vater heiratete erneut. Und eines Tages fand der Vater seine Tochter tot auf dem Dachboden. Sie hatte sich erhängt. Seitdem spukt ihr jungfräulicher Geist durch das Haus und wartet auf Erlösung.“

„Warum hat sie sich umgebracht?“, wollte Sasuke wissen.

Naruto zuckte mit den Schultern. „Wer weiß? Vielleicht wollte ihr Vater sie zwingen einen alten Knacker zu heiraten.“

„Was erzählst du schon wieder für einen Mist?“ Verwundert beobachtete der Uchiha, wie sein Gesprächspartner von einem großen blonden Mädchen eine Kopfnuss verpasst wurde.

„Aua, Ino…“, schmollte Naruto.

Ino lächelte Sasuke entschuldigend an. „Hör nicht auf das, was er dir erzählt. Das Mädchen damals hat sich zwar umgebracht, aber es ist vollkommener Blödsinn, dass ihr Geist durch das Haus spukt. Es gibt keine Geister.“

„Das glaube ich auch nicht“, wiederholte er seine Worte. Trotzdem war er neugierig geworden, warum sich ein junges Mädchen das Leben nehmen sollte.

„Und wenn es doch spuken sollte?“ Dieses Mal sprach Naruto mit Ino. „Mein Vater hat mir erzählt, dass der Sohn eines ehemaligen Besitzers sogar in die Psychiatrie eingewiesen werden musste. Er sagte, der Geist würde mit ihm reden.“

Ino verdrehte ihre hellen blauen Augen und seufzte. „Dein Vater ist genauso abergläubisch wie du. Kushina sollte euch beiden mal die Flausen aus dem Kopf treiben.“

Beleidigt verzog Naruto das Gesicht, sagte aber nichts mehr.

Sasuke wurde nachdenklich. Was, wenn doch etwas an diesen Geistergeschichten dran war? Wenn sie wahr waren und wirklich der Geist des Mädchens durch das Haus spukte. Immer wieder musste er an dieses Leuchten denken, das Gefühl, beobachtet zu werden. Von ihr?

„Vergiss am besten, was er gesagt hat“, riss ihn ein Junge mit etwas längerem braunem Haar, das er zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte, aus seinen Gedanken.

„Nicht du auch noch, Shikamaru!“, beschwerte sich Naruto lauthals.

Shikamaru verdrehte genervt die Augen. „Ino hat vollkommen recht, du bist viel zu abergläubisch. Na und, dann kam der Typ eben in die Klapse, aber wohl nur, weil er sich einbildete Geister zu sehen.“

Naruto wandte sich an Sasuke. „Wenn du auch nur irgendetwas sehen solltest, dann will ich der erste sein, der davon erfährt.“ Er machte eine Pause. „Oder hast du schon etwas gesehen?“ Erwartungsvoll blickte er ihn an.

„Nein, hab ich nicht“, log Sasuke. Musste ja nicht jeder wissen, dass er langsam verrückt wurde. Und nachher steckte ihn sein Bruder in die Psychiatrie, weil er wie der Junge damals behauptete, Geister zu sehen.

„Wirklich schade.“ Naruto schien enttäuscht. Dann glitt sein Blick zur Tür. „Oh, Kakashi-sensei.“ Eilig schob er seinen Stuhl zurecht, sodass er wieder nach vorne sah.

Auch Sasuke sah nun zur Tür, durch die gerade ein Mann mit sturmgrauen Haaren getreten war – mindestens eine Viertelstunde zu spät zu seinem Unterricht.

„Nun hört auf euren neuen Mitschüler anzustarren als käme er vom Mond, damit wir anfangen können“, meinte Kakashi gelangweilt, als er vorne an der Tafel angekommen war.

Nur mit halbem Ohr hörte Sasuke zu, was Kakashi erzählte. Mit seinen Gedanken war er längst wieder bei dem Haus angekommen, und dem Geist, der wahrscheinlich dort mit ihnen lebte. Vielleicht war es nun an der Zeit, selbst einige Nachforschungen zu beginnen.
 

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Als Sasuke am Nachmittag nach Hause kam, wurde er gleich von seiner Mutter in die Küche gerufen. Lautlos seufzte er und kam dem Wunsch von Mikoto nach.

Mikoto stand am Herd und schüttete gerade ein paar Zutaten in einen dampfenden Kochtopf. Auf dem Küchentisch waren mehrere Teller und Besteck gestapelt.

Er deutete darauf. „Bekommen wir Besuch?“

„Ja, ich habe unsere Nachbarn zum Essen heute Abend eingeladen“, lächelte Mikoto. „Ich hatte euch doch erzählt, dass sie sich bereits bei uns vorgestellt hatten, oder?“

Sasuke nickte. „Ja, ihr Sohn ist bei mir in der Klasse“, meinte er.

„Das ist ja wunderbar“, freute sich seine Mutter. „Dann hast du ja gleich Anschluss gefunden.“ Sie rührte in dem Topf herum. „Wie ist deine neue Schule? Und deine Mitschüler?“, fragte sie neugierig.

„Sie sind alle sehr nett“, erzählte er wahrheitsgemäß. Er kam mit Naruto und seinen Freunden jetzt schon besser klar als je zuvor mit seinen alten Mitschülern. „Und die Lehrer sind auch okay“, fügte er hinzu, bevor seine Mutter ihn auch noch danach fragen würde.

„Also besser als deine alte Schule?“

Sasuke nickte. „Ja, ich denke schon.“

Mikoto beließ es dabei. „Würdest du bitte den Tisch im Esszimmer decken?“, bat sie ihren Sohn.

Ohne etwas zu erwidern nahm er sich die Teller und das Besteck und ging hinüber ins große Esszimmer. Er verteilte das Geschirr auf dem Tisch und kehrte dann zu seiner Mutter zurück, die ihm bereits Gläser bereit gestellt hatte, die er nun auch noch ins Esszimmer trug.

Als Sasuke nach oben in sein Zimmer gehen wollte, drehte er sich noch einmal zu seiner Mutter um. „Mama?“

„Ja?“ Fragend sah Mikoto ihn an.

Sasuke zögerte. „Hast du schon… irgendwelche Geschichten hier über das Haus gehört?“, fragte er schließlich.

„Nein“, antwortete seine Mutter. „Sollte ich denn da etwas wissen?“

Sasuke schüttelte den Kopf. „Nein, ist auch nicht so wichtig“, sagte er schnell. Dann drehte er sich um und lief über die Treppe ins Obergeschoss.

In seinem Zimmer angekommen pellte er sich aus seiner Schuluniform und zog sich dafür Jeans und ein dunkles T-Shirt an.

Es war Zeit für ihn, dass er mehr Nachforschungen anstellte. Seine Mutter hatte noch nichts gehört, später sollte er mit seinem Vater und Itachi sprechen. Vielleicht hatte er in der Uni ja sogar die gleiche Geistergeschichte gehört, die Naruto ihm erzählt hatte.

Doch jetzt führte sein Weg erst einmal über die alte mit Mustern verzierte Holztreppe auf den Dachboden des Hauses. Er war zum ersten Mal hier oben und sah sich prüfend um. Kisten, Truhen und sogar Möbel stapelten sich an den Schrägen und nur wenige Sachen erkannte er als die Besitztümer seiner Familie wieder. Einige der Gegenstände waren schon sehr alt und Sasuke vermutete schon fast, dass sie noch den ersten Hausbewohnern gehörten.

Sasuke hob den Kopf und starrte an die Decke. Lange Holzbalken durchzogen den gesamten Raum und einige waren so tief, dass man sie mit Hilfe einer der alten Truhen sicher hätte erreichen können.

Wieder schoss ihm die Frage durch den Kopf, warum sich das Mädchen, das in diesem Haus gelebt hatte, gerade hier das Leben nahm. Und was war ihr Grund gewesen?

Leise seufzte er. Vielleicht würde er in einer der alten Kisten etwas finden, was auf die ehemaligen Besitzer hindeutete, sonst würde er versuchen etwas im Internet herauszufinden.
 

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Sakura hatte beobachtet, wie Sasuke und Itachi morgens das Haus verlassen hatten, um zur Uni oder Schule zu fahren.

Als Sasuke schließlich am Nachmittag nach Hause zurückkehrte, hatte sie ein Gespräch zwischen ihm und seiner Mutter belauscht. Er hatte sie gefragt, ob sie schon irgendwelche Geschichten über das Haus gehört hatte.

Sollte das etwa heißen, dass er selbst schon etwas von den Geistergeschichten mitbekommen hatte? Sakura hoffte inständig, dass er nicht so reagieren würde wie die zwei vor ihm. Sie wünschte sich so sehr Hilfe. Erlösung. Freiheit. Wie gerne würde sie sich nur noch ein Mal den späten Frühlingswind durch die Haare wehen lassen.

Sakura war überrascht gewesen, als er auf den Dachboden gegangen war. Unauffällig war sie ihm gefolgt und hatte ihn dabei beobachtete, wie er sich neugierig in dem weitläufigen Raum umgesehen hatte, so als würde er nach etwas suchen. Dann hatte er die Dachbalken inspiziert – und Sakura verstand.

Es sollte wohl so sein, dass er irgendwelche Geschichten gehört zu haben schien, dass sich vor Jahren hier ein Mädchen das Leben nahm. Dass sie sich umgebracht hatte, allem Anschein nach.

Sie wollte nicht, dass er die Lügengeschichten glaubte. Sie wollte, dass er die Wahrheit erfuhr, über sie und über ihren Tod.

Sakura fasste einen Entschluss. Zögernd kam sie aus ihrem Versteck hervor und setzte sich vorsichtig, um nicht hindurch zu fallen, auf die alte bunt bemalte Truhe in seiner Nähe, die sie in die Todesfalle gelockt und ihr Vater hier gelassen hatte.

Nervös wartete sie. Er war nun fast in ihrer Reichweite.

Langsam sah Sasuke auf und blickte in ihre Richtung.

Und dieses Mal lief Sakura nicht davon.
 

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Hola!
 

Wow, dieses Kapitel kam selbst für mich schneller als erwartet.

Aber da ich nun mein Abi bestanden habe (YES!), habe ich ein bisschen mehr Zeit zum Schreiben, zumindest bis zu meinem Ausbildungsbeginn im August. x33

Gewöhnt euch bitte nicht daran, dass es so schnell geht, denn ich muss jetzt erst mal ein, zwei Pflichtsachen schreiben, deswegen weiß ich nicht, wann es weiter gehen wird. Tut mir leid, aber ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben schnell weiter zu machen.
 

Wie hat euch das Kapitel gefallen?

Ich weiß, ich bin gemein gerade an dieser Stelle aufzuhören, aber so wird es doch nur spannender. xD

Ich habe Naruto seine Eltern gelassen und ihm den Nachnamen seines Vaters verpasst, weil ich die Vorstellung schön finde, dass die drei endlich eine richtige Familie sein können.
 

Und… jetzt ist auch klar, dass es so aussah, als hätte sich Sakura erhängt. Tjaja…
 

Ich möchte mich für all die lieben Kommentare bedanken und 79 Favoriten. Sind mehr geworden seit dem letzten Mal. :D

Auch dieses Mal würde ich mich natürlich über Kommentare (Lob und Kritik) freuen. ^^
 

Abayo,

eure hia

♥ Talk ♥

Schon fast fasziniert starrte Sasuke das Wesen an, das dort vor ihm auf einer alten, bunt bemalten Kiste saß… Oder sollte er sagen schwebte?

Ohne es wirklich zu wissen war er davon überzeugt, dass das der Geist des Mädchens war, von dem Naruto ihm erzählt hatte.

Ihr Körper war so gut wie durchsichtig, doch trotzdem konnte er ihre blasse Haut erkennen, ihr langes rosafarbenes Haar und trübe aber dennoch beeindruckende grüne Augen. Ihr zierlicher Körper war in einen weißen Kimono gewickelt, der sie noch bleicher wirken ließ als sie es eh schon war. Ihre schlanken Hände hatte sie in ihren Schoß gebettet und ihm war so, als ob diese großen Smaragde erwartungsvoll zu ihm aufblicken würden.

Doch was erwartete sie von ihm? Dass er schreiend davon laufen würde? Schockiert von ihrem Auftritt war?

Was sollte er tun? Was sollte er sagen? Mit ihr reden? Weglaufen? Itachi einen Grund geben, ihn wirklich in die Klapse stecken zu können, weil er Geister sah und sich mit ihnen unterhielt?

Sasuke versuchte wegzuschauen, aber sie zog seinen Blick immer wieder wie magisch an.

Leise räusperte er sich und versuchte so, seine Sprache wiederzufinden. „Bist du nicht etwas zu früh dran?“, brachte er schließlich hervor.

Mit ihrer Reaktion hätte er nicht gerechnet – und wieder war er fasziniert. Ein Glockenhelles Lachen erfüllte seine Ohren, doch gleichzeitig klang es wie vom Winde verweht, weit weg, so als würde es ihn aus weiter Ferne erreichen.

„Warum müsst ihr an so etwas wie die Geisterstunde glauben?“, stellte sie die Gegenfrage mit einem neckischen Unterton. Ja, ihre Stimme war wie ein Wispern im Wind…

„Eigentlich glaube ich nicht an Geister“, sagte er zum zweiten Mal an diesem Tag. Seine Aussage klang nun selbst für ihn albern, schließlich saß der lebende Beweis vor ihm. Obwohl sie sicherlich nicht mehr ganz so lebendig war.

„Wäre ich nicht selbst einer würde ich es auch nicht glauben“, erwiderte sie ihm mit einem traurigen Lächeln.

Sasuke fuhr sich mit einer Hand durch seine dichten schwarzen Haare. Er glaubte nicht, was er hier tat – er redete tatsächlich mit einem Geist! Aber vielleicht war sie auch die Antwort auf sein Gefühl paranoid zu werden.

„Warum verfolgst du mich?“, sprach er seine Gedanken aus.

Kurz wandte sie den Blick ab, schien zu überlegen, dann sah sie ihn wieder an, entschlossen, so wie es ihm schien. „Denkst du wirklich, ich würde dich verfolgen?“

„Mir kommt es schon so vor“, brummte er.

„Ich würde nicht sagen, dass ich dich verfolge. Eher würde ich es als eine gesunde Portion Neugier bezeichnen, schließlich möchte ich schon wissen, wer meine neuen Mitbewohner sind.“

„Wenn du uns kennenlernen willst, warum zeigst du dich dann nicht einfach?“, fragte er und klang dabei verwirrt.

„Habe ich das nicht jetzt getan?“, antwortete sie mit Unschuldsmiene.

Sasuke konnte sie nicht verstehen. „Warum erst jetzt?“

Ein trauriges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Wie reagieren Menschen normalerweise, wenn sie etwas Unbekanntes sehen, einen Geist? Sie haben Angst, laufen davon. Und das wollte ich nicht riskieren. Ich hatte so gehofft, dass ihr das Haus kaufen würdet. Ich war schon wieder so lange allein…“ Ihre Stimme war immer leiser geworden, bis er sie zum Schluss kaum noch verstanden hatte.

„Und deshalb hast du dich vor uns versteckt?“, wollte er wissen.

Langsam nickte sie. „Ja…“

Ein kurzes Schweigen trat ein, das Sasuke nicht zu füllen wusste.

„Du hast die Geschichten gehört, oder?“, brach sie schließlich mit einem Flüstern das Schweigen.

„Ja, ein paar Sachen habe ich gehört“, gab Sasuke zu.

„Bitte glaub sie nicht“, flehte sie, schon fast verzweifelt.

Das verwirrte ihn noch mehr. „Wieso?“

„Es ist nicht wahr, was sie sich erzählen. Und ich will nicht, dass du diese Lügengeschichten für wahr hältst“, presste sie hervor.

„Es stimmt also nicht, dass du einen Jungen in die Psychiatrie gebracht hast?“, fragte er nach.

Sie schien peinlich berührt. „Oh, das…“ Nervös strich sie ihren Kimono glatt. „Das könnte schon wahr sein“, sagte sie schließlich leise. „Aber das war keine Absicht!“, fügte sie schnell hinzu, wie um sich zu rechtfertigen. „Ich wollte mich nur mit ihm unterhalten, da er mich doch sehen konnte, aber er schien mit der Tatsache nicht leben zu können, dass er mit mir reden konnte und andere nicht. Er dachte, er würde verrückt werden.“

Irgendwie überraschte es Sasuke, dass Naruto recht zu haben schien. Aber wenn diese Geschichte wahr war, was war dann in ihren Augen eine Lüge? Er dachte an den Vormittag zurück und an die Geschichte über den Geist eines Mädchens, das sich das Leben genommen hatte. Meinte sie das?

„Also, wenn das wahr ist, dann hoffe ich, dass ich nicht genauso enden werde“, meinte Sasuke und brachte den Geist dadurch noch mehr in Verlegenheit.

„Ich wollte das wirklich nicht“, wisperte sie.

„Würdest du mir erzählen, an was für Geschichten ich dann nicht glauben soll?“, fragte er, um sie von ihren Schuldgefühlen abzulenken, aber auch, damit er endlich eine Antwort auf seine Fragen bekam. Wieder fiel ihm der Grund ein, warum er überhaupt hier auf dem Dachboden war und sein Blick wanderte automatisch zu den Dachbalken zurück, die er zuvor inspiziert hatte.

„Genau das meine ich.“ Ihre traurige und verzweifelte Stimme zog seine Aufmerksamkeit zurück auf sie. Sie deutete mit einer blassen Hand auf einen der Dachbalken. „Es ist nicht wahr.“

„Wenn es nicht wahr ist, woher kommen dann die Geschichten?“ Sasuke wusste, dass sie hier über ihren Tod redeten und dass so ein Thema sehr heikel war, aber er konnte sie jetzt nicht mit Samthandschuhen anpacken, er war einfach schon zu neugierig geworden.

Sie starrte ihn an, schien nach den richtigen Worten zu ringen, die ihm die Sache erklären könnten, doch so weit kam sie nicht.

„Sasuke?“, ertönte Itachis Stimme von unten.

Sasukes Blick wanderte zur Treppe, die auf den Dachboden führte, dann zurück zu dem Geist des Mädchens. „Willst du dich nicht verstecken? Oder soll er dich sehen?“

„Er kann mich nicht sehen“, erwiderte sie ihm und blieb in Seelenruhe auf der Truhe sitzen.

Sasuke konnte schon Itachis schwere Schritte auf den Holzstufen hören, doch trotzdem musste er noch mit ihr reden. „Er kann dich nicht sehen?“, fragte er verdutzt nach.

Sie schüttelte nur den Kopf und zeigte in Richtung Treppe, an deren Absatz gerade Itachi erschien.

„Ach, hier bist du. Ich soll dich holen, unsere Nachbarn kommen gleich zum Essen“, meinte Itachi.

Noch immer hing Sasukes Blick an dem Geist fest, die Itachi musterte, der jetzt näher kam. „Das ist wirklich ein schönes Stück“, bemerkte sein älterer Bruder, als er die Truhe entdeckte. „Die ist bestimmt schon alt.“

Sasuke traute kaum seinen Augen, als Itachi sich vorlehnte und durch die Beine des Mädchens hindurchpackte, um die Kiste zu berühren. Sie hatte recht, er konnte sie wirklich nicht sehen, sonst hätte er sie spätestens jetzt bemerkt.

Itachi strich unterdessen anerkennend über das alte Holz, dann wandte er sich Sasuke zu. „Kommst du dann?“

Sasuke nickte langsam. „Ich komme nach.“

Itachi zuckte mit den Schultern. „Na schön.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und Sasuke hörte, wie seine Schritte allmählich auf den Treppenstufen verstummten. „Jetzt redet er schon mich sich selbst“, vernahm Sasuke noch, ehe er sich wieder dem Geist widmete.

„Warum?“, fragte er das Mädchen, sobald er glaubte Itachi sei außer Hörweite.

„Ich weiß es nicht“, erwiderte sie. „Geh jetzt lieber. Ich laufe nicht mehr weg und später werde ich es dir erzählen.“

Kaum merklich nickte Sasuke, dann drehte er sich um, verließ ohne ein weiteres Wort den Dachboden und ließ den Geist zurück. Den Geist, von dem er immer noch nicht wirklich glauben konnte, dass er wirklich existierte.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sakura hatte nicht erwartet, dass Sasuke nicht negativ auf ihre Erscheinung reagieren würde. Eher hätte sie damit gerechnet, dass er sich wie der Letzte verhalten hätte, der sie sehen konnte – zwar von ihrer Existenz wissen, sie aber ignorieren.

Doch er schien sich tatsächlich für ihre Geschichte zu interessieren, war verwirrt und neugierig zugleich gewesen.

Und er hatte sie in Verlegenheit gebracht. Wenn sie gekonnt hätte wäre sie sicherlich rot angelaufen. Es war ihr unangenehm, dass jemand wegen ihr in die Psychiatrie musste und dass sogar heute noch Leute davon wussten… und dass Sasuke hoffte, er würde nicht genauso enden. Das wünschte sie sich auch, vor allem weil er ihre einzige Hoffnung war und sein Bruder auch noch Psychologie studierte. Außerdem schien Itachi etwas zu ahnen…

Aber über Itachi wollte sie sich nun keine Gedanken machen. Eher wollte sie sich überlegen, wie sie Sasuke am besten erklären könnte, dass ihre Stiefmutter schuld an ihrem Tod war und sie sich nicht selbst das Leben genommen hatte. Noch immer war dies einer der schwierigsten Momente ihrer ganzen Existenz.

Die Türklingel riss sie aus ihren Gedanken und sie sah auf. Vielleicht sollte sie sich nun erst mal ablenken und später wieder über ihre Probleme nachdenken.

Sie schloss die Augen und ließ sich durch den Boden des Dachbodens sowie der ersten Etage gleiten, um ebenfalls die Besucher der Uchihas zu empfangen.

Und eventuell könnte sie ja auch mal Sasuke ein wenig vom Essen ablenken…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sasuke gesellte sich zu Itachi in die Eingangshalle. Beide standen mit einigem Abstand zur Haustür, an der seine Eltern gerade Naruto mit seinen Eltern empfingen. Sasuke bemerkte, dass der Blonde seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war, während seine Mutter flammend rotes Haar hatte und ihm so gar nicht ähnlich war.

Naruto grinste ihm fröhlich entgegen, während sich Fugaku und Mikoto mit seinen Eltern die Hände schüttelten und Fugaku ihnen schließlich seine beiden Söhne vorstellte.

Und dann sah er sie – wie aus dem Nichts war sie aufgetaucht, schwebte nun zwischen Naruto und Minato und musterte beide neugierig.

„Sie sehen nett aus“, sagte sie ihm schließlich mit einem Lächeln. „Ich habe sie schon oft draußen beobachtet.“

Sasuke presste die Lippen aufeinander und versuchte sie zu ignorieren, dann folgte er seiner Familie und den Namikazes ins Esszimmer.

Am Tisch setzte er sich auf einen Platz zwischen Itachi und Naruto. Doch wieder folgte sie ihm, als würde es ihr Spaß machen ihn abzulenken. Sie… Fast erschrocken stellte Sasuke fest, dass er gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Für ihn war sie einfach nur der Geist gewesen.

Er beschloss, sie später danach zu fragen und versuchte nun sie einfach auszublenden und so zu tun, als würde sie ihm nicht gegenüber auf der Fensterbank sitzen.

„Und, was hältst du von der neuen Schule, Sasuke-san?“, wurde er von Kushina, Narutos Mutter, gefragt und war froh über die Ablenkung.

„Auf jeden Fall besser als die alte“, antwortete Sasuke höflich.

„Er wird sie schon noch lieben lernen“, mischte sich Naruto ein. „Ich helfe ihm gerne dabei.“

„Ist das nicht wunderbar, dass unsere Söhne in der gleichen Klasse sind? So hat Sasuke es gleich leichter, sich einzugewöhnen“, meinte Mikoto, noch immer begeistert, während sie die Vorspeise unter ihren Gästen und ihrer Familie verteilte.

„Es ist wirklich ein netter Zufall“, stimmte Kushina mit einem Lächeln zu.

„Ist es eigentlich normal, dass Kakashi-sensei viel zu spät kommt?“, fragte Sasuke an Naruto gewandt, mehr um das Gespräch aufrecht zu erhalten als aus Neugierde. Der Geist war noch immer eine zu große Ablenkung für ihn.

„Ja, das passiert ihm täglich. Ich habe bis jetzt nur ein Mal erlebt, dass er pünktlich war, und das nur, weil der Rektor seinen Unterricht besuchen wollte. Ich glaube, er wäre schon längst gefeuert worden wäre er nicht so ein guter Lehrer“, erzählte Naruto und stopfte sich etwas von der Vorspeise in den Mund.

„Hm“, machte Sasuke. Er wusste nicht, was er noch dazu sagen sollte.

Sein Blick huschte erneut zu dem Geist, der gespannt ihren Gesprächen lauschte.

„Die anderen scheinen gut mit dir klar zu kommen“, plapperte Naruto weiter und irgendwie war Sasuke ihm dankbar dafür.

„Ach ja?“, fragte er nach.

Naruto nickte. „Sogar Shikamaru hat mal ein Wort raus bekommen.“

„Mir schien er sehr gesprächig zu sein“, meinte Sasuke.

„Das war nur, weil er seinen Standpunkt vertreten wollte. Normalerweise liegt er nur gerne schweigend auf der faulen Haut und starrt in den Himmel. Man kann ihn nicht für viel begeistern“, erklärte der Blonde.

„Und was ist mit Ino? Sie scheint ziemlich… dominant“, bemerkte Sasuke.

„Oh ja, sie kann eine ganz schöne Zicke sein und man muss sich echt vor ihr in Acht nehmen, aber eigentlich ist sie ganz nett. Ich weiß trotzdem nicht, wie Shikamaru sie aushalten kann. Er sagt selbst, dass er sie mühsam findet.“ Naruto verdrehte demonstrativ die Augen.

„Die beiden sind ein Paar?“, erkundigte sich Sasuke überrascht.

„Man merkt es nicht wirklich, oder? Aber zu den beiden passt wohl ein ‚Was sich liebt, das neckt sich‘ am besten“, sagte Naruto amüsiert.

„Und du bist mit Hinata zusammen?“

Naruto verschluckte sich an seinem Wasser und hustete lautstark, während sein Vater vergnügt lachte und seine Mutter leise kicherte.

Naruto holte tief Luft. „Du… hast das bemerkt?“ Er schien fast peinlich berührt.

„Es war nicht schwer zu übersehen“, meinte Sasuke.

„Sasuke war schon immer ein guter Beobachter“, mischte sich nun auch Itachi ein, der ebenfalls belustigt schien.

„Na wunderbar.“ Naruto schien nicht gerade begeistert, doch er musste sich wohl oder übel geschlagen geben.

Sasuke musste schmunzeln. Vielleicht wurde der Abend ja doch nicht so schlecht… auch mit Geist, der einen ständig beobachtete.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Der Abend zog sich dahin und selbst nach dem Essen blieben die Namikazes noch und leisteten den Uchihas im Wohnzimmer Gesellschaft.

Doch irgendwann schnitt Minato ein Thema an, das Sasuke für den Abend eigentlich verdrängen wollte. „Haben Sie eigentlich die Geschichten über Ihr Haus gehört?“ Fragend blickte der Mann Fugaku und Mikoto an.

„Was für Geschichten?“, erkundigte sich Fugaku misstrauisch.

„Oh ja Papa, erzähl sie ihnen!“, unterstützte Naruto begeistert seinen Vater.

„Minato, bitte. Das muss nun wirklich nicht sein“, flehte Kushina ihren Mann an und verdrehte kurz genervt die Augen.

Minato winkte ab. „Als würde da was Wahres dran sein, es sind nur Geschichten.“ Er zwinkerte seinem Sohn zu, von dem Sasuke glaubte dass er gleich vor Vorfreude aufspringen und durchs Wohnzimmer tanzen würde.

„Man erzählt sich, dass es hier spuken soll“, sagte Minato schließlich.

„Spuken?“, fragte Mikoto besorgt nach.

Minato nickte. „Ja, vor ein paar Jahrzehnten soll sich hier die Tochter des Hauses erhängt haben.“

Sasukes Blick wanderte unauffällig zu dem Geist, der ihnen ins Wohnzimmer gefolgt war und er dachte, dass ihr jeden Moment Tränen über die Wangen laufen würden. Sie blickte zu ihm und schüttelte verzweifelt den Kopf.

„Ich glaube nicht an Geister“, meinte Fugaku bestimmt. „Es gibt einfach keine.“

Das hatte Sasuke auch gedacht, bis er sie kennengelernt hatte.

„Ich habe die Geschichten auch gehört. Man hat mir in der Uni davon erzählt als sie fragten, wo ich hingezogen bin“, mischte sich Itachi in das Gespräch ein.

„Natürlich gibt es keine Geister. Meine beiden Jungs sind leider sehr abergläubisch und glauben viel, was man ihnen erzählt“, entschuldigte sich Kushina mit einem reuevollen Lächeln für das Verhalten ihrer Familie.

„Oh, das ist doch in Ordnung“, erwiderte Mikoto freundlich.

Wieder blickte Sasuke aus den Augenwinkeln heraus zu dem Geist, der schon fast niedergeschlagen da saß.

„Ich… gehe lieber“, wisperte sie ihm zu. „Ich rede später mit dir.“

Fast hätte er laut nach Luft geschnappt als er sah, wie sie ihren Platz verließ und einfach durch die nächste Wand verschwand.

„Hey, Sasuke.“ Naruto wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht herum. „Alles klar bei dir?“

„Ja“, meinte Sasuke schnell. „Tut mir leid, ich war nur etwas in Gedanken.“

Innerlich schalt er sich selbst. Was war nur los mit ihm? Was zur Hölle hatte dieser Geist mit ihm angestellt?

Er versuchte Itachis forschendem Blick auszuweichen und sich stattdessen wieder auf die Gespräche zu konzentrieren und sich mit einzubringen.

Erst später würde er sich wieder Gedanken zu seinem Geister-Problem machen.
 

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Nachdem sich die Namikazes verabschiedet hatten – nicht ohne ein Versprechen an Naruto dass sie morgen gemeinsam zur Schule gehen würden – folgte Sasuke seinem älteren Bruder nach oben in die erste Etage.

„Was ist los mit dir?“, wurde er plötzlich von Itachi gefragt.

„Was soll mit mir los sein? Nichts“, erwiderte Sasuke genervt. Fing er schon wieder damit an?

„Erzähl mir nichts“, sagte Itachi. „Du bist in letzter Zeit wirklich… komisch. Wenn dir etwas auf dem Herzen liegt, dann kannst du mit mir reden.“

„Das ist doch albern“, meinte Sasuke und ging ohne ein weiteres Wort in sein Zimmer.

Dort wurde er schon von dem Geist erwartet – als hätte er das nicht ahnen können. Sie saß auf seinem Bett und starrte mit trübem Blick Löcher in die Luft.

Leise seufzte er. „Wie heißt du?“, stellte er ihr die Frage, die ihn schon den ganzen Abend lang quälte.

Sie wandte ihm den Blick zu und es schien ihm, als würde eine Ewigkeit vergehen, ehe sie ihm antwortete. „Sakura.“ Wieder war ihre Stimme so leicht wie der Wind.

„Also, Sakura…“ Sasuke kratzte sich leicht am Hinterkopf. „Möchtest du mir nun deine Geschichte erzählen oder nicht? Die Lügengeschichten aus der Welt schaffen…“

Wieder dauerte es eine Weile, bis sie etwas sagte. „Ja, das möchte ich. Sehr sogar.“

„Na schön.“ Sasuke ließ sich vor ihr auf dem Boden nieder. „Dann fang an.“

Sie nickte. Und dann begann sie zu erzählen.
 

~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~
 

Hola. ^^
 

Das Kapitel kommt doch eher als angenommen, aber auch nur, weil ich mit „Ghost Whisperer“ im Moment besser klar komme als mit anderen Sachen.
 

Nun, wie hat es euch gefallen?

Ich bin irgendwie total unsicher…
 

Ich habe die Geschichte noch einmal durchdacht und beschlossen, dass Itachi und auch Naruto eine größere Rolle spielen werden. Vielleicht werde ich so auch Hinata noch ein bisschen mehr einbringen, das weiß ich aber noch nicht genau.

Also, haltet die Augen offen, Naruto wird bald in der Charakterbeschreibung ergänzt.
 

Weiter im Text… Die Pairings, die ich in diesem Kapitel erwähnt habe, bleiben Nebensache und ich werde wohl nicht weiter darauf eingehen.
 

Und dann zum Schluss noch ein kleines „Rätsel“. Ich habe vor, noch eine Person einzubringen, die irgendwie „wichtig“ sein könnte. Kleiner Tipp, diese Person ist kein/e Jugendliche/r. Wer könnte das sein…?
 

Ich möchte mich auf jeden Fall noch für all die lieben Kommentare und 90 (!) Favoriten bedanken. Wo kommen die auf einmal alle her…?

Bis zum nächsten Mal~
 

Abayo,

dat hia

♥ Sakura’s Story ♥

Gespannt und erwartungsvoll sah Sasuke zu Sakura auf, die nun begann, ihre Geschichte zu erzählen.

„Ich wurde am 28. März 1910 in Tokyo geboren. Mein Vater war Bankdirektor und meine Mutter die Tochter von einem seiner besten Kunden. Sie lernten sich bei einem Geschäftsessen kennen und lieben. Ende 1908 kaufte mein Vater dieses Haus, damit er sich hier mit meiner Mutter ein Leben aufbauen und eine Familie gründen konnte.

Ich wuchs wohl behütet auf, mein Vater ging arbeiten und verdiente das Geld, meine Mutter blieb bei mir zu Hause und kümmerte sich um mich. Als ich alt genug war, arrangierte mein Vater einen Hauslehrer für mich. Ich lernte schnell und auch gerne, war immer wissbegierig etwas Neues über die Welt zu erfahren. Im Winter verbrachte ich Stunden in der Bibliothek meines Vaters oder meine Mutter brachte mir Handarbeit bei. An warmen Tagen war ich viel draußen. Ich ging mit meiner Mutter spazieren oder wir trafen uns mit einer ihrer Freundinnen und deren Tochter zum Tee trinken. Ich glaubte, dass ich das glücklichste Mädchen auf der ganzen Welt war und dass ich es nicht besser haben konnte.

Doch dann wurde meine Mutter krank. Mir zerbrach das Herz bei ihrem Anblick, ich konnte es nicht ertragen mit anzusehen, wie sie jeden Tag schwächer und schwächer wurde. Mein Vater war verzweifelt, die Ärzte konnten ihr nicht helfen. Kurz vor Neujahr 1926 erlag sie ihrer Krankheit und starb. Sie hatte Leukämie.“

Sasuke beobachtete, wie sich ihr Gesicht schmerzvoll verzerrte. Sie hatte den Kopf geneigt und die Augen geschlossen, schwelgte in dieser tragischen Erinnerung. Eine silbrige Träne floss ihr über die Wange.

Betreten sah er zu Boden. „Das… tut mir leid.“ Er fühlte sich dazu verpflichtet ihr sein Mitgefühl entgegen zu bringen.

Kaum merklich schüttelte Sakura den Kopf. „Sie war so ein guter Mensch, den Tod hatte sie nicht verdient.“

„Was passierte dann?“, wollte Sasuke wissen.

„Kummer erfüllte mein Herz, mein Leben schien sinnlos. Mein Vater und ich lebten in Trauer, ich fühlte mich, als säße ich in einem tiefen schwarzen Loch, gefangen in der Dunkelheit, die an meinem Herz und meiner Seele reißt… Doch bald holte uns der Alltag wieder ein. Mein Vater ging wieder regelmäßig zur Arbeit und ich war alleine mit dem Personal zu Hause. Trotzdem schien es so leer ohne die Anwesenheit meiner Mutter. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, versteckte mich in der Bibliothek in der Welt der Bücher, der Sagen, Geschichten und Gedichte. In dieser Zeit halfen mir die Haikus von Basho Matsuo dabei, über meine Einsamkeit und Trauer hinweg zu kommen. Noch immer bin ich traurig über den Tod meiner Mutter, ich habe sie so sehr geliebt, aber wenigstens konnte ich mich mit dem Wissen trösten, dass sie im Jenseits ohne ihre Schmerzen leben konnte.

Mein Vater war der Einzige, der mir geblieben war. Wir verbrachten jede freie Minute miteinander, spendeten uns gegenseitig Trost, versuchten uns abzulenken von der Tatsache, dass wir nun nur noch zu zweit waren. Zumindest dachte ich, dass wir nur noch zwei wären…“ Sakuras Finger verkrampften sich und krallten sich fest in ihren Kimono. Sie schien besonders mit dieser Erinnerung schwer zu kämpfen zu haben, rang mit sich selbst, versuchte angestrengt nicht die Fassung zu verlieren. „Aber nein, ich hatte mich geirrt. Da war noch Leiko…“

„Leiko?“, fragte Sasuke vorsichtig nach. „Wer war sie?

„Sie war der Grund dafür, dass mein Leben zur Hölle wurde. Ihre Tochter Sachiko war das Höllenfeuer, Leiko der Teufel in Person.“ Sakura presste ihre blassen Lippen aufeinander und Sasuke gab ihr die Zeit sich zu sammeln. Dann erzählte sie weiter. „Mein Vater hatte sie auf einer Geschäftsreise kennengelernt. Ich selbst traf sie erst im Sommer 1927, als sie und mein Vater schon verheiratet waren. Er wollte mich überraschen, mir eine neue Mutter schenken und gleich dazu eine Schwester. Dabei hatte er mich nicht einmal gefragt, ob ich das überhaupt wollte. Das habe ich nämlich nicht gewollt, nicht im Geringsten. Man konnte meine Mutter einfach nicht ersetzen, und Leiko wäre erst recht kein Ersatz für sie geworden.

Aber ich hatte keine andere Wahl als die Entscheidung von meinem Vater zu akzeptieren und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich weiß, dass er es nur gut mit mir meinte und nicht wollte, dass ich weiter alleine war und meine Mutter vermisste, aber er hatte mir wirklich keinen Gefallen mit der Heirat getan.

Leiko und Sachiko zogen noch an dem Tag bei uns ein, an dem ich sie kennen lernte. Und das nicht einmal ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter. Es verletzte mich wirklich, doch gleichzeitig konnte ich meinem Vater auch keine Vorwürfe machen.“

Sasuke ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Ihre Mutter war gestorben, ihr Vater hatte ihr ohne etwas zu sagen erneut geheiratet und seine zweite Ehefrau war anscheinend ein richtiges Biest. War sie also der Grund, dass sich Sakura umgebracht hatte? Weil sie es nicht mehr aushielt? Das könnte man nach ihren Worten annehmen, aber Sakura selbst war da offenbar anderer Meinung. Er unterdrückte einen Seufzer. Wenn er die Wahrheit wissen wollte, dann sollte er sich einfach ihre Geschichte zu Ende anhören. „Warum war sie die Hölle?“, erkundigte er sich deshalb, um sie zum weiter reden zu ermutigen.

„Weil sie keine Mutter für mich war, wie mein Vater es geplant hatte“, sagte Sakura. „Sie behandelte mich als wäre ich geistlich eingeschränkt und dumm, schubste mich herum statt das Personal wenn sie etwas brauchte und beschwerte sich bei meinem Vater über Sachen, die ich gar nicht getan hatte. Wenn mein Vater in der Nähe war tat sie immer so, als wäre ich wie eine richtige Tochter für sie, aber wenn er auf Geschäftsreisen war legte sie ihre Maske ab und zeigte ihr wahres Gesicht. Selbst wenn mein Vater uns Geschenke mit nach Hause brachte konnte sie nicht umhin sich zu beklagen, dass ich immer die besseren und teuren Sachen bekam.

Damit ließ es sich noch durchaus leben, selbst mit dem Hausunterricht mit Sachiko, die mich mit ihrer Beschränktheit vom Lernen abhielt, aber das Schlimmste war…“ Sakuras Stimme brach ab und wieder zeigte sie Sasuke die verletzte Fassade wie schon zuvor, als sie von ihrer Mutter erzählte. Sie sammelte sich und holte tief Luft. „Das Schlimmste für mich war, dass sie mir meinen Vater weggenommen hat. Das Letzte, das mir noch blieb. Da er oft unterwegs war sah ich ihn sowieso schon selten, und wenn er mal zu Hause war wurde er von Leiko und Sachiko belagert. Selbst wenn mein Vater sich mir zuwandte, fand Leiko doch immer einen Weg wieder von mir abzulenken. Ich war… alleine…“ Wieder beobachtete Sasuke, wie eine schimmernd silberfarbene Träne über ihr bleiches Gesicht lief. „So allein…“, wisperte sie erneut.

Urplötzlich sah sie zu ihm auf. „Bitte, sag nichts. Ich weiß was du denkst. Das alles klingt als hätte ich allen Grund mir selbst das Leben genommen zu haben.“

Zögernd nickte Sasuke.

Sakura schüttelte den Kopf. „Es ist nicht wahr. Ich hätte meinen Vater und mein Leben nicht so einfach aufgegeben.“ Kurz starrte sie mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen zur Decke, dann sah sie ihn wieder an. „Sie hat mich umgebracht.“

„Was?!“ Sasuke war auf der einen Seite überrascht, aber dennoch geschockt von dem, was sie ihm gerade gesagt hatte. Es war also gar kein Selbstmord gewesen, sondern Mord? „Aber wie…“, stammelte er.

„Am 26. April 1928 hat sich mich unter einem Vorwand auf den Dachboden gelockt und mir erklärt, wie sehr ich ihr doch im Weg stehen würde, während sie mich mit ihren knochigen Fingern zu Tode gewürgt hat.“ Dies war der Moment, an dem die Emotionen mit Sakura durchgingen. Immer mehr Tränen liefen über ihr Gesicht und hinterließen dabei glänzende Spuren. „Sie hat mir gesagt, dass ich nicht zu dieser Familie gehören würde und mein Vater mich nicht ewig beschützen könnte. Dass er nun ihnen allein gehören würde…“ Mit dem Ärmel ihres Kimonos wischte sie sich eilig die Tränen fort. „Sie hat immer fester zugedrückt, immer mehr, immer mehr, ich habe keine Luft bekommen, konnte nicht nach Hilfe schreien. Es wurde alles so schwarz um mich herum und ich konnte nur noch ihre schneidende Stimme hören, die mich verfluchte. Ein Fluch, der mich davon abhielt je ins Jenseits zu kommen…“ Ihre Stimme verzagte erneut, ihr Körper zitterte und sie zog die Beine an, um ihr Gesicht in ihrem Schoß zu vergraben.

Sasuke saß stocksteif vor ihr auf dem Boden, konnte sich einfach nicht rühren, nichts sagen. Er konnte nicht glauben, dass er tatsächlich gerade erfahren hatte, wie sich jemand fühlte, der starb. Sie war ein Opfer ihrer Stiefmutter. Und selbst wenn er nicht gerne Gefühle zeigte, so war er doch der Meinung, dass sie das nicht verdient hatte. Sie hatte große Qualen erlitten und nun war sie hier auf ewig gefangen.

„Ich… glaube dir“, meinte er leise. „Es tut mir leid, dass ich etwas anderes gedacht habe.“ Wieder zeigte er ihr sein Mitgefühl.

Sie hob ihr Gesicht aus ihrem Schoß und sah ihn mit verweinten Augen an. „Ich kann dir nicht verübeln, dass du die Lügengeschichten geglaubt hast. Mein Vater hat sie schließlich auch geglaubt“, flüsterte sie so leise, dass er es kaum verstand.

„Dein Vater dachte, du hast dich umgebracht?“, fragte er zögernd nach.

Sie nickte leicht. „Ja. Leiko ist eiskalt. Sie hat meinen Tod wie einen Selbstmord aussehen lassen. Ich konnte beobachten, wie sie… meinen Körper…“ Sakura wandte verzweifelt den Blick ab.

„Du… musst nichts sagen“, sagte Sasuke. „Ich verstehe auch so.“

„Du hättest meinen Vater sehen sollen, als er mich gefunden hat.“ Die gerade versiegten Tränen überschwemmten erneut ihre smaragdgrünen Augen. „Er hat geweint, wollte nicht glauben, dass ich mir wirklich das Leben genommen habe. Ich habe ihm immer wieder zugerufen, dass Leiko schuld daran war, dass ich ihn niemals hätte verlassen wollen. Aber er hat mich einfach nicht gehört…“

Sasuke blickte betreten zur Seite. Aus irgendeinem Grund konnte er nicht mit ansehen, wie Sakura vor ihm weinte und all ihre Erinnerungen an ihren Tod wieder hochkamen.

„Leiko hat ihre Trauer nur vorgeheuchelt“, nuschelte sie in den Ärmel ihres Kimonos hinein. „Sie hat meinem Vater wieder etwas vorgespielt. Diese falsche Schlange…“

„Darf ich dich etwas fragen?“, meinte Sasuke vorsichtig.

„Sicher…“, erwiderte sie leise.

„Wie kommt es, dass niemand herausgefunden hat, dass es kein Selbstmord war? Ich meine… es gab doch sicher Symptome, die das Gegenteil bewiesen“, sagte Sasuke.

„Die wollte anscheinend niemand sehen. Außerdem versuchte Leiko schon lange meinem Vater klar zu machen, dass ich komisch bin. Dass einfach etwas mit mir nicht stimmt. Vielleicht glaubte er es deshalb…“, erklärte sie.

„Hm“, machte Sasuke. „Verstehe.“ Er schwieg für einen Moment. „Darf ich noch etwas anmerken?“, fragte er sie dann.

„Bitte. Tu dir keinen Zwang an.“ Mittlerweile hatte sich Sakura wieder einigermaßen im Griff.

„Deine Geschichte klingt ein wenig wie bei Aschenputtel.“

Ein trauriges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Nur, dass ich statt eines Märchenprinzen den Tod bekam.“

„Was ich allerding immer noch nicht ganz verstehe…“ Sasuke runzelte nachdenklich die Stirn. „Warum dieser Fluch? Ich meine… Wie lange sitzt du schon hier? Achtzig Jahre?“

Sakura nickte. „Ein bisschen über achtzig Jahre. Ziemlich deprimierend, nicht wahr? Wenn ich doch zumindest das Haus verlassen könnte, so wäre der Fluch doch um einiges erträglicher, aber ich sitze hier fest.“

„Du kannst das Haus nicht verlassen?“, fragte Sasuke noch einmal nach.

„Nein, leider nicht.“

„Und du weißt nicht, wie man diesen Fluch brechen kann?“, fragte er weiter.

„Nein, ich habe nichts die geringste Ahnung. Selbst kann ich nichts heraus finden, und die wenigen, die mich bis jetzt sehen konnten, wollten nichts mit mir zu tun haben. Du bist erst der dritte, den ich treffe, der diese Fähigkeit hat“, erzählte sie.

„Welch Ehre“, murmelte Sasuke. Aber gleichzeitig ging ihm ein Licht auf. Sie wusste nicht wie sie erlöst werden konnte, brauchte also Hilfe dabei. Und er war der Einzige, der sie sehen konnte… Jetzt begriff er die Aufgabe, die er indirekt erhalten hatte. Finde einen Weg zu ihrer Erlösung.

„Ich lasse dich jetzt wohl besser wieder alleine“, meinte Sakura leise und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Sie ließ ihre Beine von seinem Bett gleiten und richtete sich auf. „Danke, dass du dir meine Geschichte angehört hast.“

Sasuke nickte nur leicht. „Ach, das…“

„Gute Nacht, Sasuke“, meinte sie mit einem leichten Lächeln und wandte sich zum Gehen.

Sasuke gab sich einen Ruck, um ihr noch eine letzte Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge lag. „Warte, Sakura.“ Verwundert blickte sie sich zu ihm um. „Was… ist mit deinem Vater passiert? Nach… deinem Tod.“

„Zwei Wochen danach verkaufte er das Haus. Ich weiß nicht, wohin er mit Leiko und Sachiko ging. Ich habe nie wieder etwas von ihnen gehört“, antwortete sie bereitwillig, aber Sasuke konnte hören, welch Traurigkeit in ihrer Stimme mitschwang.

„Danke“, sagte er leise.

Sie nickte leicht und drehte ihm wieder den Rücken zu. Und dann verschwand sie durch die nächste Wand und Sasuke blieb allein zurück.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Am nächsten Morgen wartete Sasuke vor der Einfahrt zum Haus der Namikazes auf Naruto.

Er war nachdenklich, hatte die ganze Nacht schlecht deswegen geschlafen. Sakuras Geschichte ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf, ob er nun wollte oder nicht.

Was wohl in ihr vorging nach all diesen Schicksalsschlägen? Nachdem sie täglich an ihren Tod erinnert wurde, weil ihr Geist an das Haus gebunden war? Sasuke war sich sicher, dass man seine Gefühle nach solchen Ereignissen gar nicht in Worte fassen konnte. Wie hatte sie es nur geschafft, dies alles ganz von alleine eigentlich relativ gut zu verarbeiten?

Gestern hatte sie ihm ihre Geschichte erzählt, musste all ihre schmerzhaften Erinnerungen wieder ans Tageslicht befördern. Ihre emotionalen Ausbrüche nahm Sasuke ihr nicht übel. Er konnte es sogar verstehen.

„Hey, Sasuke!“ Sasuke sah auf und entdeckte Naruto, der gerade die Einfahrt herunter gerannt kam und sich währenddessen eilig seine Jacke überzog. Sasuke fiel sein in alle Himmelsrichtungen abstehendes Haar auf und seine mehr schlecht als recht sitzende Schuluniform.

„Tut mir leid, ich habe ein wenig verschlafen“, keuchte Naruto, als er bei Sasuke angekommen war und grinste ihn entschuldigend an.

„Passt schon“, erwiderte Sasuke monoton.

„Tja, ich kann mich morgens wirklich nur schwer von meinem Bett trennen“, meinte Naruto gähnend und die beiden schlugen den Weg Richtung Schule ein.

„Hm“, machte Sasuke. Er hatte gerade nicht wirklich Lust mit Naruto zu reden, er hing einfach zu sehr seinen Gedanken nach.

Plötzlich spürte er, wie Naruto ihn von der Seite her musterte. „Du siehst so nachdenklich aus“, stellte er fest.

„Ach, wirklich?“, gab Sasuke zurück.

„Hm hm. Ja, irgendwie schon“, meinte Naruto. „Ist etwas passiert?“

„Nein“, antwortete Sasuke eine Spur zu barsch.

„Also doch“, schlussfolgerte Naruto daraufhin. Sasuke schwieg und Naruto runzelte die Stirn. „Hör mal“, begann er wieder, „du musst mir nicht sagen, was dich bedrückt. Jeder Mensch hat seine Geheimnisse und das akzeptiere ich. Aber ich möchte trotzdem dass du weißt, dass ich immer ein offenes Ohr für dich habe und dir mit Rat und Tat zur Seite stehe, wenn du mal Probleme haben solltest und dich dazu entschließt jemand anderen mit einzuweihen.“

Sasuke starrte Naruto für einen Moment an, der wieder ein breites Grinsen aufgelegt hatte. „Danke“, sagte er dann. Er wusste nicht wieso, doch obwohl er Naruto noch nicht lange kannte spürte er dennoch, dass er dem Blonden vertrauen konnte. Ohne es zu wollen steckte ihn Narutos Grinsen an und auch seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln.

Narutos blaue Augen funkelten triumphierend.

„Na komm schon, sonst kommen wir wegen dir und deinem Geschwafel noch zu spät.“ Sasuke verdrehte gespielt genervt die Augen.

Naruto lachte. „Bei Kakashi kann man nicht zu spät kommen.“

Sasukes Grinsen wurde breiter. „Willst du es riskieren?“

Der Blonde legte nachdenklich einen Finger an sein Kinn. „Nein, ich glaube nicht“, meinte er dann und legte einen Zahn zu.

Sasuke wurde wieder nachdenklich. Vielleicht sollte er Naruto wirklich mehr Vertrauen entgegen bringen…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Am Nachmittag nach der Schule wimmelte Sasuke Naruto damit ab, dass er ihm erzählte er habe noch etwas in der Stadt zu erledigen, beruhigte ihn aber, indem er ihm versprach, dass sie nun immer zusammen zur Schule gehen würden.

Sein Vorhaben entsprach sogar teilweise der Wahrheit. Nur dass er nicht vorhatte in die Stadt zu gehen. Er würde hier bleiben – und den örtlichen Friedhof besuchen.

Den ganzen Tag über hatte er es nicht geschafft Sakura aus seinem Kopf zu bekommen und dann ist ihm diese doch etwas groteske Idee gekommen, auf dem Friedhof nach ihrem Grab zu suchen. Vielleicht erfuhr er auf diese Art auch etwas über ihre Familie…

Erst als er den Friedhof erreicht hatte fiel Sasuke ein, dass er gar nicht Sakuras Familiennamen kannte. Nun gut, musste er sich eben an ihrem Vornamen und ihrem Geburts- und Sterbedatum orientieren.

Er passierte den kleinen Tempel am Anfang des Schreins und ging langsam die Reihen ab, während er die Inschriften auf den Säulen an den Gräbern las.

Kurz bevor er seine Suche als erfolglos abstempeln wollte, wurde er fündig. Zögerlich betrat er den kleinen Bereich, der der Familie Haruno gehörte. Das Grab hatte nicht den Anschein, als wäre in letzter Zeit jemand hier gewesen um es zu pflegen und sauber zu halten. Blumenvasen standen vor der weißen Säule, leer bis auf ein wenig schmutzigem Regenwasser.

Sasuke trat näher und studierte die Inschriften der Säule genauer. Doch nicht nur Sakuras Namen fand er, sondern auch noch zwei weitere. Haruno Kaori und Tadao teilten sich mit ihr das Grab. Ihre Eltern?

Sein Blick glitt zu den Daten der beiden anderen Personen. Die Frau war Ende des Jahres 1926 verstorben, genau wie Sakura erzählt hatte, also war sie ihre Mutter gewesen. Der Mann hingegen war Ende der siebziger Jahre gestorben. Sasuke hatte das Gefühl, dass er mit seiner Vermutung richtig lag, dass Tadao Sakuras Vater war. Auf eine Weise, die er sich nicht erklären konnte, fühlte er sich erleichtert, dass der Mann sich bei seiner richtigen und nicht neu angeheirateten Familie begraben ließ.

Sein Blick wanderte nun zurück zu Sakuras Namen und erkannte die Daten wieder, die sie ihm genannt hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie nur achtzehn Jahre alt geworden war.

„Bedauernswerte Familie“, sagte plötzlich jemand hinter ihm.

Sasuke zuckte kaum merklich zusammen und drehte sich überrascht um, um zu sehen, wer da hinter ihm stand.

Eine alte Frau mit Gehstock stand ihm gegenüber.

„Wie meinen Sie das?“, fragte er nach. Er ärgerte sich, dass er so vertieft gewesen war, dass er sie nicht hatte kommen hören.

Die Frau gesellte sich zu ihm und strich mit ihren ledrigen Fingern über die Inschrift der Säule und blieb an Sakuras Namen hängen. „Armes Mädchen“, meinte die Frau, statt auf Sasukes Frage zu antworten. „Verliert erst ihre liebevolle Mutter und wird dann auch noch einer neuen Frau in die Hände gegeben.“

„Sie kannten die Familie?“, wollte Sasuke wissen.

Sie nickte. „Ja. Meine Mutter war Dienstmädchen bei ihnen im Hause, ich lebte mit ihr dort zusammen. Sakura war ein gutes Mädchen. Niemals hat sie sich selbst umgebracht.“

„Nun ja… Das sagen aber die Geschichten“, warf Sasuke ein. Er wollte nicht zeigen, dass er die Wahrheit kannte und auch nicht, dass er überrascht war, dass hier jemand vor ihm stand, der Sakura persönlich kannte, als sie noch lebte. Die Frau musste schon sehr alt sein.

„Papperlapapp!“, entrüstete sich die Frau. „Ich kannte sie und wusste um ihre Situation Bescheid. Ich war an dem Tag zu Hause, als man ihre Leiche auf dem Dachboden fand. Die Polizei mag ihren Tod vielleicht als Selbstmord abgestempelt haben, aber sie kannten Leiko nicht. Diese Frau war eine Giftschlange. Und ich bin mir sicher, dass sie der lieben Sakura das Leben genommen hat.“

„Also war es Mord?“, fragte Sasuke gespielt geschockt nach.

„Bist ein bisschen schwer von Begriff, was?“, meinte die Frau argwöhnisch.

Sasuke zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen, erwiderte jedoch nichts.

„Es ist wirklich schade, dass Tadao das Haus verkaufte, aber es hingen einfach zu viele schmerzvolle Erinnerungen daran. Erst der Tod seiner Frau, dann der seiner Tochter.“ Sie schien kurz ihren Erinnerungen nachzuhängen. „Wenn sie mich fragen glaube ich, dass er immer gewusst hatte, dass man ihm Sakura mit Gewalt genommen hatte. Ich war erleichtert als ich hörte, dass er sich schon einen Monat später von Leiko scheiden ließ, ohne ihr auch nur einen Yen zurückzulassen. Er lebte alleine bis er starb und sich bei seiner Familie begraben ließ.“ Sie wandte sich Sasuke zu. „Warum bist du eigentlich hier?“

„Um ehrlich zu sein war ich einfach nur neugierig, nachdem ich die Geschichte über den angeblichen Selbstmord gehört habe“, gestand Sasuke. Irgendwie entsprach dies ja der Wahrheit.

Nachdenklich nickte die Frau. „Ich hoffe die drei haben ihren Frieden im Jenseits gefunden. Das würde ich ihnen so sehr gönnen.“ Sie wandte sich zum Gehen. „Wir wollen ihre Ruhe nun nicht mehr stören.“

„Ich… komme gleich nach“, sagte Sasuke schnell und verbeugte sich höflich vor der älteren Dame, die nun wieder ihres Weges ging.

Sasuke sah ihr nach. Es gab also doch noch Menschen, die wussten, dass Sakura sich nicht selbst das Leben genommen hatte, sondern umgebracht wurde. Und diese Frau lag mit ihrer Vermutung gar nicht so falsch, dass Leiko der Ursprung allen Übels war.

Er beschloss Sakura davon zu erzählen, dass er jemanden getroffen hatte, der wusste, was mit ihrem Vater passiert war. Vielleicht würde das ihr Herz ein wenig erleichtern.

Er ließ sich die letzten Worte der alten Frau noch einmal durch den Kopf gehen. Langsam schloss er die Augen und hörte immer wieder ihre Stimme, die sich wünschte, dass alle drei die verdiente Erlösung von ihren Sorgen und Schmerzen gefunden haben.

Entschlossen öffnete er die Augen wieder.

Und mit einem letzten Blick auf die weiße Säule gab Sasuke sich selbst und auch Sakura ein Versprechen.
 

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Als Sasuke am Abend nach Hause kam versuchte er so gut wie möglich seinen Eltern und auch Itachi aus dem Weg zu gehen. Er hatte keine Lust darauf, dass sie ihn mit Fragen löchern würden.

In seinem Zimmer angekommen warf er seine Schultasche neben seinem Schreibtisch auf den Boden und lockerte sich den Krawattenknoten.

Dann fiel ihm aus den Augenwinkeln der Schimmer auf, der ihn die letzten Wochen so oft verfolgt hatte. Und nun wusste er, was es war.

„Hallo, Sakura“, sagte er leise. Er drehte sich zu ihr um und musterte ihr blasses Gesicht. „Ich wollte sowieso mit dir reden.

Sie wirkte überrascht und auch unsicher. „Ach ja?“

Sasuke sammelte sich und blickte ihr fest in die Augen. „Ich will dir helfen.“

„Was?“, fragte sie verblüfft.

Entschlossen hielt er ihrem ängstlichen Blick stand und es schien, als würden seine nächsten Worte durch den Raum hallen wie ein Echo. „Ich will dir helfen einen Weg zu deiner Erlösung zu finden.“
 

~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~
 

Hola!
 

Wow, es hat sooo sehr Spaß gemacht dieses Kapitel zu schreiben! Es ging mir einfach unglaublich leicht von der Hand.

Denkt ihr, ich habe es mit Sakuras Vergangenheit etwas zu übertrieben…? Aber genau so habe ich es mir vorgestellt, wie eine schlechte Aschenputtel-Story. *drop*

Ich hatte in letzter Zeit auch irgendwie viel mit Tod zu tun, vielleicht noch ein Grund mehr, warum ich mich ein bisschen in Sakuras Lage versetzen kann.
 

Die alte Frau (Gott sei Dank, dass Japaner so alt werden xD), die in diesem Kapitel aufgetaucht ist, war eine spontane Idee meines verrückten Gehirns und ist nicht die Person, von der ich im letzten Kapitel gesprochen habe. Diese Person kommt erst in Kapitel 7 vor. xD
 

Die Geschichte spielt übrigens 2008, weil ich zu diesem Moment angefangen habe sie zu schreiben. ^^
 

Da schon einige erwähnt haben, dass ihnen die Story irgendwie bekannt vorkommt, möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass ich die Serie „Ghost Whisperer“ zwar namentlich kenne, aber noch nie zuvor gesehen habe und auch nicht sehen werde.

Normalerweise habe ich ziemlichen Schiss mir so etwas anzuschauen, da ich dann nicht mehr ruhig schlafen kann. Kleine Beispiele… Seit „Der Exorzismus der Emily Rose“ habe ich Angst um 3 Uhr nachts wach zu werden und seit mich Freundinnen vor ein paar Jahren zwangen „Der Fluch von Darkness Falls“ zu gucken habe ich Angst vor der Dunkelheit.

Ihr seht also, eigentlich ist dieses Thema nichts für mich, ich schreibe lediglich darüber, weil ich es trotzdem interessant finde. Außerdem weiß ich, wie diese Geschichte hier ausgeht. xD

Übereinstimmungen mit solchen Filmen oder Serien sind also reiner Zufall und nicht gewollt!
 

Das nächste Kapitel wird wohl etwas auf sich warten lassen, da ich nun etwas „Urlaub“ machen werde und dann am 3. August meine Ausbildung beginne. Gomen~
 

Puh, ein langes Nachwort.
 

Ich möchte mich nun nur noch bei meinen lieben Kommentatoren bedanken, die mir immer so nette Sachen schreiben, dass mir das Herz aufgeht. Außerdem möchte ich mich auch noch für 104 (Mein Gott!!!) Favoriten bedanken. Womit habe ich die nur alle verdient?!
 

Ich freue mich wirklich und bin gespannt, was ihr von diesem Kapitel haltet, weil ich total stolz drauf bin.
 

Abayo,

dat hia
 

PS: Geht zufällig jemand auf das D’espairsRay Konzert am 21. Juli in Hamburg? Mein Gott, ich bin schon richtig aufgeregt!! x3

♥ Confession ♥

„Ich will dir helfen.“ Noch immer schwebten seine Worte durch den Raum und Sakura konnte ihn nur ungläubig anstarren. Meinte er das wirklich ernst? Wollte er wirklich versuchen einen Weg zu finden sie zu erlösen? Unsicher suchte sie in seinen dunklen faszinierenden Augen nach Antworten, doch sie fand nicht den geringsten Zweifel in ihnen.

Doch plötzlich brach er fast verlegen den Blickkontakt ab. „Ich weiß allerdings noch nicht, wie ich das anstellen werde“, gestand er ihr, „und ich kann dir nicht versprechen, dass ich etwas erreichen werde.“

Ein leises Lächeln schlich sich auf Sakuras Gesicht. „Du machst mich allein schon mit dem Versuch mehr als glücklich, Sasuke“, sagte sie, wie um ihn zu beruhigen und die nun doch langsam aufkeimenden Zweifel zu ersticken. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitete sich in ihr aus.

Er sah sie wieder an. „Da ist noch etwas, das ich dir sagen muss.“ Erneut schien er beinahe peinlich berührt.

Sofort machte sich wieder Unsicherheit in ihr bemerkbar. „Was?“, hauchte sie leise.

„Heute nach der Schule war ich an deinem Grab.“ Bei diesen Worten sah er ihr wieder fest in die Augen.

„An… meinem Grab?“, wiederholte sie überrascht.

Sasuke nickte. „Ich war neugierig“, meinte er. „Tut mir leid“, setzte er noch leise hinzu.

„Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Es gibt keinen Grund dafür.“ Sie lächelte wieder.

„Dein Vater ist tot“, platzte es auf einmal aus ihm heraus.

Sakura wusste nicht, was sie sagen sollte, und ihr Lächeln gefror ihr augenblicklich im Gesicht. Schmerz durchflutete sie, der endgültige Verlust ihres geliebten Vaters schnürte ihr die Kehle zu, obwohl sie das Atmen nicht mehr nötig hatte, und jäh fühlte sie sich für den Bruchteil einer Sekunde an ihren Todestag erinnert. Nur am Rande ihres Gefühlschaos bemerkte sie, wie ihr eine silbrige Träne die Wange hinab floss.

„Ich habe eine Frau an deinem Grab getroffen“, sprach Sasuke weiter. „Sie erzählte mir, dass sie dich kannte. Dich und deine Familie. Ihre Mutter hat bei euch gearbeitet.“

„Chiyo-chan“, flüsterte Sakura kaum hörbar, als ihr klar wurde, von wem er da sprach. Vor ihrem inneren Auge erschien das Bild von einem kleinen Mädchen, das breit lächelte und dabei ein paar Zahnlücken entblößte. In ihre Erinnerung vertieft, senkte sie den Kopf. „Du hast sie wirklich getroffen?“

„Ich weiß nicht, wie sie hieß, sie hat mir ihren Namen nicht verraten. Aber sie wusste einiges über deinen Vater“, meinte Sasuke. „Ich dachte es wäre schön für dich zu wissen, dass er sich kurz nach deinem Tod von Leiko scheiden ließ. Zumindest behauptete das die alte Frau.“

„Ich glaube Chiyo. Sie war wie die kleine Schwester für mich, die ich nie hatte.“ Für einen Moment schwieg Sakura und versuchte die neuen Erkenntnisse, die sie fast erschlagen hätten, zu verarbeiten. „Es ist traurig zu wissen, dass mein Vater verstorben ist, ich habe ihn wirklich sehr geliebt und es bricht mir das Herz, dass ich mich nicht habe von ihm verabschieden können. Doch zu hören, dass er sich von Leiko scheiden ließ, ist für mich eine freudige Nachricht“, sagte sie schließlich. „Ich hätte es allerdings bevorzugt, wenn er das schon zu meinen Lebzeiten getan hätte. Vielleicht wäre es dann nie so weit gekommen…“ Unwillkürlich erschien Leikos vor Wut verzerrte Fratze vor ihrem inneren Auge. Es war das letzte gewesen, das sie in ihrem kurzen Leben zu sehen bekommen hatte.

„Sakura…“ Beim Klang seiner eindringlichen Stimme blickte sie wieder zu ihm auf. „Ich glaube dein Vater hat ganz genau gewusst, was wirklich mit dir passiert ist. Er konnte eins und eins zusammen zählen und hat sich von der Frau getrennt, die ihm das wichtigste in seinem Leben genommen hatte.“

Sasukes Wort rührten sie und sie spürte, wie ihr erneut Tränen in die Augen stiegen. „Ich danke dir, Sasuke. Danke, dass du mir all das erzählst.“ Und diese Worte waren vom ganzen Herzen ehrlich gemeint. Sasuke hatte ihr nicht nur seine Hilfe angeboten, sondern hatte sogar etwas über ihren Vater herausgefunden, wenn auch durch Zufall.

„Da ist noch etwas“, riss Sasuke sie aus ihren Gedanken.

„Noch etwas?“, fragte sie verblüfft. Was konnte jetzt noch auf sie zu kommen? Er hatte doch schon so viel herausgefunden…

Er nickte. „Auch Chiyo glaubt nicht daran, dass du dir selbst das Leben genommen hast. Sie hatte gleich Leiko im Verdacht. Und genauso wie ich denkt sie, dass dein Vater das auch wusste.“

Sie lächelte traurig. „Das bedeutet mir sehr viel, Sasuke. Ich danke dir.“

Plötzlich ertönte ein Klopfen an der Tür. „Sasuke?“, vernahm sie Itachis Stimme gedämpft.

Sasuke eilte zur Tür und öffnete seinem älteren Bruder. „Was?“, fragte er und klang dabei ein wenig gereizt.

„Du hast Besuch“, meinte Itachi trocken. Sakura beobachtete, wie er seinen Bruder misstrauisch beäugte. „Und du redest schon wieder mit dir selbst.“

Sasuke presste ärgerlich die Lippen aufeinander. „Ich… lerne nur ein Gedicht für die Schule auswendig. Das geht nun mal besser, wenn man laut spricht“, rechtfertigte er sich verbissen.

Sakura fühlte sich unendlich schuldig dafür, Sasuke schon wieder in eine unangenehme Situation gebracht zu haben. Es war nun einmal nicht normal mit einem Geist reden zu können. Leicht nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum.

„Ein Gedicht?“ Es war mehr als deutlich, dass Itachi ihm das nicht abkaufte. Dennoch zuckte er mit den Schultern und winkte ab. „Na, wenn du meinst…“

„Meine ich“, grummelte Sasuke und drängelte sich ohne ein weiteres Wort an Itachi vorbei aus seinem Zimmer.

Sakura warf noch einen letzten Blick auf Itachi, der verständnislos den Kopf schüttelte, dann schloss sie die Augen und ließ sich durch den Boden gleiten, um Sasuke nach unten ins Erdgeschoss zu begleiten.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sasuke fiel es schwer seinen Ärger im Zaum zu halten. Er war wütend auf sich selbst, dass er nicht besser aufgepasst hatte, dass er nicht auf Itachi geachtet hatte. Schon zum zweiten Mal hatte er ihn mitten in einem Gespräch mit Sakura erwischt. Und Sakura war ein Geist. Natürlich dachte Itachi da, er würde mit sich selbst sprechen, er konnte Sakura schließlich nicht hören. Aber für ihn selbst war es eine unangenehme Situation. Er lief immer mehr Gefahr bei Itachi auf der Couch zu landen.

Wenn er Sakura helfen wollte – und er wusste immer noch nicht genau, warum er sich dazu entschieden hatte –, dann musste er demnächst mehr auf Itachi achten. Oder nach einer anderen Lösung suchen…

Er stürmte die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und kam an der Haustür an.

Niemand anders als Naruto grinste ihm entgegen. „N’Abend“, begrüßte er ihn.

„Hey, Naruto“, sagte Sasuke und versuchte dabei nicht allzu schlecht gelaunt auszusehen. „Was führt dich zu mir?“

Naruto kratzte sich leicht verlegen den Hinterkopf. „Ich dachte du könntest mir vielleicht ein bisschen helfen.“

Erst jetzt fiel Sasuke der Rucksack auf, der über einer der Schultern von Naruto hing. „Wobei?“, fragte er nach.

„Mathe…“, seufzte Naruto.

Sasuke überlegte einen Moment. Eigentlich verspürte er keine große Lust, Naruto zu helfen, besonders nachdem er ihn im Matheunterricht erlebt hatte. Auf der anderen Seite könnte sein chaotischer Nachbar ihm allerdings helfen, wenigstens für eine kurze Zeit sein kleines Geisterproblem zu vergessen. Außerdem war er wirklich schwer in Ordnung. An diesem Morgen hatte er ihm seine Hilfe angeboten, warum sollte er das dann nicht auch erwidern. „Na schön, komm rein“, meinte er schließlich, trat zur Seite und ließ Naruto ein.

„Super, danke.“ Strahlend folgte Naruto Sasuke durch die Eingangshalle nach oben, wobei er gekonnt Sakura ignorierte, die auf dem Treppenabsatz saß und ihn leise vor sich hin lächelnd beobachtet hatte. Sein Plan war eine vollkommen geisterfreie Nachhilfestunde.

In seinem Zimmer angekommen, ließ Sasuke sich auf dem Fußboden nieder und Naruto gesellte sich zu ihm.

„Wow, nicht schlecht. Vielleicht sollte ich mein Zimmer auch mal neu einrichten“, überlegte der Blonde, während er sich staunend umsah.

Sasuke räusperte sich. „Ich denke, du solltest jetzt lieber ein wenig Mathe lernen und dein Zimmer später in Ruhe renovieren.“

„Du hast Recht. Sorry.“ Naruto kratze sich verlegen am Hinterkopf und begann dann, seine Mathesachen aus seinem Rucksack zu wühlen.

Nur ein paar Minuten später waren beide in eine Diskussion über Bernoulli und seine Wahrscheinlichkeitsberechnungen vertieft, die Naruto einfach nicht in den Kopf wollten. Trotzdem versuchte Sasuke das Problem nicht bei Naruto selbst zu suchen, auch wenn dieser die Mathematik am liebsten in die Hölle verbannen wollte. Stochastik war nicht gerade ein einfaches Thema, also übte er sich in Geduld und wiederholte den Stoff immer und immer wieder, bis er den Eindruck hatte, dass Naruto es wenigstens ansatzweise verstanden hatte.

„Weißt du, ich finde es echt klasse, dass du mir hilfst. Dann muss ich Shikamaru nicht wieder anbetteln, der hat sowieso schon genug mit Ino zu tun. Sie hat das nämlich auch nicht so ganz verstanden“, brabbelte Naruto, während er seine Sachen nach knappen zwei Stunden zurück in seinen Rucksack stopfte.

Sasuke nickte nur. Irgendwie fühlte er sich durch diesen Tag etwas geschafft. Erst der Besuch auf dem Friedhof, dann das Gespräch mit Sakura, das tränenreich geendet hatte, und schließlich noch Narutos Nachhilfestunde. Doch dann fiel ihm auf, dass sein neuer Freund irgendwie nervös wirkte, als würde ihm etwas auf der Seele liegen. „Alles klar bei dir?“, fragte er skeptisch nach.

„Ja, ich finde es einfach nur sehr spannend, in diesem Geisterhaus zu sein. Egal was ihr sagt, ich glaube daran, dass es einen Geist hier gibt.“ Er grinste selbstsicher, um seinen Worten noch einmal Nachdruck zu verleihen.

Sasuke konnte über Narutos Hartnäckigkeit nur schmunzeln. „Wie du meinst“, sagte er und schloss das Thema damit wieder ab – zumindest glaubte er das.

„Du würdest es mir doch wirklich erzählen, wenn du den Geist hier sehen würdest, oder?“ Fragend und sehr erwartungsvoll blickte er Sasuke aus großen blauen Augen an.

Wieder verfiel Sasuke in seine Gedanken und überlegte ernsthaft, wie er Naruto auf diese Frage antworten würde. Noch einmal fiel ihm das Angebot von diesem Morgen ein, dann die verzwickte Situation, in der er – und vor allem Sakura – steckte. Könnte er das wirklich alleine packen? Er war ein Einzelgänger, schon immer gewesen, aber nun saß Naruto vor ihm, gutgläubig und an Geistern interessiert, euphorisch, hilfsbereit. Vielleicht war es endlich mal an der Zeit, seine alten Prinzipien über Bord zu werfen und sich ein wenig Hilfe zuzulegen. Allerdings würde er darüber später noch einmal genau nachdenken, wenn er mit Sakura gesprochen hatte. Er wollte nicht ohne ihr Wissen handeln, schließlich ging es ja um sie.

„Sasuke?“ Naruto zog verwirrt die Stirn kraus.

„Natürlich würde ich es dir sagen“, erwiderte er schließlich. Und er ging noch einen Schritt weiter. „Wir… sind doch Freunde.“

Naruto strahlte. „Ja, klar!“ Er nahm seinen Rucksack. „Danke nochmal. Morgen werde ich bestimmt besser durch diesen Kram durchsteigen als vorher.“

Er stand auf und auch Sasuke erhob sich. „Ich bring dich noch mit runter.“

Also begleitete er seinen Gast in die Eingangshalle und verabschiedete sich, nicht ohne ein weiteres Versprechen an Naruto, dass sie morgen wieder gemeinsam zur Schule gehen würden.

Er schloss die Haustür und drehte sich um. Sakura schwebte nur wenige Meter von ihm entfernt in der Halle. Mit einem auffordernden Blick und einer Handbewegung bedeutete er ihr, dass er sie in seinem Zimmer sprechen wollte. Es war ihm persönlich zu riskant geworden an einem anderen Ort mit ihr zu sprechen, denn Itachi konnte überall lauern. Und er wollte nicht mit seinem Bruder reden – noch nicht.

Sakura nickte kurz und verschwand einen Augenblick später durch die Decke.

Sasuke blieb noch kurz stehen, holte tief Luft und sammelte sich, dann folgte er ihr nach oben.
 

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Wie erwartet saß Sakura schon auf seinem Bett und musterte ihn neugierig, als er eintrat. Schnell schloss er seine Zimmertür hinter sich.

„Ich glaube, du wolltest mich sprechen“, sagte sie leise.

Sasuke fiel auf, dass sie ein wenig bedrückt wirkte, als würde sie sich über eine Sache den Kopf zerbrechen. „Was ist los?“, fragte er sie, bevor er verhindern konnte, dass die Worte seinen Mund verließen.

Erschrocken zuckte sie zusammen. „Gar nichts“, wies sie ihn schnell ab.

„Für ‚Nichts‘ war das aber keine passende Reaktion auf meine Frage.“ Er wusste nicht, warum er nicht locker ließ, aber irgendwie war ihm ihr Wohlbefinden wichtig. Sie hatte sowieso schon viel durchmachen müssen. „Ist es… wegen deinem Vater?“, erkundigte er sich vorsichtig.

Sakura schüttelte leicht den Kopf. „Nein. Es ist eher die Situation im Allgemeinen. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich Angst um meine Zukunft habe.“ Sie starrte unsicher und auch peinlich berührt auf ihre Hände, die sie wieder in ihren Schoß gebettet hatte.

Ihre Antwort nagte an Sasukes Gewissen und Stolz. „Ich weiß, dass ich keine Ahnung von Geistern habe, aber ich versuche trotzdem dir zu helfen. Wir finden schon einen Weg dich zu erlösen.“

„Ich weiß deine Hilfe sehr zu schätzen, Sasuke. Aber… Man kann mir nicht helfen. Schau mich an, ich sitze seit 80 langen Jahren in diesem Haus. Ich hätte niemals von dir verlangen sollen, dass du mir hilfst. Du hast dein eigenes Leben, und das solltest du genießen. Es kann schnell vorbei sein, wie man an meinem eigenen Beispiel erkennen kann. Du solltest dich lieber darauf konzentrieren, deinen neuen Freunden zu helfen, so wie du es heute Abend getan hast.“ Fast verzweifelt schloss sie die Augen und Sasuke sah, wie sich erneut eine silberne Träne den Weg durch ihre lagen Wimpern und ihre Wangen hinab suchte.

Vorher nur in seinem Stolz verletzt, fühlte er sich jetzt zusätzlich auch noch ein wenig von ihr beleidigt. „Ich weiß, dass du wirklich einiges durchgemacht hast und dass du schon lange darauf wartest, hier endlich raus zu kommen und ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie du dich fühlen musst, selbst nachdem ich deine Geschichte gehört habe. Vielleicht bin ich nicht unbedingt der einfühlsamste Mensch, der hier herum läuft, aber ich versuche es wenigstens. Du solltest die Hoffnung nie aufgeben, auch wenn die Situation noch so aussichtslos erscheint. Und um noch mal Eins klarzustellen: Du hast mich nicht um meine Hilfe gebeten, ich habe sie dir angeboten. Und ich werde mein Versprechen halten.“

Es war ihm egal, dass Sakura ihn beinahe fassungslos ansah, ungläubig und mittlerweile mit tränenverschmierten, silbrig schimmernden Gesicht. Sie sollte ruhig über seine Meinung Bescheid wissen.

„Sasuke, ich…“, begann sie, brach aber wieder ab.

Nur schwer konnte Sasuke einen Seufzer unterdrücken und ließ sich neben ihr auf dem Bett nieder. „Hör bitte auf zu weinen“, bat er sie leise. Er mochte es nicht, dass sie wegen ihm schon wieder Tränen vergoss. „Wir kriegen das schon wieder hin.“ Automatisch fuhr seine Hand zu ihrem Gesicht. Er wollte ihr Kinn heben, um sie zu zwingen ihn anzusehen, aber seine Hand fuhr direkt durch ihren Kopf hindurch.

Erschreckt durch die Bewegung sah sie auf und er blickte in ihre großen Augen. Ihre Gestalt war neblig weiß, so auch ihre Augen, aber er war sich sicher, dass sie zu Lebzeiten eine beeindruckende, hypnotisierende Farbe gehabt haben mussten.

„Tut mir leid, ich wollte nicht… nun ja, du weißt schon“, stammelte Sasuke, und nun war es an ihm sich von ihr abzuwenden. Was war nur los mit ihm?! Seit wann fehlten ihm die Worte?

„Ist schon gut“, entgegnete sie. „Du kannst schließlich nichts dafür.“

Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus, die sich immer weiter in die Länge zog.

Schließlich fasste sich Sasuke wieder und räusperte sich, leicht verlegen. „Ich wollte eigentlich mit dir reden.“

„Entschuldigung, wir hätten schon längst dazu kommen sollen. Worüber wolltest du mit mir sprechen?“

Sasuke ignorierte Sakuras vollkommen überflüssige Entschuldigung und überlegte, wie er sein Anliegen am besten in Worte fassen konnte. „Nun ja, eigentlich ist es eher eine Bitte, die ich an dich habe.“

„Eine Bitte?“, wiederholte Sakura verblüfft.

„Nun ja, wie schon gesagt habe ich nicht viel Ahnung von Geistern, und deshalb brauche ich als Helfer wohl… selber ein wenig Hilfe“, sagte Sasuke langsam.

„Oh“, machte Sakura. „Oh.“ Dieses Mal klang sie um einiges mehr erleichtert. „Und was stellst du dir da vor?“, fragte sie, nun neugierig, nach.

„Ich dachte daran, jemanden einzuweihen, dass es dich gibt. Zwei Personen schaffen mehr als nur eine. Oder drei…“ Er brach ab und musterte sie erwartungsvoll.

„Du redest von Naruto, nicht wahr?“, vermutete Sakura und tippte sich nachdenklich mit einem langen, schlanken Finger an ihr Kinn. „Und wenn es um eine dritte Person geht… Itachi?“

„Ähm… ja“, gab Sasuke zu.

Er bemerkte das Schmunzeln auf Sakuras Gesicht und sie wirkte sogar schon amüsiert. „Du willst tatsächlich Itachi um Hilfe bitten?“

„Ich weiß, das ist etwas schwierig mit ihm, aber ich bekomme das schon irgendwie hin. Er ist mein Bruder, er wird mir ja wohl Glauben schenken, wenn ich mich ihm anvertraue.“ Selbst in seinen Ohren klangen seine Worte unsicher.

„Nun gut, Sasuke. Ich vertraue dir. Du wirst schon das richtige tun. Aber ich würde gerne dabei sein, wenn du meine Geschichte an Itachi weiter gibst“, sagte Sakura schließlich.

Innerlich stieß Sasuke einen langen Seufzer aus, nickte aber auf ihre Bitte hin. Er hatte nun Sakura auf seiner Seite, dass er auch andere einweihen durfte, damit er nicht alleine einen Weg zu ihrer Erlösung suchen musste. Das war aber nur der einfache Teil seines Plans gewesen. Ein Drittel. Das zweite Drittel, bestehend aus Naruto, würde sich auch noch als leicht erweisen. Naruto glaubte schließlich an Geister und würde begeistert sein, wenn er ihm die ganzen Spukgeschichten bestätigt. Doch Itachi, der seinen Plan schließlich vervollkommnen würde, würde eine harte Nuss werden. Itachi war sein Bruder, und er kannte seinen Bruder. Er betete zu Gott, dass Itachi ihm Glauben schenken würde, sonst würde er in Zukunft einer von Itachis Dauerpatienten sein, schön eingepackt in eine Zwangsjacke und auf ewig eingesperrt in einer Gummizelle. Er sah es jetzt schon kommen, dass er sich die ganze Nacht den Kopf zerbrechen würde, um sich bereits für den nächsten Tag die richtigen Worte zurecht zu legen.

„Ich glaube, ich lasse dich wohl besser wieder allein“, sagte Sakura schließlich und erhob sich in einer fließenden Bewegung vom Bett.

Sasuke nickte nur. Er hatte für diesen Tag wirklich viel für seine Verhältnisse geredet und die ganze Situation erschöpfte ihn auf eine Art und Weise immer mehr. Aber darüber wollte er nun lieber keinen Gedanken verschwenden, musste er sein Gehirn doch einer anderen Sache zuerst widmen. Und wenn das erledigt war, dann könnte er auch wieder zur Ruhe kommen und seinem geregelten Leben nachgehen.

Er sah noch einmal auf, als er Sakuras Blick auf sich spürte. Ihre großen Augen glänzten, und sie strahlte etwas aus, das er nicht in Worte fassen konnte. Es war nicht unangenehm, im Gegenteil – er fühlte sich mehr als wohl dabei, was ihm schon wieder unheimlich war.

„Ich schulde dir wirklich viel, Sasuke“, hauchte sie leise, bevor sie sich vom Boden löste und langsam durch die Decke davon schwebte.

Doch ihr zerbrechlicher Anblick blieb vor Sasukes innerem Auge hängen, auch noch, als er längst im Bett lag und versuchte zu schlafen.
 

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Als am nächsten Morgen sein Wecker klingelte, war Sasuke für einen Moment orientierungslos. Die halbe Nacht lang hatte er wach gelegen, um sich zu überlegen, ob es nicht doch eine Fehlentscheidung war, Itachi alles zu erzählen. Letztendlich war er aber zu dem Schluss gekommen, dass er Vertrauen in seinen Bruder haben sollte.

Er fühlte sich irgendwie, als hätte man ihn durch die Mangel gezogen, doch er war schließlich selbst Schuld daran. Also pellte er sich aus seiner Bettdecke und schwankte mit frischen Klamotten ins Badezimmer. Nach einer kalten Dusche würde es ihm sicher wieder besser gehen.

Und er sollte Recht behalten. Das kühle Nass hatte seine Lebensgeister wieder zum Leben erweckt und nun konnte dieser schwierige Tag beginnen.

Unten in der Küche angekommen, verschwendete er keine Zeit damit lange zu frühstücken, sondern schob nur schnell ein Weißbrot in den Toaster und nahm die fertige Scheibe einfach mit. Er würde sie auf dem Schulweg essen.

Sasuke schnappte seine Tasche und verließ das Haus, rechnete fest damit, dass er wieder auf Naruto warten musste, doch er wurde überrascht, denn der Blonde erwartete ihn bereits mit einem breiten Grinsen.

„Guten Morgen!“, rief er Sasuke gut gelaunt entgegen.

Sasuke holte noch einmal tief Luft, aß einen Happen von seinem Toast und gesellte sich dann zu Naruto. Auch über ihn hatte er letzte Nacht nachgedacht, wenn auch nicht so sehr wie über Itachi. Das Problem bei Naruto war einzig und alleine der Zeitpunkt für sein Geständnis. Erst wollte er es nach der Schule machen, hatte dann aber doch beschlossen, es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.

„Morgen…“, murmelte er als Begrüßung und die beiden setzten sich langsam in Bewegung.

„Du siehst irgendwie ziemlich fertig aus“, bemerkte Naruto und musterte ihn eindringlich von der Seite.

„Ich habe wenig geschlafen“, gab Sasuke zurück. „Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Erinnerst du dich an unser Gespräch von gestern Abend?“

„Ja, na klar, es ging um Stochastik, komische Würfelexperimente, Bernoulli…“, zählte Naruto auf, doch Sasuke schüttelte den Kopf. Wie konnte Naruto plötzlich nur an Mathematik denken und nicht an die Geistergeschichte, die ihm doch zuvor so viel Kopfzerbrechen bereitet hatte.

„Ich meine das andere. Das danach“, half er Naruto auf die Sprünge.

„Oh, du meinst die Sache mit dem Geist!“, rief Naruto aus und stieß einen kurzen Lacher aus. „Mann, wie konnte ich das vergessen? Was ist denn damit?“, hakte er neugierig nach.

„Nun ja, du hast gesagt du würdest es gerne als Erster erfahren, wenn ich den Geist zu Gesicht bekomme“, meinte Sasuke. „Und… ich hab ihn gesehen. Beziehungsweise… ich habe sie gesehen.“

Naruto war bei seinen letzten Worten abrupt stehen geblieben und starrte ihn jetzt mit aufgeklapptem Mund an. „Du verarschst mich doch.“

Sasuke seufzte. „Ich wünschte ich würde dich verarschen, aber ich kann nun mal nichts dazu, dass ich sie sehen kann. Sie versteht es ja selber nicht. Vor allem kann sie niemand sonst sehen, nur ich. Irgendwie ist an mir wohl was kaputt.“

Naruto schien nun verblüfft. „Du kannst sie echt sehen?“

Sasuke zuckte mit den Schultern und nickte.

„Oh Mann…“ Naruto schüttelte leicht den Kopf. „Das ist einfach unglaublich. Es gibt sie also wirklich? Das Mädchen, das sich damals in dem Haus umgebracht hat? Hat sie dir verraten, warum sie es getan hat? Wie sieht sie aus?“ Jetzt bombardierte er Sasuke förmlich mit seinen Fragen.

„Sie hat keinen Selbstmord begangen“, sagte Sasuke ärgerlich. „Ihre Stiefmutter wollte sie irgendwie loswerden, hat sie umgebracht und ihren Tod wie einen Selbstmord aussehen lassen. Und wie sie aussieht… Hm, ich denke genauso wie an dem Tag, an dem sie verstorben ist, nur eben nicht mehr in Farbe, sondern schwarz-weiß und in nebliger Gestalt, wie man sich Geister eben vorstellt.“

Naruto pfiff beeindruckt durch die Zähne. „Wow. Das ist ja wie im Film. Aber wieso spukt sie da?“

Wieder zuckte er mit den Schultern und ging weiter. „Ist wohl so eine Art Fluch von ihrer Stiefmutter, der es verhindert, dass sie ins Jenseits einzieht, damit sie auch nach ihrem Tod leidet.“

„Da kann sie einem ja echt leid tun“, meinte Naruto, der ihm wieder folgte. „Und man kann ihr da nicht helfen? Ich meine… irgendwie muss sie doch erlöst werden, oder? Sie kann ja nicht bis in alle Ewigkeit in diesem Haus herumsitzen.“

„Deswegen erzähle ich dir ja von ihr“, entgegnete Sasuke. „Ich habe ihr gesagt, dass ich ihr helfen würde, aber ich habe nun einmal keine Ahnung von Geistern und hatte gehofft, dass du mir vielleicht ein bisschen helfen würdest, auch wenn du sie nicht sehen kannst.“

„Wer sagt denn, dass ich sie nicht sehen könnte? Vielleicht hast du ja bis jetzt nur den Eindruck gehabt, dass du der Einzige bist“, empörte sich Naruto.

„Sie saß an dem Abend, als du mit deinen Eltern bei uns warst, bei uns. Und auch gestern bist du einfach an ihr vorbei gelaufen“, erwiderte Sasuke trocken.

„Oh“, machte Naruto. „Schade… Aber natürlich kannst du mit meiner Hilfe rechnen!“

„Danke.“ Sasuke musste leicht lächeln, auch wenn die ganze Situation gar nicht so komisch war. Er unterhielt sich mit seinem Freund über einen Geist. Aber wenigstens glaubte Naruto ihm, wie schon erwartet, und er wollte ihn sogar unterstützen.

„Vielleicht findet man ja was im Internet, oder so. Es gibt bestimmt irgendwelche Leute, die schon mal mit Geistern zu tun hatten und ihre Erfahrung mit uns teilen wollen“, überlegte Naruto.

„Man kann ja mal sein Glück versuchen“, meinte Sasuke. „Auch wenn sich die meisten das wohl ausgedacht haben werden.“

„Das glaube ich nicht einmal“, plapperte Naruto. „Ich meine, von dir würde man schließlich auch nicht erwarten, dass du Geister sehen kannst und dir würde auch nicht jeder hier Glauben schenken. Diese Leute werden wohl nur missverstanden und für verrückt erklärt, obwohl sie die Wahrheit sagen.“

Narutos Worte beeindruckten Sasuke. Er schien immer das Gute im Menschen zu sehen und verurteilte sie nicht, nur weil sie anders dachten oder andere Vorstellungen hatten.

„Du hast wohl Recht, Naruto“, sagte Sasuke. „Aber… es wäre trotzdem nett, wenn du die Sache nicht weiter erzählen würdest. Du weißt ja, dass die anderen nicht gerade an sie glauben.“

Naruto schien enttäuscht, nickte aber. „Na schön… Ganz wie du willst.“

Es erleichterte Sasuke, dass Naruto dieses Versprechen gab, denn das letzte, was er gebrauchen konnte war, dass ihn die anderen für verrückt erklärten. Auch, wenn er es vielleicht war…
 

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Als Sasuke von der Schule nach Hause kam, war er fix und fertig und er bereute seine Entscheidung, Naruto die Sache mit Sakura noch vor der Schule zu gestehen, zutiefst.

Während des ganzen Unterrichts hatte Naruto ihn weiterhin mit Fragen durchlöchert, die ihm noch immer in den Ohren klangen.

„Wie heißt sie eigentlich?“ – „Wie alt war sie bei ihrem Tod?“ – „Wie ist sie denn so?“ – „Glaubst du, sie mochte Ramen?“

Er konnte kaum glauben, dass er jetzt noch Itachi vor sich hatte. Die harte Nuss, die es zu knacken galt. Am besten er würde das gleich erledigen, es war schon spät genug und er war Zuhause.

Es fiel Sasuke schwer, sich aufzuraffen, und er schleppte sich schwerfällig die Treppe ins Obergeschoss hinauf.

Auf dem Treppenabsatz traf er Sakura, die ihn wohl schon erwartet hatte, denn sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. „Wie ist es gelaufen?“, fragte sie ihn.

„Später“, sagte Sasuke nur und schlurfte zu Itachis Zimmertür.

Er hob die Hand, um zu klopfen, ließ sie dann aber wieder sinken, sammelte sich noch einmal und ging die Worte, die er sich letzte Nacht zurecht gelegt hatte, erneut durch. Und dann klopfte er schließlich.

„Komm rein!“, drang Itachis Stimme durch die Tür zu ihm hindurch und er kam der Aufforderung nach und trat ein.

„Ich wollte mit dir reden“, meinte Sasuke und blickte Itachi, der an seinem Schreibtisch am Laptop saß, erwartungsvoll an.

„Na gut“, erwiderte Itachi verblüfft. „Dann setz dich doch.“ Er wies mit der Hand auf die kleine Couch, die in seinem Zimmer stand.

Sasuke unterdrückte einen Seufzer. Welch Ironie des Schicksals… Aber er wollte es sich nicht gleich mit ihm verscherzen und ließ sich deshalb auf dem Sofa nieder. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Sakura sich neben ihn setzte.

„Also?“ Nun war es an Itachi, ihn erwartungsvoll anzublicken.

„Du musst mir versprechen, dass du mich nicht für verrückt halten wirst, denn ich sage definitiv die Wahrheit“, begann Sasuke.

„Hat es mit deinem Verhalten in den letzten Tagen zu tun?“, fragte Itachi nach, statt eine Antwort zu geben.

„Auch“, erwiderte Sasuke knapp.

„Na schön, wenn du mir sagst, dass es die Wahrheit ist, dann vertraue ich dir“, sagte Itachi schließlich. „Also, ich höre.“

„Ich kann Geister sehen“, platzte Sasuke heraus.

Für einen Augenblick, der sich für Sasuke wie eine Ewigkeit anfühlte, starrten sich die Brüder nur an. Doch dann gluckste Itachi, was sich schnell zu einem Lachen entwickelte.

„Was?“, brachte er mühevoll zwischen zwei Lachern hervor.

Sasuke war beleidigt. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit, dass Itachi ihn auslachte. „Ich dachte, du glaubst mir.“

„Du redest von diesem Mädchen, nicht wahr? Von der alle erzählen, dass sie sich hier in diesem Haus umgebracht hat.“ Itachi wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht und versuchte sich wieder einzukriegen.

Sasuke seufzte. „Sie hat sich nicht umgebracht“, sagte er zum zweiten Mal an diesem Tag. „Ihre Stiefmutter hat sie ermordet.“

„Hat sie dir das erzählt, ja?“, fragte Itachi nach.

„Nimm mich doch mal ernst!“, entrüstete sich Sasuke. „Glaubst du, ich denke mir das aus? Das Mädchen braucht Hilfe, verdammt noch mal. Wenn du nach deinem Tod einen Fluch auf den Hals geschickt bekommst, der dich auf ewig an dein Haus bindet, dann will ich dich mal sehen, wie du nach achtzig Jahren aussiehst.“

„Sasuke, du musst das wirklich nicht für mich tun…“, begann Sakura neben ihm und sie klang sehr schuldbewusst.

„Bitte, Sakura, das ist jetzt eine Sache zwischen mir und meinem Bruder“, unterbrach Sasuke sie und dieses Mal war es ihm egal, was Itachi dachte. Er hatte nun direkt vor ihm mit Sakura gesprochen.

Itachi klappte der Mund auf. „Sie… ist hier?“

„Sitzt neben mir“, brummte Sasuke.

„Aber… das ist doch eigentlich unmöglich, oder?“, meinte Itachi perplex. „Sasuke… das kann doch niemand glauben… obwohl ich es irgendwie doch glaube, was ich nicht verstehen kann, denn es ist doch unwirklich, dass jemand mit Geistern reden kann, die durch einen Fluch immer noch an die Erde gebunden sind…“

„Glaub es lieber, denn es ist wahr, sonst würde ich es dir nicht erzählen“, seufzte Sasuke und fuhr sich genervt mit einer Hand durch die rabenschwarzen Haare. „Naruto steht mir jedenfalls bei meiner Suche nach einem Weg zu ihrer Erlösung bei. Und ich hatte gehofft, dass ich auch auf deine Hilfe zählen kann.“

Sasuke musterte seinen Bruder, dem anzusehen war, dass er in seinem Kopf das Für und Wider in Bezug auf seine Geschichte abwog.

„Na schön…“, sagte Itachi schließlich langsam. „Gut, mein Bruder kann einen Geist sehen und auch mit ihm reden.“

„Mit ihr, sie ist weiblich“, warf Sasuke ein.

Itachi warf ihm daraufhin einen genervten Blick zu. „Mein Bruder kann also einen Geist sehen und auch mit ihr reden“, verbesserte er sich. „Und dieser Geist ist verflucht…“ Er brach ab und seufzte. „Auch wenn es absolut verrückt klingt, aber ich glaube dir. Ich kann sie nicht sehen, obwohl sie ja anscheinend direkt vor mir sitzt, und das verwirrt mich. Also Sasuke, bevor ich dir endgültig sagen kann, ob ich dir helfe, deinen kleinen Geist ins Jenseits zu schicken oder nicht, hast du noch eine Kleinigkeit zu erledigen.“ Ein Grinsen umspielte nun seine Lippen.

„Was hat er vor, Sasuke?“, fragte Sakura misstrauisch.

„Ich habe keine Ahnung…“, erwiderte Sasuke wahrheitsgemäß.

Was würde da nur wieder auf ihn zukommen?
 

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Hola!
 

Frohes neues Jahr, erst einmal. Hoffe ihr seid gut rein gerutscht. ;) Ich jedenfalls hätte mir etwas Besseres vorstellen können, als krank zwischen ebenfalls kranken Verwandten zu sitzen (war trotzdem ganz witzig).
 

Dann möchte ich mich für die wirklich lange Pause entschuldigen (Ausbildungszeit = Freizeit ade) und hoffe wirklich, dass ich es mit diesem Kapitel wieder gut machen kann. Es ist irgendwie länger geworden als ich gedacht habe. Ich sage aber gleich, dass das nächste nicht so lang werden wird. Es kommt zwar etwas drin vor, das ich eigentlich noch in dieses packen wollte (es aber nicht getan habe, weil ich es dann wirklich zu lang gefunden hätte), aber es war eigentlich nur ein Übergangskapitel geplant.
 

Nun ja, man wird sehen, wie sich die ganze Sache noch entwickelt, nicht wahr? Ich freue mich jedenfalls schon darauf, irgendwann das Ende zu schreiben. :D
 

Nun gut, ich hoffe ihr könnt der kleinen hia verzeihen und dass ihr ein wenig Spaß mit diesem Kapitel hattet. Und noch ein gaaanz großes Dankeschön an all die lieben Kommentare zum letzten Kapitel. Da geht jedem Autor das Herz bei auf. x3
 

Abayo,

dat hia

♥ Thoughts ♥

Sasuke saß noch immer regungslos auf der Couch und starrte seinen älteren Bruder misstrauisch an. Was würde er wohl von ihm verlangen, um sein Vertrauen und den Glauben an seine Geschichte zu bestätigen? Er war mehr als skeptisch, denn bei Itachi konnte man wirklich nie wissen, was in seinem Kopf alles vorging.

„Was verlangst du?“, fragte er vorsichtig nach.

„Sasuke, Sasuke, Sasuke…“ Itachi schnalzte mit der Zunge. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir die Geschichte dann doch so schnell abkaufe. Ich habe zwar gesagt, dass ich dir glaube, aber du musst mir schon irgendwie beweisen, dass du Recht hast.“

„Und wie soll ich das deiner Meinung nach tun?“, erkundigte sich Sasuke. Er begann langsam die Nerven zu verlieren. Musste er Itachi jetzt etwa jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen? Und was stellte er sich eigentlich vor?! „Falls du es vergessen haben solltest, du kannst sie nicht sehen. Irgendwie bin ich der Einzige, der das kann, und wir kennen beide den Grund dafür nicht. Dann erklär mir doch mal, wie ich dir ihre Existenz beweisen soll.“ Ärgerlich verschränkte er die Arme vor der Brust.

Itachis Grinsen vergrößerte sich nur noch. „Oh, ich habe da schon eine Idee…“ Er sprang von seinem Stuhl auf und packte Sasuke am Arm. „Du musst schon mitkommen.“ Und mit diesen Worten zog er ihn von der Couch und hinter sich her aus dem Zimmer.

Sasuke konnte nur noch einen letzten kurzen Blick auf Sakura werfen, die erschrocken und verblüfft zugleich den beiden hinterher blickte, dann wurde er auch schon von Itachi weiter den Flur entlang gezerrt.

Schließlich blieb er vor dem Arbeitszimmer von Fugaku stehen.

Sasuke war nun vollends verwirrt. Was wollte er denn gerade hier mit ihm machen? Mal davon abgesehen, dass ihr Vater sicher nicht gerade begeistert davon sein würde, wenn er wüsste, dass seine Söhne in seinem Büro herum schnüffeln.

Doch Itachi schien das rein gar nicht zu stören, denn er schob die Tür auf, zog Sasuke wieder mit sich und schloss die Tür hinter ihnen. Dann ließ er sich auf dem Schreibtischstuhl fallen und fuhr den PC hoch.

„Was machst du da?“, zischte Sasuke. Was dachte sich Itachi nur dabei? Er hoffte nur, dass sie nicht erwischt werden würden. Das fehlte ihm gerade noch, eine Standpauke seines Vaters und wahrscheinlich noch Hausarrest. Er legte sich lieber nicht mit seinem Vater an…

„Ich starte den Computer, das siehst du doch.“ Itachi blickte ihn in einer Mischung aus Belustigung und gespielter Verständnislosigkeit an und verdrehte dazu auch noch die Augen.

Sasuke wurde das alles zu blöd. Jetzt verkaufte ihn Itachi auch noch für dumm. Gut, dann bekam er eben keine Hilfe von seinem Bruder, aber er hatte keine Lust mehr auf dieses Kinderspiel. Er hatte weitaus besseres zu tun.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich auf dem Absatz um und griff nach der Türklinke.

„Du gibst also freiwillig auf und gibst damit zu, dass du dir die ganze Sache nur ausgedacht hast? Und dabei habe ich es doch wirklich geglaubt…“, hörte er Itachi hinter sich sagen.

Er sah über seine Schulter zurück und erdolchte Itachi förmlich mit seinen Blicken, doch dieser blieb unbeeindruckt und musterte nur gelangweilt seine Fingernägel.

„Sasuke…“ Sakuras Stimme war wie ein zarter Windhauch, der an seinem Ohr vorbei strich. Er drehte seinen Kopf in die andere Richtung und sah sie neben sich schweben. „Ich fühle mich schlecht, weil du dich meinetwegen in einen solchen Streit mit deinem Bruder begibst. Gib auf, das ist es nicht wert.“ In ihren Augen blitzten Reue und Schuldbewusstsein.

Innerlich schnaubte Sasuke. Er war nicht der Typ dafür, einfach aufzugeben. Er sollte kämpfen, nicht feige den Schwanz einziehen. Schließlich wollte er etwas erreichen.

„Nein, ich gebe nicht auf“, gab er Itachi und Sakura als Antwort. „Also, was verlangst du genau?“, fügte er an Itachi gewandt hinzu und drehte sich ihm wieder zu.

„Das wirst du gleich sehen“, antwortete Itachi und das Grinsen kehrte zurück auf sein Gesicht. Er tippte schnell ein Passwort ein, wobei sich Sasuke gar nicht mehr wunderte, dass er es kannte, stand dann von dem Stuhl auf und bot ihn stattdessen Sasuke an. „Setz dich und wir können beginnen.“

Sasuke kam der Aufforderung nach und setzte sich an den PC, blickte starr auf den Bildschirm und sah dabei zu, wie sich die Symbole auf dem Desktop aufbauten.

Itachi griff nach der Maus und öffnete ein Programm. „Bitte schön, jetzt bist du dran.“

Sasukes Augen weiteten sich leicht, als er realisierte, was Itachi da mit ihm vorhatte. „Du willst, dass ich ein Phantombild erstelle?“

„Ein Phantombild von ihr. Vielleicht fällt es mir alles leichter, wenn ich weiß, wie sie aussieht.“ Itachi zuckte teilnahmslos die Schultern. „Liegt jetzt nur an dir.“

„Was ist das für ein Programm?“, fragte Sakura neugierig und Sasuke bemerkte, wie sie ihm über die Schulter blickte.

„Wirst du gleich sehen“, murmelte Sasuke und griff nach der Maus. Zwar hatte er nicht wirklich Lust auf diese ganze Sache, aber wenn es Itachi glücklich machte und es irgendwie weiter half, dann würde er eben ein Phantombild von Sakura erstellen. Zum Glück hatte er als Kind schon öfter seinem Vater dabei zugesehen, wie er dieses Programm für seine Arbeit nutzte, deshalb hatte er keine Probleme damit es zu bedienen.

Nur kurze Zeit später hatte er ein perfektes Abbild von Sakuras Gesicht erstellt und lehnte sich im Stuhl zurück. „Ich hoffe, du bist jetzt zufrieden.“

„Ja, das ist doch schon mal ein guter Anfang.“ Itachi ließ das Bild drucken, faltete es und steckte es sich in die Gesäßtasche seiner Jeans. „Sie sieht süß aus“, fügte er dann noch mit einem Augenzwinkern hinzu.

Sasuke verdrehte die Augen, warf dann aber einen Blick auf Sakura, die ihm die ganze Zeit über die Schulter geschaut hatte. Nun hielt sie sich beschämt eine Hand an die Wange und Sasuke vermutete sogar, dass sie rot geworden war. Nun ja, sie war ein Geist, aber ihre Wangen hatten sich jedenfalls verdunkelt.

„Du machst sie verlegen“, informierte er Itachi mit einem Schmunzeln.

„Oho!“, machte Itachi und gluckste wieder.

„Wie auch immer.“ Sasuke räusperte sich, um die Aufmerksamkeit seines Bruders wieder zu erlangen. „Also, was ist nun? Reicht dir das als Beweis?“ Er deutete eine Handbewegung in Richtung PC an.

„Lass mich doch eine Nacht drüber schlafen. Ich sage dir dann morgen Bescheid, wie ich mich nun endgültig entschieden habe“, erklärte Itachi.

„Hm“, brummte Sasuke. „Aber…“ Er zögerte kurz. „Aber du glaubst mir doch wirklich, oder?“, fragte er schließlich leicht misstrauisch. „Es ging doch jetzt nur darum, ob du uns helfen wirst.“

„Sasuke, weißt du…“ Itachi rang mit den Händen. „Eigentlich ist der einzige Grund, warum ich dir nicht glauben sollte die Tatsache, dass ich eigentlich nicht wirklich viel von diesen Geistergeschichten halte. Aber ich weiß, dass du dir die ganze Sache nicht ausgedacht hast. Du warst nie kreativ genug, um so viel Fantasie zu haben spontan deinen ausgedachten Geist mit Hilfe eines Phantombildes darzustellen. Du hast nicht gezögert und warst entschlossen bei der Sache. Meine Zweifel sind fast gänzlich aus dem Weg geräumt, aber ich möchte trotzdem lieber noch einmal darüber nachdenken.“

Sasuke zog eine Augenbraue in die Höhe. Da sprach eindeutig der Psychologe aus Itachi, wenn er sogar sein Verhalten analysiert hatte. Die kleine eingebaute Beleidigung, er sei nicht kreativ genug sich einen Geist auszudenken, überhörte er gekonnt. Es stimmte zwar, dass er sich eine solche Geschichte niemals ausdenken könnte, aber das hieß doch nicht, dass er keine Fantasie hatte.

„Sakura, wir gehen“, meinte er, holte sie damit aus ihrer Starre zurück und warf Itachi einen letzten Blick zu, bevor er das Arbeitszimmer in Begleitung Sakuras verließ. Er hatte jetzt wirklich erst mal genug von ihm…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sakura versuchte noch immer das eben geschehene zu verarbeiten. Es gab wirklich noch viel Neues in der Welt, das sie nicht kannte oder verstand. Vielleicht hätte sie doch öfter mit früheren Hausbewohnern fern sehen sollen, um sich besser zu informieren, aber die meisten hatten sich sowieso nur Filme angeschaut. Und sie hatte schließlich schlecht mit ihnen sprechen können, um sie zu bitten, den Fernseher vielleicht für sie anzulassen, damit sie sich nicht langweilte.

Itachi und Sasuke hatten zuvor von einem Phantombild gesprochen und Itachi hatte verlangt, dass Sasuke doch eines von ihr selbst erstellen sollte. Zuerst war sie ehrlich skeptisch gewesen, da sie unter dem Begriff des Phantombildes aus ihrem alten Leben nur die handgezeichneten Steckbriefe kannte, mit denen Verbrecher aufgespürt wurden. Heutzutage schien die Technik den Menschen die Sache erleichtert zu haben, aber sie wusste trotzdem nicht, was es Itachi brachte, wenn er ihr Aussehen kannte. Nun gut, es schien vielleicht wirklich einfacher so, sich vorzustellen, wem er denn helfen würde, wenn er sich dazu entscheiden sollte, aber es hatte sie auf irgendeine Art und Weise auch verlegen gemacht, vor allem, als Itachi sie als süß bezeichnet hatte. Schon allein, wenn sie wieder daran dachte, begannen ihre Wangen aufgeregt zu glühen, und würde sie noch leben wäre sie sicherlich rot angelaufen. Noch nie hatte ein Junge so etwas zu ihr gesagt… Sie hatte nie die Chance dazu gehabt, diese Erfahrung zu machen.

„Du denkst doch nicht etwa noch daran, was er dir gesagt hat.“

Erschreckt blickte sie auf und wieder hatte sie das Gefühl, dass sich Verlegenheit in ihre breit machte. Ertappt sah sie zur Seite. „Ich fand es sehr nett von ihm“, sagte sie leise.

Sie hörte Sasuke seufzen. „Warum frage ich überhaupt? Es war offensichtlich, dass dir sein Kompliment gefallen hat.“

Empört sah Sakura wieder auf, und dieses Mal war sie sicher, dass sich ihre Wangen verdunkelt hatten. Doch dann bemerkte sie Sasukes verschmitztes Grinsen und musste sich unweigerlich über ihn und auch sich selbst ärgern. Er wollte sie wohl necken…

Sasuke hüstelte gekünstelt und wechselte nicht gerade geschickt das Thema. „Du bist nicht sauer auf mich, weil ich das mit dem Phantombild gemacht habe, oder?“

„Nein“, sagte Sakura wahrheitsgemäß. „Ich war sogar ein bisschen beeindruckt. Du hast mich gut getroffen.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen.

Sasuke nickte nur und setzte sich nun an sein eigenes Notebook. „Was meinst du, wollen wir mal nachschauen, was die Welt des Internets so über Geister hergibt?“

„Gerne“, meinte sie und gesellte sich zu ihm.

Heute war wirklich ein sehr aufregender Tag für sie. Sie hatte zwar schon von diesem Internet gehört, hatte es aber nie genutzt, selbst nicht über die kleine Familie, die zuvor in dem Haus gewohnt hatte. Für sie wäre das ein Eingriff in ihre Privatsphäre gewesen, und Sakura vermied es wenn irgend möglich irgendwas aufzuschnappen, was nicht für ihre Ohren, oder auch Augen, bestimmt war. Ihr selbst wäre es zu intim geworden, hätte sie gewusst, dass jemand sie ständig beobachten würde. Das hatte sie immer so gehalten und das würde sie auch weiterhin tun. Die Uchihas hatten das Recht auf ihr eigenes Leben, ohne dass sie ständig bei ihnen saß, doch das ließ sich jetzt nicht mehr großartig verhindern, denn die Situation hatte sich nun mal verändert…

Sasuke hatte ihr einen Stuhl herangezogen, damit sie sich setzen konnte. Unwillkürlich musste sie lächeln, da sie eigentlich gar nicht mehr sitzen konnte, sondern nur noch schweben. Aber es sah anscheinend nun mal so aus, als würde sie wirklich sitzen und sie fand seine Geste sehr aufmerksam.

„Und du glaubst, wir finden etwas in diesem Internet?“, erkundigte sich Sakura und ließ sich auf dem Stuhl nieder.

Sasuke zuckte nur mit den Schultern und öffnete eine Internetseite. „Wir schauen einfach mal und lassen uns überraschen.“ Er tippte etwas ein und einen Moment später erschienen neue Wörter auf dem Bildschirm.

Sakura war noch immer verwirrt von dieser modernen Technik, von der sie nicht viel Ahnung hatte, deshalb verstand sie auch nicht, was Sasuke genau machte. Aber er schien zumindest zu wissen, was er tat.

„Was hältst du davon?“, fragte er sie und deutete mit dem Finger auf den Bildschirm. „Es geht um Geisteraustreibung, aber irgendwie wollen wir dich ja aus dem Haus heraus bekommen.“

Sakura nickte verhalten und überflog den Text, der erschienen war. Doch ihr war nicht wohl bei den Methoden, die der Autor dieser Seite vorschlug, um den Geist aus dem Haus zu vertreiben und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass es ihr helfen würde, wenn Sasuke irgendwelche Tiere anzündete oder Gebete sprach.

Auch die nächsten Seiten, die er öffnete, wirkten nicht gerade seriös und machten ihr eher Angst als sie zu beruhigen. Wenn es wirklich noch andere Geister wie sie gab, die man tatsächlich auf diese schreckliche Art und Weise versucht hatte auszutreiben, dann hatte sie großes Mitleid mit ihnen und wollte sicherlich nicht mit ihnen tauschen. Da saß sie lieber bis in die Ewigkeit hier fest. Die schlimmsten Praktiken, die sie fanden, sprachen sogar von Menschenopfern, um den gebannten Geist zu befriedigen und ihn damit zu bitten, endlich seinen Spuk aufzugeben. Es erinnerte Sakura auf groteske Weise an die alten Legenden von Drachen und den Jungfrauen, die ihnen geopfert wurden, damit sie die edle Burg des Königs verschonten.

Aber sie war weder ein Poltergeist noch irgendein Massenmörder aus der Antike, der sich an denen rächen wollte, die ihn damals für seine Taten mit dem Tod gestraft hatten. Doch was war mit den Geistern, die nichts Böses getan hatten und nichts für ihr Schicksal konnten? Ein Fluch band sie an das Haus, und bis jetzt hatten sie nichts dergleichen gefunden, noch nicht einmal einen Hinweis darauf, dass irgendein ernst zu nehmender Kandidat mit Geistern reden konnte.

Irgendwann hatte auch Sasuke zu ihrer Erleichterung anscheinend keine Lust mehr auf diese Schauergeschichten, denn er klappte sein Laptop zu und verschränkte die Arme vor der Brust. „Alles erstunken und erlogen“, meinte er kopfschüttelnd. „War wohl doch keine so gute Idee mit dem Internet.“

„Nein“, sagte Sakura schnell. „Du darfst nicht sagen, dass wir nichts erreicht haben. Selbst wenn man nicht schafft, was man sich vorgenommen hat, so sollte man trotzdem nicht enttäuscht sein, denn man hat doch wenigstens an Erfahrung gewonnen. Und wir kennen jetzt zumindest hundert Wege, mit denen wir nichts bewirken können.“

Sasuke sah sie einen Moment an und sie dachte schon, dass sie wohl etwas Falsches gesagt hatte, doch dann nickte er.

„Ja, vielleicht hast du Recht. Ich weiß jetzt, dass ich niemanden umbringen werde, um dich zu befreien.“

„Ich vertraue dir immer noch, Sasuke“, sagte Sakura leise, wie um ihn aufzubauen. „Und ich bin mir sicher, dass du mich nicht enttäuschen wirst.“ Sie meinte ihre Worte mit jedem Wort ernst. Sie war sich absolut im Klaren darüber, dass nur er ihr helfen könnte, das hatte sie im Gefühl. Nichts passierte ohne Grund, und deshalb war Sasuke bestimmt nicht zufällig ausgewählt worden, um einer der wenigen zu sein, der sie sehen konnte. Er gab ihr Hoffnung, irgendwann ihr Gefängnis verlassen zu können.

Er wich ihrem Blick aus. „Ich gebe mir Mühe“, murmelte er.

„Das weiß ich.“ Sakura lächelte. „Ich sollte wohl lieber wieder gehen. Du hast bestimmt noch anderes zu tun als mir zu helfen“, sagte sie schließlich.

Sasuke zuckte nur wieder mit den Schultern. „Du kannst auch hier bleiben, stört mich nicht“, meinte er.

Doch Sakura schüttelte den Kopf. „Nein, du hast auch dein Recht auf Privatsphäre.“

Und mit einem letzten Lächeln auf den Lippen schwebte sie durch die Decke davon und ließ Sasuke alleine zurück.
 

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Erschöpft ließ sich Sasuke auf sein Bett fallen und vergrub sein Gesicht im Kopfkissen.

Irgendwie war dies ein anstrengender Tag für ihn gewesen. Es war mühsam gewesen, Narutos Fragen über Sakura zu ertragen und noch viel ermüdender, Itachi von seiner Geschichte zu überzeugen. Er wusste noch immer nicht, ob er mit der Hilfe seines Bruders rechnen konnte, doch mittlerweile glaubte er nicht mehr daran. Wahrscheinlich wollte ihn Itachi nur wieder aufziehen und hatte einfach nur aus Spaß an der Freude von ihm verlangt, dieses Phantombild zu erstellen. Auf der anderen Seite hatte er aber gesagt, dass er ihm glauben würde.

Ihm entfuhr ein Seufzer, der durch das Kissen erstickt wurde. Er war ehrlich gesagt ziemlich verwirrt, was ihm gar nicht passte. Genauso störend fand er die Tatsache, dass er immer noch nicht einen Schritt weiter war, einen Weg zu Sakuras Erlösung zu finden. Sie hatten zwar ein paar Dinge im Internet nachgelesen, aber diese Methoden wollte er unter keinen Umständen ausprobieren, schon alleine deshalb nicht, weil das meiste definitiv an den Haaren herbei gezogen worden war. Und eher würde er mit Naruto Walzer tanzen, als diesen Lügnern Vertrauen zu schenken. Am besten er schickte gleich jeden von ihnen zu einer Therapiestunde von Itachi.

Trotzdem müsste es doch eine Möglichkeit geben, einen Geist auf eine nette Art und Weise zu befreien, frei von Gewalt und albernen Artefakten.

Sasuke zerbrach sich wirklich den Kopf darüber, wie er ihr helfen könnte. Er wunderte sich, wie wichtig ihm diese Sache geworden war, doch das Bild von Sakuras traurigem Gesicht wollte einfach nicht vor seinem inneren Auge verschwinden.

Er erinnerte sich daran zurück, wie verzückt sie von Itachis Kompliment gewesen war. Sie schien sich wirklich sehr darüber gefreut zu haben. Dann musste er daran denken, dass sie vor achtzig Jahren gestorben war und die Männer damals bestimmt nicht einfach so einem Mädchen gesagt hatten, dass sie süß war. Früher war alles anders gewesen. Sie hätte sich wohl noch nicht einmal ihren Ehemann aussuchen dürfen…

Verärgert schüttelte Sasuke diesen Gedanken ab. Das ging ihn nun wirklich nichts an und war ganz und gar Sakuras Angelegenheit. Zumindest war es ihre Angelegenheit gewesen… Sie war schließlich nie dazu gekommen, ihr Elternhaus zu verlassen. Obwohl sie eigentlich für die damalige Zeit im richtigen Alter dafür gewesen wäre.

Sasuke drehte sich auf die Seite und runzelte die Stirn. Jetzt dachte er schon wieder daran. Warum nur? Er sollte lieber darüber nachdenken, was er als nächstes tun sollte, denn das war um einiges wichtiger.

Aber irgendwie streikte sein Gehirn und ihm fiel einfach nichts ein. Er hoffte, dass er in Ruhe mit Naruto darüber reden könnte, der Junge war einfach motiviert und wollte unbedingt helfen. Vielleicht sollte er auch das Bild von Itachi zurück verlangen, damit sich auch Naruto ein Bild von Sakura machen konnte.

Sakura würde es ihm sicher nicht übel nehmen, wenn er jetzt eine kleine Denkpause einlegen würde. Und morgen war schließlich auch noch ein Tag…
 

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Hola!
 

Wie schon angekündigt ist hier pünktlich das neue Kapitel, und dieses Mal ohne „Cliffhänger“.

Es ist tatsächlich ein „Übergangskapitel“ geworden. Aber ich bin wirklich froh über die Entscheidung, den Teil mit Itachi (hättet ihr das erwartet?) doch in dieses Kapitel genommen zu haben, sonst wäre das letzte über 6000 Wörter lang geworden, und das finde ich persönlich ein bisschen zu lang. Kapitel 7 knackt die 6000 trotzdem. *drop*
 

Die ganzen Sachen aus dem Internet hab ich mir ausgedacht, weil ich zu feige war, mich auf solchen Internetseiten umzuschauen. xD
 

Okay… Nun ja, in diesem Kapitel sind sie nicht wirklich weiter gekommen, aber im nächsten dann wird sich auch aufklären, welche etwas ältere Person ich für die FF mit eingeplant habe. Vielleicht hatte sogar schon jemand von euch richtig getippt?

Ihr dürft gespannt sein. ;)
 

Nun gut, wie immer ein gaaanz großes Dankeschön an alle Kommentatoren. Und auch ein Danke für 139 Favoriten. =D Freu mich voll, dass die FF anscheinend ganz gut anzukommen scheint.
 

Ich hoffe ihr hattet ein wenig Spaß an dem Kapitel und bis im Februar dann.
 

Abayo,

dat hia
 

PS: Versuche ab sofort immer in die Kurzbeschreibung zu schreiben, wann ich voraussichtlich ein neues Kapitel hochladen werde.

♥ Tsunade ♥

Der nächste Tag begann für Sasuke mit einer Begegnung, die er nicht vorausgesehen hatte.

Er erwachte aus seinem unruhigen Schlaf, als er spürte, wie sich die Matratze an seinem Fußende senkte, schrak auf und sah sich verschlafen in seinem Zimmer um, das nur matt erleuchtet war vom Licht, das durch seine Vorhänge fiel. Und entdeckte Itachi, der es sich auf seinem Bett im Schneidersitz bequem gemacht hatte und ihn erwartungsvoll anschaute.

„Guten Morgen, Bruderherz“, grüßte Itachi ihn und grinste leicht. „Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht und einen ruhigen Schlaf?“

„Was willst du?“, fragte Sasuke mürrisch und stöhnte leise auf, als er die Uhrzeit auf seinem Wecker erblickte. Er hätte gut und gerne noch eine halbe Stunde schlafen können. Wenn Itachi nicht einen triftigen Grund für sein frühes Erscheinen hatte, dann würde es schon früh am Morgen Leichen geben.

„Warum so schlecht gelaunt?“, wollte Itachi wissen und schmunzelte. „Ich dachte, du würdest dich über meine Anwesenheit freuen, gerade weil ich dir noch eine Antwort schulde. Aber wenn du die nicht hören möchtest…“ Er ließ den Satz unvollendet im Raum schweben.

Sasuke musste einen langen Seufzer unterdrücken. Warum musste Itachi immer alles so dramatisch machen? „Wie hast du dich entschieden?“, erkundigte er sich schließlich.

„Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass nichts dagegen sprechen würde, sollte ich euch beiden helfen“, entgegnete Itachi.

Diese Antwort überraschte Sasuke dann doch. Er starrte seinen Bruder verblüfft an. „Was hat dich zu dieser Entscheidung bewogen?“, fragte er und konnte die Spur Misstrauen, die in seiner Stimme mitschwang, nicht verbergen.

„Ich bin mir mittlerweile mehr als sicher, dass du die Wahrheit sagst“, meinte Itachi mit einem Schulterzucken. „Warum sollte ich dem armen Mädchen dann nicht helfen?“

Sasuke beschlich das Gefühl, dass dies nicht alles war, was Itachi zu sagen hatte. „Was verheimlichst du mir?“, sprach er seine Gedanken aus.

„Nun ja, ich habe selbst ein wenig nachgeforscht“, gab der Ältere zu und kratzte sich am Hinterkopf. Dann griff er hinter sich und reichte Sasuke ein vergilbtes Stück Papier.

Argwöhnisch nahm er es entgegen und bemerkte, dass es kein Papier war, sondern eine alte Fotografie. Ein Foto, das ein junges Mädchen mit seinen Eltern zeigte.

„Sie ist es, auf dem Foto“, sagte Itachi, während Sasuke noch immer erstaunt das Foto musterte. „Ich hab auf dem Dachboden nach Sachen gesucht, die vielleicht noch aus ihrer Zeit stammen, und bin fündig geworden. Deiner Miene nach zu urteilen hast du nie nachgesehen. Das zeigt mir noch deutlicher, dass du vorher gar nicht gewusst haben konntest, dass sie genau so aussieht. Das Phantombild diente mir nur als Vergleich.“

Er verstummte und Sasuke spürte seinen intensiven Blick auf sich ruhen. Doch das störte ihn zu diesem Zeitpunkt wenig, sein Interesse galt alleine dem Foto, das wirklich eindeutig Sakura zeigte. Sie sah glücklich aus, lächelte, und ihre Augen strahlten vor Freude. Auf dem Bild saß sie zwischen ihren Eltern auf einer Holzbank im Garten und im Hintergrund war das Haus zu sehen, in dem er jetzt mit seiner Familie lebte. Zu seinem Bedauern musste er aber feststellen, dass dieses Bild nur in Schwarz-Weiß war, so konnte er noch immer nicht sagen, welche Farbe ihre Augen wohl gehabt hatten. Doch ihre Haarfarbe schien eher ungewöhnlich, das konnte er sogar aus diesem Bild ablesen.

„Findest du nicht, dass es langsam mal an der Zeit wäre, mir etwas mehr über sie zu erzählen?“

Mit seiner Frage holte er Sasuke aus seinen Gedanken und er schaffte es endlich, seinen Blick von dem Foto abzuwenden. „Ja, du hast wohl Recht“, sagte er langsam. „Was willst du wissen?“

„Alles, was wichtig ist. Ich muss schließlich auch wissen, was Sache ist.“ Er tippte sich mit einer Hand ans Kinn. „Du sagtest bereits, dass sie sich wohl nicht selbst umgebracht hat, sondern dass sie getötet wurde.“

Sasuke nickte. „Ja, ihre Stiefmutter hat sie ermordet und ihren Tod wie einen Selbstmord aussehen lassen.“

Itachi nahm ihm das Foto ab, musterte es kurz und runzelte die Stirn. „Aber das hier ist sie nicht, oder?“, fragte er und deutete auf die Frau, die links von Sakura auf der Bank saß.

„Nein, ich denke nicht, dass sie bei ihrer Stiefmutter so glücklich ausgesehen hat“, antwortete Sasuke. „Das muss ihre leibliche Mutter sein. Sie starb und ihr Vater heiratete erneut, weil er Sakura eine Mutter geben wollte. Doch sie kam mit der Frau und ihrer Stiefschwester überhaupt nicht klar und wäre lieber mit ihrem Vater alleine geblieben.“

„Klingt wie eine schlechte Aschenputtel-Geschichte“, murmelte Itachi. „Der Hass beruhte also auf Gegenseitigkeit und die beiden Frauen standen sich eigentlich gegenseitig im Weg. Also hat die Stiefmutter die Sache selbst in die Hand genommen und Sakura aus dem Weg geschafft, um ihren Mann für sich zu haben.“

„So in etwa“, meinte Sasuke. „Zumindest hat sie Sakura irgendwie einen Fluch auf den Hals geschickt und sie sitzt jetzt hier fest.“

„Kritische Situation.“ Itachi überlegte kurz. „Ich werde mal schauen, was die Bibliothek in der Uni so hergibt, vielleicht finde ich da was. Aber sonst fällt mir eigentlich spontan nichts ein, was wir tun können.“

„Im Internet haben wir zumindest nichts gefunden“, entgegnete Sasuke.

„Pff!“, machte Itachi. „Im Internet! Da schreibt jeder Depp seine kranken Gedanken rein. Kein Wunder, dass ihr da nichts gefunden habt.“

Sasuke verdrehte genervt die Augen. „Entschuldigung, dass ich es wenigstens versucht habe.“

Itachi lachte leise und schnippte ihm kurz an die Stirn. „Du bist süß, kleiner Bruder. Gibst dir ja richtig Mühe für das Mädchen, was?“

Unwillkürlich klappte Sasuke der Mund auf.

Itachis Lachen wurde lauter. „Wenn ich dich schon damit aufziehen kann, dann nimmst du es wirklich ernst.“ Er rutschte vom Bett und blickte noch einmal zu Sasuke hinunter. „Du solltest jetzt aufstehen“, sagte er noch, dann ging er ohne noch ein Wort zu sagen.

Sasuke sah ihm nach, und während er noch dachte, dass sein Bruder nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte, begann sein Wecker zu klingeln.
 

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Als Sasuke nach einem sehr kurzen Frühstück das Haus verließ, wurde er schon sehnsüchtig von Naruto erwartet, der nervös und erwartungsfroh von einem Bein auf das andere trat.

„Ich muss dir unbedingt etwas erzählen!“, rief er ihm schon entgegen.

„Worum geht’s denn?“, fragte Sasuke, als er den Blonden erreicht hatte.

„Um was geht es wohl?“, meinte Naruto und verdrehte die Augen. „Als wäre das nicht klar!“, tadelte er Sasuke.

„Lass mich raten…“, sagte Sasuke und stellte sich dumm. „Du hast es geschafft, deine Matheaufgaben ganz alleine zu lösen.“

„Nein!“, entgegnete Naruto ärgerlich, wirkte die nächste Sekunde aber fast schon verlegen. „Hinata hat mir geholfen…“, gab er kleinlaut zu.

Sasuke musste sich Mühe geben, ein leises Lachen zu verkneifen. „Mir war klar, dass du auf Sakura hinaus wolltest“, erklärte Sasuke und versuchte damit, Naruto aus seiner peinlichen Lage zu befreien. „Mich wundert es ehrlich gesagt, dass du gestern nicht mehr angerufen hast“, fügte er noch hinzu. Es stimmte, was er sagte. Er hatte damit gerechnet, dass Naruto ihn auch noch nach der Schule mit Fragen durchlöchern würde.

„Na ja, ich war bei Hinata, und ich konnte ja schlecht mit dir über den Geist sprechen, wenn sie neben mir sitzt.“ Er wurde rot und dieses Mal konnte sich Sasuke das Grinsen nicht verkneifen. Kaum zu glauben, dass Naruto schüchtern wurde, wenn es um seine Freundin ging.

„Du hast Recht“, stimmte Sasuke zu. „Es wäre nicht gut, wenn mehr Leute als nötig erfahren, dass ich aus immer noch unerfindlichen Gründen Geister sehen kann. Beziehungsweise sehe ich ja nur einen Geist.“

Naruto schien kleiner zu werden, während sie nebeneinander zur Schule gingen.

„Was?“, fragte Sasuke skeptisch. „Du hast doch niemandem etwas verraten, oder?“

„Nein, hab ich nicht!“, empörte sich Naruto und schien wütend, dass Sasuke nicht an sein Versprechen glaubte. „Ich habe Hinata gegenüber nur erwähnt, dass ich es wirklich spannend finden würde, gäbe es tatsächlich einen Geist bei euch im Haus.“

Sasuke zog argwöhnisch eine Augenbraue in die Höhe.

Naruto hob daraufhin abwehrend die Hände. „Hinata glaubt auch nicht an den Geist, ehrlich. Solche Sachen machen ihr Angst, deswegen stellt sie es sich gar nicht erst vor.“ Er räusperte sich. „Aber eigentlich wollte ich dir ja was erzählen.“

„Stimmt“, pflichtete Sasuke ihm bei. „Du warst schon ganz euphorisch.“

„Nun ja, vielleicht hat es ja doch etwas mit Hinata zu tun“, gestand Naruto. „Sie hat mir nämlich gesagt, dass ich zu dieser einen Wahrsagerin gehen soll, wenn ich mich so für diesen Geist interessiere. Die ist wohl noch relativ neu in der Stadt. Hinata weiß davon, weil die Freundin von ihrem Cousin ihn da mit hingeschleppt hat um sich die Karten von ihr legen zu lassen. Neji war wohl nicht so begeistert davon gewesen, aber das ist bei ihm auch verständlich, da er nicht an solche Sachen glaubt, aber Tenten war vollauf begeistert gewesen und würde es jedem empfehlen, da mal hinzugehen, wenn man auch nur ein bisschen an Übernatürliches und Prophezeiungen glaubt.“

Naruto redete jetzt wie ein Wasserfall und Sasuke fand es schwer, ihm zu folgen. „Eine Wahrsagerin?“, fragte er schließlich und unterbrach damit Narutos Redeschwall.

„Na ja, Tenten meinte wohl, sie wäre echt gut und vielleicht weiß sie ja wirklich was über Geister“, sagte Naruto und zuckte mit den Schultern.

„Eine Wahrsagerin?“, wiederholte Sasuke seine Worte. Er konnte es einfach nicht glauben. Eine Wahrsagerin… Solche Leute waren genauso schlimm als die, die solche Internetseiten verfassten, welche er gestern noch mit Sakura durchforstet hatte. Schwindler, alles nur Hochstapler, die viel Fantasie und eine gute Portion Geisteskrankheit innehatten, mit der Hoffnung damit ihr Geld zu verdienen. Er konnte solchen Menschen einfach kein Vertrauen schenken.

„Du findest die Idee also nicht so toll“, meinte Naruto und schien enttäuscht. „Dabei hätte ich echt gedacht, dass sie vielleicht helfen könnte.“

„Naruto, diese Leute sind einfach…“ Er rang nach den richtigen Worten, um ihn nicht zu verletzten. „Sie sind nicht wirklich glaubwürdig, findest du nicht?“

„Ich glaube schon daran“, sagte Naruto und Sasuke sah ihm an, dass er es ernst meinte. „Weißt du, dieses Wahrsagerzeugs ist ein Hobby von Tenten und sie hat mir schon öfter die Karten gelegt, und bis jetzt ist immer alles eingetroffen, was sie mir erzählt hat.“

Sasuke wollte sich lieber nicht ausmalen, was für Sachen das Mädchen Naruto vorausgesagt hatte, aber es mussten alltägliche Dinge gewesen sein, die jedem passieren konnten. Und so etwas konnte sogar er selbst.

Die beiden schwiegen während den Rest des Weges und hingen ihren Gedanken nach.

„Überleg es dir einfach noch mal“, schlug Naruto vor, als sie an der Schule angekommen waren. „Ich würde dich auch begleiten.“ Er lächelte kurz und ließ Sasuke dann stehen, um zu Hinata zu gehen, die auf einer Bank in der Nähe saß und scheinbar schon auf ihn gewartet hatte.

Sasuke blieb am Eingangstor stehen und beobachtete, wie Naruto Hinata liebevoll begrüßte, die daraufhin puterrot anlief, gleichzeitig aber überglücklich wirkte. Die beiden schienen wirklich gut zusammen zu passen. Naruto hatte eine so herzensgute Person wie Hinata es war wirklich verdient.

Er seufzte leise und schlenderte langsam zum Haupteingang. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Naruto hatte sich schließlich Mühe gegeben, Sakura Hilfe zu beschaffen. Und er trat diese Hilfe mit Füßen.

Vielleicht sollte er wirklich noch einmal in Ruhe darüber nachdenken und auch mit Sakura darüber reden.
 

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Sakura blickte auf, als sie Sasuke durch das Dachbodenfenster sah. Er verabschiedete sich am Gartentor von Naruto und einem zierlichen Mädchen mit langen dunklen Haaren, die bläulich schimmerten, dann kam er ins Haus.

Sie hatten seit dem Abend zuvor nicht mehr miteinander gesprochen, und wenn sie ehrlich sein sollte wusste sie nicht mehr, was sie eigentlich denken sollte, wenn es um Sasuke ging.

Sakura hatte ihn als sehr selbstbewusst eingeschätzt, jemand, der seine Ziele sehr verbissen verfolgte und die Ruhe in Person war. Er schien nicht gut im Umgang mit anderen Leuten zu sein, war eher überrascht gewesen, dass Naruto sich Mühe gab sich mit ihm anzufreunden, woraus sie schloss, dass er ein Einzelgänger war, was man auch daran merkte, dass er anscheinend nicht viel sprach und lieber beobachtete. Itachi hatte bei dem Essen mit Naruto und seinen Eltern bemerkt, dass er ein guter Beobachter sei. Das war der Sasuke, den sie kennengelernt hatte, indem sie ihn in den ersten Wochen im Haus beobachtet hatte.

Nun, da sie ihn persönlich kannte und ihn mit einem heiklen Problem belastet hatte, indem sie sich ihm gezeigt und ihre Geschichte erzählt hatte, stand er einer unbekannten Situation gegenüber. Er gab sich zwar wirklich Mühe ihr zu helfen, aber es schien ihn sehr zu ärgern, dass er bis jetzt noch nichts erreicht hatte, was ihn scheinbar langsam an seinen Fähigkeiten zweifeln ließ. Er verlor das Vertrauen in sich selbst, aber Vertrauen war sehr wichtig, wenn man etwas erreichen wollte.

Sakura fragte sich, warum er ihr überhaupt seine Hilfe angeboten hatte. Er schien ja selbst überrascht darüber zu sein, dass er es getan hatte. Er lernte wohl allmählich eine neue Seite an ihm kennen. Eine Seite, die hilfsbereit war, die sich anderen öffnen wollte, um nach Hilfe zu fragen, die er früher wohl nie angenommen hätte, so wie sie ihn eingeschätzt hatte. Vielleicht hatte sie also doch das richtige getan, als sie sich ihm anvertraut hatte. Eine positive Entwicklung war immer etwas Gutes. Und sie wollte ihm immer noch vertrauen, so wie er auch Vertrauen in sich haben sollte. Sakura musste ehrlich zugeben, dass ihr der neue Sasuke besser gefiel als der alte.

Sakura bemerkte, dass sie den Drang verspürte, noch mehr über ihn wissen zu wollen. Sie wollte mehr über ihn erfahren, vielleicht öfter mit ihm sprechen, damit sie ihn noch besser kennenlernen konnte, damit sie ihn besser einschätzen konnte, vielleicht irgendwann sein ganzes wahres, prächtiges Ich kannte. Aber auf der anderen Seite hatte sie Angst, dass sie ihm zu nahe kommen würde, er abblockte, weil er nicht mehr mit ihr zu tun haben wollte als nötig war um sie zu befreien.

Das war wohl ihre größte Sorge… wieder alleine zu sein. Nach über achtzig Jahren fühlte sie sich endlich nicht mehr einsam, und das nur durch Sasuke. Dadurch, dass er mit ihr redete, ihr helfen wollte. Wenn er sie im Stich lassen würde, so wie es zuvor die zwei anderen Jungen getan hatten, dann würde für sie eine Welt zusammen brechen.

Sie hörte Schritte auf der Treppe, die auf den Dachboden führte, sah in die Richtung und erblickte Sasuke, der gerade heraufkam.

„Hi“, sagte er kurz angebunden und in seinen Augen blitzte Unsicherheit, wie Sakura erkannte. „Ich störe nicht?“, fragte er nach.

„Nein“, meinte Sakura mit einem leichten Lächeln und schüttelte den Kopf. „Wie kommst du darauf?“

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Hätte ja sein können“, murmelte er.

Sakura drehte sich nun ganz in seine Richtung, um sich besser mit ihm unterhalten zu können. „Gibt es was Neues?“, erkundigte sie sich.

„Äh, ja.“ Sasuke kam nun zu ihr und setzte sich auf eine Kiste in der Nähe. „Zwei Sachen, um genau zu sein“, fügte er hinzu, als er es sich einigermaßen bequem gemacht hatte.

Sakura blickte ihn nur erwartungsvoll an. Sie wollte ihn nicht drängen, mit seinen Neuigkeiten herauszurücken, ließ ihm lieber die Zeit, die er brauchte.

Nach einer längeren Pause, in der Sasuke zu überlegen schien, äußerte er sich schließlich. „Itachi war heute morgen bei mir“, berichtete er. „Er hat sich dazu entschieden, dir zu helfen, und vorgeschlagen, dass er sich einmal in der Universitätsbibliothek umschauen würde.“

„Das ist sehr nett von ihm“, sagte Sakura und war erleichtert, dass Itachi Sasuke doch noch glaubte und seine Hilfe anbot. „Bitte sprich ihm meinen Dank aus, wenn du ihn siehst. Ich kann mich leider nicht persönlich bedanken…“

Sasuke nickte nur kurz.

Sakura wurde das Gefühl nicht los, dass er sich über eine Sache den Kopf zerbrach und Angst überkam sie, dass er sie doch noch alleine lassen würde. Sie hatte immer noch Hoffnung, dass das Gegenteil der Fall war, dennoch fürchtete sie, dass sich ihre Sorge bewahrheiten könnte.

„Was hat ihn dazu bewogen, doch noch zu helfen?“, fragte sie, um das Gespräch wenigstens ein bisschen am Laufen zu halten.

„Er hat ein Foto von dir auf dem Dachboden gefunden und es mit dem Phantombild verglichen“, entgegnete Sasuke.

„Oh“, machte Sakura und war verblüfft. „Ich habe ihn gar nicht hier oben gesehen.“

„Vielleicht war er hier, als wir versucht haben, etwas im Internet herauszufinden“, vermutete Sasuke.

„Ja, das wird wohl der Fall sein“, pflichtete Sakura ihm bei und wandte den Blick ab. Sie hatte Sasuke schon gesprächiger erlebt. Irgendetwas schien ihn wirklich zu belasten, er schien in sich versunken, und die Angst in ihr wuchs von Sekunde zu Sekunde.

„Ähm, da ist noch was“, meinte Sasuke und als Sakura wieder aufblickte sah sie, wie er kurz auf seiner Unterlippe herum kaute.

Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. „Sasuke, du weißt, dass du mir nicht helfen musst. Ich wäre dir zwar wirklich auf ewig dankbar dafür, aber wenn du es nicht möchtest…“

„Nein“, unterbrach Sasuke sie. „Ich möchte dir ja helfen. Es geht nur darum, dass ich nicht weiß, welchen Weg ich einschlagen soll.“ Er schwieg kurz, dann fuhr er fort. „Naruto hat mir vorgeschlagen, ich soll zu einer Wahrsagerin gehen, um mich bei ihr nach Geistern zu erkundigen.“

Mit dieser Antwort hatte Sakura nicht gerechnet und für einen Moment warf sie ihre Verwunderung aus der Bahn. War dieser Vorschlag der Grund für Sasukes Verhalten? „Glaubst du, es war eine schlechte Idee?“, fragte sie vorsichtig nach.

„Ich weiß es nicht.“ Verärgert raufte sich Sasuke die Haare. „Ich weiß, er meint es nur gut und will helfen, aber eine Wahrsagerin…“ Er blickte zu ihr auf und Sakura sah in seine tiefen dunklen Augen, die ein Gefühl widerspiegelten, das sie nicht in Worte fassen konnte. Vielleicht war es Unsicherheit, womöglich aber auch Verzweiflung darüber, dass er nicht wusste, was er tun sollte. „Du musst verstehen, dass ich von solchen Leuten genauso wenig halte wie von denen, die diese Internetseiten verfassen“, gab er schließlich zu.

Und Sakura verstand wirklich. Er war in einen verzwickten Zwiespalt geraten. Auf der einen Seite fand er es nett von Naruto, dass er ihm Hilfe anbot und einen Vorschlag gemacht hatte, wie er Informationen sammeln könnte, auf der anderen Seite allerdings hatte er kein Vertrauen in Wahrsager und hielt sie für Schwindler.

Sie hingegen wollte die Sache nicht so schnell aufgeben. „Meinst du nicht, dass du ihr eine Chance geben solltest?“

„Du willst also, dass ich da hin gehe und mit ihr rede?“, fragte Sasuke und schaute sie ungläubig an.

Nun war es an Sakura, mit den Schultern zu zucken. „Was spricht dagegen? Naruto macht dir diesen Vorschlag bestimmt nicht umsonst. Er hat sich da sicherlich etwas bei gedacht. Vielleicht solltest du deine Vorurteile einfach vergessen und es einfach mal versuchen. Und wenn sie sich dann als Schwindlerin herausstellt, dann ist es eben so. Dann sind wir aber wieder um eine Erkenntnis schlauer.“

Nachdenklich runzelte Sasuke die Stirn und Sakura überlegte, ob sie vielleicht zu weit gegangen war. Aber konnte man es ihr verdenken, dass sie jede Chance nutzen wollte die ihr versprach, dass sie vielleicht endlich ihr Gefängnis verlassen könnte? Würde sie es können, dann würde sie das Haus verlassen und die Wahrsagerin selbst aufsuchen. Doch so war sie auf Sasuke angewiesen.

„Sasuke, ich kenne deine Meinung, und trotzdem bitte ich dich darum mir den Gefallen zu tun, für mich diese Wahrsagerin aufzusuchen“, sagte sie sanft.

Sasuke erwiderte nichts, hatte immer nach die Finger in seinem schwarzen Schopf vergraben und starrte nun konzentriert seine Knie an.

Sakura presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und wartete ungeduldig auf seine Antwort. Sie hoffte so sehr, dass er zustimmen würde.

„Ich überlege es mir“, erwiderte er schließlich knapp und stand von der Kiste auf. „Entschuldige mich bitte.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Dachboden.

Sakura sah ihm nach, bis seine Schritte verklungen waren. Ein leiser Seufzer entfuhr ihr und sie bereute es, Sasuke zu etwas drängen zu wollen, was er nicht tun wollte.

Dennoch glaubte sie immer noch daran, dass Naruto diesen Vorschlag nicht gemacht hätte, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass die Wahrsagerin eine Hilfe sein könnte.

Und deshalb durfte sie jetzt nicht die Hoffnung verlieren, denn noch war nichts verloren. Sasuke hatte schließlich nur gesagt, dass er es sich überlegen würde, was nicht hieß, dass er gleich alles aufgab.

Jetzt konnte sie nur noch warten.
 

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Sasuke verließ fast fluchtartig den Dachboden, sprintete nun auch die Treppe ins Erdgeschoss hinab, riss die Haustür auf und lief in den Vorgarten, wo er schließlich stehen blieb.

Tief holte er Luft und versuchte wieder zur Ruhe zu kommen. Er war unheimlich aufgewühlt, was gar nicht zu ihm passte. Er konnte es immer noch nicht fassen, wie sehr er sich in den letzten Tagen verändert hatte. Wie er sich verändert hatte, seit er Sakura begegnet war…

Noch einmal atmete er die Luft des frühen Herbstnachmittags ein. Langsam entspannte er sich wieder und stapfte über den Rasen zu dem Baum im Garten, an dem noch die Schaukel eines Vorbesitzers hing. Darauf ließ er sich nieder, nahm ein wenig Schwung und ließ seinen Gedanken nun freien Lauf.

Den ganzen Tag hatte er sich nun schon den Kopf darüber zerbrochen, ob er seine Prinzipien über Bord werfen sollte, seinen Stolz überwinden, und einfach zu dieser Wahrsagerin gehen würde. Doch noch immer war er zu keinem Ergebnis gekommen.

Eigentlich tendierte er zu einem Nein, weil er wirklich nichts von solchen Leuten hielt, und dass, obwohl Naruto es sehr gut gemeint hatte. Er hatte mit Sakura sprechen wollen und hatte fast erwartet, dass sie ihm Recht geben würde, dass es eine doofe Idee war, zu einer Wahrsagerin zu laufen, vor allem, nachdem sie selbst den Quatsch aus dem Internet zu lesen bekommen hatte. Aber entgegen aller Erwartungen hatte sie den Vorschlag von Naruto sogar befürwortet, womit er nicht gerechnet hatte. Sie wollte der Wahrsagerin eine Chance geben.

Aber wenn Sasuke ihre Situation bedachte, dann war ihre Reaktion doch nicht mehr so überraschend. Sie hatte schon so viel durchmachen müssen und setzte nun auf jede Hilfe, die sie bekommen konnte. Dazu gehörte eben auch die Hilfe einer Wahrsagerin.

Seufzend nahm Sasuke erneut Schwung und sein Blick wanderte vom Boden langsam zu dem Dachbodenfenster, an dem Sakura eben noch gesessen hatte.

Wie er feststellen musste, saß sie noch immer an dem Platz, an dem er sie aufgefunden und auch wieder zurückgelassen hatte. Sie blickte in seine Richtung, also musste sie ihn wohl beobachtet haben.

Während Sasuke langsam vor und zurück schaukelte, konnte er den Blick nicht von ihrem Gesicht abwenden. Auch, wenn er sie nicht deutlich erkennen konnte, so sah er doch die Sehnsucht, die ihr Gesicht widerspiegelte, und vielleicht sogar Neid. Neid darauf, dass er das Haus verlassen und hier auf dieser Schaukel sitzen konnte und sie nicht. Neid darauf, dass er frei war und sie gefangen…

Gefangen für alle Ewigkeit, wenn er nicht seinen Hintern bewegte und sich für sie einsetzte.

Ihr trauriger Blick traf seinen und für einen Moment hielten sie den Kontakt. Und in diesem Moment entschied sich Sasuke, über seinen Schatten zu springen und diese Wahrsagerin aufzusuchen. Er würde es für sie tun. Und er würde dabei an ihre Worte denken. Wenn sie sich als Schwindlerin entpuppte, dann war er wieder schlauer geworden.

Entschlossenheit kehrte in ihn zurück, ein unglaubliches Gefühl des Selbstbewusstseins, und er war sich sicher, dass dies auch in seinen Augen zu lesen war, als er Sakura mit einem Nicken signalisierte, dass er sich zu einem Besuch entschieden hatte.

Und mit einem unerklärlichen warmen Gefühl im Bauch konnte er beobachten, wie ein Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. Ein Lächeln, jenes dem gleich kam, das er an diesem Morgen noch auf einem alten Bild gesehen hatte.

Und in diesem Moment wusste er bestimmt, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
 

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„Uh, ich kann es kaum erwarten!“

Sasuke verdrehte die Augen bei dem Anblick von dem übertrieben euphorischen Naruto, der sein Glück immer noch nicht fassen konnte, dass Sasuke seinem Plan zugestimmt hatte.

Dann hatte sich allerdings das Problem gestellt, dass er selbst lieber nicht mit dieser Wahrsagerin in Verbindung gebracht werden wollte, sodass sich Naruto darum kümmern musste, die Adresse von ihr herauszufinden. Also hatte sich dieser an Hinata gewandt und ihr erzählt, dass er Sasuke doch tatsächlich hatte überreden können, dass er ihn zu der Wahrsagerin begleitete, damit es so aussah, als würde er Naruto einfach nur einen großen Freundschaftsdienst erweisen. Zwar war Sasuke die Sache immer noch nicht ganz geheuer, aber besser als für verrückt gehalten zu werden, schließlich stellte er nun die seelische Unterstützung dar und nicht Naruto seine. Hinata war zwar verwundert gewesen, dass gerade Sasuke Naruto bei seinem Vorhaben unterstützen wollte, hatte aber in einer Pause die Freundin ihres Cousins angerufen, um für die beiden Jungs die Adresse herauszufinden.

Nun, da die Schule vorbei war, befanden sich Sasuke und Naruto auf dem Weg zu dieser Wahrsagerin.

„Ich bin wirklich gespannt, was sie uns erzählen wird“, plapperte Naruto weiter.

„Abwarten“, meinte Sasuke nur. Er versprach sich nicht allzu viel von dem Besuch und würde auch am liebsten wieder umkehren, aber der Gedanke an Sakuras enttäuschte Miene hielt ihn davon ab.

„Was hat dich eigentlich umgestimmt?“, wollte Naruto plötzlich neugierig wissen.

„Nun ja, ich hab nichts zu verlieren, also ist es einen Versuch wert“, antwortete Sasuke mit einem beiläufigen Schulterzucken.

„Richtig, wir können nur gewinnen!“, rief Naruto aus und grinste breit. Dann blieb er abrupt stehen. „Oh, ich glaube wir sind da.“

Sasuke blieb nun ebenfalls stehen und musterte den kleinen Laden vor ihnen. Die verglaste Front war mit schweren roten Vorhängen verhangen und ein buntes Schild vor der Tür kündigte an, was der Kunde zu erwarten hatte.

„Hm, Karten legen, Handlesen, in die Kugel schauen…“, las Naruto leise vor, der das Schild genau wie Sasuke eingehend musterte. „Klingt doch gut, da ist sicher auch was mit Geistern dabei.“

Sasuke warf einen letzten skeptischen Blick auf den Namen des Ladens – Tsunade no Maho. Wie einfallsreich…, dachte Sasuke und verdrehte erneut die Augen.

„Komm schon, wir gehen rein“, meinte Naruto erfreut und zog Sasuke am Ärmel hinter sich her.

Kaum hatte der Blonde die Tür aufgestoßen, kam den beiden Jungs ein Schwall von den verschiedensten Düften entgegen und Sasuke konnte ein Hüsteln nicht zurückhalten. Der Vorraum, in den sie gelangt waren, war mit einer Art nebligem Rauch durchzogen, der von den zahlreichen Weihrauchstäbchen ausging, die überall verteilt im Zimmer standen.

„Hallo“, wurden sie freundlich von einer jungen Frau mit kurzen dunklen Haaren begrüßt. Dann wanderte ihr durchdringender Blick zu Sasuke und sie fixierte ihn.

Sasuke versuchte sie zu ignorieren, doch ihr intensiver Blick wurde ihm unangenehm.

„Tsunade-sama hat dich schon erwartet“, sagte sie schließlich.

Unwillkürlich wandte Sasuke sich Naruto zu, weil er sich einfach nicht angesprochen fühlen wollte, doch wie er bemerkte, starrte Naruto ihn überrascht an.

„Wow“, kam es beeindruckt über seine Lippen und sein Blick wanderte zwischen der Frau und Sasuke hin und her.

„Ja, ich meine dich, Uchiha Sasuke“, meinte die Frau am Empfangstisch. Sie wies auf die Tür, die hinter sich in einen anderen Raum führte. „Tsunade-sama erwartet sich“, wiederholte sie noch einmal nachdrücklich.

„Wow“, sagte Naruto noch einmal und schien dieses Mal vollkommen baff.

Sasuke war die ganze Sache schon jetzt nicht mehr geheuer, denn er konnte sich einfach nicht erklären, woher sie seinen Namen kannte. Nun war wirklich die letzte Gelegenheit diesen Laden zu verlassen, aber auch wenn er nicht hier sein wollte, so dachte er doch wieder an Sakura.

„Folge mir“, wies ihn die Frau an, stand von ihrem Platz auf und schob die Tür zum Hinterzimmer für ihn auf.

„Geh schon!“, drängte ihn Naruto und schubste ihn in Richtung Tür.

Wie von selbst schien Sasuke nach diesem Anschub auf die Tür zuzugehen und er fühlte sich von Sekunde zu Sekunde unbehaglicher. Es schien fast, als würde er von einer unsichtbaren Macht angezogen, gegen die er sich nicht wehren konnte.

„Nein, du darfst nicht mitgehen“, erklärte die Frau Naruto, der Sasuke gefolgt war.

„Was?!“, empörte sich Naruto und stemmte beleidigt die Hände in die Hüften. „Ich bin aber seine Begleitung!“

Sasuke war für einen Moment aus seinem Bann befreit und sah, wie die Frau den Kopf schüttelte. „Nein, Tsunade-sama möchte mit ihm alleine sprechen. Wenn du noch Fragen an sie hast, dann musst du warten.“

Sie legte Sasuke kurz eine Hand auf die Schulter, der daraufhin wieder das Gefühl hatte, dass er nicht mehr Herr über seinen Körper war, und die letzten Schritte in den Raum tat.

„Erzähl mir dann, wie es war!“, hörte er Naruto noch rufen, bevor die Tür hinter ihm zu fiel.

In diesem Raum war es noch stickiger als in dem anderen und er war nur gedämpft durch einige Kerzen erleuchtet, die alle auf dem runden Tisch standen, an dem er eine Frau vorfand, die auf einem großen gepolsterten Lehnstuhl saß.

Ihr dickes blondes Haar hatte sie zu zwei Zöpfen zusammen gebunden, sie war klein und eher zierlich, wenn man von ihrer Oberweite absah, und Sasuke vermutete, dass sie um einiges älter war, als sie aussah. Sie beobachtete ihn und ihr Blick war noch intensiver als der von der Frau im Vorzimmer.

Während die beiden sich unentwegt anstarrten, bemerkte Sasuke am Rande, wie sie abwesend den Kopf eines kleinen Schweines tätschelte, das auf ihrem Schoß saß.

„Ich dachte schon, du würdest es nie hierher schaffen, Uchiha Sasuke“, sagte die Frau schließlich und klang in seinen Ohren schon beinahe genervt. „Du solltest deinem Freund vertrauen und gleich zu mir kommen anstatt mit deinen Vorurteilen zu kämpfen.“

Nach der Aktion im Vorraum hätte Sasuke eigentlich nicht mehr zu überrascht sein sollen, aber diese Frau trieb seine Verblüffung fast an die Spitze, und sein Unterbewusstsein sagte ihm, dass das noch längst nicht alles war.

„Setz dich doch, oder willst du da Wurzeln schlagen.“ Ungeduldig wies Tsunade auf den Stuhl an der runden Tischseite ihr gegenüber und Sasuke folgte ihrer Anweisung sofort, setzte sich wie gebannt auf den ihm angebotenen Platz.

„Geht doch“, meinte die Frau, nahm das Schwein und hob es scheinbar mühelos von ihrem Schoß, um es auf dem Boden abzusetzen.

„Was tun Sie mit mir?“, fragte Sasuke, als er endlich die Sprache wiedergefunden hatte. Er konnte sich den Verlust über die Kontrolle seines Körpers einfach nicht erklären.

Tsunade lächelte unschuldig. „Ich weiß nicht, wovon du redest“, meinte sie amüsiert, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte die langen schlanken Finger ineinander.

Sasuke schenkte ihr nur einen wütenden Blick. Irgendwie ahnte er, dass seine Worte bei ihr nur auf taube Ohren stoßen würden.

„Warum so genervt?“, erkundigte sich Tsunade. „Du bist doch schließlich hier, weil du meine Hilfe brauchst. Da erwarte ich doch wenigstens ein bisschen mehr Respekt.“

„Woher wollen Sie wissen, dass ich Hilfe brauche? Und woher kennen Sie überhaupt meinen Namen?“ Sasuke musterte die blonde Frau argwöhnisch.

Doch zu seiner Verärgerung überging sie seine Fragen einfach. „Ist das denn wichtig? Ist es nicht viel mehr von Bedeutung, dass du endlich eine Antwort auf deine eigentlichen Fragen bekommst?“

„Sagen Sie mir, was mein Problem ist, und wir können weiter reden“, erwiderte Sasuke und konnte den Trotz in seiner Stimme nicht verhindern.

Tsunade schnalzte mit der Zunge. „Du glaubst also nicht daran, dass ich von deinem kleinen Geisterproblem Wind bekommen habe?“

Sasukes Augen weiteten sich leicht vor Unglauben. Er hatte niemandem außer Naruto und Itachi von Sakura erzählt. Wie also konnte sie davon wissen?

„Du wirkst so überrascht. Hast du nicht damit gerechnet, dass ich dein kleines Geheimnis kenne?“, fragte sie und lächelte geheimnisvoll.

„Ich habe keine Ahnung, wie Sie das herausbekommen haben, aber wenn Sie mich beobachtet oder belauscht haben, weil Ihnen langweilig war, dann…“

„Uchiha Sasuke“, unterbrach Tsunade ihn und zog wütend die schmalen Augenbrauen zusammen. „Beleidige mich nicht. Ich sehe dich heute zum ersten Mal in meinem Leben.“

„Aber wie…?“ Sasuke stockte und musterte sie misstrauisch. „Aber wie konnten Sie dann wissen, dass ich ein Geisterproblem habe.“

„Ich verrate meine Geheimnisse nur ungern“, erklärte Tsunade. „Mir scheint, das ist eine kleine Gemeinsamkeit von uns.“

„Wenn Sie schon so schlau sind, dann verraten Sie mir doch mal, wie ich ihr helfen kann“, sagte Sasuke herausfordernd.

„Ich weiß, dass Sakura schon lange darauf wartet, endlich befreit zu werden, und deshalb werde ich über dein rüpelhaftes Benehmen hinwegsehen und dir trotzdem ein bisschen helfen, aber hör mir gut zu, ich will mich nicht wiederholen müssen.“

Tsunade fixierte ihn und Sasuke fühlte sich unter diesem Blick gleich wieder unwohl. Doch er schwieg, denn wenn er schon mal hier war, konnte er sich auch anhören, was sie zu sagen hatte. Und außerdem kannte sie Sakuras Namen… was ihn inzwischen aber auch nicht mehr verwunderte.

„Um sie erlösen zu können, musst du lernen, nicht deinen Kopf, sondern dein Herz sprechen zu lassen, denn nur dein Herz kann dir den richtigen Weg weisen. Wenn du sie verstehst, und wenn du auch dich selbst verstehst, dann wirst du die Situation verstehen. Und schließlich musst du nur noch den letzten entscheidenden Schritt wagen. Du musst nur Vertrauen haben, in dich, in sie, deine Freunde, deinen Bruder, in deine Fähigkeiten. Und dabei darfst du nie vergessen, dass das Schicksal dich aus einem bestimmten Grund gewählt hat. Nichts geschieht zufällig, Uchiha Sasuke.“

Sasuke runzelte verwirrt die Stirn. Die Frau sprach für ihn in Rätseln. Und was sollte eigentlich die Behauptung, dass er Vertrauen in seine Fähigkeiten haben soll. Es empörte ihn, dass sie das überhaupt in Frage stellte! Warum also sagte sie nicht einfach gerade heraus, was er tun sollte, um Sakura zu erlösen?

Tsunade seufzte und legte sich erschöpft eine Hand an die Stirn. „Du bist verdammt schwierig, weißt du das eigentlich?“

„Warum bin ich jetzt schon wieder schwierig?“, fragte Sasuke verärgert. Diese Frau brachte ihn langsam aber sicher wirklich zur Weißglut.

„Ich versuche dir zu helfen und du gibst dir nicht einmal Mühe mich zu verstehen.“ Tsunade versuchte ruhig und geduldig zu bleiben, aber Sasuke sah ihr an, dass auch sie genervt war.

„Natürlich gebe ich mir Mühe, aber wenn Sie nicht so in Rätseln sprechen würden, dann würden normale Menschen auch verstehen, worüber Sie reden.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich trotzig in seinem Stuhl zurück.

Tsunade murmelte etwas Unverständliches und verdrehte die Augen. „Du musst wissen, dass jeder Geist individuell ist. Wenn ihre Seelen immer noch an die Erde gebunden sind, sei es nun durch einen Fluch oder sonst etwas, und sie ins Nirvana einziehen wollen, dann müssen sie ihren ganz eigenen Weg finden, um dies zu schaffen. Und manchmal brauchen sie dafür auch ein wenig Hilfe. Diese Hilfe bist du, und deshalb musst du sie erst einmal besser kennenlernen, um den richtigen Weg einzuschlagen.“

„Heißt das, ich soll einfach abwarten und sehen, was passiert?“, fragte Sasuke ungläubig.

Tsunade seufzte. „Scheint so, als ob du es endlich kapiert hast.“ Sie schüttelte leicht den Kopf und sah ihn dann wieder an. „Mehr Hilfe kannst du von mir nicht erwarten, Junge. Das Schicksal hat dich gewählt, nicht mich. Es liegt jetzt ganz an dir. Denk an meine Worte und du wirst erfolgreich sein.“

Sasuke starrte sie an und verstand die Welt nicht mehr. Das war’s?! Mehr Tipps hatte sie nicht für ihn auf Lager, außer dass er vom Schicksal auserwählt worden ist und nun Sakura besser kennenlernen musste? Und dafür war er hierher gekommen?

Plötzlich stieg Wut in ihm auf, Wut auf sich selbst, weil er so dumm gewesen war hierher zu kommen, und Wut auf die Frau, weil sie ihm solch einen Mist auftischte und auch noch erwartete, dass er ihren Ratschlag befolgte.

„Du kannst jetzt gehen“, meinte Tsunade und deutete zur Tür. „Und bitte geh schnell, ich habe keine Lust, ein Opfer deiner Wut zu werden. Aber tu mir doch bitte den Gefallen und lass Naruto in Ruhe, er hat es gut gemeint und die richtige Entscheidung getroffen, als er dich hierher geschleppt hat.“ Sie machte eine auffordernde Handbewegung und verschwand dann unter dem Tisch, vermutlich um das Schwein zu suchen.

Noch immer verärgert sprang Sasuke vom Tisch auf und stürmte aus dem Zimmer.

Er hatte seine Zeit für sinnloses Gelaber verschwendet und würde es nicht eine Minute länger hier aushalten.

Als Naruto ihn zurück ins Vorzimmer kommen sah, hob er grüßend die Hand und wirkte mehr als glücklich. „Hey, Sasuke, Shizune hier hat gerade aus den Karten gelesen, dass Hinata und ich für immer zusammen bleiben werden und dass wir drei Kinder haben werden und…“

„Wir gehen!“, zischte Sasuke gereizt und unterbrach seinen Freund damit.

Naruto schien verwundert über seine Reaktion, doch dies war ihm egal. Er wollte nur noch raus, weit weg von diesen Leuten.

Nur aus den Augenwinkeln heraus konnte er beobachten, wie Naruto hastig aufsprang und sich höflich verabschiedete, dann folgte er ihm.

„Kannst du mir mal erklären, was los mit dir ist?“, fragte er aufgebracht, als er Sasuke schließlich eingeholt hatte.

Sasuke blieb abrupt stehen und schnaubte. „Diese Frau ist eine Schwindlerin, eindeutig. Sie hat zwar Sachen gewusst, die sie gar nicht wissen konnte, aber ihre ach so tollen Ratschläge kann sie sich sonst wo hinstecken.“

„Du bist so egoistisch. Du denkst doch nur an dich und deinen Ruf als doofer Einzelgänger, der alles besser weiß und niemanden großartig an sich heranlassen will. Aber dass es Sakura vielleicht helfen könnte, wenn du die Ratschläge von Tsunade befolgst, das ist dir vollkommen egal. Ich wünschte, ich könnte ihr helfen, aber leider muss sie sich mit einem griesgrämigen Miesepeter herumschlagen.“

Naruto hob trotzig das Kinn und Sasuke war überrascht, dass Naruto ihm seine Meinung so vor die Füße warf.

„Wenn du deine Einstellung geändert hast und auch mal offen für die Vorschläge anderer bist und nicht nur Hilfe annimmst, weil du dich ihretwegen dazu verpflichtet fühlst oder um dein Gewissen zu beruhigen, dann kannst du dich wieder bei mir melden.“ Mit diesen Worten stolzierte Naruto an Sasuke vorbei und warf nicht einmal mehr einen Blick zurück.

Und Sasuke blieb alleine zurück, vollends verwirrt und nicht wissend, was er als nächstes tun sollte.

Dieser Tag war nun wirklich vollkommen im Eimer.
 

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Hola!
 

Hoppla, was ist denn da passiert? Naruto sagt Sasuke tatsächlich seine Meinung. Du meine Güte, irgendwie wirkt Sasuke mit der Situation immer überforderter. ^^‘

Aber das kriegt er schon hin, hat ja jetzt ein paar Tipps bekommen.

Nun ja, dieses Kapitel ist dann doch so lang geworden, weil ich es nicht noch splitten wollte. *drop* Hier fand ich es einfach passender, alles zu Tsunade („Tsunade no Maho“ bedeutet übrigens „Magie von Tsunade“) in ein Kapitel zu packen, dass es dann aber doch so lang geworden ist überrascht mich selbst. o__O‘
 

Nun ja, ich hoffe zumindest ihr seid zufrieden mit dem Kapitel, denn ich bin es auf jeden Fall, vor allem auf die Szenen, in denen Sasuke und Sakura jeder für sich nachdenkt. x3
 

Haha, ich komme gar nicht darüber weg, dass ich hier meinen FF-Rekord breche, hab es noch nie geschafft so lange Kapitel zu schreiben. xD Die Geschichte bringt mich auf Hochtouren!
 

Zum Schluss ein Dankeschön an alle, die die FF noch immer verfolgen und dieses Geschreibsel ertragen und auch noch kommentieren, das macht mich echt super glücklich und zeigt, dass meine Arbeit irgendwo auch anerkannt wird, auch wenn es nur ein kleines Nachmittagshobby ist. ;) Ich gebe mir große Mühe, die FF fertig zu schreiben, bis ich Anfang März wieder arbeiten muss, dann bleibt leider nicht viel Zeit. Deswegen sammel ich schon jetzt Kapitel an, um lange Wartezeiten zu vermeiden. xD
 

Übrigens: Habt ihr auch die Werbung von diesem neuen Film gesehen, in dem ein Mädchen ermordet wird und ihr Geist auf der Erde bleibt? xD Ich werde ihn mir definitiv nicht ansehen, aber vielleicht habt ihr ja Lust darauf.
 

Ich hoffe doch sehr, wir lesen uns im nächsten Kapitel (Ende Februar).
 

Bis dahin,

abayo,

dat hia
 

PS: Vielleicht hat jemand Lust in meine neue FF reinzulesen…? Ist zwar eine Neji und Tenten FF, aber ich würde mich freuen, wenn ihr mal vorbei schaut. Titel: „Fallen Angel“

♥ Willing to Change ♥

Grimmig warf Sasuke die Haustür hinter sich zu und rannte die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Er hatte keine Lust jemandem zu begegnen, ob nun seinen Eltern, Itachi oder Sakura. Nach einem so miserablen Tag wollte er mit niemandem mehr reden.

Aufgebracht schmiss er seine Schultasche in eine Ecke des Zimmers und setzte sich auf die Fensterbank. Er lehnte seinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe und sah hinaus. Die Sonne verschwand langsam am Horizont und tauchte die Welt in goldenes Licht.

Ihm entfuhr ein Seufzer. Er wünschte wirklich, dass er diese Wahrsagerin nicht besucht hätte. Was hatte ihm das gebracht? Richtig, dumme Ratschläge und einen Streit mit Naruto.

Wieder kamen ihm die Worte des Blonden in den Sinn und sein verärgertes und auch enttäuschtes Gesicht erschien vor seinem inneren Auge. Naruto hatte ihn als Einzelgänger bezeichnet, als egoistisch, und er hatte ihn einen griesgrämigen Miesepeter genannt, der nicht gerne Ratschläge von anderen annahm.

Unwillkürlich verzog Sasuke das Gesicht zu einer Grimasse. Nie hätte er von Naruto erwartet, dass er ihm solche Worte an den Kopf werfen und ihn dann einfach stehen lassen würde.

Doch seine Worte veranlassten, dass er wirklich ernsthaft über sein Verhalten nachdachte. Vielleicht hatte er es tatsächlich ein wenig mit seiner Reaktion übertrieben, aber er war wütend gewesen. Wütend, weil er einfach mehr erwartet hatte als solch einen Ratschlag zu erhalten. Aber das war kein Grund, diese Wut an Naruto auszulassen, der ihm schließlich nur helfen wollte. In diesem Zusammenhang fielen ihm auch wieder die Worte von Tsunade ein, die ihn angewiesen hatte genau das nicht zu tun, was er letztendlich dann doch gemacht hatte, nämlich Naruto als Sündenbock für seinen Ärger zu benutzen.

Außerdem war er überrascht gewesen, dass Naruto ihn als Einzelgänger bezeichnet hatte. Als er an die neue Schule kam, hatte er sich eigentlich vorgenommen diese Eigenschaft von ihm zu ändern, doch anscheinend war ihm das nicht sonderlich gut gelungen. Oder aber Naruto hatte einfach nur eine unglaublich gute Menschenkenntnis, durch die er schon die kleinsten Anzeichen richtig interpretieren konnte.

Also gut, vielleicht hatte er in dieser Sache Recht. Aber er selbst empfand sich nicht als griesgrämiger Miesepeter. Griesgrämig war allenfalls sein Großvater, aber nicht er! Und er hatte auch kein Problem damit Ratschläge anzunehmen. Schließlich war er doch Narutos Vorschlag nachgekommen und war zu dieser Wahrsagerin gegangen.

Doch Tsunade hatte ihm auch einen Ratschlag erteilt, und den war er nicht willig anzunehmen…

Sasuke runzelte leicht die Stirn und ging das Gespräch mit der Wahrsagerin noch einmal mental durch. Ihrer Meinung nach war er also auserwählt worden vom Schicksal, um Sakura zu helfen, und trotzdem konnte er nicht mehr tun als sie besser kennenzulernen. Da angeblich jeder Geist auf individuelle Art und Weise befreit werden musste, sollte er also die Augen offen halten und einfach nur lernen.

Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Er wusste wirklich nicht, was ihm das bringen sollte. Es war zwar nett, sich mit Sakura zu unterhalten, aber reden half ihr gewiss nicht bei ihrem Problem weiter.

Was ihn zum nächsten Vorwurf Narutos brachte. Wieso sollte er egoistisch sein, wenn er ihr doch wenigstens zu helfen versuchte? Und er half ihr bestimmt nicht nur, um sein Gewissen zu beruhigen.

Er hatte Mitleid mit ihr. Manchmal wirkte sie nur noch wie ein kleines Häufchen Elend, das schon die Hoffnung aufgeben wollte, weil sie schon so viele Jahre damit verschwendet hatte darauf zu warten, dass sie endlich frei war.

Trotzdem hatte er ein extrem schlechtes Gewissen wegen der ganzen Sache. Erst einmal wegen Naruto, weil er ihn wirklich mies behandelt hatte, dann auch wegen Sakura, weil sie ihm vertraute und er die Ratschläge von der Wahrsagerin mit Füßen trat.

Vielleicht sollte er sich wirklich einfach nur einen Ruck geben und lediglich mal tun, was man ihm sagte, auch wenn er es für absoluten Schwachsinn hielt.

Er seufzte leise. Dann lernte er eben Sakura besser kennen, bis ihm etwas anderes einfiel, was wahrscheinlich helfen könnte. Und möglicherweise hatte Itachi ja schon etwas rausfinden können.

„Sasuke?“

Das Flüstern war so leise, dass er es fast überhört hätte. Langsam drehte er den Kopf in die Richtung, aus der er Sakuras Stimme vernommen hatte.

„Ich… störe doch hoffentlich nicht?“, fragte sie vorsichtig.

„Nein, gar nicht“, erwiderte Sasuke und versuchte sich zu einem Lächeln zu zwingen, dass anscheinend reichlich verunglückte, denn Sakura verzog besorgt das Gesicht.

„Es ist wohl nicht so gut gelaufen, oder?“, vermutete sie.

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Na ja, das kann man so oder so sehen“, gab er die vage Antwort.

„Was ist passiert?“, erkundigte sich Sakura behutsam. „Du warst doch dort, oder?“

„Natürlich war ich dort“, entrüstete sich Sasuke. Es empörte ihn, dass sie etwas anderes erwartete, schließlich hatte sie schon so oft behauptet, dass sie ihm vertrauen würde. „Ich weiß nur nicht, was ich davon halten soll.“

Für eine kurze Weile, die Sasuke bald wie eine Ewigkeit vorkam, starrten Sakura und er sich nur an. Er wurde unsicher, wusste nicht, wie sie auf all das Geschehene reagieren würde. Schließlich hatte er sich wirklich nicht gerade gut verhalten, wie er nun schon eingesehen hatte.

Dann lächelte Sakura leicht und setzte sich vor ihm auf den Boden. „Magst du darüber reden?“

Sasuke nickte und glitt vorsichtig von der Fensterbank, um nicht direkt in Sakura zu landen sondern sie zu verfehlen. Er wollte mit ihr auf gleicher Augenhöhe reden und nicht über ihr sitzen.

Sakura unterdessen legte einfach nur die Hände in den Schoß und wartete geduldig, bis er soweit war.

Sasuke holte einmal tief Luft und begann dann zu erzählen, was schon passiert war, bevor er zu Tsunade in den Raum gegangen war, und berichtete ihr sogar, nicht ohne ein kurzes Zögern, was für ein Gefühl ihn ergriffen hatte, während er dort war. Noch immer konnte er sich nicht erklären, was das für eine Kraft gewesen war, die scheinbar seinen Körper kontrolliert hatte.

Sakura hörte ihm aufmerksam zu, und zu seiner großen Erleichterung hielt sie ihn nicht für verrückt, nur weil er komische Dinge spürte. „Du warst bei einer Spirituellen, einer Wahrsagerin. Wer weiß, wie weit ihre Fähigkeiten reichen“, sagte sie nur.

Dann fiel das Gesprächsthema auf die Konversation mit Tsunade selbst. „Die Frau war merkwürdig“, meinte Sasuke. „Und ziemlich beleidigend und forsch. Sie dachte, ich wäre etwas schwer von Begriff, weil ich erst nicht verstanden habe, was sie von mir wollte, aber sie soll sich nicht wundern, wenn sie in Rätseln spricht.“

„Aber sie konnte dir einen Ratschlag erteilen?“, hakte Sakura hoffnungsvoll nach.

Wieder nickte Sasuke. „Ja, obwohl ich nicht weiß, ob das viel bringen wird. Mir kommt die ganze Sache immer noch reichlich suspekt vor, wenn ich ehrlich sein soll. Sie wusste zwar von dir, und frag mich bitte nicht warum, denn ich habe keine Ahnung, und konnte mir auch sagen, dass jeder Geist wohl sehr individuell ist und deshalb auch jeder auf eine andere Art und Weise befreit wird, aber einen richtigen Tipp hat sie mir nicht gegeben.“

Sakura blickte nachdenklich auf ihre Hände. „Na ja, ich finde es schon gut zu wissen, dass mir keine herkömmlichen Methoden wie die, die wir im Internet gesehen haben, helfen können, deswegen finde ich ihren Ratschlag sehr hilfreich. Ich frage mich nur, woher ich wissen soll, was mir nun helfen wird.“ Sie schwieg einen Moment und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum, dann sah sie wieder zu ihm auf. „Hat sie denn noch etwas anderes zu dir gesagt?“

„Ja, sie meinte, ich solle Vertrauen haben, in dich, meine Freunde und mich selbst, und wenn ich dich besser kennenlerne, dann werde ich schon von ganz alleine den Weg zu deiner Erlösung finden.“

Sakura schien auf seine Worte hin verblüfft. „Du… sollst mich besser kennenlernen?“, fragte sie zögernd.

„Mehr hat sie nicht gesagt“, meinte Sasuke schulterzuckend. „Deswegen weiß ich auch nicht, was ich davon halten soll und anfangs war ich auch ziemlich wütend auf sie, weil ich mich nach dem Gespräch nicht wirklich schlauer als vorher gefühlt habe und den Besuch als Zeitverschwendung empfand. Und dann habe ich auch noch Naruto für meine Wut verantwortlich gemacht.“ Die Worte verließen seinen Mund, bevor er es verhindern konnte.

„Du hast Naruto für deine Wut verantwortlich gemacht?“, wiederholte Sakura fassungslos. Es war das erste Mal, dass er sah, wie sie die Fassung verlor. Zumindest auf dieser emotionalen Ebene. Zuvor hatte sie nur geweint, weil sie traurig war, hilflos, aber dieses Mal schien sie erschüttert von seinen Worten und er konnte den Unglauben in ihren Augen sehen. Sie hatte wohl kein Verständnis für seine Situation.

„Es tut mir auch wirklich leid, was da passiert ist“, sagte Sasuke schnell. „Aber ich konnte es nicht mehr abwenden, dafür war es zu spät.“

„Du hast dich von deiner Wut davontragen lassen, Sasuke“, entgegnete Sakura. „Das ist wirklich der falsche Weg. Ich will nicht wissen, was Naruto dazu gesagt hat…“

„Er hat mir seine Meinung gegeigt und hat mich stehen lassen“, erwiderte Sasuke kleinlaut. Er konnte Sakuras Vorwürfe nun wirklich nicht gebrauchen. Er wusste so schon, dass er einen Fehler gemacht hatte.

Sakura seufzte lautlos. „Tut mir leid, wenn ich das jetzt sage, aber ich finde das hat er vollkommen richtig gemacht.“

„Er hat mich beleidigt“, versuchte Sasuke sich zu verteidigen.

„Zurecht hat er das getan“, meinte Sakura und ihre Worte waren wie ein Faustschlag in seine Magengegend. „Du solltest zu ihm gehen und dich für dein Verhalten entschuldigen.“

„Ich weiß“, murmelte Sasuke und schlug die Augen nieder.

„Sasuke…“ Sakura streifte in einer beiläufigen Geste seinen Oberschenkel, als ob sie versuchte ihre Hand beruhigend und entschuldigend darauf zu legen. „Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber ich finde nicht in Ordnung, was du getan hast.“

„Ich weiß“, wiederholte Sasuke und sah wieder auf, auch weil ihn ihre Hand irritierte. „Ich weiß, dass es nicht richtig war, und ich werde auch noch heute zu ihm rüber gehen und mich entschuldigen. Aber trotzdem hat es mich auch getroffen, was er mir gesagt hat“, gab er leise zu.

„Was hat er dir denn gesagt?“, fragte Sakura sanft nach, und fast wünschte er sich, dass sie ihn wirklich berühren könnte, um ihm eine Art Unterstützung zu geben.

„Du musst wissen, dass ich noch nie viele Freunde hatte, einfach weil ich nicht schnell Vertrauen zu den Leuten fasse und meine Probleme lieber alleine regele. Ich bin der typische Einzelgänger.“ Er machte eine Pause und Sakura nickte aufmunternd. „Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, meine Einstellung zu ändern, als wir umgezogen sind, aber anscheinend hat es doch nicht so viel gebracht“, fuhr er fort. „Naruto ist der Meinung, dass ich immer noch ein Einzelgänger bin. Und vielleicht hat er Recht. Man sieht ja, was dabei herausgekommen ist. Naruto will nicht mehr mit mir reden, bis ich mich gebessert habe.“

„Dann solltest du dich wohl bessern“, meinte Sakura. „Ich muss ehrlich sagen, dass ich durch die Beobachtungen der ersten Tage nach dem Hauskauf auch dachte, dass du ein Einzelgänger bist, aber ich finde, dass du dich schon sehr verändert hast. Zum Positiven. Sonst hättest du dir sicherlich nicht den Ruck gegeben, Naruto und Itachi um Hilfe zu bitten. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, da warst du eher schweigsam, ruhig, aber jetzt zeigst du auch eine ganz andere Seite von dir. Du bist kein Einzelgänger mehr, Sasuke. Und ich bin mir sicher, dass auch Naruto das einsehen wird, wenn du dich bei ihm entschuldigst und die Situation erklärst.“ Wie zur Unterstützung ihrer Worte schenkte sie ihm noch ein warmes Lächeln.

Sasuke wusste nicht, wieso er sich Sakura überhaupt geöffnet hatte, aber es hatte sich gut angefühlt, Erleichterung durchströmte ihn, dass er sich endlich hatte aussprechen können, und Wärme erfüllte ihn bei ihren aufheiternden Worten. Er selbst hatte schon gemerkt, dass er sich verändert hatte, seit er Sakura kennengelernt hatte, aber dass es auch ihr aufgefallen war, erfreute ihn auf irgendeine Art und Weise, die er sich nicht erklären konnte. Doch anscheinend schien ihr sein neues Ich besser zu gefallen als das alte…

„Ich glaube, dass ich diese Veränderung dir zu verdanken habe“, sprach er seine Gedanken aus.

„Mir?“, fragte Sakura verblüfft. „Aber wieso?“

„Es fällt mir leicht, mich mit dir zu unterhalten“, erläuterte Sasuke. „Es fühlt sich einfach richtig an, so als ob wir uns schon ewig kennen würden und ich mich mit einer engen Freundin unterhalte, nicht mit einer eigentlich Fremden. Und trotzdem weiß ich so gut wie nichts über dich.“

„Das… kann sich ändern“, sagte Sakura leise und lächelte wieder.

Ohne es zu wollen, erwiderte er ihr Lächeln.

Sasuke wusste wirklich nicht, was los mit ihm war. Er war völlig verändert, wie ausgewechselt, und diese Wandlung seines Charakters lief nur innerhalb von wenigen Stunden ab. Doch er konnte in ihrer Gegenwart nicht anders, seine Fassade bröckelte von Minute zu Minute mehr, ohne dass er es hätte aufhalten können. Aber langsam fragte er sich, ob er diese Veränderung überhaupt aufhalten wollte. Denn eigentlich war das Leben so viel einfacher. Sein kleiner Rückfall in sein altes Verhaltensmuster an diesem Nachmittag hatte ihm gezeigt, was dabei herauskommt, wenn er sein Leben als Einzelgänger weiter führen würde; wenn er nicht lernen würde, seinen Freunden zu vertrauen und Hilfe anzunehmen, auch wenn diese noch so skurril war…

„Ich freue mich drauf“, gab er wahrheitsgemäß zurück. Ja, es würde wirklich noch interessant mit Sakura werden. Sie war etwas besonderes, und es würde sehr aufschlussreich werden, etwas aus ihrer Welt zu lernen. Aus der Welt zu ihren Lebzeiten und der ihrer Zeit als Geist.

„Und jetzt geh schon“, forderte Sakura ihn auf. „Da wartet schließlich noch jemand auf eine Entschuldigung von dir. Und komm nicht eher zurück, bis er dir verziehen hat.“

„Ich bin schon weg“, meinte Sasuke, stand von seinem Platz auf und stieg über sie hinweg. Er musste leicht schmunzeln, war diese befehlshaberische Art von Sakura doch auch neu für ihn, hatte er sie doch als trauriges, verfluchtes Mädchen kennengelernt.

„Bis gleich dann“, sagte er über seine Schulter hinweg und ging dann, bereit, sich bei Naruto für sein Verhalten zu entschuldigen.
 

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Erwartungsvoll stand Sasuke vor der Haustür der Namikazes und wartete darauf, dass man ihm öffnete. Er dachte schon, dass niemand aufmachen würde, da wurde er eines besseren belehrt und starrte einen Moment später in Narutos überraschtes Gesicht.

Die verblüffte Miene des Blonden verwandelte sich in eine verzerrte Grimasse. „Was willst du?“

„Ich will mich entschuldigen“, sagte Sasuke ohne Umschweife. Er wollte die Sache lieber gleich auf den Punkt bringen und nicht lange um den heißen Brei herum reden.

„Ah ja?“, fragte Naruto skeptisch, lehnte sich an den Türrahmen und hob zweifelnd eine Augenbraue.

„Hör zu, es tut mir wirklich leid, okay?“, erklärte Sasuke noch einmal ruhig. „Ich habe mich alles andere als richtig verhalten, das weiß ich. Ich habe in diesem Moment nur noch Rot gesehen und meine schlechte Laune an dir ausgelassen. Dabei traf dich keine Schuld, du hast es schließlich nur gut gemeint, als du mir einen Besuch bei Tsunade vorgeschlagen hast. Ich sehe ein, dass ich einen Fehler gemacht habe.“

Für einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden jungen Männer einfach nur an, dann nickte Naruto kurz. „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“, meinte er schließlich.

Sasuke verkniff sich eine Bemerkung darauf lieber, er wollte es sich nicht gleich wieder versauen, nun, da Naruto ihm zu verzeihen schien.

„Du willst dich doch bessern, oder?“, hakte Naruto nach und musterte Sasuke erwartungsvoll.

Er nickte langsam. „Ja, das will ich“, gab er zu. „Und das, obwohl ich finde, dass ich schon einen großen Fortschritt gemacht habe.“

Naruto grinste. „Das merke ich. Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell kommst, um dich bei mir für dein Verhalten zu entschuldigen.“

„Danke schön“, murrte Sasuke leise.

Naruto musste lachen und klopfte ihm kurz auf die Schulter. „Versuch einfach das nächste Mal, mich nicht auf solche Gedanken zu bringen“, neckte er ihn und grinste schelmisch.

„Ich werd’s mir merken“, versprach Sasuke.

Naruto nickte. „Also, was meinst du?“, fragte er und deutete hinter sich ins Haus. „Willst du rein kommen und erzählen, was da heute Nachmittag vorgefallen ist?“

„Gerne“, meinte Sasuke und folgte Naruto kurz darauf in das einladend wirkende Haus des Namikazes.

„Es ist nicht so beeindruckend wie euer Zuhause“, kommentierte Naruto fast verlegen, als er Sasuke durch den hell gestrichenen Eingangsbereich zur Treppe in den ersten Stock führte.

„Ich mag es“, bemerkte Sasuke wahrheitsgemäß. Es war tatsächlich nicht so weitläufig und alt wie in dem alten Anwesen, aber trotzdem fühlte er sich wohl, gerade weil er sich hier nicht so schnell verloren fühlte.

Dann folgte er Naruto in die erste Etage, wo er eine Tür auf der linken Seite des Ganges öffnete und ihn eintreten ließ.

Ein helles beige und grelles orange strahlten Sasuke entgegen, Farben, die definitiv zu Narutos aufgewecktem Wesen passten. Unwillkürlich musste Sasuke daran denken, dass die Farbe an den Wänden ihrer beiden Zimmer den Charakter ihrer Bewohner widerspiegelte. Naruto war heiter und aufgeschlossen, während das dunkle blau die Einsamkeit und Abgeschiedenheit von Sasuke symbolisierte. Welch Ironie… Vielleicht sollte er sein Zimmer umstreichen lassen.

„Setz dich doch“, meinte Naruto und deutete auf ein Sofa.

Wieder musste Sasuke schmunzeln, landete er doch schon wieder auf einer Couch, um sich jemandem zu öffnen. Das schien wirklich zur Gewohnheit zu werden.

Trotzdem ließ er sich auf dem ihm angebotenen Platz nieder, während Naruto sich ein großes Sitzkissen heranzog und sich ihm gegenüber setzte. „Ich höre“, sagte er und blickte auffordernd und neugierig zu Sasuke auf.

Sasuke seufzte leise, erzählte Naruto aber alles ganz genau, was bei Tsunade passiert war und weshalb er so wütend geworden war. Das war er ihm schließlich schuldig.

„Hm“, machte Naruto nachdenklich, als Sasuke seine Geschichte beendet hatte. „Ich verstehe zwar deine Enttäuschung, weil du dir anscheinend mehr unter dem Besuch vorgestellt hattest, aber ich finde es trotzdem nicht gut, dass du mich dabei so angemacht hast.“

„Es tut mir wirklich leid“, betonte Sasuke noch einmal zähneknirschend.

„Weiß ich doch“, entgegnete Naruto zwinkernd und grinste. „Was hast du jetzt also vor?“

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Nach langem Überlegen und Sakuras Standpauke bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es wohl nicht schaden könnte, Tsunades Rat zu befolgen, zumindest solange bis ich mir etwas anderes überlegt habe.“

„Das klingt doch vernünftig“, stimmte Naruto zu. „Unterhalte dich mit ihr, frag sie über ihr altes Leben. Und wer weiß, vielleicht hilft es ja wirklich. Könnte ja sein, dass du etwas herausfindest, was ihr altes Leben mit ihrem jetzigen Dasein verbindet. Zum Beispiel ein Gegenstand, der zerstört werden muss, um den Fluch zu brechen.“

Sasuke hob skeptisch eine Augenbraue, erwiderte aber lieber nicht, dass er dies eher für unwahrscheinlich hielt. Er wollte es sich nicht schon wieder mit Naruto verscherzen und er hatte an diesem Tag gelernt, offen für alles und jeden zu sein. Nachher hatte Naruto noch Recht, und er würde es auf ewig von ihm unter die Nase gerieben bekommen.

Also rang er sich doch noch ein kleines Lächeln ab. „Ich werde sehen, was sich herausfinden lässt.“

„Super!“ Naruto strahlte vor Zufriedenheit. „Und wehe du hältst mich nicht auf dem Laufenden.“

„Also, das werde ich mir dann vielleicht noch mal durch den Kopf gehen lassen“, witzelte Sasuke um Naruto zu necken.

„Ich warne dich, Uchiha Sasuke, mit mir ist nicht zu scherzen.“ Drohend hob Naruto einen Zeigefinger und sein Blick verfinsterte sich.

Abwehrend hob Sasuke die Hände und musste sich ein Grinsen verkneifen. „Ich habe nichts gesagt.“

Naruto lachte leise. „Das will ich aber auch hoffen.“

Den Rest des Abends verbrachte Sasuke damit, zusammen mit Naruto noch andere Vermutungen aufzustellen, wie Sakuras Fluch gebrochen werden könnte, wobei diese sich immer mehr ins Unmögliche verliefen, immer weniger ernst gemeint waren.

Dieser Tag war für Sasuke sehr lehrreich gewesen. Nicht nur war er vielleicht einen großen Schritt in Sakuras Befreiung gegangen, nein, auch er hatte sich innerhalb weniger Stunden unglaublich gewandelt, was ihm sogar noch gefiel.

Und vor allem hatte er das erste Mal in seinem Leben einen richtig guten Freund, auf den er sich verlassen konnte.
 

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Hola!
 

Ich glaube, dass ist wieder mal eher ein Übergangskapitel, aber das ließ sich nicht ändern. Durch das viele Lernen hatte ich leider nicht mehr Zeit zum Schreiben, so hab ich das Kapitel abgewandelt und die noch geplante Szene für das nächste vorgesehen.
 

Apropos Kapitel… Viele fragten mich schon, wie viele Kapitel noch folgen werden. Ich denke, dass die FF 11 Kapitel umfassen wird, plus Prolog und Epilog. Folglich könnt ihr bald mit dem Höhepunkt (?) rechnen. Es könnte allerdings auch noch passieren, dass ich Kapitel splitte, damit sie nicht zu lang werden, aber das glaube ich weniger.
 

Ich möchte mich für all die Kommentare und 151 Favoriten (wobei unglaublicherweise knapp 10 davon alleine im letzten Kapitel dazu gekommen sind) bedanken. Ich weiß es zu schätzen, dass ihr die FF als gut betrachtet und sie weiter verfolgt.
 

Da ich ab Montag wieder arbeiten muss und ich deshalb nicht weiß, wann ich mal wieder zum Schreiben komme, kann ich nicht sagen, wann ich das nächste Kapitel on stellen werde.

Ich werde aber versuchen, die Wochenenden ausgiebig zu nutzen.
 

Bis dahin,

abayo,

hiatari

♥ This is Me ♥

Erst spät an diesem Abend kehrte Sasuke nach Hause zurück. Es war schon alles dunkel, seine Eltern und Itachi schliefen sicherlich schon.

Also schloss Sasuke leise die Haustür hinter sich und schlich sich die alte Treppe hinauf in die erste Etage. Zu seinem Bedauern ließen ihn die alten Dielen in diesem Stockwerk im Stich und knarrten bei jedem Schritt, den er tat. Er stieß einen lautlosen Fluch aus und versuchte Itachis Zimmer ohne lautes Knatschen zu passieren.

Doch das Glück schien ihn heute wirklich verlassen zu haben, denn genau auf der Höhe des Raumes öffnete sich die Tür und Itachi musterte ihn ausdruckslos.

„Mein kleiner Bruder schleicht sich mitten in der Nacht ins Haus. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich nun glatt behaupten, dass du die liebe Sakura hintergehst“, meinte er trocken.

Sasuke verdrehte die Augen und konnte einen Seufzer gerade noch unterdrücken. „Hast du nichts Besseres zu tun als mir aufzulauern?“, fragte er und knirschte leise mit den Zähnen.

„Tz, tz, tz. Jetzt wird er auch noch trotzig“, murmelte Itachi und fasste sich an den Kopf. „Dabei sollte er sich lieber gut mit mir stellen, weil er sonst nicht die gewünschten Informationen von mir bekommt.“

In diesem Moment wäre Sasuke seinem Bruder am liebsten an den Hals gefallen. Womit hatte er dieses eigensinnige Individuum in seinem Leben nur verdient?

„Was hast du herausgefunden?“, erkundigte er sich, auch wenn er sich noch immer sehr zurückhalten musste, um Itachi nicht doch noch anzufallen.

Itachi grinste und trat zur Seite. „Bitte, komm doch rein. Ich denke es ist besser, wenn niemand mitbekommt, was ich dir nun sage.“

Sasuke runzelte fragend die Stirn, erwiderte jedoch nichts und ging an Itachi vorbei ins Zimmer. Sein Bruder schloss die Tür hinter ihm.

„Also?“ Sasuke wandte sich Itachi zu und blickte ihn erwartungsvoll an.

„Magst du dich nicht erst mal setzen?“, entgegnete Itachi statt einer Antwort.

Sasuke musste seinem Blick nicht erst folgen um zu wissen, wo er sich setzen sollte, doch langsam hatte er genug davon und ließ sich demonstrativ auf Itachis Bett nieder.

Itachi zuckte mit den Schultern und setzte sich ihm gegenüber im Schneidersitz. „Ich hatte dir ja versprochen, dass ich mich wegen Sakura erkundigen würde“, begann er.

Sasuke nickte. „Stimmt. Und ich vermute, es ist nichts dabei herausgekommen.“

„So kann man das nicht sagen“, meinte Itachi nachdenklich.

Sasuke konnte nun einen Seufzer nicht mehr unterdrücken. „Könntest du jetzt vielleicht mal zum Punkt kommen, statt andauernd um den heißen Brei herumzureden?“

„Na schön, ist ja gut.“ Itachi hob abwehrend die Hände. „Vielleicht habe ich nichts über irgendwelche Flüche gefunden und wie man sie brechen kann, aber ziemlich viele Bücher wiesen freundlich aber direkt darauf hin, dass man nicht mehr ganz dicht ist, sollte man behaupten Geister sehen zu können.“

Am liebsten hätte sich Sasuke seine Hand an die Stirn geklatscht. Warum doch gleich hatte er Itachi um Hilfe gebeten? Ach ja, um sich von ihm anzuhören, was in irgendwelchen komischen Lehrbüchern der Psychologie über Patienten steht, die aus unerklärlichen Gründen Geister sehen können. Und weil es eben keine logische Erklärung dafür gab, wurden diese Patienten eben als verrückt und nicht zurechnungsfähig abgestempelt.

„Ist das alles, was du zu sagen hast? Oder reicht es dir, mich für bekloppt zu erklären?“

„Hm, nein, ich glaube das reicht mir. Fürs erste zumindest“, grinste Itachi.

„Wie schön, dass wenigstens einer von uns Spaß bei der ganzen Sache hat“, murrte Sasuke leise.

„Och, sei doch nicht immer gleich so empfindlich“, tadelte ihn Itachi. „Sei einfach mal locker, wenn jemand einen Scherz macht.“

„Fang du nicht auch noch damit an“, brummte Sasuke.

„Wieso, hat sich Naruto beschwert? Oder noch schlimmer“, Itachi wackelte amüsiert mit den Augenbrauen, „Sakura?“

„Itachi, du bist so ein Trottel“, seufzte er. Wie konnte jemand in Itachis Alter noch so kindisch sein?

„Ich habe dich auch lieb, kleiner Bruder.“ Itachi grinste breit, während Sasuke nur ein weiteres Mal genervt die Augen verdrehte.

„Gibt es denn von deiner Seite aus etwas Neues?“, erkundigte sich der ältere Uchiha neugierig.

Innerlich seufzte Sasuke. Wie oft würde er diesen merkwürdigen Vorfall wohl noch erzählen müssen? Aber er war selbst schuld, hätte er es gleich allen Beteiligten gleichzeitig berichtet, hätte er jede Menge Zeit gespart. Also raffte er sich auf und erklärte Itachi im Schnelldurchlauf, was sich an diesem ereignisreichen Tag alles zugetragen hatte.

Unglücklicherweise bewirkte die Geschichte, dass Itachis Grinsen noch einmal um einiges breiter wurde. „Ich hätte nie gedacht, dass du mal zu einer Wahrsagerin gehen würdest.“

„Ich auch nicht“, entgegnete Sasuke wahrheitsgemäß.

„Aber vielleicht ist der Tipp ja auch gar nicht so blöd. Sie wird sich da schon etwas bei gedacht haben, sonst hätte sie es dir nicht gesagt.“

Sasuke behielt lieber für sich, dass er sich eigentlich eher von der Frau auf den Arm genommen gefühlt hatte. Aber momentan blieb ihnen wirklich keine andere Möglichkeit, als Vertrauen in Tsunades Vorschlag zu haben. Mehr konnten sie derzeitig nicht tun.

„Möchtest du sie denn überhaupt besser kennenlernen?“, fragte Itachi plötzlich, und Sasuke musste überrascht feststellen, dass Itachi besorgt die Stirn in Falten gezogen hatte.

„Na ja…“, begann er zögerlich. „Was bleibt mir anderes übrig? Ich finde sie ganz nett und wenn es hilft, warum denn nicht?“

„Nun ja.“ Itachi rang mit sich selbst.

„Was?!“, hakte Sasuke ruppig nach. Diese ganze Geheimniskrämerei von Itachi ging ihm gehörig auf die Nerven. Warum konnte der Mann auch nicht ein Mal gleich mit der Sprache rausrücken?

„Ich mache mir schon ein bisschen Gedanken deswegen, weißt du?“, gab Itachi schließlich zu. „Natürlich würde es ihr sehr helfen, wenn du sie besser kennenlernst, und ich glaube dir auch, dass sie wirklich sehr nett ist, aber vergiss bei der ganzen Sache bitte nicht, dass sie längst tot ist.“

„Was?“, fragte Sasuke verwirrt. Worauf wollte er denn jetzt schon wieder hinaus? Sicherlich wusste er, dass Sakura tot war, deswegen machte er das schließlich alles, aber was hatte das nun mit der ganzen Sache zu tun?

Itachi entfuhr ein Seufzer. „Da du heute anscheinend nicht nur bei anderen, sondern auch bei mir sehr schwer von Begriff bist, mache ich es dir einfach.“ Er blickte Sasuke an und seine Miene wurde das erste Mal an diesem Abend sehr ernst. „Bitte pass auf, dass du dich nicht in sie verliebst.“

Unwillkürlich klappte Sasuke der Mund ein Stück weit auf. „Bitte?!“, sagte er verständnislos. „Wie kommst du darauf, dass ich mich in sie verlieben könnte? Sie ist tot, das hast du gerade selbst gesagt.“

„Ich weiß, was ich gesagt habe“, meinte Itachi ruhig. „Aber wir Menschen können nur schwer unsere Gefühle kontrollieren. Sie ist zwar ein Geist, aber trotzdem ist sie durchaus ein Wesen mit menschlichen Gefühlen. Ein Wesen, das Gefühle in dir auslösen kann. Ihr Geist hat immer noch ihre Persönlichkeit, auch wenn sie nicht mehr lebt, ihr Körper nicht mehr ist. Ich gehe nur von dem Möglichen aus, und wenn du dich in sie verlieben solltest, dann rechne damit, dass irgendwann der Moment kommt, an dem du dich für immer von ihr verabschieden musst, weil du einen Weg zu ihrer Erlösung gefunden hast.“

Sasuke ließ sich seine Worte für einen Augenblick durch den Kopf gehen. Natürlich war es nett gemeint von Itachi, dass er sich Sorgen machte, und es klang sogar durchaus möglich, aber so ein Mensch war er eigentlich nicht. „Ich werde mich nicht verlieben“, sagte er entschlossen. „Darauf kannst du dich verlassen. Ich kenne die Konsequenzen.“

„Na gut“, erwiderte Itachi und zuckte mit den Schultern. „Aber sag mir nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, wenn es doch passiert.“

„Es wird mir nicht passieren“, knurrte Sasuke ärgerlich. Abrupt stand er vom Bett auf. „Ich werde jetzt besser gehen. Gute Nacht.“

Ohne noch einmal zurückzuschauen, verließ Sasuke das Zimmer seines Bruders. Doch dabei entging ihm der sorgenvolle und zweifelnde Blick von Itachi.
 

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Als Sasuke zurück in sein Zimmer kam, fiel ihm als erstes auf, dass Sakura immer noch genau an dem Platz auf dem Fußboden saß, an dem er sie zurückgelassen hatte. Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie ihn bemerkte, und sofort hatte Sasuke ein schlechtes Gewissen, weil er sie so lange alleine gelassen hatte, obwohl er ihr doch gesagt hatte, dass er gleich wieder da wäre.

„Tut mir leid“, murmelte er automatisch eine Entschuldigung. „Hat doch etwas länger gedauert als ich dachte.“

„Das ist doch nicht schlimm“, erwiderte Sakura sanft. „Hauptsache, mit Naruto ist alles wieder in Ordnung.“

Sasuke nickte. „Ja, ich denke mal schon.“

„Das klingt wenigstens positiver als vorhin“, bemerkte Sakura. „Das freut mich für dich.“

Sasuke ließ sich im Schneidersitz ihr gegenüber nieder. „Du hättest nicht mehr warten müssen.“

„Wollte ich aber“, beteuerte Sakura. „Und was sollte ich sonst anderes tun? Ich freue mich, dass ich endlich wieder jemanden habe, auf den ich warten kann.“

„Du magst warten?“, fragte Sasuke skeptisch. Er selbst war eher genervt und fand es sehr ermüdend, wenn er auf jemanden warten musste.

Wieder lächelte Sakura. „Seit dem Tod meiner Mutter habe ich nur gewartet. Jedes Mal wieder auf die Rückkehr meines Vaters von seiner Arbeit oder den Geschäftsreisen. Besonders als Leiko und Sachiko da waren. Alleine konnte ich sie kaum ertragen, auch wenn sie mich kaum beachtet haben.“

„Waren sie wirklich so schlimm?“, hakte er vorsichtig nach. Er wollte ihre Gefühle nicht noch mehr verletzen, schließlich hatte sie auch ohne seine Rücksichtslosigkeit schon genug durch gemacht.

„Ja, das waren sie“, erwiderte Sakura trocken. „Aber lass und morgen darüber weiter reden. Du solltest schlafen gehen, es ist schon spät.“

„Was ist mit dir?“, erkundigte sich Sasuke, als er sich erhoben hatte. „Gehst du auch schlafen?“

„Ich bin tot, Sasuke“, meinte Sakura sanft und sie wurde wieder melancholisch. „Ich habe seit über achtzig Jahren nicht mehr geschlafen.“

„Oh“, machte Sasuke und wandte fast beschämt den Blick ab. „Ich wollte nicht…“

„Ich weiß“, unterbrach ihn Sakura. „Aber ich komme damit klar, auch wenn es manchmal sehr einsam und langweilig sein kann.“ Sie schwieg kurz und sprach dann weiter. „Ich bin dir schon sehr viel schuldig, Sasuke, aber kann ich dich dennoch um einen weiteren Gefallen bitten?“

„Natürlich“, antwortete er sofort und blickte sie wieder an.

„Nun ja, vielleicht kommt das jetzt ein bisschen doof rüber, aber… Könntest du mir den Fernseher anmachen, wenn du morgen früh zur Schule gehst?“

Sakura wurde ganz klein und es schien, dass sie sich unheimlich für diese Frage schämte. Sasuke musste sich ein Grinsen verkneifen, denn auf irgendeine Art und Weise fand er sie in diesem Moment richtig… süß. Er schüttelte den Kopf über sich selbst. Was dachte er da nur wieder? Er sammelte sich schnell wieder, besonders als er Sakuras fast enttäuschtes Gesicht sah, da sie sein Kopfschütteln anscheinend als Nein aufgefasst hatte.

„Tut mir leid, ich hätte nicht…“, setzte sie bereits zu sagen an, doch Sasuke unterbrach sie mit einer kurzen Handbewegung.

„Nein, das ist es nicht“, meinte er ernst. „Ich lasse dir gerne den Fernseher an, wirklich.“

Seine Antwort zauberte ein Lächeln zurück auf Sakuras Gesicht, was ihn sehr erleichterte.

„Danke, das ist wirklich sehr nett von dir“, sagte sie und dies war einer der wenigen Momente, in denen Sasuke sie wirklich glücklich gesehen hatte.

Ein nicht definierbares Gefühl breitete sich bei ihrem Anblick in ihm aus, und schnell drehte er ihr den Rücken zu. Doch diese merkwürdige Empfindung verschwand dadurch unglücklicherweise nicht.

„Ich sollte jetzt gehen“, hörte er sie hinter seinem Rücken sagen.

„Warum bleibst du nicht?“, fragte Sasuke leise, bevor er es verhindern konnte. Wieso sagte er plötzlich solche Dinge? Was sollte sie schon bei ihm machen, wenn er schlief?

„Bitte?“, meinte Sakura verblüfft.

Er warf ihr einen kurzen Blick über die Schulter zu und bemerkte dabei, dass das Weiß in ihrem Gesicht ein wenig dunkler geworden zu sein schien. Und wieder begann er zu reden, ohne groß darüber nachzudenken. „Na ja, du bist immer so allein… auf dem Dachboden. Warum bleibst du nicht hier?“

„Sasuke, ich…“ Sie stockte und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. „Ich möchte einfach eure Privatsphäre nicht verletzen.“ In einer einzigen fließenden Bewegung erhob sie sich vom Fußboden. „Ich sollte jetzt wirklich gehen.“ Sie wandte den Blick ab und war schon durch die nächste Wand verschwunden, bevor Sasuke noch irgendetwas erwidern konnte.

Aber vielleicht war es auch besser, wenn er endlich mal seine Klappe hielt. Irgendwie schien es ihm, als würde er vor allem bei Sakura immer wieder das Falsche sagen, eben gerade weil er sein Gehirn nicht richtig anstrengte. Sein Kopf ließ ihn momentan sowieso im Stich und ihm war, also würde er nur noch Mist von sich geben.

Im Innern schalt sich Sasuke selbst für sein merkwürdiges Verhalten, welches er sich einfach nicht erklären konnte.

Ärgerlich zog er sich schnell, ging noch einmal ins Bad und legte sich dann hin.

Vielleicht würde zumindest der nächste Tag ein bisschen besser für ihn laufen.
 

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Sakuras Seufzer war wie ein leiser Windhauch. Wieder einmal hockte sie auf der Kiste auf dem Dachboden, die ihr zum Verhängnis geworden war, und versuchte verzweifelt die rumorenden Gefühle in ihr in den Griff zu bekommen. Wieso war sie so nervös, so verwirrt und so angenehm überrascht zugleich, nur weil Sasuke ihr gesagt hatte, dass sie bei ihm bleiben könne? Bei ihm, wenn er schlief, wenn er verletzlich war, tief in seinen Träumen versunken.

Sie war neidisch auf ihn, musste sie sich eingestehen. Eifersüchtig darauf, dass er diese Träume erleben konnte, die ihr schon seit so langer Zeit vergönnt waren. Sie hatte gerne geträumt, war sie in dieser Welt doch so frei wie ein Vogel gewesen, weit weg von der Hölle, die sie durchleben musste. Heute ließen sie selbst ihre Tagträume im Stich, ihre Fantasie. Ihr Dasein war nur noch von Langeweile und Hoffnungslosigkeit geprägt.

Sakura befand sich in einem Zwiespalt. Sie hatte das Angebot bekommen, die Nacht bei Sasuke zu verbringen, weg von der Einsamkeit und der tristen Umgebung des Dachboden. Gerne würde sie zu ihm gehen, doch noch immer hielten sie die Prinzipien zurück, die ihr vor vielen Jahren schon als kleines Mädchen eingetrichtert wurden. Es ziemte sich einfach nicht für eine junge Dame, sich im Schlafzimmer eines Jungen aufzuhalten, außer er bat sie darum.

Nur war sie schon oft in Sasukes Zimmer gewesen, auch ohne seine Aufforderung. Und dieses Mal hatte er sie eingeladen.

In ihr siegte nun der Drang, ihm nahe sein zu wollen, um ihre Einsamkeit zu stillen.

Sie schloss die Augen, atmete einmal tief ein und aus, und ließ sich dann einfach durch die Zimmerdecke gleiten, was sie direkt in sein Zimmer brachte.

Die Vorhänge waren nicht zugezogen und das Licht des Vollmonds erhellte den Raum. Sasuke hatte sich tief in seine Bettdecke gekuschelt, atmete ruhig und tief ein und aus, und der helle Schein des Mondes ließ sein Gesicht noch blasser als sonst erscheinen.

Sakura war beeindruckt von diesem Bild, wie gebannt. Leise und vorsichtig kniete sie sich neben sein breites Bett, stützte ihre Arme so gut es für sie ging auf der Matratze ab und betrachtete seine schlafende Gestalt.

Er wirkte so entspannt und ruhig, befreit von all den Sorgen, die er ihr zu verdanken hatte.

Nur mit Mühe unterdrückte sie das Bedürfnis eine Hand nach ihm auszustrecken, um ihn zu berühren, durch seine samtig weichen Haarsträhnen zu fahren. Aber sie ließ es bleiben, wusste sie doch sowieso schon vorneherein, dass es ihr nicht möglich war. Doch trotzdem blieb der Wunsch in ihr, ihn eines Tages wenigstens ein Mal anfassen zu können. Und wenn es das letzte war, das sie auf der Erde tat.

Sasuke seufzte leise im Schlaf und drehte sich von der Seite auf den Rücken.

Unwillkürlich musste Sakura lächeln. Es verblüffte sie immer noch, dass der Mann, der selbst kaum lächelte, immer wieder ein Lächeln zurück auf ihr Gesicht zaubern konnte. Selbst kleine Gesten, seine unbeholfenen Worte und sein für ihn unverständliches Bemühen ihr zu helfen ließen sie so glücklich werden, wie sie es zuletzt vor dem Tod ihrer Mutter gewesen war.

Und sie war überrascht, wie wohl sie sich in seiner Nähe fühlte, so sicher und geborgen. Ihr Vertrauen in ihn wuchs ins Unermessliche, und sie wusste genau, dass er sie nicht enttäuschen würde. Auch wenn er da vielleicht anderer Meinung war. Doch durch seine Hilfe war sie weiter gekommen als jemals zuvor, und er würde es für sie zu Ende bringen. Und auch wenn das für sie die Freiheit bedeuten würde, so stimmte es sie dennoch traurig, dass sie sich irgendwann von ihm verabschieden musste.

Ehe sich Sakura versah, hatte sie sich schon vorgebeugt und einen Arm nach ihm ausgestreckt. Mit einem ihrer schlanken Finger versuchte sie sein Haar zu berühren, es ihm aus dem Gesicht zu streichen, aber wie erwartet kam sie zu keinem Ergebnis, ihr Finger fuhr einfach durch seine Haare hindurch.

„Sakura?“, murmelte Sasuke plötzlich leise.

Erschrocken fuhr sie zurück, presste ihre Hände und Arme fest an ihren Körper, wie um zu verhindern, dass diese ein Eigenleben entwickelten, um noch einen neuen Versuch zu starten.

Unterdessen richtete sich Sasuke schwankend auf und stütze sich auf seine Ellenbogen. Verschlafen blickte er sie an und unerwartet erschien ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht. „Du bist doch noch gekommen“, sagte er, und seine Stimme war heiser und rau von Schlaf, was Sakura angenehme Schauer über den Rücken jagte.

Sie bemerkte, wie ihr Gesicht wieder dunkler wurde und wandte beschämt den Blick ab. Es war ihr unglaublich peinlich, dass er sie erwischt hatte, und das gerade dann, als sie ihrem kindlichen Drang hatte nachgeben müssen.

„Bleib ruhig“, fügte Sasuke nach einer kurzen Pause hinzu, in der sie sich nicht einen Millimeter rührte, aus Angst ihn vielleicht zu verärgern.

Sakura hörte das Rascheln der Bettdecke, und einen Moment später konnte sie Sasukes tiefen Atemzügen erneut lauschen. Sie wartete noch einen Augenblick, ehe sie es wagte wieder aufzublicken. Sasuke hatte ihr den Rücken zugedreht und nur sein dunkler Schopf war zu erkennen.

Leise atmete sie schwer aus und fasste sich mit einer Hand an die Brust, dorthin, wo eigentlich ihr Herz schlagen sollte. Und auch wenn es unmöglich war, so schien es ihr doch, als würde sie das kräftige Schlagen spüren. In diesem kurzen Moment fühlte sie sich nicht, als wäre sie schon über achtzig Jahre tot, sondern als wäre sie am Leben, ihr Körper keine neblige Gestalt, stattdessen wie es sein sollte aus Fleisch und Knochen.

Glück durchströmte sie und ihr Blick heftete sich starr auf die schlafende Gestalt des Jungen, der ihr Schicksal in seinen Händen hielt.

Und genauso blieb sie sitzen, bis der Morgen graute.
 

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Als Sasuke am nächsten Morgen von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde, wanderte sein Blick reflexartig zu seiner Bettkante. In der letzten Nacht hatte er Sakura dort sitzen sehen, die ihn erschrocken anblickte, eingeschüchtert, weil er sie entdeckt hatte. Sie hatte beschämt ausgesehen, hatte nicht mit ihm gesprochen. Doch nun war sie verschwunden… oder sie war nur eine Halluzination gewesen, ein Spiegelbild seiner verwirrenden Träume.

Seufzend fuhr er sich durch die Haare und setzte sich auf. Natürlich hatte er sich das nur eingebildet. Sakura hätte wohl kaum ihre Hand ausgestreckt, um ihn berühren zu wollen, so, wie sie es zuvor in seinem Traum getan hatte. Nur hatte sie ihn da wirklich anfassen können…

Ärgerlich kniff Sasuke die Augen zusammen und hätte sich am liebsten geschlagen, um diese Bilder aus seinem Kopf zu bekommen. Doch sie wollten nicht verschwinden, und das machte ihn wütend. Er wollte nicht von ihr träumen und er wollte ihr nicht zu nahe kommen. Keine Bindung, vor allem nicht auf emotionaler Ebene, da musste er Itachi sogar Recht geben. Sie war ein Geist, verdammt noch mal, tot, für immer von dieser Welt verbannt. Und wenn er einen Weg gefunden hatte sie zu erlösen, dann würde sie verschwinden, für immer.

Leicht schüttelte er den Kopf und stand auf, ging duschen und zwängte sich dann in seine Schuluniform. Gerade als er sich die Krawatte band, bemerkte er aus den Augenwinkeln einen weißen Schimmer.

„Morgen, Sakura“, murmelte er und drehte sich zu ihr um.

Er hatte beschlossen sie nicht auf letzte Nacht anzusprechen, aber sie wirkte verlegen und mied seinen Blick, deswegen vermutete er, dass sie wohl doch bei ihm gewesen war.

„Morgen“, gab sie genauso leise zurück. „Sasuke, ich…“

„Ich muss gleich zur Schule“, unterbrach er sie, nicht nur, weil er sie vor einem peinlichen Geständnis retten wollte, sondern auch, weil er selbst nicht darüber reden wollte, „aber ich lasse dir den Fernseher an. Wenn ich zurück bin, dann können wir uns unterhalten.“

Sie nickte nur leicht und wich ihm weiterhin aus.

Er schaltete den Fernseher ein und ließ das Programm, das schon eingestellt war. Vormittags lief seiner Meinung nach eh nur Mist, da war es egal, welchen Sender man schaute. Doch Sakura würde es auf jeden Fall helfen, ihre Langeweile zu vertreiben. Zumindest bis er zurück war oder sie genug von dem Programm hatte.

„Danke“, meinte Sakura und lächelte schüchtern zu ihm auf.

Sasuke nickte. „Bis später dann.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.

Er war nachdenklich, als er sich auf den Weg nach unten machte. War Sakura am Vortag noch so selbstbewusst gewesen, wie er sie vorher noch nicht erlebt hatte, so war sie heute umso zurückhaltender. Er fragte sich, woran das wohl liegen konnte. Hatte er womöglich irgendetwas falsch gemacht? Oder schämte sie sich einfach nur für ihr Verhalten letzte Nacht, dafür, dass sie bei ihm gewesen war, als er geschlafen hatte?

Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengegend. Er vergaß einfach immer wieder, zu welcher Zeit sie eigentlich gelebt hatte. Heutzutage war es vielleicht normal für Mädchen, sich im Zimmer eines Jungen aufzuhalten, auch bei Nacht, wenn sie sich nahe standen, aber Sakura kannte all dies nicht. Für sie war es wahrscheinlich ein absolutes Tabu gewesen, das Zimmer eines Mannes zu betreten. Vor allem bei Nacht.

Vielleicht war es besser, das Thema einfach abzuhaken und zu vergessen. Es war unwichtig und nicht von Belangen.

Wichtig war nur, dass Sakura endlich von ihrem Bann erlöst wurde, und darauf musste er sich konzentrieren, ohne Ablenkungen.

Und das würde er später endlich in Angriff nehmen.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Als Sasuke am Nachmittag aus der Schule zurückkehrte, fand er Sakura in seinem Zimmer vor.

Sie saß auf dem Boden vor dem Fernseher, hatte ihre Arme um die an den Körper gezogenen Beine geschlungen und schüttelte leicht den Kopf.

Er musste schmunzeln, stellte seine Tasche ab und setzte sich neben sie. „Na, hast du Spaß?“

Sakura warf ihm einen kurzen Blick zu und schaute dann wieder auf den Bildschirm. „Ich verstehe einfach nicht, was diese Leute dazu bewegt in diese merkwürdigen Shows zu gehen.“

„Sie bekommen Geld dafür“, gab Sasuke ihr als Antwort. „Menschen tun viel, um an Geld zu kommen, sie gehen sogar in sinnlose Shows und machen sich dort für andere zum Deppen. Das musst du nicht verstehen.“

„Und ihnen ist dabei ihre Würde vollkommen egal?“, fragte sie verständnislos.

„Scheinbar“, meinte Sasuke schulterzuckend.

„Machst du bitte aus? Ich möchte das nicht mehr sehen“, bat Sakura schließlich.

Sasuke kam dieser Forderung nur zu gerne nach, griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher ab.

Stille breitete sich zwischen den beiden aus, die nach dem lauten Geschrei der Show recht angenehm war.

„Was möchtest du wissen?“, sagte Sakura plötzlich und sah ihn an.

„Na ja…“ Sasuke kratzte sich nachdenklich am Kinn. Den ganzen Tag hatte er versucht, sich mental darauf vorzubereiten, was er sie alles fragen sollte, was ihn interessierte, was wichtig sein könnte für die Bannaufhebung. Aber er war zu dem Schluss gekommen, dass ihn ihr ganzes Leben interessierte. Und nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr Leben nach dem Tod. Was also sollte er sie fragen, ohne zu neugierig zu wirken oder sie womöglich noch zu verletzen? „Was würdest du mir denn erzählen?“, erwiderte er schließlich vage.

Sakura lächelte. „Sagen wir fast alles“, meinte sie und Sasuke hätte schwören können, dass ihre Augen kurz funkelten.

„Na gut… Fangen wir doch ganz allgemein an, mit Beschäftigungen, denen du gerne nachgegangen bist, zum Beispiel.“

Sakura nickte. „Das ist ein guter Anfang“, meinte sie und lehnte sich an sein Bett. „Ich war immer sehr gerne draußen, als ich noch gelebt habe und das Haus verlassen konnte, habe jeden Sonnenstrahl genutzt und genossen, als könnte er der letzte sein. Da ich nicht alleine in die Stadt gehen durfte, weil sich dort zu früheren Zeiten viele zwielichtige Gestalten herumtrieben, blieb ich die meiste Zeit im Garten. Aber ich mochte auch gar nicht dort sein, denn es war dreckig und hat gestunken, vor allem bei schönem Wetter wenn es warm war. Nur die Geishas, die vereinzelt auf den Straßen herumliefen, faszinierten mich. Für mich waren sie wunderschöne, geheimnisvolle und vor allem starke Frauen. Meine Familie war nicht gerade arm und ich hatte schöne Kimonos, doch trotzdem beneidete ich sie um ihre.“

„Unglaublich, wie sich die Zeiten verändern“, murmelte Sasuke. „Heute sieht man so etwas nur noch selten.“

„Ja, da hast du wohl Recht“, stimmte Sakura nachdenklich zu. „Zeiten verändern, und so veränderten sich auch die Geishas, die ich einst so bewundert hatte. Nach meinem Tod, während des zweiten Weltkrieges, fand ich heraus, dass sie ihre Körper nur verkauften, um sich mit den Amerikanern gutzustellen. Meine Achtung vor ihnen verschwand augenblicklich.“

Sasuke bemerkte, wie Wut und Enttäuschung in ihren Augen aufflackerten. „Du warst also lieber im Garten als in der Stadt?“, fragte Sasuke und wechselte damit das Thema.

„Ja, mein Lieblingsplatz war unter dem alten Kirschblütenbaum, denn dort fühlte ich mich wohl und geborgen, und frei. Dort konnte ich Stunden verbringen, mit dem Geruch der Kirschblüten in der Nase und den Blick auf den Himmel gerichtet.“ Ihr Blick huschte kurz in Richtung Fenster, von wo aus man den Baum sehen konnte.

„Wie sah das mit deinen gesellschaftlichen Kontakten aus?“, fragte Sasuke vorsichtig nach.

„Du meinst, ob ich Freunde hatte?“ Sakura lächelte wissend, zog dann aber die Stirn kraus. „Ich weiß nicht, ob man die Mädchen, die ich kannte, als Freundinnen bezeichnen konnte. Ich durfte keine öffentliche Schule besuchen, hatte einen Privatlehrer, der mich Zuhause unterrichtete, deshalb nutzte ich jede Gelegenheit, meiner Mutter zu begleiten, wenn sie Freundinnen besuchte, denn die hatten auch Töchter, mit denen ich zusammen sitzen konnte. Ich denke, es war eher so eine Art Zweckgemeinschaft zwischen uns, weil keine von uns alleine sein wollte. Dabei war es auch egal, wenn wir uns untereinander nicht mochten. Mir blieb damals keine andere Möglichkeit, als diese Mädchen als meine Freundinnen zu sehen. Und dabei gab man sich noch Mühe, nicht zu viel von seinem Privatleben zu verraten, weil man wusste, dass die Mädchen es anderen, die später zu besuchen kommen würden, weitererzählten. Ich erinnere mich an einen Nachmittag, als eine von ihnen beim Tee mit geschürzten Lippen verkündete, dass einer anderer am Vortag herausgerutscht war, dass sie mit einem Dienstjungen geschlafen hatte. Ein absoluter gesellschaftlicher Fauxpas, zumindest zu meiner Zeit.“

Sasuke schwieg eine Weile und ließ ihre Worte erst einmal sacken. Sie hatte es bestimmt nicht leicht gehabt, wurde von der Außenwelt abgeschirmt, um gut behütet aufzuwachsen, und es hatten sich ihr nur wenige Gelegenheiten geboten, überhaupt einmal mit anderen Kontakt zu bekommen. Doch kleine Ausrutscher scheinen auch schon damals passiert zu sein. Sasuke konnte sich vorstellen, dass es zu einer Zeit, in der gesellschaftliches Ansehen sehr wichtig war, nicht gerne gesehen war, wenn ein Mädchen mit reichen Eltern Sex mit einem Bediensteten hatte, einen einfachen Jungen ohne jeden Wert.

„Was hast du gemacht, wenn gerade nicht die Möglichkeit bestand das Haus zu verlassen, beispielsweise durch schlechtes Wetter?“, erkundigte er sich.

„Ich habe gelesen“, antwortete Sakura. „Auch die Bücher waren eine Art Zufluchtsort für mich, vor allem nach dem Tod meiner Mutter, als Leiko und Sachiko zu uns kamen. Sie nahm immer nur Sachiko mit, wenn sie ausging, um bei den anderen Frauen in der Nachbarschaft zu essen oder Tee zu trinken. Von da an war ich fast nur noch Zuhause, aber ich wollte auch nicht mir ihr gehen. Also verbrachte ich die meiste Zeit in der Bibliothek meines Vaters und habe gelesen, einfach alles, was mir in die Finger kam. Auch die Bücher gaben mir das Gefühl, ein kleines bisschen frei zu sein, wenn ich in ihre Welt gezogen wurde. Dort konnte mir niemand schaden.“

„Was war mit den Bediensteten im Haus? Haben sie sich nicht mit dir beschäftigt?“

Sakura lachte leise. „Mein Stand in der Gesellschaft hat es ihnen sozusagen verboten, überhaupt mit mir zu reden, außer wenn es absolut nötig war. Chiyo war eine absolute Ausnahme, sie war ein Kind und verstand nicht viel von den Sitten. Ich verbrachte viel Zeit mit ihr, in der ich ihr das Lesen beibrachte und in der sie mir von ihren Freunden in der Schule erzählte. Es machte mich oft traurig zu hören, was mir entging, doch ich freute mich auch für sie, weil sie mein Schicksal nicht erleiden musste.“

Sasuke nickte verstehend. „Als Mann hatte man es damals anscheinend wirklich leichter.“

„Definitiv“, erwiderte Sakura. „Ich weiß, es ist albern, aber manchmal habe ich mir gewünscht ein Junge zu sein. Einfach, um mehr Rechte zu haben und mehr rauszukommen. Ich wollte frei sein und einmal das tun, was ich wirklich wollte.“

„Ich finde das nicht albern“, entgegnete Sasuke. „Es ist absolut verständlich, vor allem wenn die Frauen damals nicht so emanzipiert waren wie heute.“

„Vielleicht hast du Recht“, sagte Sakura und lächelte wieder.

Sasuke fiel auf, dass sie viel lockerer war als die Tage zuvor und auch als an diesem Morgen. Vielleicht half es ihr, über ihr Leben zu sprechen, und womöglich verschaffte es ihr auch Erleichterung. Es war interessant, mehr von ihr zu hören, aber eine Frage brannte ihm auf der Zunge, der er kaum wagte zu stellen, die ihn aber schon fast seit dem Zeitpunkt plagte, an dem er sie kennengelernt hatte. Aber warum zögerte er? Er war doch sonst immer so direkt gewesen, jemand, der anderen sofort sagte was er dachte. Doch vielleicht war diese Frage ja zu persönlich…

„Sakura?“, sagte er leise und sah sie an.

Sie war ein Geist, ihr Körper wie ein dichter weißer Nebel, der ihre Form angenommen hatte.

„Hm?“ Fragend blickte sie ihn an, mit diesen Augen, die ihn schon zuvor fasziniert hatten.

„Wie hast du ausgesehen… vor deinem Tod?“ Wieder einmal verließ die Frage seine Lippen, bevor er es verhindern konnte.

Verblüfft sah sie ihn an, sprachlos, dann blickte sie an sich hinab. „Ah, na ja…“

„Nein, das meine ich nicht“, meinte Sasuke. „Mich interessiert deine Hautfarbe, die Farbe deiner Augen, deiner Haare…“

Ihre Augen weiteten sich, bevor sie schnell den Blick abwandte. „Das möchtest du nicht wissen…“, flüsterte sie.

„Doch, das möchte ich“, beharrte Sasuke.

Sie schien unsicher und Sasuke bemerkte, wie sie mit sich selbst rang. Doch schließlich antwortete sie. „Ich war schon immer von Natur aus eher blass und selbst wenn ich in der Sonne war, wurde ich nicht braun. Meine Haare…“ Sie brach ab und fuhr sich nervös mit ihren schlanken Fingern durch die lange Mähne. „Meine Mutter hatte die gleiche Haarfarbe wie ich, ich habe sie von ihr geerbt. Die Leute haben immer geguckt und konnten nicht glauben, dass wir sie uns nicht gefärbt haben, sondern dass die Natur uns diese Farbe geschenkt hatte. Nun ja, ich kann es ihnen nicht verübeln, schließlich hat nicht jeder rosafarbene Haare.“

„Rosa?“, meinte Sasuke überrascht. Er hatte schon damit gerechnet, dass ihre Haarfarbe ungewöhnlich war, aber rosa hatte er nicht erwartet.

„Nun ja, sie sind eher zartrosa, würde ich sagen“, murmelte Sakura und wandte den Blick ab.

Sasuke versuchte, sich Sakura mit dieser Haarfarbe vorzustellen und musste feststellen, dass ihm das nicht sonderlich schwer fiel. Und er fand sogar, dass es außergewöhnlich gut aussah.

„Sieh mich an, Sakura“, forderte er sie auf.

Wie in Zeitlupe blickte sie zu ihm auf und schaute ihn unsicher an.

„Was ist mit deiner Augenfarbe?“

„Meine Augen waren grün“, antwortete Sakura leise, und wieder konnte sich Sasuke wie schon zuvor vorstellen, wie sie wohl ausgesehen hatte. Es musste ein unglaublicher Grünton gewesen sein.

Seine Augen musterten Sakura wachsam, und er sah sie nicht mehr als ein Wesen aus weißem Nebel, sondern so, wie sie sich beschrieben hatte. Mit blasser Haut, rosafarbenen Haaren und klugen, grünen Augen.

Noch bevor er wusste was er tat, streckte Sasuke eine Hand nach ihr aus, so wie sie es letzte Nacht getan hatte. Der Drang, sie berühren zu wollen, wurde immer stärker, obwohl er wusste, dass er sie nicht würde berühren können.

Doch er sollte sich irren, denn dieses Mal fasste er nicht durch sie hindurch.
 

~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~
 

Hola!
 

Ich habe es doch noch pünktlich geschafft, ich kann es nicht glauben! Haha~ Und so ein langes Kapitel, obwohl ich wieder arbeiten muss und eigentlich keine Zeit habe zum Schreiben.
 

Das Kapitel sollte ein bisschen mehr auf die Gefühle der beiden eingehen, und ich hoffe, dass ich das geschafft habe. Denn schließlich geht es hier um ein Pairing, und das muss irgendwann mal zustande kommen. ;)
 

Tjaja, ein Cliffhanger! Ich finde ihn toll und habe ihn von Anfang an geplant, zwar nicht auf diese Weise, aber so gefällt er mir doch um einiges besser. :D
 

Ach ja, ich habe den Großteil den Kapitels nicht noch einmal durchgelesen, weil ich eigentlich keine Zeit dazu habe, deswegen ignoriert die Fehler bitte (wenn welche drin sind, was ich glaube). ^^‘
 

Nun gut, ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen und das es Lust auf das nächste macht.

Ich möchte mich vor allem für die lieben Kommentare bedanken, all die Favoriten und die 12 Abos auf meine FFs. Wo auch immer die herkommen mögen, ich find es toll. =)
 

So, hia geht jetzt essen.
 

Bis dahin,

abayo,

dat hia

♥ Little Wonders ♥

Sakuras Augen weiteten sich überrascht, ihr Atem stockte und ihr Körper erstarrte, als Sasukes Hand sanft auf ihrer Wange zum Liegen kam.

Er berührte sie, fasste sie an und nicht durch sie hindurch. Oder bildete sie sich das nur ein?

Langsam streckte sie ihre zitternden Hände nach ihm aus und mühelos konnte sie sich an dem Ärmel seines Hemdes festklammern. Ihre Finger verkrampften sich in dem Stoff, während Sasukes Hand noch immer auf ihrem Gesicht ruhte.

Wie gebannt blickten sich die beiden in die Augen, was Sakura wie eine Ewigkeit vorkam. Und Sasuke stand die Verblüffung offen ins Gesicht geschrieben. Er schien genau so wenig wie sie zu verstehen, was gerade vor sich ging.

Sakura klammerte sich fester an ihn, hatte Angst, dass es aufhören würde, würde sie ihn loslassen, würde sie den Kontakt zwischen ihnen unterbrechen.

Unterdessen streichelten Sasukes Finger vorsichtig über ihre Wange und fasziniert fuhr er über die Konturen ihres Gesichts, strich ihr von der Stirn über die Nase und ließ einen Finger schließlich auf ihren Lippen ruhen.

Angenehme Schauer liefen Sakura über den Rücken, ihre Gefühle überschlugen sich. Da war Aufregung, Verständnislosigkeit, Gefallen und noch eine Empfindung… eine, die sie nicht zuordnen, nicht definieren konnte.

Noch während sie versuchte, ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen, ließ Sasuke schon wieder seine Hand auf Wanderschaft gehen. Er fuhr durch ihre Haare und spielte mit einzelnen Strähnen.

Langsam schloss Sakura die Augen und gab sich den unglaublichen Gefühlen hin, die er in ihr auslöste. „Wie machst du das?“, hauchte sie leise.

„Ich weiß es nicht“, flüsterte er, und aus seiner Stimme sprach die Wahrheit. Und noch immer konnte er die Faszination nicht verbergen, die ihn gefangen hielt.

Sakura musste feststellen, dass es sie auch gar nicht mehr interessierte, wie Sasuke es angestellt hatte, dass sie sich gegenseitig berühren konnten, für sie galt nur, dass sie es wirklich konnten.

Automatisch fuhren nun ihre Finger Sasukes Unterarm auf und ab und sie überkam der Drang, seine Haut spüren zu wollen. Wie von selbst schoben ihre Hände den Ärmel des Hemdes hoch und ihre Finger legten sich um seinen Arm. Seine Haut war warm und weich, und so… lebendig.

Sakura öffnete die Augen wieder und starrte auf ihre fast durchsichtigen Hände, die Sasuke umklammert hielten. Sie erwischte sich dabei sich zu fragen, wie sich ihre Haut wohl für Sasuke anfühlte. Doch sie traute sich nicht, diese Frage laut auszusprechen.

Und noch eine weitere Frage tat sich ihr auf. „Glaubst du, das ist der erste Schritt zu meiner Erlösung?“ Erwartungsvoll blickte sie zu ihm auf und schien ihn damit aus seiner Trance zu reißen.

Sasuke blinzelte und ließ wie in Zeitlupe von ihr ab. Schlagartig überkam Sakura ein Gefühl der Leere, als würde etwas fehlen. Deshalb klammerten sich ihre Hände noch ein wenig fester um seinen Arm. „Könnte möglich sein“, erwiderte er und Sakura bemerkte, dass seine Stimme leicht rau war, was ihr wieder einen Schauer über den Rücken jagte.

Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. „Danke, Sasuke. Ohne dich wäre das niemals möglich gewesen.“

„Das ist schon in Ordnung, schließlich ist deine Erlösung unser Ziel“, murmelte er und sein Blick wanderte zu seinem Arm, den sie noch immer umklammert hielt. Er zögerte kurz und legte dann seine freie Hand auf die ihren.

Sakura war verblüfft und erstaunt zugleich, wie klein und zerbrechlich sie gegen ihn wirkte. So viel Kraft, so viel Stärke…

Schon wieder wurde sie von seiner Berührung gefangen genommen, abgelenkt. Sie versuchte sich wieder auf ihr Gespräch zu konzentrieren und wandte den Blick von ihren Händen ab. „Und wie sollten wir am besten weiter vorgehen?“, fragte sie, und selbst in ihren Ohren klang ihre Stimme viel zu gepresst und lahm.

„Ich denke wir machen am besten da weiter, wo wir vorhin aufgehört haben. Irgendwas scheint dabei ja funktioniert zu haben“, meinte Sasuke und sein Daumen streichelte sanft über ihren Handrücken.

Sakura musste schlucken und rief sich zur Ordnung. „Na schön… Also noch mehr aus meinem Leben“, sagte sie.

„Ja“, stimmte Sasuke zu. „Vielleicht finden wir so noch gemeinsam etwas heraus.“ Vorsichtig löste er ihre verkrampften Finger von seinem Arm und legte sie ihr in ihren Schoß. „Warte hier, ich bin gleich wieder da.“ Mit diesen Worten stand er auf und verschwand aus dem Zimmer.

Sakura blieb alleine zurück, verwirrt und überwältigt von ihren Gefühlen.

Wieder fühlte sie sich leer, und ihr war kalt, verlassen von der Wärme, die Sasuke ihr mit seinen Berührungen gegeben hatte. Ihr Herz verkrampfte sich fast schmerzhaft, als würde es seine Rückkehr kaum noch erwarten können.

Sakura fasste sich an die Brust und runzelte fragend die Stirn. Was war nur los mit ihr? Wieso reagierte sie plötzlich so heftig?

Sie holte einmal tief Luft und versuchte sich zu sammeln. Irgendwann würde sie ihre Antworten schon bekommen, sie musste nur geduldig sein.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Kaum hatte Sasuke das Zimmer verlassen und war ein paar Schritte gegangen, da lehnte er sich an die nächste Wand und atmete tief durch.

Sein Herz pochte noch immer in einem schnellen Rhythmus gegen seine Brust und er fühlte sich schwach und zittrig.

Was war das eben gerade nur gewesen?

Diese Situation wurde wirklich immer verzwickter und überforderte ihn langsam aber sicher immer mehr.

Doch was genau war passiert, was hatte er getan, dass er sie plötzlich berühren konnte?

Er erwischte sich dabei, wie er auf seine Hand starrte, die nur vor wenigen Momenten Sakuras Hände gehalten hatte. Ihre Haut hatte sich kalt angefühlt, irgendwie… tot. Und doch so lebendig, warm und zart, dass er es kaum für möglich gehalten hatte.

Er schüttelte benommen den Kopf und versuchte, sie wieder aus seinen Gedanken zu bekommen, was ihm allerdings unmöglich war. Immer wieder erschien ihr Bild vor seinem geistigen Auge, ihr faszinierter Blick, ihr dankbares Lächeln.

Vielleicht sollte er sich dringend einmal beim Arzt durchchecken lassen, sein Verhalten war langsam wirklich nicht mehr normal.

Sasuke stieß sich von der Wand ab und stieg langsam die Treppe zum Dachboden hinauf. Er hatte Sakura versprochen dort weiter zu machen, wo sie aufgehört hatten, bevor… Ärgerlich schnaubte er und nahm die letzte Stufe, betrat dann den Speicher und sah sich um.

Itachi war hier gewesen, um nach Beweisen für seine Geschichte zu suchen. Also musste hier wirklich noch mehr sein.

Sasuke wandte sich nach links und steuerte auf ein paar alte Kisten zu, die definitiv nicht zu seiner Familie gehören konnten. Er kniete sich vor die erste und schob den massiven Holzdeckel zur Seite. Volltreffer.

Gleich das erste Bild, das obenauf lag, zeigte Sakuras lächelndes und glückliches Gesicht. Darunter fand er weitere einzelne Fotos von ihr und ihrer Familie, dann sogar ganze Fotoalben. Er fragte sich, warum ihr Vater sie hier zurückgelassen hat, als er das Haus nach ihrem Tod verkaufte, schließlich waren dies alles Erinnerungen an seine geliebte Tochter. Aber vielleicht hatte der Mann es auch einfach nicht verkraftet, dass ihm seine Tochter genommen worden war und wollte durch all die Fotos einfach nicht an sie erinnert werden, da dies nur noch mehr Schmerz ausgelöst hätte.

Sasuke nahm sich ein paar der Fotos und zwei der Alben und schob den Deckel wieder zurück auf die Kiste. Dann ging er zurück hinunter in sein Zimmer.

Als er eintrat, kniete Sakura vor seinem Bett und strich gedankenverloren immer wieder das Laken glatt, genoss es sichtlich, Dinge wieder berühren zu können.

Er räusperte sich, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen und sie schrak auf, ließ sofort von dem Laken ab.

Sasuke unterdrückte ein Lächeln und setzte sich neben sie. Dann drückte er ihr eines der Fotos in die Hand. „Die habe ich eben vom Dachboden geholt“, erklärte er auf ihren fragenden Blick hin.

Sakuras zarte, schlanke Finger fuhren über das vergilbte Bild. „Meine Mutter“, sagte sie leise und Sasuke konnte beobachten, wie sich ihre vollen Lippen zu einem traurigen Lächeln verzogen. „Sie war schon krank gewesen, als man dieses Bild aufgenommen hat. Trotz ihrer Schwäche hat sie immer versucht stark zu sein.“

Auch Sasuke betrachtete nun das Bild genauer. Obwohl es schwarzweiß war, konnte man die Blässe der Frau erkennen und man konnte erahnen, wie erschöpft sie schon durch ihre Krankheit war.

„Sie ist jetzt erlöst“, meinte Sakura und legte das Foto behutsam zur Seite. Dann nahm sie Sasuke das nächste ab und verzog das Gesicht. „Sachiko…“

Wieder blickte Sasuke auf das Bild. Es zeigte Sakura und ein anderes Mädchen, wie sie gemeinsam mit einem älteren Mann an einem runden Tisch saßen, Bücher stapelten sich vor ihnen und sie hielt einen Pinsel in der Hand. Wie Sasuke feststellen musste, sah sie nicht sonderlich glücklich aus. Und er konnte es ihr nicht verübeln. Wenn man mal von dem wirklich sehr freundlich aussehendem Herr absah, befand sie sich nicht gerade in angenehmer Gesellschaft. Sachiko hatte ein eher rundes Gesicht, unförmige Lippen und zu weit auseinander stehende, wässrig wirkende Augen. Ihr verkrampftes Lächeln entblößte ein paar schief stehende Zähne.

„Der Hausunterricht“, vermutete Sasuke.

Sakura nickte. „Mein Lehrer war sehr nett, aber Sachiko war nicht besonders intelligent, weshalb der Unterricht nur sehr langsam voran ging, was eigentlich schade war. Ich hätte gerne mehr in kürzerer Zeit gelernt. So habe ich versucht, mir den Stoff außerhalb der Lernzeiten selbst beizubringen.“ Schweigend starrte sie das Bild an und legte schließlich auch dieses zur Seite. „Vielleicht sollte ich Mitleid mit ihr zeigen. Manche Menschen können nichts dafür, dass sie nicht so intellektuell wie andere sind, bei ihr ist es wahrscheinlich angeboren. Sie war nur Leikos kleine Marionette, die alles getan hat, was Mama ihr gesagt hat, um den Respekt zu bekommen, den sie sich wünschte.“

Sasuke musterte sie von der Seite. Irgendwie fand er es bewundernd, dass sie selbst noch etwas positives in einem Menschen suchte, der ihr so viel Leid zugefügt hatte.

Sakura griff nun nach einem der Alben, die Sasuke mitgebracht hatte und schlug es auf. Gleich das erste Bild war ein Familienfoto – nur zeigte es die falschen Personen.

Dieses Mal war Sakuras Vater zu sehen. Sein Blick war stolz und er lächelte, seine Hand ruhte auf Sakuras Schulter, die vor ihm auf einem gepolsterten Stuhl saß, die Hände wie er es schon gewohnt war im Schoß gefaltet und mit einem tapferen Lächeln auf den Lippen. Doch Sasuke konnte sehen, wie sehr sie sich dazu zwingen musste glücklich zu wirken. Neben ihrem Vater stand eine kleine Frau mit dunklen Haaren, die sie sich streng zurückgekämmt hatte. Ihre Augen blickten finster und ihre Lippen waren pikiert gespitzt, ihre knochigen Finger lagen auf den Schultern von Sachiko, die neben Sakura auf einem weiteren Stuhl Platz genommen hatte. Sasuke brauchte keine Erklärung um zu wissen, dass dies Leiko war. Die Frau, die Sakura auf dem Gewissen hatte.

Sein Blick wanderte von dem Bild zu Sakura, die wie gebannt auf das Foto starrte und dabei angestrengt auf ihrer Unterlippe herum kaute.

Ohne lange darüber nachzudenken, nahm Sasuke ihr entschlossen das Album wieder ab und legte es beiseite. „Vielleicht belassen wir es heute einfach dabei. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag und ich finde, wir haben wirklich schon viel erreicht.“

„Wahrscheinlich hast du recht“, murmelte Sakura benommen und blinzelte leicht, um aus ihrer Trance zu erwachen.

„Ich werde kurz runter gehen und mir etwas zu essen holen“, meinte Sasuke, zog seine Schultasche zu sich heran und kramte sein Biologiebuch hervor. Dieses drückte er Sakura in die Hand. „Vielleicht stillt das ein wenig deinen Wissensdurst, solange ich unten bin.“

Sakura nickte. „Danke.“

Und mit einem letzten Blick auf Sakura verließ Sasuke das Zimmer und machte sich auf den Weg in die Küche.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

In der Küche traf Sasuke Itachi, der gedankenverloren am Esstisch saß und in seinem Kaffee herumrührte. Als Sasuke eintrat, blickte er auf und musterte seinen Bruder fast misstrauisch.

Sasuke ignorierte ihn. Er hatte das Gespräch vom Vorabend noch nicht vergessen, in dem Itachi ihn erst als Idioten bezeichnete und ihm dann dämliche Ratschläge gab. Stattdessen ging er zum Kühlschrank, nahm sich ein paar Tomaten, Butter und Käse heraus und kramte dann Besteck und Geschirr sowie Brot aus den Küchenschränken.

„Warum ignorierst du mich, Bruder?“, hörte er Itachi hinter sich fragen.

Sasuke beachtete ihn auch weiterhin nicht, wusch die Tomaten ab und viertelte sie schließlich.

„Du bist beleidigt“, stellte Itachi fest.

Sasuke verdrehte die Augen und unterdrückte einen Seufzer. „Wie kommst du darauf?“

„Lass mal überlegen…“ Itachi legte eine kurze Pause ein. „Du drehst mir den Rücken zu und ignorierst mich. Und das nach unserem Gespräch gestern Abend.“

Sasuke schwieg beharrlich und schmierte Butter auf sein Brot. Hinter sich hörte er, wie Itachi den Stuhl zurück schob und einen Augenblick später lehnte er neben ihm an der Theke.

„Ich wollte dir nur helfen, Sasuke. Ich mache mir nun einmal Sorgen um dich. Es ist nett, dass du ihr helfen willst, aber dabei solltest du lieber jegliche Gefühle aus dem Weg lassen.“

„Was macht dich so sicher, dass da Gefühle im Spiel sind?“, fragte Sasuke gereizt und legte eine Scheibe Käse auf das Brot.

„Du willst ihr helfen und bist fest entschlossen. Bei so viel Engagement kann sie dir nur sympathisch sein“, entgegnete Itachi mit einem Schulterzucken. „Aber gerade das solltest du eben vermeiden.“

„Schade nur, dass ich mit dieser Methode scheinbar Erfolg habe“, zischte Sasuke.

Nun wurde Itachi hellhörig. „Wie meinst du das?“

„Nun, so wie es aussieht haben wir den ersten Schritt geschafft. Unterhalten scheint tatsächlich etwas zu bringen“, antwortete Sasuke vage.

„Und woher willst du wissen, dass es funktioniert? Zeigen sich die Auswirkungen schon?“

„Wenn du es genau wissen willst…“, sagte Sasuke, nahm sich noch ein Glas und goss Milch hinein. „Ich kann sie berühren.“

„Berühren?“, fragte Itachi etwas dümmlich. „Aber wieso…?“

„Wir wissen nicht wieso, aber egal was es ausgelöst hat, die Unterhaltung mit ihr hat geholfen.“

Itachi wurde nachdenklich, schwieg aber und behielt seine Gedanken für sich.

Sasuke seufzte leise. „Wenn sonst nichts ist, entschuldige mich bitte. Ich gehe wieder.“ Er griff nach seinem Glas und dem Teller und ließ Itachi an der Theke stehen.

Und erneut entging ihm ein sehr sorgenvoller Blick seines Bruders.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Sakura schlug gerade eine neue Seite in Sasukes Lehrbuch auf, als genau dieser recht ärgerlich zurück ins Zimmer stürmte.

„Was ist passiert?“, fragte sie besorgt.

„Mein lieber Bruder ist zu überfürsorglich“, empörte sich Sasuke und stellte sein Abendessen auf dem Fußboden ab. Dann setzte er sich im Schneidersitz Sakura gegenüber.

„Oh“, machte sie nur, weil sie ihn nicht noch wütender machen wollte, indem sie ihm widersprach. Sie fand es sehr nett von Itachi, dass er sich um seinen jüngeren Bruder sorgte. Hätte sie einen großen Bruder gehabt, sie hätte sich genau so einen wie Itachi gewünscht.

Unterdessen kaute Sasuke beinahe schmollend auf seinem Käsebrot herum.

Sakuras Blick schweifte von ihm zu seinem Teller mit Essen. Sie hätte gelogen, würde sie sagen, dass sie Sasuke nicht darum beneidete, essen zu können, genauso, wie sie ihn um seinen Schlaf und seine Träume beneidete. Gerne würde sie wieder eine Mahlzeit zu sich nehmen können, auch wenn es nur eine so einfache Speise war wie ein Käsebrot.

„Möchtest du auch etwas?“

Erschrocken fuhr Sakura auf. „Bitte?“, fragte sie verwirrt.

„Ob du auch etwas abhaben möchtest“, wiederholte Sasuke. Er hielt seine Gabel mit einem Stück Brot in die Höhe, wie um damit seine Worte zu unterstreichen.

„Aber ich kann doch nicht…“, setzte sie an, aber Sasuke unterbrach sie.

„Wir können es doch wenigstens versuchen. Der Tag hat uns schon ein Wunder gebracht, das heißt doch nicht, dass nicht weitere folgen können, oder?“ Erwartungsvoll blickte er sie an und hielt ihr die Gabel vor den Mund.

„Na schön“, murmelte sie und ließ sich von ihm füttern.

Überrascht weiteten sich ihre Augen, während sie langsam auf dem Brot herum kaute. Beinahe seufzte sie vor Glück auf, konnte es kaum fassen, dass sie wieder essen konnte.

„Geht doch“, sagte Sasuke leise und schien zufrieden. Er gab ihr noch ein Stück und aß dann selbst den Rest. „Wie wäre es mit Tomate?“ Er deutete mit der Gabel auf besagtes Gemüse.

„Gerne“, lächelte Sakura nach einem kurzen Zögern. Zwar wollte sie ihm nicht sein Abendbrot wegessen, doch auf der anderen Seite wollte sie noch viel mehr kosten. Also nahm sie gerne das Stückchen Tomate an, dass Sasuke ihr mit seiner Gabel anbot und genoss jede einzelne Sekunde.

„Du musst wirklich hungrig sein, nach all den Jahren ohne essen“, vermutete Sasuke.

„Bis jetzt hatte ich keinen Appetit, aber seit heute ist irgendwie alles anders. Ich fühle mich nicht mehr wie ein Geist, ein nicht lebendiges Wesen. Im Gegenteil; mich überkommen menschliche Gelüste, die ich seit 80 Jahren nicht mehr gefühlt habe, weil ich es nicht konnte.“

„Nur ein Beweis mehr, dass wir Fortschritte zu machen scheinen“, meinte Sasuke und bot ihr den Rest von der Tomate an.

Sakura jedoch schüttelte den Kopf und Sasuke zuckte mit den Achseln. Dann aß er selbst das letzte Stück und schob den Teller beiseite, griff anschließend zu dem Glas Milch, dass er mitgebracht hatte.

„Glaubst du, wir schaffen das?“, fragte sie plötzlich. Sie wusste nicht, wie sie auf den Gedanken gekommen war, aber auf einmal war er da gewesen. Vielleicht war es die Angst vor Enttäuschung. Nach diesen kleinen Wundern, wie Sasuke es genannt hatte, würde es sie zerbrechen, wenn sie doch nicht ihren Frieden finden würde.

„Du vertraust mir doch, oder?“, sagte Sasuke leise.

Sie nickte nur, brachte kein Wort zustande.

„Dann schaffen wir das“, meinte er und sogar ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

Und da war Sakura sicher, dass sie mit diesem Mann an ihrer Seite alles schaffen könnte.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Nachdem Sasuke sich entschuldigt hatte und im Badezimmer verschwunden war, widmete sich Sakura wieder dem Buch, das er ihr angeboten hatte. Sie war ihm wirklich dankbar dafür, konnte endlich wieder selbstständig etwas lesen, ohne fremde Hilfe.

Sie legte das Buch auf dem Boden ab und legte sich bäuchlings davor, den Kopf auf ihre Arme gestützt.

Gerade wollte sie beginnen zu lesen, als sich überraschender Besuch ankündigte – für sie.

„Sakura?“ Vorsichtig streckte Itachi seinen Kopf durch den Türspalt. „Ich dachte, vielleicht könnte ich die Gelegenheit nutzen, dass Sasuke nicht hier ist, und kurz mit dir reden.“

Sie blickte unsicher in Itachis Richtung, wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte, schließlich konnte er sie nicht sehen, so wie Sasuke.

„Also, falls du hier bist, dann wäre es wirklich sehr nett von dir, wenn du dich irgendwie bemerkbar machen könntest, da ich nicht in dich hineinlaufen möchte. Das ist bestimmt nicht gerade angenehm für dich“, redete Itachi weiter.

Langsam setzte sich Sakura auf und klappte schließlich das Buch zu, um Itachi zu zeigen, dass sie da war. Es konnte schließlich nicht schaden, wenigstens zu versuchen mit ihm zu kommunizieren, und Itachi schien sein Anliegen wichtig zu sein.

„Oh, wow“, machte er und kratzte sich verwundert am Hinterkopf. „Da hat Sasuke ja nicht übertrieben.“ Vorsichtig kam er näher und blieb dann in ihrer Nähe stehen. „Ist es in Ordnung, wenn ich mit dir spreche?“, fragte er unsicher.

Noch während Sakura sich fragte, wie sie das anstellen sollten, zog Itachi ein Blatt Papier und einen Stift aus seiner Hosentasche. „Du könntest schreiben, wenn es okay ist.“ Er hielt beide Sachen mit ein wenig Abstand von seinem Körper entfernt.

Sakura stand auf und nahm ihm Papier und Stift ab.

„Okay, du stehst also vor mir“, sagte Itachi langsam. „Wie wäre es, wenn wir uns setzen? Geh lieber ein Stück zurück, sonst setze ich mich nachher noch in dich hinein.“

Sakura allerdings blieb, wo sie war. Mittlerweile zierte ein Lächeln ihr Gesicht, denn Itachi war wirklich sehr vorsichtig, weil er ihr nicht wehtun wollte. Er war sehr rücksichtsvoll, das musste sie schon sagen.

Inzwischen hatte sich Itachi auf dem Fußboden niedergelassen und sie setzte sich ihm gegenüber. „Also, wenn ich das richtig verstanden habe, dann bist du einverstanden.“

Sakura legte das Blatt auf dem Fußboden ab und schrieb eine Antwort für ihn. Dir scheint etwas auf dem Herzen zu liegen, und vielleicht kann zur Abwechslung mal ich helfen.

Fasziniert hatte Itachi beobachtet, wie die Wörter wie aus dem Nichts plötzlich auf das Blatt geschrieben wurden, von einem Stift, der sich von alleine bewegte. „Ah, na schön. Mir wäre es allerdings ganz lieb, wenn Sasuke nichts von alledem erfährt.“

In Ordnung, stimmte sie schriftlich zu. Es schien ihm sehr wichtig zu sein, deshalb würde sie Wort halten und schweigen.

„Ich komme am besten gleich zum Punkt“, meinte Itachi. „Findest du, dass sich Sasuke sehr verändert hat, seit du ihn das erste Mal gesehen hast?“

Er ist offener geworden, schrieb Sakura nach kurzem Zögern. Und er scheint mehr Vertrauen in sich und seine Mitmenschen zu haben. Er hat selbst gesagt, dass er langsam kein Einzelgänger mehr ist.

Itachi nickte. „Und wie findest du das?“

Sakura war so überrascht von der Frage, dass sie beinahe den Stift fallen ließ. Im anliegenden Badezimmer hörte sie, wie das Wasser abgedreht wurde.

Auch Itachi schien das zu bemerken und starrte fast flehentlich auf das Blatt. „Bitte, ich muss das wissen.“

Ich finde es gut, dass er sich zum Positiven entwickelt, kritzelte sie schnell. Ein Mensch kommt weiter in seinem Leben mit guten Freunden an seiner Seite. Und einem fürsorglichen großen Bruder…, fügte sie noch hinzu.

„Danke Sakura, du hast mir meine Vermutungen nur noch bestätigt“, sagte Itachi und grinste in irgendeine Richtung, in der er sie vermutete. „Ich hab noch was für dich.“ Er zog ein kleines Buch hervor. „Ich glaube, das gehört dir.“

Sakura nahm ihm das Buch ab und erkannte darin das kleine Gedichtband, das sie an ihrem Todestag gelesen hatte. Es war ein Geschenk von ihrer Mutter gewesen.

„Okay, ich gehe dann besser, sonst macht er mir die Hölle heiß.“ Itachi griff nach dem Zettel, auf dem sie geschrieben hatte und versuchte ihr vorsichtig den Stift aus der Hand zu nehmen, doch sie hielt ihn fest und zog auch den Zettel zurück zu sich.

Ich danke dir. Dann legte sie den Stift auf das Blatt und schob beides Itachi entgegen.

„Nein, ich muss mich bei dir bedanken“, sagte Itachi, griff sich die Sachen und verschwand schnell aus Sasukes Zimmer.

Gerade noch rechtzeitig, denn in diesem Moment trat Sasuke aus dem Badezimmer.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Als Sasuke zurück in sein Zimmer kam, saß Sakura da und starrte auf die geschlossene Tür.

„Ist irgendetwas passiert, während ich weg war?“, fragte er misstrauisch.

„Nein, wie kommst du darauf?“, erwiderte Sakura, wandte sich ihm zu und lächelte.

Dieses Lächeln strahlte eine Ruhe und Ehrlichkeit aus, dass er nicht anders konnte als ihr zu glauben. Er wandte den Blick ab und fuhr sich mit einem Handtuch durch die noch nassen Haare. „Ich dachte nur, ich hätte jemanden sprechen gehört“, murmelte er.

Er setzte sich auf sein Bett und Sakura drehte sich zu ihm um.

„Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst so nachdenklich aus.“

„Ist nicht so wichtig“, entgegnete Sasuke und ließ sich zur Seite fallen. Die Zeit unter der Dusche hatte er tatsächlich genutzt, um in Ruhe nachdenken zu können. Um ehrlich mit sich selbst zu sein musste er einsehen, dass er Itachis Worte vom Vorabend einfach nicht vergessen konnte. Was war, wenn Itachi nun Recht behielt und er wirklich Gefühle für Sakura entwickelte? Er verschenkte sein Herz nicht leichtfertig an ein Mädchen, doch wie er hatte feststellen müssen, war Sakura sogar auf dem besten Wege, gerade dies zu schaffen – wenn es so weiter ging, würde er sein Herz an sie verlieren.

Als er an diesem Abend mit ihr zusammen gegessen und das Funkeln in ihren Augen gesehen hatte, da waren so viele Glückshormone durch ihn geströmt, dass sein Körper förmlich summte. Er war stolz darauf gewesen sie glücklich zu machen, ein Mädchen, das so viel Leid erfahren hatte.

Viele Seiten hatte er nun schon an ihr kennengelernt, sie hatte geweint, gelächelt, hatte ihm ihre Geschichte erzählt… doch das Wichtigste war, dass sie ihm vertraute.

Sein Blick schweifte zurück zu ihr, und als sich ihre Blicke trafen sah er nicht mehr Sakura, das Geistermädchen, sondern eine lebendige junge Frau mit einer ungewöhnlichen Haarfarbe und strahlenden grünen Augen. Augen, die ihm zeigten, dass sie wirklich besorgt um ihn zu sein schien. Dieser Gedanke ließ sein Herz augenblicklich höher schlagen.

Und fast erschrocken musste er feststellen, dass er sich geirrt hatte.

Denn Sakura hatte schon längst sein Herz gestohlen.
 

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Hola!
 

Erst mal noch schöne Ostern an alle, auch wenn es eigentlich schon wieder vorbei ist. *drop*

(Leider, denn ab morgen muss ich wieder arbeiten…)
 

So, das war es nun, das vorletzte Kapitel. Irgendwie habe ich mich ein wenig schwer damit getan, zumindest mit der einen Stelle. Der Anfang gefällt mir immer noch am besten. :D
 

Okay, der Countdown läuft, nur noch ein Kapitel und der Epilog und die FF ist fertig.

Irgendwie schade… Aber alles geht einmal zu Ende und ich hab auch schon wieder neue Ideen im Kopf.
 

Ich möchte mich bei allen für die lieben Kommentare bedanken und all die neuen Favoriten. Es freut mich wirklich, wenn die FF euch gefällt. :D
 

Bis zum nächsten Mal!

(Ich versuche mich auch zu beeilen und wünsche mir bei jedem Wort, das ich schreiben werde, dass ich eure Gesichter sehen könnte, wenn ihr das letzte Kapitel dann lest. xD)
 

Abayo,

dat hia

♥ Freedom ♥

Die Erkenntnis traf Sasuke hart, so hart, dass es fast schmerzhaft war. Auf eine überraschend angenehme Art schmerzhaft.

Nicht viel Zeit war vergangen, seit er zum ersten Mal Sakura gesehen, mit ihr gesprochen hatte. Und in dieser Zeit hatte er versucht, sich keine Fehltritte zu leisten – Fehltritte wie sich in sie zu verlieben.

Itachis Worte fielen ihm wieder ein, seine Warnung, dass er seine Gefühle im Zaum halten sollte. Aber er hatte sich gehen lassen, wurde von den Emotionen überrollt und gefangen genommen. Und das sogar unbewusst. Auf der einen Seite war ihm natürlich sehr bewusst, dass sie tot war, ein Geist, ein nicht gerade reales Wesen, doch auf der anderen Seite, der emotionalen, gefühlsbelasteten Ebene, hatte er sich schon von Anfang an zu ihr hingezogen gefühlt. Er hatte diese Seite einfach nur ignoriert, ignoriert, bis sie so plötzlich zum Vorschein kam, dass es ihm schier den Atem raubte.

Aber nun war es zu spät, schützende Barrieren um sich herum zu errichten, denn es schien endgültig, dass sein Herz einem toten Mädchen gehörte, einem so liebenswerten Wesen, das nie wieder lebendig werden würde. Schmerz schnürte ihm bei dieser Einsicht die Kehle zu. Nie würde er mit ihr eine Beziehung führen können…

„Sasuke?“

Er hörte ihre helle Stimme wie durch einen dichten Dunst, der ihn umgab, hindurch. Verwirrt blinzelte er und bemerkte dann, dass sie nun genau vor ihm hockte, ihre Hände auf seine gelegt, den Blick noch immer voller Sorge.

„Was?“, fragte er, und klang dabei sehr benommen.

Erleichterung blitzte in ihren Zügen auf. „Gott sei Dank, du warst so weggetreten, dass es mir schon Angst gemacht hat.“

Mit einem weiteren Blinzeln erwachte Sasuke nun vollends aus seiner Trance. „Tut mir leid, ich wollte nicht…“ Er brach ab, als sie kurz, aber sanft seine Hände drückte.

„Du brauchst dich nicht dafür entschuldigen“, sagte sie leise. „Zwar war ich wirklich besorgt um dich, und ich möchte nicht abstreiten, dass ich es immer noch bin, aber du wirst deine Gründe dafür haben.“ Ein aufmunterndes Lächeln.

Innerlich lachte Sasuke auf. So schnell konnte sich das Blatt also wenden. Den einen Moment ist sie niedergeschlagen und ohne jede Hoffnung und er baut sie wieder auf, und im nächsten Augenblick ist es genau umgekehrt.

Doch nichtsdestotrotz zeigte ihm die Sorge, die sie für ihn fühlte, dass er ihr wichtig war. Aber nun war es seine Hoffnung, die platzte wie eine Seifenblase. Zerstochen von der unsichtbaren Nadel der bösen, längst verschwundenen Stiefmutter. In was für ein schlechtes Märchen war er da nur hinein geraten? Nur hatte dieses Märchen, sein eigenes, leider kein Happy-End.

„Du solltest jetzt schlafen gehen“, meinte sie und riss ihn damit erneut aus seinen Gedanken. „Es ist schön spät.“

Noch etwas benommen nickte Sasuke und ließ sich ohne Wiederworte zurück auf sein Bett fallen, vergrub sein Gesicht in seinem Kissen, zog die Decke über sich. In diesem Moment wirkte er verletzlich wie ein Kleinkind.

Nur am Rande bekam er mit, wie Sakura sich erhob und das Licht im Zimmer ausschaltete. In der Dunkelheit des Raumes wirkte sie wie ein Schimmer der Hoffnung, doch ihm fiel auf, dass ihr Schein zum Anfang ihrer Begegnung stärker gewesen war. Aber vielleicht kam ihm das auch nur so vor, weil er sie nun in einem anderen Licht sah.

„Sakura“, sagte er leise.

„Hm?“, machte sie und lehnte sich leicht über ihn.

Diesen Moment nutzte Sasuke, griff nach ihrem Arm und zog sie zu sich herunter, sodass sie halb auf dem Bett und halb auf ihm selbst landete. Ihr Gewicht war kaum zu spüren und doch so deutlich, als wäre sie aus Fleisch und Blut. Fest drückte er sie an sich. „Bleib, bitte“, hauchte er.

Er wusste nicht, was er da tat, doch das war ihm egal, vor allem, als Sakura, das Gesicht an seine Brust gedrückt, zustimmend nickte.

Ein für ihn seltenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, bevor er noch einmal fester seine Arme um Sakuras zierliche Gestalt schlang und schließlich ruhig einschlief.
 

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Sakura war sich sicher, wäre sie ein ganz normales Mädchen gewesen, so würde ihr das Herz bis zum Hals schlagen, wäre sie zittrig und nervös.

Sasuke hatte sie fest an seinen Körper gedrückt und sie hörte sein Herz kräftig gegen seine Brust schlagen. Der Arm, den er um ihre Taille geschlungen hatte, war schwerer geworden, sein Atem regelmäßiger, woraus sie schloss, dass er eingeschlafen sein musste.

Sie fühlte sich wohl in seiner Nähe, und ihm so nahe zu sein wie gerade jetzt raubte ihr fast den Verstand. Durch seine überaus starke Präsenz und seine Körpernähe konnte sie nur noch an ihn denken, ihre Gedanken schwirrten unzusammenhängend durch ihren Kopf.

Und obwohl sie es noch nicht recht glauben wollte, so verstand sie doch langsam, was mit ihr los war. Es machte sie traurig, dass es so weit kommen musste, dass sie ihre erste große Liebe fand, wenn sie schon tot war und sie keine Chance hatte mit ihm zusammen zu sein, selbst wenn er ihre Gefühle erwidern würde. Und lieber wollte sie sich nicht zu große Hoffnungen machen, auch wenn er sie so sehr in seiner Nähe haben wollte, denn wenn er nicht dasselbe fühlte wie sie, so war die Enttäuschung nachher nicht ganz so groß.

Ihre Hände verkrallten sich in seinem Shirt, das er zum Schlafen angezogen hatte, und sie drückte ihr Gesicht noch fester an seine Brust, lauschte seinem Herzschlag. Er war so lebendig, wohingegen sie…

Sakura presste die Lippen aufeinander und zwang sich, an etwas anderes zu denken, doch ihre Sinne waren nur von diesem Mann benebelt, in dessen Armen sie lag.

Plötzlich war es ihr gar nicht mehr so wichtig, Erlösung zu finden, denn dann konnte sie noch mehr Zeit mit Sasuke verbringen. Doch natürlich würde der Abschied dann noch schwerer fallen, und sie konnte einfach kein normales Leben führen. Nicht solch ein Leben, das Sasuke brauchte, das ihm zustand. Wie egoistisch von ihr, ihn für sich beanspruchen zu wollen, nur, weil er sehr nett zu ihr gewesen war und ihr so weiter half.

Ein lautloser Seufzer entfuhr ihr und sie fasste einen Entschluss. Warum sollte sie nicht auch ein bisschen glücklich sein, in den vielleicht letzten Wochen, Tagen, Stunden auf der Erde. Nachdem, was sie alleine an diesem Tag erlebt hatte, würde es wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis sie befreit war, was auch immer der Auslöser dafür war. Doch bis dahin wollte sie jeden auch nur noch so kleinen Augenblick an Sasukes Seite genießen, jedes noch so kleine schöne Gefühle in sich aufnehmen wie ein trockener Schwamm Wasser, jedes Kribbeln genießen, das er in ihr auslöste, wenn er sich zu einem Lächeln durchrang, sich einfach über alles freuen, was sie mit ihm erlebte, ob es nun Sorge, Trauer, Glück oder Freude war.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, hob Sakura also seine Bettdecke an und schob sich darunter, kuschelte sich wieder an ihn und schloss die Augen.

Langsam begriff sie, warum sich ihre Freundin damals mit dem Dienstjungen eingelassen hatte. Wenn die Gefühle für jemand anderen so stark waren, wenn die unbeschreiblichen Emotionen dich übermannten, vollkommen von dir Besitz ergriffen, dann kannte Liebe keine Grenzen. Ob es nun der gesellschaftliche Stand war… oder der Tod.

Und mit einem sanften, unheimlich glücklichen Lächeln bekam Sakura nur noch am Rande mit, wie sie nach über achtzig Jahren endlich wieder ins Land der Träume versank.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Am nächsten Morgen wurde Sasuke von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen, was ihn an diesem Morgen noch weniger passte als sonst. Auch Sakura, die noch immer in seinen Armen lag, schien nicht gerade begeistert zu sein, denn sie brummte leise etwas Unverständliches.

Seufzend beugte sich Sasuke vorsichtig über sie hinweg und schaltete das Gerät aus, dann ließ er sich zurück auf das Bett fallen.

„Sakura?“, fragte er in die Stille hinein.

Doch Sakura antwortete nicht, blieb ruhig an seiner Brust liegen und rührte sich nicht.

Argwöhnisch vergrößerte er, wenn auch wiederstrebend, den Abstand zwischen ihnen, und sein Blick fiel auf den friedlichen Ausdruck in ihrem Gesicht.

Er glaubte kaum, was er da sah, doch es schien wahr zu sein – sie schlief.

„Sakura“, sagte er noch einmal und strich dabei sanft mit seinen Fingern ihre Wange entlang.

Wieder murmelte sie etwas, schlug aber einen Moment später die Augen auf. Einen Augenblick schien sie orientierungslos, doch dann sah sie zu ihm auf und lächelte. „Ich habe geträumt“, hauchte sie, und die Freude, die sie dabei ausstrahlte, konnte Sasuke fast körperlich spüren. „Da waren weite Wiesen mit saftig grünem Gras und Blumen, die in ihrer vollen Blüte standen. Und der Himmel war klar und strahlend blau. Aber das schönste war, dass ich dort sein konnte. Ich konnte über die Wiese laufen, die Blumen pflücken, es war einfach, als wäre ich wirklich da gewesen, hätte den Wind gespürt, der durch meine Haare geweht ist.“

Unweigerlich schlich sich nun auch auf Sasukes Gesicht ein leichtes Lächeln. „Es ist schön für dich, dass du deine Träume zurück hast.“

Sakura nickte. „Das habe ich mit am meisten vermisst. Meine Träume waren damals eine der wenigen Zufluchtsorte, die ich hatte.“

Sasuke konnte das verstehen, war ihr Leben doch nicht einfach gewesen, nachdem ihre Mutter verstorben war. Doch sie war stark gewesen, und war es noch immer, auch wenn sie anfangs schwach und verzweifelt auf ihn gewirkt hatte. Aber sie hatte ihn eines Besseren belehrt, denn durch ihre zurückgewonnene Hoffnung zeigte sie ihm langsam, wer sie wirklich war.

Am liebsten hätte Sasuke ewig neben ihr gelegen, die Zeit angehalten, doch es ging nicht. Leise seufzend setzte er sich wieder auf und fuhr sich durch die Haare. Noch einmal sah er zu Sakura, die zu ihm aufblickte, dann stand er auf und stapfte ins Bad, um sich frisch zu machen und umzuziehen.

Angekommen stützte er sich auf dem Rand des Waschbeckens ab und betrachtete sich im Spiegel. Alles war wie immer, seine Augen blickten ihm müde entgegen und seine Haare standen ihm wild vom Kopf ab. Und doch war etwas anders – er wirkte glücklich, zufrieden, ausgeglichen. Das war der entscheidende Unterschied, den er Sakura zu verdanken hatte. Sie hatte ihn verändert, er hatte sie verändert. Entwicklungen, die sich positiv auf sein Leben auswirken würden.

Sasuke senkte den Blick. Eigentlich sollte er immer noch keinen Grund haben glücklich zu sein, denn er liebte ein Mädchen, das bereits tot war. Und doch, er war nun einmal glücklich.

Aber leider beschlich ihn das unheimlich schmerzhafte Gefühl, dass er dieses Glück nicht mehr lange genießen würde.
 

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Sasuke starrte finster aus dem Fenster seines Klassenzimmers, während die anderen Schüler um ihn herum sich fröhlich unterhielten und so die Zeit nutzten, bis Kakashi es irgendwann in den Unterricht schaffen würde.

Doch der Tumult um ihn herum interessierte ihn reichlich wenig. Seine Gedanken galten nur einer, und egal wie oft er sich zwang an etwas anderes zu denken, es war immer nur sie, die in seinem Kopf herum spukte. Als er an diesem Morgen aus dem Bad zurück gekommen war, hatte sie schon wieder geschlafen, tief in seine Decke und sein Kissen gekuschelt und mit einem Lächeln auf den Lippen, das ihm wohlige Schauer über den Rücken jagte.

„Hey!“ Jemand boxte ihm gegen die Schulter und er blickte sich um. Naruto hatte sich einen Stuhl heran gezogen und sah ihn mit leicht schräg gelegtem Kopf an. „Was ist los mit dir? Du siehst irgendwie so aus, als würde dir etwas auf dem Herzen liegen.“ Die Augen des Blonden blitzten erwartungsvoll.

Sasuke funkelte ihn nur an und wandte sich wieder ab. Er war nicht in der Stimmung, mit ihm zu reden, zu schlecht war das Gefühl, Sakura bald wieder zu verlieren.

Ein erneuter Schlag gegen seine Schulter war die Belohnung für seine Ignoranz. „Ich rede mit dir!“, empörte sich Naruto.

„Ich möchte aber nicht reden“, grummelte Sasuke und rieb sich die Schulter.

„Ist es wegen Sakura?“, fragte Naruto vorsichtig. „Habt ihr euch gestritten?“

„Nein.“ Er musste einen Seufzer unterdrücken. „Alles ist bestens.“ Er zögerte einen Moment, ob er Naruto erzählen sollte, was am Abend zuvor vorgefallen war, welche Fortschritte sie gemacht hatten, sprang dann aber über seinen Schatten. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, aber ich kann sie berühren.“

Naruto klappte vor Verblüffung der Mund auf. „Berühren, so richtig? Als wäre sie noch am Leben und kein Geist?“

Sasuke nickte leicht. „Und sie konnte essen und schlafen“, fügte er noch hinzu.

Narutos Augen weiteten sich so sehr, dass Sasuke dachte, dass sie ihm beinahe aus dem Kopf fallen mussten. „Aber… das bedeutet ja, dass ihr gut mit ihrer Erlösung voran kommt, oder?“

„Scheint so“, brummte Sasuke missmutig. Natürlich war es wichtig, dass Sakura endlich ihre Erlösung bekam, frei sein konnte, befreit von ihrem Fluch. Das war von Anfang an ihr Ziel gewesen. Doch das wollte er nun nicht mehr. Er wollte, dass sie bei ihm blieb, denn es war ihm egal, ob sie tot oder lebendig war. Wie egoistisch von ihm…

„Du scheinst aber nicht begeistert von euren Fortschritten zu sein“, bemerkte Naruto.

Sasuke schenkte ihm für diese Bemerkung nur einen weiteren funkelnden Blick.

In diesem Moment huschte ein unheimliches Verständnis über Narutos Gesicht. „Oh mein Gott!“, rief er aus und schien schockiert. „Oh mein… Bist du des Wahnsinns?!“

Sasuke war nicht gerade begeistert von Narutos Ausbruch, vor allem, weil er damit die Aufmerksamkeit fast aller anderen im Raum auf sich gezogen hatte. „Könntest du dich bitte beruhigen?“, zischte er ihm zu. Dann blickte er zu seinen Mitschülern auf, zwang sich zu einem Lächeln und winkte ab. „Er übertreibt ein bisschen“, kommentierte er Narutos Reaktion. „Ist nichts Ernstes.“

Die anderen schienen misstrauisch, doch einen Moment später hob sich der Geräuschpegel wieder, als sie mit ihren Gesprächen fortfuhren.

„Du bist doch bekloppt!“, wiederholte Naruto noch einmal, dieses Mal aber leiser als zuvor.

„Ich weiß nicht was du meinst“, meinte Sasuke monoton und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du weißt genau, wovon ich rede“, erwiderte Naruto und schüttelte den Kopf. „Ich kann einfach nicht glauben, dass du dich in sie verliebt hast.“

Sasukes Herz setzte für einen Schlag aus. Wie konnte Naruto das nur wissen und auch noch so überzeugt davon sein, dass es stimmte? „Ich habe mich nicht verliebt“, versuchte er abzustreiten, schien aber bei Naruto nur auf taube Ohren zu stoßen.

„Tz, na klar, erzähl das meiner Oma“, meinte der Blonde und funkelte ihn an. „Warum sonst solltest du plötzlich alles andere als begeistert von ihrer Befreiung sein, wenn du dich nicht in sie verliebt hast?“ Seine Züge wurden weicher. „Du brauchst es nicht mehr abzustreiten, ich sehe es dir an.“

Sasuke seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er glaubte kaum, dass er nach all den Jahren des Selbstschutzes so leicht zu durchschauen war. Doch Naruto hatte es geschafft, also konnte er gleich aufgeben. „Deine Reaktion macht das Ganze nicht gerade einfacher“, murmelte er leise.

„Sasuke, wir sind Freunde“, sagte Naruto leise. „Ich mache mir einfach Sorgen um dich. Gefühle sind schwer zu kontrollieren, manchmal sind sie so schnell da, dass es dich schlichtweg umhaut. Und das ist wohl bei dir passiert.“

Sasuke nickte leicht. „Ich wollte das nicht“, meinte er. „Es ist einfach passiert, obwohl ich es verhindern wollte. Und fang jetzt bitte nicht so wie Itachi an, der mir immer wieder vorhält, dass sie tot ist, denn das weiß ich zufälligerweise.“

„Nun ja, eigentlich würde ich mich ja für dich freuen, aber das ist ja gerade das Problem an der ganzen Sache. Sie ist tot, und daran wirst du nichts ändern können, so sehr ich es mir auch für euch beide wünsche. Aber wenn du diese Gefühle weiter zulässt, dann wirst du am Ende nur noch enttäuschter und verletzter sein, wenn sie verschwunden ist.“

„Ich weiß“, flüsterte Sasuke. „Aber ich will sie nicht verlieren.“

Naruto legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. „Es tut mir leid das sagen zu müssen, aber du wirst es letztendlich nicht verhindern können.“

Sasuke nickte nur leicht. Er hatte Recht, dass wusste er, doch diese Erkenntnis war so unheimlich verletzend, dass er kaum atmen konnte. Es war das erste Mal, dass er so starke Gefühle für ein Mädchen entwickelt hatte, doch diese Gefühle waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.

Nur am Rande bekam er mit, wie Naruto ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte und seinen Stuhl zurück zu seinem Platz zog. Auch die anderen Schüler kehrten an ihre Tische zurück, denn Kakashi war mit einiger Verspätung im Klassenraum erschienen.

Doch auf den Unterricht konnte sich Sasuke nicht mehr konzentrieren, denn seine Gedanken kreisten wieder nur um Sakura…
 

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An diesem Nachmittag ging Sasuke alleine nach Hause. Naruto hatte ihm zwar angeboten ihn zu begleiten, doch er hatte abgelehnt. Er wollte lieber alleine sein und in Ruhe nachdenken und er war froh, dass Naruto seine Entscheidung akzeptierte.

Aber so oft er auch alle Möglichkeiten, die er hatte, durchging – er kam immer zu dem gleichen Ergebnis: Sakura und er hatten keine gemeinsame Zukunft.

Frustriert kehrte er nach Hause zurück und schmiss die Haustür hinter sich zu.

„Da bist du ja endlich.“

Sasuke blickte auf und entdeckte Itachi, der auf dem Treppenabsatz Platz genommen hatte und ihn musterte.

Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Itachis Blick verriet ihm, dass ihm nun wieder eines dieser berühmten Brüdergespräche bevorstand.

„Was willst du?“, fragte er trotzdem missmutig.

„Mit dir reden“, erwiderte Itachi. Er deutete mit einem Nicken die Treppe hinauf. „Gehen wir nach oben?“

„Ich will nicht reden“, meinte Sasuke trocken und versuchte sich an Itachi vorbei die Treppe hinauf zu drängeln, doch sein älterer Bruder hielt ihn am Handgelenk zurück.

„Mir ist es aber wichtig, Sasuke“, sagte er eindringlich. „Und dir sollte es auch wichtig sein.“

Für einen Moment funkelten sich die beiden Brüder gegenseitig an.

„Alles, was du mir zu sagen hast, kannst du mir auch hier und jetzt sagen.“ Sasuke riss sich von Itachi los und verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf leicht schief und blickte ihn erwartungsvoll an.

Itachi seufzte leise. „Sturkopf“, grummelte er leise, schien aber keine andere Möglichkeit zu sehen, als diese eine Chance zu ergreifen, um sich ihm mitzuteilen. „Warum hast du nicht auf mich gehört, Sasuke?“, wollte er schon fast verzweifelt wissen.

Sasuke zog nur fragend eine Augenbraue in die Höhe.

„Ich habe gestern mit Sakura gesprochen“, gab Itachi zu.

„Du hast was?“, meinte Sasuke perplex. Er konnte kaum glauben, dass sein eigener Bruder ihm in den Rücken fiel, doch noch enttäuschter war er von Sakura, die ihn ohne mit der Wimper zu zucken belogen hatte, obwohl er ihr sein Vertrauen geschenkt hatte.

„Na ja, gesprochen ist wohl übertrieben, aber ich hab mich auf andere Weise mit ihr unterhalten“, erklärte Itachi. „Es war mir wichtig zu erfahren, wie sie die Situation sieht, und vor allem ob sie genauso gemerkt hat wie ich, dass du dich verändert hast.“

„Was redest du da eigentlich für einen Mist?“ Sasuke war wütend, dass Itachi seine Nase in Angelegenheiten steckte, die ihn nichts angingen. Er hatte ihn zwar um Hilfe gebeten, doch das beinhaltete nicht, dass er Sakura über ihn ausfragte.

„Sie scheint dich zu mögen“, sagte Itachi leise. „Und du scheinst sie zu mögen, mehr als mir lieb ist.“

Sasuke verdrehte die Augen. Er wusste ganz genau, was nun folgen würde und er hatte nicht die geringste Lust auf die zweite Predigt an diesem Tag, dass es falsch war, was er getan hatte.

„Ich habe dich gewarnt, und du hast diese Warnung einfach ignoriert. Sie mag zwar ein nettes Mädchen sein, aber… sie ist tot, Sasuke. Tot, ein Geist. Ich weiß, Gefühle sind schwer zu kontrollieren, aber du hättest besser auf dich Acht geben sollen. Ich hätte besser auf dich aufpassen sollen, sonst wäre das alles nicht so weit gekommen.“ Er legte eine Pause ein, in der sie sich wieder nur gegenseitig anstarrten. „Du hast dich wirklich verändert. Vielleicht war es nötig, dass du mit einer ungewöhnlichen Situation konfrontiert werden musstest, um diese Veränderung auszulösen, aber nun ist es passiert und wir können es nicht mehr rückgängig machen. Ich hätte niemals gedacht, dass dich gerade ein Geistermädchen so verändern würde, aber ich muss Sakura dankbar dafür sein. Egal, was sie mit dir gemacht hat, sie hat das richtige getan, auch wenn die Folgen schmerzhaft sein werden, sehr schmerzhaft. Das Einzige, was ich jetzt noch tun kann, nachdem ich den ersten Schritt vermasselt habe, ist dir zu sagen, dass du nicht noch mehr Gefühle für sie zulassen solltest. Nimm dir das bitte zu Herzen.“ Mit diesen Worten trat er zur Seite und machte den Weg frei.

„Weißt du, andere hätten sich deine Worte zu Herzen genommen, aber du hast keine Ahnung wie schwierig das ist. Ich habe mir das nicht ausgesucht, es ist einfach passiert, und nun muss ich die Konsequenzen tragen. Und ich werde sie gerne tragen, für nur einen Moment des Glücks.“ Damit ging er an seinem Bruder vorbei, der ihm nur traurig und voller Sorge hinterher blickte.
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Als Sasuke das Zimmer betrat sah Sakura sofort, dass etwas nicht stimmte. Und der Blick, den er ihr zuwarf, schmerzte tief. „Sasuke, was…?“, setzte sie an, doch er unterbrach sie.

„Warum hast du mich gestern Abend angelogen, als du sagtest, dass niemand hier war?“, fragte er sie, und sie spürte, wie sehr es ihn verletzt hatte. „Ich habe dir vertraut“, fügte er noch flüsternd hinzu.

„Ich… Ich wollte das nicht“, stotterte sie aufgebracht. Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten und ihre Sicht verschwamm. Es schmerzte sie so sehr, dass er auf sie so wütend war, sich verletzt und in seinem Vertrauen missbraucht fühlte. „Ich wollte dich nicht verletzten und es tut mir leid, aber ich hatte Itachi versprochen nichts zu sagen, und ich hätte nicht gedacht, dass es um etwas so wichtiges geht. Seine Fragen schienen harmlos…“ Zitternd brach ihre Stimme ab und sie vergrub schluchzend ihr Gesicht in ihren Händen. „Es tut mir so leid…“

Pure Verzweiflung durchströmte sie. An diesem Morgen hatte alles so gut angefangen, es war, als wäre sie endlich im Paradies gewesen, so glücklich war sie. Und nun brach eine Welt für sie zusammen.

Plötzlich wurde sie von zwei starken Armen umschlossen und an einen festen Körper gedrückt. „Nein, mir tut es leid“, flüsterte Sasuke ganz nahe an ihrem Ohr. „Ich habe mich absolut falsch verhalten.“

Sie erwiderte nichts, schlang nur ihre Arme um ihn und drückte ihr Gesicht an seinen Brustkorb.

„Ich weiß nicht, was heute mit mir los ist“, erzählte Sasuke weiter, während er beruhigend mit einer Hand durch ihre Haare und über ihren Rücken streichelte. „Es wird einfach zu viel auf einmal, es ist einfach alles so neu, so unbekannt für mich.“

Langsam beruhigte sie sich wieder, lauschte ruhig seinen Worten, die zu erklären versuchten, warum er sich falsch verhalten hatte. Und trotzdem… „Es war dennoch falsch von mir“, sagte sie leise. „Ich hätte dein Vertrauen nicht missbrauchen dürfen.“

„Pst“, machte Sasuke. „Nur weil ich mit der Situation überfordert bin, heißt das noch lange nicht, dass ich meine schlechte Laune, Wut und Hilflosigkeit an dir auslassen sollte. Dafür bist du mir viel zu wichtig.“ Die letzten Worte hatte sie kaum verstanden, so leise hatte er sie gesagt. An seine Brust gelehnt hörte sie sein Herz schnell schlagen. „Es ist falsch, was wir tun“, hauchte er, und sie hörte in seiner Stimme, wie verletzt er war, wie schwer ihm diese Worte fielen. Doch sie wusste, dass er Recht hatte. Es war falsch, so absolut falsch… und doch fühlte es sich so richtig an. „Aber ich kann es nicht verhindern, nicht weiter zurückhalten. Das will ich nicht, ich kann es nicht.“

Er sprach ihr aus der Seele und es war ein reines Drama, dass ihre Geschichte kein Happy-End haben würde, so wie sie es sich wahrscheinlich beide erhofften.

In diesem Moment wünschte sie sich, die Zeit anhalten zu können, doch dies war leider unmöglich. Warum nur hatte Sasuke nicht schon zu ihrer Zeit gelebt, um sie wie ein Ritter auf weißem Ross aus den Fängen ihrer Stiefmutter zu befreien, bevor dies alles passiert war?

Dann spürte sie, wie Sasukes Hand von ihren Haaren unter ihr Kinn glitt. Mit sanfter Gewalt zwang er sie, ihn anzusehen. Der Blick in seinen Augen machte sie zittrig und nervös, und sie war neugierig, was als nächstes geschehen würde.

„Tränen stehen dir nicht“, sagte er leise und wischte ihr sanft mit seiner anderen Hand das silbrige Nass aus dem Gesicht. „Du bist doch eine starke Frau.“

Sakura konnte nichts erwidern, zu gefangen war sie in diesem Moment, wollte ihn unter keinen Umständen zerstören.

Und dann beugte er sich leicht vor und kam ihrem Gesicht immer näher.

Sakura verstand, was er vorhatte, doch die Unsicherheit in ihr verhinderte, dass es soweit kam.

„Sasuke, ich…“ Sie stockte, musste hart schlucken. Beschämt schlug sie die Augen nieder. „Ich hab noch nie… Ich kann nicht…“

„Pst“, machte Sasuke wieder und legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. „Möchtest du, dass ich dich küsse?“, hauchte er so leise, dass sie es durch das Dröhnen in ihren Ohren kaum verstand.

Sie nickte nur, konnte nun wirklich nichts mehr sagen. Langsam schlossen sich ihre Augen und erwartungsvoll wartete sie ab, was passieren würde.

Und dann spürte sie seine samtigen Lippen auf ihren. Hitze stieg in ihr hoch und es war, als würde ein Feuerwerk in ihr explodieren. Ihre Arme schlossen sich um seinen Nacken und ganz automatisch erwiderte sie seinen Kuss. Es war besser, als sie es sich je erträumt hätte, sie küssten sich mit einer Leichtigkeit und Leidenschaft, als wären sie wie füreinander bestimmt und hätten nie etwas anderes gemacht. Nie sollte dieser Moment vorüber gehen.

Sie fühlte sich leicht wie eine Feder – zu leicht. Auch Sasuke schien zu bemerken, dass irgendetwas nicht stimmte, denn er löste sich von ihr.

Ein merkwürdiges Kribbeln erfüllte Sakura und voller Schock musste sie feststellen, dass ihre milchig weiße Gestalt immer heller und blasser wurde. Hilfesuchend blickte sie auf. „Sasuke, was…?“

Doch Sasuke schien genauso wenig zu verstehen, was vor sich ging, wie sie. Er griff nach ihrer Hand, eine reine Verzweiflungstat, die nichts bewegte. Wie noch ein paar Tage zuvor fasste er einfach wieder durch sie hindurch.

Sakura geriet in Panik, versuchte sich an ihn zu klammern, doch sie hatte genauso wenig Erfolg wie er. Ein Ruck ging durch ihren Körper, dann war es, als würde sich plötzlich ein mächtiger Sog um sie herum auftun. Mit Schreck musste sie feststellen, dass sich ihre Finger vor ihren Augen nach einem sanften Glitzern langsam in Luft auflösten. Das mysteriöse Funkeln zog sich über ihren gesamten Körper, und immer mehr von ihr verschwand im Nichts.

„Sakura, nein!“ Sasukes unendliche Verzweiflung traf sie hart, doch sie beide mussten hilflos zusehen, wie sie sich immer weiter in Luft auflöste.

Sie wollte nicht, dass das passierte, wollte bei ihm bleiben, für immer. Doch ihr Wunsch wurde ihr nicht erfüllt. „Ich liebe dich, Sasuke“, waren ihre letzten Worte, bevor sie für immer von dieser Welt verschwand. Der Fluch war gebrochen, sie war frei.

Doch zurück ließ sie den Mann, den sie über alles liebte, gebrochen, voller Trauer, mit blutendem Herzen.
 

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… Bitte lasst mich am Leben. T_______T

Ich weiß, ich bin gemein, aber… das war doch vorauszusehen, nicht wahr?
 

Haha, oh Mann, ich finde das gerade alles so tragisch, dass ich selbst heulen könnte, aber die Spannung auf eure Reaktionen zu diesem Kapitel lässt Tränen nicht zu. ;-)
 

Also, das war nun das letzte Kapitel von Ghost Whisperer. Ich hoffe es hat euch trotz dieses tragischen Endes doch gefallen.
 

Es tut mir leid, dass ich so lange mit diesem Kapitel gebraucht habe, aber leider habe ich durch die Arbeit nur am Wochenende Zeit zu schreiben, und wenn ich krank oder unterwegs bin, dann habe ich auch da keine Gelegenheit dazu. Schade… Aber jetzt habe ich es ja geschafft. :D
 

Der Epilog kommt auf jeden Fall noch diesen Monat.
 

Ich möchte mich für all die lieben Kommentare zum letzten Kapitel bedanken. Ihr seid klasse, Leute. Und eure Spekulationen sind genial. ;-)
 

Noch einmal: Bitte, lasst mich am Leben.

Bis zum Epilog dann. :D
 

Abayo,

dat hia

♥ … and Life begins ♥

Sasuke stand vollkommen unter Schock und noch immer versuchte sein Gehirn zu verarbeiten, was da gerade geschehen war. Von einer Sekunde zur anderen war pures Glück endloser Verzweiflung gewichen, als Sakura sich vor seinen Augen einfach in Luft aufgelöst hatte.

Er verfluchte diesen Sog, der das mysteriöse Glitzern mit sich gebracht hatte, das sich über ihren Körper gefressen und sie ihm weggenommen hatte.

Für einen kurzen Augenblick hatte er geglaubt, dass alles gut werden würde, dass alles egal war außer ihnen. Nichts zählte sonst, nur sie beide.

Sasuke sackte nach vorne und stützte sich mit seinen Armen ab. Der Holzboden verschwamm vor seinen Augen, sein Atem ging schwer, und all dieser Schmerz ging von seinem Herzen aus. Die Realität, dass sie nun für immer verschwunden war, traf ihn hart, noch viel härter, als er es sich vorgestellt hätte.

Zwar hatte ihn erst vor wenigen Stunden das Gefühl beschlichen, dass bald alles vorbei sein würde, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es doch so bald sein würde.

Nun war er nicht mehr stark genug, sich zu halten. Seine Arme gaben nach und er ließ sich auf die Seite fallen. Nur mit großer Anstrengung gelang es ihm, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen, sodass er ruhig und regelmäßig ging. Seine Brust, sein Herz, schmerzte durch den Verlust, den er erlitten hatte.

Er hatte sich geschworen stark zu sein, wenn es soweit sein sollte, dass sie erlöst wird und diese Welt verlässt. Doch nun war er schwach, so schwach und zerbrechlich, dass er sich zusammenrollte und klein machte wie ein verängstigtes Tier.

Vielleicht wäre alles einfacher gewesen, wenn sie ihm nicht noch gesagt hätte, dass sie seine Gefühle erwidert, aber er wollte ihr keine Vorwürfe machen, nicht nach dem, was sie alles zusammen erlebt hatten.

Nur wie durch einen dichten Nebel hindurch bemerkte er, wie die Tür aufging. Er hörte Schritte, die langsam auf ihn zukamen.

„Sasuke?“ Es war Itachi.

Doch Sasuke rührte sich nicht, konnte und wollte es nicht. Der Schmerz hielt ihn in seiner Welt gefangen.

Sein Bruder kam in sein Sichtfeld und Itachi hockte sich vor ihn. Tiefe Sorgenfalten zierten sein Gesicht, als er Sasuke vorsichtig an der Schulter berührte. „Ich habe dich rufen hören“, erklärte er leise. „Sie ist weg, oder?“, fragte er vorsichtig nach.

Sasuke antwortete nicht, starrte nur mit leerem Blick zu ihm hoch.

Itachi nickte, als hätte er eine Antwort auf seine Frage. Dann packte er Sasuke unter den Achseln und hievte ihn auf sein Bett.

Sasuke ließ es sich gefallen, konnte sich nicht wehren, zu sehr schmerzte mittlerweile sein ganzer Körper.

„Ich weiß, es ist schwer“, sprach Itachi leise auf ihn ein, während er eine Decke über ihn zog. „Aber sieh es wenigstens ein bisschen positiv, Sasuke. Sie ist frei, ihr Fluch ist gebrochen, und all das dank dir und deiner wunderbaren Hilfe. Jetzt kann sie wieder bei ihren Eltern sein.“ Er legte eine kurze Pause ein. „Versuch bitte schnell darüber hinweg zu kommen, bitte. Ich weiß, es wird nicht leicht werden, aber ich habe keinen schwachen Bruder.“

Mit diesen Worten verließ Itachi sein Zimmer und ließ ihn alleine zurück.

Trotz der Decke, die Itachi ihm übergezogen hatte, war Sasuke unheimlich kalt. Er fühlte sich einsam, alleine, verlassen.

Vielleicht hatte Itachi Recht, wenn er sagte, dass sie jetzt endlich frei war, doch zu welchem Preis? Dafür, dass sie für immer getrennt waren, nachdem sie endlich zusammen gefunden hatten…

Doch auch in einem anderen Punkt lag Itachi absolut richtig – er war nicht schwach.

Und er würde stark sein, für sich und für Sakura. Denn sein Leben ging weiter…
 

~Ͼ~Ͽ~
 

Drei Tage waren vergangen, seit Sakura diese Welt verlassen hatte, um endlich ins Nirwana einzuziehen.

Noch immer fiel Sasuke der Gedanke schwer, dass er sie nie wieder sehen würde, doch auch wenn es ihm nicht gut ging, so riss er sich dennoch zusammen.

Er war froh, dass Naruto akzeptierte, lieber nicht über dieses Thema zu sprechen. Er hatte schon von selbst bemerkt, was passiert war und die Klappe gehalten. Das machte wohl einen guten Freund aus, dachte er sich.

Nun gingen sie wie fast jeden Tag von der Schule zusammen nach Hause.

„Ino gibt am Wochenende eine Party“, bemerkte Naruto und versuchte so, locker Konversation zu führen. „Wollen wir vielleicht zusammen hingehen?“

Sasuke zuckte nur mit den Schultern. Eigentlich hatte er nur geringfügig Lust, sich in die Gesellschaft einer lauten und vor allem gut gelaunten Gemeinschaft zu begeben.

„Ich denke, das würde dir ganz gut tun“, fuhr der Blonde fort und musterte ihn von der Seite.

„Ich überlege es mir“, gab Sasuke leise zurück, obwohl seine Antwort für ihn eigentlich schon feststand.

„Na schön, denk darüber nach“, meinte Naruto.

Am Eingangstor zum Haus der Uchihas blieben sie stehen und Sasuke wollte gerade eine Verabschiedungsfloskel murmeln, als er Narutos Stutzen bemerkte.

„Ha?“, machte der Blonde und blickte über Sasukes Schulter hinweg in den Vorgarten. „Da ist jemand bei euch im Garten. Kennst du sie?“

Sasuke hatte nicht die geringste Lust, sich umzudrehen, um herauszufinden, wer sich da auf ihr Grundstück geschlichen hatte. Doch das Kribbeln in seinem Nacken, das die feinen Härchen auf seiner Haut zum Aufstellen brachte, ließ ihn dennoch neugierig werden.

Langsam drehte er sich um und die Zeit um ihn herum schien plötzlich still zu stehen. Es gab nur ihn und das Mädchen, das auf der Schaukel saß, die an dem alten Kirschbaum hing. Langsam schwang sie vor und zurück, wobei ihr knielanger rosa Rock im Wind um ihre Beine flatterte. Sie saß mit dem Rücken zu ihm und ihre schneeweiße Bluse reflektiere die Sonne. Doch ihre Haare nahmen seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Diese Farbe war so selten, dass er nur an eine Person denken konnte, als er die rosa Strähnen über ihren Rücken wehen sehen konnte.

Dreh dich um, dachte er verzweifelt, bitte halt an und dreh dich zu mir um.

Und als hätte sie seine Gedanken wahrgenommen, schwang sie immer langsamer und sprang schließlich von der Schaukel. Dann drehte sie sich wie in Zeitlupe zu ihnen um.

Sasuke stockte der Atem und sein Herz hämmerte hart gegen seine Brust, als sie den Blick hob und ein Paar strahlend grüner Augen ihm entgegen sah. Ihre Haut glänzte wie Alabaster und langsam verzogen sich ihre vollen rosigen Lippen zu einem weiten Lächeln.

„Sakura…“ Ihr Name verließ seine Lippen nur in einem Flüsterton.

„Was?“, hörte er Naruto verwirrt fragen, aber er achtete schon gar nicht mehr auf den Blonden.

Achtlos ließ er seine Tasche auf dem Boden fallen, stützte sich auf dem Gartenzaun ab und schwang sich in einer schnellen Bewegung darüber. Nur noch das Mädchen vor ihm zählte, und seine Beine trugen ihn so schnell zu ihr, dass er meinte, er könne fliegen.

Und dann lag sie in seinen Armen, er presste sie fest an seinen Körper, in der Angst, dass sie wieder verschwinden würde, wenn er auch nur wagte, einen Moment locker zu lassen.

„Sasuke, du zerquetscht mich“, kicherte sie an seiner Brust, erwiderte aber seine Umarmung mit der gleichen Leidenschaft, wie er sie an den Tag legte.

„Bist du es wirklich?“, flüsterte er und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Sie roch frisch, wie nach Kirschblüten, und ihre Haut war warm und lebendig.

„Ja“, antwortete sie knapp, und er spürte, wie sie versuchte zu ihm aufzusehen.

Doch noch ließ er nicht locker, fürchtete noch immer sie loszulassen.

„Wie kann das sein?“, fragte er verblüfft, doch er interessierte sich nicht wirklich für die Antwort. Es zählte nur, dass sie endlich wieder bei ihm war.

„Das Schicksal hat mir noch eine Chance gegeben“, erwiderte Sakura und er hörte das breite Lächeln aus ihrer Stimme heraus. „Meine Zeit war noch nicht gekommen, als Leiko mir so gewaltsam das Leben nahm. Ich sollte zurückkehren, so wurde es entschieden.“

„Gute Entscheidung“, murmelte er, und endlich schlich sich auch langsam ein Lächeln auf sein Gesicht. „Und du wirst wirklich hier bleiben?“

„So lange du möchtest“, antwortete ihm Sakura.

„Also für immer“, sagte Sasuke entschieden.

Wieder lachte Sakura ihr glockenhelles Lachen, das er nie zuvor so gehört hatte. „Das habe ich alles dir zu verdanken“, murmelte sie dann und vergrub ihre Fingerspitzen in seinem Hemd. „Deine Liebe hat mir die Freiheit geschenkt und mir eine zweite Chance ermöglicht.“

Leise gluckste er. „Dann habe ich wohl was richtig gemacht“, sagte er. Langsam lockerte er nun seine Umarmung und ließ zu, dass Sakura den Kopf hob und zu ihm aufblickte. Ihr Anblick verschlug ihm den Atem. Sie war so viel schöner, als er es sich vorgestellt hatte.

Glücklich presste er seine Lippen sanft auf ihre, während sie weiterhin eng umschlungen da standen.

Dann hörte er ein Räuspern hinter sich und nur widerwillig löste er sich von der Frau in seinen Armen.

Naruto hatte sich ihnen genähert und beobachtete zusammen mit Itachi, der mit verschränkten Armen neben dem verwirrten Blonden aufgetaucht war, die ungewöhnliche Szene.

„Kann uns vielleicht mal jemand aufklären, was hier abgeht?“, fragte Naruto nervös und wurde schon wieder zappelig.

Sasuke konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, packte Sakura an der Hand und zog sie mit sich zu den anderen beiden Männern. „Itachi, Naruto… Es freut mich, dass ich sie euch endlich persönlich vorstellen kann.“ Besitzergreifend legte sich ein Arm um ihre Taille. „Das ist Sakura.“

Naruto klappte der Mund auf und auch Itachi blinzelte verwirrt.

Wieder musste Sakura lachen und streckte Itachi die Hand entgegen. „Freut mich, endlich mal selbst mit euch sprechen zu können.“

Itachi fasste sich schnell wieder und schüttelte kurz Sakuras Hand. „Du siehst tatsächlich genauso aus wie auf den alten Fotos.“

Sakura lächelte nur und zuckte mit den Schultern, dann streckte sie auch Naruto die Hand entgegen. „Hallo, Naruto“, sagte sie freundlich.

„Äh, hi“, meinte Naruto und nahm zaghaft Sakuras Hand. Sasuke konnte ihm ansehen, dass er immer noch nicht wirklich realisierte, was gerade vor sich ging.

„Wie kann das möglich sein?“, fragte Itachi neugierig.

„Das Schicksal meint es endlich mal gut zu mir“, erklärte Sakura und lächelte verschmitzt.

„Verrückt“, brachte Naruto heraus und grinste schief.

Sasuke, der die Szene schweigend beobachtete hatte, zog Sakura nun noch näher an sich. Automatisch legte sie die Arme um ihn und kuschelte sich an ihn. Lächelnd lehnte er seinen Kopf an ihren – und dann fiel ihm noch eine weitere Person auf.

Auf der anderen Straßenseite, mit ihrem Schwein auf dem Arm, stand Tsunade. Ihre blonden Zöpfe wehten sanft im Wind und ein selbstzufriedenes Lächeln zierte ihr jugendliches Gesicht. Als sie seinen Blick bemerkte, zwinkerte sie ihm keck zu und streichelte ihrem Schwein über den borstigen Kopf.

Sasuke hatte keine Ahnung, was sie hier tat, und er beugte sich zu Sakura hinab, um sie auf die andere Frau aufmerksam zu machen. Doch als er wieder aufblickte, war Tsunade verschwunden. Verwirrt blinzelte er, doch sie tauchte nicht wieder auf.

„Sasuke?“ Fragend blickte Sakura zu ihm auf.

Aber Sasuke schüttelte nur den Kopf. „Ach nichts“, meinte er. „Ich dachte nur, ich hätte was gesehen.“ Er zog den Arm fester um Sakura. Tsunades Auftritt verdutzte ihn, doch sie zählte jetzt nicht. Nur noch die Frau an seiner Seite war wichtig.

Und nun konnte er auch seiner Zukunft glücklich entgegen sehen – denn sein Märchen hatte doch ein Happy-End.
 

~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~Ͼ~Ͽ~
 

Hola zum letzten Mal. :D
 

Haha, da habt ihr euer Happy-End. ;-) Und es ist mir egal, ob es jemand unlogisch findet, dass sie wieder lebendig ist, denn das hier ist Fantasy, und das Ende war von Anfang an so geplant.

Kleiner Tipp am Rande: Ich hasse Sad-Ends. Das weiß nicht jeder von mir, aber manche. Haha, hättet ihr es gewusst, dann wäre das Ende nach dem letzten Kapitel vielleicht schon klar gewesen… So konnte ich euch noch bis zur letzten Minute zappeln lassen. :D
 

Wie ihr Tsunades Auftritt interpretiert bleibt ganz euch überlassen. Ich habe mir zwar ein bisschen was bei gedacht, aber es ist auch nicht schlimm, wenn ihr was anderes darin seht. ;-)
 

Nun ist es also endgültig vorbei. Schade eigentlich, denn es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, diese FF zu schreiben. Ich bin über mich selbst hinaus gewachsen, nicht nur, was die Länge der FF angeht, sondern auch mein Schreibstil hat sich enorm gebessert.

Ich habe bereits zwei weitere Stories zu Sasuke und Sakura mehr oder weniger in Bearbeitung, aber jetzt steht erst mal meine FF „Fallen Angel“ im Vordergrund (*hust* Es steht schon fast fest, dass Teil zwei dieser FF um Sasuke und Sakura geht. *hust* ;P). Aber mich würde es trotzdem freuen, wenn ihr geduldig seid und euch auch meine späteren Werke zu Gemüte führt. :D
 

Ich möchte mich bei allen bedanken, die diese FF gelesen und sogar kommentiert haben. Ihr seid die Besten! *alle einmal durchknuddelt*
 

Vielen, vielen Dank für alles!

Vielleicht liest man sich mal wieder. ;-)
 

Liebe Grüße,

eure hia



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Kommentare zu dieser Fanfic (325)
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Von:  Sakura2100
2018-07-10T05:38:01+00:00 10.07.2018 07:38
Wow meega süße ff *_*
Von:  Schreibfeder
2015-06-02T17:42:25+00:00 02.06.2015 19:42
Hey,
deine Geschichte war einfach nur super, toll, Klasse, genial, wunderschön und richtig ergreifend. Sie hat mir so unendlich gut gefallen. Das Saku am Ende zurückgekehrt ist fand ich super toll.
Danke für diese schöne FF.
Allerliebste Grüße,
Madline
Von:  KarasuTsubasa
2014-04-04T15:27:30+00:00 04.04.2014 17:27
Tolle FF, ist mal was ganz anderes,
aber ich finde die Idee echt super^^
Von:  -Sorvana-
2014-02-24T21:44:01+00:00 24.02.2014 22:44
Hallo hiatari
Ich bin schon seid längerem auf dein FF gestößen, doch gestern fand ich die Zeit und habs mir durchgelesen und ich muss sagen, Hut ab. Das ist genial^^
Das hat mir richtig gefallen, ich könnte fast gar nicht mehr aufhören. Nur die Arbeit kam mir dazwischen xD
Dein Schreibstil finde ich sehr angenehm und du schreibst echt großartig:)
Deine Ideen finde ich auch der hammer, gut am Ende kann man sich jetzt darüber streiten ob es logisch ist oder nicht. Aber ich fands passend:)
Ich weiß war nicht, wieso und warum und es wäre bestimmt interessant geworden wie es Sakura im Jenseits ergangen ist und wer sie wieder lebedig gemacht hat. Aber das ist jetzt auch egal, ich fands passend und gut umgesetzt.
Vorallem war wie gesagt deine Idee, gar nicht so übel. Mich würde noch interessieren was mit dieser Leiko und ihrer Tochter passiert ist, das ihr Vater gestorben ist hast du ja erwähnt. Aber ob Leiko gestorben ist oder nicht, nicht. Fand ich aber auch nicht schlimm, würde mich persönlich nur interessieren.

Wie auch immer, ich wünsche dir noch eine schöne Woche:)
LG Sorvana
Von: abgemeldet
2013-04-08T16:46:34+00:00 08.04.2013 18:46
Tolles Ende!!

Ich kann nur leider in Tsunades auftritt nichst reininterpretieren.
Von: abgemeldet
2013-04-08T16:31:51+00:00 08.04.2013 18:31
*heul*

Tolles Kap!!!!!!!!!!!!!!!!!
Von: abgemeldet
2013-04-08T15:27:36+00:00 08.04.2013 17:27
Tolles Kap!!!!
Von: abgemeldet
2013-04-08T14:55:22+00:00 08.04.2013 16:55
Tolles Kap!!
Von: abgemeldet
2013-04-08T12:56:46+00:00 08.04.2013 14:56
Tolles Kap!!!
Von: abgemeldet
2013-04-08T12:28:49+00:00 08.04.2013 14:28
Tolles Kap!!!!!!!


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