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Chibifluch II - Die Chaosprinzen

Pairing: Überraschung [mit wildest_angel]
von

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Gedankenspiele

3. Kapitel - Gedankenspiele
 

Der restliche Tag war noch wunderbar gewesen, gefüllt mit einer unglaublichen, allumfassenden Zärtlichkeit, doch er war viel zu schnell vergangen. Am späten Nachmittag hatte Robin das Taxi für sie beide gerufen und in der Nähe ihrer Schule hatten sie sich getrennt.
 

Jetzt lag der Schwarzhaarige in seinem Bett und dachte an die vergangenen Stunden zurück. Ein ihm völlig unbekanntes Glückgefühl und eine kaum vorzustellende Wärme flutete durch seinen Körper, wenn er nur an Daisuke dachte. Robin schloss die Augen und versuchte, diese seltsamen Gefühle zu analysieren.
 

Vor zwei Tagen noch hatte er den Orangehaarigen nur aus der Ferne betrachtet und sich gewünscht, zu dessen Freundeskreis zu gehören. Nicht, weil er ihn mochte – dafür kannte er ihn ja zu wenig – sondern weil der Andere in seiner Klasse ebenso ein Star zu sein schien wie er selbst in seiner eigenen. Und solche beliebten Anführertypen sollten sich Robins Meinung nach zusammenschließen.
 

Dieser Zusammenschluss war schneller gegangen, als es sich der Schwarzhaarige vorgestellt hatte. Gut, sicher hätte er es wissen können, aber er war zu dem Schluss gelangt, dass das Leben doch keinen Spaß machte, wenn man restlos alles schon im Vorhinein wusste.
 

Wahrscheinlich waren sie sich tatsächlich zu ähnlich, um sich lange ignorieren zu können, überlegte Robin weiter. Immerhin hatten sie ja doch gewisse Gemeinsamkeiten, die verbanden.
 

Doch das alles erklärte nicht das Chaos, das gerade in ihm vorherrschte. Das war eindeutig nicht normal. Okay, das, was heute zwischen ihnen geschehen war, hätte nie passieren dürfen, soviel stand fest . Eine Wiederholung würde es auch nicht geben. Das war zumindest seine Meinung, obwohl er allein bei dem Gedanken daran schon wieder die Hände des Anderen auf sich zu spüren glaubte.
 

Entnervt ächzte Robin auf. Nein, so ging das nicht! Er sehnte sich NICHT nach Daisukes Gegenwart und seiner Umarmung. Auf gar keinen Fall! Auch wenn sein Körper ihm hier gerade etwas ganz Gegenteiliges weiß machen wollte... Missbilligend verzog Robin das Gesicht und zwang sich, das Kribbeln in seinem Inneren zu ignorieren und sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Doch je länger er über den orangehaarigen Telepathen nachdachte, desto schlimmer wurde es. Mittendrin fühlte es sich an, als würde in seinem Magen eine ganze Horde Schmetterlinge eine wilde Party feiern, und sein Herz raste wieder einmal in beängstigendem Stakkato dahin. So etwas hatte er noch nie zuvor erlebt.
 

Bisher hatte er zwar mit einigen Jungs geflirtet, weil er nichts dabei gefunden hatte. An sich herangelassen hatte er aber nur Mädchen. Doch selbst die schönste und geschickteste hatte es nicht drauf gehabt, in ihm so eine Verwirrung auszulösen, wie es Daisuke offenbar tat. Hätte ein Freund ihm so etwas erzählt, hätte Robin wohl geantwortet: „Du bist ganz offensichtlich verliebt!“
 

Entsetzt schlug Robin die Augen auf. Nein! Nein, das konnte doch gar nicht sein! Mit einem Ruck setzte er sich auf und schlug die Hand vor den Mund, bevor er panisch aufschreien konnte. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er bei dieser Erkenntnis vor Schreck hyperventilierte. Wieder fing er zu zittern an. Nein, er war nicht schwul und auf gar keinen Fall konnte er sich in den Älteren verliebt haben! Das konnte er ebenso wenig brauchen wie einen Pickel auf der Nase! Wenn es sich doch nicht nur so gut anfühlen würde...
 

~+~
 

Dai war noch lange durch die Gegend gelaufen, nachdem er sich von Robin verabschiedet hatte. Wieso er nicht nach Hause wollte, wusste er nicht, aber wahrscheinlich lag es daran, dass die nahende Abenddämmerung einfach zu schön war, um sie zu verpassen. Er hatte sich an einen seiner Lieblingsplätze zurückgezogen, einer versteckten Lichtung in mitten von Sträuchern. Ohne Brennnesselstiche und eine Menge Kratzer auf sich zu nehmen, konnte man diesen Platz nicht erreichen, und so kam hier fast niemand hin außer ihm.
 

In der Nähe war das Plätschern eines Baches zu hören und man hatte eine schöne Aussicht, da dieser geheimnisvolle Ort am Rand der Stadt lag. Schon früher war Dai gerne hier hergekommen. Immer dann, wenn er sich mit seinem Vater gestritten hatte. Oder wenn er alleine sein wollte um nachzudenken.
 

Als er sich nun auf den großen Baum schwang und es sich dort auf einem Ast gemütlich machte, wurde Dai klar, dass der Grund für sein Hiersein nicht das Wetter war oder die frische Luft. Sondern die Tatsache, dass er einfach ein wenig Zeit für sich wollte. Ganz alleine. Um über den Tag nachdenken zu können. Zu Hause würde er dazu nicht in der Lage sein, da war er sich sicher. Viel eher würde er sich wieder mit seinem Vater streiten oder bei irgendwas helfen müssen, was noch zu tun war.
 

Dai streckte ein Bein aus und legte es auf dem Ast ab, zog das andere an sich. Das Holz unter ihm war dick genug, sodass er nicht so schnell das Gleichgewicht verlieren würde. Langsam lehnte er den Kopf nach hinten an den Stamm und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
 

Vor seinem inneren Auge zeichneten sich wieder die schönen Züge des Schwarzhaarigen ab. „Robin...“, wisperte er, ohne es selber mitzubekommen, und ein Lächeln spielte um seine Lippen. Der Junge war wirklich ein Volltreffer. Wieso war er noch nicht früher auf die Idee gekommen sich mit ihm zu ‚verbünden’? Er hatte schon oft von ihm gehört und doch eigentlich schon seit einer ganzen Weile gewusst, um wen es sich bei dem Kleinen handelte.
 

Er seufzte lautlos und ließ den Blick wieder über die Dächer der Villen gleiten, die sich friedlich vor ihm erstreckten. Doch seine Gedanken blieben bei Robin und er ließ sich den ganzen Tag noch einmal durch den Kopf gehen. Ja... Robin war perfekt. Dai fand nichts, was er an ihm auszusetzen hatte, wie er es sonst so oft tat.
 

Der Junge war frech, gerissen und intelligent, genau wie er. Er sah gut aus, war ganz offensichtlich schwul UND er war der Sohn von Brad. Wen konnte er besseres finden, um seinen Vater in den Wahnsinn zu treiben und ein wenig Spaß zu haben? Niemanden. Außerdem sah Dai seinen neuen Freund als eine Art Trophäe, die er schon direkt vor sich hatte, aber noch nicht in Händen hielt.
 

Leicht leckte er sich über die Lippen. Er brauchte doch nur noch zugreifen. So wie Robin sich den Rest des Tages noch gelockert hatte und wie gerne er in seiner Nähe gewesen war, war es doch ganz offensichtlich, dass Dai sich nicht noch einmal Sorgen um eine Zurückweisung machen musste.
 

Mit einem zufriedenen Grinsen blieb Dai sitzen und streckte sich schließlich einmal kräftig. Die Sonne sank langsam aber sicher immer tiefer und da es Sommer war, wusste Dai, dass es schon sehr spät sein musste. Doch es war ihm egal. Sein Vater wollte ihn eh nicht sehen und von Ken würde er wahrscheinlich nur einen tadelnden Blick und höchstens eine kleine Standpauke erhalten. Und damit konnte er leben. Zumindest wenn er dafür gedankenverloren dem Sonnenuntergang zusehen konnte.
 

Kurz wünschte er sich, dass Robin hier bei ihm wäre. Dass er sich wieder an ihn lehnen und mit den hübschen braunen Augen ansehen würde. Dai schloss die Augen und sah das junge Gesicht wieder vor sich, das kecke Grinsen und die blitzenden Augen, hörte das schöne Lachen. Eine Gänsehaut überfiel ihn. Noch nie hatte er sich so sehr danach verzehrt jemanden zu bekommen, jemanden bei sich zu haben. Noch nie hatte er überhaupt zwei Mal etwas mit einer Person gehabt.
 

Ein wenig verdattert öffnete Dai die Augen. Doch im nächsten Moment zuckte er mit den Schultern. Er würde Robin sicher noch bekommen. Er würde ihn halten und spüren können, würde ihn wieder hören können und ihm noch mehr Lust verschaffen, wie er es noch niemandem gegönnt hatte.
 

Mit diesen Gedanken entspannte sich Dai immer mehr und spürte, wie die Hitze in ihm hoch wallte. Das entstehende Kopfkino war dabei keine Hilfe. Nach zehn Minuten war die Sonne vollständig weg und Dais Handgelenk schmerzte ein wenig. Er grinste noch eine Spur breiter als sonst und schüttelte über sich selber den Kopf. „Erbärmlich, Daisuke... Du bist erbärmlich...“, murmelte er zu sich selbst und schloss seine Hose wieder.
 

Noch einen Moment blieb er sitzen. Doch bald wurde es ihm zu kalt und er sprang von seinem ‚Thron’ hinunter und machte sich allmählich auf den Heimweg.
 

Alle Laternen waren an, ein paar Sterne blinkten am Himmel und hier und da konnte man aus der Innenstadt bunte Lichter aufblitzen sehen, als Daisuke durchs Treppenhaus hochkam und die Wohnungstür aufschloss. Er hatte gerade absolut keine Lust, sich mit seinem Vater zu streiten und so schlich er sich möglichst leise durch den Flur und durchs Wohnzimmer.
 

Fast hatte er sein Zimmer erreicht, da kam Ken aus dem Bad. „Dai! Da bist du ja endlich. Wir haben uns Sorgen gemacht. Wo hast du gesteckt?“
 

Dai seufzte nur und drehte sich zu Ken um. Jetzt war es nur noch eine Frage von Sekunden und sein Vater würde ebenfalls auf der Matte stehen und ihn zur Rede stellen wollen. „Hab’ mich mit nem Freund getroffen und war noch ein bisschen spazieren. Sorry. Ich hätte Bescheid sagen sollen.“ Er redete den Text so monoton runter, als wenn er ihn auswendiggelernt hätte. Verdammt, er war 16 Jahre alt. Wieso musste er sich überhaupt vor irgendwem rechtfertigen? „Kann ich jetzt gehen? Ich bin ziemlich erschöpft.“
 

"Du hättest gar nicht weg sein sollen!" tönte es als Antwort aus dem Wohnzimmer. "Wie kommst du auf die Idee, tun und lassen zu können, wonach dir gerade ist?" Schuldig war von der Couch aufgestanden und blitzte seinen Sohn wütend an.
 

„Wie ich auf...“ Dai lachte kurz leise und sah seinen Vater an wie ein Lehrer, der einem kleinen Jungen erklärte, dass eins und eins zwei sind. „Ich bin dein Sohn, oder nicht?“, sagte er fachmännisch und gähnte dann provokativ. Super. Er hatte keinen Streit gewollt und nun ging das schon wieder los.
 

Es war immer noch sehr schwer, den Deutschen sprachlos zu machen, aber Daisuke schaffte das ohne Schwierigkeiten. Für einen Moment klappte Schuldig bei dieser Antwort tatsächlich der Unterkiefer nach unten und er blinzelte ungläubig. Kurz sah er Ken an, als wollte er den fragen, was nun das eine mit dem anderen zu tun hatte. Dieser Logik konnte nicht mal er folgen. Doch er fing sich rasch wieder und bemühte sich, ruhig zu bleiben. In einem Ton, hinter dem man die brodelnde Wut aber trotzdem durchaus hören konnte, erwiderte er: "Richtig. Du bist mein Sohn. Und damit hab ich die Verantwortung für dich. Du wirst also, wie ich es dir eigentlich schon gestern gesagt hatte, den Rest der Woche hier in der Wohnung verbringen. Und zwar ohne Widerrede!" Dass das nicht so einfach werden würde, war ihm bereits klar, als er es aussprach.
 

Daisuke schüttelte verständnislos den Kopf. „Du weißt genau, dass ich mich nicht von dir einsperren lasse. Erst recht nicht aus deinen Gründen.“ Auch Dais Stimme war ruhig. Er war nicht sauer und das wunderte ihn am meisten. Er war nur erschöpft und glücklich. Nicht mal sein Vater konnte ihn jetzt noch aus der Fassung bringen und ihm die Laune verderben. Mit einem weiteren verständnislosen Blick an seinen Vater wandte er sich ab und ging einfach in sein Zimmer.
 

Es dauerte etwa drei Sekunden, bis Schuldig verstanden hatte, dass sein Sohn ihn eiskalt abgefertigt hatte, und er hinter ihm her in dessen Zimmer schoss. Mit viel zu viel Schwung riss er die Tür auf, dass sie gegen die Wand prallte und die Klinke einen Abdruck im Putz hinterließ. "Du bist selbst schuld!", fauchte er aufgebracht. "Lass den Blödsinn in der Schule und du kannst tun und lassen was du willst." Denn Daisukes Noten waren hervorragend, auch wenn sich Schuldig darüber klar war, dass das sicher nicht am Fleiß seines Sohnes lag.
 

Okay. Das reichte. Dai drehte sich um und starrte seinen Vater aus blitzenden Augen an. „So ein Unsinn. Was ich in der Schule mache, ist doch nur ein Bruchteil von dem, was dich stört! In deinen Augen kann ich machen, was ich will: Es ist immer falsch! Oh Dad... entschuldige bitte, dass ich nicht das bin, was du dir unter einem guten Sohn vorstellst! Aber so bin ich nun mal. Und wenn du dich jetzt nur so aufführst, weil du der ‚Ältere’ und der ‚Weisere’ bist, dann kannst du mich mal kreuzweise! Ich genieße mein Leben, verdammt noch mal! Du hast es nie anders gemacht und du tust es auch heute noch! Ich lasse mich nicht von dir einsperren, nur weil ich nicht so sein will wie du mich gerne hättest!!!“ Dai war immer lauter geworden, steigerte sich in seine Wut hinein und musste sich stark zurückhalten, seinen Vater nicht einfach anzugreifen. Er ballte die Hände zu Fäusten und starrte seinen Vater wütend an. „Und jetzt verschwinde! Verschwinde aus meinem Zimmer und tu nicht so, als wenn du nur mein Bestes wolltest! Das kotzt mich an!!“
 

"Du bist so bescheuert!", wurde jetzt auch Schuldig schlagartig laut. "Du kommst dir so schlau vor und hast von absolut nichts eine Ahnung!" Er musste sich schon sehr zusammennehmen, um Daisuke nicht einfach eine kräftige Ohrfeige zu verpassen, vorsichtshalber ballte vergrub er seine Hände in den Hosentaschen. "Ich will nicht dein Bestes? Wie dämlich bist du eigentlich? Wenn ich das nicht wollen würde, wäre mir doch völlig egal, was du treibst! Schon mal darüber nachgedacht, du kleines Genie?"
 

„Ach... Jetzt bin ich auch noch dämlich, ja?!“ Dai schnaubte abfällig. Das war ja bestens. „Sag mal, wie lange ist es her, dass du mal stolz auf mich warst? Dass du mich mal angelächelt hast und deinen Sohn in mir gesehen hast und keinen Störfaktor?“, brüllte er, sodass es im ganzen Haus zu hören sein musste. „Du hast doch keine Ahnung, was das beste für mich ist! Stattdessen führst du dich jedes Mal, wenn wir uns gegenüberstehen, auf, als wäre ich ein Insekt, das du loswerden willst!“
 

"Dann verhalte dich zur Abwechslung mal so, dass ich stolz auf dich sein kann!", schrie Schuldig zurück. "Oder glaubst du, du imponierst mir, wenn du dir alles nur erschummelst? Was denkst du denn, was für dich das beste wäre? Wenn ich mich zurücklehne und dich dafür lobe, dass du in einer Tour nur Scheiß baust? Denkst du wirklich, es macht mir Spaß, mich dauernd mit dir streiten zu müssen, nur weil du meinst, dich wie ein verwöhnter Prinz verhalten zu müssen?"
 

Dai hielt es einfach nicht mehr aus. Es war doch zum Kotzen. Er ließ ein entnervtes Knurren vernehmen und stieß seinen Vater bei Seite. „Woher soll ich wissen, was gut für mich ist, wenn du es nicht mal weißt?! Ich habe meine Fähigkeit und ich bin stolz drauf!“, fauchte er und stürmte wieder aus dem Zimmer und quer durch die Wohnung. Doch Ken versperrte ihm den Weg aus der Wohnung. Also blieb Dai wieder stehen und funkelte abermals seinen Vater an, der ihm _natürlich_ gefolgt war. „Du bist doch nur eifersüchtig, dass ich schlichtweg besser bin als du! Dass ich der richtige Telepath von uns beiden bin und du... du... du nur eine Missgeburt von verkorksten Eltern, die es genauso wenig geschafft haben, aus dir einen vernünftigen Mann zu machen, wie du es bei mi...“ KNALL! Dais Kopf wirbelte zur Seite und er stürzte gegen den Sessel. Doch es war nicht Schuldig gewesen, der ihm diese schallende Ohrfeige verpasst hatte, sondern Ken.
 

„Ganz vorsichtig, Daisuke! Pass auf, wie du mit deinem Vater redest! – Und Du bist jetzt auch still!“, herrschte Ken urplötzlich auch Schuldig an. Dann wandte er sich wieder Dai zu. „Wir lieben dich und das weißt du ganz genau! Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, was du dir hier soeben erlaubt hast!“ Er starrte auf Dai hinab, der halb vor und halb auf dem Sessel saß und sich die glühende Wange hielt.
 

Langsam erhob sich Daisuke. Noch nie hatte er Ken so aufgebracht gesehen, doch sein Stolz verbot es ihm, die Hand weiter auf der schmerzenden Wange ruhen zu lassen. Er warf seinem Vater noch einen kurzen Blick zu und stürmte dann zwischen den Männern hindurch in sein Zimmer. Doch er knallte die Tür nicht zu, wie man es hätte meinen können, sondern schloss sie ganz leise. Dann war kein Mucks mehr von ihm zu hören. Er ließ sich nur auf der Fensterbank nieder und sah hinaus, schwieg und dachte über das nach, was grade passiert war.
 

Schuldig sah Ken an und sein Blick drückte dabei Verständnislosigkeit, Bewunderung, Vorwurf und noch vieles mehr zugleich aus. Er wusste auch nicht so wirklich, was er zu seinem Liebsten jetzt sagen sollte. Sicher war er dankbar für die spontane Hilfe, andererseits ahnte er, dass diese Aktion die Beziehung zwischen den Beiden belasten würde. Und er war eigentlich schon immer froh darüber gewesen, dass sein eigensinniger Sohn wenigstens zu Ken einen guten Draht gehabt hatte. Schweigend setzte er sich auf die Couch und schüttelte fassungslos darüber, was gerade geschehen war, den Kopf. Wie hatte es nur soweit kommen können? Nach einer halben Ewigkeit, die er so gesessen war, erhob er sich wieder, ging wortlos an Ken vorbei und öffnete so vorsichtig Dais Zimmertür, als könnte sie beim Berühren auseinanderfallen. "Hey", fragte er leise in das dunkle Zimmer hinein, "kann ich mit dir reden?"
 

Die ganze Zeit hatte Dai kein Wort aus dem Wohnzimmer gehört und ihm war klar, dass Ken sich mit seiner Aktion auch bei seinem Vater einen Minuspunkt eingesackt hatte. Allerdings war Dai anderer Meinung. Er hatte die letzten Stunden – oder waren es Wochen gewesen? – über das Vergangene nachgedacht und wusste, dass er sich diesmal zu viel rausgenommen hatte.

Als der Mann, der ihm so verdammt ähnlich sah, nun vor ihm stand und ihn von der Tür her ansah, nickte er nur leicht und erhob sich vom Fensterbrett. Er ging zu seinem Bett hinüber und setzte sich auf die Bettkante, wartete darauf, dass Schuldig die Tür schließen und sich zu ihm setzen würde.
 

Genau das machte der Telepath auch, auch wenn er keine Ahnung hatte, was er anfangen oder was er überhaupt sagen sollte. Er wollte seinem Sohn soviel sagen, erklären warum er sich so streng und übertrieben spießig verhielt, dass ihm selber schon manchmal schlecht davon wurde. Aber das war jetzt wohl der falsche Zeitpunkt. Und außerdem wollte er Daisuke diese Geschichte eigentlich lieber doch ersparen. "Tut’s noch weh?", war das Einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel, und er kam sich dabei mehr als nur dumm vor.
 

Dai schüttelte nur den Kopf. Seine Wange fühlte sich inzwischen nur noch ein wenig flau an. Aber zu sehen war nichts mehr. „Geht schon...“, murmelte er leise und schloss kurz die Augen. Jetzt war es ganz offensichtlich an ihm, über seinen Schatten zu springen. Er seufzte leise und starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen, stützte sich mit den Ellenbogen auf die Knie und ließ die Hände hängen. „Es tut mir leid, Dad...“, brachte er dann endlich leise hervor, sah dabei aber nicht auf. Er konnte einfach nicht.
 

"Ist schon okay", antwortete der Ältere ebenso leise, lehnte sich nach hinten, stützte sich auf der Matratze auf, legte den Kopf in den Nacken und seufzte leise. "Weißt du, ich verstehe dich besser als du glaubst", fuhr er fort. "Nur habe ich meine Gründe dafür, dir nicht alles durchgehen zu lassen. Aber du kannst dir über eines sicher sein, Daisuke: Ich liebe dich und ich bin verdammt stolz auf dich."
 

Daisuke konnte nicht umhin zu lächeln. Er verbarg es erfolgreich vor seinem Vater und drehte den Kopf erst, als er das Lächeln wieder losgeworden war. „Ich weiß“, sagte er und musterte seinen Vater dabei einen Moment. „Trotzdem tut es mir leid. Ich hätte das eben nicht sagen sollen. Dass ich meine Kräfte im Griff habe, habe ich nur dir zu verdanken...“ Nun zeigte er dem Mann sein Lächeln und knuffte ihn leicht. „Und so manches andere auch...“
 

Schuldig lachte leise, wie meistens, wenn ihn etwas wirklich amüsierte. "Dafür sind Väter doch da!", meinte er versöhnlich und knuffte nun seinerseits seinen Sprössling. "Verrätst du mir, was so verdammt wichtig ist, dass du morgen nicht zu hause bleiben kannst?" Vielleicht, dachte er, gelang es ihm so, zu seinem Sohn vorzudringen. Klar, Daisuke machte viel unnötigen Unsinn, aber für manches hatte er doch einen sehr guten Grund.
 

Etwas aus der Bahn geworfen, sah sich Dai um. Dann fasste er sich wieder und grinste etwas. „Ich will bei diesem geilen Wetter einfach nicht in der Wohnung vergammeln. Und wenn du mir jetzt mit dem Balkon ankommst: Da muss ich befürchten, dass ich mich runter stürze, wenn ich nicht aus der Wohnung komme...“ Wehleidig sah er seinen Vater an. „Dad.... Du weißt, dass man mich nicht einsperren kann. Das kann man mit dir auch nicht. Also musst du das verstehen.“
 

Schuldigs Lächeln nahm einen traurigen Zug an, der aber dem Jüngeren wohl nicht auffallen würde. Man konnte ihn _ nicht mehr_ einsperren..."Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber sei doch mal ganz ehrlich. Du kannst dir nicht eine Woche Schulfrei erzwingen und dann denken, du würdest damit einfach durchkommen und Dolce Vita machen. Dai, ich habe versucht, dir zu lehren, dass du den freien Willen der Menschen respektieren musst. Es gibt nichts schlimmeres, als andere zu deinen Zwecken zu versklaven. Und genau das tust du. Es tut mir leid, aber das ist etwas, das ich dir nicht einfach durchgehen lassen kann."
 

Dai seufzte resigniert und wandte den Blick wieder von seinem Vater ab. „Jaja... Ich weiß. Aber dann denk dir was anderes aus. Denn festhalten wirst du mich hier nicht. Und wenn ich die Regenrinne runterklettern muss...“, grummelte er und starrte aus dem Fenster. Er erinnerte stark an ein schmollendes Kleinkind. So wie damals. Sein Dickkopf hatte sich doch bis jetzt immer durchgesetzt. Und jetzt sollte das aufhören? Jetzt wo er endlich Gesellschaft haben konnte, die ihn nicht zu Tode langweilte? Nein. Auf keinen Fall. Er wollte mehr Zeit mit Robin verbringen und würde sie sich nicht von seinem Vater nehmen lassen.
 

"Dir gefällt es also auch nicht, wenn du dich meinem Willen beugen sollst", fasste der Ältere zusammen. "Ich glaube, das ist eine ganz gute Lektion für dich, auch wenn es dir ganz und gar nicht in den Kram passt. Ich habe zwar keine Ahnung, warum du tatsächlich so unbedingt raus willst, aber das wird wohl bis nächste Woche warten müssen." Ein liebevolles Lächeln huschte über seine Lippen. "Auch wenn du es mir nicht glaubst, es läuft dir nichts davon. Das alles wird auch in ein paar Tagen noch da sein. Und du stirbst nicht, nur weil du mal nicht machen kannst, was dir in den Sinn kommt."
 

„Du vergisst, dass es da noch gewisse kleine Unterschiede gibt! Erstens bemerkt mein Direx nicht, dass er sich meinem Willen beugt, und zweitens _muss_ ich mich nicht deinem beugen.“ Daisuke knurrte leise und erhob sich; um aus der Reichweite seines Vaters zu verschwinden. „Und wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe jemanden kennen gelernt. Jemanden, bei dem ich mich nicht so verdammt einsam und schrecklich fühle wie bei den anderen Jungs.“ Gut. Nun war es raus. Daisuke hatte ein Problem damit, diese Worte aus seinem Mund zu hören, doch er konnte abermals nicht aufhören zu sprechen und verfiel wieder seinem Redeschwall, auch wenn er diesmal nicht laut wurde: „Er ist wundervoll. Intelligent, hübsch und abenteuerlustig. Genau wie ich!“ Daisukes bockige Miene ließ nach und wurde langsam sanfter, als er sich wieder auf dem Fensterbrett niederließ. „Ich kenne ihn noch nicht sonderlich lange... aber das erste Mal habe ich das Gefühl, dass ich mich wirklich mit jemandem verbunden fühle. ... . Mit jemandem aus meiner Altersklasse meine ich... Kennst du das Gefühl, wenn du jemanden ansiehst und er lächelt einfach nur, oder lacht sogar, und du fühlst dich einfach unglaublich stark, als wenn nichts auf der Welt dir was anhaben könnte und... alles andere wird egal. Weil du endlich merkst...dass du nicht so alleine bist wie du dich manchmal fühlst?“
 

Überrascht hob der Deutsche beide Augenbrauen und sah den Jüngeren sprachlos an. Es war nicht nur das erste Mal, dass Daisuke ganz offen zugab, Probleme zu haben, sondern auch, dass er ihm wohl ganz unbewusst sagte, verliebt zu sein. In diesem Moment fühlte sich Schuldig uralt und ganz jung zugleich. "Ich kenne die Gefühle. Die einen als auch die anderen. Aus den einen Gründen... Egal. Aus den anderen bin ich mit Ken zusammen." Nachdenklich blickte er zu Boden. Das änderte die Sachlage natürlich wesentlich. Er konnte und wollte Daisuke die schönen und starken Emotionen weder nehmen noch vermiesen. "Was hältst du von einem Kompromiss. Morgen ist Donnerstag. Du kannst morgen und am Wochenende weg und bleibst dafür am Sonntag ohne Gemaule zu Hause. Was meinst du?"
 

Verbittert blickte er zu seinem Vater. Doch er hielt es für besser, heute einfach mal der Sohn zu sein und nicht der Störfaktor. Also nickte er knapp. „In Ordnung... Wenn es dich glücklich macht...“, meinte er mit vor Ironie triefender Stimme. Er wusste genau, dass er, wenn er zuhause blieb, eh nur den ganzen Tag in seinem Zimmer hocken und sich durchs Fernsehprogramm schalten würde. Was sollte er auch sonst machen? Ken hatte Sonntag ein Spiel und Schuldig... Der würde sicher wieder arbeiten oder Ken zum Spiel begleiten oder was auch immer. Träge blickte er aus dem Fenster und dachte über seine Worte von eben nach. Und über die Antwort seines Vaters. ‚Aus den anderen bin ich mit Ken zusammen.’ Dai wusste nicht genau, was sein Vater ihm damit sagen wollte, aber er war sich sicher, dass er es nicht genauer wissen wollte.
 

Nur zu genau spürte Schuldig, dass auch dieser Vorschlag seinem Kleinen nicht gefiel. Aber darauf konnte und wollte er keine Rücksicht nehmen. "Naja, immer noch besser, als vier Tage zuhause zu bleiben, oder?", versuchte er ihn aufzumuntern. "So kannst du dich immerhin drei Tage mit... wie heißt er... sie eigentlich? ...treffen."
 

Dai hob die Brauen. Hatte sein Vater ihm nicht zugehört? Hatte er nicht die ganze Zeit von einem Kerl gesprochen? Skeptisch sah er den Mann an. „Sie ist ein Er. Und sein Name ist Robin“, sagte er, als wäre es selbstverständlich. „Hörst du mir eigentlich zu?“

Er schüttelte leicht den Kopf und zog die Beine an den Körper, stupste das Fenster auf und steckte sich eine Zigarette an, warf seinem Vater die Schachtel hin. Er wusste, dass Schuldig es nicht gerne sah, wenn er rauchte, auch wenn er es selten tat. Aber jetzt grade war das nur ein Grund mehr dafür, den Rauch tief in die Lunge zu ziehen.
 

Also hatte er sich doch nicht verhört. Das war eine weitere Überraschung für Schuldig, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. "Ich habe dir sehr wohl zugehört", lächelte er. "Ich dachte nur, du würdest einen Scherz machen." Was ja offensichtlich so gar nicht der Fall war. Der Ältere konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen. Ob Daisuke eigentlich klar war, WIE er über diesen Robin gesprochen hatte? Wahrscheinlich nicht, und deswegen wollte er jetzt auch nicht nachbohren. Sollte sich der Junge erst einmal über das, was er wirklich fühlte, klar werden. Dann würde man weitersehen.
 

„Natürlich weiß ich das. Mach dich jetzt nicht auch noch über mich lustig, Dad....“, grummelte er und schielte zu seinem Vater. „Ich weiß genau wie ich von wem rede und WAS ich mir dabei denke. Und wenn du weiterhin Teil haben willst an solchen Sachen, gewöhn es dir gar nicht erst an, dich darüber lustig zu machen oder über mich zu denken, als wäre ich ein kleiner Junge...“

Er nahm wieder einen Zug und ließ den Blick über die Dächer gleiten. Jetzt wurde er schon wieder patzig und konnte absolut nichts dagegen tun.
 

Mühsam zwang sich Schuldig, nicht auch schon wieder die Beherrschung zu verlieren. Betont ruhig wies er Daisuke zurecht: "Du sollst aus meinem Bewusstsein heraus bleiben. Ebenso wie aus Kens. Es gibt Sachen, die dich absolut nichts angehen!" Auch wenn Daisuke an diese Informationen wohl niemals herankommen würde, denn _alles_ brachte der ehemalige Schwarz seinem Telepathensohn nun auch wieder nicht bei... "Ich hole mir ja auch nicht das, was mich interessiert, aus deinem Kopf!" Das war der erste und schwierigere Teil der Antwort gewesen, und Schuldig war froh, ihn gelassen hinter sich gebracht zu haben, wenn er innerlich auch schon wieder zu kochen anfing. "Und zweitens mache ich mich ganz sicher nicht über dich lustig. Du bist alt genug, um zu wissen, für wen du dich interessierst. Und das ist ausnahmsweise etwas, über das ich nicht im Geringsten Einfluss oder Vetorecht haben will...." Das letzte hatte er mit einem deutlichen Lächeln in der Stimme gesagt und hoffte, dass Daisuke das auch so verstand, wie es gemeint war.
 

„Wieso bist du dir so sicher, dass ich nicht schon lange alles über euch weiß?“ Dais Stimme war wieder ruhig und klang fast gelangweilt. „Du weißt genau, dass du mir als Telepath nicht das Wasser reichen kannst. Du kannst genauso wenig alles vor mir verbergen, was du versteckt haben willst, wie du irgendwas aus meinem Kopf bekommen kannst, wenn ich es nicht will. Also tu nicht so... Und du weißt auch, dass ich dich schon lange nicht mehr als Lehrer brauche, um weiter zu kommen...“ Er zog an der Zigarette und warf sie achtlos aus dem Fenster, nachdem er sie an der Hauswand ausgedrückt hatte. „Du... solltest jetzt gehen, Dad...“
 

Mit einem süffisanten Lächeln erhob sich Schuldig, warf einen letzten Blick auf seinen Sohn und verließ dann das Zimmer. Daisuke hatte nicht in allem Recht. Sicher, er war als Telepath besser, stärker, als er selbst. Aber Schuldig war erfahrener und geschulter. Von ihm hätte Dai noch jede Menge lernen können - wenn er, Schuldig, denn gewollt hätte. So wusste er auch, dass der Junge niemals hinter die Geheimnisse kommen würde, die sein Vater hatte. Oder dass er jederzeit sich alles aus dem Kopf seines Sohnes holen könnte, ohne dass der etwas dagegen tun konnte. In diesem Fall siegte Erfahrung über Stärke und aus einem undefinierbaren Grund war der Deutsche sehr froh darüber.
 

In grader Linie flog ein Glas durchs Zimmer und zerschellte an der eben geschlossenen Tür. Doch nur wenige Sekunden später war Dai aufgestanden und hatte die Tür abgeschlossen, um jeder weiteren Konfrontation aus dem Weg gehen zu können. Nicht mal eine halbe Stunde konnte er mit seinem Vater in einem Raum bleiben, ohne dass er den Drang verspürte, dem Mann die schlimmsten Kopfschmerzens seines Lebens zu verpassen. Er warf sich aufs Bett und starrte an die Decke. Je wütender und abgeneigter er bei dem Gedanken an seinen Vater wurde, desto mehr wünschte er sich mit Robin sprechen zu können. Oder viel mehr einfach bei ihm zu sein.
 

Robin lag immer noch wach in seinem Bett, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah in die Dunkelheit hinaus, die sich vor dem großen Fenster seines Zimmers breitgemacht hatte. Das Haus in dem er lebte lag in einem parkähnlichen Grundstück, kein Geräusch drang von den Straßen hierher. Es war also so ruhig um ihn herum, dass er nur seinen eigenen Atem und sogar seinen Herzschlag hören konnte. Und seine Gedanken, die sich unablässig in seinem Kopf drehten und wiederholten. Daisuke... Was sollte er denn jetzt nur machen? Mitten in dieser für ihn völlig irrealen Situation hatte er plötzlich das Gefühl, als würde auch der Orangehaarige an ihn denken.
 

Daisuke lag ebenso da wie Robin. Auf dem Rücken und die Arme hinterm Kopf. Er hatte die Augen allerdings geschlossen, dachte weiter über Robin nach und lächelte leicht. Er wusste wie er von Leuten sprach. Ja sicher wusste er das. Und sein Vater würde durchdrehen, wenn er erfuhr von _wem_ er da so gesprochen hatte. Dais Lächeln wurde zu einem Grinsen, das die Ähnlichkeit zu Schuldig noch unterstrich. Und trotzdem wünschte er sich diesen Jungen jetzt zu sich. Denn trotz seines Planes wusste er, dass Robin etwas Besonderes war, denn er fühlte sich in seiner Nähe tatsächlich wohler als bei seinen anderen Freunden. Nicht zuletzt, weil er seine Telepathie das erste Mal nicht geheim halten musste.
 

Dieses Gefühl, das wahrscheinlich ein reines Hirngespinst war - so sagte sich Robin jedenfalls - wurde immer stärker und löste in dem Jüngeren eine Welle heißen Glücks aus. Wenn Daisuke auch an ihn dachte, dann... dann... ging es ihm vielleicht ähnlich! Und wenn er ebenso empfand, dann... Nein, würde doch niemals gehen. Sie würden sich ja vor der ganzen Schule lächerlich machen. Und außerdem kam es gar nicht in Frage, dass sich die Begebenheit vom Nachmittag irgendwann mal wiederholte! Aber es war so schön gewesen, dass Robin dachte, er hätte noch nie so etwas wundervolles erlebt - oder würde es jemals wieder mit einer anderen Person erleben. Das Wechselbad der Gefühle, in dem er sich befand, sorgte dafür, dass er langsam aber sicher unruhig wurde.
 

Und Dai entging das nicht. Er runzelte leicht die Stirn und richtete sich auf. Nein... Das konnte jetzt nicht wahr sein. //Robin...?// Konnte es sein, dass er die ganze Zeit unbemerkt eine schmale Verbindung zu dem Schwarzhaarigen gehabt hatte, ohne es zu merken? Anders konnte er sich diesen Moment nicht erklären, in dem er die Gedanken nicht von dem Jungen lösen konnte und das Gefühl hatte, dass er genau wusste, was grade in Robin vor sich ging.
 

Der Schwarzhaarige riss überrascht die Augen auf und sein Unterkiefer klappte herunter. Hatte Dai die ganze Zeit über seine Überlegungen mitbekommen? Oh fuck, war das peinlich! /Dai?/, fragte er vorsichtshalber zurück, obwohl das eigentlich total überflüssig war. Wer sonst konnte ihn schon auf mentaler Ebene ansprechen?
 

//Oh man...// Dai fuhr sich übers Gesicht und baute die Verbindung zu Robin nun vollständig auf. So ein Mist! /Ja... Wer denn sonst?/ Mental ließ er ein leises Lachen verlauten, auch wenn ihm eigentlich gerade gar nicht danach war. /Sorry... Ich habe nicht mitbekommen, dass ich.../ Er unterbrach sich selber. Wie kam er denn jetzt auf die Idee, seine erste Schwäche Preis zu geben? /Stör ich?/
 

Also doch. Oh Gott! Robin lief knallrot an, setzte sich kerzengerade auf und raffte seine Bettdecke um sich, als könnte der Andere mental in dieser Dunkelheit auch nur ein Stückchen Haut von ihm sehen. /Nein, du störst nicht/ erklärte er, wobei seine Aufregung ins Unermessliche wuchs. /Wieso schläfst du noch nicht?/
 

Dai schmunzelte als er das mitbekam. /Stell dich nicht so an. Ich habe dich schon wesentlich nackter gesehen.../ Er entspannte sich wieder mehr und legte sich wieder hin, schloss die Augen. /Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit meinem Dad... Und bin momentan ziemlich nachdenklich.../ Unbemerkt tastete sich Dai durch das Denken von Robin und musste leicht lächeln. Den Kleinen hatte es ja schwer erwischt...
 

Klar hatte Dai ihn schon wesentlich weniger bekleidet gesehen. Aber da war es noch nicht SO gewesen... Robin wickelte sich noch fester in seine Decke. /Autsch, das ist ja ziemlich übel/, versuchte er den Älteren ein wenig unbeholfen zu trösten. /Kann ich dir irgendwie helfen?/ Alles war ihm jetzt eigentlich recht, nur um nicht schon wieder die Verbindung zu Daisuke zu verlieren.
 

/Sicher kannst du das... Lenk mich ab./ Nun musste Dai tatsächlich wieder schmunzeln und strich sich das Haar auf dem Gesicht. /Hast du morgen Zeit? Ich würde dich gerne sehen.../ So bald würde er die Schule nicht mehr für mehrere Tage ausfallen lassen. Immerhin würde er bald mit Robin in eine Klasse gehen und dann mussten sie nicht frei haben, um Zeit miteinander verbringen zu können.
 

Zittrig schnappte Robin nach Luft, während sein Herz übermütige Purzelbäume machte. /Klar hab ich Zeit/ meinte er ein wenig verspätet und so gelassen wie möglich. /Willst du irgendwas bestimmtes machen?/ Die Planung des morgigen Tages war sicherlich Ablenkung genug. Für Daisuke ebenso wie für ihn - wenn auch die Gründe andere waren.
 

Dai lächelte weiterhin und musste sich eingestehen, dass er es durchaus niedlich fand wie Robin sich benahm. /Nein... Mir ist es egal. Hauptsache ich kann dich sehen. Lass uns irgendwo in Ruhe hingehen.../ Er konnte es einfach nicht lassen. Robins Gefühlswellen und Gedanken waren einfach das gefundene Fressen für jemanden, der gerne flirtete.
 

Wieder jagte ein gewaltiger Schauer über Robins Haut. Himmel, er musste sich wieder unter Kontrolle bringen, koste es was es wolle. So ging das jedenfalls nicht, er fühlte sich ja wie ein kleines Kind kurz vor Weihnachten! /Naja, uns wird schon was einfallen/ erwiderte er also lapidar und hätte sich im gleichen Moment für diese dämliche Antwort selbst ohrfeigen können. Vielleicht wäre es besser, sich nicht mit Daisuke zu treffen, jedenfalls so lange, bis er sich beruhigt und seine wirre Gefühlswelt und vor allem die überschäumenden Hormone wieder im Griff hatte... /Ab wann hast du denn Zeit?/
 

Dai musste noch breiter grinsen. Robin spielte also mit dem Gedanken, sich wieder von ihm zu entfernen. Es gefiel dem Jungen offenbar gar nicht, dass er es diesmal war, der jemandem verfiel. /Jederzeit... Hauptsache ich komme hier raus./ er streckte sich leicht und vermied es dabei nicht, dass Robin es mitbekam. /Am liebsten hätte ich dich schon jetzt hier... auf der Stelle.../, raunte er leise und schloss wieder die Augen. /Deine Nähe fehlt mir, wenn ich ehrlich sein soll.../
 

Kami-sama! Es war aber sowas von unfair von Daisuke, ihm auch diese Bilder zu zeigen! Fast augenblicklich spürte Robin, wie sein Körper reagierte und er schnaufte gefrustet auf. Bei allem was recht war - so hatte er sich noch bei niemandem aufgeführt. Verzweifelt biss sich der Schwarzhaarige auf die Lippe, um ein sehnsüchtiges Seufzen zu unterdrücken. Gequält schloss er die Augen, um zu verhindern, dass er sich vorstellte, was sie jetzt zusammen machen könnten... /Okay..../ murmelte er ein wenig atemlos /Ich werde wohl so gegen neun hier verschwinden, bevor meinem Alten ne Menge Zeug einfällt, das ich unbedingt erledigen soll./ Gut, das war sehr gut. Wenn er von anderen Sachen sprach als von einem trauten Zusammensein, würde sich wohl auch sein verräterischer Körper wieder beruhigen.
 

Allerdings hatte er Dai dabei nicht bedacht. Der Telepath hatte nicht vor, Robins Körper so schnell wieder zur Ruhe kommen zu lassen. Viel mehr wollte er die Sehnsucht des Jüngeren weiter schüren und am liebsten der Grund für feuchte Träume sein. /In Ordnung... Soll ich dich morgen wecken?/, wisperte er – fast als wenn er neben Robin liegen würde und leise sein musste, damit niemand seine Anwesenheit bemerkte.
 

Diesmal gelang es Robin nicht, das erregte und sehr sehnsüchtige Aufschnaufen zu verhindern. Was Daisuke da machte, war aber auch unfair! Er spürte, wie in seinen unteren Regionen allmählich das bekannte Ziehen einsetzte und sein Herz wieder einmal doppelt so schnell wie üblich schlug. Seine Hände krampften sich schon vorsichtshalber so fest in die Bettdecke, dass die Knöchel weiß hervortraten. / Ich habe mir den Wecker gestellt/, versuchte er schwach, den Anderen davon abzuhalten, ihm noch weiter solche unmoralischen Angebote zu machen. Wäre ja noch schöner, wenn Dai dann mitbekommen würde, wie er mit seiner morgendlichen Erektion zu kämpfen hatte....
 

Dai seufzte leise und lächelte. /Wer weiß. Vielleicht wecke ich dich trotzdem.../ Sanft glitt er noch ein Stück tiefer in das Bewusstsein des Schwarzhaarigen. /Entspann dich, Robin... Du tust ja so, als wenn ich dir was antun würde.../ Unsichtbare Hände griffen nach den verkrampften von Robin und lösten sie aus der Decke. Langsam schienen sich Dais Finger mit denen von Robin zu verknoten und drängten die Hände langsam neben Robins Kopf auf die Matratze.
 

Mit jeder Sekunde fiel es Robin schwerer, normal zu atmen und fast schon verzweifelt fühlte er, wie er wieder zu zittern begann. Sanft drückte er seine Finger zusammen, als wenn er so tatsächlich Dais Berührung erwidern könnte. Sein Atem beschleunigte sich noch einmal und wurde tiefer, das Brennen in seinen Lenden heftiger. /Denkst du nicht... Wir sollten langsam schlafen?/ machte er einen letzten Versuch, Dai zum aufhören zu bewegen und sich selbst vor einer bestimmt peinlichen Situation zu beschützen.
 

/Du glaubst tatsächlich, du könntest jetzt schlafen?/ Dais rauchige Stimme hallte in Robins Kopf wieder und der Orangehead ließ seine Hand langsam in den eigenen Schritt gleiten. Er schob sein Shirt hoch und begann abermals sich selber zu berühren. Seine mentalen Liebkosungen wurden dadurch nur noch intensiver. Unsichtbare Lippen verwöhnten die weiche Haut und eine der Hände löste sich von Robins. /Schieb die Decke runter, Hübscher... Sonst tu ich es.../
 

/Nein!/ Standhaft weigerte sich Robin, sich selbst vor Dai Erlösung zu verschaffen - denn auf nichts anderes würde es hinauslaufen. Doch er hatte schon so eine Ahnung, dass er wohl nicht allzu lange widerstehen können würde. Dafür war er viel zu scharf auf den Orangehaarigen. Insgeheim wünschte er sich ja nichts sehnlicher, als von dem Älteren angefasst und befriedigt zu werden. /Dai, nicht.../ Doch diese Bitte klang sogar für seine eigenen Ohren so sexy, als würde er eigentlich etwas ganz Gegenteiliges meinen.
 

Dai richtete sich auf und befreite sich selbst von seinen Klamotten. Dann legte er sich wieder hin, hatte die Decke zum Fußende geschoben und lag vollkommen frei auf dem Bett. Genau diese Bilder übermittelte er nun Robin, lauschte dem überraschten Keuchen und grinste. /Red kein Unsinn.../, raunte er und strich sich selbst mit der einen Hand über die Brust, mit der anderen über das härter werdende Glied. /Ich weiß genau... dass du mich willst. Genauso sehr wie ich dich will.../
 

Diese Worte waren geeignet, wirklich jeden dahinschmelzen zu lassen. Und Robin machte da keine Ausnahme. /Ja... Ja, ich will dich.../ murmelte er, schob dabei auch seine Decke nach unten und ließ Dai so sehen, dass auch er nackt und erregt im Bett lag. /Ich will dich spüren, deine Hände, deine Lippen.../ Der Rest ging in einem lauten, verlangenden Stöhnen unter.
 

/Ein Wort von dir... und ich mache mich gleich auf den Weg.../, raunte er. Seine Hände verwöhnten seinen eigenen nackten Körper, während die mentalen auf Robins Leib den selben Weg einschlugen und den Jungen ebenso verwöhnten. Seine Finger kniffen leicht in die eigenen Brustwarzen und die unsichtbaren bei Robin taten es ihm gleich.
 

Mit viel Mühe und Selbstbeherrschung konnte Robin sich soweit zusammenreißen, um ein kraftloses /Das wäre jetzt genau das, was ich brauche - aber es geht nicht.../ herauszubringen. Dais Hände, auch wenn sie nicht real waren, fühlten sich zusätzlich zu seinen eigenen so fantastisch an. Glitzernder Schweiß bedeckte inzwischen seinen Oberkörper, wie eine Schlange wand er sich auf seinem weichen Laken.
 

Schnell merkte Dai, dass er sich mit seiner Aktion ins eigene Fleisch geschnitten hatte. Denn je mehr er die Sehnsucht in Robin schürte, desto stärker wurde auch sein eigenes Verlangen danach, den Jüngeren richtig zu berühren. Und der ‚Anblick’, den Robin ihm bot, war schon ziemlich heftig. Der junge Körper wand sich intensiv und Dai wünschte sich nichts mehr, als seinen Körper an den Robins zu pressen. /Wieso geht es nicht...? Ich will dich... küssen.../, raunte er schwer atmend, umfasste ungeduldig sein eigenes Glied und versuchte sich jedes Stöhnen zu verkneifen.
 

Als ob es dabei bleiben würde... In der Verfassung, in der sich Robin gerade befand, war das mehr als unwahrscheinlich. Seine Erregung stieg in berauschenden Wellen an, seine Hand fand den Weg in seine Haare und krallte sich dort fest, die andere legte sich fordernd um seine bebende Härte. /Weil.. ich... mehr will.../ antwortete er ein wenig unzusammenhängend. Aber er hatte sowieso gerade keine Ahnung, um was es eigentlich ging. Seine unvorstellbare Lust hatte sein vernünftiges Denken ausgelöscht.
 

/Mehr...?/, hechelte Dai und warf leicht den Kopf hin und her. Nun entfloh auch ihm ein leises Stöhnen. /Du bekommst... alles... was ich dir geben kann.../ Sein Denken setzte aus, seine Hand wurde fester und mental pressten seine Lippen sich auf die Robins. Er wand sich auf dem Bett und hatte nichts an sich mehr unter Kontrolle, sodass er sich und auch Robin in seiner Ekstase immer höher trieb.
 

Dais Stöhnen trieb die Flammen in Robin noch höher, er japste schon verzweifelt nach Luft, hob sein Becken seiner massierenden Hand entgegen. /Dai, ich... kann gleich nicht mehr... Du machst... mich wahnsinnig!/ brachte er gedanklich noch zusammen, bevor auch das nicht mehr möglich war und er dem Anderen nur noch die brodelnden Gefühle übertrug. Wilde Blitze sammelten sich in seinen Lenden, laut rauschte das Blut in seinen Ohren, seine Hand zwischen seinen Beinen wurde immer schneller.
 

Dai stöhnte dunkel auf. Schuldig und Ken waren vergessen und ein Grollen entfloh seiner Kehle, wie nicht von dieser Welt. „Ah... Robin....“, keuchte er und bäumte sich auf. Nun war es vorbei. Auch der Telepath konnte sich nicht mehr halten und mit stockendem Atem ergoss er sich endlich in die eigene Hand, krallte die anderen Finger dabei fest in die eigene Brust und warf den Kopf nach hinten.
 

Nach Luft japsend lag Robin da und versuchte krampfhaft, die Nachbeben zu unterdrücken, die ihn durchschüttelten, oder zumindest sie so zu halten, dass Dai davon nicht allzu viel mitbekam. Jetzt hatte er sich also schon wieder von dem Älteren in so eine Lage bringen lassen... War das eigentlich noch normal? Eindeutig nicht, lautete Robins Urteil. Ebenso wenig wie normal war, dass er sich immer noch und mehr als zuvor nach dem Orangehaarigen sehnte.
 

Dai atmete schwer und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Das war gut gewesen. Auf jeden Fall besser als das kleine Erlebnis auf dem Baum. Er leckte sich über die trockenen Lippen und ließ nach einer Weile seine mentalen Finger über Robins Wange gleiten. /Jetzt... kannst du schlafen, Hübscher.../, wisperte er und lächelte leicht in die Dunkelheit hinein. Er leckte sich die Finger ab und entzog seine Bilder dem Kopf Robins erst, als er damit fertig war.
 

Das letzte Bild, das Dai ihm übertrug, würde ihn wieder ein paar Stunden Schlaf kosten, mutmaßte Robin seufzend. Er wischte sich seine Finger und den Bauch mit dem Shirt ab, das er einfach nur neben sein Bett geworfen hatte, als er sich hingelegt hatte. Mit noch immer nicht sicheren Bewegungen zog er die Decke wieder über und kuschelte sich in sein Kissen. Von was er heute träumen würde, wenn er denn endlich eingeschlafen war, wusste er auch ohne seine Fähigkeit. Tatsächlich dauerte es ungewöhnlich lange, bis er endlich so ruhig war und seine rotierenden Gedanken so unter Kontrolle hatte, dass er einschlief.
 

Dai hatte noch eine ganze Weile in Robins Kopf verharrt, sich dann aber rechtzeitig zurückgezogen, bevor auch er einschlief. Sein Vater hatte ihm oft genug erklärt, dass es für ihn kaum etwas gefährlicheres gab, als sich noch im Schlaf in irgendeinem Kopf eingeklinkt zu haben. Und auch das hatte er sich zu Herzen genommen...
 

~*~tbc~*~



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