Schutz und Sorge
Ich muss meine treuen Leser um Verzeihung bitten: Das hier ist das schlechteste und unzumutbarste Kapitel, das ich je in meinem Leben verfasst habe! Um mich zu rechtfertigen, möchte ich allerdings hinzufügen, dass ich in letzter Zeit unter einem riesigen KreaTief und enormen Prüfungsstress stand. Drückt mir die Daumen, dass das nächste Kapitel besser wird!
Kapitel 14
Schutz und Sorge
Die Menschen auf dieser Party tanzten ausgelassen, flirteten miteinander und konsumierten undenkbare Mengen Alkohol innerhalb kleinster Zeitspannen.
Niemand warf auch nur einen einzigen kurzen Blick in die einsame Ecke, in die sich Stu-Pot als stiller Beobachter zurückgezogen hatte, um die Ankunft von Russel und Noodle abzuwarten. Er war froh darüber, dass ihm keine sonderliche Beachtung geschenkt wurde, denn noch immer rumorte das entsetzliche Gefühl der Gefahr in seinem Magen. Den Kopf stets gesenkt warf er immer wieder übereilte Blicke auf die feiernden Gäste und malte sich mit klopfendem Herzen aus, wie sich einer von ihnen plötzlich als Jäger offenbaren und versuchen würde, ihn gefangen zu nehmen.
Sein Freund Murdoc hatte sich, kaum war das Badezimmer von ihnen beiden verlassen worden, bereitwillig zu einigen jungen Frauen gesetzt, die er -wie damals in der Cafeteria- auf eine Weise berührte, die Stu-Pots Mutter sicherlich als „zuchtlos“ bezeichnet hätte. Und Stu-Pot hatte fast schon beschlossen, sich vernachlässigt und minderwertig zu fühlen, als er feststellte, dass Murdoc in erstaunlich regelmäßigen Abständen zu ihm hinschaute und mit peinlicher Genauigkeit darauf achtete, sich bloß nicht zu weit von ihm zu entfernen, ganz gleich, wie oft ihm die Mädchen auch ein paar schöne Stunden in irgendwelchen Hinterzimmern versprachen.
Im Wesentlichen unterschied sich diese Aufpasserei seitens Murdoc nicht von der Gefangenschaft, unter der er bei seinen drakonischen Eltern gelitten hatte, das sagte ihm sein Verstand, den diese mit allen Mitteln geschärft hatten. Doch eine angenehme Empfindung, die von irgendwo in seinem Bauch herrührte, war nicht dieser Meinung. Wenn Murdocs Blick zu ihm schweifte, um sicherzustellen, dass er einfach nur immer noch da war, dann kam da nicht wieder dieser Eindruck der Enge zum Vorschein; es fühlte sich eher so an wie … Schutz. Und Stu-Pot genoss dieses Gefühl in vollen Zügen!
Doch gleich darauf kam ihm der Gedanke, dass nur er allein zurzeit unter Murdocs Schutz stand. Russel und Noodle waren nicht hier. Sie waren dort draußen und hatten mit Mr. Hudson zu kämpfen, der eigentlich hinter ihm her war…
Es vergingen einige unerträgliche Minuten, in denen weder Russel noch Noodle durch die Apartmenttüre kamen, und Stu-Pot spielte bereits mit dem Gedanken, Murdoc darum zu bitten, die beiden von seinem Handy aus anzurufen und zu fragen, wo sie denn nur blieben.
Hatten sie nicht gemeint, sie würden sehr bald hier auftauchen?
Er begann langsam sich ernsthaft Sorgen zu machen und schluckte, nur um zu bemerken, dass sein Mund völlig ausgetrocknet war. War Mr. Hudson etwa hinter den Betrug gekommen? War es nun etwa Stu-Pots Schuld, dass seine Freunde vielleicht in irgendwelchen Verließen grausam gefoltert wurden, damit sie seinen Aufenthaltsort verrieten? Bei dieser Vorstellung lief es ihm kalt den Rücken hinunter und als er nach einem schnellen Blick zum Eingang feststellte, dass bloß zwei weitere schöne Mädchen hereingekommen waren, beschloss er, seinen Plan in die Tat umzusetzen, und machte sich auf den Weg zu Murdoc.
Dieser bemerkte sofort, wie sich Stu-Pot nervös und ängstlich auf ihn zubewegte und sah ihn mit einem fragenden Blick an, ehe er sich erhob und ihm entgegenkam, was die Damen, mit denen er eben noch verkehrt hatte, mehr als unglücklich stimmte.
„Was is’ los?“, wollte Murdoc wissen, kaum war er bei Stu-Pot angelangt. „Jemand hier, der nich’ hier sein sollte?“ Stu-Pot schüttelte den Kopf, wobei ihm einige Haarsträhnen ins Gesicht fielen, und fragte dann mit zittriger Stimme: „Wo sind Russel und Noodle? Ich dachte, die wollten gleich hier sein?“ Bestimmt hatte Murdoc eine logische Erklärung dafür. Er würde ihm gleich versichern, Russel und Noodle hätten noch einmal angerufen, um Bescheid zu geben, dass sie in einen Stau geraten waren. Oder dass sie noch schnell Essen gehen wollten. Bestimmt.
Doch Murdoc zuckte mit den Schultern und antwortete auf seine Frage mit den knappen Worten: „Keine Ahnung, wo die bleib’n.“ Als er Stu-Pots vor Schock geweitete Augen bemerkte, fügte er jedoch eilig hinzu: „Hey, keine Panik! Russ und Noods sin’ nich’ dämlich, die schaff’n das schon.“
„Kannst du sie nicht mal anrufen? Bitte?“ Seine Stimme glich einem jämmerlichen Quietschen und er biss sich erst mit seinen Eckzähnen beruhigend auf die Unterlippe, als Murdoc schließlich ergeben sein Handy aus der Hosentasche fischte und schnell eine Nummer wählte, die wohl zu Russel gehören musste.
Tut. Niemand ging dran. Stu-Pot verstärkte den Druck auf seine Lippe, während seine Hände nervös an seinem T-Shirt herumfummelten. Ganz ruhig. Murdoc hatte gesagt, es bestünde kein Grund zur Panik.
Tut. Vielleicht waren Russel und Noodle schon längst tot, weil sie ihn nicht verraten hatten? Stu-Pot schluckte den bitteren Metallgeschmack frischen Blutes auf seiner Zunge hinunter.
Tut. Oh Gott, sollten sie ihn doch verraten, Hauptsache, die beiden waren wohlauf!
„Hallo, hier ist Russel Hobbs.“ Stu-Pot wankte, weil er sich vor Erleichterung kaum mehr auf den Beinen halten konnte und klammerte sich, um nicht umzukippen, mit einer Hand in Murdocs Oberteil, wofür er einen sehr bizarren Blick erntete.
„Hey, ich bin’s, Murdoc“, sprach er ins Handy und Stu-Pot wagte zu behaupten, dass man auch in seiner Stimme einen Spur von Erleichterung vernehmen konnte. „Ich ruf’ nur weg’n dem Idio- Stu-Pot an, weil der unbedingt wiss’n wollte, wo ihr bleibt.“ Eine Pause entstand, in der Russel etwas erwiderte. Murdoc nickte und schnalzte laut mit seiner langen Zunge. „Aha. ’kay, bis gleich dann, ne.“ Murdoc ließ das Handy wieder in seine Tasche gleiten und entfernte mit einer mechanischen Bewegung Stu-Pots Hand aus seinem Oberteil. „Such dir ’n Weib!“, bellte er, aber fügte dann, etwas friedlicher, an: „Die hab’n ’n bisschen gebraucht, um Hudson abzuhäng’n. Is’ wohl doch ’n zäh’rer Kerl als ich gedacht hab’. Naja, scheiß’ drauf. Jed’nfalls brauch’n Russ und Noods noch zirka ’ne Halbe- bis Dreiviertelstunde.“
Stu-Pot nickte stumm und schluckte den erneuten Blutschwall, der durch seine aufgerissene Unterlippe entstanden war, hinunter. Murdoc machte mit geschäftigem Gesichtsausdruck und einem Grinsen einen Schritt in Richtung seiner Mädchen, die aufmerksam das Gespräch zwischen ihnen beiden verfolgt hatten, als ihm aus dem Nichts ein muskulöser Arm am Handgelenk festhielt, und ein Zweiter nach dem von Stu-Pot griff.
„Hey!“, sagte eine fröhliche Stimme, die Stu-Pots Körper zu Eis erstarren ließ, „hab’ euch beide ja ewig nicht mehr gesehen!“
bye
sb