Zum Inhalt der Seite

Sometimes in order to live you have to die

a little bit
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

23. coming back ...

Jui

Genau 50 Jahre waren seit diesem Tag vergangen. 50 Jahre in denen weder er noch ich sich äußerlich veränderten. Klar, die Mode änderte sich, wurde schlichter und auch die Welt um uns veränderte sich.

Wir betrachteten die Französische Revolution aus sicherer Entfernung, konnten nicht nach Paris da Kaoru dort als Adliger galt. Er verlor seinen französischen Besitz doch er zuckte nicht einmal mit der Wimper als er davon erfuhr. Kurze Zeit später beobachteten wir Napoleons Herrschaftsergreifung über fast ganz Europa von Österreich aus, doch Kaoru belächelte sie nur, erzählte mir von der Pracht der römischen Feldzüge während wir uns immer wieder gerne von jungen Soldaten ernährten in dieser Zeit.

Wir bereisten Ganz Europa und als die Zeit der englischen Industrialisierung begann und es aus den hohen Schornsteinen begann zu rauchen, da fassten wir den Entschluss: Zurück nach Japan - Zurück in unsere Heimat.
 

Kaoru

Nach all der Zeit und allem was wir gemeinsam durchlebt hatten, war es eine leichte Entscheidung nach Japan zurück zu kehren. Wir beide vermissten unsere Heimat, trotz der Dinge, die dort passiert waren, trotz der Vergangenheit, die wir eigentlich endlich begraben hatten. Doch die Zeit hatte auch dort vieles verändert und die Sehnsucht nach Land und Leuten wurde mit jedem Tag größer, während wir in Europa mit ansehen mussten, wie das Leben und die Gesellschaft sich immer weiter veränderte... und das sicherlich nicht nur ins Gute.

Es war Herbst, als wir endlich wieder in Japan ankamen. Die Bäume waren rot und golden gefärbt, ein Fest der Farben, als wäre es nur zu unserer Rückkehr veranstaltet worden. Und doch hatte sich in der Stadt so wenig verändert...
 

Jui

Sofort erkannte ich Kyoto wieder. Viele Häuser hatten unsere lange Abwesenheit unbeschadet überstanden hatten sich nur in ihren Farben etwas gewandet. Manche Häuser waren verschwunden und durch neue ersetzt wurden. Geishas und andere Traditionsbewusste Menschen trugen immer noch dieselbe Buntverzierte Kleidung wie vor 50 Jahren.

Und zum aller ersten Mal seit 50 Jahren hörte ich meine Muttersprache wieder von jemand anderem als Kaoru: Japanisch. In den Gedanken der Menschen und in den Worten die sich zueinander sprachen. Die Luft war noch so klar, nur ein leichter Geruch nach rohem Fisch lag darin.

Lächelnd nahm ich Kaorus Hand und wir gingen in die Stadt, während die Kofferträger unser Gepäck alleine zu unserem Haus brachten. Wir wollten uns noch nicht damit beschäftigen.
 

Kaoru

Wortlos gingen wir durch die statt, genossen es einfach nur wieder gemeinsam hier zu sein. Es war so eine völlig andere Welt, als die in der wir die letzten Jahrzehnte verbracht hatten. Lange nicht so fortschrittlich aber auf ihre Weise doch so viel schöner. Das Leben hier ging weiter seinen Gang, auch ohne die riesigen Fabriken und die allgegenwärtige Armut, wie sie in Europa mittlerweile Alltag waren und es gab auch mir ein gewisses Gefühl der Ruhe zurück.

Wir blieben den ganzen Abend dort, tranken irgendwann, bevor wir uns auf den Weg nach Hause machten. Mittlerweile war dort alles wieder soweit hergerichtet, wohnlich wie man so schön sagte, und geradezu einladend... und irgendwie konnte ich mir in diesem Moment nicht einmal mehr vorstellen diesen Ort jemals wieder zu verlassen.
 

Jui

Tausend Gedanken schienen durch meinen Kopf zu wirbeln als wir Kaorus Haus betraten. In diesem Haus hatte er mir die dunkle Gabe geschenkt wie einige abergläubische Europäer sie gerne bezeichneten.

Zuletzt als ich hier war, war mein Herz noch voller Schmerz über den Verlust Daisukes - und nun?

Jetzt dachte ich wieder an ihn.

Kaum hatte Kaoru Feuer im Kamin gemacht (etwas was er mich nie hat übernehmen lassen) legte ich mich davor und bedeutete ihm sich neben mich zu legen. Stumm genossen wir die nähe des anderen, meinen Kopf auf seine Brust gelegt.

"Kaoru? Hast du jemals Daisukes Gedanken gelesen? Ich mein, bevor du zu mir kamst ..."
 

Kaoru

Die Wärme des Feuers war angenehm und wie wir so da saßen konnte man fast die Jahre vergessen, die vergangen waren. Es war genauso wie damals, nur dass wir nun sehr viel weiter in unserer Beziehung waren. Auf seine Frage hin, überlegte ich einen Moment, wusste nicht was und wie viel ich ihm sagen sollte.

"Ja... durch seine Augen habe ich dich zum ersten Mal gesehen. Da bekam ich automatisch einiges von ihm selbst mit.", sagte ich schließlich. Ich hatte erwartet, dass Jui zwangsläufig wieder an Daisuke denken würde, sobald wir hier waren und es war in Ordnung. Mir war klar, dass dieser Mann immer einen gewissen Einfluss auf Juis Leben haben würde und wenn es auch nur seine Erinnerung war.
 

Jui

Ich kuschelte mich enger an ihn. "Keine Sorge Kao ... ich habe keinen Rückfall oder so etwas. Ich habe nur gerade an unsere erste Nacht gedacht und damit hing er ja auch irgendwie mit zusammen." eine kurze Pause. Ein vertrauter Kuss "Da ist mir aufgefallen das ich ihn nie wirklich ganz verstanden habe. Und da habe ich mich gefragt ob du etwas wüsstest. Du weißt doch wie neugierig ich manchmal bin ..."

Zur Bestätigung meiner Worte legte ich einen kleinen, gespielten Schmollmund auf, brachte ihn damit zum schmunzeln, lockerte also gekonnt die bedrückender werdende Stimmung.
 

Kaoru

"Na gut.", seufzte ich gespielt theatralisch, konnte ihm wie so oft nicht widerstehen und sah im Grunde auch keinen Grund dazu. "Ich denke es ist wirklich schwer jemanden wie Daisuke zu verstehen... ich bilde mir auch nicht ein, dass ich es tue durch die paar Gedanken, die ich von ihm aufgeschnappt habe. Aber er hat dich wirklich geliebt, auf seine eigene, seltsame Art und Weise... auch wenn seine Taten nicht gerade dafür sprechen." Mir fiel es nicht schwer, Jui das zu erzählen, denn schließlich machte es heute auch keinen Unterschied mehr.
 

Jui

Ich legte eine Hand in Kaorus Nacken, wollte das dumme Gefühl nicht loswerden das er mir noch etwas verheimlichte. Erst einmal stumm kraulte ich ihn sanft, setzte erst einen Kuss auf seine Brust und danach auf seine Lippen. Fragte mich derweil wie ich ihm noch mehr entlocken konnte, denn meine Neugier war damit noch nicht befriedigt.

"Und du weißt wirklich nicht mehr? Dieser Mann war doch wirklich ein Mysterium."

Doch nun herrschte Stille zwischen uns und ich rang mich nach einiger Zeit dazu durch sie zu durchbrechen.

"Ich weiß nicht. Manchmal dachte ich das er mich vor der Welt versteckte - das ich ihm so kostbar wäre ... doch dann hatte er mir angeboten zu gehen und dann diese Nacht - bevor du kamst. Ich weiß bis heute nicht warum er mich verlassen hat."
 

Kaoru

Die Wärme und Nähe Juis ließ mich träge werden, fast wollte ich schon einschlafen, doch ich wusste auch, dass Jui mich so lange nicht lassen würde, bis er Antworten auf seine Fragen gefunden hatte. Vielleicht war es aber auch der letzte Schritt für ihn um mit der Vergangenheit ein für alle mal abzuschließen und deshalb antwortete ich offen.

"Ich glaube, dass er selbst nicht ganz wusste was er wollte oder bezweckte. Auf der einen Seite wollte er dich für sich haben, wollte dir auch alles geben, was in seiner Macht stand, aber da waren natürlich auch seine Verpflichtungen als Kaiser und seine Erziehung. Niemand kann so einfach aus seiner Rolle fallen. Und was diese Nacht damals anging..." Ich seufzte leise. "Dieser Diener, der dich damals... naja, er hat Daisuke erzählt, du hättest ihn verführt. Dessen Wut hat dann letztendlich wohl nicht nur dich getroffen, sondern auch diesen Kerl... ich habe dem ganzen nicht mehr viel Beachtung geschenkt in dem Moment, aber ich denke, er ist tot..."
 

Jui

Erschrocken weiteten sich meine Augen. Wie sehr ich Hiroko doch hasste.

Doch schnell beruhigte ich mich wieder, lehnte mich erneut an Kaoru. Seufze mehr zufrieden auf.

"Dann wird Daisuke ihn verurteilt haben. Was anderes hat dieses Schwein auch nicht verdient."

Vorsichtig legte ich meine Arme um ihn, wusste nicht ob es uns beiden je gelingen würde Daisuke zu verstehen, wobei ich immer noch das Gefühl hatte das Kaoru ihn verstand, es mir nur nicht begreiflich erklären konnte, aber das lag wahrscheinlich nur daran das ich Kaoru für unfehlbar hielt.
 

Kaoru

Ich reagierte nicht mehr auf seine Worte, wusste nicht, was ich darauf antworten sollte und ließ es deshalb bleiben. Wortlos lagen wir so beieinander, hielten uns fest, tauschten ab und zu sanfte Küsse aus. Das Gespräch über Daisuke, all die Dinge, die in der Vergangenheit passiert waren, rief Erinnerungen an anderes in mir wach, an die Nacht, in der ich Jui zum ersten Mal bemerkt hatte... und wieso er meine Aufmerksamkeit geweckt hatte.

Die ganzen Jahre hatte ich kaum einmal an Keiko gedacht und wenn, dann nicht mit dem gleichen Bedauern, wie zuvor, doch jetzt kam mir das alles wieder in den Sinn. Zu sehr, zu schnell, zu detailliert. Scheinbar war ich nun derjenige, der nicht mehr mit der Vergangenheit abschließen konnte... und als ich so dort lag, bemerkte ich mit Schrecken, dass ich mich kaum mehr an ihr Gesicht erinnern konnte, lange nicht mehr so deutlich wie einst...
 

Jui

Langsam zogen meine Finger Kreise auf Kaorus Brust. Wahllos, ziellos und irgendwie nicht sehr beschäftigend. Kaoru war vollkommen in seinen Gedanken gefangen, selbst ich bemerkte das.

"Bitte Kaoru ... lass mich an deinen Gedanken teilhaben ..."

Ich hob den Kopf, wollte sehen ob er wieder in das hier und jetzt zurückkehrte.
 

Kaoru

Juis Worte ließen mich stocken. Sollte ich es ihm wirklich erzählen? Was würde es schon ändern? Vielmehr erwartete ich, dass es wohl alte Wunden aufreißen würde... doch ich wollte Jui nicht anlügen.

"Es ist nur... diese ganze Sache erinnert mich an jemanden... jemanden der mir einmal viel bedeutet hat und den ich verloren habe...", erzählte ich leise, doch mir wollten nicht die richtigen Worte einfallen. Geschweige denn dass ich ihren Namen hätte aussprechen können... Keiko... nein, er wollte mir nicht über die Lippen kommen und doch zwang ich mich dazu. "Keiko... ihr Name war Keiko. Sie war eine Geisha, aber doch so anders als die vielen, die es in Kyoto gab und gibt. Ich weiß nicht, ich habe so lange nicht an sie gedacht und jetzt ist sie plötzlich wieder da, als wäre das alles erst gestern gewesen."
 

Jui

An dem Klang seiner Stimme hörte ich heraus, dass es mir schwer fallen würde ihm noch mehr zu entlocken. Aber ich musste es einfach wissen. Ich wünschte mir alles über den Mann den ich liebte zu erfahren und auch etwas, was ihm so viele Schmerzen zu bereiten schien, musste ich in Erfahrung bringen.

"Bitte Kaoru ... rede mit mir darüber. Vielleicht geht es dir danach besser." Ich glaubte selbst nicht so ganz an meine Worte aber irgendwie musste ich ihn ja motivieren.
 

Kaoru

Obwohl ich nicht ganz glaubte, was er da sagte, nickte ich zögerlich. Völlig in Gedanken versunken schenkte ich Jui nicht einmal mehr viel Aufmerksamkeit, ich konnte es einfach nicht. "Es war eigentlich mehr ein Zufall, als wir uns kennen lernten. Sie war eines der schönsten Mädchen in dem Teahouse damals, sie hatte gerade ihr Debut, als ich dort war. Ich wusste sofort, dass sie anders war als die anderen, etwas an ihrer Fröhlichkeit, an ihrem Lächeln stimmte nicht und trotzdem konnte man nicht anders, als es zu erwidern. Die Männer lagen ihr zu Füßen... und ich kann nicht bestreiten, dass ich es in gewissem Maße auch tat.", erzählte ich und vor meinem inneren Auge sah ich sie wieder, da war sie an jenem Abend, so wunderschön und gleichzeitig unfassbar traurig... "Ich kam jeden Abend wieder dort hin und irgendwann unterhielten wir uns... und in diesem Moment veränderte sich etwas. Ich wurde ihr Danna..."
 

Jui

Immer noch strich ich über seine Brust, die so wunderschön erwärmt vom Feuer und vom frischen Blut war.

Ich brannte darauf die ganze Geschichte zu erfahren, klang sie doch so besonders das ich sie einfach erfahren musste.

Meine Schwester Asami ist vielleicht genauso wie diese Keiko. Ich weiß nicht an wen sie damals verkauft wurde, aber es ist schließlich nicht unwahrscheinlich dass sie auch eine Geisha wurde. Sie war schließlich wunderschön. Doch mein Leben währte jetzt schon sehr lang, die Wahrscheinlichkeit dass sie bereits Tod war, war groß. Und wenn nicht musste sie jetzt eine sehr alte Frau sein. Mit Kindern und Enkelkindern sogar. Doch in meinen Fantasien war sie immer noch das junge Mädchen, dass welches ich verlassen hatte müssen.

"Kaoru, was ist ein Danna?"
 

Kaoru

"Ein Danna...", begann ich leise, nachdenklich, küsste ihn kurz, vielleicht um Zeit zu gewinnen um meine Gedanken zu sammeln. "Eine Geisha wird von Männern bezahlt, damit sie Zeit mit ihnen verbringt. Ein Danna ist eine Art Schutzpatron, er hat eine engere, exklusivere Beziehung zu einer Geisha, die lange, meistens einige Jahre anhält... ein Danna ist auch der einzige Mann, mit der eine Geisha schläft...", fügte ich hinzu, wollte ihm dies nicht verheimlichen. Es war nur fair. "Nur wenige können sich so etwas leisten, von vielen wird eine Stellung als Danna fast schon als Prestige-Status angesehen. Aber darum ging es mir nicht. Ich wusste, dass Keiko es hasste sich mit so vielen Männern gleichzeitig gut zu stellen, so zu tun, als wäre jeder einzelne von ihnen etwas Besonderes für sie. Ich wollte ihr das einfach ersparen..." Und das war der Punkt an dem sich alles in mir dagegen wehrte weiter zu sprechen.
 

Jui

Vorsichtig hauchte ich einen Kuss auf seine Wange, sah dass er nicht zu viel mehr fähig sein würde, war viel zu abwesend dafür.

Noch klang es so schön was Kaoru erzählte, fast schon spannend.

Was wohl aus Keiko geworden ist?
 

Kaoru

Es vergingen Minuten, die mir wie Stunden vorkamen, bis ich irgendwann die Kraft fand Weiterzusprechen. Ich wusste, dass ich irgendwann lernen musste, damit umzugehen, also besser jetzt als später, nicht wahr?

"Wir verbrachten schließlich sogar einen ganzen Sommer alleine gemeinsam am Meer. Das war das Jahr, bevor wir uns kennen lernten, Jui... Natürlich merkte sie irgendwann, dass ich kein gewöhnlicher Mensch war, aber anstatt sich davor zu fürchten, faszinierte es sie eher. Sie wusste am Ende einiges, aber nicht alles. Es war ihr letzter Sommer...", fuhr ich leise fort. "Sie wurde krank, wurde mit jedem Tag schwächer und obwohl wir nie darüber redeten, wussten wir beide, dass sie sterben würde. Als der Sommer zu Ende ging, konnte sie nicht mal mehr aufstehen... und dann bat sie mich, ihr meine Macht zu geben... sie zu verwandeln..." Ich merkte kaum, wie sich meine Finger in Juis Kleidung vergruben, sicherlich schon schmerzhaft über seine Haut kratzten. "Sie starb in meinen Armen... und es war zu spät... ich trank ihr Blut und hätte ihr meines gegeben und in diesem Moment blieb ihr Herz stehen..."

Jui Fester legte ich meine Arme um ihn als ich spürte wie seine Finger sich in meine Haut bohrten. Ich konnte gar nicht verstehen wie Kaoru einen Fehler begehen konnte, wollte es gar nicht verstehen.

Ich wusste keine Worte ihn zu trösten, konnte nicht einmal behaupten das es besser für sie war das sie starb, schließlich hatte sie es sich gewünscht einer von uns zu sein.

Stattdessen konnte ich ihn nur festhalten. Mehr nicht.
 

Kaoru

In so vielen anderen Momenten, hätte Juis Nähe mir mehr Trost gespendet, als alle Worte der Welt, doch nun konnte ich sie kaum ertragen. Ich war hin und her gerissen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, zwischen Keiko und Jui und meiner Liebe zu beiden. Langsam stand ich auf, wollte Jui zwar nicht zurückweisen, konnte aber auch nicht länger untätig herumliegen. Es war unmöglich.

Mit beinahe schon unsicheren Schritten verließ ich das Zimmer, ging in das kleine Arbeitszimmer, das seit ihrem Tod unberührt geblieben war, auf die gelegentlichen Säuberungsaktionen der Haushälterin abgesehen. Auf dem Schreibtisch lag, wie erst gestern dort hingelegt, ein kleiner Stapel teurer Papierbögen, verschiedenen Kohlestifte daneben. Seit damals hatte ich nie mehr auch nur daran gedacht zu zeichnen, doch nun mit ihrem Gesicht im Kopf, spürte ich das unbändige verlangen, es für immer festzuhalten...
 

Jui

Mit gemischten Gefühlen sah ich Kaoru hinterher. Ich hatte definitiv etwas falsch gemacht - besser gesagt sogar sehr viel falsch gemacht.

Am liebsten wäre ich ihm gleich nachgegangen , hätte mich entschuldigt, doch dann sah ich ihn in das kleine Arbeitszimmer verschwinden das selbst ich noch nie betreten hatte. Es war immer abgeschlossen gewesen.

Ich wollte gar nicht daran denken wie sehr ich ihn verletzt haben musste, wie sehr wehgetan. Ich wollte all diese Schuldgefühle jetzt nicht spüren.

Mit gesenktem Kopf verließ ich das Haus. Setzte mich im Garten in das grüne feuchte Gras.

Ich konnte die Schmerzen jetzt nicht ertragen.
 

Kaoru

Ich war wie besessen, fühlte mich zumindest so. Minuten- wenn nicht gar Stundenlang saß ich dort, hob kein einziges Mal den Blick, setzte den Stift kaum ab und konnte an nichts anderes mehr denken, während vor mir Keikos Gesicht langsam wieder Form und Gestalt annahm. Es ging fast wie von selbst... kein bisschen Anstrengung musste ich aufbringen, um sie so lebensecht auf dem Papier zum Leben zu erwecken. So schmerzhaft es auch war, schlug mich ihr Gesicht wieder einmal in ihren Bann.

Erst spät in der Nacht kam ich langsam wieder zu Sinnen und schloss erschöpft die Augen. Jui musste sich wohl wieder sonstige Gedanken machen... sich Vorwürfe machen? Ja, das würde ihm wieder ähnlich sehen... Ich zwang mich dazu, aufzustehen und als ich aus dem Fenster blickte, konnte ich Jui in der Dunkelheit erkennen, wie er dort saß im Gras, zusammengesunken, wie ein Häufchen Elend.

Langsam ging ich hinaus und konnte kaum daran denken, was ich ihm nun sagen sollte. Ich fühlt mich nicht mal in der Lage überhaupt irgendetwas zu sagen. Stattdessen setzte ich mich nur neben ihn, legte einen Arm um ihn und blieb stumm.
 

Jui

Wie lange ich dasaß und mich nicht rührte wusste ich nicht. Genau wie meine Gedanken war mir auch mein Zeitgefühl abhanden gekommen. Ich hatte beschlossen nicht zu denken und so starrten meine leeren Augen schon die halbe Nacht den Baum an, ohne ihn überhaupt zu sehen.

Die Geräusche der Nacht zogen an mir vorbei, doch auch ihnen konnte ich keine Beachtung schenken. Ich war vollkommen losgelöst von meiner Umgebung.

Dementsprechend erschrak ich auch als ein Arm sich um meine Schulter legte.

"Kao ... gomen, es tut mir so leid. Ich wollte dir nicht wehtun." die Worte verließen meinen Mund als hätten sie nur darauf gewartet gesprochen zu werden. Ich hatte nicht einmal darüber Kontrolle.
 

Kaoru

Ich schüttelte den Kopf, sah ihn nicht länger an. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Jui. Es waren einfach nur so viele Erinnerungen... es ist nicht deine Schuld." Waren es die richtigen Worte? War es das, was Jui brauchte, um damit klar zu kommen? Ich wusste es nicht und darüber nachzudenken war qualvoll und funktionierte ohnehin nur langsam. Es war, als würde mein Kopf sich mit allen Mitteln dagegen wehren, überhaupt noch etwas Sinnvolles zu tun und ich konnte nicht mal sagen, dass es mich besonders störte. So lange ich nicht nachdenken konnte, musste ich auch nicht an Keiko denken.
 

Jui

Schwach lies ich mich gegen ihn sinken. Meine Gedanken waren viel zu träge um das gesagte zu verarbeiten, aber ich spürte das er mir nicht böse war und so nahm ich es einfach hin, ohne mir weiter Vorwürfe zu machen das ich ihm gar nicht erst hätte wehtun dürfen. Selbst dazu fühlte ich mich momentan zu träge.

Es dauerte nicht lange bis ich das Bedürfnis verspürte mich hinzulegen, also bettete ich den Kopf auf Kaorus Oberschenkel und wandte mich den hellen Sternen zu.
 

Kaoru

Abwesend streichelte ich über Juis Kopf, genoss das Gefühl seines weichen Haars unter meinen Fingern. Die Stille war angenehm und ließ mich langsam wieder zur Ruhe kommen. Die Nachtluft war kühl und das Gras klamm und so zog ich Jui irgendwann auf die Beine, umarmte ihn sanft. "Lass uns rein gehen... Es ist sowieso schon spät, vielleicht sollten wir langsam schlafen." Obwohl die Nacht selbst nicht wirklich anstrengend gewesen war, wir auf der Reise mehr als nur genug Ruhe gehabt hatten, fühlte ich mich erschöpft und müde, körperlich ebenso wie auch im Geist. Die Aufsicht auf einen langen Tag und viel Schlaf war zu verlockend um sich noch weiter in irgendeiner Weise dem entgegen zu stellen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  klene-Nachtelfe
2011-07-13T13:42:15+00:00 13.07.2011 15:42
Tragisch und sehr berührened!!!
Ich finde es wunderbar wie die Gefühle und Gedanken auf einen wirken!
Wirklich toll!!!
LG -^.^-
Von:  Ilona_Delagun
2008-05-05T06:23:27+00:00 05.05.2008 08:23
Das rührt einen ja zu Tränen. Nicht nur das es schön geschrieben ist, soldern auch die Gefühle kommen so gut herüber, das man denkt dabei zu sein. Und Jeden Moment mit Kaoru noch einmal mit zu erleben.
*heul* das hört sich gerade so stumpf an. mir fehlen gerade die Worte um es richtig zu umschreiben. Es ist einfachunglaublich. Ich finde es auch sehr schön, dass Jui sich diesmal zurück hält und nicht so viel sagt, das schafft zusätzlich noch mehr Stimmung. *gänsehaut krieg*

Hochachtungsvoll
Ilona
Von:  Ino_Hana
2008-05-02T15:46:22+00:00 02.05.2008 17:46
Es ist schade das die Story bald zu Ende sein wird, aber eure Fortsetzung gibts ja Gott sei Dank schon ^^
Bin echt noch gespannt was in den letzten drei Kapiteln noch passieren wird zwischen Kaoru und Jui.

LG Taka


Zurück