Die Prophezeiung
Kapitel 11
Die Prophezeiung
Die Jahre vergehen, Deringar versucht verzweifelt, sein Land wieder in den Griff zu kriegen, doch immer wieder wird er sabotiert, er ahnt nicht, das sein Berater dafür verantwortlich ist. Der hetzt immer mehr gegen die Drachen, im verborgenen natürlich, aber durch seine Position weiß er genau, welche Gerüchte er in Umlauf bringen muss. Es sind nicht nur die Drachen gegen die er hetzt, sondern auch gegen deren Hüter, streut immer mehr Misstrauen gegen sie. Das diese Leute Magie gegen die Bevölkerung einsetzen, verantwortlich sind für die katastrophale Sicherheitslage im Reich.
Schließlich lässt er sogar den König beschuldigen, bringt in Umlauf, das sich dieser mit immensen Reichtümern der Drachen, bestechen ließ und nur noch das Wohl dieser bösartigen Tiere im Sinn hat. Zwar gelingt es dem König und seinem Bruder Gorwin immer wieder diese Gerüchte zu entkräften, dennoch bleibt immer ein Rest im Gedächtnis der Menschen, vor allem kostet es den Herrscher viel Kraft, Kraft die er für wichtigere Dinge braucht.
Die gesamte Situation lässt ihn schneller Altern, nur der Gedanke, das er seine Tochter noch mal sehen will, lässt ihn durchhalten. Sein Bruder übernimmt immer mehr Aufgaben, es entlastet ihn sehr, er hofft, das Gorwin sein Nachfolger wird, aber noch sträubt sich dieser.
Rudger indessen ist sehr zufrieden mit sich, es läuft alles nach Plan, der Unmut in der Bevölkerung nimmt immer mehr zu, heimlich baut er sich eine Armee auf, die, sollte sie jemals auf die Menschen losgelassen werden, das Land mit Tod, Vernichtung und blanken Terror überziehen wird. Doch es gibt auch Leute, die sich nicht manipulieren lassen, die erkennen, auf was ihr Land zusteuert. Sie sind dem König treu ergeben, kämpfen für ihn, wo es nur geht, sie widerlegen, überzeugen die Unentschlossenen. So ist das Land wirklich in zwei Lager gespalten, niemand erkennt das Übel der ganzen Lage. Dieser Tage macht eine Prophezeiung die Runde, von den einen belächelt, abgetan als Hirngespinst, den anderen gibt sie Hoffnung auf bessere Zeiten, auf den Frieden. Eine Prophezeiung, die da lautet;
Dieser Tage wird das Herz des Weißen Drachens geboren, wenn die Zeit reif ist, vom Bösen in das Land geholt. Fremd, doch hier geboren, nicht hier her gehörend, doch dem Land verbunden. Von den Menschen ersehnt, von den Drachen respektiert. Vom Schicksal auserkoren, dem Bösen gegenüber zu stehen. Beseelt von den Drachen, getragen von der Hoffnung der Menschen.
Selbst Rudger belächelt diese Prophezeiung, glaubt nicht an sie, wird sie dennoch erfüllen. Bei seinem ganzen Intrigen spinnen, ist es ihm entgangen, das eine zierliche, schwarzhaarige Frau mit blauen Augen wieder im Lande ist. Sie ist hochschwanger, der König weilt auf seinem Landsitz, Gorwin leitet derweil die Geschicke des Landes von der Hauptstadt aus, natürlich nicht ohne den Berater des Königs. Ihm ist nicht entgangen, das Gorwin den Thron erben soll, auch gut, der lies sich noch viel leichter manipulieren als der König selbst. Aus diesem Grund hinterfragt er nicht die Reisepläne seines Königs, der ist auch sehr froh darüber, denn seinen Berater will er nicht in der Nähe seiner Tochter haben.
Glücklich schließt er Letizia in seine Arme, sie sieht zufrieden aus, auch wenn die Reise in ihrem Zustand sicher sehr anstrengend war „Warum ist Eddie nicht mitgekommen“ fragt er leise „Einer muss doch bei Cedric bleiben, sie warten auf uns“ „Cedric?“ sie lächelt schwach, weiß, das es ihn schmerzen muss „Ja...unseren Sohn, er ist erst fünf, da wollte ich ihn nicht mit zuviel fremden Einflüssen belasten, es reicht schon die Reise nach Peru“ traurig sieht er sie an, er hat einen Enkel und kann ihn nicht mal sehen, es schmerzt ihn wirklich. Aber er hat sich im Griff, er will seine Tochter nicht belasten, die Reise, die bevorstehende Geburt, das Ritual, sie hat genug mit sich selbst zu tun, so strahlt er sie an „Erzähl mir von ihm, alles bitte, jede Kleinigkeit, damit ich mir alles vorstellen kann“ Sie erfüllt ihm den Wunsch, denn sie haben nur eine kurze Zeit allein miteinander, sobald sie sich von ihrer Reise erholt hat, reisen sie wieder in das Tal zurück. Dort laufen bereits die Vorbereitungen für die Seelenvereinigung, auch Sheherazade ist schon dort, die Hoffnung der Drachen wird bald schlüpfen.
Schließlich ist es soweit, bei Letizia setzen die Wehen ein, jetzt werden alle, die nicht dem Orden angehören aus dem Tal verband, auch die Drachen ziehen sich auf die Bergkämme zurück. Magie versiegelt das Tal, niemand kann noch herein oder heraus, die Stunden vergehen, der König läuft auf und ab, er erinnert sich an die Geburt seiner Tochter, hat das damals auch so lange gedauert? Ihm fiel ein, das ja gleich im Anschluss der Geburt das Ritual stattfinden sollte. Zu gern wüsste er, wie es abläuft, doch nicht einmal ihm hat man etwas erzählt.
Weit nach Mitternacht fangen die Drachen plötzlich an zu brüllen, ob das ein gutes Zeichen ist? Er hört mit seiner Wanderung auf, starrt auf den Eingang zum Tal, bald muss doch einer dieser Priester kommen und ihm Bescheid geben, er hält es nicht mehr länger aus, schnurstracks geht er auf den Eingang zu, als ihm eine Priesterin entgegenkommt „Herr, kommt bitte mit“ Sie sieht die Sorgen in seinen Augen „Es ist alles gut verlaufen, seht selbst“
Er tritt an das Bett seiner Tochter, sie hält ihr Kind im Arm „Es ist ein Mädchen“ sagt sie ihm „Komm nimm sie“ sie gibt ihm sein Enkelkind in den Arm, er genießt diesen Augenblick, es lässt ihn für einen Moment alles vergessen „Hast du schon einen Namen für sie?“ fragt er Letizia, diese nickt „Nathalia Serena ist ihr Name“ „Du hast den Namen deiner Mutter genommen“ er ist gerührt, das hätte ihr bestimmt gefallen „Ja, den meiner Mutter und den von Eddies Mutter. Ich denke, er passt zu ihr“
Etwas ernster erkundigt er sich „Und die Seelenvereinigung, hat die geklappt? Sie sieht so süß aus, woran erkennt man, das es funktioniert hat?“ Sheherazade antwortet „Das Kind trägt ein Bild auf dem Rücken, das sich im Laufe ihrer Entwicklung mit verändern wird. Ist eines Tages ein erwachsener Drache auf ihrem Rücken zu sehen, ist es Zeit für die Trennung“ Keiner der beiden fragt nach den Risiken und sie schweigt dazu, hat ihnen von Anfang an nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sie hofft inständig, das alles reibungslos laufen wird, das die kleine Nathalia Serena, die Trennung überlebt und danach den Thron besteigen wird. Vor allem hofft sie, das der Körper ihres Sohnes, die lange Zeit ohne Seele überlebt. Sie ist ein großes Risiko eingegangen mit diesem Ritual, sollte es nicht so funktionieren, wie sie es sich gedacht hat, gibt es für niemanden mehr eine Rettung, dann ist alles verloren.
Sheherazade zieht sich zurück, sie wird den Dingen erst mal ihren Lauf lassen, erst wenn sich die Rückkehr des kleinen Mädchens abzeichnet, wird sie wieder in Erscheinung treten.
Zwei Wochen später hat sich Letizia soweit erholt, das sie wieder auf Reisen gehen kann. Deringar hat die Zeit genutzt und sich viel mit seiner Tochter und Enkeltochter beschäftigt, der wiederholte Abschied fällt ihm dadurch extrem schwer. Bevor die junge Mutter nun den Weg zurück antritt, bekommt sie vom Hohepriester ein Medaillon geschenkt „Nehmt dieses Schmuckstück, es wird euch mit der Macht der Drachen beschützten, wenn es nötig ist. Es beinhaltet eines der größten Geheimnisse dieser Welt. Sheherazade hat dies veranlasst, gebt es eurer Tochter, wenn diese Alt genug für die Wahrheit ist.“ Letizia betrachtet den Anhänger, es ist ein schlichtes Oval, auf der Vorderseite ist ein weißer Drache eingraviert, eine Klaue hält dieses Schmuckstück, dadurch kann man das Medaillon nicht öffnen. Sie legt die Kette an, nimmt ihrem Vater das Baby ab, umarmt ihn ein letztes Mal und geht ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie hat Angst, das sie dann nicht mehr von hier fort kann, wenn sie sich noch einmal umblickt. Tränenblind tastet sie sich durch den Höhlengang, schließlich erreicht sie das andere Ende der Höhle, als sie wieder in das Sonnenlicht tritt, wartet Eddie schon auf sie. Überglücklich schließt er seine beiden Mädchen in die Arme.
Traurig kehrt Deringar an den Hof zurück, übernimmt wieder seine Aufgaben, viel Frohes gibt es nicht mehr in seinem Leben, er fühlt sich ausgelaugt, ist einfach nur noch müde. Ein kleiner Lichtblick ist die Heirat seines Bruders und die Geburt dessen Sohnes Toran. Die Jahre vergehen, als Gorwin endlich einwilligt, die Thronfolge anzutreten, ist Deringars Zeit vorüber. Er sitzt im Garten, genießt die Sonne, so wie seine Frau es immer gern getan hat, so lange ist er allein gewesen, viel zu früh hat sie ihn verlassen. „Was sitzt du hier und bläst Trübsal, komm wir gehen spazieren“ ungläubig öffnet er die Augen, da steht sie vor ihm, sieht ihn mit ihren wunderschönen blauen Augen an und lächelt „Nathalia?....aber....wie ist das möglich?“ Sie küsst ihn „Ich bin hier um dich abzuholen, es ist Zeit, das du zu mir kommst. Du hast alles getan, du kannst nun nichts mehr ausrichten. Überlass den anderen die Dinge, die getan werden müssen“ „Ich darf jetzt für immer mit dir zusammensein?“ „Ja mein Liebster, wir dürfen jetzt für immer zusammensein“ Hand in Hand machen sie sich auf den Weg. Der Kammerdiener findet den König später im Garten sitzend mit einem Lächeln auf dem Gesicht.