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Das Reh und der Rabe

Schüler mit Biss
von

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Klischees und andere Vorurteile!

Meine Schultern wurden gepackt und geschüttelt, ein Gesicht tauchte in der Dunkelheit über mir auf und redete ununterbrochen auf mich ein, während es mich weiter schüttelte. Verschwommen nahm ich ein markant männliches Gesicht mit kleinem Kinnbart über mir wahr. Ich kannte dieses Gesicht! Die schwarzen Haare und die Bartstoppeln an der Wange, welche vom Mondlicht silbern beschienen wurden. ‚John‘ wollte ich rufen, doch meine Kehle war wie zu geschnürt und nicht einmal zu einem Röcheln imstande.

Dann war da plötzlich noch ein Paar Hände, welche sich auf meine Rippen und Bauch pressten. Rote Augen funkelte in dieser so kalt wirkenden Nacht auf, bevor alles verschwamm und in einem Sumpf aus Schmerz und Angst versank…
 

Ein leises Surren, oder vielleicht war es auch ein Brummen, nicht laut aber beständig, drang an mein Ohr. Gelegentlich spürte ich wie es leicht vibrierte und schaukelte. Das Rascheln von Papier war das Nächste, das ich bewusst wahr nahm. Mit einem leisen Stöhnen öffnete ich die Augen und erblickte Raven. Er saß mir entspannt gegenüber. Die Beine über einander geschlagen blätterte er in aller Seelenruhe in einer Zeitschrift.

„Ah du bist wieder wach…du hast fast den ganzen Flug verschlafen.“ Teilte mir Raven ungerührt mit und blätterte wieder eine Seite um. Als ich skeptisch die Augenbrauen zusammen ziehen wollte, stach mir ein brennender Schmerz in die Kopfhaut und ließ mich erneut aufstöhnen. Doch half der Schmerz mich aus meinen Schlaftrunkenen Zustand zu befreien. Sofort erinnerte ich mich wieder daran was passiert war und griff an meine Stirn. Ein dicker Verband verdeckte die Wunde über meinem linken Auge. Doch als ich nach meinen Rippen und meiner Schulter tastete, schnappte ich entsetzt nach Luft. Meine Haut war…makellos. Nicht ein Kratzer, kein noch so kleiner blauer Fleck, geschweige denn eine klaffenden Wunde, welche man mir zu gefügt hatte.

Ich muss kreidebleich gewesen sein, denn Raven warf mir einen Blick aus Besorgnis und Verwunderung zu. „Ist dir schlecht? Du guckst so komisch.“ Vorsichtig schüttelte ich den Kopf und zog das eben hoch gerissene Oberteil wieder runter. Dabei erst fiel mir auf, dass ich gar nicht mehr meinen Blazer trug, sondern einen einfachen Pullover und eine Jeans.

„Was ist passiert?“ Wollte ich mit kratzender Stimme wissen. Doch leider ließ Raven mich auf die Antwort warten. Stadtessen reichte er mir ein Glas Wasser und lehnte, sich weiter in dem Luxus-Sitz zurück. Nur ganz kurz ließ ich meinen Blick zum Fenster gleiten um auch wirklich sicher zu gehen, das ich in einem Flugzeug saß. Versteht das jetzt bitte nicht falsch! Ich war nicht verrückt oder begriffsstutzig. Nein, viel mehr lag es daran, dass mir Traum und Realität zu sehr verschwommen, was mir allmählich Angst machte.

„Wir hatten auf dem Weg zum Flugplatz einen Unfall.“ Ich nickte, erinnerte ich mich doch noch gut an den Aufprall. „Du warst nicht angeschnallt und bist mit dem Kopf gegen die Trennscheibe geknallt.“ Wieder nickte ich. „Ich ging raus um nach zu sehen wie groß der Schaden war.“ Noch einmal ein Nicken. „Als ich wieder ins Auto zurück kam, warst du leider bewusstlos.“ Wieder wollte ich nicken, hielt aber mitten in der Bewegung inne und sah Raven misstrauisch an. „Das stimmt nicht…du warst weg und als ich raus bin um dich zu suchen, hat mich irgendwas angegriffen und zerfleischt.“ Spieß ich ihn wütend an. Doch statt auf meine Anschuldigung, dass er mir eine Lüge auftischte ein zu gehen, warf er mir nur einen Blick zu, der wohl soviel sagen sollte wie: ‚Und warum sitzt du dann hier vor mir, wenn du doch zerfleischt wurdest?‘ Erst dabei bemerkte ich wie lächerlich diese Aussage war. Noch einmal tastete ich meinen Körper ab. Doch da war nichts.

„Du hast wohl schlecht geträumt, der Arzt meinte du hast ganz schön was ab bekommen.“ Murmelte Raven und war bereits wieder in seinem Magazin vertief. Im Endeffekt war dies ja eine recht schlüssige Erklärung. Doch warum wuselten mir dann ununterbrochen Fetzten von vermeintlichen Erinnerungen in meinem Kopf herum. Ich hatte das Gefühl den Schmerz jetzt noch spüren zu können.

„Wo sind meine Sachen?“ Raven hob nicht einmal den Kopf, als er mir monoton antwortete: „Du hast stark geblutet, wir mussten dich umziehen.“ Sowohl seine Haltung als auch seine Stimme machten deutlich, dass damit das Thema für ihn abgeschlossen war. Zitternd legte ich die Decke, die mir bis eben über den Beinen gelegen hatte beiseite und stand auf. Raven würdigte mich keines Blickes mehr, als ich an ihm vorbei zur Bordtoilette ging. Der Jet war nicht besonders groß, aber für gerade einmal zwei Personen mehr als ausreichend. In der kleinen Kabine verriegelte ich die Tür und lehnte mich über das Waschbecken. Aus müden, blutunterlaufenen Augen sah ich mich an. Ich wirkte blass und ausgezerrt. Und genauso fühlte ich mich auch. Dazu kam noch das mein Schädel dröhnte, als würde dort drin jemand Hochzeitsglocken läuten. Ich war schon drauf und dran wieder zu gehen, als erneut Fetzen der vergangen Nacht an meinem geistigen Auge vorbei rasten und mich regelrecht mit rissen. Gerade noch so, schaffte ich es mich um zu drehen, um mich würgend und ächzend ins Klo zu übergeben. Kaum war der erste Schwall abgeklungen, kitzelte bereits der zweite in meinem Hals und folgte dem ersten in die metallene Schüssel. Zitternd und fast schon ein wenig apathisch hocke ich auf dem Boden der Kabine und wiegte mich leicht hin und her. Ich fühlte mich einfach elend. Mein Kopf schmerzte, mein Magen rebellierte und ich hatte keine Ahnung wo wir eigentlich hin flogen.

Nach ca. Zehn Minuten, einer gefühlten Ewigkeit, verließ ich die Toilette wieder und setzte mich zurück auf meinen Platz, in dem ich aufgewacht war. Ich stellte die Rückenlehne senkrecht und kuschelte mich wieder in die Decke ein. Insgeheim hoffte ich das Raven vielleicht auffiel das es mir nicht gut ging und er mir wenigstens ein bisschen Mitgefühl entgegen brachte. Aber es war so als würde ich gar nicht existieren, er nahm keinerlei Notiz von mir. Daher entschloss ich mein Leiden für mich zu behalten und mich noch etwas aus zu ruhen. Ich musste schon einige Stunden geschlafen haben, denn die Sonne stand hoch am Himmel, auch wenn dies innerhalb eines Flugzeuges täuschen konnte. Aber jedenfalls war es nicht mehr Nacht.

Mit zitternden Fingern und bebenden Lippen führte ich das Glas mit Wasser an meinen Mund, in der Hoffnung ein wenig den fauligen Geschmack aus vertreiben zu können. Schweigend suchte ich mit den Augen den Innenraum des Jets ab, als könnte ich so Antworten auf Fragen finden, von denen ich nicht einmal genau wusste wie sie lauteten. Der Jet war für ca. Vier Personen ausgelegt. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Flugzeugen konnte man hier die Sitze um 360° drehen und in der Mitte sogar einen Tisch aus dem Boden klappen um während des Fluges gemeinsam zu arbeiten, essen oder was auch immer. Doch zur Zeit war er eingeklappt und auch nur Raven und mein Sitz zeigten zu einander. Dabei war ich dankbar, dass ich in Flugrichtung saß, anders herum wäre mir nur schlecht geworden. Obwohl…im Endeffekt war das auch vollkommen egal, gekotzt hatte ich ja bereits.

Eine blecherne Stimme aus den Lautsprechern über mir ließ mich aus meinem leicht dämmrigen Zustand hoch schrecken. Ich war mit meinen Gedanken so weit weg gewesen, dass ich erst bei der Wiederholung der Worte verstand was der Mann uns da eigentlich mit teilen wollte.

»Wir erreichen in wenigen Minuten unseren Zielflughafen, bitte bleiben sie auf ihren Sitzplätzen bis wir gelandet sind.« verkünde der Kapitän ein zweites Mal vollkommen emotionslos, als wäre er nicht mehr als eine Computerstimme.

Mein Blick wanderte zu Raven. Er saß noch immer in der gleichen Position dort wie zuvor. Ein Bein über das andere, während er die Zeitschrift durch ging. Aus dem Augenwinkel heraus nahm ich einen Schatten war und drehte den Kopf, als gerade eine Stewardess neben mir auftauchte und kurz nach dem rechten sah. Sie beugte sich ein Stück weit zu Raven herunter und wechselte einige Worte mit ihm, die ich nicht verstand. Es klang irgendwie osteuropäisch, aber sicher war ich mir nicht.

Es dauerte keine Zehn Minuten und ich stand wieder auf festem Boden. Es war recht bewölkt aber dennoch sonnig, was Raven stark zu überraschen schien als er kurz nach mir das Flugzeug verließ. Ich fror bereits bei der ersten Windböe, die mich erfasste, erbärmlich und schlang eng meine Arme um den Körper. Dabei trug ich schon eine recht dicke Jacke. Da half auch die Sonne nicht, welche sich hier und da durch die Wolken drängte. Hinter uns wurde gerade das Gepäck ausgeladen und in einen silbernen Wagen geladen, welcher gerade vor gefahren war. Verwundert blickte ich das Schild über dem Eingang des Flughafens an. Darauf stand in großen schwarzen Buchstaben ‘Bine ati venit la Sibiu‘. Mein nächster Blick glitt zu Raven, welcher sich gerade eine Sonnenbrille auf die Nase setzte. Ich verkniff mir die Frage, wieso er sie hier aufsetzte obwohl es so aussah als würden sich die Wolken schon bald wieder zusammen schieben und neuen Schnee über das Land verteilen wollen. „Was steht dort?“ Raven folgte meinem Blick zu dem Schild. „Da steht ‚Willkommen in Sibiu‘.“ Verkündete er mir so glorreich und schob mich zum Auto.

Da ich immer noch Kopfschmerzen von meiner Verletzung hatte, verkniff ich mir, mich über die dürftigen Informationen auf zu regen und setzte mich einfach auf die Rückbank. Diesmal war es keine Limousine sondern ein geräumiger Kombi. Eine leichte Erschütterung ging durch den Wagen, als der Kofferraum geschlossen wurde und der Fahrer bereits los fuhr. „Verrätst du mir jetzt wo ich bin?“ Doch statt einer vernünftige Antwort auf meiner Frage, bekam ich nur eine Sarkastische. „In einem Auto.“ Da ich nun wirklich nicht auf Späße aus war, straffe ich Raven mit einem bösen Blick. Welchen ihn aber weder zu Stein erstarren noch in Flammen aufgehen ließ –Leider. Stattdessen gab er nur ein seufzen von sich und antwortete: „Wir sind in Rumänien, westlich der Karpaten, auf den Weg zum Landsitz meines Großvaters.“

„In Rumänien?“ ächzte ich schockiert. „Du willst mich doch wohl auf den Arm nehmen?! Das ist doch nun wirklich ein Klischee zu viel. Ich halte dich eh schon für Graf Dracula, fehlt nur noch das du kopfüber von der Decke hängst.“ Ich wusste nicht woran es lag, dass allein die Vorstellung in so einem Land zu sein, mich derartig angriffslustig machte. Doch meine –leicht vorwurfsvollen- Bemerkungen, bereute ich sofort.

Mit einem wilden Blick drehte sich Raven zu mir um und hatte bereits die Hand erhoben um mich zu ohrfeigen. Erschrocken kniff ich die Augen zu und hob abwehrend die Hände. Aber als einige Sekunden später immer noch nichts geschehen war, spähte ich vorsichtig durch meine Finger hindurch. Raven saß noch immer da mit erhobener Hand und wütendem Blick. Sein ganzer Körper zitterte, als er sich zusammen riss und zurück lehnte, ohne mich für meine Worte zu bestrafen. „Ich kann diesen Quatsch von Graf Dracula nicht mehr hören. Erwähne so etwas nie wieder in meiner Gegenwart!“

Deutlicher hätte eine Drohung nicht mehr sein können. Daher nickte ich nur schwach und schwieg den Rest der Autofahrt. Ich verbrachte die Zeit damit aus dem Fenster zu sehen und die kahlen, schemenhaft wirkenden Bäume zu zählen, welche in rasender Geschwindigkeit an uns vorbei zischten.

Es wäre gelogen, würde ich behaupten ich hätte keine Vorurteile. Doch dieses Land behagte mir einfach nicht. Es wirkte düster, leer und bedrohlich. Vermutlich hatte ich einfach zu viele Gruselgeschichten über dieses Land gelesen. Denn wohl fühlte ich mich nun wirklich nicht.

Die Bäume am Straßenrand, wirkten knochig und abgestorben, obwohl ich wusste, dass dies nur daran lag, weil es Winter war und sie ihre Blätter abgeworfen hatten, welche den Waldboden unter ihnen bedeckten. Zwischendurch lichteten sich die Wälder und gewähren uns einen Ausblick auf Berge und Seen. Die gefroren Oberfläche schimmerte in einem düsteren Grau, so wie der Himmel welcher sich mit jeder weiteren Minute verdunkelte. Es dauerte auch nicht lange bis es tatsächlich begann zu schneien. Doch anstatt langsamer zu werden, drückte der Fahrer noch etwas mehr aufs Gas. Daher blieb mir auch nicht alles von der Fahrt in Erinnerung. Die dicht stehenden Bäume, welche an uns vorbei rauschten bereiteten mir Übelkeit, starrte ich sie zu lange an. Daher senkte ich den Blick zu meinen im Schoss gefalteten Händen und versuchte mich im Stillen selbst davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Ich war in Sicherheit. Raven hatte versprochen auf mich auf zu passen. Zumindest was meinen Vater anbelangte. Doch wer würde mich vor Raven schützen?
 

Nach ca. eineinhalb Stunden verließen wir die etwas breitere und gut ausgebaute Straße und bogen in Eine ein die kaum die Bezeichnung Feldweg verdiente. Inzwischen wusste ich auch wieso der Fahrer sich so beeilt hatte. Es hatte sich bereits eine beachtliche Schicht aus Schnee und Eis über diese Buckelpiste von Straße gelegt und erschwerte mit jedem weiteren Meter das Vorankommen. Ich schätze mal eine Stunde später und hier kam man nicht mehr ohne schweres Gerät hindurch, wobei ich bemerken muss das wohl selbst ein Schneepflug so seine Schwierigkeiten haben dürfte. Immerhin standen die Bäume teileweise so eng, dass ich mir nicht einmal mehr sicher war, ob wir uns überhaupt noch auf der Straße befanden.

Doch ein kurzer Seitenblick zu Raven ersparte mir die Frage, ob wir hier richtig waren. Er saß so gelangweilt da als könnte er die Strecke mit verbunden Augen finden, obwohl er auch irgendwie einen leicht verspannten Eindruck machte. Zuerst glaubte ich, mir dies nur eingebildet zu haben, so wie viele Dinge in letzer Zeit, doch zwanzig Minuten später, die sich das Auto durch den immer höher aufgetürmten Schnee gequält hatte, wurde ich eines Besseren belehrt.

Die Bäume lichteten sich und endlich erreichten wir unser Ziel. Ein herrschaftliches Anwesen türmte sich vor uns auf und schien mit den riesigen Bäumen in Konkurrenz zu stehen, wer höher war. Doch die umliegenden Tannen hatten eindeutig gewonnen. Als ich bereits ausgestiegen war und mit überwältigendem Blick dieses ehemalige Jagdschloss betrachtete, saß Raven noch immer mit verschränkten Armen im Auto und schien nicht so recht aussteigen zu wollen. Leicht in sich zusammen gesunken erweckte er den Eindruck eines eingeschnappten Kindes, dass sich trotzig gegen eine Entscheidung der Erwachsen wehrte.

Das Quietschen der Eingangstüren, erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Ein hoch gewachsener Mann mit glatt nach hinten gekämmten Haaren im Anzug trat nach draußen, dicht gefolgt von zwei weiteren, wesentlich jüngeren Männer. Alle Drei waren sofort anhand ihrer Kleidung und Haltung als Bedienstete zu erkennen. Die beiden Jüngeren begannen unverzüglich den Wagen aus zu laden und das Gepäck ins Haus zu tragen. Endlich bequemte sich auch Raven dazu das Innere des Autos zu verlassen. Mit einem leisen Murren rückte er seine Sonnenbrille zurecht, versteckte seine Hände in den Hosentaschen und drängte sich wortlos an dem Butler vorbei. Etwas unschlüssig und mit dem Gefühl, das Ravens schlechte Laune allein mein Verdienst war, stand ich da. Erst als der Butler mir mit einer halbwegs freundlichen Geste zu verstehen gab das ich kommen sollte, setzte ich mich in Bewegung. Im Inneren des Hauses war es kaum merklich wärmer, als Draußen. Dort hatte der fallende Schnee sich zu einem mächtigen Sturm ausgeweitet und tobte nun ums Haus.

Raven war spurlos verschwunden, lediglich die nassen Fußabdrücke, welche die rechte Seite der sich teilenden Treppe am Ende der Eingangshalle, zierten, ließ darauf schließen wo er hin gegangen ist. Doch hingegen meiner Annahme, führte mich der Butler nicht die Stufen hinauf, sondern an der Treppe vorbei in den Salon.

In dem ebenso pompösen und großen Raum, war es zum Glück wesentlich wärmer. Der grobe Steinboden war mit dicken rotgoldenen Teppichen ausgelegt um dem Raum Gemütlichkeit zu verleihen. Und obwohl ich mich noch immer nicht wohl fühlte, begann ich mich nach und nach zu entspannen.

Der Butler deutete mir an, stehen zu bleiben. Brav blieb ich wo ich war und wartete, als dieser zu einer Gruppe hoher Ohrensessel vor dem lodernden Kamin ging. Doch soweit ich sehen konnte, saß niemand in diesen, dennoch hörte ich Stimmen. Leider aber wurde meine Sicht von einem der Sessel zu stark behindert als das ich mit Sicherheit sagen konnte das dort tatsächlich niemand war. Es vergingen nur wenige Sekunden und der Butler tauchte wieder in meinem Blickfeld auf. Doch nicht alleine. Vor sich her schob er einen museumsreifen Rollstuhl, in welchem ein alter vom Leben gezeichneter Mann saß. Leicht hob dieser seinen Kopf und blickte in meine Richtung. Obwohl ich einige Meter weit weg stand, erkannte ich das unnatürliche weiß seiner Augen. Aber Raven hatte mir ja bereits mitgeteilt gehabt das er ‚nur‘ einen bilden Großvater hatte.

Der alte Mann sprach ein paar Worte, die aber leider nicht verstand. Erst als nach kurzer Zeit des Schweigens ich mich immer noch nicht gerührt hatte, hob er leicht die Hand und meinte mit einem müden Lächeln. „Verzeih, mit der Zeit vergisst man, dass nicht jeder rumänisch spricht…komm zu mir mein Junge.“ Mir jagte ein seltsames Gefühl in die Magengegend als dieser Mann mich ‚mein Junge‘ nannte. Gewiss meinte er das nur nett und ohne tieferen Grund, dennoch wurde ich das Gefühl nicht los seine Stimme schon einmal gehört zu haben.

Mit wild pochendem Herzen und einer unnatürlichen Nervosität befahl ich meinen Beinen sich in Bewegung zu setzten, was sie überraschender Weise auch taten. Einen knappen Meter von Ravens Großvater entfernt wollte ich stehen bleiben, doch als hätte er mein Vorhaben voraus gesehen, wank er mich mit der Hand noch näher zu sich. „Du musst Eric sein, von dem ich schon so viel gehört habe.“ Sagte er lächelnd und ergriff dabei meine Hand. Ich war schockiert wie kalt und knochig sie sich in der Meinen anfühlte und dennoch schien sie eine unglaubliche Wärme aus zu strahlen.

Leicht nickte ich, erinnerte mich aber auch sofort wieder daran, dass dieser Mann vor mir, es ja nicht sehen konnte und antwortete daher. „Ja, Sir…ich bin ihnen sehr Dankbar für ihre Gastfreundschaft…“ eigentlich hatte ich vor gehabt mich im gleichen Atemzug noch für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen, die ich ihm durch meine Anwesenheit vielleicht bereitete. Doch soweit kam ich erst gar nicht, als dieser alte Mann mir liebevoll die Hand tätschelte und mich mit den Worten: „Nein ich habe zu danken, du bist ein guter Junge und ich freu mich dass du hier bist.“ unterbrach.

Zuerst wollte ich noch etwas erwidern, doch wirklich was Gescheitet fiel mir nicht ein. Ich konnte nur erahnen wie Raven sich zu Hause verhielt. Wenn er so war wie in der Schule, dann tat mir sein Großvater furchtbar leid. Dieser elende Verschnitt eines Eisklotzes hatte es ja nicht einmal für nötig befunden seinen armen alten und bilden Großvater zu begrüßen.

Das Räuspern des Butlers ersparte mir die Peinlichkeit noch länger stumm herum zu stehen und den Herrn des Hauses an zu starren.

„Ach ja. Ich hab leider noch ein paar Sachen zu erledigen…William wird dir dein Zimmer zeigen, dort kannst du dich erst einmal bis zum Essen ausruhen.“ Sagte er und verwies auf den Butler, welcher neben ihm Stellung bezogen hatte und mich mit unbeweglicher Miene ansah. „Vielen Dank, Sir.“

„Nenn mich Isaac, mein Junge.“ Bot er mir an und tätschelte noch einmal meine Hand, die er immer noch hielt. Erst als ich los gelassen wurde, trat ich zwei Schritte zurück und verneigte mich leicht. Es war mir egal ob mich Ravens Großvater sehen konnte oder nicht. So gebot es mir einfach mein Anstand. „Gerne, Si…ähm Isaac.“ Als ich mich wieder gerade aufrichtete konnte ich gerade noch so sehen wie ein glückliches Lächeln auf den Lippen des Mannes lag. „Bis später.“ Damit griff er nach seinen Rädern und rollte vollkommen ohne Hilfe durch den Raum auf eine Seitentür zu.

Es war erstaunlich wie mühelos und präzise er sich trotz seiner Blindheit bewegte. Ich hatte aber nicht mehr genug Zeit noch weiter darüber nach zu denken, da William mich bereits aufforderte ihm zu folgen. Wieder zurück im der Eingangshalle begrüße uns eine unheimliche Mischung aus Schweigen und Kälte. Auch William sagte nichts mehr. Im Allgemeinen schien er nicht viel zu sprechen oder zu lächeln. Irgendwie erinnerte er mich ein bisschen an Raven mit seiner abweisenden und kalten Art. Auch wenn das bei William wahrscheinlich nur an seiner Berufswahl lag und keine Lebenseinstellung wie bei Raven zu sein schien.

Er führte mich die linke Treppe hinauf, einen langen mit Türen und abzweigenden Fluren gesäumten Gang entlang, unter einem kleinen Torbogen hindurch und eine steinerne Wendeltreppe hinauf. Am Ende der Treppe gab es zwei Türen, eine die den Anschein erweckte als wäre sie schon seit Jahrhunderten nicht mehr geöffnet wurden und die andere, mit dem polierten Holz, ließ darauf schließen das sie in nicht allzu ferner Vergangenheit ausgetauscht wurden war. Hinter dieser Tür erstreckte sich ein weiterer kleiner Flur mit drei Türen. Eine auf der linken Seite und zwei auf der Rechten. Am Ende des Flurs war ein schmiedeeisernes Fenster, um alles zu erhellen. William öffnete mir die hintere Tür auf der rechten Seite und zeigte mir das großzügige Schlafgemach mit Baldachin-Bett und eigenem gemauerten Kamin. „Nebenan ist das Bad…zu erreichen durch die Verbindungstür oder den Flur. Gegenüber befindet sich der Arbeitsraum. Wenn sie etwas benötigen brauchen sie nur auf den Knopf neben der Tür zu drücken. Ihr Gepäck wurde bereits her gebracht. Dinner wird um 14 Uhr im Speisesaal eingenommen.“ Ohne mir die Möglichkeit zu geben noch etwas zu sagen, verbeugte er sich und war auch schon wieder aus dem Zimmer verschwunden. So viel Höflichkeit und Komfort war ich schon gar nicht mehr gewohnt. Das letzte Mal als ich jemanden so Reden gehört habe, war in einem Hotel in dem ich im Sommer des vorigen Jahres Urlaub gemacht hatte.

Die Schritte auf dem Flur waren schneller verklungen als mir lieb war, denn nun breitete sich auch hier eine unangenehme und bedrückende Stille aus. Mit einem leisen Seufzen drehte ich mich von der Tür weg und meiner, auf dem Bett liegenden Tasche zu. Jetzt hieß es erst einmal Tasche auspacken und die Zeit bis zum Dinner überbrücken, alles Weitere würde sich dann schon ergeben...

…zumindest hoffte ich das.
 

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*seufz*

Langsam muss ich mich echt für jedes Kapitel entschuldigen -_-

-Einmal weil ihr so lange darauf habt waren müssen…

-Dann weil es so kurz ist…

Und

-weil es tierisch grottig ist
 

Es ist nach wie vor ein Wunder für mich das ich noch immer 73 Favos auf diese FF habe

Naja

Allen Schwierigkeiten und Krankeheiten (hatte Grippe mit 39°C Fieber) zum Trotz…

Hier das neue Kapitel ^^°
 

Eure

Jack-11



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Silverdarshan
2011-05-08T22:51:29+00:00 09.05.2011 00:51
fantastische story! unglaublich spannend und wunderbar geschrieben! ich konnte gar nicht anders, als sie in einem rutsch zu lesen! ich hoffe du schreibst bald weiter, ich kann es kaum erwarten mehr über unseren geheimnisvollen raven zu erfahren und mit erik mitzufiebern ^^

LG
Silverdarshan
Von: abgemeldet
2011-03-27T13:36:32+00:00 27.03.2011 15:36
mach dich nicht selbst so runter, deine ff ist nicht schlecht :D
Von:  saspi
2011-03-27T12:26:02+00:00 27.03.2011 14:26
hey!!
mir hat das kappi gefallen.
bin gespannt aufs nächste.
bye
Von:  Midga
2011-03-27T00:24:25+00:00 27.03.2011 01:24
hmmm... das kapittel is ansich nich schlecht.. nur als vortsetzung für das vorherige hätte ich mir doch schon etwas mehr erwartet...
aber gut so bleibt die spannung erhalten.. nich?! x)
was ich gut fand war die stelle wo eric den alteb mann trifft und glaubt dessen stimme bereits ein mal gehört zu haben!
ich bin gespannt das wie es weiter geht!
bis dahin lg


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