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Eine Novelle für Shadowtears
von

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Das Dorffest

Der Tag kam rasend schnell auf sie alle zu. Wenn Sakura durch die Straßen schlenderte, konnte sie beobachten wie die Menschen Leitern aufstellten und Girlanden aufhangen. Alle Häuser waren prachtvoll geschmückt. Sie bot Naruto an, ihm bei seinem Haus zu helfen und er drückte ihr dankbar eine Kiste in die Hand – Sie kam sich vor wie Zuhause bei ihren Eltern, wenn sie für Weihnachten schmücken half nur, dass hier etwas anders geschmückt wurde. In der Kiste nämlich fand sie, silberbeschlagene Kreuze, wie sie sie schon oft gesehen hatte an den Türen der Häuser.

„Die sind erst vor nicht allzu langer Zeit dazu gekommen. Anlässlich der modernen Vorstellung, dass Werwölfe mit Silber abgewehrt werden können, ließ man die Kreuze in Silber einschlagen.“ Er grinste. „Cool, was?“

Sakura nickte, fragte aber:

„Wieso Werwölfe?“

Er hielt in seinem Tun inne und kam von der Leiter zu ihr herunter.

„Das weißt du noch nicht?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Na, die Kostüme, die sie durch die Stadt tragen werden, stellen Wesen wie Werwölfe und Vampire, wilde Wölfe auch und so dar. Was immer sich findet – Die Zombies sind die coolsten, nicht so altmodisch, weißt du. Es ist ein alter Brauch. Früher hat man gefeiert, dass man von den Wesen verschont geblieben war.“

„Aha“, machte Sakura dümmlich und fragte sich, ob es etwas mit Sasukes Abneigung gegen das Fest zu tun hatte, dass er ihr davon nichts erzählt hatte, wo er doch sonst so redselig war.
 

Am nächsten Morgen verließ Sakura die Burg früh und marschierte über den vereisten Boden und durch die beständige Kälte zum Dorf hinunter. Sie eilte durch die geschmückten, noch stillen Straßen. Sie ahnte, dass sich das bald ändern würde. Bei Naruto wurde sie herzlichst mit Glühwein in Empfang genommen (Natürlich war es Kiba, der ihr den Becher überreichte); Ino fiel ihr erfreut um den Hals. Sakura fragte sich flüchtig, wie es kam, dass Narutos Haus immer voll war. Alle bekundeten, wie froh sie waren, dass Sakura nun doch wieder so schnell zurück war. Sie drehten Musik auf bis Sakura glaubte, die Nachbarn müssten sich beschweren. Doch offensichtlich hatten die armen Seelen sich bereits an dergleichen gewöhnt und sich damit auch noch abgefunden.

Bewundernswert, fand Sakura.

Das Haus wurde voller und voller. Es kamen neue Gesichter hinzu, die offensichtlich auch gut mit Naruto befreundet waren, aber sie hielt sich an seinen engsten Vertrautenkreis. Dort kamen nur wenige Neue hinzu. Eine Familie mit walisischem Nachnamen, zum Beispiel. Schnell freundete Sakura sich mit einem jungen Mädchen an, deren Vetter wohl ‚Familienoberhaupt’ oder so etwas Ähnliches war. Hyuga Hinata hieß sie. Ein wirklich nettes Mädchen war sie mit schwarz schimmerndem Haar und hellen Augen, die das Licht zurückwarfen. Ihr Vetter, Hyuga Neji, der wohl schon etwas älter war und recht schweigsam, hielt sich größtenteils aus den Gesprächen heraus und keiner war sich so wirklich sicher, ob er ihnen vielleicht allen lauschte oder ob nichts von alldem ihn interessierte; er erinnerte sie ein wenig an Sasuke.

Wenngleich er die gleichen ebenmäßigen asketischen Züge hatte wie seine Cousine und auch dieselben imponierenden Augen, so war er doch ein kleiner Finsterling, fiel ihr auf und Hinata und sie lachten über die Tatsache, dass niemand begriff wie er an eine so bezaubernde Gattin hatte kommen können, die aufrecht und anmutig neben ihm auf der Couch saß.

Ino weihte sie noch in den Klatsch und Tratsch ein und bekannte, dass die beiden zusammen aufgewachsen waren und schon immer so verschieden gewesen waren. Sakura musste unweigerlich an sich selbst und Sasuke denken als sie die junge Frau mit Namen Tenten ansah, die sich lachend unterhielt nur um dann den Kopf an die breite Schulter ihres Gatten mit dem immer stoischen Gesichtsausdruck zu lehnen. Der Name passte zu ihr. Ihre Augen waren zwar braun und warm, aber trotzdem hatte man das Gefühl das ein sanftes bernsteinfarbenes Glühen darin mitschwang.

„Ja ja, Neji ist schon ein verrückter Hund. Wie der an Tenten gekommen ist, weiß Gott allein – Okay, und vielleicht die beiden. Sie hat aber meiner Meinung nach, etwas ganz anderes verdient als diesen Finsterling. Etwas viel Besseres.“

„Ist er wirklich so schlimm?“, erkundigte sich Sakura. Hinata schüttelte nachsichtig den Kopf, Ino nickte und meinte überzeugt:

„Er ist der einzige, der sich mit diesem Herrn Uchiha abgibt. Das sagt ja wohl auch schon alles.“

Sakura wurde bleich, aber um darüber hinweg zu täuschen, verdrehte sie die Augen.

„So schlimm kann dein Herr Uchiha nicht sein.“

Hinata sah zu ihr und sagte:

„Das ist er auch nicht. Er ist nur ... anders. Und still. Bei unserer lieben Ino ist das natürlich sofort ein Grund ihn zu lynchen.“

Ino verdrehte beleidigt die Augen.
 

Später gingen sie allesamt auf die Straße hinaus, sahen den vielen kostümierten Leuten zu, die auf kleine Kinder zusprangen und sie kitzelten. Ihre Masken waren bewundernswert. Naruto fand zwar die modernen Zombies am besten, aber die traditionellen Kostüme übten eine merkwürdige Faszination auf Sakura aus – Wahrscheinlich wegen Sasuke. Eine strotze so vor aufgeklebtem Fell, dass sie nur einen Werwolf repräsentieren konnte. Ihr Träger hielt Sakura die Hand hin und drehte sie.

„Enchanté Madame“, lachte eine helle Stimme unter der Maske.

„Monseigneur Bisclavret“, erwiderte Sakura aus einer Laune heraus, bevor ihr Werwolf wieder fort sprang, um Narutos arme Nachbarn zu erschrecken. Sakura machte ein Foto von ihm und bat mehrere der Maskierten sich aufzustellen, damit sie sie fotografieren konnte – in den verschiedensten Posen. (So kam es auch, dass einer der Vampire so tat als beiße er Kiba in den Hals, worauf dessen Köter den Kostümierten böse ansprang). Einmal sogar sandte sie sich kurz von ihrer Gruppe ab, um andere Leute nach ihrer Meinung zum Fest zu fragen. Sie kam zu dem Schluss, dass überall Hochstimmung herrschte. Und das bekam Sakura selbst am Abend noch zu spüren, denn sie musste feststellen, dass sie recht betrunken war.

– Gott verfluche den süßen Glühwein!

Das Fest hatte sie berauscht und eigentlich wollte sie nur ins Bett schwanken und sich auf den Kater am nächsten Morgen vorbereiten. Aber es sollte eben doch etwas anders kommen. Sie saß neben Nejis junger Frau auf der Couch und unterhielt sich. Sie war wirklich ein bezauberndes Wesen mit weichem braunem Haar und den wärmsten Augen. Ihr Gatte lauschte stillschweigend ihrem Gespräch. Sakura wunderte sich, dass er mit jedem Glas Sekt, das er trank, nicht betrunkener wurde.

„Hat dieses Fest hier eigentlich noch einen Grund außer dass wir feiern von den fürchterlichen Wesen verschont geblieben zu sein?“

Tenten dachte versonnen nach, bevor sie antwortete.

„Nun, ich glaubte immer, man solle sich mit den Leuten umgeben, die man gern hat, die einem etwas bedeuten – Schließlich will man von denen am wenigsten, dass sie einem der Wesen zum Opfer fallen. Niemand soll alleingelassen werden, denn in der Gemeinschaft ist es einfach den ‚wilden Bestien’ zu widerstehen“, lächelte sie schelmisch mit einem schweren fremdländischen Akzent. „Neji und ich haben heute Morgen schon unseren Freund auf der Burg besucht. Er ist leider nicht sonderlich beliebt. Vielleicht kennst du ihn? Er heißt Sasuke“, fragte sie, wurde aber gleich darauf besorgt:

„Alles in Ordnung, Sakura?“

Sakura war ziemlich blass geworden ob ihrer Schuldgefühle, die auf sie einstürzten. Sie hatte Sasuke heute noch nicht zu Gesicht bekommen.

„Ehm, ja, ich kenne ihn und …“ Sie sah Tenten an, entschied sich ihr zu öffnen. „Ich glaube, ich sollte auch einmal bei ihm vorbeischauen. Ich habe ihn heute noch gar nicht gesehen.“ Tenten lächelte beinah wissend und versicherte, dass dieser sich sehr darüber freuen würde. Zu Sakuras Verwunderung schenkte sogar Neji ihr ein winziges Lächeln.

„Außerdem“, fügte Sakura hinzu als sie zu plötzlich aufstand. „Wird es Zeit für mich.“
 

Sie alle lachten (Kiba am lautesten) und Sakura machte sich mit schweren Gliedern und Kopf daran, sich zu verabschieden. Neji reichte ihr wohlwollend die Hand, Tenten umarmte sie. Genau wie Hinata und Ino. Shikamaru schlug ihr auf die Schulter und Naruto wie Kiba wollten es sich einfach nicht nehmen lassen, auch einmal die Arme um ihren hübschen Körper zu legen. Der Rest sagte ihr auch noch auf Wiedersehen und so kam es, dass es eine halbe Stunde dauerte, ehe sie endlich zur Burg zurück stapfen konnte.

Verblüfft musste sie feststellen, dass sie aufgrund ihres Zustandes kein Auto hätte fahren können und gab gut Acht als sie die Treppe aufstieg, vor welche Sasuke sie so eindringlich gewarnt hatte.

Dann klopfte sie vorsichtig an seine Tür, hoffte, dass er noch nicht eingeschlafen war. Erst war es still, dann hörte sie erleichtert seine Schritte. Wenig später öffnete er ihr die Tür.

„Sakura“, machte er erstaunt. Sie sah zu ihm hoch, hob entschuldigend lächelnd die Schultern.

„Entschuldige, früher ging’s irgendwie nicht …“

Er starrte sie verwundert an. Das kam in letzter Zeit recht oft vor, stellte er fest. Sie steckte voller Überraschungen, ging ihm auf.

„Wir waren nicht verabredet“, erwiderte er.

„Trotzdem“, entschied sie und trat ein als er zur Seite glitt. Sie hatte sich zu plötzlich vorwärts bewegt und strauchelte zur Seite. Hastig packte Sasuke sie hart am Oberarm und zog sie zu sich.

„Huch“, machte Sakura nur, erstaunlicherweise ohne zu lallen. „Entschuldige bitte.“

Dankbar lehnte sie einen Augenblick an seiner Brust. Er wandte nichts dagegen ein, schloss nicht einmal die Tür. Dann drückte Sakura sich von ihm fort und stand deplaziert im Raum umher. Jetzt erst schloss Sasuke die Tür.

„Zu sehr gefeiert?“, fragte er amüsiert. Seine Augen hatten einen eigentümlichen Glanz und ihr eigenes Lachen verhallte in ihren eigenen Ohren viel zu schrill.

„Scheint so“, erwiderte sie dann, plötzlich müde. Jetzt, dass sie nicht mehr dem eisigen Wind ausgesetzt war, der sie wach hielt, spürte sie wie die Müdigkeit in ihre vom vielen Alkohol schwer gewordenen Knochen schlich. Sasuke begriff schnell, nahm sie behutsam am Arm und führte sie zu seinem Bett. Sie wehrte ab.

„Ich kann jetzt nicht schlafen. Ich muss dir doch an diesem Tag Gesellschaft leisten! Das macht man doch so …“, protestierte sie und sah ihm ins Gesicht. Sasuke musste lächeln.

„Das hast du von Tenten gehört. Sie war mit Neji bestimmt auch dort, nicht wahr? Nun, sie hat zwar Recht, aber ich fühle mich schon geehrt, dass du einen Gedanken an mich verschwendet hast.“ Er wollte sie aufheben und ins Bett legen, aber sie wollte nicht.

„Nicht verschwendet …“, murrte sie. Sie setzte sich an die Bettkante und winkte ihm sich, bitte, neben sie zu setzen. Er leistete ihrem Wunsch Folge und betrachtete sie erwartungsvoll. Sakura sammelte ihre verschleierten Gedanken und sprach mit schwerer Zunge.

„Erst müssen wir reden und uns unsere Glückwünsche aussprechen, dass wir froh sind einander zu haben. So ein Zeug. Aber auf jeden Fall müssen wir etwas Zeit miteinander verbringen. Das muss so sein, sonst reißt mir die Tradition den Kopf ab, weil ich ihr nicht genügend Wert zuzolle.“ Sie grinste und Sasuke gab ob ihres hübschen Gesichtes nach.

„Okay. Ich bin froh, sehr froh, dass ich dich kennen lernen durfte, Haruno Sakura.“ Er hatte nach altmodischer Sitte ihre Hand ergriffen und lächelte ihr schelmisch zu.

„Ich auch, sehr sogar, Uchiha Sasuke“, gestand sie ihm glücklich. Dann entzog sie ihm ihre Hand und begann ohne Grund von dem Fest zu erzählen. Mitten drin hielt sie dann plötzlich inne und fragte.

„Sag’ bloß, ich bin gedankenlos und rede von einem Fest, dem du nicht beigewohnt hast. Es muss dich doch stören, nicht?“

„Weshalb?“

Sakura hob die Schultern.

„Muss es eben.“

Sasuke schüttelte mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen den Kopf.

„Keineswegs. Deine wunderschöne Stimme nimmt der Geschichte alle Bitterkeit“, übertrieb er schamlos. Sie saßen noch lange beisammen und lachten. Ehe Sasuke sich versah, saß er auf seinem Bett, lehnte am Bettpfosten und hielt eine angetrunkene Sakura im Arm, die ihn ausfragte.

„Nun … ich weiß es nicht so genau …“, log er.

„Neji und Tenten mögen dich. Warum der Rest nicht? Das ist nicht fair.“

„Nein, ich schätze, das ist es nicht“, lenkte er ein. Er verzog bitter einen Mundwinkel und war dankbar, dass sie es nicht sehen konnte.

„Ich mag dich“, versicherte sie ihm treuherzig wie ein kleines Kind ihrem Teddybären.

„Danke. Das ist sehr tröstlich.“

Sie nickte zustimmend.

„Du, Sasuke?“

„Hm?“

„Warum magst du das Fest nicht?“

„Tja …“

„Sasuke?“

Er schwieg. Und überlegte. Dann begann er zögerlich, „Nun …“, aber dann fiel ihm nicht ein wie es weiter gehen sollte.

Sakura kam in ihrem Zustand nicht darauf, dass es taktlos war ihn danach zu fragen und dass es sie eigentlich auch nichts anging.

„Ja?“, drängte sie daher.

„Ich hatte früher kaum Spaß an dem Fest“, gestand er. Er war verwundert wie leicht es ihm über die Lippen kam. Es nahm der ganzen Geschichte die Unmenschlichkeit.

„Weiter?“, wollte Sakura wissen. Sie sah ihn mit großen Augen an.

„Nun, sie haben mich immer … ich war ihr höchstpersönlicher Werwolf.“

„Wie?“, fragte Sakura verwirrt als hätte sie seine Worte nicht verstanden. Sasuke war doch keine menschenfressende Gestalt!

„Sie banden mich an einen Pfahl und spielten aufgebrachte Menschenmasse. Mit mir als Opfer.“ Er sagte es ganz unbeschwert, ohne jede Bitterkeit und er war stolz, dass er so ruhig klang, seine Stimme nicht bebte.

„Oh.“ Dann begriff Sakura erst und sah mit ungläubig geweiteten Augen zu ihm auf.

„Aber …“

„Was?“, erkundigte er sich sanft.

„Das muss Folter gewesen sein. An einen Pfahl?“

„An einen Pfahl“, bestätigte er ohne Genugtuung.

„Wer?“

„Kinder.“

„Wer, Sasuke? Wer?“

„Shush“, machte er, legte eine Hand an ihre heiße Stirn. Die Trunkenheit machte sie gefühlsbetonter als sie sonst ohnehin gewesen wäre. Sie wandte sich zu ihm um und nahm ihn in den Arm.

„Armer Sasuke“, bekundete sie.

„Armer Sasuke“, machte er halb belustigt, um die trübselige Stimmung so spät am Abend wegzublasen. Es war beinah 23 Uhr, stellte er mit einem schnellen Blick auf die vom Mondschein belichtete Uhr fest.

Sie wollte ihn gar nicht mehr loslassen.

„Sakura?“

„Hm?“

„So sehr bin ich nun auch nicht zu bemitleiden.“

„Oh.“ Sie ließ von ihm ab, lächelte darüber, dass er nicht mehr so niedergeschlagen war und lehnte sich impulsiv als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt vor, um ihn auf den Mund zu küssen.

„Du hast Recht, wie immer. Bist gar nicht bemitleidenswert.“ Sie grinste, verstand gar nicht, was sein Gesichtsausdruck zu bedeuten hatte.

Sie steckt voller Überraschungen, sagte er sich wieder.

Er war schon wieder verblüfft. Das hatte er irgendwie nicht so kommen gesehen. Die Tatsache, dass er sich nun nach ihren schmalen Lippen sehnte, machte es nicht besser.

Die Wirkung des Alkohols hat noch nicht nachgelassen, redete er sich ein, aber es half alles nichts. Als sie sich aus gar keinem für ihn erkennbaren Grund auf den Rücken warf und lachte, erkannte er wie sehr er ihr tatsächlich verfallen war.

Das helle, rotblond gewellte Haar verteilte sich um ihren Kopf und zierte ihren Hals und Schultern. Ihr bleiches Gesicht schimmerte im Dunkeln des Raumes, denn Sasuke hatte kein Licht gemacht; nur der Mond schien ins Zimmer. Ihre Brust hob und senkte sich mit jedem ausfallendem Atemzug und als sie wieder die Augen aufschlug, aufhörte zu lachen, konnte er sich nicht wieder von dem Anblick der herrlichen, erfrischend grünen Augen reißen.

„Was ist?“, fragte sie verwundert. Da bemerkte er, dass er sie anstarrte. Aber er konnte nun einmal nicht anders.

„Nichts“, antwortete er, merkte aber selbst, wie rau und heiser seine Stimme klang. Er wusste, seine Handflächen waren verschwitzt und er war nervös, ob der Tatsache, dass er sie wollte wie ihm soeben klar geworden war.

„Sasuke?“

„Hm?“

„Das glaub’ ich dir nicht.“ Sie richtete sich wieder auf und beugte sich zu ihm, sah ihm ernst in die Augen.

„Also gut … Du willst, dass ich ehrlich bin?“

Sie nickte. Und er umfasste ihre Handgelenke, zog sie zu sich, sodass sie an seine Brust fiel. Dann hob er ihr Gesicht ein wenig an und küsste sie sanft. Er hatte sie hart auf den Mund küssen wollen, damit sie Angst bekam und von da an zu ihrem eigenen Besten etwas mehr Abstand zu ihm hielt, aber irgendwie konnte er nicht. Genauso wenig wie er jetzt von ihr ablassen konnte. Seine Hände fuhren an ihr herab, fahrig beinah fiebrig. Er strich zittrig ob Ungeduld über ihre Brüste, spürte sie in den Kuss stöhnen, und umfasste fest ihre Taille, aber nicht roh. Sie küsste ihn erstaunlich eifrig zurück. Ihre Zunge war viel flinker als seine und schob sich schamlos zwischen seine Zähne hindurch. Er zog sie eng an sich, spürte ihren weichen biegsamen Körper und fragte sich wie sich das hier eigentlich entwickelt hatte. Aber er vergaß die Frage sofort als sie ihre Hand in sein Haar schob. Er konnte nicht anders als in den Kuss zu lächeln, aber dann merkte er mit einer eigentümlichen Entrücktheit wie es solch Liebende manchmal erfasste, dass er sie auf ihren Rücken legte, sich über sie beugte. Er schluckte und schüttelte entschlossen den Kopf, was ihm allerdings nur einen fragenden Blick seines Gegenübers einbrachte.

„Das geht nicht.“

„Was?“, fragte sie unschuldig, aber mit einem dunklen Blick, von dem nicht schwer zu erraten war, was sie mit ihm bezweckte.

„Das hier“, herrschte er aufgebracht. Er hatte die Stimme eine Winzigkeit erhoben, was nur von seiner Enttäuschung über seinen eigenen Anstand herrührte, aber es reichte doch aus, um sie erschrocken zusammenzucken zu lassen. Er ließ sich zur Seite fallen legte sich stumm neben sie und drückte entschuldigend ihre Schulter.

„Entschuldige bitte. Das wollte ich nicht.“

Sie betrachtete ihn eine Weile von der Seite, fragte sich wohl, für was genau er sich entschuldigte und kam zu dem Schluss, dass er dieses Mal sein Aufbrausen gemeint hatte.

„Das ist nur verständlich und nun wirklich nicht deine Schuld.“

Er sah sie erstaunt an. Er hatte sie geküsst, aber irgendwie schien sie zu verstehen, dass sie ihn geradezu dazu verführt hatte.

„Und der Rest sollte dir nicht leid tun. Mir tut’s auch nicht leid.“

„Du bist betrunken“, konterte er. Entrüstet sah sie ihn an. Sie war herrlich niedlich mit ihrem kleinen Stirnrunzeln und die von seinen Bartstoppeln gerötete Mundpartie.

„So sehr nun auch wieder nicht!“

„Nur nicht …“ Er lächelte trotzdem. Sie richtete sich auf einen Ellbogen auf und lehnte sich zu ihm.

„Das ist mir aber egal“, erklärte sie trotzig.

„Mir aber nicht. Ich wüsste es mehr zu schätzen, wärst du nüchtern.“ Sakura verdrehte die Augen, ließ sich aber willig zu ihm herunterziehen, kuschelte sich an ihn und schloss die Augen.

„Du lügst … wie gedruckt!“, klagte sie. Er drückte seine Nase in ihr Haar, sog ihren Duft tief in sich ein.

„O ja, vollkommen …“, gestand er offen, legte einen Arm um sie und zog sie noch ein wenig weiter zu sich. Ihre Nähe erregte ihn, aber er konnte sich sehr wohl unter Kontrolle halten. Hoffte er jedenfalls.

Sie zuckte noch etwas beleidigt neben ihm, aber bald wurde ihr Atem ruhig und er wusste sie schlief. Er wusste auch, dass er seine Chance nun vertan hatte.

Tölpel, dachte er erzürnt. Morgen wird sie sicher wieder bei Verstand sein und einen Teufel tun, ehe sie dich nochmal nimmt.

Und so brachte der anständige unglückliche Tropf die Nacht damit zu, trübsinnig an seine kahle unebene Decke zu starren und sich ein klein wenig selbst leid zu tun.
 

Er hatte nicht allzu früh Gelegenheit mit ihr weiter darüber zu disputieren, denn Sakura schlief lange und, als Sasuke vom Hof zurückkam, lag sie immer noch eingerollt und zugedeckt in seinem Bett. Also schob er einen Stuhl ans Fenster, setzte sich und las. Auf dem Buch prangte in großen Lettern ‚Hans Delbrück, Geschichte der Kriegskunst. Das Altertum, die Germanen’(5) und war recht interessant, fand Sasuke, sehr ausführlich. Es war ein deutsches Buch und er hatte lange gebraucht, bis er die Sprache so gut beherrschte, dass er den dicken Einband hatte lesen können. Des Weiteren war es sehr ungewöhnlich, dass der Text überhaupt zu etwas zu gebrauchen war, denn damals, als es geschrieben wurde, verfielen alle Geschichtsbücher meistens der Idealisierung der Deutschen. Nichtsdestotrotz, damit brachte er seine Zeit zu bis er unwilliges Murren hinter sich hörte. Im schwindenden Licht, denn es war recht spät geworden, trat er an sein Bett, sah liebevoll auf sie herab. Sie krallte die schlanken Finger in die Laken und sah ins Licht zu ihm herauf. Sie musste blinzeln.

„Morgen… “, nuschelte sie schläfrig.

„Das ist es schon lange nicht mehr. Eher Nachmittag. Wir haben vier Uhr“, klärte er sie auf und Sakura stöhnte unwillig. „Ehrlich?“ Verzweifelt versuchte sie sich aufzusetzen, musste aber feststellen, dass scharfer Kopfschmerz durch ihren Schädel fuhr und ließ sich automatisch wieder auf die Bettstatt sinken. Sasuke reichte ihr ein vorbereitetes Glas Wasser und die dazugehörige Asperin-Tablette. Sakura nuschelte ihr Dankeschön, nahm die Tablette hastig ein.

„Gott… Was war gestern los, dass mir so der Schädel brummt? Und wo wir schon mal dabei sind, was machst du in meinem Zimmer?“ Dann riss sie die Augen auf, sah ihn an. „Etwa…?“ Als er nicht antwortete, sie nur halbwegs amüsiert anlächelte, nahm sie sich die Zeit und blickte sich trotz pochendem Schädel um.

„Okay, falsche Frage“, musste sie einlenken. „Was mache ich in deinem Zimmer?“

„Du bist hier eingeschlafen. Direkt nachdem du gestern bei Naruto wohl etwas zu lang gefeiert hast. Du trinkst nicht so oft, was?“

Sie stöhnte wieder vernehmbar, was offensichtlich zu bedeuten hatte, dass sie sich an den gestrigen Tag erinnerte.

„Na, kommen die Erinnerungen zurück?“, lachte Sasuke, vielleicht eine Spur zu nervös. Natürlich bemerkte sie es nicht, wo sie doch damit beschäftigt war mit ihrem Schädel fertig zu werden.

„Ja… O Sasuke, es war ein einmaliges Ereignis!“, schwärmte sie.

„Ich weiß.“

„Aber du warst doch gar nicht da… “

„Nein.“ Das war der kritische Augenblick. „Aber mir wurde ausreichend darüber berichtet.“

„Von wem denn? Etwa… “ Sie hielt mitten im Satz inne, als sei ihr etwas eingefallen. Die nächste Welle aus Erinnerungen schien sie erfasst zu haben.

„Oh“, machte sie dann nur. Ihr Gesicht zeigte verwirrtes Begreifen.

„Oh“, machte sie deshalb noch einmal etwas dramatischer, als sie des ganzen Ausmaßes gewahr wurde, bevor sie ihren Satz letztendlich doch beendete.

„Tenten… die mir von dir erzähl hat und mich daran erinnert hat, dass ich dir noch einen Besuch abstatten musste.“

„Ja, das ist Tenten. Nur ist sie nicht diejenige, die mir so ausführlich Bericht erstattet hat.“

„Nein“, musste sie einräumen. „Das war ich.“

„Wenn ich mich richtig entsinne, dann ja.“

„Aha“, machte sie zerknirscht, sah ihn nicht an, starrte auf das zerknüllte Laken vor sich. Hinter ihrer Stirn pochte es noch immer, aber ob der neusten Erkenntnisse waren sie plötzlich erträglich. Sie erinnerte sich an den ganzen Abend, den ganzen und sie stellte nicht sonderlich verwundert fest (Sie hatte es schon im Stillen gewusst), dass sie jedes Wort so gemeint hatte, wie sie es gesagt hatte, jede Geste genau das ausdrückte, was sie empfand. Was sie allerdings verwunderte, war, dass er ähnlich zu denken schien. Warum machte er denn dann keinen Schritt auf sie zu? Küsste sie? Schloss sie einfach nur in den Arm? Stattdessen lehnte er mit verschränkten Armen an der Wand, betrachtete sie eindringlich.

„Du, Sasuke?“

„Hm?“

„Ich hab’ Kopfweh“, jammerte sie ihm vor und er bewegte sich lächelnd zu ihr herüber, setzte sich auf die Bettkante.

„Ich weiß. Kannst du noch schlafen?“

„O ja, am liebsten noch einen ganzen Tag“, gestand sie, sah ihn verzweifelt an.

„Dann bleibst du heute noch hier.“ Als er bemerkte, wie sie aufbegehrte, erstickte er ihren Protest im Keim. „Keine Widerrede. Du bleibt… Ja? Bitte.“

Dem hatte sie wenig entgegenzusetzen. Also nickte sie ergeben.

„Schön, dass das geklärt ist... So, wie wär’s mit Frühstück für dich, bevor du mir gleich wieder einschläfst?“



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