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Mythna

Das Erwachen einer neuen Zeit
von

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Shinsara- heilige Waffe

13. Kapitel:
 

Melanie und Canzor
 

Shinsara- heilige Waffe
 

Es war bitter kalt im Iranogebirge, was sich im höchsten Norden befand. Dieser Ort war Canzors Heimat. Eine eher raue Gegend mit zerklüfteten Felsen und steil abfallenden Felswänden. Überall ragten spitze Felsen, wie Nägel aus einem Nagelbrett, aus den Ebenen heraus. Im Laufe der Zeit hatte Wind und Wetter viele Höhlen in die Felsen gefressen wie hungrige Heuschrecke auf einem Getreidefeld.

Heute pfiff ein harter Wind durch die Schluchten und das Heulen von ihm klang metallisch. Vereinzelt befanden sich auf den Gipfeln vertrocknete oder verbrannte Bäume. Schwarze Wolken sammelten sich am Himmel und bildeten eine undurchdringliche Decke. Der scharfe Wind trieb sie immer mehr zusammen wie ein Hirte seine Schafe.

Eigentlich war es nun Mittag, doch es sah aus wie finsterste Nacht. Das Tal lag in ein schwarzes Gewand gekleidet dar. Es war still, nur das Brausen des kalten Windes nahm den Gehörgang in Anspruch.

Melanie krallte sich in die Halsschuppen von Canzor um nicht durch ihr leichtes Gewicht davon geblasen zu werden. Sie strengte sich so sehr an, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Der Drache flog über spitze Felsen und schraubte sich durch enge Schluchten. Sein Schwanz mit den spitzen Dornen peitscht hin und her. Canzor schaukelte unter den starken Aufwinden. Manchmal drehte er sich um 90°, damit er durch die engen Schluchten passte. Er raste vorbei- vorbei an hohe Berge, spitze Felsen, schneebedeckte Ebenen, welche im Schatten lagen, und vorbei an Höhlen.

Melanie hatte kein Blick dafür. Sie fühlte sich leer und ausgelaugt. Drei Tage war es nun her. Drei schier endlose Tage fehlte das Wichtigste in ihrem Leben. Sie mochte gar nicht darüber nachdenken, was mit ihm gerade passierte. Hatte er vor Schmerzen bereits aufgegeben?

Ihre Tränen waren längst versiegt und ihre Augen brannten von dem Salz. Ihre Beine waren zerkratzt von Fireballs Schuppen und dem langen Ritt.

Eigentlich müsste sie Canzor dankbar sein, doch sie war es nicht. Wieso eigentlich nicht? Melanie wagte einen kurzen Blick in den Himmel. Wieso war sie ihm nicht dankbar? Er hatte sie davor gerettet von Zerberus gefressen zu werden.

Nachdem sie gesehen hatte, wie ihr Freund für immer verschwand, war sie auf ihn zu gerannt, wie es sich, ihres Erachtens nach, gehörte. Jedoch...war er verschwunden kurz bevor sie ihn greifen konnte und Dragos mit ihm.

Sofort war sie in Tränen ausgebrochen und hatte auf den Boden gehauen. Ihr Herz war zerrissen worden und war es nun immer noch. Dass Zerberus mit gierig nach ihr reckenden Köpfen auf sie zukam, hatte sie nicht bemerkt. Zu groß war die Trauer gewesen, als das sie überhaupt was wahrnahm. Canzor hatte sie damals geschnappt und sie fortgebracht. Zunächst hatte sie sich gewehrt, doch dann hatte sie aufgegeben. Melanie zitterte, als sie wieder das zornige Brüllen von dem Höllenhund in den Ohren hörte. Ihr Herz tat weh von dem Verlust, den die Entführung ihres Freundes mit sich brachte.

Gerade flog Canzor durch eine enge Schlucht. Er legte die ledernen Flügel an den kräftigen Körper, verlagerte sein Gewicht nach unten und flog rasend schnell in eine tiefe Schlucht, welche von hohen Felsen umrahmt wurden. Immer schneller kam der Boden näher und Melanie presste ihren Körper an Canzors Hals und krallte sich fest.

„Wann sind wir endlich da?“, meckerte Melanie und duckte sich unter einen Felsvorsprung. Ihre Finger waren schon ganz klamm und sie war müde. Die Kälte griff immer mehr nach ihr und betäubte ihre Sinne. Sie blinzelte, doch Melanie konzentrierte sich darauf, nicht die Augen zu schließen, denn sonst würde sie vielleicht nie mehr aufwachen.

Eine scharfe Linkskurve brachte das Mädchen heftig ins Trudeln. Nur noch so gerade eben konnte sie verhindern, dass die Trägheit ihres Körpers sie vom Rücken riss. Canzor knurrte zornig und schlug mit dem Schwanz gegen einen Felsen. Einige Steine lösten sich und donnerten in die Schlucht. Der Wind heulte erneut und zerzaust das pechschwarze Haar von Melanie.

„Typisch Menschen. Immer so ungeduldig. Das ist so nervig.“, knurrte Canzor genervt und brachte sie mit einem kräftigen Flügelschlag auf eine höhere Ebene. Der Rubindrache flog nun dicht über ein großes Plateau mit einigen Rissen auf dem braunen Felsboden. Melanie konnte keine Einzelheiten erkennen, denn der Drache war so schnell, dass alles vor ihren Augen verschwamm. Tränen vom scharfen Wind brannten in ihren Augen.

Vor ihnen eröffnete sich nun ein Felsbogen und Melanie berührte so gerade eben nicht den Bogen.

„Ich bin nicht ungeduldig, ich kann mich nur nicht mehr lange halten.“, schrie Melanie gegen den tosenden Wind. Die Wolken wurden immer dichter und der Wind frischte immer mehr auf. Canzor öffnete wieder seine Flügel und verharrte erst einmal gerade in der Luft. Er glitt über Schluchten, die im Nichts zu enden schienen, denn die Wolkendecke verschluckte jegliches Tageslicht. Melanie konnte die Felsen nun erst erkennen, wenn wie unmittelbar vor ihnen auftauchten. Sie hoffte, dass Canzor besser sehen konnte als sie.

Doch die Sorgen waren völlig unbegründet. Canzor flog so sicher über die Plateaus, unter den steilen Hängen und den Vorsprüngen, als ob er sie auswendig kannte oder als ob er eins mit den Felsen wäre...vielleicht war er es sogar? Immerhin war er der legendäre Elementdrache, über den zwar wenig bekannt war, der aber bisher jeden Shuranas geholfen hatte.

„Canzor, der Elementdrache. So alt wie die Zeit. Eigensinnig.“ Mehr hatte in den Büchern von ihr nicht gestanden.

Der rubinrote Drache war umgeben von Geheimnissen. Sie holte tief Luft und drückte sich wieder auf das kalte, glatte Schuppenkleid. Canzor drehte den Kopf zu ihr um, drosselte aber seine Geschwindigkeit nicht. Er flog so sicher weiter, als wäre es hellster Tag.

Die feuerroten Augen lagen durchdringend auf ihr, so als wolle er in ihrem Kopf eindringen. Der Blick war messerscharf, wie es bei einem Raubtier nun mal üblich war. Er ließ Melanie erschaudern, denn mit ihm hatte sie noch nicht viel geredet und sie wusste nicht, wie man mit ihm umgehen sollte.

„Du brauchst also eine Pause?“ Er hielt in der Luft inne und schlug mit den starken Schwingen. Er gab ein nachdenkliches Geräusch von sich und legte den Kopf schief. Sein Gewicht verlagerte sich von rechts nach links, ein bisschen wie eine Hängematte. „Das passt mir eigentlich gerade gar nicht. Ich möchte eigentlich erst die Höhle erreichen, bevor der Sturm uns einholt.“, brummte der Drache missmutig. Er wog den Kopf hin und her.

Er schlug wieder mit den Flügeln und steuerte nun die Wolkendecke an. Der Wind wehte das lange Haar von Melanie zurück. Die Kälte benebelte sie völlig. Ihre Lider wurden immer schwerer und ihre Hände hatten kaum noch die Kraft sie auf dem Rücken zu halten. Ihre Kraftreserven waren von dem langen Drachenflug völlig aufgebraucht. Nicht immer war es so stürmisch gewesen wie jetzt, aber er war trotzdem anstrengend.

„Canzor! Ich kann mich nicht mehr halten!“, schrie sie panisch und rutschte immer weiter nach hinten. Ihre Hände waren schon blutig.

„Halte noch einen kurzen Moment durch!“ Canzor musste sie wach halten, doch es war zu spät. Melanie verlor ihre Kraft und fiel in den Abgrund. Canzor wirbelte herum und setzte zum Sturzflug an. Die ledernen Schwingen waren ganz dicht an den stromlinienförmigen Körper. Ein Mensch hätte Melanie nicht mehr gesehen, doch Canzors konnte sich auf seine Augen verlassen, die ihm nun ein klares, scharfes Bild vermittelten.

Das Mädchen fiel natürlich auf den Dornenfels, einem der spitzesten Felsen dieses Gebirges, zu. Wie ungeschickt. Er zerschnitt mit seinem Körper die Luftbarriere und die schweren Wolken. Würde er sie erreichen bevor sie auf dem Felsen landete? Kurz bevor ihr Ende besiegelt war, umschlang Canzor sie mit seinen Vorderpranken und setzte seinen Weg fort.
 

Melanie stöhnte und öffnete blinzelnd die Augen. Ihre Glieder waren steif und es fühlte sich so an, als hätte sie Watte in den Ohren. Alles war so ruhig. Das Brausen in ihren Ohren war fort. Es war so unwirklich friedlich. Sie hörte nur das Knacken vom nassen Holz, welches brannte.

Sie war verwirrt. Was war geschehen? Sie wusste gar nichts mehr. Sobald Melanie versuchte sich zu erinnern, dann wurde alles schwarz. Ein pochender Kopfschmerz durchfuhr ihren Körper, als sie sich versuchte aufzurichten.

„Alles in Ordnung, Shurana? Überanstreng dich nicht!“ Die ruhige Bassstimme hallte von den Felswänden wieder. Nun öffnete Melanie endgültig die Augen. Sie lag auf harten Felsboden in einer kleinen Höhle, die sich in einem langen Gang verlor. Lange Stalaktiten wuchsen herab und leise tropften Wassertropfen von ihnen herab. Die Wand war zerklüftet.

Erst jetzt bemerkte Melanie, wie sehr es draußen stürmte. Tief schwarze Wolken schwebten vor dem Höhleneingang. Der Regen prasselte so schnell herab, dass es aussah wie Bindfäden.

Gleißende Blitze erhellten alle paar Sekunden den Himmel und ein mächtiges Donnergrollen, welches die Höhle erbeben ließ und Steine in die Luft schleuderte, folgte dicht darauf. Es war direkt über ihnen und Melanie hatte Angst, dass der Blitz in den Berg fahren würde, indem sie sich befanden.

Ein Feuer warf einen schwachen Schimmer in die Höhle und kämpfte mit den Sturmböen um an zu bleiben, doch es schaffte es nicht Canzor zu erleuchten, obwohl er direkt auf der anderen Seite des Feuers lag.

Nur schemenhaft konnte sie die mächtige Gestalt von Canzor erkennen. Das Einzige, was eindeutig zu sehen war, waren die feurigen Augen, die sie unentwegt beobachteten.

„Ich fühle mich leer und ausgelaugt, aber ok.“ Das war Melanies knappe Antwort, doch Canzor gab sich damit zufrieden. Zumindest vorerst.

Ein helles Licht vom Blitz erhellte für einen kurzen Augenblick den Raum. Lange Schatten verschlangen sich zu einem einzigen Schattenknäul.

Doch nur eins fiel Melanie sofort ins Auge: Canzors Schuppen schimmerten nun Erdfarben. Sein Schuppenkleid war nicht mehr Rot wie das Feuer, sondern eher lehmfarben. Er ging nun nahtlos in die Felsen über.

Melanies Körper zog die Wärme des Feuers in sich ein, doch warm wurde ihr nicht. Das taube Gefühl verharrte in ihrem Körper wie ein ungebetener Gast, der partout nicht gehen wollte. Sie zitterte und ihr war schlecht. Langsam richtete sie sich auf und fasste sich an den Kopf.

Die herben Gerüche von Regen und Holz vermengten sich und kribbelten in ihrer Nase.

Sie musste niesen und rieb sich die Augen. Ihr Gehirn war noch ganz träge und ihre Gedanken waren nichts weiter als eine zähflüssige Masse. Melanie dachte nicht wirklich. Ihre Seele war fast vollständig verloren gegangen.

Axel war fort und damit auch ihr Herz. Es schlug nun nicht mehr schnell und belebend, sonder langsam und träge. Das berauschende Gefühl der Liebe war einem beklemmenden Gefühl der Angst gewichen. Das Blut pulsierte nicht mehr fröhlich und gerät auch nun nicht mehr in Wallungen, denn er war nicht mehr in ihrer Nähe. Wo er wohl war? Vielleicht sogar in ihrer Nähe? Wo war Axel bloß?

„Kann ich verstehen, nachdem, was du durchgemacht hast...aber du frierst ja! Komm her, du musst dich aufwärmen!“ Der Drache öffnete mit rauschendem Geräusch seine Flügel und richtete sich etwas auf. Melanie zögerte, denn sie traute ihm nicht. Sie traute ihm einfach noch nicht.

Der Rest Seele, der ihr noch geblieben war, hatte ihm noch nicht ganz verziehen, dass er sie von der Stelle weggezerrt hatte, wo Axel verschwunden war, denn vielleicht hätte sie noch was erreichen können.

Sie betrachtete ihre rechte Hand. Fast hätte sie ihn erreicht, fast hätte sie ihn retten können. Ach Quatsch, da machte sie sich was vor? Was hätte sie schon gegen Dragos ausrichten können? Sie blickte traurig zur Decke. Wer weiß, was gerade mit ihm passierte! Ihr Magen verkrampfte sich allein bei der Vorstellung.

Dragos war sicherlich kein höflicher Gastgeber. Wie konnten sie hier so seelenruhig sitzen? Ihr graust es bei der Vorstellung.

Wieso er? Warum ausgerechnet er? Ihr Herz zerriss. Warum hatte Canzor ihm nicht geholfen?

„Melanie...“ Die Stimme war ruhig und ihr wohl gesonnen. „Was hätte ich anderes tun sollen? Zusehen, wie Zerberus dich als Mittagssnack verspeist?“, spottete der Drache, leckte eine Schnittwunde von einer von Zerberus Krallen und reckte seinen Kopf.

Melanie schlang ihre Arme um ihre Beine. Der Wind hatte seine Richtung geändert und blies nun in die Höhle. Das taube Gefühl wurde nun wieder größer.

Ohne dass sie darüber nachdachte, richtete Melanie sich auf und trottete ungeschickt auf Canzor zu. Sie schwankte hin und her und wirkte so unbeholfen wie ein Säugling bei seinen ersten Schritten. Die Schuppen von dem Elementdrachen wurden wieder feuerrot und er blickte ihr gütig entgegen.

Müde ließ sie sich an seiner Seite fallen und schmiegte sich an. Sofort spürte sie wohlige Wärme von seinen Körper ausgehen. Er lud sie ein, sich auszuruhen und zu erholen. Fast schon hätte man sagen können, dass sie mit den Drachen verschmolz. Wie eine Decke schlang der Drache einen Flügel um sie und legte seinen kräftigen Schwanz auf seine Nase. Ein waches Auge blickte Melanie an und sie spürte, wie sein Verstand vor Aktivität glühte.

Die wohlige Wärme leistete gute Arbeit. Das Mädchen fühlte sich zwar noch etwas schwach und zittrig, aber das taube Gefühl verschwand und sie fühlte sich gleich viel besser. Die Schuppen unter ihr waren glatt und strahlten Wärme ab, wie eine Heizung. Mit einem Mal fühlte sie die Müdigkeit, doch darum scherte sie sich jetzt nicht. Nicht, bevor sie ihre Frage losgeworden war. Der Drache hob seinen Kopf und spähte raus.

„Ähm...Canzor?“

„Hm?“ Der Drache neigte sein erhabenes Haupt zu ihr hinab und betrachtete sie fragend. Melanie knetete nervös ihre Hände. Wie sollte sie bloß fragen? Sie musste es wissen, aber wie ging sie am Besten vor?

„Ähm...was ist damals passiert...auf Camizu?“ Der Drache zuckte zusammen und blickte sie überrascht an. Ein loderndes Feuer tanzte in seinen Augen, als würden die Erinnerungen vor seinen Augen tanzen. Er blickte nun der Decke entgegen und schlug mit dem Schwanz über den Boden.

„Woher weißt du davon?“

„Nun ja...Dragos hat es als Druckmittel gegen Axel eingesetzt. Axel fragte ihn, ob er ihn damals angetan hatte...und Dragos hatte bejaht, doch ich habe noch nie davon gehört.“ Der Drache stieß nachdenklich eine Rauchwolke aus und ließ etwas hören, was einem Seufzen glich.

„Camizu ist ein kleines Dorf auf der anderen Seite des Planeten. Es lag tief versteckt in einer Schlucht und ist kaum auf einer Karte zu finden. Es ist ein geheimes Dorf, in denen Kämpfer oder fast schon eine Armee aufgebaut werden, falls so einer wie Dragos versuchen sollte, die Macht an sich zu reißen.

Man kann Camizu so ungefähr mit den sagenumwobenen Dörfern der Ninjas vergleichen. Doch das alles ist nun hinfort geschwemmt worden vom Strom der Zeit und der Gewalt.“ Canzor hatte einen monotonen Ton angeschlagen und sprach bedacht. Er wirkte wie ein alter Mann, der sich an den Krieg erinnerte. Melanie weitete die Augen. Aus so etwas stammte Axel? Wow.

„Was ist geschehen?“, fragte Melanie mit dem Eifer eines Kindes, was unbedingt eine Gute Nachtgeschichte hören wollte, doch war das hier keine Einschlafgeschichte, sondern das genau Gegenteil.

„Nun ja... so ganz genau weiß es keiner. Es war damals ein Sommertag vor sechs Jahren gewesen. Alles ging seinen gewohnten Gang. Bis plötzlich Zerberus und Dragos im Dorf auftauchten und alles nieder brannten. Die Einwohner wehrten sich nach besten Kräften, doch hatten sie keine Chance.“, erklärte Canzor und die Erinnerung schien ihm zu schmerzen.

„Aber was hat das mit Axel zu tun?“

„Das Dorf behütete eine der vier heilige Waffe, die uns einst von unseren drei Ursprungsgöttinen hinterlassen wurde. Es ist das Schwert Shinsara, was uns von Neyera, der Göttin des Mutes und Mutter von Narunia, hinterlassen wurde.

Dragos wollte es schon immer haben, denn es birgt eine unglaubliche Kraft in sich, doch er konnte es nur besitzen, wenn es ihm einer aus dem Dorf brachte.

Also beredete er einen kleinen Jungen solange, bis dieser sich in den Schrein schlich und das Schwert stahl. Seit da an kann keiner ihm die Stirn bieten, denn er hat gelernt seine Magie mit der Macht des Schwertes zu kombinieren.

Nun ist das Feuerschwert ein Schwert der Finsternis. Sogar seine Scheide hat sich schon rot vom Blut der Opfer verfärbt. Eine echte Misshandlung.“ Ein schmerzlicher Laut kam aus dem Drachen und seine Krallen zogen Ritzen in den Felsboden. Er verspannte sich unter Melanies Körper. Das Mädchen zog den Kopf zu ihr hinab und strich friedlich über ihn.

„Heißt das, dass Axel damals...“ Canzor senkte den Kopf und bettete ihn auf dem Boden. Er würde es ihr am liebsten nicht sagen, aber seinen Kopf konnte er nicht mehr aus der Schlinge ziehen. Seine Augen wanderten nach oben und wieder blitzte es hell. Ein Donnern ließ Melanie zusammenzucken. Es kam zu plötzlich. Canzor schlang seinen Schwanz fester um sie. Melanie drückte sich fester an seine Schuppen, um sich vor der Antwort zu verstecken.

„Ja...“ Trauer war in der weisen Stimme des Drachen. Eine nachdenkliche Rauchwolke kam aus seiner Nase. „...er hat damals Dragos Shinsara gebracht.“ Melanie weitete erschrocken die Augen begann zu zittern. Wieder kamen Tränen in ihre Augen.

Erinnerungen schlichen sich an und übernahmen die Kontrolle.

Der erste Tag, wo Axel zu ihnen kam. Eigentlich wollte sie in Gedanken versinken, doch Canzor hielt sie ab, was vielleicht auch ganz gut war.

„Ändert das etwas an deinen Gefühlen für ihn?“, fragte er vorsichtig, denn Canzor hatte nicht gewollt, dass sie ihn nun nicht mehr mag. Melanie lächelte traurig und blickte zu dem Unwetter nach draußen. Was für ein passendes Wetter! Sie seufzte und betrachtete den Drachen lange. Blickte die vor Wärme, die sie ganz schläfrig machte, glühenden Schuppen, den kräftig gebauten Körper, die großen Flügel, die Feueraugen und die spitzen Zacken auf seinem Rücken. Ein Drache, wie er im Bilderbuch stand. Der Anblick zeigte solche Erhabenheit, doch dann schüttelte sie den Kopf.

„Nein, eigentlich nicht. Er ist ja trotzdem noch der Junge, den ich kennen gelernt habe.“ Doch dann kam ihr etwas in den Sinn. Etwas, was es für ihren Freund nach sich zog. „Jetzt müssen wir ihn erstrecht da raus holen! Es ist sicher so schon schlimm ein Gefangener von Dragos zu sein, aber nun kommt noch extreme seelische Pein dazu, weil Dragos ihn ausgetrickst hat. WIR MÜSSEN IHN RETTEN, CANZOR!“ Der Drache sah ihr nicht in die Augen und blickte traurig zur Seite. Er schlang nun auch seine lederne Schwinge fest um sie und nun umfloss Melanie überall wohlige Wärme. Ihre Augen wurden schwer, doch sie kämpfte verbissen dagegen an.

„Das können wir nicht...nicht solange er Shinsara hat. Gegen Shinsara können nur die drei anderen heiligen Waffen gemeinsam ausrichten.“ Erklärte er und seine Stimme klang weit entfernt. „Es gibt keine Möglichkeit in Dragos Burg einzudringen...dabei verloren bereits die sieben heiligen Himmelsdrachen ihr Leben. Ich bin der Letzte der von ihnen übrig geblieben ist- der Schwächste von allen. Ich kann nichts für deinen Freund tun, so gerne ich es auch täte.“

Melanie legte den Kopf schief. Es gab einst noch sieben weitere Drachen? Wow, das war ja unglaublich. Ihre Augen bekamen einen bewundernden Ausdruck. „Da gibt es nichts zu bewundern. Wir waren sieben, er einer und dennoch haben wir verloren. Shinsara ist einfach zu mächtig. Nur Shanosa, Kisarum und Tarensa können diese Waffe besiegen. Doch in Dragos Händen ist sie besonders mächtig, denn die Seele, die darin lebt, wurde zu einer bösen Seele. Hass steigert zwar kurzfristig die Kraft, doch er zerfrisst die Seele immer mehr, bis sie nicht mehr existiert und dann ist Dragos unbesiegbar.“ Die Erinnerungen schimmerten wie ein schmerzhaftes Feuer in seinen Augen. Melanie blickte ihn lange an und sie konnte seinen Schmerz fühlen. Sie schämte sich dafür, damit angefangen zu haben. Sie hatte ja nicht gewusst, was sie damit heraufbeschwor. Sie strich über den Körper des Drachens, der vor den Qualen der Vergangenheit bebte.

„Canzor...“, flüsterte sie traurig und der Drache schrie so schmerzerfüllt, dass die Höhle bebte. Das Mädchen öffnete ihr Herz für den Drachen und dann raste eine Bilderflut auf sie ein. Bilder von allen möglichen Ereignissen. Doch was für welche waren es? Alles drehte sich vor ihren Augen und sie spürte Gefühle, die sie noch nicht kannte. In ihren Adern pulsierten Gefühle, die nicht ihre waren. In ihrem Kopf rasten Gedanken, die sie nicht kannte. Etwas verschmolz mit ihr, wurde eins. Eins, zu einem Wesen. Es war ein unglaubliches Gefühl- ein so mächtiges, wie sie es noch nie gespürt hatte. Kraft und Weisheit flossen durch ihren Körper.

Alles ging rasend schnell. Eben sah sie noch eine schwarze Burg mit hohen Zinnen in den Himmel ragen, dann verschwamm das Bild und wurde zu einem Platz in dem die Leichen von sieben Drachen lagen.

Ein schmerzerfüllter Schrei ließ ihren Geist erbeben. Die Qualen fuhren wie hohe Wellen eines Sturms durch ihren Körper und verschluckten sie. Sie versank immer tiefer. Tiefer in den Schatten. Sie schrie- schrie um Hilfe. Eisige Kälte umfing sie, erstickte ihre Sinne und zerrte an ihrer Seele. Melanie wehrte sich so gut sie konnte. Es musste doch möglich sein diesen abgrundtiefen Schmerz zu entkommen. Sie wollte nicht von der Bildfläche verschwinden. Nicht jetzt. Die Schatten legten sich wie Ketten um ihre Glieder und zerrten sie in die Tiefe hinab. Melanie wand und drehte sich, doch das Nichts ließ nicht von ihr ab.

Verzweifelt suchte sie nach einem Halt. Ihr Kopf zuckte hin und her und suchte nach etwas zum Greifen. Es musste ja noch nicht mal etwas wirkliches sein, sondern eher etwas, woran ihr Geist sich festhalten konnte. Leise flüsterten die Schatten ihr verführerische Wörter in die Ohren und Melanie merkte, wie ihr geistiger Widerstand immer schwächer wurde. Panik flatterte nun immer mehr in ihr. Sie musste nun vertrauen, sonst würde ihre Seele zerschmettert. Doch wem?

Axel war ja nicht mehr bei ihr. Er war fort und somit der Einzige, dem sie vertraute. Sie sank in ihre Erinnerungen. Suchte nach etwas, was sie retten konnten. Sie wollte sich nicht von Dunkelheit verschlucken lassen. Ihre Verzweiflung wurde immer größer.

„CANZOR! HILF MIR!“, schrie sie in ihrer Verzweiflung. Sie vertraute ihm. Nun vertraute sie ihm. Mittlerweile war sie in einen Strudel gesogen worden und bald war sie gänzlich fort. Tränen brannten in ihren Augen und lange würde sie nicht mehr durchhalten. Der Schmerz in ihrem Innern wurde immer größer und der Wunsch zu schlafen war übermächtig. Noch wehrte sich ihre Seele mit allen Mitteln, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sie den Widerstand nicht mehr aufrechterhalten konnte.

Die Bilderflut, die um sie herumwirbelte, war viel zu erdrückend. Ihr Herz schlug immer langsamer und bald würde es aufhören.

Wieder ertönte ein Schrei, doch diesmal war es ermutigender Schrei. Als wolle Jemand in die Schlacht ziehen. Melanie öffnete wieder ihre Augen und blickte nach oben.

„LASS DICH NICHT VERSCHLINGEN, MELANIE!“, rief ihr eine tiefe Stimme zu.

„ICH KANN NICHT MEHR LANGE STANDHALTEN, CANZOR!“ Ihre Stimme war nur noch ein erstickter Laut. Ihr blieb immer mehr die Luft weg. Hilfe suchend streckte sie ihre Hand nach dem Drachen aus. Immer weniger gelang es ihren Geist von dem des Drachens zu trennen. Seine Erinnerungen wurden zu der ihrigen und sein Schmerz war nun auch ihr Schmerz. Beide verschmolzen zu einer Person, doch sie wollte es nicht. Melanie wollte sie selbst bleiben.

„RED KEINEN STUSS! DU SCHAFFST DAS! ICH KANN DIR HELFEN, DOCH DAZU MUSST DU MIR ENDLICH VERTRAUEN!“ Melanie zuckte. Tränen brannten in ihren Augen, doch Hoffnung kam nun in ihr. Die Hoffnung doch nicht zu verschmelzen.

„ABER ICH VERTRAUE DIR DOCH!“ Schlagartig wurde es still. Das Gesäusel in ihren Ohren erstickte, die Schatten wichen entsetzt zurück und die Bilder verschwanden. Ihre Augen brannten. Ihr Atem flog und das Herz hämmerte in ihrer Brust.

„Alles ok? Komm, mach die Augen auf!“ Es kostete ihr viel Kraft um sie zu öffnen. Sie war wieder in der Höhle. Sie keuchte.

„Puh...das war also Shinsaras Macht? Gewaltig...diese sieben mächtigen Drachen mit einen Streich hingerichtet. Tut mir leid, dass du es erleben musstest.“ Sie hatte in seinen Erinnerungen gelesen und es gesehen. Er hatte ihr ungewollt gezeigt, was geschehen war. Shaleng, Akarum, Zrias, Maloras, Jansaro, Orikalco und Resandris- alle diese Drachen waren äußerst mächtig gewesen und hatten sich gegen Dragos verschworen und doch wurden sie mit nur einem Schlag eliminiert. Mit nur einem Schlag. Hoffnungslosigkeit breitete sich in ihr aus. Was könnte sie dann schon für ihren Freund tun? Absolut Nichts... Sie war müde.

Der Sturm draußen erreichte seinen Höhepunkt. Alles wirbelte und rüttelte. Das Feuer erlosch und nun glimmten Canzors Schuppen wie Glut. Flackernde Schemen warfen sie an die Wand und Canzor starrte nach draußen.

„Ist schon gut...es ist lange her, dass ich das erlebt habe...du hast mich gerettet...danke Melanie. Ohne dich, da wäre meine...“ Er stockte und schien sich nicht zu trauen. Melanie drückte seinen Kopf gegen sich und presste sich ganz fest an den schmalen Kopf. „Wäre meine Seele zerschmettert worden. Doch du wolltest mir zu hören und hast dein Herz für mich geöffnet...es tut mir leid, dass es so enden musste, aber es hat mir geholfen. Geholfen wieder zu mir selbst zu finden.“ Er verzog seine Lefzen und es erschien Melanie wie ein Lächeln. Sie lächelte auch und sie vergaß, dass ihr Körper wie Espenlaub zitterte.

„Gaaran war der Letzte, oder? Der Letzte dem du vertraut hast...stimmt’s, Canzor?“ Er wollte den Kopf wegdrehen, doch Melanie hielt ihn fest. Stattdessen schlug er die Augen zu Boden.

„Ja...er hat damals dasselbe für mich getan. Das werde ich ihm niemals vergessen. Vielleicht bin ich deshalb so griesgrämig geworden...denn ich musste wieder mit ansehen, wie die Menschheit erneut denselben Fehler machte und somit Gaarans Opfer in den Wind schlugen. Deshalb begann ich die Menschheit zu verachten und sie als Parasiten anzusehen.“ Seine Stimme war ungewohnt leise. Melanie schluckte. Die Trauer in seinen Augen war unerträglich.

„Aber du warst vorhin so nett...“

„Das war nur aus Eigenzweck. Ich wollte mich mit deiner Hilfe rächen. Rächen für die Familie, die Dragos und Shinsara mir genommen haben. Was mit dir oder Axel geschehen würde, war mir gleich. Ich schäme mich dafür!“ Unterbrach er sie. Melanie blickte traurig zur Seite. Tränen schimmerten wieder in ihren Augen. „Es tut mir unendlich Leid. Mein Schmerz hat mich blind gemacht.“

„Ich verzeihe dir. Aber was hat es eigentlich mit Shinsara auf sich? Ich habe noch nie von diesem Schwert gehört.“ Canzor seufzte und war nun wieder etwas gefasster. Er schüttelte seinen Kopf um wieder klar zu werden. Das Eindringen, wenn man es so nennen konnte, hatte seine geordneten Gedanken durcheinander gebracht. Gewonnenes hatte er verloren und Verlorenes wieder gewonnen, ob das so gut war wusste er nicht. Jedenfalls waren die Erinnerungen wieder da, die er so lange zu verdrängen versucht hatte. Hass, Schmerz, Selbstzweifel und Todesangst- er hatte gedacht er hätte sie vergessen. Da hatte er aber gewaltig daneben gelegen, doch trotz alle dem, war er dem Mädchen dankbar. Er konnte sie nicht lächeln sehen, ohne auch Gaaran in ihr lächeln zu sehen. Sie war ihm so ähnlich. Ihr Lächeln war so sanft und schenkte ihm Mut.

Nun war es an der Zeit etwas für sie zu tun.

„Shinsara...es ist das Schwert von Neyara. Einst stiegen drei Göttinnen, die wir nun Ursprungsgöttinnen nennen, aus dem Weltall hierher herab. Sie beschlossen hier eine Welt zu errichten. Zuerst formte Neyara den Planeten mit ihrem feurigen Schein. Die Landschaft, Gebirge und Ozeane entstanden. Als nächstes schenkte die Göttin der Kraft, Arachna, Mythna die Lebewesen und Hyrielia, Göttin der Weisheit, gab uns das Wissen. Sie schufen die acht Himmelsdrachen um über den Planeten zu wachen und übergaben uns die vier heiligen Waffen Shinsara, Shanosa, Kisarum und Tarensa und prophezeiten uns, dass einst drei Menschen auserkoren werden würden, die mit diesen Waffen den Planeten vor den Unheil schützen würden. Damit transferierten sie ihre Seelen in die vier Waffen und der Träger bekommt seit da an die Macht der Göttinnen. Nur das vierte Schwert, Tarensa...es soll angeblich eine besondere Kraft haben, doch keiner weiß welche. Es trägt keine Seele in sich und bisher konnte es keiner führen. Damit waren wir die Herrscher des Planeten und gaben uns Mühe es Allen recht zu machen.

Nach einiger Zeit kamen mehr Götter auf diesen Planeten und nahmen bestimmte Bereiche ein, doch das führte auch dazu, dass einige Menschen sich ebenfalls zu Göttern machen wollten. Sie nutzten die Gutgläubigkeit der Götter aus, um mit ihnen ein Kind zu zeugen, welches dann zwar die Macht der Götter hatte, aber den bösen Keim des Menschen in sich trägt.“

„Du meinst?“

„Dragos ist auch so einer. Neyara war bereits schwanger, als sie hier her kam und gebar Narunia.

Doch Narunia verliebte sich unsterblich in einen Menschen und bekam Dragos. Er sollte uns Drachen helfen, deshalb der Name. Er war besonders begabt und das verdarb ihn.

Die Halbgötter sind zwar nicht so stark wie ihre Eltern, aber die Götter waren gütig. Sie ruhten sich aus und gingen ihren Aufgaben nach, während ihre Kinder wie wild übten um sie zu übertrumpfen und ihre Stellung einzunehmen.

Dragos List mit Shinsara war nur eine von vielen. Mittlerweile hat er eine Festung des Bösen errichtet und es gibt nur noch zwei Parteien in diesem Land: Entweder die gegen Dragos kämpfen oder die für ihn kämpfen.

Der uralte Kampf zwischen Licht und Schatten spitzt sich nun zu. Dragos hält den Geist seiner Großmutter in Händen. Es hat lange gedauert, doch nun hat er sie unterworfen. Die Seele ist vom Bösen verschlungen und dient Dragos nun. Shinsara ist die Mächtigste der vier Waffen, es sei denn Tarensa hat eine besondere Kraft, die die von Shinsara übertrifft.“ Canzor endete seine Ausführungen. Der Kopf des Mädchens brummte. Das waren viele Informationen. Das musste sie erst einmal verdauen.

„Aber was hat das alles mit Shinanji zu tun?“, flüsterte sie.

„Eigentlich nichts. Dragos wird sich nur den Fluch, den Oranum übers Land legte, um die Naturkatastrophen für seine Machtübernahme, nutzen. Doch eigentlich ist eure Aufgabe unmöglich, denn die Hüter, die damals von den drei Göttinnen auserkoren wurden, wurden durch den Fluch auf zwei reduziert.

Die vier Elementkugeln, die ihr finden müsst, sind in die die vier Waffen eingebettet, die jeweils ein Element darstellen. Diese müsst ihr dann zu dem Ort bringen, wo die Göttinnen zum ersten Mal unseren Planeten betraten. Doch es gibt zwei Probleme...“, erklärte Canzor und er stieß abgelenkt eine Flamme in die Luft. Melanie kratzte sich am Kopf. Puh...das klang aber nach Arbeit.

„Und welche?“

„Shanosa ist in der Zeit eingefroren und der Tempel unserer 3 Göttinnen liegt auf 10 000 Meter im Transan Ozean.“



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