Zum Inhalt der Seite

Midnight Guardian

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Bittere Realtität

Die restlichen Ferien waren unnatürlich ruhig. Ron und Hermine hatten kein einziges Mal gestritten was … falsch war. Es war fast so, als würden sie sich aus dem Weg gehen um Streit zu vermeiden, um Harry in keinster Weise aufzuregen. Sie waren von einem Extrem zum anderen gegangen, was Harry manchmal dazu brachte, am liebsten sein Haar auszureißen. Warum konnten sie kein gesundes Mittelmaß finden?
 

Sobald alle nach Neujahr zurückgekehrt waren, wurde Harry von Oliver in die Ecke gedrängt, der ziemlich besorgt war, dass der Sucher des Teams keinen Besen hatte. Olivers Kinnlade war fast auf den Boden geschlagen, als Harry sein mysteriöses Weihnachtsgeschenk erwähnt hatte und verdrängte jede Sorge, dass er verhext sein könnte. Harry war auch gezwungen gewesen, zu offenbaren, dass Professor Lupin ihm mit dem Dementorproblem half, was Oliver viele von seinen Sorgen zu nehmen schien.
 

Der Beginn des Unterrichts bot Harry die nötige Ablenkung. Auf diese Weise dachte Harry nicht jeden wachen Moment an seinen neuen Besen, nur jeden Moment, den er nicht im Unterricht war. Pflege magischer Geschöpfe wurde vor einem Feuer abgehalten, das voller Flammen liebender Salamander war, die die weißglühenden Holzscheite rauf und runter rannten. Professor Trelawny kehrte mit neuem Elan in Wahrsagen zurück. Sie lernten jetzt Handlesen und Trelawny verschwendete keine Zeit, Harrys Hand zu lesen und zu bestätigen, dass er die kürzeste Lebenslinie hatte, die sie je gesehen hatte.
 

Professor Lupin sah immer noch krank aus, obwohl der Vollmond vor über einer Woche gewesen war. Harry musste seine Sorge zurück drängen, aber er konnte nicht anders als sich Sorgen zu machen. Wie konnte Lupin das jeden Monat durchmachen? Zusätzliche Sorgen kehrten mit Gewalt zurück. Harry erinnerte sich, dass Werwölfe keine Kinder haben durften, aber er wusste immer noch nicht, wie es mit Adoptionen war. Mit allem was geschehen war, hatte er es nicht weiter verfolgt.
 

Harry durchsuchte seine Schultasche und fand das nun zerknitterte Pergament, das Professor Snape ihm gegeben hatte und schwor sich, herauszufinden, ob sein vorläufiger Vormund sein dauerhafter Vormund werden konnte. Im Moment war es das einzige, auf das sich Harry freuen konnte. Es war auch eine benötigte Ablenkung.
 

„Weißt du, ich frage mich, ob etwas mit Professor Lupin nicht stimmt“, sagte Ron, als sie nach dem Unterricht zum Abendessen gingen. „Hat er dir irgendwas gesagt, Harry? Hast du gefragt?“
 

Harry sah unbehaglich aus, etwas, das Hermine bemerkte. Er musste schnell nachdenken, Ron würde gewiss ein ‚ich weiß nicht’ nicht akzeptieren. Soviel war klar. „Äh – nun – er hat gesagt, es ist nicht lebensbedrohlich“, sagte Harry, „ich – äh – habe es nicht weiter verfolgt, weil es schien, dass er nicht darüber sprechen wollte.“
 

„Oh“, sagte Ron zufrieden mit Harrys Antwort. „Nun, ich schätze, dann ist es in Ordnung.“
 

Ron ging voran und Harry entfuhr ein deutlicher Seufzer. Er wollte aufschließen, wurde aber von Hermine zurückgehalten. Von dem Ausdruck auf ihrem Gesicht wusste Harry, dass es keinen Weg gab, dass sie die gleiche Ablenkung akzeptieren würde wie Ron. „Du hast den Aufsatz geschrieben, oder?“, sagte sie mehr als dass sie es fragte.
 

Harrys Blick senkte sich zu Boden, als er nickte. Das war genug Bestätigung für Hermine und sie gingen still zu Abendessen. Beide wussten, dass der andere Professor Lupins Geheimnis kannte und für den Moment machten sie einen stillen Schwur, es für sich zu behalten.
 


 

Nach dem Abendessen gelang es Harry, sich mit Hilfe seines Tarnumhangs wegzuschleichen. Harry wusste, dass er nicht viel Zeit hatte bis jemandem seine Abwesenheit auffiel, also eilte er zur Bibliothek und suchte nach dem Buch, das er brauchte. Er wusste, dass er ein Risiko einging, aber er musste wissen, wie befristet diese Vereinbarung war.
 

Es dauerte nicht lange, bis er es gefunden hatte, Harry blätterte es schnell durch, bis er die Sektion über Werwölfe fand. Harry nutzte seinen Zauberstab als Lichtquelle in dem großen, dunklen Raum, er überflog die Gesetze und Paragraphen, bis er zu dem Punkt Kinder kam. Harry hatte nicht bemerkt, dass er vor Erwartung den Atem angehalten hatte. Dies war der Moment der Wahrheit. Nun gab es kein Zurück mehr.
 

Infizierte Individuen sind jederzeit unberechenbar, ihre mentale und emotionale Verfassung betreffend, nicht nur während der diagnostizierten Zeit. Daher ist es illegal für jeden Infizierten, für einen Minderjährigen oder eine Person unfähig es selbst zu tun, zu sorgen. Zur Sicherheit des Kindes muss bei Infizierten eine dritte Person anwesend sein, wenn sie sich in Anwesenheit eines Minderjährigen befinden. Jeder Infizierte der dagegen verstößt, wird festgenommen und wegen Gefährdung eines Minderjährigen angeklagt.
 

Das war es. Harry konnte es nicht glauben. Nicht nur, dass Professor Lupin keinen eigenen Kinder haben durfte, er durfte mit keinem Kind allein gelassen werden. Er würde nicht bei Professor Lupin bleiben können. Er würde zu den Dursleys zurückgehen müssen. Er würde zu Tante Petunia und Dudley zurückgehen müssen, mit dem Wissen, dass er der Grund war, dass Vernon im Gefängnis saß.
 

Harry ließ seinen Zauberstab und das Buch fallen und trat zurück, bis er gegen die Wand stieß. Er konnte nicht denken, als er langsam hinunter rutschte, bis er auf dem Boden saß. Instinktiv zog Harry die Knie an die Brust und saß dort, unfähig alles zu begreifen. Wie konnte jemand denken, Professor Lupin sei gefährlich? Der Lehrer hatte nur einmal die Stimme erhoben und das gegenüber Professor Snape.
 

Harry hatte nicht bemerkt, dass er zitterte. Es war fast so, als wäre seine ganze Welt zusammengebrochen. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war und daher auch nicht, dass seine Abwesenheit aufgefallen war. Er saß in schockierter Stille und betete, dass seine Welt nicht noch einmal auf den Kopf gestellt würde. Er hatte nichts mehr als eine Familie gewollt und sie in Form von Professor Lupin bekommen. Er hatte endlich das bekommen, was er immer gewollt hatte, nur um zu erfahren, dass es eine Lüge war. Das ganze Jahr war eine Lüge gewesen.
 

Die Tür wurde geöffnet, gefolgt von hellem Licht, aber Harry rührte sich nicht. Fußschritte hallten, als jemand durch die Reihen schritt, sie kamen näher zu Harry, der immer noch auf dem Boden saß. Schließlich kamen die Schritte zu einem abrupten Halt, als das helle Licht den Ort ausleuchtete, wo Harry war. Es gab ein Keuchen, gefolgt von dem Geräusch eilender Schritte, während das Licht heller wurde.
 

„Harry!“, rief Professor McGonagall, als sie neben ihm niederkniete. „Harry Potter, was denkst du, was du hier tust?“ Harry rührte sich nicht. Es gab kein Anzeichen, dass er überhaupt gehört hatte. „Mr. Potter!“, sagte sie energisch, als sie sanft seine Schulter schüttelte, aber er reagierte immer noch nicht.
 

Professor McGonagall begann in Panik zu geraten und sah sich um und bemerkte, ein offenes Buch auf dem Boden. Sie sah genauer auf die geöffnete Seite und wurde sofort bleich. McGonagall griff das Buch und eilte aus der Bibliothek, um ihre Kollegen zu finden. Sie musste nicht weit gehen, bevor sie fast in Professor Dumbledore rannte. So schnell wie möglich fasste Professor McGonagall das zusammen, was sie herausgefunden hatte und übergab das Buch.
 

Dumbledore beendete sofort die Suche und rief nach Professor Lupin, damit er sich ihnen in der Bibliothek anschloss. Als Professor Dumbledore die Bibliothek betrat, bewegte er seinen Zauberstab und entzündete die Lampen. Professor Lupin eilte hinein und folgte Professor McGonagall, bis er Harry zitternd auf dem Boden sitzend sah. Ohne weiteren Gedanken eilte er an Harrys Seite und zog ihn in eine Umarmung.
 

„Remus, es scheint, dass Harry alles über unser Problem mit der Vormundschaft herausgefunden hat“, sagte Professor Dumbledore ernst.
 

Professor Lupin sah Dumbledore alarmiert an, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Harry widmete.
 

Er bewegte sich so, dass er dem Teenager gegenüber war. Lupin hob den Kopf des Jungen, sodass sich ihre Augen trafen. „Harry, hör mir zu“, sagte Professor Lupin geduldig, „wir werden einen Weg finden, es zu umgehen. Es kümmert mich nicht, was ein veraltetes Gesetz sagt. Du bist mein Welpe, wirst es immer sein, egal was ein Stück Pergament sagt. Wir sind eine Familie, auf jede Weise die zählt, und das ist alles, was zählt.“
 

Harry schien aus seinem Schock zu erwachen und schüttelte langsam den Kopf. „Ich kann nicht dorthin zurückgehen“, sagte er mit bebender Stimme, „du hast es mir versprochen.“
 

Professor Dumbledore und Professor McGonagall knieten sich zu Lupin, vor Harry. „Remus hat Recht, Harry“, sagte Dumbledore sanft, „wir suchen einen Weg, um das Gesetz zu umgehen. Ich kann verstehen, dass es ein ziemlicher Schock ist, aber du musst uns verstehen. Du musst geduldig sein. Kannst du das tun, Harry?“
 

Harry blickte zu Dumbledore hinüber, ehe er seine Aufmerksamkeit zurück auf Lupin richtete. Er wollte ihnen glauben, aber jedes Mal wenn er es tat, schien er ein weiteres Geheimnis herauszufinden, das sie ihm vorenthalten hatten. Professor Dumbledore hatte Sirius Blacks Existenz für Jahre verborgen, Professor Lupin hatte verborgen, ein Werwolf zu sein und jetzt hatte Harry herausgefunden, dass es tatsächlich ein Problem mit der Vormundschaft gab. Warum musste er es immer so herausfinden? Warum konnte niemand offen mit ihm sein?
 


 

Die nächsten Tage waren zwischen Harry und der Mehrheit der Lehrer angespannt. Harry wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte und hatte dies auch gesagt. Er wusste, dass seine Familie alles tun würde, um ihn von den Dursleys fernzuhalten, aber Tatsache war, dass Harry legal nicht Teil der einzigen Familie sein konnte, die er kannte.
 

Da war auch noch die Tatsache, dass das Ministerium dem Jungen-der-lebt nicht erlauben würde bei einem Werwolf zu leben.
 

Donnerstagabend war eine weitere Patronusstunde und es war wahrscheinlich die unbehaglichste Stunde, die Harry je durchgemacht hatte. Weder Harry noch Professor Lupin wussten, was sie sagen sollten und Professor Dumbledore war abwesend, wegen eines Treffens im Ministerium. Harry war im Grunde erleichtert, dass Dumbledore nicht dort war. Er hatte heute Abend wirklich keine Lust auf die funkelnden Augen.
 

Harry bereitete sich auf den Bogart vor, den Lupin loslassen würde, aber er hatte Schwierigkeiten, sich auf eine glückliche Erinnerung zu konzentrieren. Wie konnte er sich konzentrieren, mit all den Irrsinnigkeiten, die sein Leben ausmachten? Warum konnte nicht alles so einfach sein, wie es gewesen war, als alle ihn hassten und er nichts mehr als ein Freak war? Sicher, das Leben war schrecklich gewesen, aber wenigstens war es nicht so kompliziert wie sein Leben jetzt war.
 

„Fertig, los!“, sagte Lupin, als er den Deckel des Koffers öffnete, in dem der Bogart war.
 

Der Raum wurde sofort kalt. Dunkelheit vernebelte Harrys Sicht, aber er konnte den Dementor erkennen, der auf ihn zu glitt, eine verrottete Hand, die nach ihm griff. Er konnte nicht atmen. „Expecto Patronum!“, schrie Harry, „Expecto Pat-“
 

Es war zuviel. Verschwommene Figuren bewegten sich vor ihm. Die Stimme eines Mannes erfüllte seine Ohren, sie klang panisch. „Lily, nimm Harry und lauf! Er ist es! Geh! Lauf! Ich werde ihn aufhalten-“ Geräusche ersetzten die Stimme. Jemand versuchte verzweifelt, den Raum zu verlassen. Eine Tür knallte auf. Das bekannte hohe laute Lachen, von dem Harry Gänsehaut bekam.
 

„Harry! Harry, wach auf!“
 

Harry brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass ihn jemand hielt. Sein Kopf ruhte an der Brust von jemandem, als sein Mund geöffnet wurde und ein Stück Schokolade hinein gezwängt wurde. Wärme breitete sich langsam in seinem Körper aus, als Harry langsam die Augen öffnete und Professor Lupins besorgtes Gesicht sah. Harry war unfähig es zurück zu halten, und vergrub sein Gesicht an Lupins Brust, um das Erscheinen der Tränen zu verstecken.
 

Professor Lupin hielt den Jungen fest und wartete geduldig, dass er sich beruhigte. Sobald er merkte, dass Harry sich entspannte, lockerte Lupin den Griff. „Es ist in Ordnung, Harry“, sagte er sanft, „versuch nur, dich auf etwas anderes zu konzentrieren.“
 

Harry schüttelte den Kopf und zog sich zurück. Er wollte nicht die tapfere Stimme seines Vaters vergessen. „Ich - ich habe meinen Dad gehört“, sagte er leise. „Er hat versucht Voldemort aufzuhalten.“ Er vergrub sein Gesicht in den Händen. „Warum sind sie gestorben? Warum wollte Voldemort mich töten? Ich war nur ein Baby! Wie kann ein Baby so eine Bedrohung sein?“
 

Lupin legte eine Hand auf Harrys linke Schulter und drückte leicht zu. „Aber du warst es, Harry“, sagte er leise, „ich glaube deine Narbe ist alles an Beweis, den du brauchst, um das zu wissen. Ich weiß, es ist schwer, aber versuch dich zu erinnern, dass deine Eltern dich geliebt haben. Konzentrier dich auf die Liebe, Harry. Konzentrier dich auf das Gute, nicht das Schlechte.“
 

Harry stieß ein müdes Seufzen aus und nickte, aber konnte sich nicht dazu bringen Lupin anzusehen. Das Problem war, dass es schwer für ihn war, nicht im Schlechten gefangen zu werden. Er wusste das jetzt. Es war ein Abwehrmechanismus. Wenn er seine Hoffnung nicht hochschraubte, konnte er auch nicht enttäuscht werden. Vielleicht war dies das wirkliche Problem. Zum ersten Mal in einer langen Zeit hatte Harry die Hoffnung auf das Konzept einer liebenden Familie gehegt. Er hatte das bekommen, was er wollte aber nie bedacht, was geschehen musste, damit sein Traum Realität wurde.
 

Harry sah schließlich zu Lupin und stellte fest, dass nicht nur seine Hoffnungen und Träume bedroht waren. „Es tut mir Leid“, sagte er, „es ist nur so schwierig. Ich dachte, ich könnte etwas finden, das uns zu einer Familie macht, aber dann finde ich heraus, dass du mich nicht einmal sehen darfst, wenn kein anderer dabei ist … es war zu viel. Ich – ich wusste nicht-“
 

Professor Lupin zog Harry in eine weitere Umarmung. „Es ist in Ordnung, Harry“, sagte er. „Ich verstehe. Mit allem was vor sich geht, wollten wir dich nicht noch mit etwas belasten, über das du keine Kontrolle hast. Ich wollte dich davor beschützen, wie das Ministerium meine Art behandelt. Ich schätze, ich kann Severus auch dafür danken, dass du es herausgefunden hast.“
 

Harry spannte sich sofort an, als er zurückwich. „Bitte, sei nicht böse“, sagte er schnell, „ich habe nach Adoptionsgesetzen gefragt-“
 

„- woran du nicht gedacht hättest, wenn Severus nicht entschieden hätte, seine Rache an meiner Klasse auszulassen“, unterbrach Lupin, „Harry, du musst verstehen, dass Severus mir und deinem Vater gegenüber immer voreingenommen sein wird. Er ist keine Person, die alte Fehler verzeiht, was ich ziemlich scheinheilig finde.“
 

„Wieso?“, fragte Harry.
 

Professor Lupin zuckte zusammen. „Äh – macht nichts, Harry“, sagte er schnell. „Vergiss, dass ich etwas gesagt habe. Nun, bist du bereit für einen weiteren Versuch, oder sollen wir den Bogart für eine anderes Mal lassen?“
 

Harry erkannte eine Ablenkung, wenn er eine hörte und dachte sich es wäre etwas persönliches, das ihn nichts anging und beließ es dabei. „Ich versuche es noch mal“, sagte er und stand auf und ergriff seinen Zauberstab dabei vom Fußboden. Er drehte sich um, um den Koffer anzusehen, während er die Augen schloss und sich konzentrierte. Vielleicht machte er dies falsch. Vielleicht brauchte er keine bestimmte Erinnerung. Vielleicht brauchte er nur das Gefühl, das die Erinnerung verursachte. Er erinnerte sich an das Gefühl, das er hatte, als Professor Lupin ihn eines Nachts sein ‚Wolfjunges’ genannt hatte. Harry musste lächeln. Er hatte sich wie eine Familie gefühlt.
 

Professor Lupin stand langsam auf und ging zu dem Koffer. „Gut Harry“, sagte er aufmunternd. „Los geht’s.“ Er hob wieder den Deckel des Koffers und ein Dementor schwebte heraus.
 

Kälte füllte den Raum, als Harry seine Augen öffnete und den Dementor von Angesicht zu Angesicht gegenüber stand. „EXPECTO PATRONUM!“, rief er. Die Schreie, die er hörte, waren schwach, fast nicht da. Ein großer silberner Schatten brach aus dem Ende seines Zauberstabs und verblieb zwischen ihm und dem Dementor. Langsam begann er den Schatten weg zu schieben, zurück in den Koffer. Harry konnte es nicht erklären, aber zum ersten Mal, seit er angefangen hatte mit dem Bogart zu trainieren, fühlte er sich nicht schwach. Es war fast, als ob eine wärmende Kraft seinen Körper durchströmte, ihn abschirmte, ihn beschützte.
 

„Riddikulus!“, rief Lupin schließlich.
 

Ein lautes Krachen dröhnte durch die Luft, als der Dementor verschwand, dicht gefolgt von dem nebligen Patronus. Harry senkte seinen Zauberstab, er wich zurück, bis er die Wand traf und sie runterrutschte, bis er auf dem Boden saß. Er registrierte kaum Professor Lupin, der nun einen silbrigen runden Bogart zurück in den Koffer zwang. Was war gerade geschehen?
 

Professor Lupin drehte sich um und sah Harry, auf den er zueilte. „Das war ausgezeichnet, Harry!“, sagte er glücklich, aber sein Lächeln wich schnell, als er Harry ins Gesicht blickte. „Harry, bist du in Ordnung?“
 

Harry sah Lupin nervös an. „Was ist passiert?“, fragte er, „w-wie … i-ich habe nicht …“
 

Lupin schien aufzuschnappen was Harry versuchte zu sagen. „Du fragst dich, warum du die Wirkung nicht so stark wie sonst gespürt hast“, sagte er, als er sich auf den Boden setzte, „hör mir zu, Harry, das ist kein Grund Angst zu haben. Deine Magie wird nur reifer. Im Moment kommt sie in Strahlen, als wenn du dein Zauber in den vorherigen Stunden überladen hast.“
 

Harrys ängstlicher Blick verwandelte sich in einen verwirrten. Wenn es so normal war, warum hatte er zuvor nichts davon gehört? „Also diese Sache passiert jedem?“, fragte Harry.
 

„Auf eine Weise“, sagte Lupin vorsichtig. „Bei den meisten, geschieht die Reifung der Magie gradlinig über die Zeit. Es scheint, dass das Training, das du im Sommer durch gemacht hast, dein magisches Wachstum ein wenig beschleunigt hat. Es ist nicht unbekannt, dass es auf diesem Weg geschieht, nur ungewöhnlich. Für den Moment müssen wir nur ein wenig vorsichtig sein, sodass du deine Zauber im Unterricht nicht überlädst.“
 

Harry sah auf den Zauberstab hinunter, den er immer noch in der rechten Hand hielt. Also das war der Grund, warum er so viele Probleme mit dem Patronuszauber hatte. Es hatte Harry gewundert, warum er in einem Moment nichts erscheinen lassen konnte und im nächsten gegen die Wand geschleudert wurde. Eine Sache war gewiss, Harry würde auf jeden Fall Professor Lupins Rat befolgen und vorsichtiger sein.
 

Am folgenden Wochenende war das Slytherin gegen Ravenclaw Spiel, welches Slytherin knapp gewann. Das waren ziemlich gute Nachrichten für Gryffindor. Wenn sie gegen Ravenclaw gewannen, würden sie den ersten Platz im Rennen um den Quidditchpokal einnehmen. Um einen Sieg für Gryffindor zu gewährleisten, erhöhte Oliver Wood das Training auf fünfmal die Woche. Mit Hermine, die mit Hausaufgaben überflutet war, musste Harry darauf zurückgreifen, die Hälfte seiner Patronusstunden mit Hausaufgaben zu verbringen. Professor Lupin half, wann immer er konnte, was meistens darin bestand, Hinweise zu geben.
 

Beide, Harry und Ron hatten gelernt, Hermine aus dem Weg zu gehen, wenn sie Hausaufgaben machte, was immer häufiger passierte. Sie benutzte immer mehrere Tische für all ihre Fächer und schnappte jeden an, der sie unterbrach. Nach einer Weile hielt Ron es nicht mehr aus und sprach seine Neugier aus.
 

„Ich versteh es nicht“, flüsterte Ron so leise, dass Hermine sie nicht belauschen konnte. „Wie kommt sie zu ihren Klassen? Arithmantik ist zur gleichen Zeit wie Pflege magischer Geschöpfe und Muggelkunde gleichzeitig mit Wahrsagen! Es ist einfach nicht möglich!“
 

Harry konnte zur Antwort nur mit den Schultern zucken. Er hatte auf harte Weise gelernt, die Geheimnisse einer Person zu respektieren. Er hatte Ron und Hermine dieses Jahr vieles vorenthalten. Wenn Hermine das Gefühl hatte, ihnen das kleine Mysterium vorzuenthalten, musste es einen Grund dafür geben.
 

Zusätzlich zu all dem, war Harry immer noch ohne Besen. Harry hatte sich angewöhnt, Professor McGonagall jeden Morgen beim Frühstück anzublicken in der Hoffnung, dass nichts gefunden wurde, aber er erhielt nur ein diskretes Kopfschütteln. Er fragte sie nie öffentlich, nach dem Status, obwohl einige Mitglieder der Mannschaft es getan hatten. Oliver war am beharrlichsten, dicht gefolgt von den Weasley Zwillingen. Sie wussten alle, dass ein Sucher mit einem Feuerblitz fast einen Sieg garantieren würde.
 

Als der Februar kam, hatte Harry die Hoffnung aufgegeben seinen Besen jemals wieder zu sehen. Er machte langsam Fortschritte in seinen Patronusstunden, aber weder Professor Lupin noch Professor Dumbledore konnten eine genaue Form ausmachen. Frustriert und erschöpft, begann Harry zu glauben, dass er nie eine genaue Form haben würde.
 

Professor Lupin bemerkte Harrys üble Laune und entschied, die Stunde zu beenden und Harry eine Hogsmeade – Überraschung vorzustellen: Butterbier. Professor Dumbledore war gegangen, inzwischen wusste er, dass Harry nur mit Lupin offen sprach und drängte den jungen Lehrer still, mit seinem Schützling zu sprechen. Lupin sah zu dem Jungen hinüber und bemerkte, dass Harry tief in Gedanken schien, als er einen kleinen Schluck von seinem Getränk nahm.
 

Sie fuhren fort Schlücke zu nehmen, bis Harry die Stille brach. „Was ist unter der Kapuze eines Dementors?“, fragte er leise.
 

Professor Lupin seufzte, als er seine Flasche absetzte. „Das ist eine schwierige Frage, Harry“, sagte er nachdenklich. „Ein Dementor senkt seine Kapuze nur, um das zu verabreichen, was als Kuss des Dementors bekannt ist. Er wird schlimmer als der Tod beschrieben.“ Er sah Harry genau in die Augen, mit einem mitfühlenden Ausdruck auf dem Gesicht. „Wenn eine Person den Kuss bekommt, wird die Seele ausgesogen und sie bleiben als leere Hülle zurück. Das ist es, was Sirius Black erwartet.“
 

Harry sah Professor Lupin vollkommen schockiert an. Er hatte gedacht, die Dementoren selbst wären schon schlimm, aber der Kuss klang grauenvoll. Der Gedanke an Midnight, den fürsorglichen und geduldigen Hund, den er kannte, ohne Seele war zuviel, um weiter darüber nachzudenken. Er wusste, dass Sirius Black ein Mörder war. Er wusste, dass Sirius Black Midnight war, aber aus irgendeinem Grund konnte er den Hund nicht hassen, der ihn soviel im Ligusterweg 4 geholfen hatte. Er wusste nicht, wann er angefangen hatte so zu fühlen. Alles was er wusste, war, dass er nicht wusste warum. Warum hatte Black seine Eltern betrogen und warum hatte Black ihm geholfen?
 

„Was, wenn sie – äh – im nachhinein für unschuldig befunden werden?“, fragte Harry nervös. „Können sie sie zurückbekommen?“
 

Lupin versteifte sich deutlich. „Harry, warum fragst du so etwas?“, fragte er beschützend. „Du hast Black seit Halloween nicht gesehen, oder?“
 

Harry schüttelte den Kopf, als der auf das Schild seines Butterbiers sah. „Ich war nur neugierig“, sagte er leise. „In der Muggelwelt werden Leute für schuldig befunden und von Zeit zu Zeit werden sie später für unschuldig befunden. Manchmal machen die Leute Fehler.“
 

Professor Lupin sah weg und räusperte sich. „Das ist wahr, aber wir haben Methoden, um herauszufinden, ob jemand die Wahrheit spricht“, sagte er unbehaglich. „Es gib einen Trank, der Veritaserum heißt und ein Wahrheitstrank ist. Man braucht nur drei Tropfen und die Person, die ihn nimmt, beantwortet jede Frage wahrheitsgemäß.“
 

„Oh“, sagte Harry leise. Er merkte, dass Professor Lupin die Unterhaltung unangenehm war. Es war deutlich, dass alles, was Sirius Black betraf, schmerzhaft für Lupin war. „Entschuldige“, sagte er mit der gleichen leisen Stimme. „Ich schätze, ich versuche immer noch herauszufinden, wie alles funktioniert.“
 

„Das ist vollkommen verständlich“, sagte Professor Lupin mit einem Lächeln. „Genau genommen bin ich beeindruckt, Harry. Nicht viele stellen in Frage, wie Gefangene in der Zaubererwelt behandelt werden. Die meisten glauben, es ist nicht ihr Problem, also denken sie auch nicht weiter darüber nach. Es ist ziemlich traurig, dass viele Leute bereit sind, etwas zu kritisieren, aber nichts dagegen tun.“
 

Harry nickte. Er wusste, dass Professor Lupin von mehr als den Kriminellen sprach. Er sprach auch über die Ungerechtigkeit den Werwölfen gegenüber. Es schmerzte Harry, Professor Lupin so verletzt und machtlos zu sehen. In dem Moment entschied Harry, alles zu tun was er konnte, um sicher zu gehen, dass Professor Lupin nie wieder allein sein würde. Sein Vormund hatte Recht. Sie waren eine Familie, auf jede Weise die zählte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück