Die Rückkehr
Der Kampf ist geschlagen. Doch die letzten Worte Naraku's verheißen nichts Gutes.
Voller Sorgen und von dunkelster Vorahnungen getrieben, machen sich die Freunde
aus den schnellsten Weg nach Hause.
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Die Rückkehr
"Oh mein Gott!", erschrocken schlug sich Kagome die Hand vor den Mund. Dunkle
Qualmwolken standen über Schloss Inu no Taishou. Unwillkürlich trat sie einen
Schritt näher an Inu Yasha heran und suchte Trost in der Berührung seines Armes.
"Das hat Naraku also gemeint. Als er sagte >Wir würden es nie vergessen<
Verflucht!", sagte Miroku leise.
Mit brennenden Augen starrte Sesshomaru in das Tal. Naraku hatte seine letzte
Rache genommen.
Das Schloss seiner Väter lag in Trümmern. Aber es war ihm im Grunde egal.
Alles was zählte, war, was war mit seiner Gefährtin geschehen?
"Lasst uns nachsehen. Vielleicht gibt es Überlebende. Vielleicht haben sie
sich noch rechzeitig in Sicherheit bringen können", sprach Sango ihrer aller
Hoffnung aus.
Schweigend machten sie sich auf den Weg. Je näher sie dem Schloss kamen umso
mehr Dämonenleichen fanden sie.
Das Haupttor war zersplittert und die Reste der einen Hälfte pendelten
quietschend im Wind.
Auf dem Hof sah es nicht besser aus. Zwei der Vorratsschuppen lagen in
Trümmern. Qualmende, schwarze Holzbalken ragten wie Gerippe in die Höhe.
Im Hof fanden sie die Leichen von zahlreichen Dienern, Wachen, aber auch die
leblosen Körper der Angreifer. Ein Schar Krähen flog, aufgeschreckt durch die
plötzlichen Besucher, kreischend die die Höhe.
Die Hauptgebäude sahen noch einigermaßen intakt aus. Anscheinend waren die
Angreifer nicht an der völligen Zerstörung des Schlosses interessiert gewesen.
Ihr Ziel waren wohl eher die Bewohner gewesen. Wortlos machten sich die Freunde
auf die Suche. Ihre Sorge trieb sie durch die langen Gänge.
Mit einem Ruck riss Sesshomaru die Tür zu den Gemächern seiner Gefährtin auf.
Erleichtert stellte er fest, dass sie hier nicht war. Im ganzen Schloss konnte
er keine Spur von Ayaka, Rin oder gar Jaken ausmachen. Außerdem fehlte der
Grossteil der Dienerschaft und der Wachen.
Sollte es ihnen gelungen sein zu fliehen?
Dann konnte es nur einen Weg geben, den sie gegangen sein konnten.
"Wir haben nichts gefunden!", Inu Yasha und seine Freunde betraten hinter ihm
den Raum.
"Vielleicht konnten sie fliehen!", äußerte Sango ihre Hoffnung laut.
Sesshomaru nickte. "Wenn es so ist, dann gibt es nur eine Möglichkeit. Es gibt
einen Geheimgang, der unterirdisch aus dem Schloss führt."
Er führte sie in den Küchentrakt. In einer Ecke befand sich ein großes Loch.
"Das ist der Zugang. Normalerweise ist er verborgen. Sie haben ihn
offensichtlich benutzt."
Inu Yasha starrte in das dunkle Loch.
Er warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu. "Dann lass uns nachsehen."
Und schon sprang er in die Tiefe. Sesshomaru folgte ihm auf dem Fuß.
Sanft landete der Youkai neben seinem Bruder. Beide zogen die Schwerter. Vor
ihren lagen die zwei Leichen von Dämonen, die ganz sicher nicht der
Dienerschaft des Schlosses angehörten.
Vorsichtig gingen sie Schritt für Schritt vorwärts. Plötzlich endete der Gang.
Die Decke war an dieser Stelle eingebrochen und Geröll hatte den gesamten Gang
verstopft.
An der Wand entdeckte Inu Yasha dunkle Schatten. Er trat näher und erkannte
die tiefen Furchen von Schwerthieben.
"Sieh mal, Sesshomaru. Der Gang scheint absichtlich zum Einsturz gebracht
worden zu sein."
Sesshomaru trat an seine Seite und fuhr prüfend mit den Fingerspitzen über die
Einschnitte. Er spürte immer noch die schwache Ausstrahlung von Youki.
Ihrem Youki.
"Ayaka...", fast tonlos kam der Namen über seine Lippen
"Sie ist hier gewesen und hat den Gang zum Einsturz gebracht. Es ist ihnen
gelungen zu fliehen", schloss er mit fester Stimme. Er weigerte sich strikt,
irgendetwas anders anzunehmen. Ayaka musste am Leben sein!
Inu Yasha steckte Tessaiga zurück in die Scheide. "Und wohin?"
"Der Gang endet in einiger Entfernung im Freien."
Inu Yasha folgte ihm, als Sesshomaru sich umdrehte und wieder zurückging.
Gemeinsam tauchten sie wieder in der Küche auf.
Die neugierige Blicke ihrer Freunde erwarteten sie.
"Und?" fragte Kagome gespannt.
"Sie konnten offenbar fliehen und haben den Gang wegen den Verfolgern
unpassierbar gemacht", erklärte Inu Yasha. Er wandte sich an seinen Halbbruder,
der schweigend dastand. Offenbar überlegte er.
"Weißt du wo sie sein könnten?", fragte der Hanyou.
Sesshomaru hob den Kopf. Seine goldenen Augen fixierten die Freunde starr.
Schließlich nickte er und wandte sich ab.
"Warte!", Inu Yasha hielt seinen Halbbruder auf. "Kagome und ich kommen mit."
"Sango und ich werden zusammen mit Shippou hier anfangen aufzuräumen", sagte
Miroku.
"Bringt sie heil zurück", bat Sango mit leiser Stimme. "Es sind schon zu viele
in diesem Kampf gestorben."
"Keine Sorge, Sango. Das werden wir", versicherte Inu Yasha mit entschlossener
Miene. Innerlich bangte er jedoch um seine Schwägerin und ihre Begleitung. Er
hoffte nur, das ihnen nicht passiert war. Deshalb wollte er seinen Bruder
auch nicht alleine lassen. Sie hatten es zusammen angefangen und nun wollte
er es auch zusammen beenden. Egal, was für Schrecken sie dabei in die Augen
sehen mussten.
Zu dritt verließen sie das Schloss und eilten durch die Wälder. Sesshomaru
hatte die Führung übernommen und führte sie immer weiter weg vom Schloss.
Mit einem Mal blieb er stehen.
Inu Yasha trat neben ihn und ließ Kagome von seinem Rücken gleiten.
"Was ist los?", fragte Inu Yasha.
"Witterst du das nicht? Wir müssen vorsichtig sein!", antwortete Sesshomaru
angespannt.
Witternd hob Inu Yasha die Nase in den Wind. "Oh verdammt!"
Deutlich nahm er seine Schwägerin wahr. Aber ihr Geruch und auch die
Ausstrahlung hatten sich verändert.
"Was ist los?", fragte Kagome auch sie fühlte ein ungewöhnliches Kribbeln auf
der Haut.
Die Reaktionen von Sesshomaru und Inu Yasha machten ihr Sorgen.
"Es ist Ayaka. Sie hat sich verändert", erklärte der Hanyou und ließ
aufmerksam seine Augen hin und her gleiten.
"Was meinst du mit: verändert?", fragte Kagome ratlos.
"Du wirst es schon sehen", antwortete Inu Yasha unbestimmt.
Sie gingen weiter. Die Bäume wurden lichter und eine kleine Lichtung breitete
sich vor ihnen aus. Kaum hatten sie die freie Fläche betreten, als eine
Gestalt aus dem dichten Gebüsch der gegenüberliegenden Seite trat und sich vor
ihnen warnend aufbaute.
Kagome keuchte erschrocken auf. Es war Ayaka, aber irgendwie war sie es auch
nicht. Das war nicht die Ayaka, die sie kennen gelernt hatte. Das war hier war
eine... Dämonin. Eine extrem wütende Dämonin.
"Bewegt euch nicht von der Stelle, wenn euch eurer Leben lieb ist", Sesshomaru
hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
Kagome wollte dennoch los, als eine Hand sich unerbitterlich um ihren Mund
legte und sie zurückzog.
Sie hörte Inu Yasha’s Stimme leise an ihrem Ohr. "Keinen Laut. In dem Zustand,
in dem sie ist, greift sie alles und jeden an, den sie für eine Bedrohung
hält. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber sie ist im wahrsten Sinne, bis
aufs Blut gereizt worden. Selbst Sesshomaru muss jetzt aufpassen."
Langsam ging Sesshomaru auf seine Gefährtin zu und blieb wenige Schritte von
ihr entfernt stehen.
Ein drohendes Knurren kam aus Ayaka’s Kehle und die Spitze des Schwertes hob
sich in seine Richtung. Ihre Rotglühenden Augen folgten jeder seiner
Bewegungen. Die Luft um sie schien zu beben. Sie stand kurz davor sich
endgültig zu verwandeln.
Bei allen Göttern, was musste sie alles erlebt haben, dass sie so reagierte.
Das sie sogar ihn, ihren Gefährten, jetzt nicht erkannte.
Sesshomaru ließ seine Blicke über ihren Körper wandern. Sie war schlank, also
musste sie das Kind zur Welt gebracht haben.
Ihre Kleidung wies klaffende Risse auf. Die Rüstung war teilweise verschwunden.
Eingetrocknete Blutflecke waren überall auf dem Stoff darunter zu erkennen.
Sie hielt das Schwert in der linken Hand. Ihr rechter Arm pendelte an ihrer
Seite. Offensichtlich war er gebrochen gewesen und bis jetzt noch nicht
vollständig verheilt, so dass sie ihn noch schonte. An ihrer rechten Schulter,
sah er zusätzlich die Spuren einer tiefen Stichwunde.
Mit seinen Sinnen versuchte er zu erkennen, was sich in dem Gebüsch hinter ihr
befand, doch ihr gewaltiges Youki verhinderte es.
Sesshomaru machte sich Vorwürfe. Er war nicht an ihrer Seite gewesen, als sie
ihn gebraucht hatte. Er hatte sie in ihrer verletzlichsten Zeit allein
gelassen.
Er hatte sie nicht beschützt. Wie sollte sie ihm das je verzeihen können?
"Ayaka- Ko...", leise rief er ihren Namen. Noch nie hatte er sie so
angesprochen- Liebling; Schatz.
Ayaka’s ganzer Körper war gespannt wie eine Sehne. Sie musste die ihren
beschützen.
Jetzt waren wieder welche aufgetaucht. Aber diese waren anders.
Ihre Ausstrahlung war gewaltig, besonderes von dem, der vor ihr stand.
Sie hatte Zweifel, dass sie überhaupt in der Lage war, ihn in einem Kampf
besiegen zu können.
Zudem kam er ihr irgendwie vertraut vor.
Ihre Nase nahm seine Witterung auf. Sein Geruch rief Gefühle wach.
Gefühle der Geborgenheit, der Liebe, des Vertrauens.
"Ayaka-Ko...!" Deutlich hörte sie seinen Ruf.
Ayaka? Das war ihr Name.
Sie kämpfte gegen ihr Blut an. Um sich besser zu konzentrieren, schloss sie
die Augen. Die innere Hitze ließ nur allmählich nach. Ihre Gedanken begannen
wieder in normalen Bahnen zu laufen.
Sesshomaru ließ nicht eine Sekunde den Blick von ihr. Er sah, wie sie die
Augen schloss. Und leicht den Kopf in den Nacken legte.
In diesem Moment ging ein Zittern durch ihren Körper.
Ihre Hand hob sich und rammte das Schwert mit der Spitze in die Erde.
"Sesshomaru...", leise, fast flüsternd, hörte er ihren Ruf.
Ayaka’s Augen öffneten sich und ihr Blick aus klaren grün-gelben Pupillen
richtete sich auf ihn. Gleichzeitig verschwanden die zwei silbernen Streifen
von ihren Wangen.
Mit einem einzigen, gewaltigen Schritt stand er vor ihr und schloss sie in die
Arme. Erleichtert atmete er auf. Sie war wieder normal. Tief sog er ihren
vertrauten Geruch ein. Ayaka schmiegte sich an ihn.
Inu Yasha entspannte sich und ließ Kagome los.
"Was ist passiert?", fragte Inu Yasha und ging langsam näher.
Ayaka hob den Kopf und sah ihn an. "Das Schloss wurde angegriffen.
Wir versuchten es zu halten, aber sie waren in der Überzahl. Ein Abkömmling
von Naraku führte sie an. Es tut mir Leid, Sesshomaru-sama"
"Naraku wird nie wieder jemanden etwas tun. Er ist endgültig tot" stellte
Kagome fest.
"Sein Abkömmling, der uns angegriffen hat, ebenfalls. Ich habe ihn getötet.",
berichtete Ayaka.
Sesshomaru war überglücklich, dass alles so glimpflich abgelaufen war. Doch
etwas brannte wie Feuer in seiner Seele. Fast wagte er die Frage nicht zu
stellen.
Er legte die Fingerspitzen an Ayaka’s Kinn und hob ihren Blick zu ihm hoch.
"Ayaka, was ist mit unserem Kind?"
Ein strahlendes Lächeln flog über ihr Gesicht und sie löste sich aus der
Umarmung. Ayaka ging an den Waldrand zurück. Mit geschickter Bewegung drängte
sie sich durch das Gebüsch.
Dort wurde sie schon von zwei ängstlichen Augenpaaren begrüßt.
Jaken hielt den Nintojo-Stab fest in den Händen um einen möglichen
Eindringling, der an ihr vorbeigekommen war, auszuschalten.
Rin hatte Ayaka’s Sohn fest im Arm.
"Es ist alles gut. Sesshomaru-sama ist wieder da!", beruhigte sie die beiden.
"Mein Herr ist wieder da... Sesshomaru-sama!", laut schreiend lief Jaken nach
draußen. Ayaka nahm Rin das Bündel ab. Die Kleine folgte freudig Jaken nach
draußen und begrüßte ihren Ziehvater lautstark jubelnd.
Sesshomaru konnte den Blick nicht von dem dichten Gebüsch nehmen. Weder Jaken
noch Rin, die jetzt ebenfalls auftauchte, bemerkte er richtig. Seine ganzen
Sinne waren nach vorne gerichtet.
Ayaka trat hervor. Auf ihrem Arm trug sie ein kleines Bündel.
Sie trat vor ihn.
"Darf ich Euch Euren Sohn vorstellen, Sesshomaru-sama. Er wird sicher mal ein
starker Youkai, denn er wurde während einer großen Schlacht geboren"
Mit diesen Worten legte sie ihm das Bündel vorsichtig in die Arme.
Innerlich bebte sie.
Er, als Fürst, musste das Kind anerkennen, erst dann hatte es ein Recht zu
leben. Erst, wenn er ihm einen Namen gab, nahm er es als Sohn an.
Vorsichtig zog Sesshomaru die Stofflagen zur Seite.
Ein kleines Gesicht erschien. Weiße Haare umrahmten ein rundes Gesicht. An den
Wangen rechts und links befanden sich je zwei silberne Streifen. Auf der
Stirn prangte ein Halbmond. Grüne Augen blinzelten verschlafen in die Höhe.
Eine winzige Hand umfasste einen seiner Finger und hielt ihn mit erstaunlicher
Kraft fest.
Sesshomaru’s Herz wurde weich. Sein Sohn.
Er konnte es kaum glauben.
Der Fürst hob den Blick und sah den ängstlichen Blick seiner Gefährtin auf
sich gerichtet.
Erst wenn er dem Kind einen Namen gab, erkannte er es an.
Ein Lächeln flog über Sesshomaru’s Gesicht. Schon lange hatte er darüber
nachgedacht. Und er konnte sich keinen besseren vorstellen.
"Sein Name ist Masaru (Sieg, gewinnen)."
Sesshomaru streckte den freien Arm nach Ayaka aus. Sie trat sofort auf ihn zu
und er schloss sie in die zärtliche Umarmung.
Ein seltsames Gefühl überfiel Inu Yasha. Er fühlte sich, als ob er und Kaogme
hier stören würden.
"Komm, Kagome. Ich glaube, wir sind hier erst mal überflüssig", Inu Yasha
griff das Mädchen am Arm und zog sie den Weg zurück. Hinter ihnen blieb eine
wieder glücklich vereinte Familie zurück.
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Ende Kapitel 17
So meine Lieben. Jetzt ist erst mal ein tiefes Durchatmen erlaubt. Doch denkt
ja nicht, dass es hier schon zu Ende ist. Es geht noch weiter.
Der Kampf um das Juwel der vier Seelen hat ein Ende gefunden.
Alle Beteiligten sind ohne großartige Blessuren davongekommen.
Man könnte meinen, das es nun zu Ende ist, doch wenn die „Nacht über Schloss
Inu no Taishou“ fällt, dann merkt man, dass nicht alle schlafen können.
Es quälen da einen gewissen Hanyou ungewohnt schwere Gedanken. Und eine
Endscheidung fällt, die die gesamte Zukunft verändern wird. Ein Kapitel mit
großen Gefühlen.
Bis bald eure
chaska