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Physical Education

[Yanagi/Kirihara]
von

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Stromausfall

Yanagi Renji hatte gestutzt und sowohl von seiner aufgeschlagenen Zeitschrift mit einem doppelseitigen Bericht über darstellende Geometrie, als auch von seinem halbvollen Becher mit lauwarmen Tee aufgesehen, als sich Kirihara Akaya heftig schiebend, schnaubend und drückend in die enge Lücke auf der schmalen Cafeteriabank zwischen ihn und seinen besten Freund Sanada Genichirou gequetscht hatte. Sanada hatte das ganze lediglich mit einem genervten Grunzen quittiert.

Renji beobachtete seinen jüngeren Mitschüler nur kurz, der momentan versuchte sich über den Tisch zu beugen um einen Krabbenchip aus einer vor Marui geöffneten Tüte zu stibitzen, ehe er sich erneut auf die Abbildung eines Prismas in seiner Zeitschrift konzentrierte. Der Lärm, der von den nahezu 300 Schülern ausging, die sich zu diesem Zeitpunkt mit ihnen in der Cafeteria befanden, schien ihn nicht im geringsten zu stören.
 

Der Braunhaarige war gerade dabei seinen rechten Zeigefinger mit der Zunge anzufeuchten um die Seiten eines Berichts über globale Erwärmung, der vor ihm auf dem Tisch ruhenden, entstammenden Zeitschrift umzuschlagen, als ihn die kurze und präzise formulierte Frage seines Kouhais aufsehen ließ.
 

„Yanagi-senpai, hast du morgen Zeit?“

Der Angesprochene zögerte einen Moment um nachzudenken.

„Morgen ist Freitag.“, antwortete er ruhig.

Akaya nickte und zog die Nase hoch, wonach er selbige ausgiebig mit seinem Hemdärmel streifte. Sanada räusperte sich und verzog angewidert sein Gesicht.

„Ich hab’ am Montag ’ne Physikarbeit und.. kannst du mit mir lernen? Ich blicks’ überhaupt nicht!“
 

Niemand der Anwesenden hatte aufgesehen. Niemandem war etwas merkwürdiges an Akayas Aussage aufgefallen. Alle blieben weiterhin in ihre Gespräche vertieft. Marui brabbelte mit Jackal, Sanada unterhielt sich mit dem ihm gegenübersitzenden Yukimura.

Eigentlich war Physik sowohl Akayas Lieblingsfach, als auch das Fach in dem er konstant überdurchschnittlich gute Leistungen erzielte – Zumindest für seine Verhältnisse.
 

Renji nickte und glättete mit zwei Fingern eine widerspenstige, leicht abstehende Ponysträhne.

„Ahn. Natürlich.“, sprach er ruhig, seinem Kouhai zugewandt, „Dann kommst du am Freitagabend nach dem Training einfach mit zu mir, in Ordnung?“

Der Schwarzhaarige zwirbelte abgelenkt an seiner blau-gestreiften Krawatte, nickte dann aber irgendwann abwesend und sprang auf.

„Okay.“, sagte er nur schnell und warf dem anderen einen scheuen Blick aus seinen grünen Augen zu, „Cool, Senpai. Bis dann.“

Danach war er schon wieder davongesprungen und hatte sich am Nachbartisch neben Niou Masaharu niedergelassen, der gerade einige Erstklässler und auch Mädchen seines Jahrgangs durch elegantes Mischen von Spielkarten beeindruckte.
 

-
 

Renji fuhr sich mit seinen langen, schlanken Fingern übers Gesicht und rieb seine dunklen Augen, ehe er ein äußerst herzhaftes Gähnen hinter seiner Handfläche versteckte.

Die Fasern seiner Oberteils klebten aufgrund des schwül-heißen Wetters des allmählich ausklingenden Sommers feucht auf seiner Haut und das Etikett seiner Shorts scheuerte die Haut im Bereich seines Steißbeines unangenehm auf. Und obwohl die Zikaden in den großen Hortensiensträuchern, die die Courts der Rikkai Dai Fukozou Chuu nahezu komplett umringten, lauter sangen den je, waren sie heute nicht der eigentliche Grund für Renjis mangelnde Konzentration am Spiel gewesen, das er sich bis vor kurzem mit Jackal geleistet hatte und nun durch eine kurze Pause auf einer der weißen Bänke in Ruhe ausklingen ließ.
 

Eigentlich waren Akayas Noten in Physik bis auf die Differenz von ein oder zwei Punkten immer gleich gewesen. Auch seine mündlichen Leistungen hatten keinen allzu starken Schwankungen unterlegen.

Konnten seine sorgfältig gesammelten Daten also innerhalb einer so kurzen Zeitspanne veralten und seinen Kouhai dazu zwingen ihn um Rat zu bitten?

Sein ehemaliger Sandkastenfreund Inui Sadaharu hätte ihm diese Spekulation innerhalb weniger Sekunden mit einer 97%igen Wahrscheinlichkeit widerlegt – Er hatte die ganze Nacht dafür gebraucht. Eigentlich waren Zahlen und Formeln noch nie Renjis wirkliche Stärke gewesen.
 

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Die beiden Jungen hatten es gerade noch geschafft Akayas Fahrrad in der Garage neben dem Haus unterzubringen, sich in den Hausflur zu retten und die Türe hinter sich zu schließen, ehe es draußen heftig zu regnen begonnen hatte.

Außer Atem ließ sich der Jüngere auf den Boden sinken und zog heftig an seinen Schuhen um diese loszuwerden ohne die Schnürsenkel öffnen zu müssen. Renji hob eine Augenbraue und stellte seine Schultasche an ihren gewohnten Platz im Flur.
 

Nur wenige Zeit später saßen sowohl Akaya als auch Renji in bequemer Joggingkleidung auf dem Tatamiboden in dessen Zimmer und aßen große Portionen von Sobanudeln mit dunkler, dicker, brauner Soße von viereckigen Holzbrettern.

Es roch nach getrocknetem Bambusholz und Regen, der draußen noch immer fiel und ihre leisen, während dem Essen geführten Gespräche durch sein monotones Plätschern, das durch die offengelassene Schiebetür hereindrang, die zum Balkon hinausführte, untermalte.
 

Der Ältere war der erste, der seine Stäbchen sinken ließ, seine Hände zusammenschlug, sich leicht verneigte und für die Mahlzeit dankte.

„Was genau verstehst du denn nicht in Physik, Akaya?“, fragte er leise und sah im dunkelgrauen Abendlicht zu seinem Gegenüber.

Der Schwarzhaarige sprach mit vollem Mund.

„Uhm.. Das heißt – Schnell schob er sich eine weitere Stäbchenladung Nudeln in den Mund – Energieerhaltungssatz, glaub ich. Und.. äh. Kraftvektoren oder so.“

Renji nickte und erhob sich um in seinem hohen Bücherregal über dem Schreibtisch einige passende Übungsbücher herauszusuchen. Ein leises, anschwellendes Donnergrollen war in der Ferne zu vernehmen.

„Das ist eigentlich nicht allzu schwer. Ich denke dass wir es auf die Reihe kriegen sollten. Bis Montag.“

Der Jüngere antwortete nicht in Form von Worten, sondern in Form eines ausgiebigen Schlürfens seines heißen, grünen Tees.
 

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„Also, Akaya. Was kannst du mir über den Energieerhaltungssatz sagen?“, sprach Yanagi ruhig, mit den Augen eine Stelle in seinem geöffneten Schulbuch fixierend.

Der Jüngere rollte sich unkonzentriert auf dem Futon hin und her, den sie vorhin gemeinsam auf dem Boden ausgebreitet hatten und streckte seine weißen, nackten Beine in die Luft.

Yanagi leckte sich über die Lippen, räusperte sich aber dann und hakte nach.

„Also, Akaya?“

Der Schwarzhaarige setzte sich auf und verzog das Gesicht zu einer ungnädigen Grimasse.

„Also der.. Energieerhaltungssatz sagt, dass die Gesamtenergie in.. in einem abgeschlossenen System immer gleich ist.“, referierte er brav und legte sich auf den Bauch, wobei er seinen Kopf auf seine kleinen Hände abstützte und seine runden Wangen zerdrückte.

„Mh.“, gab Yanagi zustimmend von sich. „Ja. Das ist richtig. Der Satz besagt, dass keine Energie innerhalb eines Systems neu entstehen oder einfach verschwinden kann.“

Das Donnergrollen war in der Zwischenzeit näher gekommen. Immer wieder leuchteten gelbe Blitze über den Hausdächern auf.

„Und welche verschiedenen Energien kann es innerhalb eines Systems geben, Akaya? Weißt du das auch?“

Es war dem Braunhaarigen nicht entgangen, dass sein Kouhai in der Zwischenzeit um einiges näher zu ihm gerückt war.

„Lageenergie, Bewegungsenergie und Spannungsenergie.“, sprach er und blinzelte mit seinen strahlend grünen Augen zu seinem älteren Mitschüler hinauf, welcher erneut anerkennend nickte, seinen Blick jedoch aufgrund Akayas besonders intensives Augenaufschlages schnell zur Seite wandte. Der Jüngere hatte eindeutig alles andere außer lernen im Kopf.
 

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Yanagi hatte das Fenster infolge des heftigen Gewitters, das mittlerweile draußen tobte, schließen müssen. Immer wieder wurde sein Zimmer durch das Zucken von grellen Blitzen beleuchtet, worauf meist ein heftiges Grollen folgte, das beide Jungen dazu brachten ihre Köpfe unsicher einzuziehen.

Akaya war gerade dabei auf Renjis Anweisung hin lustlos und unmotiviert einige Formeln mit schwarzem Kugelschreiber auf ein Stück Papier zuschreiben, als ein heftiger und vollkommen unerwarteter Donnerschlag ertönte, der von taghellen Erstrahlen eines Blitzes gefolgt wurde. Der Jüngere quiekte erschreckt und zuckte zusammen. Das Licht, das sowohl in Yanagis Zimmer als auch draußen auf der Straße bis gerade eben noch gebrannt hatte, erlosch. Und erneut war nur das monotone Plätschern des fallenden Regens zu hören.
 

„Stromausfall. Ich werde Kerzen holen gehen.“, bemerkte der Ältere trocken und tastete um sich. Akaya keuchte und starrte in der Dunkelheit orientierungslos um sich.

„Ich warte solange hier, Senpai.“, murmelte er und folgte den dunklen Konturen seines älteren Teamkollegen, die langsam in Richtung der weißen Schiebetür wankten.
 

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Obwohl Yanagi Renji eigentlich die Absicht gehabt hatte sich an diesem Abend zu nichts anderem überreden zu lassen, sondern mit Akaya stur dessen Probleme in Physik zu besprechen, hatte er sich nach dem Stromausfall und nachdem er einige Kerzen zur Beleuchtung seines finsteren Zimmers aufgestellt hatte, schließlich doch dazu breitschlagen lassen, das Lernen zu aufzugeben.

Es war für ihn nicht schwer zu erkennen gewesen, dass sein Kouhai eigentlich weder Lern- noch Verständnisprobleme gehabt hatte. Und so saß er nun, mit dem Rücken an sein Bett gelehnt, da und beobachtete den Jüngeren der selig lächelnd einen Schokoladenkeks nach dem anderen verspeiste und mit glänzenden, grünen Augen zu ihm herübersah.
 

„Warum wolltest du wirklich zu mir kommen, Akaya?“, fragte der Ältere schließlich, nachdem er beobachtet hatte wie der andere den letzten Keks aus der rosaroten Schachtel mit den lustigen braunen Bären vernichtet hatte.

Der Angesprochene blinzelte und setzte sich langsam auf, leckte sich mit seiner himbeerfarbenen Zunge über seine rosigen Lippen und starrte auf die Flamme der letzten, noch nicht heruntergebrannten Kerze im Raum. Der Strom war noch immer nicht wieder zum Laufen gebracht worden.

Unsicher auf seiner Oberlippe kauend krabbelte er nun auf allen Vieren auf seinen Gegenüber zu, bis er diesen erreicht hatte, wonach er vorsichtig auf dessen Schoß kletterte und sich dort niederließ. Unsicher blickten grüne Augen in dunkelbraune.

„Ich.. ich weiß was.. was Yukimura-Buchou und Sanada-Fukubuchou machen, wenn das Training aus ist und alle gegangen sind.“, flüsterte er leise. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Wangen.
 

Der Ältere schluckte und sah dem anderen fest in die Augen. Wenn er ehrlich war, verwunderte es ihn rein gar nicht, dass die meisten seiner Teammitglieder von Yukimuras und Sanadas Verhältnis so schnell Wind bekommen hatten. Und obwohl er selbst zugeben musste zunächst rasend eifersüchtig auf Sanada gewesen zu sein, der ihm seinen Seiichi nun mehr oder weniger vollkommen entrissen hatte, gab er sich doch Mühe das Geheimnis ihrer Liebschaft bestens zu hüten – Hauptsächlich, aber nicht ausschließlich seinetwegen.

Es war schließlich im Interesse aller, dass nicht ans Tageslicht kam, dass der Tennis Club der Rikkai Dai Fukozou Chuu mehr oder weniger einen Zufluchtsort für alle homosexuellen Jungen repräsentierte.
 

„Da du eindeutig nicht Physik lernen wolltest, was willst du dann von mir, Akaya?“, fragte er und sah auf den Kleineren hinunter, der noch immer auf seinem Schoß saß und seine kleinen Hände auf seine Brust gelegt hielt.

„Ich will das ausprobieren, was Yukimura-Buchou und Sanada-Fukubuchou gemacht haben.“, sagte er beständig und beugte sich, die Lippen bereits gespitzt vor um Renji einen unbeholfenen Kuss auf die Lippen zu drücken, welchen dieser allerdings gekonnt abzublocken wusste. Auf einmal interessierte es ihn überhaupt nicht mehr so genau was seine besten Freunde Seiichi und Genichirou alles bereits angestellt hatten.
 

„Wieso machst du es nicht mit jemand anderem?“

Renjis Worte klangen kühl, schafften es aber nicht Akaya zu beeindrucken. Erneut konnte der Ältere beobachten wie der schwarzhaarige mit seiner himbeerroten Zunge über seine bereits feuchten Lippen leckte. Ein Glitzern war in seinen Augen zu erkennen.

„Ich.. hab’s schon mit Yagyuu versucht.. aber.. der wollt’ nicht.“, murmelte er, während er seinen Kopf in Richtung von Renjis Körper bewegte, welcher erschauderte als der Schwarzhaarige einen Kuss auf sein Schlüsselbein hauchte.

„Du bist noch viel zu jung, Akaya.“

„Ich will es aber, Senpai!“

„Man liest im Allgemeinen dass man sich damit Zeit lassen soll. Wenn man so jung ist, findet man gar keinen Gefallen daran.“

„Aber ich bin mir sicher dass es Spaß macht! Buchou und Fukubuchou sind nicht viel älter als ich!“ Ein flehender Ausdruck machte sich auf Akayas kindlichem Gesicht breit.
 

Renji seufzte resigniert. Ein vorwurfsvoller Unterton schwang in seiner Stimme mit.

„Also bist du tatsächlich nicht zum Physik lernen zu mir gekommen.“

Der Jüngere schien ratlos, schien aber noch immer nicht daran zu denken von Yanagis Schoß herunterklettern zu wollen.

„Doch. Ein bisschen schon.“, druckste er leise.

„Ahn. Und inwiefern?“

Renji hatte diesen tief sarkastischen Unterton bisher noch nie in einem seiner gesprochenen Sätze bemerkt und es war jetzt deutlich zu erkennen, dass Akaya tatsächlich das ungute Gefühl beschlichen hatte seinen Senpai verärgert zu haben.

„Ich will das mit dir ausprobieren. Und.. man sagt doch dass Leute an so was Spaß haben wenn die Physik zwischen ihnen stimmt, oder nicht, Senpai? Also.. bringst du mir schon ein bisschen Physik bei.“

„Es heißt, wenn die Chemie zwischen zwei Personen stimmt, Akaya.“

„Oh.“
 

Das Donnern des Gewitters, das mittlerweile von dannen gezogen war und nur noch leise aus der Ferne vernommen werden konnte, nahm der Ältere schon kaum noch wahr. Kiriharas leise, leicht heisere Stimme war trotz ihrer minderen Lautstärke wesentlich präsenter.

„Bitte, Senpai.“
 

Und schneller als er eigentlich von sich selbst gedacht hatte, gab er nach und ließ zu dass Akaya seine Finger unter sein T-Shirt gleiten ließ und seine Lippen auf die des Älteren legte, zaghaft und unbeholfen.
 

-
 

Schweigend blickte Renji auf den kleineren Jungen hinunter, der sich leicht an ihn kuschelte. Sein Gesicht wirkte im Schein des Mondes, der hinter den dicken Gewitterwolken zum Vorschein gekommen war nachdem diese sich verzogen hatten, und im spärlichen Licht der Straßenlaternen, die nach dem überwundenen Stromausfall wieder zu leuchten begonnen hatten, fast weiß.

Die Geräusche seines Atems waren lange, schwer und ruhig.
 

Es war in dieser Nacht nicht nur Akayas erstes Mal gewesen..



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ScarsLikeVelvet
2007-10-06T17:29:56+00:00 06.10.2007 19:29
Dieser Lausebengel von Akaya Kirihara...Yanagi einfach so zu überrumpeln...das war nicht nett...aber richtig schön geschrieben *nick*
Ich find die Charas sind schön eingefangen und dargestellt worden.
Von:  Wieselchen
2007-07-14T17:04:20+00:00 14.07.2007 19:04
Ey warum sind hier noch eine Kommis? Alle zu faul zu schreiben oder waS? Schämen sollten die sich ò.ó

ALso: Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. :D Akayas total freches Lausebengeliges DAsein ist sehr gut eingefangen worden und auch die Stimmung ist gut rüber gekommen.
Auch die Aufmerksame Art Yanagis ist brilliant dargestellt.
Ich kenne Rikkai DAi jetzt nicht wirklich, sondern nur ansatsweise, aber das was da von den Charas bei mir hängen geblieben ist, ist auch hier gut rüber gekommen.

Wirklich sehr schön geschrieben. :)


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