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Zamara - The Evil

Teil 1
von

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Der Anfang des Bösen

Guten Abend, nun war es wieder an der Zeit, Gaz' Fantasie auf Papier zu bringen, so gut sie es konnte.

Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, sind meine FF's ziemlich unterschiedlich, so wird sich auch diese Story von meinen anderen unterscheiden. Viel Spaß beim Lesen und ja, bevor sich eure Wege von meiner FF wieder trennen, würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mir nen Kommi hinterlässt und mir darin eure Eindrücke, Verbesserungsvorschläge und etc. beschreiben würdet.

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Der Anfang des Bösen
 

Ein eisiger Windhauch könnte durch die Straßen fegen, die Bäume würden sich dann zur Seite biegen und Zeitungsfetzen würden durch die Luft gewirbelt werden. Die Kabel der Stromleitungen könnten dann reißen und die Lichter in den Häusern und wahrscheinlich auch die der Laternen würden erlischen. Es wäre auch möglich, dass der pfeifende Ton des Windes die Leute aus ihren Träumen erwachen lässt und sie zu einer unruhigen Besorgnis drängt.

Der anfangs noch so kleine Windhauch wäre zu einem Sturm geworden und draußen würde es so dunkel sein, dass man seine eigene Hand vor den Augen nicht mehr sehen könnte. In den Autos würden die herab gebrochenen Äste der schon fast umstürzenden Bäume, die Scheiben einschlagen, wenn sie mit einem lauten Krach drauf fielen.

Manch einer der Menschen würde sich in dieser Finsternis, mit einer Laterne in der einen Hand und den Schlüsseln in der anderen Hand, die Treppe der Häuser und Wohnungen heruntertrauen und langsam mit zittrigen Fingern die Türen aufsperren um nachzusehen, was da draußen los sei. Spätestens dann, wenn sie von dem so stark gewordenem Hauch des Sturms sanft und doch mit einer Grobheit, die das Blut in den Adern gefrieren lässt, fortgetragen werden würden, dann hätten sie begriffen, dass dies ein großer Fehler gewesen wäre.

So könnte es sein, wenn es in dieser Nacht nicht völlig windstill wäre und der Mond alles in ein helles silbernes Licht tauchen würde. Ja es war tatsächlich still, fast zu ruhig, denn nirgendwo in den umliegenden Häusern könnte man Licht erkennen. Man hörte keine Hunde bellen, keine Katzen miauen und keine Käfer krabbeln. Nicht einmal Vögel flogen durch die Straßen. Es war seltsam, viel zu seltsam um daran denken zu können, dass in dieser Nacht noch irgendetwas aufregendes passieren könnte und doch, man ahnte es und vielleicht hatte man sogar Angst davor, obwohl niemand wissen konnte woher diese Unruhe wirklich käme.

Und doch, das Schicksal ereignete sich in einem kleinen, abgelegenen alten Haus, die Mauern waren zum Teil eingerissen und die Farbe, welche einst einmal grau gewesen war, war zwar noch immer grau, doch man konnte leicht erkennen, dass sie schon öfters überstrichen worden war und an vielen Stellen schon abblätterte. Die Fenster waren mit Holzbrettern vernagelt und auf dem Dach fehlten einige Ziegel. Auf einer Ecke des Hauses befand sich eine dunkelbraune, hölzerne Haustür, die Klinke war abgebrochen.

Vom ersten Anblick also, sah es wie ein ganz normales leer stehendes, altes Haus aus, welches dringend eine Renovierung nötig hätte. Aber dieser Eindruck täuschte. Denn im inneren des baufälligen Gebäudes befanden sich ein zerschlissenes altes Sofa, ein Tisch und noch ein paar andere alte Möbelstücke aus altem dunkelbraunem Holz.

Und noch immer würde man es als altes leer stehendes kleines Häuschen bezeichnen, doch man irrte sich.

Auf dem alten violett-schwarzen Sofa lag eine Frau, ihr Gesicht war bleich, ihre Lippen leuchtend rot und an ihren Eckzähnen klebte dunkelrotes Blut. Ihre langen, schwarzen Haare hingen vom Sofa herunter und berührten leicht den Boden. Ihr restlicher Körper wurde von einem langen schwarzen Mantel verdeckt und nur ihre Füße, an denen sie weder Socken noch Schuhe trug, lugten hervor.

Doch das Erstaunlichste an dem ganzen Haus war nicht die Frau, sondern das Kind, das neben ihr lag.

Ein Neugeborenes.

Es schlief nicht, wie seine Mutter, sondern lag ruhig da und bewegte sich kaum. Nur mit seinen merkwürdigen, extrem schwarzen Augen sah sich das Baby um. Sein Blick war ernst und stierte umher, als ob es etwas suchen würde. Doch trotzdem bewegte es seinen Kopf nicht und auch sonst lag es still da. Ab dem Hals abwärts, war es mit einem schwarzen Seidentuch bedeckt, der sicherlich keine Wärme bieten konnte, denn der bleiche, fast weiße Körper des Neugeborenen schien durch.

Und es atmete.

Doch das Baby atmete nicht ruhig, sondern laut und schnell hintereinander, man könnte fast sagen, das Mädchen würde schnaufen, wie wenn es sich vor irgendetwas fürchten würde. Aber ihr Blick sagte alles. Sie hatte keine Angst, eher sie flößte einem Angst ein. Und doch tat sie nichts anderes als nur ruhig dazuliegen und mit ihren schwarzen Augen einen anzustarren, dass man glauben könnte, sie würde ihn mit diesem Blick durchbohren. Sie atmete. Ihr Keuchen hörte sich unheimlich an, es ließ einem das Blut in den Adern gefrieren.

Sie war kein niedliches Baby, wenn jemand sie von der Ferne sah, würde er denken: Oh was für ein süßes Kind, er würde näher rangehen, und je näher er ihr kam, desto unwohler würde er sich fühlen, ein kalter Schauer würde ihm über denn Rücken laufen, wenn er sie atmen hören wird und seine Schritte würden immer kürzer werden. Und irgendwann nach langem Zögern würde er ihr Gesicht sehen, ihren angsteinflößenden durchbohrenden Blick, er würde einen kurzen Schrei des Schreckens ausstoßen, sich umdrehen und weglaufen. Und er würde wissen: Das Baby ist böse.

Nie wieder würde dieser Jemand jemals zurückkommen. Aber es würden neue unbekannte Personen kommen und das gleiche Schicksal wird sie treffen, wie der Jemand, der vor ihnen hier war.

Doch zum Glück kam Niemand.

Denn es war Nacht und das Baby lag versteckt auf einem alten Sofa neben seiner Mutter in einem alten Haus mit eingerissenen Mauern völlig abgeschieden von der Welt. Keiner würde es finden und niemand würde es suchen.

Ihr Name war Zamara.
 

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So ja das war nun das erste Kappi, wie ihr sicher schon bemerkt habt. Und in den nächsten kappis gehts ums Leben von Zamara, soviel kann ich euch schon mal sagen...

Zwei Jahre später

Ja, so das zweite kappi, is diesmal n'bisschen länger, naja, quatschen kann ich immer noch, lest einfach weiter...*ich weiß der titel is nicht gerade weltbewegend, aber er enthält meiner Meinung nach wertvolle Informationen*

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Zwei Jahre später
 

Sie saß in einem Zimmer, die Wände dort waren schwarz gestrichen. Und außer dem Bett aus altem dunkelbraunem Holz gab es keine Möbel. Wenn die vielen Bäume im Garten, wegen denen man fast den Wald, der sich rundum das Grundstück hinzog, nicht wären, würde es wahrscheinlich nicht so düster im Zimmer sein. Denn es war Nachmittag, an sich die hellste Tageszeit.

Der Boden war genauso dunkelbraun wie das Holz des Bettes, und darauf saß sie, ihre schwarzen Augen würden böse funkeln, wenn jemand käme und sie ihn anschauen würde. Doch es kam keiner und sie sah niemanden an. Sie hatte ein schwarzes Kleid an, es passte zu ihren Augen, doch es machte ihr Gesicht noch blasser, als es ohnehin schon war.

Neben sich auf dem Boden waren schwarze und rote Bausteine. Offensichtlich waren die roten Holzsteine das einzige Farbige, das sich in diesem Zimmer befand, denn das Bettzeug war dunkelgrau und Vorhänge gab es keine.

Zamara spielte konzentriert mit den Bausteinen, nahm einen in die Hand, legte ihn wieder weg und schnappte sich einen anderen. So ging das immer weiter, bis sie schließlich anfing die Klötze übereinander zu stapeln. Als der Turm schon höher wurde als sie im Sitzen mit dem Kopf reichte, stand sie auf, holte mit der Hand aus und stieß ihn um. Dann fing sie von vorne an, doch diesmal machte sie zwei Türme: Einen mit roten Bausteinen und einen mit den Schwarzen. Als ihr die Türme wieder über den Kopf stiegen, stand sie erneut auf, stapelte diesmal jedoch weiter bis alle Klötze verbaut waren. Alle bis auf zwei. Diese hielt sie in den Händen fest umklammert, in der linken Hand den roten, in der rechten den schwarzen Bauklotz.

Schließlich ging sie ein paar Schritte zurück, und starrte ihr Werk begutachtend an, sie sah ernst aus und wirkte sehr konzentriert und angestrengt. Ihre Hände, in denen sich die zwei Steine befanden, zitterten stark.

Erst als sie ihre Eltern hörte, welche die Treppe hinaufstiegen und schließlich im Türrahmen stehen blieben und sie beobachteten, sah Zamara von ihrem Werk auf und schaute ihre Eltern von ihrer Tätigkeit überzeugend an. Nicht das sie lächeln würde, nein, sie hatte nie gelächelt und trotz des ernsten Gesichtes, das sie machte, konnte man Zufriedenheit in ihrem Gesichtsausdruck erkennen.

Ihre Mutter trug ein schwarzes dünnes bodenlanges Kleid, die Ärmel waren aus Seide und mit einer schönen Stickerei bestickt. Ihre Lippen waren genauso rot, ihre Haut genauso blass und die Augen so schwarz geschminkt wie in der Nacht vor zwei Jahren, als ihr erstes Kind zur Welt kam, nur eine kleine Wölbung war am Bauch zu erkennen. Sie war wieder schwanger.

Neben ihrer Mutter, er hatte einen Arm um sie gelegt, stand Zamaras Vater, er war fast ganz in dem schwarzen Mantel verhüllt, den er trug, sogar eine Kapuze war über seinen Kopf gezogen, nur sein Gesicht war zu sehen, er hatte dieselben schwarzen unheimlichen Augen wie seine Tochter. Doch sonst wäre nichts besonders ernennenswerte an ihm.

„Edzard sieh doch, ich denke ihr gefällt ihr Geburtstagsgeschenk.“, sagte die Frau mit rauchiger leiser Stimme und sah den Mann neben sich fragend an.

Zamara holte mit der rechten Hand aus, in der sie den schwarzen Baustein hielt und war ihn mit voller Wucht auf den zweithöchsten Stein des roten Turms. Somit fielen alle Klötze zu Boden. Dasselbe machte sie mit ihrer linken Hand nur schoss sie den Stein auf den schwarzen Turm und wieder war ihr Ziel perfekt und nun lagen alle Bausteine verstreut im Zimmer.

„Oh ja sie hat ein wirklich gutes Händchen zum zielen und sie ist stark wir sollten ihr Metallpfeile und eine Zielscheibe kaufen, da kann sie ihre Würfe noch genauer bemessen.“, sagte Edzard erfreut, er sah seine Frau an und sie nickte ihm beistimmend zu. Dann verließen sie beide den Raum.
 

Bei jedem Schritt den sie machte knarrte die Treppe. Vorsichtig lugte sie zwischen den Stäben des Treppengeländes durch, die ihr gerade mal bis zum Kopf gingen. Als sie merkte, dass unten sich keiner rührte, fing sie an, Stufe um Stufe, die Stiege schneller herunter zu laufen.

Dann machte sie sich auf den Weg, und schlich sich zur Tür des Schlafzimmers ihrer Eltern, ihr Gang war graziös und so leise, dass man denken könnte, sie würde schweben und mit dem langen schwarzgrauen Nachthemd, das sie trug und welches ihr bis zum Boden reichte sah sie auch so aus.

Ganz vorsichtig und mit größter Sorgfalt drückte sie die silberne Klinke an der alten Holztür hinunter, um möglichst wenige Geräusche zu verursachen. Sie schaute durch den Türspalt, drinnen war es dunkel, soweit sie es sehen konnte, sie schob die knarrende Holztür noch ein Stück weiter zur Seite, sodass sie gerade einmal durchpasste.

Ein eiskalter Luftzug fuhr ihr ums Gesicht, das Bett ihrer Eltern war leer und die zwei großen Fenster beide sperrangelweit offen. Sie trat näher heran und schaute in den leeren dunklen Nachthimmel, nirgends waren Sterne zu sehen, geschweige den ein Mond. Nur aus weiter Entfernung hörte sie einen Hund heulen, es war wie ein langes todtrauriges Klagen, wie vor Angst, plötzlich antwortete ein zweiter, und so setzte sich das fort, bis getragen von dem kalten Nachtwind, der nur leise durch die Blätter der Bäume säuselte, bis ein wildes Heulen vernehmbar war. Es schien aus der ganzen weit entfernten Gegend zu kommen, so weit die Einbildung in den Schauern der Nacht reichte.

Doch Zamara hatte keine Angst, nicht in dieser friedlosen Nacht und auch sonst nie, langsam ging sie wieder zurück, doch dieses Mal achtete sie nicht darauf, Geräuschkulissen zu vermeiden, sie spazierte aus der Tür des Schlafzimmers hinaus, ließ das Fenster offen und schlenderte die Stufen hinauf, so als wäre sie gerade auf dem Klo gewesen und ginge jetzt wieder zurück ins Wohnzimmer um sich den Zeichentrickfilm fertig anzuschauen, der gerade liefe. Obwohl es stockdunkel war im Haus, rannte sie nicht einmal an irgendetwas dagegen, ihre schwarzen beängstigen Augen hatte sie weit aufgemacht. Nicht eine Spur der Müdigkeit war zu sehen. Und trotzdem, als Zamara in ihrem Zimmer angelangt war, bewegte sie sich auf ihr Bett zu und verkroch sich darin. Dann schloss sie die Augen und viel in einen langen ruhigen Schlaf.
 

Diesmal war es Mittag, ihre Mutter stand in der Küche und hantierte abwechselnd mit dem Kochlöffel, dem Mixer und verschiedenen anderen Küchengeräten herum. Ob bei dem ganzen Aufwand, den sie sich machte, etwas Sinnvolles dabei herauskam, war jedoch eine andere Frage, denn das Essen (wobei man nur mehr schwer erkennen konnte, das es sich hierbei tatsächlich um so genannte „Nahrung“ handelte) sah nicht so aus, als würde es überaus schmackhaft sein.

Sie war so vertieft in ihre Kochkünste, die jedoch etwas zu wünschen übrig ließen, und dabei auch ziemlich viel Lärm verursachte, dass sie ihre Tochter nicht hörte, welche die Treppe hinunter stieg, die Tür zur Küche öffnete, einen Sessel zur Seite schob und sich daraufsetzte.

„Vielleicht solltest du vorsichtshalber warten bis Edzard nach Hause kommt, bevor hier noch etwas verbrennt.“, als Oxana die Stimme ihrer Tochter hörte, erschrak sie, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich so in der Nähe aufhielt. Doch als sie sich umgedreht und den ersten Schrecken verdaut hatte lächelte sie. „Oh nein Zam, er kommt heute nicht nach Hause, er ist bei einer Großtante von dir und kümmert sich um sie, außerdem,...“, sie machte eine Kurze Pause bevor sie mit ihrer rauchigen Stimme weitersprach: „…du magst doch verbranntes Essen, oder etwa nicht?“

„Doch, aber wenn das Haus verbrennt müssen wir umziehen und mir gefällt es hier!“, entgegnete Zamara, sie nannte ihre Eltern immer beim Vornamen.

„Wie kommst du denn darauf? Aber es gefällt mir wie du denkst.“

„Ich hab Unmengen von Büchern gelesen, die unten in den Regalen im Keller stehen, in manchen steht ziemlich viel nützliches Zeugs drin.“

„Oh, du kannst schon lesen? Ich hab nicht gewusst das zweieinhalbjährige Kinder so intelligent sind. Wann hast du das gemacht? Außerdem hatte ich dir doch verboten in den Keller zu gehen!“, Oxanas Gesichtsausdruck wandelte von dem verwunderten Blick in einen wütenden.

„Der Junge im Keller hat’s mir beigebracht, ich bin vor ein paar Wochen einmal hinuntergegangen als ihr nicht da wart. Ich konnte nicht schlafen und hab euch gesucht, dann hab ich im Keller nachgesehen, und da saß er, er war nur ein paar Köpfe größer als ich und hat gelesen, und dann hab ich angefangen mit ihm zu reden und irgendwann kam ich darauf, dass ihr nachts oft nicht hier seid und bin öfters zu ihm runtergelaufen. Er hat mir die Bücher gezeigt und mir Lesen beigebracht und hast du gewusst, dass er sich in so ein komisches kleines schwarzes Tier mit Flügeln verwandeln kann und dann einfach durch das Fenster verschwindet und durch den Keller fliegen!“, sie sagte das so verstaunt und noch nie vorher hatte sie so viel auf einmal geredet. Doch auch mit der großen Begeisterung, mit der sie diese Worte sprach, lächelte sie nicht, sie lächelte nie. Normalerweise gab sie kurze Antworten und vermied es generell zu sprechen.“

Oxana starrte sie böse an, ihr bleiches Gesicht war noch immer bleich, doch ihre Augenlider zuckten vor Wut. „Du,…“, sie sprach leise aber sehr bestimmt und ihre sowieso schon rauchige Stimme war noch rauchiger geworden, „hättest nicht in den Keller gehen sollen, ich hatte es dir verboten. Ein zweieinhalb jähriges Mädchen wie du, sollte nicht in der Nacht umherirren, auch wenn wir nicht hier sein sollten. Du verbringst die Nächte ab sofort in deinem Zimmer.“

„Aber wer ist dieser Junge im Keller? Und warum,“, Zamara machte eine kurze Pause und schaute ihre Mutter vorwurfsvoll an, „warum hast du mir nur nie von ihm erzählt?“

„Er ist ein Cousin von dir und du brauchtest nichts über ihn zu wissen, erst wenn du älter bist, darfst du wieder mit ihm sprechen. Du bist zu klug, als gut für dich ist!“

Damit war offensichtlich die Unterhaltung beendet und auch Zam konnte das spüren, denn sie wechselte abrupt das Thema. „Meine Großtante ist sehr alt oder?“, sie hatte ihre Großtante nie gesehen.

„Ja, sie ist sehr alt.
 

Ab diesem Tag an, war jeden Abend, nachdem ihre Eltern verschwunden waren, die Tür zum Keller verschlossen. Und so sehr sie auch danach suchte, Zamara konnte den Schlüssel nicht finden.
 

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Herzlichen Dank für's Lesen, ich wünsche euch noch nen schönen Tag

Der Junge im Keller

3. Der Junge im Keller
 

Es war schmutzig und feucht im Keller, was nicht dasselbe ist, doch er mochte es so. Und das eine kleine Fenster, das es gab, wurde von einem der vielen Bäume, welche in dem Garten um das Haus standen, völlig verdeckt. So war es ewig dunkel drinnen und als Bett diente ihm nur ein altes vermodertes Holzbrett, auf dem einzig und allein eine alte Decke lag. Der Boden und die Wände waren aus Stein und immer eiskalt und außer den Bücherregalen standen nur noch ein paar sehr alte Stühle in dem Keller, die jedes Mal wackelten, wen man sich darauf setze, und ein paar Kisten, mit altem Krempel, die schon seit Jahren nicht mehr angesehen worden waren. Natürlich war auch nicht viel Platz dort, er konnte gerade einmal ein paar Schritte gehen, da stieß er schon an irgendwas an und musste sich umdrehen, um weiterlaufen zu können. Überall gab es Spinnenweben, die verschiedensten Arten von Insekten hatten es sich im Keller heimisch gemacht und überall klebte eine dicke Schicht voll dreckigem Staub.

Doch er liebte es so. Er hielt sich gern dort auf, er liebte es so wie es war. Es war sein Reich, es war der Ort, indem er lebte und immer weiterleben wollte. Er mochte die Stille, die Abgeschiedenheit und Unabhängigkeit von der restlichen Welt.

Seine Augen waren grau, sein ganzer Körper verdreckt, die Fetzen, die er trug, hatte er bestimmt schon sehr lange und seine langen verfilzten braunen Haare, die ihm bis zu den Schultern reichten sahen abscheulich aus. Doch all dies machte ihm keinesfalls irgendetwas aus. Nein, im Gegenteil, so wie er aussah, könnte man denken, er sei ein Teil des Kellers, er war ein Stück seines geliebten Heimes und er fühlte sich auch so. Nie würde er freiwillig von hier weggehen und seinen Platz in der unendlichen Stille verlassen. Denn nur hier konnte er ruhig sein nur im Einklang seines Reiches.

Nur manchmal, wenn er ein Gefühl des Hungers verspürte, oder er fand, dass es mal Zeit für einen kleinen Ausflug wäre, verwandelte er sich blitzschnell in eine kleine schwarze Fledermaus, die gerade einmal so groß war, wie die Hand eines Erwachsenen.

Und dann flog er zu seinem Fenster, ja sie waren zwar mit eisernen Gittern verdeckt, doch er passte problemlos durch. Er flatterte mit seinen Flügeln und anstatt der dreckigen Gestalt, die er als Mensch hatte, war sein Fledermauskörper zwar tiefschwarz und doch glänzte er silbern. Er sah wundervoll aus in dieser Gestalt. Er flog durch den nächtlichen Himmel und war ein Teil von ihm. Manchmal ging er dann jagen und manchmal auch nicht. Dann flog er einfach immer höher, flatterte erwartungsvoll und voller Freude mit seinen hauchdünnen Flügeln und sah dem Mond entgegen. Seine einst so grauen Augen hatten sich in ein stechendes Gelb verwandelt und glitzerten, wenn er die silberne Scheibe in der schwarzen Nacht so bestaunend betrachtete.

Er genoss sie auch hier, die Stille. Gewöhnlich flog er auch öfters ein paar Wälder weiter, denn dort gab es einen kleinen See, er ließ seinen Körper langsam sinken und trank danach ein paar kostbare Schlucke des klaren Wassers. Beim Wegfliegen streifte er nicht selten einen seiner Hinterbeine leicht im Wasser, dann drehte er sich um und sah den Wellen zu, die er bereitet hatte, wie sie langsam verschwanden.

Erst wenn er meinte, es wäre Zeit, wieder zurückzukehren, flog er auf das alte, verkümmerte Haus und steuerte auf das kleine Kellerfenster zu, durch welches er auch hinausgeflogen war und kehrte zurück.

Dann war er wieder der düstere Junge im Keller der in den doch so trostlosen Gemächern hauste und sein doch so deprimierendes Heim so sehr mochte. Es war seins.

Die Ankunft Lyzanders

Guten Tag. Hat diesmal n'bisschen länger gedauert, liegt an den letzten Zeilen, bei denen ich net wusste, wie ich sie schreiben soll....tja, über Anregungen, Verbesserungsvorschläge, Beschwerden und Lob, kurz gesagt für jede Art von Kritik würde ich mich freuen.

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4. Die Ankunft Lyzanders
 

Sie starrte es an, das Gesicht. Und die Augen des Gesichts starrten zurück. Es gehörte einem Baby, welches vor ihr lag. In ihrem Zimmer, einen halben Meter von ihr entfernt. Die Haut seines Körpers war dunkler als die ihre. Seine Augen jedoch waren heller, viel heller, sie blitzten hellblau und sahen unheimlich aus, so hell, so glänzend so bösartig.

Eine seltsame Aura ging von ihm aus. Wie er da so lag, schon eine Stunde lang und sie anstarrte. Nicht ein einziges Mal hatte er geblinzelt. Sie ebenfalls nicht. Würde sie nie tun, denn das würde bedeuten, sie hätte sich ergeben, doch sie lässt sich nicht vertreiben. Mit ihren schwarzen Augen hatte sie ihren Blick fest auf den Fremden und doch Blutsverwandten gerichtet.

Er war ein Eindringling, seit einer Stunde, seit dem Augenblick, als Zamaras Eltern nach Hause kamen, es war Nacht. Sie saß vor ihrem geöffneten Fenster und hatte gewartet, auf die Müdigkeit, von der sie überfallen werden wollte, um endlich schlafen zu können, die aber dann nicht kam.

Stattdessen kam er, sie nahmen ihn mit, trugen ihn nach Hause, gingen in ihr Zimmer, begrüßten ihre Tochter und stellten es dort ab. Das kleine Bett, indem er lag. Der fremde Junge war ihr Bruder.

Sie hatte nur einen Gedanken, nämlich wie sie ihn wegschaffen konnte. Weg aus ihrer Reichweite in der er gerade so schön lag, weg aus ihrem Zimmer, welches er plötzlich mitbeanspruchte, weg von diesem Haus das ihr gehörte.

Sofort hatte sie gewusst, ein furchtbares Geschöpf war in ihre Welt gestoßen. Es war so niedlich, so überaus herzzerreißend, sie könnte es sofort auffressen.

Sie konnte sich erinnern, dass in einem der Bücher, die ihr der Junge im Keller vor Wochen einmal zu lesen gegeben hatte, zu denen sie nun bedauerlicherweise keinen Zutritt mehr hatte, hatte sie von jemandem gelesen, der seinen Freund mit einem Messer aufgeschlitzt und dann zugesehen hatte, wie lange er das durchhält bis er stirbt, nur weil sein Freund seine Katze verschenkt hatte.

Sie war davon sofort überzeugt, dass dies was Jemandem’s Freund in dem sogenannten Buch widerfahren war, ein Paradies sein musste, im Gegensatz zu dem was noch kommen würde, denn er würde alles ruinieren, die ganze Welt da draußen, wo die Roboter in ihren Zellen leben, welche sie Wohnungen nennen und jeden Tag doch nur das gleiche tun, schlimmes würde geschehen, denn er war böse, sie konnte es sehen. In seinen Augen.

Obwohl Zamara nicht lächelte, würde jeder, der ihre Gedanken lesen könnte, sofort wissen, dass die Vorstellung davon ihr gefiel.

Sie könnte die restliche Nacht so sitzend hier verbringen und ihn anstarren und er würde zurückstieren, dass wusste Zamara. Aber sie streckte ihre Hand aus, ihr rechter Zeigefinger befand sich über seinem Kopf und er schaute nicht auf den Finger und nicht auf die Hand, sondern auf sie, in ihre dunklen, schwarzen Augen.

Sie kratzte mit ihrem Fingernagel quer über seine Stirn, so fest sie konnte. Die Haut klaffte auseinander und Blut quoll hervor. Sein Blick war noch immer auf sie gerichtet, nicht verängstigt oder schmerzerfüllt, nein, er lächelte.

Es wird qualvoll sein, daran zu denken, er ist so hinterlistig, undurchschaubar, er macht nichts, liegt nur da und doch sie kann seine Bösartigkeit spüren, er ist so unschuldig so angstbereitend, tut nichts, ist die Unschuld persönlich und genau das ist es was ihn so furchterregend macht, denn er liegt nur da und öffnet fast nicht einmal die Augen.

„Wer bist du“, fragte Zamara den Fremden mit einem ernsten Ausdruck in ihrem Gesicht und ihre Stimme war so leise, fast flüsternd und doch hatte sie etwas Drohendes an sich. Dass sie darauf keine Antwort kriegen würde, wusste sie vorher schon.

Blut rann über das Gesicht des Babys. Er hatte aufgehört zu lächeln und blickte sie nun herausfordernd an. Eine ungewisse Spannung entstand, was würde sie wohl als nächstes tun?

Sie konnte Stimmen hören, Füße, welche die Treppe hinaufstiegen, das leise Flüstern wurde allmählich immer deutlicher und doch schienen sie so weit entfernt zu sein, dass sie kein Wort verstehen konnte.

Die Tür zu ihrem Zimmer war geöffnet und das Licht, dass draußen im Flur plötzlich eingeschaltet wurde, schien bis in ihr Zimmer. Wie Zamara es schon vermutet hatte, waren es ihre Eltern, die plötzlich in der Tür auftauchten und sich ihr langsam näherten.

„Oxana, sieh doch, sie kann jetzt schon gar nicht genug von Blut kriegen. Sie wird bestimmt einmal eine gute Jägerin!“, rief ihr Vater mit tiefer, freudiger Stimme voller Stolz und nickte seiner Tochter aufmunternd zu, als er den Kratzer auf der Stirn seines Sohnes bemerkte. Zamara jedoch hatte ihren Blick nun doch endlich von dem Fremdling abgewendet und schaute mit ausdrucksloser Miene zu ihrem Vater hoch.

„Ich hab dir doch erzählt, sie kann sogar schon lesen,…“, antwortete ihre Mutter aufgebracht, doch sie konnte nicht weiterreden, weil sie von ihrem Mann unterbrochen wurde.

„Aber das ist doch gut! Was stört dich daran, ein geschicktes und intelligentes Kind zu haben, die anderen unserer Gattung wären sicher neidisch auf uns, warum willst du unsere Tochter eigentlich von all dem fern halten?“

„Ich hab nichts gegen ihre Begabungen, aber sie ist erst drei und ich möchte sie zu nichts drängen, wenn wir sie jetzt schon in unsere Welt mitnehmen, wird sie nie selbst entscheiden können, ob sie sich wirklich uns anschließen möchte. Sie soll unter normalen Umständen aufwachsen und dann, wenn die Zeit dazu gekommen ist, über ihr Leben bestimmen.“

„Wie du wünschst, wahrscheinlich hast du ja Recht, aber dir ist doch klar, dass wir von hier wegziehen müssen, wenn wir sie in eine normale Schule gehen lassen?“

„Sie hatte schon Bekanntschaft mit dem Jungen im Keller gemacht, auch wenn ich es überaus bedauere, diesen wundersamen Ort schon bald verlassen zu müssen, denke ich trotzdem, dass es so am Besten sein wird.“, sagte Zamaras Mutter mit rauchiger und etwas trauriger Stimmer und nahm ihre Tochter auf den Arm, sie wandte ihren Blick auf ihrem Sohn, der inzwischen eingeschlafen war und wischte mit ihrem Ärmel das Blut von seinem Gesicht.

„Das ist dein Bruder Lyzander, ich möchte dass du dich mit ihm verträgst und auf ihn aufpasst.“, Oxana lächelte Zamara mitfühlend an, trug sie zu deren Bett und legte sie hinein.

„Gute Nacht Kinder!“, meldete sich Edzard noch einmal zu Wort, bevor er und seine Frau aus dem Zimmer gingen und draußen auf dem Flur das Licht erlosch.
 

Natürlich hatte sie nie damit gerechnet, doch irgendwie war sie dann doch eingeschlafen, obwohl sie keine Art von Müdigkeit verspürt hatte. Als sie dann ihre Augenlieder wieder nach oben bewegten und ihre schwarzen abgrundtief-bösen Augen zum Vorschein kamen, war es sehr hell im Zimmer aber nur für dessen Verhältnisse, denn wenn der schwere Vorhang nicht vorgeschoben wäre und nicht so viele Bäume vor dem Fenster stehen würden, hätte sie wegen dem grellen Sonnenlicht, welches ihr dann ins Gesicht geschienen hätte, natürlich die Augen wieder geschlossen.

Aber dem war ja nicht so und deshalb stand sie langsam auf, zögerte jedoch einen kurzen Moment bevor sie einen Fuß vor den anderen setzte und langsam auf das Bett ihres neuen und ersten Feindes zuging. Während sie sich langsam darauf zubewegte, fragte sie sich jedoch, ob er wirklich ihr neuer und erster Feind war. Sie könnte sich ebenso mit ihm verbünden, denn in ihrem inneren wusste sie, dass er böse war. Zusammen könnten sie grauenvolle Taten vollbringen. Allerdings, so dachte Zamara, würde jeder von ihnen diese auch alleine zustande setzen können.

Nun an dem Bett angekommen, lugte sie vorsichtig hinein, sie empfand so etwas wie Abscheu, als sie dies tat. Nein, sie konnte dieses Geschöpf durchaus nicht leiden, trotzdem blickte sie in dessen Schlafplatz. Doch das Bett war leer und nirgendwo war eine Spur ihres Blutsverwandten. Er war offensichtlich verschwunden.

Es kümmerte sie nicht, denn es war ihr egal, er könnte von ihr aus für immer weg bleiben und sie wäre darüber umso glücklicher. Nie wollte sie nach ihm suchen, aber getrieben von der Neugier, von welcher sie so plötzlich beherrscht wurde, setze sie gegen ihren eigenen Willen einen Fuß vor den anderen und wanderte schließlich die Treppe hinunter.

Unten angekommen war sie sehr überrascht, oder doch verwirrt? Wenn es für sie je ängstigende Augenblicke in ihrem Leben als Kleinkind gegeben hätte, dann wäre dies vielleicht einer davon gewesen. Doch Angst kannte sie nicht. Sie wusste nur nicht, was das zu bedeuten hatte.

Wie kam er nur hier herunter, hatten ihre Eltern ihn hergeschleppt, doch warum setzten sie ihn genau hier ab? Sie wusste es nicht und konnte es sich ebenfalls so schlecht erklären.

Er befand sich auf der untersten Stufe der Treppe und schaute auffordernd zu ihr hoch. Erst dann, als sie ihn genauer betrachtete, viel es ihr auf, das alte, verrostete, silbern glänzende Metallstück, dass er mit einer Hand fest umklammert hielt. Es war ein Schlüssel. Zam hatte ihn zwar noch nie zuvor gesehen, aber ihr war sofort bewusst, wofür man ihn verwenden konnte.

Sie sah ihren Bruder mit einem ernsten und finsteren Blick an, doch in ihrem Inneren lachte sie vor Freude, dort war sie so derartig glücklich, dass sie den Eindringling fast umarmen könnte. Doch sie stand ihm nur gegenüber und lächelte ihn natürlich keineswegs an. Aber eines wusste sie jetzt ganz genau, nachdem sie dem Fremdling den Schlüssel abgenommen hatte, sie würde sich mit ihm verbünden, auch wenn sie ihn zu dieser Zeit noch so sehr verabscheute und verachtete.
 

Wartend lag sie in ihrem Bett und hielt die Augen offen, was ihr allerdings auch nicht sonderlich schwer fiel, denn sie verspürte keine Art der Müdigkeit. Es wäre natürlich alles viel einfacher gewesen, wenn sie ihn doch woanders untergebracht hätten und sie einfach nur in Ruhe gelassen hätten, aber dem war nun einmal nicht so.

Tief in ihrem Inneren schlummerten deshalb noch die schrecklichen Pläne der Rache, die sie darum einst schmiedete, doch ein Jahr war inzwischen vergangen, vorübergehend hatte sie es akzeptiert und es machte ihr auch schon fast nichts mehr aus, eine Weile hier zu bleiben und die Zeit langsam verstreichen zu lassen. So lange zu warten, bis ihr Bruder in einen tiefen Schlaf versunken war und fest schlummerte.

Es war eine beruhigende Zeit des Wartens und der Verschwendung, denn sie brauchte keine Beruhigung, sie war die Ruhe selbst.

Der Atem ihres Blutsverwandten wurde allmählich langsam und gleichmäßig, Zam stieg vorsichtig aus ihrem Bett, zog den Schlüssel unter ihrem Kopfkissen hervor und bewegte sich langsam auf Lyzander zu.

Seine Augen waren fest verschlossen sein Oberkörper bewegte sich langsam auf, sie lächelte nicht. Doch ihre Augen strahlten. Zam drehte sich um, ging auf die offene Tür zu und verschwand schließlich in der Dunkelheit.

Manche der Treppenstufen knarrten, wenn sie drauf trat. Dies war für sie jedoch so wenig von Bedeutung, wie das Quitschen des Schlüssels, als sie ihn im Schloss umdrehte. Sie machte langsam die Tür hinter sich zu, den Blick auf das Wesen ein paar Meter vor ihr gerichtet, es lag zusammengekauert auf einem alten Holzbrett, welches mit einer dicken Schicht Staub bedeckt war. Zam bewegte sich darauf zu, genau an die Stelle, wo man den Kopf der Kreatur erwarten würde. Sie hob ihre Hand und strich die schwarzen zerzausten Haare beiseite, nun war das fast schwarz vor Schmutz gewordene Gesicht zu sehen, die Augen waren geschlossen.

Sie ging zum Fenster, ein eisiger Windhauch wehte durch das Kellergewölbe, es waren nur Gitter davor. Sie sah sehnsüchtig hinaus. Es war finstere Nacht. Mit der rechten Hand an einem der Gitterstäbe geklammert, und den Blick starr auf die unendliche Freiheit da draußen, wie es ihr erschien, gerichtet, hörte sie die Stimme, die sie für immer verloren gedacht hatte.

„Du bist zurückgekehrt.“, seine Worte waren leise und klangen irgendwie erleichtert fast heiter. Er hatte sich aufgesetzt. Und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie nickte, sah ihn an und richtete danach ihren Blick wieder auf die Welt hinter den Gittern.

Zam wusste nicht wie viele Stunden danach vergingen, vielleicht waren es auch nur einige Sekunden denn jegliches Zeitgefühl war ihr plötzlich abhanden gekommen. Doch schließlich neigte sie ihren Kopf wieder dem Jungen zu.

„Kannst du… Kannst du es mir beibringen? Ich möchte fliegen. Wie du.“, sie wusste nun, genau in dem Augenblick, als sie die Worte sprach. Dies war es, was sie so sehnsüchtig begehrte.

Die Fremde

1. Die Fremde
 

Es war schon Morgengrauen als sie endlich die Kellertür hinter sich mit dem Schlüssel abschloss, das Schloss war rostig und knarrte. Mit ihren Gedanken war sie aber noch in dem Kellergewölbe, bei dem einzigen Wesen, dass sie je respektiert hatte. Noch immer hörte sie seine Worte in ihrem Kopf. Ich darf dir nichts mehr beibringen, deine Mutter, sie war hier, sie verbat es mir, hatte er gesagt und seine Stimme zitterte dabei vor Schmerz. Sie konnte diese tiefe Traurigkeit spüren, welche sie plötzlich genauso überfiel, wie ihn, als er die Worte sprach. Komm nicht hierher zurück. Es ist besser so. In seinen Augen bildeten sich Tränen, sie erkannte die Überwindung, die es ihn gekostet haben musste, diese Worte auszusprechen. Er hatte geweint, die Tränen rannten ihm über die Wangen und sie hatte hilflos zusehen müssen.

„Wo bist du gewesen?“, Zamaras Mutter stand plötzlich vor ihr. Zam, noch tief in ihren Gedanken versunken, erkannte ihren Fehler, sie hätte früher gehen sollen, bevor ihre Eltern nach Hause gekommen waren. Nun war es zu spät. „Du warst wieder im Keller, stimmts?“, das war keine Frage, eher eine Feststellung, daher antwortete sie nicht, denn es war offensichtlich, immerhin stand sie noch immer vor der Kellertür und in ihrer rechten Hand hielt sie mit ihren Fingern fest umklammert den silbern glänzenden Schlüssel.

Oxanas Stimme klang zornig, doch sie flüsterte in einem drohenden Ton. „Ich hatte dir doch verboten, dorthin zu gehen! Warum hast du dich mir widersetzt, wie konntest du es wagen?“, die letzten Worte schrie sie, dann streckte sie die Hand aus und hielt sie vor die Nase ihrer Tochter. Ihre Stimme kehrte zu dem rauchigen, drohend leisem Ton zurück: „Gib mir den Schlüssel!“

Aber Zam war ebenfalls wütend, sie starrte ihre Mutter mit ihren schwarzen hasserfüllten Augen an. „Nein, wie konntest du ihm verbieten, mit mir zu sprechen?“ Sie wurde immer aufgebrachter und schließlich schrie sie: „Du hast gesagt, er ist ein Cousin von mir und ich hab in einem Buch was darüber gelesen, Cousins sind Familienmitglieder, warum also darf ich ihn nicht sehen?“

Die Miene ihrer Mutter änderte sich schlagartig. Sie war zwar noch immer nicht freundlich, aber der Zorn in ihrem Gesicht war verschwunden. „Er gehört in eine Welt, die du noch nicht verstehst.“, ihre Stimme war ruhiger geworden und nachdem sie diese Worte sprach, riss sie ihrer Tochter mit einer großen Eleganz das glänzende für diese so wertvolle Metallstück aus der Hand, drehte sich um und ging mit raschen Schritten davon.
 

Auf der obersten Stufe der Treppe saß sie zusammengekauert, sie war nicht müde nur erschöpft. Zam fühlte sich ausgelaugt und überanstrengt von den ganzen Stunden die sie hier gesessen und gewartet hatte. Von der Zeit geplagt wusste sie nicht mehr was sie denken könnte, denn Denken war das einzige was ihr möglich war zu tun. Bis ins Wohnzimmer war sie fähig zu sehen, denn die Tür stand offen und dort auf dem Sessel saß ihre Mutter, las in einem Buch und trank nebenbei Kaffee. Sie saß dort schon seitdem die Sonne untergegangen war und nun war es schon Morgen, viele Stunden waren inzwischen vergangen.

Nur einmal hatte sie aufgeblickt, war aufgestanden und zur Treppe gegangen, dann hatte sie gelächelt, als würde es Spaß machen, ihre Tochter so zu quälen. Oxana musste wissen worauf Zam wartete, vielleicht wollte sie auch testen, wie lange ihr Kind durchhält, denn sie schickte sie nicht ins Bett, sondern ging einfach wieder zurück ins Wohnzimmer und las weiter.

Zamara war auf ihrer Treppenstufe sitzen geblieben und hatte ausdauernd in der Hoffnung gewartet, ihre Mutter würde endlich verschwinden, wie sie es bis jetzt jede Nacht gemacht hatte. Das Mädchen war sich sicher, sie würde auch ohne Schlüssel einen Weg finden, in den Keller zu gelangen, obwohl sie keine Ahnung hatte, wie sie das anstellen sollte.

Die Sonne war schon lange aufgegangen und ihre Mutter hatte das Haus nicht verlassen, nicht in dieser Nacht und auch in der darauf folgenden nicht, in der Zamara wieder von der Hoffnung getrieben die ganzen endlos scheinenden Stunden auf der Treppe verbrachte und vergebens wartete.

Die Sonne schien grell ins Zimmer, sie saß auf ihrem Bett und wusste sich keine Beschäftigung. Verstohlen sah sie kurz zu ihrem Bruder, er lag in seinem Bett und schlief. Sie ging zu ihm hin und beugte sich über sein kleines Bettchen. Lyzander hatte die Augen geschlossen und atmete gleichmäßig. Er schlief. Noch, dachte sie. Dann nahm sie ihn an den Händen, zog ihn aus seinem Bett heraus und legte ihn schließlich auf den Boden. Lyzander drehte sich auf den Bauch und schlief weiter. So kam es ihr jedenfalls vor, aber dann öffnete ihr Bruder doch seine Augen, es kam ihr so vor, als würden seine hellen Augen leuchten. Er drehte den Kopf zu ihr und lächelte sie unverschämt an. Sie schaute ernst zurück.

„Zamara!“, das Mädchen hörte plötzlich eine bekannte Stimme, doch sie reagierte nicht darauf und versuchte den ernsten Blick beizubehalten, den sie ihrem Bruder zuwarf.

„Zamara, geh die Treppe herunter, ich möchte dir jemanden vorstellen!“, Oxanas rauchige Stimme klang diesmal geduldig und freundlich. Viel zu freundlich, Zam spürte das sofort. Es machte sie neugierig, wahrscheinlich war dies auch der Grund, warum sie sich erhob und aus dem Zimmer marschierte. Ihr Bruder lag auf dem Boden und schaute ihr grinsend nach.

Zam konnte sie schon von Weitem riechen, schon als sie sie noch gar nicht sah, wusste sie das jemand Fremder gekommen war. Jemand des einen für sie ungewöhnlichen Dufts verströmte. Sie konnte diesen Geruch nicht leiden. Als sie die Treppe hinuntergegangen war und ins Wohnzimmer spähte, sah sie die Ursache des Duftes. Eine schlanke Frau mittleren Alters saß auf dem alten Sofa und trank eine Tasse Kaffee. Sie hatte eine braungebrannte Haut und trug ein hellgrünes dünnes Kleid auf dem große orange Blüten abgebildet waren. Zusammen zu der rosa Schleife, welche in ihren blonden Haaren steckte, sah es total scheußlich aus. Aber wahrscheinlich würde es auch ohne Schleife hässlich aussehen.

Gegenüber dem Sofa, auf einem der Lehnstühle saß ihre Mutter in einem blutroten Samtkleid und hielt ebenfalls eine Tasse Kaffee in ihrer zittrigen Hand. Als Oxana ihre Tochter erblickte lächelte sie ihr ungewöhnlich freundlich zu und sagte mit süßlicher Stimme: „Hallo Zam, es freut mich dass du heruntergekommen bist, darf ich dir jemanden vorstellen?“, dass war keine Frage, eher eine Ankündigung, denn Oxana wartete nicht auf eine Antwort, sondern redete sofort weiter: „Das ist Betty Susanne Frieda, du darfst sie Betty Su nennen und sie wird sich ab heute abends um dich und deinen kleinen Bruder kümmern. Du weißt ja, ich und dein Vater haben zurzeit wichtige Dinge zu erledigen und da möchten wir euch in Sicherheit wissen.“

Zamara bemerkte den verschwörerischen Blick, den ihre Mutter ihr zuwarf und entgegnete sofort: „Ich kann selber auf mich und Lyzander aufpassen und sonst könnte ja der Junge im Keller,…“,

„Ach nein mein Kind, du wirst sehen, du und Ms. Frieda werdet sicher gut miteinander auskommen, geh jetzt bitte in dein Zimmer und sieh nach deinem Bruder.“, unterbrach Oxana sie und wendete sich danach wieder der Fremden zu als ob ihre Tochter schon längst weg wäre: „Der Junge , von dem sie gesprochen hat ist ihr Fantasiefreund, sie hat ja so eine rege Vorstellungskraft. Haha…“

Das Mädchen merkte, dass es keinen Sinn machte, weiter mit ihrer Mutter darüber zu reden, denn sie wusste, diese hat schon entschieden, dass ab sofort ein Kindermädchen auf sie aufpassen würde. Allein den Gedanken daran fand Zamara äußerst lächerlich.
 

Sie saß auf dem Fensterbrett in ihrem Zimmer, der kühle Nachtwind wehte ihr ins Gesicht. Vor einer Stunde waren ihre Eltern gegangen. Durch die Tür dieses Mal, nicht wie sonst durch irgendein Fenster. Wahrscheinlich wollten sie nicht die Aufmerksamkeit der Fremden auf sich ziehen.

Sie konnte ihr Kindermädchen nicht leiden, sie hatte keine Ahnung warum, doch es war so. Dann ging sie die Treppe hinunter, geradewegs auf die Kellertür zu. Sie war versperrt, natürlich.

„Oh Kindchen, was machst du denn hier, solltest du nicht schon lange in deinem Bettchen liegen?“, die Fremde stand plötzlich neben ihr, lächelte sie pseudofreundlich an und streckte die Hand aus, in dem Glauben, Zam würde sie dankend annehmen und artig die Stufen in ihr Zimmer hinaufsteigen.

Doch sie irrte sich. Zam sah dem Kindermädchen ins Gesicht, sie konnte in dem rosigen Gesicht und dem gequälten Grinsen Unsicherheit bemerken. Von da an war für Zamara klar, dass die Fremde das Haus bald wieder verlassen würde. Innerlich brannte ihr Herz vor Schadenfreude. Nachdem sie der Fremden ins Gesicht gestarrt hatte, ließ sie ihren Blick zu der Hand wandern, welche ihr entgegengestreckt worden war. Die Fingernägel waren abwechselnd rosa und weiß lackiert und um das Handgelenk umschloss sich eine Kette mit hellblauen Steinen. Zam sah die Hand angewidert an. Dann wich sie einen Schritt zurück.

„Gib mir den Schlüssel für den Keller!“, sie sagte dies so ernst und bestimmt, dass es wie eine Warnung klang. Danach stierte sie die Fremde hasserfüllt an.

Das Smile–Face des Kindermädchens war plötzlich auf einer Sekunde zur nächsten verschwunden und nun kannte man ihr die Verunsicherung deutlich an. Für Zam war dies der erste Moment in ihrem Leben wo sie deutlich merkte, dass sie jemand anderem Angst einjagten konnte. Und dieser Gedanke gefiel ihr, ihre Augen blitzten vor Freude und sie genoss den Augenblick, indem sie spürte, dass sie die Macht hatte, sehr. Sie liebte den Anblick, der ihr geboten wurde, sie mochte das Entsetzten und die mit Angst durchdrungenen Blicke, mit denen sie angestarrt wurde.

„Ich ähm ich habe keinen Schlüssel für diesen Raum, deine Mutter hat mir außerdem verboten hineinzugehen und mir aufgetragen, dich von der Tür fernzuhalten, aber wir können ja morgen mit ihr reden, jetzt ist es schon sehr spät, bist du denn nicht müde?“, die Fremde schaute sie flehend an und Zam sah ihr mit großer Genugtuung entgegen.

Zam wandte sich von ihr ab, ignorierte sie völlig und ging geradewegs auf die Haustür zu.

„Hey Kleine, wo gehst du denn hin, du darfst nicht hinaus, es ist schon dunkel draußen, du könntest dich verlaufen,…“, als Zamara die Worte Betty Su’s weiterhin nicht beachtete, rannte diese in ihrer Verzweiflung dem Mädchen hinterher und umklammerte schließlich deren rechten Oberarm. Blitzschnell drehte sich Zam um und starrte der Fremden verabscheuend und wütend in die Augen.

„LASS MICH SOFORT LOS!“, ihre Stimme war leise und drohend und hatte eine Betonung auf jeden einzelnen Buchstaben.

Zum zweiten Mal in dieser Nacht, jagte sie der Fremden einen extremen Schrecken ein, welche auch sofort die Hand zurückzog. In dem Gesicht des Hausmädchens spiegelten sich nur noch blanke Angst und tiefe Verzweiflung gegenüber. Wieder kostete Zamara jede Sekunde dieses für sie so befriedigende Gefühls, andere in Angst und Schrecken zu versetzten, aus, öffnete die Haustür und ging hinaus.

Sie schlenderte langsam rund um das Haus und blieb schließlich an einer Hausecke stehen. Sie ging ein paar Schritte auf die Mauer zu und kniete sich dann ins Gras. Vor ihr befand sich ein vergittertes Fenster ohne Glas, drinnen war es dunkel.

Sie wartete, starrte auf die Öffnung in der Mauer und versuchte dahinter irgendetwas erkennen zu können, doch es war zu dunkel. Sie umklammerte mit ihren Händen die Gitterstäbe und flüsterte: „Hey du, Kellerjunge, bist du da?“

Als ihr niemand antwortete rief sie nochmals nach ihm. Dann legte sie sich vor das Fenster und wartete. Es war sehr kalt draußen, doch Zam fror nicht, sie war auch keineswegs müde und trotzdem verspürte sie den Wunsch zu schlafen. Sie schloss die Augen und döste vor sich hin.
 

Sein Gesicht war mit Dreck und Blut verschmiert und an seinen schwarzen zerzausten Haaren war wer-weiß-was herabgelaufen. Er saß auf seinem Holzbrett und ahnte, dass es nun soweit war. Zeit zu gehen, dachte er sich. Er sah sich um, alles um ihn war dunkel und von einer dicken Dreckschicht umgeben. Aber er fand sich wunderbar zurecht.

Er stand auf und ging an einem alten Bücherregal vorbei, welches praktisch in die Mauer gebaut war. Er streifte die Bücherrücken mit den Fingern entlang und nahm schließlich eines heraus. Er schlug es auf und tat so, als wenn er lesen könnte, was bei dieser Finsternis nahezu unmöglich war und trotzdem, er konnte es. Die Seiten des Buches waren verstaubt und zum Teil verklebt. Der Junge blätterte es durch und stellte es dann wieder ins Regal. Er ging weiter, an dem Regal vorbei, bis er schließlich an der vergitterten Öffnung in der Mauer angelangt war. Er sah sich um, dies alles waren seine geliebten Sachen, aber er wusste, es war nicht möglich auch nur irgendetwas davon mitzunehmen.

Draußen vor dem vergitterten Fenster lag sie, ihr Gesicht war von den glatten schwarzen Haaren verdeckt. Er griff durch das Gitter und schob sie zur Seite, er konnte ihr Gesicht sehen, ihre schwarzen Augen waren geöffnet.

„Ich hab nicht geschlafen, nur gewartet, wo warst du?“, fragte sie ihn und sah ihn vorwurfsvoll an.

„Du weißt, dass du nicht hier sein solltest. Warum bist du gekommen?“

„Du wirst fliegen, oder? Kommst du jemals wieder zurück?“

„Es ist Zeit für mich zu gehen, ich werde mich immer an dich erinnern.“, er nahm seine Kette vom Hals und legte sie Zam um. Dann verwandelte er sich in eine Fledermaus und flog durch das Fenster an ihr vorbei in die Dunkelheit der Nacht. Sie sah ihm nach, bis er so weit fortgeflogen war, dass sie ihn nicht mehr sehen konnte, dann stand sie auf und ging davon.

Obwohl bereits die ersten Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne durch die Blätter der Bäume leicht hindurchschienen, war es immer noch dunkel.

Es war düster, es war deprimierend, es war trostlos.

Zamaras Gesichtsausdruck war jedoch keineswegs anders als wie sonst immer. Sie starrte mit den gleichen leeren, ausdruckslos schwarzen Augen auf den Boden. Sie wusste, er hatte Recht, doch sie wollte es nicht wahrhaben, sie konnte es nicht begreifen, denn sie wusste, nun würde sie ihn nie wieder sehen.

Der Junge war eine Ausnahme gewesen, denn Zamara war ein unsoziales Mädchen, das keinerlei Gefühle zeigt und sich von anderen Leuten gestört fühlt. Sie hasste den Geruch und die ganze Erscheinungen anderer Lebewesen, selbst ihre Familie konnte sie auf eine seltsame Art nicht leiden. Nur den Jungen im Keller hatte sie geduldet und akzeptiert, sie fühlte sich, als hätte sie einen Teil ihrer Existenz verloren.

Sie schlenderte den Weg zur Eingangstür zurück, ihr Gesicht war noch bleicher als ohnehin schon, es war so unrealistisch für sie.

Sie ging die Treppe hoch und obwohl das aufgehende Tageslicht sich immer mehr durch die Fenster in ihr Zimmer drängte, legte sie sich ins Bett und schloss die Augen.
 

Es war nur ein Traum.

Gleich würde sie aufwachen und die ganze Nacht im Bett geschlafen haben, der Junge wäre immer noch im Keller und sie hätte keine Möglichkeit ihn zu sehen, da ihre Mutter den Schlüssel hatte. Und sie würde die Stufen hinuntergehen und ohne sie anzusehen ihrer Mutter einen guten Morgen wünschen, welche damit beschäftigt wäre ihren Bruder zu füttern.

Zamara würde frühstücken und danach in der Küchenschublade den silbernen Kellerschlüssel finden. Sie könnte die Tür aufsperren und der Junge säße vor ihr und würde lesen. Er sähe sie an und sie sähe ihm zu wie er sich in eine Fledermaus umwandelt, sie höre die Worte, welche er ihr erklärt und die sie noch nicht versteht. Er würde ihr die Spinnen in seinem kleinen Gemäuer zeigen, welche er alle Namen gegeben hatte. Fasziniert würde sie ihm zusehen und natürlich den Spinnen.

Da gab es nur ein Problem. Ihre Mutter bewahrte den Schlüssel nie in der Küchenschublade auf. Und auch wenn der Moment noch so unscheinbar wirkte wurden ihre Gedanken klarer.

Dann stand sie auf und sah Lyzander im Türrahmen liegen. Er lag immer irgendwo herum.

Als sie unten in der Küche war und das Essen sah, das Betty Su auf den Tisch gelegt hatte und welches als „Frühstück“ gedacht war, spürte eine trostlose Leere und auf einmal war ihr plötzlich bewusst geworden, dass es doch kein Traum gewesen war.

Sie nahm eine Tasse Kaffe (offensichtlich für ihre Mutter bestimmt) vom Tisch, ging zu dem Kindermädchen und schüttete ihr die heiße Brühe mitten ins Gesicht, welcher der Schrecken buchstäblich in den Augen geschrieben stand.

Sie drehte sich langsam um und ging langsam davon, als wäre nichts gewesen. Sie genoss den Augenblick.

Die Analyse

Nun ja, jetzt ist endlich mal wieder ein kapitel fertig, mann ich will eigentlich viel schneller sein hrhr...nunja was gibts noch zu sagen, wie immer freue ich mich natürlich besonders auf kommentare *lol* tja dann viel spaß beim lesen:
 

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Der Boden des Waldes war feucht und ebenso die Bäume. Wenn sie die Blätter berührte tropfte ihr das Wasser auf die Hände. Es hatte am Tag zuvor geregnet. Zam rannte auf einem mit Kieselsteinen bedeckten, kleinen Weg durch den Wald und wusste jedoch nicht warum.

Es war ihr Geburtstag und sie lief schon seit Stunden im Wald herum ohne das Ziel zu kennen, sie orientierte sich an ihrem Vater, der ihren schlafenden Bruder in den Armen hielt und mit schnellen Schritten vor ihr an den Bäumen vorbeistolzierte. Er war wie immer schwarz gekleidet, nur sein Umhang fehlte, an dem er doch so sehr hing. Zamara fühlte sich unwohl, denn sie wusste wieder einmal nicht, was das zu bedeuten hatte.

Es roch nach Erde und die Blätter der Bäume verdeckten das Tageslicht, nur ein paar kleine Sonnenstrahlen konnten sich durch die Äste drängen und schimmerten bis zum Boden. Doch der größte Teil des Waldes bestand aus Schatten.

Sie mochte die Umgebung und den Geruch, es störte sie auch nicht zu laufen, doch ihre Füße waren ganz aufgekratzt von den Dornen in welche sie gestiegen war, da sie ja keine Schuhe trug. Aber das war ihr egal und es war ihr auch völlig gleichgültig, dass sie ihre Mutter an dem Tag noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Es berührte sie kein bisschen, dass ihr Vater sich nicht ein einziges Mal zu ihr umgedreht hatte um sich zu vergewissern dass sie noch da war und ob es ihr gut ging. Sie hatte kein Problem damit, dass ihr bis jetzt noch niemand zum Geburtstag gratuliert hatte. Dies alles störte sie nicht im Geringsten. Zamara hätte auch alles rund um sie gut gefunden, wenn sie nur eines gewusst hätte, nämlich wo sie überhaupt hingingen.

Es war die eine Frage, die ihr immer wieder in ihrem Kopf herumgeisterte, die Frage an der sie in Gedanken feilte, während sie mit tiefen Zügen die Luft des Waldes einzog.

Sie drehte sich um und sah sehnsüchtig in die Richtung, in der ihr Zuhause lag. Ein altes abbruchreifes, abgelegenes Haus mitten im Wald. Es war jedoch der einzige Ort, den sie bis jetzt in ihrem jungen Alter kannte. Nach den langen Stunden, welche sie gelaufen war, immer in dem Gedanken, sie kehre eines Tages zurück, erkannte sie die Wahrheit.

„Ich werde mein Zuhause nie mehr sehen.“, flüsterte sie und es war fast erleichternd, endlich, endlich die Hoffnung aufzugeben.
 

Langsam wurde es dämmrig und sie waren auch schon am Waldrand angelangt. Vor ihnen befand sich eine Siedlung von Häusern. Neue Häuser, frisch gestrichen, bunte Blumen and den Fenstern und mit einem weißen Gartenzaun rund um die Mauern schön verziert.

Zamara fand sie schrecklich und sie ekelte sich davor, diese Bauten anzusehen. Doch was sie noch mehr hasste als diese Häuser, war der entsetzliche Lärm, der plötzlich von der Straße hinter den Häusern vernehmbar war und ihr pochende Schmerzen im Kopf bereitete. Sie setzte sich nieder, auf den Boden, die Hände fest an die Ohren gepresst. Ihr wurde übel und sie übergab sich am Ende des Waldweges, auf dem sie saß. In ihrem Kopf drehte sich alles, ihr war furchtbar schwindelig geworden und ein schwarzer Schleier zog sich über ihre Augen bis sie alles nur noch verschwommen wahrnehmen konnte.

So sehr sie sich auch dagegen wehrte, konnte Zamara sich schließlich nicht mehr aufrechterhalten und sie brach in sich zusammen. Edzard war auf sie schließlich doch auf sie aufmerksam geworden, er ging langsam zu ihr zurück, hob sie sanft vom Boden hoch und trug sie gemeinsam mit ihrem Bruder Lyzander davon.

Als das Mädchen wieder zu sich kam, lag sie in einem Bett, zugedeckt bis an den Hals mit einer rosa Decke mit braunen Bären darauf, von der sich Zamara natürlich sofort befreite. Die Mauer rund um das Zimmer war ebenfalls hellrosa gestrichen und auf dem ganzen Boden verteilt lag buntes Spielzeug herum. An den Fenstern waren hellblaue Vorhänge mit gelben Sternen angebracht und selbst auf die Tür waren Blumen aufgemalt. Zamara fühlte sich sehr unwohl in ihrer Umgebung. Die grellen Farben und das helle Tageslicht, welches direkt durch das Fenster in ihr Gesicht schien, brannten ihr in den Augen.

Sie befreite sich so schnell wie möglich von der Decke und stieg aus dem Bett. Als sie den Spiegel an der Schranktür bemerkte, ging sie langsam und vorsichtig darauf zu. Die Augen hatte sie dabei fest verschlossen. Sie streckte die Hand aus, als sie dachte, sie stände direkt davor und wirklich, sie berührte die glatte kalte Oberfläche des Glases. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, und eine Gänsehaut breitete sich auf ihren Körper aus. Sie zitterte.

Die Angst die Augen zu öffnen und sich zu sehen ließ sie erschüttern. Was haben sie mit mir gemacht? Wie könnten sie mich verändert haben? Was starrt mir entgegen, wenn ich meine Augen auftue?, die Fragen brannten in ihrem Kopf und sie schwitzte. Plötzlich wurde ihr furchtbar heiß und schwindelig. Sie legte ihre Finger auf die Augen und zwang sich, diese zu öffnen.

Den Mund weit geöffnet vor Entsetzen, und ebenso die Augen, stand sie da und war wie versteinert. Sie konnte es nicht glauben. Sie wollte es nicht wahrhaben, war nicht in der Lage zu glauben, dass das Ebenbild, welches ihr im Spiegel entgegenstarrte, wirklich sie sein sollte. „Nein, das kann unmöglich sein!“, flüsterte sie sich selbst beruhigend entgegen. „Ich ähm ich hab sich nur geträumt.“

Sie versuche sich den Gedanken so fest wie möglich einzureden und versank immer tiefer in ihren Vorstellungen. Denn es war nur ein Traum gewesen. Sie stand nicht wirklich voller Schrecken und fast gelähmt vor Fassungslosigkeit vor einem Spiegel. Diese Person, welche Zamara, wenn sie sie ansah so sehr verabscheute, konnte gar nicht wirklich ihr Spiegelbild sein, dass muss sie doch träumen. Denn sie hatte doch keine so grässlich niedlichen blonden Haare, welche noch dazu süß gelockt waren, immerhin war sie schließlich nicht Goldlöckchen!

Das Gesicht, dass ihr entgegenstarrte, es war nicht möglich, dass dieses Gesicht mit dem ihren identisch sein konnte. Denn sie hatte keine so rosigen Wangen und ihre Haut war doch immer so schön hell gewesen, so bleich wie der Mond. Niemals hatte sie so eine gesunde Gesichtsfarbe besessen.

Langsam, schaute sie an ihrem Spiegelbild herunter. Die gewohnten schwarzen Klamotten waren weg. Einfach so. Verschwunden, als wären sie nie da gewesen. Nur Illusion. Stadtessen war der Körper mit dem hässlichsten Kleidchen bedeckt, dass sie in ihren jungen Jahren je zu Gesicht bekommen hatte. Kotzgelb und überall bestickt mit Rüschen und Schleifen und seltsame Knöpfchen befanden sich auf dem Stoff. Nein, so etwas war nicht möglich. Das konnte nicht wirklich sie sein.

Alles war nicht real, sie träumte nur, ja das musste so sein und allmählich wurde sie wütend so etwas zu träumen und wonach Zamara sich sehr sehnte, war endlich aufzuwachen und dieses schreckliche Bildnis hinter sich zu lassen. In der Traumwelt einzusperren und niemand sollte je davon erfahren. Doch sie wachte nicht auf.

Stattdessen aber der Zorn, der in ihr loderte und brannte, das Mädchen konnte sich nicht erinnern so etwas schon mal geträumt zu haben. Aber an Träume konnte man sich später sowieso nur mehr gedämpft erinnern. Darüber war sie froh, schon bald würde sie das, ihr wütend und geschockte entgegenstarrende Mädchen vergessen haben. Nie mehr würde sie daran denken.

Noch immer war sie nicht aufgewacht. Sie spürte wie zorniger sie wurde und schließlich konnte sie ihr Ärgernis nicht mehr bändigen und schlug mit der Faust so fest sie konnte auf das Glas vor ihr, direkt ins Gesicht ihres Spiegelbildes.

Es klirrte, das Spiegelglas des Schrankes war dünn und zerbrach sofort in viele kleine Stücke. Ihre Hand war mitten drinnen, umgeben von scharfen Scherben, manche steckten sogar in ihrer Faust fest. Blut rann über ihren Handrücken und ihre zarten Finger und tropfte dann zu Boden. Auf die inzwischen schon rot gefärbten Scherben.

Zamara hatte ihren Arm noch immer ausgestreckt, ihr Blick war unverändert, sie spürte den Schmerz ihrer Hand nur dumpf doch stattdessen wurde ihr übel und schwindelig. So sehr sie auch versuchte, dieses Ohnmächtigkeitsgefühl loszuwerden, einen klaren Kopf zu bekommen, fing sie an zu zittern und sackte wieder zu Boden.
 

Das Geschirr klimperte und schmutziges Wasser floss den Abfluss hinunter, als Oxana die Teller und Tassen und das ganze andere zerbrechliche Zeug, das so immer in ihrem Schrank herumstand, von dem Dreck, welcher sich inzwischen darauf gebildet hatte, befreite. Das warme Spülwasser rannte ihr über die Hände, sie starrte auf die alte orange mit Blumenmuster verzierte Küchentapete, direkt gerade aus und sie dachte darüber nach, ob sie die richtige Wahl getroffen hatten.

Sie drehte sich um, nachdem sie mit dem Abwasch fertig war. Sie sah den kleinen runden Tisch und die gelbe Blumenvase, die dort schon gestanden hatte, als sie eingezogen waren und die hellblau gestrichenen Wände, welche in den Ecken zu schimmeln anfingen. Selbst der Linoleum-Boden war grasgrün, alles war so voller Farbe.

Warum?, fragte sich Oxana immer wieder in ihren Gedanken. Warum war sie nur hierher gezogen? Weg aus dem geliebten Zuhause am Ende der Zivilisation. Als sie vor sechs Jahren dort eingezogen waren, hatte sie sich geschworen, sie würde für immer dort bleiben. Nun fühlte es sich an wie ein Traum in der Vergangenheit, man wusste es gab keinen Weg dorthin zurück, auch wenn man sich noch so sehr sehnte.

Oxana wünschte sich nicht, wieder „Zuhause“ zu sein, es hatte keinen Sinn, denn sie wusste, Wünsche gingen nie in Erfüllung, sie waren nur zum Träumen vorhanden. Sie könnte sich noch so sehr wünschen, einfach am Morgen aufzuwachen und in ihrem alten so wunderbar abgeschieden von der Welt, kleinen Haus zu sein und trotzdem würde sie ab jetzt jeden Tag in einem Neubau-Wohnblock mitten in der Kleinstadt aufwachen, wo sie sich gerade befand.

Sie dachte an ihre Kinder, ja für ihre Kinder würde sie dies durchhalten, auch wenn sie den Gedanken verabscheute, auch nur eines der beiden würde ihre Gattung verweigern und ein normales Leben bevorzugen, wollte sie ihnen trotzdem die Chance dazu geben. Niemals wollte sie zwingend über das Leben ihrer Tochter oder ihres Sohnes bestimmen, die beiden sollten sich aus freiem Willen dazu entschließen sich den Ihresgleichen anzuschließen und trotzdem die Welt der „Normalen“ Menschheit kennen lernen.

Oxana gab ihren Kindern eine Chance in eine „normale“ Schule zu gehen, von ganz „normalen“ Kindern umgeben aufzuwachsen. Auch wenn sie dafür Opfer bringen musste.

Oxana bewegte sich schließlich langsam von der Küche, durch den langen Flur hindurch in Richtung der beiden Kinderzimmer. Die Türen waren nebeneinander und geschlossen und aus beiden drangen keinerlei Geräusche. Die zarte Frau in ihrem schwarzen eng anliegenden Kleid öffnete zuerst die rechte Tür. Die Wände waren hellblau, ebenso der Teppichboden. Die alte Frau, welche vor ihnen hier gewohnt hat, hat die Zimmer noch extra so eingerichtet, als sie erfuhr, dass nun eine junge Familie hier wohnen würde. Aber Oxana hatte die Einrichtung heimlich immer gehasst und sie hoffte nur, dass auch ihre Kinder keine Freude an den herrlich schrecklichen bunten Farben finden würden.

Sie ging in das Zimmer und fand ihren Sohn in dem hellbraunen Kinderbettchen, genau dort, wo sie ihn zurückgelassen hatte. Er lag auf dem Rücken und schlief. Bis auf seinen lauten Atem, der sich schon fast anhörte wie ein Röcheln, war von seiner Anwesenheit nichts zu hören und zu spüren, denn er strahlte keine Wärme aus, sein Gesicht war nicht rosig, sondern kalt und grau, man würde fast denken, der Raum wäre leer.

Oxana lächelte, obwohl ihr Sohn inmitten dieser bunten Decken und Kissen lag und alles rund um ihn hell und leuchtend war, sah er aus wie immer, sie war zufrieden und ging aus dem Zimmer.

Schließlich öffnete sie die linke Tür. Der Raum dahinter war ebenso bunt eingerichtet, wie der vorherige und bis auf ein paar farbliche Unterschiede war die Einrichtung fast identisch.

Nur anders als in dem Raum zuvor, lag diesmal ihr Kind nicht schlafend im Bett, sonder mitten am Boden, in den Scherben eines zerbrochenen Glasschrankes. Zamaras Hand blutete immer noch und ein paar der Glassplitter steckten auch in ihrer Haut fest.

Die schwarzhaarige Frau ging langsam zu ihrer sechsjährigen Tochter, bückte sich, hob das kleine Mädchen hoch und trug es in Richtung Badezimmer.

Dort legte sie die kleine auf ein Handtuch auf den Boden und zog ihr ganz vorsichtig die Splitter aus der Hand, wusch das Blut ab, zog ihr die inzwischen Rot gefärbten Sachen aus und ein schwarzes Hemd, das Edzard gehörte an und spritzte Zamara Wasser ins Gesicht. Sie fühlte den schwachen Puls ihrer Tochter und war beruhigt als diese schließlich langsam die Augen öffnete. Zamara hatte nie gelächelt und tat es auch jetzt nicht, warum auch? Aber sie fühlte sich sehr glücklich und geborgen, denn sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor, so sanft von ihrer Mutter umsorgt worden zu sein.

Ein grauenhafter Tag

So, ein neues Kapitel wurde (erfolgreich) fertiggestellt...*gg* wenn euch irgendetwas auffällt während ihr lest (zB. Grammatikfehler, verwirrende Sätze, falsche Reihenfolge...), würde ich euch sehr dankbar sein, wenn ihr es mir mitteilen würdet. *lol*

mhm ja was an diesem kapitel so besonders ist, is eigentlich nur, dass es dass längste ist, das ich je geschrieben hab, denk ich mal, zumindest in dieser Story...

...naja dann viel Spaß beim Lesen!!!
 

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7. Ein grauenhafter Tag
 

Die Fenster waren weit geöffnet, denn jetzt könnten wir noch aufmachen, hatte Oxana gesagt, weil der Himmel noch dunkel war und die Luft noch nicht verpestet von den ganzen Leuten, die hier wohnen.

Der Muffin war schon längst ausgetrocknet und mein Kakao schon lange kalt, aber das störte mich nicht, er hätte gefroren sein können und ich hätte es trotzdem kaum gemerkt. Ich biss an meinem Muffin ab. Er schmeckte nach nichts, doch das störte mich nicht. Ich hatte eigentlich ja auch keinen Hunger, ich aß nur, um überhaupt irgendwas zu tun, ansonsten wäre ich wahrscheinlich einfach nur dagesessen und hätte aus dem Fenster gestarrt, hätte gewartet bis es langsam hell wurde und nach einiger Zeit schließlich hätte ich beobachtet, wie die ersten Autos durch die Straße fuhren und die Lampen angingen.

So wie meine Mutter, sie aß nichts.

Ich hatte große Lust zu reden, ich musste sie so viel fragen. Ich formte die Wörter lautlos mit meinen Lippen, warum sind wir hierher gezogen, warum hängen in meinem Schrank lauter bunte hässlich Kleider, warum willst du, dass ich so etwas trage? Warum hast du meine Haare blond gefärbt, warst das überhaupt du?, warum hast du mich aus dem Bett geholt, warum sitzen wir schon seit Stunden hier? Wann fahren wir wieder zurück nach Hause?

Die letzte Frage konnte ich mir selbst beantworten, wir würden nie zurückfahren. Ich hatte so viele Fragen, aber ich stellte ihr keine. Die Stille war zu wertvoll. Es war so ein angenehmes Schweigen, ich wollte es nicht zerstören.

Ich hatte meinen Muffin aufgegessen und überall auf dem Tisch lagen Krümel. Irgendwann stand Oxana auf und gab mir einen neuen und ich aß langsam weiter. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr, konnte nicht erkennen, ob es dann noch Stunden waren oder nur wenige Minuten, bis meine Mutter schließlich anfing zu reden und anfangs war ich erschrocken, da ich mich schon so an die Stimme gewöhnt hatte.

„Du findest dein neues Zimmer schrecklich, nicht wahr? Und natürlich die Kleider, die bunten, du brauchst sie nicht zu tragen.“

Ich nickte, die Stimme meiner Mutter war beruhigend und trotzdem hatte ich keine Ahnung, warum wir hierher gezogen waren und wie als wenn sie meine Gedanken lesen konnte gab sie mir endlich Antworten, Antworten auf meine nie laut gestellten Fragen und trotzdem war ich gierig, sie zu kriegen.

„Wir sind wegen dir hergekommen. Wegen dir und deinem Bruder. Du musst jetzt zur Schule gehen und von unserem alten Zuhause wäre der Weg dorthin zu weit gewesen, ich hab dir die Kleider gekauft, weil andere Kinder in deinem Alter so was anziehen. Ich wollte wissen ob du Gefallen daran findest.“

Ich nickte wieder, obwohl ich keine Ahnung hatte was sie meinte und es war auch nicht nötig zu fragen, denn sie sprach weiter. Es gab selten Momente in meinem Leben, an denen ich sie so viel auf einmal sagen hörte.

„In der Schule lernst du lesen und andere wichtige Dinge, ich bin mir darüber klar, dass du viel von dem schon kannst, aber du musst trotzdem dorthin gehen. Deshalb hab ich dich so früh geweckt, ich werde dich heute, wenn die Sonne aufgegangen ist, dorthin bringen. Morgen kannst du alleine hinlaufen, dann kennst du ja den Weg.“

Abermals nickte ich ab diesem Zeitpunkt war mir dann auch klar, dass mein Leben nie mehr so sein konnte, wie es einmal gewesen war.

„Ich sah meine Mutter kaum lächeln, doch jetzt lächelte sie mir freundlich zu und ich sah die Angst in ihren Augen, doch ich hatte keine Ahnung wovor sie kam. „Möchtest du noch einen Muffin?“

Dieses Mal schüttelte ich schließlich den Kopf. Ich hatte keine Lust mehr zu essen.

Nun war sie an der Reihe zu nicken und danach kehrte wieder die beruhigende Stille ein. In diesen Momenten dachte ich nicht an die Schule, wo ich hingehen musste, nicht an den Block indem ich nun wohnte, nicht an die schrecklichen Farben, die es hier überall gab, nicht an Oxana, die mir gegenübersaß mich aber nicht ansah.

Meine Gedanken waren weit weg, hinter dem Block, entlang dem Waldweg, irgendwo in der Ferne. Dort stand ein altes brüchiges Haus. In meinen Vorstellungen ging ich durch die Tür, durch einen Raum hindurch und dann nochmals durch eine Tür. Ich öffnete sie und hinter dem alten Holz verbarg sich eine Treppe. Es war dunkel. Ich stieg die Stufen hinab, ohne zu sehen wo ich hintrat, denn ich kannte den Weg auswendig. Ein kleiner Luftzug wehte durch den kalten Raum indem ich mich befand. Ich setzte mich auf ein Brett, welches an der kalten schmutzigen Mauer lag und starrte auf das kleine vergitterte Fenster. In meinen Gedanken sah ich ihn herein fliegen. Er war eine kleine schwarze Fledermaus mit einem leichten silbernen Glanz im Fell. Seine Augen funkelten gelb und sahen aus wie Edelsteine. Er flatterte leichtfertig mit den Flügeln und flog auf sie zu, er setzte sich auf eine meiner Schultern und dann saßen wir so da. Stundenlang und ich konnte mir nicht vorstellen, je wieder etwas anderes zu tun.
 

Die ersten Sonnenstrahlen schienen durchs Küchenfenster, meine Mutter stand plötzlich auf und riss mich somit aus meinen wunderbaren Gedanken. Sie ging zur Tür hinaus und als sie wieder kam, ging sie auf mich zu und reichte mir eine blaue Hose und ein schwarzes T-Shirt. Natürlich, ich trug ja immer noch das schwarze Hemd meines Vaters, das mir bis zu den Füßen reichte. Ich nahm die Sachen und zog sie an, obwohl ich lieber meine alten schwarzen Kleider getragen hätte, welche ich eigentlich sonst immer trug.

Wir machten uns schließlich auf den Weg und stiegen die Stufen hinunter, welche die einzelnen Stockwerke im Block miteinander verbanden. Als wir unten ankamen liegen wir nach rechts eine Straße entlang, in der noch mehr Hochhäuser standen, die so aussahen wie das, indem wir wohnten. Meine Mutter ging schnell und ich hatte Mühe nachzukommen, dann bogen wir einmal rechts ab und irgendwann später nochmals rechts, wir gingen durch Wiesen, auf denen Parkbänke standen und Spielplätze errichtet waren, vorbei an Reihenhäusern, die von kleinen Zäunen umgeben waren. Einmal entschied sich meine Mutter nach an einer Kreuzung für links und als wir die Straße entlangliefen wusste ich schon, wo unser Ziel sich befand.

Es war ein altes gelbes riesengroßes Gebäude, davor standen bunte Kinder, manche waren etwa in meinem Alter, andere schätzte ich auf ein paar Jährchen älter. Sie spielten mit Bällen und anderen Dingen, die sie vermutlich als Spielzeug verwendeten, sie rannten sich gegenseitig hinterher, schrieen, lachten, saßen auf dem Boden oder standen irgendwo herum. Manche lasen in Büchern oder schmissen sich die Bücher und Hefte gegenseitig zu, sie aßen oder tranken oder beides, aber auf jeden Fall hatte ich sofort eine große Abneigung gegen sie und keinesfalls wollte ich in ihrer Nähe sein und trotzdem schlenderte ich neben Oxana her, direkt auf die Kinderhorde und das Gebäude zu.

Ein paar Meter bevor wir sie erreichten, blieb meine Mutter stehen, ich ebenso. Sie sah mich an und ich nickte, ich wusste, sie wollte dass ich nun alleine zu ihnen hinüberlaufe. Ich zögerte, doch schließlich schlich ich auf sie zu, mir blieb nichts anderes übrig, obwohl ich lieber wieder mit Oxana zusammen nach Hause gegangen wäre. Keiner von uns sprach ein Wort, wir drehten uns einfach um und bewegten uns in die entgegensetzte Richtung davon.

Ich blieb etwas abseits von den anderen stehen und meine Augen verharrten auf den Boden, ich hatte keine Lust, mit ihnen reden zu müssen oder sie anzusehen, dies wollte ich auf jeden Fall verhindern.

Auch wenn ich sie keines Blickes würdigte, merkte ich, dass es immer mehr davon wurden. Sie kamen zu Fuß und manche gingen an mir vorbei. Sie wurden von ihren Eltern in fahrenden Blechbüchsen hergebracht oder sie entschwanden den großen Autobussen aus und wenn ich daran dachte, dass man sie dort auch wieder reinstopfen konnte und sie weit wegschicken konnte, fasste ich einen kleinen Hoffnungsschimmer, aber als ich merkte, dass alle nur ausstiegen und immer mehr von den Geschöpfen auftauchten verflog der letzte Funke Hoffnung, den ich bis dahin noch hatte.

Irgendwann hörte ich eine laute dominante Frauenstimme durch die Menge plärren. Der plötzliche unerwartete Lärm erschreckte mich und ich sah auf. Die beiden großen Eingangstüren, welche sich unmittelbar nebeneinander befanden, waren geöffnet worden. Ein paar Meter davor stand eine große dünne Frau. Sie hatte ihre dunkelblonden Haare zusammengebunden, ihre Haltung war aufrecht und sehr bestimmt und mit einem stierenden Blick schaute sie über die Menge hinweg.

Die meisten älteren Kinder gingen hinter ihr durch die Eingangstür und verschwanden im Gebäude. Erst als die meisten weg waren, konnte ich verstehen, was die Frau überhaupt rief. Es waren Namen. Sie rief einen Namen und als das entsprechende Monster, welches ihn besaß zu ihr nach vorne ging, teilte sie es in einer bestimmten Gruppe zu, die sie vor der Schule aufteilte. Es gab fünf Gruppen. Die Kinder, welche unbestimmt irgendwo herumlungerten wurden immer weniger und die geordneten Horden wurden größer.

Marissa Janka, ein kleines brünettes Mädchen, das zuvor noch mit zwei andern ihrer Art gekichert hatte, zuckte zusammen, als ihr Name aufgerufen wurde und lief schließlich nach vor, sie wurde in Gruppe B eingeordnet.

Der nächste war Thorsten Allen, ein kleiner schmächtiger Junge mit etwas längeren blonden Haaren, die Brille auf seiner Nase wurde zur Hälfte von ihnen verdeckt. Gruppe E.

Frank Random, den ich aufgrund seiner Größe eigentlich schon ein paar Jahre älter geschätzt hätte wurde Gruppe D zugeteilt. Danach wurde ich aufgerufen.

Zamara Blake! , die blonde Frau rief nun schon zum dritten Mal nach mir und ich hatte mich immer noch nicht gemeldet. Obwohl ich wusste, dass sie nur mich meinen konnte, fühlte ich mich keinesfalls angesprochen, denn mit ihrem seltsam Akzent hatte sie meinen Namen komisch betont und natürlich falsch ausgesprochen.

Die blonde Frau kritzelte mit ihrem Stift irgendetwas auf ihrer Liste hinauf und ging schließlich zum nächsten Namen über und somit zum nächsten Kind, welches sie einer Gruppe zuteilen konnte. Jordan Creek.

Wenn ich die Zeit so schätzte, dann denke ich, es waren noch ca. zehn oder fünfzehn Minuten, in welchen die Monster sortiert wurden. Ich war nicht dort oder doch, aber jedenfalls nur körperlich, eigentlich war weit weg. Ich war im Keller, bei dem Jungen und er brachte mir in kleinen Schritten das Lesen bei. Er fing mit Buchstaben an, danach erklärte er mir die Silben und fügte sie zu Worte zusammen. Und er las mir oft vor, stundenlang und ich hörte ihm fasziniert zu. Ich wusste nicht wie er hieß, aber seine beruhigende Stimme hätte ich überall herausfiltern können.

Ich schreckte hoch, als ich merkte, dass sich Schritte mir näherten und sah mich um. Alle waren inzwischen schön geordnet eingereiht in den einzelnen Gruppen, nur mich hatten sie noch nicht richtige einsortiert. Die blonde Frau ging in ihrer aufrechten Haltung auf mich zu, mit ihrer dominanten Stimme, fragte sie mich wer ich sei und was ich auf dem Schulgelände zu suchen hätte.

Ich verriet ihr meinen Namen und deutete sie darauf hin, dass ich auf ihrer Liste stünde. Schließlich sagte sie mit grimmiger und genervter Stimme: „Gruppe D“, und zeigte auf das Häufchen indem auch Frank Random stand, wegen seiner Größe hatte ich ihn sofort erkannt.

Mir blieb nichts anderes mehr übrig, als mich ebenfalls zu dem Kinderhaufen zu stellen, was ich jedoch aufs Äußerste verabscheute. Ich tat’s trotzdem, meine Mutter würde es so wollen.
 

Ich saß in einem stickigen großen Raum, der jedoch zu überfüllt war von den Tischen und Stühlen und natürlich den vielen Kindern, die sich ebenfalls hier befanden. Ich sehnte mich so sehr nach Luft und Freiheit, wie noch nie in meinem bisher kurzen Leben.

Wenn ich nach vorne sah, war da eine große grüne Tafel, auf den die etwas ältere, grauhaarige Frau, welche für „unsere“ Gruppe D zuständig war, ihren Namen geschrieben hatte. Sie redete mit uns und alle saßen gespannt da und hörten dieser monotonen und etwas krächzenden Stimme von Ms. Prett zu. Es war furchtbar langweilig und ich hasste es dort zu sitzen, wo ich nichts tun konnte und umgeben war von stinkenden Wesen meines Alters, früher dachte ich immer, andere Kinder würden eher so ähnlich sein wie der Junge vom Keller, aber dies war eine Enttäuschung.

Ich starrte aus dem Fenster und auf den großen Nadelbau, der ein paar Meter davon entfernt stand, der Himmel war grau und es war trüber Tag, ein kleiner schwarzer Vogel flog vorbei und ließ sich auf einem Ast des Baumes nieder. Ich stellte mir vor, wie ein riesengroßer Eisbär, der hinter dem Baum gestanden hatte, zum Vorschein kam. Alle kleinen Vögel, die zuvor noch auf den Ästen saßen, würden augenblicklich das Weite suchen. In meiner Fantasiewelt war die kurz geschnittene, schon fast kaputte Wiese von einer Welle weißer Schneeflocken bedeckt. Der Eisbär würde auf das Fenster zustampfen und man könnte seine Fußspuren im Schnee erkennen. Er würde eines der Fenster mit seiner Pranke in einer leichten Handbewegung leicht zu Bruch gehen lassen und ein eisiger Luftzug würde durch den Raum fegen.

Eine grässliche schrille Glocke unterbrach mich in meinen Gedanken und ich sah auf, Ms. Prett meinte, wir sollten wieder rausgehen und wenn es noch einmal läutete wieder hereinkommen. Wie Roboter, die immer machten, was man ihnen befahl, befolgten die Kinder aus Gruppe D die Anweisungen der Lehrerin. Ich ging ebenfalls hinaus, da ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte.

Draußen waren die Kinder der ganzen Schule versammelt und spielten, aßen, lachten und rauften, ich suchte mir einen Platz, wo sich keiner von ihnen aufhielt, setze mich hin und lehnte mich an die gelbe Mauer des Gebäudes.

Zum Glück ließen die Kinder mich in Ruhe dort sitzen und ich schloss die Augen und stellte mir vor, ich wäre zu Hause in meinem alten Zimmer und würde am offenen Fenster sitzen, die kalte Nachtluft an meinem Gesicht vorbeiziehen spüren und in den dunklen Himmel starren.
 

Ms. Prett entließ uns schließlich endlich wieder der Freiheit und die Monster strömten in die verschiedenen Richtungen davon, sowie ich.

Ich lief die Straße entlang, von der ich gekommen war, bog links ab und spazierte vorbei an den Reihenhäusern, ich lief durch Wiesen und Straßen, welche ich noch nie zuvor gesehen hatte, anscheinend hatte ich mich verlaufen, doch dass störte mich nicht im Geringsten. Irgendwann erreichte ich den Spielplatz, es waren viel mehr Leute dort, als am Morgen und ich entschied mich in nicht zu überqueren, sondern um ihn herum zu gehen. Mein Weg führte durch kleine Feldwege und schmale Gassen, vorbei an riesigen Hochhäusern. Ich brauchte drei Stunden um den Block zu finden, indem ich wohnte und stieg langsam die Treppe hinauf.

Ich stand vor unserer Haustür und drückte auf den Schalter, der die Glocke läuten ließ. Meine Mutter öffnete die Tür und sah mich an. Noch nie zuvor hatte sie mich so mitleidig angesehen, wie in diesem Moment. „Wie…hm, war es annähernd erträglich in der Schule, Zamara?“, fragte sie tonlos flüsternd.

„Warum muss ich dort hin?“, entgegnete ich.

Anstatt mir zu antworten, nickte sie und ließ mich herein. In der Küche roch es nach Fleisch, doch ich hatte keinen Hunger. Langsam trottete ich in das, was ich ab jetzt „mein Zimmer“ nennen werde. Ich öffnete die Tür und trat ein, die ganzen schrecklichen Möbel waren hinausgeräumt worden, das Zimmer war ganz leer und mein Vater stand vor der hellrosa Wand und strich mit schwarzer Farbe darüber. Als er merkte, dass ich hereingekommen war, drehte er sich um und sah mich an. „Gefällt es dir?“

Ich nickte und setzte mich mitten im Zimmer auf den Boden und sah im zu. Ich wartete bis die ganzen Mauern mit schwarzer Farbe überstrichen worden waren, bis die hässlichen hellbraunen Möbel wieder ins Zimmer geschoben wurden, ich erkannte meine graue Decke wieder, welche ich früher immer benutzt hatte und war erleichtert, dass in meinem neuen Kasten wieder meine alten schwarzen Klamotten hingen. Dann schlenderte ich ins Bad und hielt meinen Kopf unter das kalte Wasser bis sie vollends nass waren. Meine Haare wurden wieder glatt, doch zu meinem Entsetzen, war anders als ich gehofft hatte, die blonde Farbe immer noch in meinen Haaren. Ich versuchte es mit Seife, Shampoo und allem möglichen Zeug, dass ich finden konnte, hatte jedoch keinen Erfolg.

Meine Mutter stand in der Tür und sah mir zu, ich wusste nicht wie lange, denn ich hatte sie gerade eben erst bemerkt. Ihre Miene war ausdruckslos und da wusste ich genau, Oxana war es gewesen, die meine Haare verunstaltet hatte.

Und wie als könnte sie meine Gedanken lesen, flüsterte sie mit krächzender Stimme: „Du kriegst die Farbe nicht raus. Sie bleibt vier Jahre in deinen Haaren, vier Jahre, in denen du hier zur Schule gehen wirst und in denen wir vorerst hier leben werden. Ich möchte dass du dich anstrengst und versuchst dich ein bisschen anzupassen und bitte sei achtsam und kümmere dich um deinen Bruder, ich wünsche ihn in gute Hände zu wissen, sollte ich nicht hier bleiben können.“ Meine Mutter drehte sich um und ging davon.

„Und dann? Was ist dann, nach diesen vier Jahren? ...

...dann?“, rief ich ihr nach. Doch sie war schon in die Küche verschwunden.
 

Ich saß am offenen Fenster. Die kalte Nachtluft wehte mir ins Gesicht aber trotz der Kälte war mir in meinem dünnen T-Shirt nicht kalt. Es war eher eine Genugtuung, den eisigen Windhauch an meiner Haut zu spüren. Die Dimension kam mir rießengroß vor und unendlich weit, doch in meinem Herzen wusste ich, irgendwann würde ich sie doch überwinden können. Ich war nicht in der Lage, denn Mond zu sehen, nur die Hochhäuser welche rund um mich standen.

Früher war er immer da gewesen, am Himmel irgendwo so sehr entfernt von mir zwischen den Sternen und doch hatte ich das Gefühl, ihm nah gewesen zu sein, wie nie nachher. Er schien leise über unser altes Haus und die Mauern warfen leichte Schatten.

Ich überlegte mir, zu laufen, weit weg, über Wiesen und Felder, an den Hochhäusern vorbei, bis ich sie nicht mehr sehen konnte, ich wollte weiter laufen, als heute nach der Schule, viel weiter, ich mochte bis zur Erschöpfung rennen und darüber hinaus. Keiner sollte mich aufhalten können, vielleicht würde ich umfallen und dann wieder aufstehen und mich weiter, immer weiter meinem Ziel zuwenden.

Die kahlen Wände des Hauses, die die Dunkelheit meiner Sehnsucht bargen, würde mir die Kraft dazu geben, welche ich so unbedingt brauchen würde.

Ich hörte in meinen Gedanken versunken, schon den kahlen dürren Baum, er war schon lange verdorren gewesen bevor ich in dieses Haus geboren wurde. Mir war, als hätte er nie Blätter, Blüten oder gar Früchte getragen, allein der Gedanke daran, er wäre einst eine kleine Pflanze gewesen, die langsam gewachsen und aufgeblüht hatte, war mir unvorstellbar.

Der Baum war klein, hatte verbogene Äste und eine braune Rinde, die meistens aussah als wäre sie grau oder schwarz. Er sah mickrig aus unter den vielen anderen Bäumen, die rund um ihn standen, und trotzdem hatte ich ihn mir ausgesucht, hatte mich auf eine seltsame Art hingezogen gefühlt zu ihm und mich an seinen Stamm gelehnt, wenn ich nachts im Garten saß und der verwandelten Fledermaus zusah, wie sie dem Mond entgegen flog.

„Warte“, raunte ich in die Nacht hinein. „Ich werde kommen, rette mich du unsterbliches Wesen der Nacht.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  Kiana
2007-12-01T21:08:54+00:00 01.12.2007 22:08
Huhu ^^
Endlich konnt ich mal lesen wie's weiter ging.
Wow, du hast recht, diesmal ist es wirklich schön lang geworden !!
Gefällt mir sehr gut =) Tut mir leid, aber mir fällt keine Kritik ein -.-
Die arme Zam ! Dann bin ich mal gespannt wie sie die 4 Jahre überstehen wird..
Freu mich, wenns weiter geht !
LG Ki-chan
Von:  shinsou
2007-11-07T18:34:03+00:00 07.11.2007 19:34
So jetz bin ich endlich auch mal dazu gekommen!>.<° Mir hat das Kapitel gut gefallen!!! *gleich weiterlesen muss*
Von:  Kiana
2007-09-26T18:18:54+00:00 26.09.2007 20:18
Hai =)
Wow..also mit dieser Wendung hatte ich nicht gerechnet xD
Sehr gut ! Das gefällt mir...auf alle Fälle bin ich jetzt noch gespannter was weiter passieren wird.
Von:  Kiana
2007-09-26T18:18:47+00:00 26.09.2007 20:18
Uhu..da merke ich doch gerade, dass ich das Kappi noch gar net gelesen hab oO *komisch*
Auf jeden Fall muss ich schuetze89 recht geben xD'' Zam hat's wirklich in sich ._.
Von: abgemeldet
2007-07-09T19:08:57+00:00 09.07.2007 21:08
ich muss sagen, der titel der geschichte passt wirklich; das mädchen ist das pure böse!!! òÓ *uahhh*

Von: abgemeldet
2007-06-01T09:35:45+00:00 01.06.2007 11:35
oje, is das mädel fies, ihrem eigenen bruder den kopf aufzuschlitzen ... aber ich möcht trotzdem wissen, wie es weitergeht ^^
weiter so ^^,,
Von:  Kiana
2007-05-30T19:56:22+00:00 30.05.2007 21:56
Hi du =)
*thihi* Schon wieder on, geht echt schnell.
Also diesmal hab ich überhaupt nicht's auszusetzten, hat alles einfach super zusammen gepasst.
Bin total gespannt wie's weiter geht..ob sie fliegen lernt oder nicht..oO *spannend*
Mach schön weiter so !!!
LG
KI-chan
Von: abgemeldet
2007-05-16T11:12:46+00:00 16.05.2007 13:12
uih ..
ich beiniede den jungen ein bisschen xD
er muss nicht zur schule xD
nee, scherz beiseite, ich fand das kapitel gut( auch wens kurz war) ... äh, ich weiß nicht was ich noch schreiben soll ><' aber ich hoffe, dass es bald weiter geht ^^,,
Von:  Kiana
2007-05-15T18:52:50+00:00 15.05.2007 20:52
Hi =)
Ich finde es trotz der kürze echt gut. Kann man sich alles total gut bildlich vorstellen, durch deine tollen Beschreibungen.
Und eigentlich ist es doch ganz gut, dass es so kurz ist, vermittelt so einen sehr guten Eindruck von dem Leben des Jungen ohne, dass dieser durch etwas anderes gestört würde ^^''
Also mach weiter so und ich freu mich auf's nächste Kappi *g*
LG,
Kiana
Von: abgemeldet
2007-05-03T14:05:20+00:00 03.05.2007 16:05
uhhhaaa, is ja unheimlich das mädel, so richtig unheimlich
freue mich auf das nächste kap ^^
*knuff*


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