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Harry Potter und die Unmöglichkeit von Zeitreisen

von

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Von Lügen und Beschützerinstinkten

A/N: Hi! Danke für die Reviews! Freut mich immer wieder, wenn ich bei animexx reinschau und da steht, dass ich neue Nachrichten hab! Also noch mal danke! Ach ja, nur falls jemand irgendwas dazu sagen will: Bei der Frage, ob James noch Sucher oder Jäger war, halte ich mich an das, was JKR in einem Interview gesagt hat – James ist Jäger! ;)
 


 

Kapitel 13: Von Lügen und Beschützerinstinkten
 

Zwei Rennbesen sausten mit ihren Reitern um das Quidditchfeld von Hogwarts, Schule für Hexerei und Zauberei, schossen vor und zurück, als ob sie etwas jagten. Plötzlich wurde der führende Besen nach links gerissen, jedoch lange bevor der zweite reagieren konnte, in einen Sturzflug getrieben. Als er sah, dass er nicht die geringste Chance hatte überhaupt noch aufzuholen, flog der zweite Reiter langsam zu Boden, wo der erste, der einen kleinen goldenen Ball in seiner Hand hielt, bereits gelandet war.
 

Harry Potter stand am Boden, seinen Besen in einer und den zappelnden goldenen Schnatz in der anderen Hand. Mit einem süffisanten Grinsen auf seinem Gesicht, beobachtete Harry, wie sich sein Vater langsam neben ihm aufsetzte.
 

„Jetzt weiß ich, warum ich noch nicht einmal ausprobiert habe, Sucher zu werden“, sagte er, als er vom Besen stieg und mit seinem Handrücken den Schweiß von seiner Stirn abwischte. „Meine Reflexe mögen ganz gut sein, aber den Schnatz zu erkennen und das auch noch im Durcheinander eines Spiels, wäre unmöglich gewesen. Da ziehe ich lieber den Quaffel vor – groß, griffig und vor allem für das normale Auge sichtbar.“
 

Harry zuckte mit den Schultern und rieb sich ein paar Wunde Rippen. „Zumindest wird man als Sucher nicht fast bewusstlos geschlagen, ich meine, wenn man weiß, wie man den Klatschern ausweicht. Ich glaube, dort, wo du mich mit dem Quaffel getroffen hast, werden morgen blaue Flecken sein.“
 

„Nun, es ist nicht meine Schuld, dass du es nicht schaffst, einen Ball dieser Größe zu fangen“, lachte James.
 

Es hatte fast einen Monat gedauert, bis Harry und James die Zeit gefunden hatten, um des anderen Geschick beim Quidditch zu testen. Dieser Montag war der letzte Tag bevor James und Lily das Schloss verlassen wollten, um in ihrem eigenen Haus zu leben. Die Schüler würden am nächsten Tag zurückkehren und sie dachten, dass sie lange genug geblieben waren. Also nutzten Vater und Sohn diesen sonnigen Nachmittag voll aus und bestiegen, mit Lily und klein Harry als Zuschauer, ihre Besen. Lily war stocksauer gewesen, als James plötzlich neben ihr angehalten war und den einen Monat alten Harry für ein paar Runden um das Feld auf seinem Besen mitgenommen hatte. Harry dachte, dass dies ein unvergesslicher Anblick gewesen war – seine Mutter, die mit ihren Füßen stapfte und seinen Vater anschrie, während der kleine Harry vor Freude quietschte.
 

Und wieder einmal wünschte er sich, dass für ihn alles anders gelaufen wäre. Er wünschte, dass Voldemort seine Eltern nicht umgebracht hätte. Nicht zum ersten Mal wäre er gerne ein normaler junger Mann, ein normaler Zauberer, ohne dass die Last der Welt auf seinen Schultern ruhte. Aber er hatte da kein Mitspracherecht. Voldemort hatte ihn anstelle von Neville ausgewählt, seine Eltern getötet und seine einzige Chance zerstört, jemals normal zu sein.
 

„Alles in Ordnung?“
 

Harry sah auf, als er von seinem Vater aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er zwang sich zu lächeln und nickte. „Alles in Ordnung. Ich hab nur nachgedacht, das ist alles.” Als er seinen Blick herumwandern ließ, sah er Lily, die etwas in ihrer rechten Hand hielt und ihnen zuwinkte. „Es scheint so, als ob sie will, dass wir zu ihr rüberkommen sollen“, sagte er, froh darüber, dass seine Mutter ihm die Möglichkeit gegeben hatte, den Fragen, die sein Vater noch haben könnte, auszuweichen.
 

„Nun, dann sollten wir sie nicht länger warten lassen“, antwortete James und zusammen gingen sie quer über das Quidditchfeld dorthin, wo Lily, die noch immer Harry hielt, stand.
 

„Das ist gerade angekommen“, sagte Lily und zeigte ihnen ein Stück Pergament, als sie vor ihr anhielten. „Es ist von Albus. Er wünscht uns drei in seinem Büro zu sehen. Jetzt“, fügte sie mit einem leisen Lächeln auf ihren Lippen hinzu, als sie die bedauerndem Blicke sah, die James und Harry ihren Besen gaben.
 

Die beiden jungen Männer seufzten gleichzeitig und Harry packte den goldenen Schnatz in den Koffer, wo schon die kämpfenden Klatscher und der Quaffel verstaut waren. Harry brachte den Koffer schnell zurück zu den Umkleideräumen bevor er vor dem Haupteingang seine Eltern wieder traf und sie zu Dumbledores Büro gingen. James wollte dem Wasserspeier gerade das Passwort mitteilen, als er schon zur Seite sprang und ein Mann, den sie alle drei nur zu gut kannten, die Treppen herunterkam. Harry merkte, wie sich sein Vater merkbar verspannte, während seine Mutter lächelte. Er selbst wusste eindeutig nicht, wie er reagieren sollte, da vor ihm kein geringerer stand als Severus Snape.
 

„Potter“, zischte er, als er sich an James wandte, nachdem er seine Augen über Lily, ihren kleinen Sohn und Harry hat wandern lassen.
 

„Schniffelus. Wie reizend dich hier zu treffen. Ich hätte nie erwartet, dich hier in Hogwarts wiederzusehen, also würde es dir was ausmachen, mir zu erzählen, was du hier suchst?”
 

„Das geht dich nichts an, Potter. Oder?“, sagte er, als sein Blick auf Harry ruhte. „Vielleicht doch? Entschuldigt mich, ich werde erwartet.“
 

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, schob Snape sich an ihnen vorbei, aber in den wenigen Minuten hatte Harry ein paar erstaunliche Unterschiede zwischen diesem Snape und dem Snape aus seiner Zeit bemerkt. Der deutlichste Unterschied war eindeutig, dass das schwarze Haar von diesem Snape glänzte, sauber und elegant zurückgebunden war, ein bisschen wie sein eigenes, nur dass seins noch immer unglaublich durcheinander war, dachte Harry, als er geistesabwesend mit seiner linken Hand durch sein verwehtes Haar fuhr, das sich dagegen strebte im Haarband zu bleiben. Ein paar Strähnen fielen immer heraus, in sein Gesicht, aber Harry hatte gelernt, damit zu leben – zumindest verdeckten diese Strähnen seine Narbe ein bisschen. Wie auch immer, ein weiterer merkbarer Unterschied zwischen den beiden Snapes waren die Augen. Während die Augen von Snape aus Harrys Zeit gewöhnlich kalt, berechnend und bitter waren, zeigten die Augen des anderen Snapes noch immer ein bisschen Wärme. Nur das höhnische Grinsen war noch das gleiche, aber das könnte auch aufgrund der Abneigung gegenüber Harry, beziehungsweise James sein.
 

„Wird wahrscheinlich von seinen Freunden, den Todessern, erwartet“, murmelte James, und riss Harry damit aus seinen Gedanken.
 

Lily legte eine beruhigende Hand auf die Schulter ihres Ehemannes. „Lass ihn, James. Wir sollten uns beeilen, Albus wartet“, sagte sie und wies mit ihrem Kopf zu den noch offenen Treppen.
 

„Du hast Recht“, seufzte James und lächelte seine Frau an. „Harry?“
 

„Komme schon“, sagte er zu ihnen und wandte sich ihnen zu, weg von dem Korridor, in dem Snape verschwunden war. Eine weitere Frage war in seinem Kopf aufgetaucht – war Snape schon ein Spion für Dumbledore oder war er Voldemort noch treu ergeben? War er sogar schon ein Todesser zu dieser Zeit oder würde er noch zu einem werden? Plötzlich schoss ihm die Erinnerung an eine blonde Frau und ein schwarzhaariges Mädchen durch den Kopf – er hatte sie total vergessen. Er hatte noch immer nicht die Zeit gefunden, herauszufinden, wer sie waren, aber er schwor sich, das bald nachzuholen. Vielleicht waren sie der Schlüssel zu seinen Fragen.
 

Als er hörte, wie sein Vater sich räusperte, lächelte Harry ihn entschuldigend an und folgte seinen Eltern die Treppen hinauf in Dumbledores Büro. Der greise Zauberer saß schon hinter seinem Schreibtisch und drei Stühle standen davor. Die drei setzten sich und nachdem sie das obligatorische Angebot einer Scherbert Zitrone abgelehnt hatten, fragte James das, was er auf dem Herzen hatte.
 

„Was wollte Snape?“
 

Albus Dumbledore warf James einen Blick zu, der ganz klar seine Missbilligung über den verhassten und beschuldigenden Ton von James Stimme ausdrückte, beantwortete seine Frage aber trotzdem. „Mr. Snape war hier gewesen, um sich für die Stelle des Verteidigung gegen die dunklen Künste Lehrers zu bewerben. Ich musste ihm natürlich mitteilen, dass diese Stelle bereits vergeben ist. Doch habe ich ihm versichert, ihn zu informieren, sobald eine Position, die seinen Anforderungen entspricht, offen ist. Wie auch immer, dieses wollte ich eigentlich nicht mit euch besprechen.“
 

„Es ist, weil wir morgen zurück nach Godrics Hollow gehen, nicht wahr?“, wollte Lily wissen.
 

„In der Tat, so ist es. Ich habe ein paar zusätzliche Schutzzauber um euer Grundstück herum zu eurem Schutz errichtet.“
 

„Es tut mir Leid, wenn ich unhöflich erscheine“, sagte James verwirrt, „Aber warum? Ich glaube Lily und ich haben bereits mehr als einmal bewiesen, dass wir in der Lage sind, uns gegen Todesser und sogar Voldemort selbst zu verteidigen.“
 

„Glaub mir, James, das weiß ich. Aber es ist nicht nur wegen euch. Es ist auch wegen eurem Sohn. Sogar während ihrer Schwangerschaft konnte Lily sich verteidigen, aber jetzt, da ihr euch um eine Person mehr kümmern müsst, eine Person, die sich überhaupt nicht wehren kann, hielt ich es für notwendig, den Schutz um euer Haus zu verbessern. Ich versichere euch, diese zusätzlichen Zauber sind nur reine Vorsichtsmaßnahmen, nur eine besondere Art des Abwehr-Zaubers, ein Alarm-Zauber, der mich wissen lässt, wenn es jemand Ungebetenes geschafft haben sollte, einen Weg um den Abwehr-Zauber herum zu finden und so weiter. Wie ihr seht, nichts zu ernstes. Aber, falls etwas Schlimmes passiert, dass eure Sicherheit gefährdet, müssen wir ernstere Maßnahmen ergreifen.“
 

„Was meinst du?“, fragte Lily und Harry hätte schwören können, dass es ihr schwer fiel, die Sorge, die er auf ihrem Gesicht sehen konnte, aus ihrer Stimme zu halten. Er jedoch dachte, er wusste, wovon Dumbledore sprach, aber dass er anscheinend warten wollte, bevor er diesen Schritt ausführte, ließ Harry seine Absichten in Frage stellen. Harry hatte gedacht, dass Dumbledore mit seinen Eltern über die Prophezeiung sprechen wollte, aber stattdessen ließ er es so klingen, als ob alles in Ordnung war und er diese Zauber nur als Vorsichtsmaßnahmen errichtet hatte, nur für den Fall, dass Voldemort sich entschließen sollte, sie anzugreifen.
 

„Ich spreche von dem Fideliuszauber – ich nehme an, ihr kennt ihn?“ Lily und James nickten beide, während James Lilys Hand leicht drückte. „Aber das ist wirklich nur, falls etwas passiert, also möchte ich nicht, dass ihr euch den Kopf zerbrecht. Eine weitere Sache, über die ich mit euch sprechen wollte, und das ist jetzt auch der Grund, warum ich Harry gebeten habe, diesem Treffen beizuwohnen, ist der Briefverkehr zwischen Hogwarts und Godrics Hollow. Ich bin mir sicher, dass ihr soviel Kontakt miteinander haben wollt, wie möglich, deshalb möchte ich euch warnen, vorsichtig zu sein mit dem, was ihr schreibt. Die Konsequenzen, falls etwas über die wahre Beziehung zwischen euch in die Hände eines Todessers gerät, wären verheerend, aber ich glaube, das wisst ihr bereits.“
 

„Natürlich, Albus, wir werden vorsichtig sein!“, versicherte Lily ihm mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht.
 

„Fabelhaft, das war alles, war ich mit euch besprechen wollte. Ihr könnt euch jetzt wieder dem zuwenden, bei dem ich euch unterbrochen habe“, sagte Dumbledore zu ihnen mit dem immerwährenden Funkeln in seinen Augen.
 

„Geht voran“, sagte Harry, als James und Lily aufstanden. „Ich muss noch mit Albus über etwas reden…“
 

„Okay, wir sehen dich später“, rief James, als er und seine Frau, das Büro verließen.
 

Bevor die Tür sich schloss, dachte Harry, er hatte sie davon sprechen hören, jemandem mit einer Sache zu helfen, dachte aber nicht weiter darüber nach, da er jetzt, wo sie endlich alleine waren, ihn über seine Absichten gegenüber seinen Eltern zur Rede stellen konnte.
 

„Du hast es ihnen nicht gesagt“, sagte er ruhig und schaute Dumbledore direkt in die Augen.
 

„Nein, das habe ich nicht. Sie brauchen davon noch nicht wissen, es ist zu früh.“
 

„Zu früh?“, fragte Harry geschockt, als er aufsprang und anfing, im Büro auf und ab zu gehen. „Du weißt, dass ein Teil der Prophezeiung belauscht wurde, und du erzählst es ihnen immer noch nicht! Voldemort könnte schon seinen Angriff planen und du sagst es ihnen immer noch nicht! Was, wenn es in dieser Zeit anders ist und er sie im nächsten Monat, nächste Woche… was, wenn er sie morgen angreift und…“ sie tötet!, wollte Harry schreien, aber erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass Dumbledore nicht wusste, dass seine Eltern während Voldemorts Angriff umgekommen waren. Er wusste nur von der Narbe und dass Harry derjenige mit dem Schicksal war, den Dunklen Lord zu töten.
 

„Harry, ich garantiere dir, dass Voldemort nichts von der Prophezeiung weiß. Ich weiß nicht, wie er in deiner Zeit davon erfahren hat, aber ich kenne den Lauscher und er ist loyal.“
 

„Wem gegenüber?“, forderte Harry.
 

Dumbledore seufzte und wieder einmal sah Harry flüchtig das wahre Alter des Zauberers. „Ich würde dich fragen, mir zu erzählen, wer den ersten Teil der Prophezeiung an Voldemort weitergegeben hat, aber…“
 

„Obwohl du es in unserem ersten Gespräch gesagt hast, bist du dir noch nicht ganz sicher, ob unser Erscheinen und handeln in dieser Zeit, etwas in meiner ändert. Du willst noch ein bisschen mehr Nachforschung betreiben, bevor du dir ganz sicher bist… Außerdem hätte ich es dir gar nicht erzählen können, weil ich die Antwort nicht weiß.“ Genauso wie ich viele andere Dinge nicht wusste, weil du immer dachtest, es wäre zu früh, um es mir zu erzählen, dachte er, als er sich an sein fünftes Schuljahr erinnerte. Er schloss seine Augen und atmete einmal tief durch, in dem Versuch, sein Temperament im Zaum zu halten, bevor er mit geschlossenen Augen fortfuhr. „Also denkst du, dass der Lauscher vertrauenswürdig ist, aber das erklärt immer noch nicht, warum du meinen Eltern nichts von der Prophezeiung erzählt hast, außer der Tatsache, dass es zu früh ist.“
 

„Sag mir Harry, wie hast du dich gefühlt, als ich, ich meine, mein anderes ich, dir erstmals davon erzählt hat?“
 

Harrys Augen sprangen auf und er starrte Dumbledore mit einem ungläubigen Ausdruck auf seinem Gesicht an. „Du… Das kannst du nicht vergleichen…“, stotterte er. „Die Situation war ganz anders. Si- Jemand, der mir sehr nahe stand, war nicht einmal eine Stunde vorher gestorben, als du die Bombe hast platzen lassen. Wie glaubst du, dass ich mich gefühlt habe?“
 

„Dann lass es mich mal so ausdrücken… Wie fühlst du dich jetzt mit dieser Bürde? Sehnst du dich nach einem Leben, in dem du dich nicht darum sorgen musst, Voldemort zu bekämpfen und ihn zu töten?“
 

„Natürlich tu ich das, aber… Wer würde das nicht?“ Harry konnte es nicht glauben. Was wollte Dumbledore von ihm?
 

„Das ist der Punkt. Wer würde das nicht? Statt sie mit der Prophezeiung jetzt zu belasten, gebe ich deinen Eltern die Chance, ein normales Leben zu führen. Aber mach dir keine Sorgen, ich werde ihnen davon erzählen, sobald etwas passiert, das mir sagt, es ist Zeit, dass sie davon erfahren. Ich glaube, du tust etwas Ähnliches mit deinen Freunden, da, soweit ich weiß, du sie auch noch nicht von der Prophezeiung in Kenntnis gesetzt hast.“
 

Der junge Mann sah den Schulleiter genau an und forderte ihn heraus, fortzufahren. Seinen Freunden davon zu erzählen und seinen Eltern davon zu erzählen waren zwei vollkommen verschiedene Dinge. Seine Eltern könnten sterben, weil sie deren Inhalt nicht kannten, sie noch nicht mal wussten, dass dieser überhaupt existierte, während seine Freunde sterben könnten, wenn sie den Inhalt herausfanden. Außerdem war es sein Kampf, und nicht der seiner Freunde, egal wie oft sie sagten, dass sie nicht von seiner Seite weichen würden. Sie konnten Voldemort nicht besiegen; das konnte nur Harry. Also würde es ihre Unkenntnis für ihn leichter machen, ihm alleine zu begegnen, sie abzuweisen, wenn er es musste. Sie würden ihn nie alleine gehen lassen, wenn sie wussten, dass er höchstwahrscheinlich nicht zurückkommen würde. Sie würden versuchen, ihn zu überzeugen, nicht alleine zu gehen, sagen, dass es einen anderen Weg geben muss. Aber es gab keinen – und Harry hatte das akzeptiert. Es war entweder er, Voldemort, oder beide, die am Ende untergehen würden und Harry wusste auch, dass seine Chancen nicht so gut standen. Voldemort war noch immer mächtiger, aber er hoffte, dass er ihn zumindest mit sich in den Tod reißen könnte, wenn es soweit war, damit seine Freunde und Ziehfamilie in Frieden leben konnten.
 

„Ich bitte dich nicht, meine Entscheidung zu akzeptieren, nur sie zu respektieren, da ich sicher bin, dass ich in deiner Zeit nicht anders gehandelt habe“, fuhr Dumbledore mit einer Stimme fort, die nur ein bisschen lauter war als ein Flüstern.
 

Er starrte in Dumbledores fast schon bittenden blauen Augen und nickte steif, während er das Verlangen bekämpfte, ihn weiter anzuschreien, aber er war kein hormongetriebener Teenager mehr. Von morgen an würde er Kinder unterrichten und so mit dem Schulleiter zu streiten würde ihm keinen Respekt einbringen. „Guten Tag, Professor“, sagte er bloß, bevor er sich umdrehte und das Büro verließ.
 

Als er die Flure zum Haupteingang entlang eilte, rannte er fast die Treppen zur Eingangshalle herunter und hielt draußen auf seinen Lieblingsplatz auf dem Grundstück zu, den einsamen Baum am See, wo er sich in der Sonne hinsetzte und sich gegen den Stamm lehnte. Er zog eine Zigarette aus seine Tasche und zündete sie mit einer schnellen Bewegung seiner Hand an, da er zu faul war, um seinen Zauberstab herauszuholen, bevor er einen langen und beruhigenden Zug nahm und den graublauen Rauch ausatmete. Seine Hände zitterten noch immer vor Wut, als sich der Streit zwischen ihm und Dumbledore in seinem Kopf wiederholte. Aber es war nicht nur der Streit, den er nur vor ein paar Minuten mit dem Schulleiter hatte, nein, er erinnerte sich auch an kleine Stücke aus dem Streit, den er mit Dumbledore am Ende des fünften Schuljahres gehabt hatte, kurz nach dem Vorfall in der Mysteriumsabteilung.
 

Harry hatte danach lange gebraucht, fast das gesamte sechste Schuljahr, bis er Dumbledore wieder vertrauen konnte. Er konnte sich daran erinnern, wie wütend er auf Dumbledore gewesen war, dass er ihm diese wichtigen Dinge nicht erzählt hatte, wie er ihn für Sirius Tod verantwortlich gemacht hatte. Harry hatte versucht ihm zuerst so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen, sei es im Grimmauld Platz Zwölf, während den letzten Ferienwochen, oder in Hogwarts. Während der Auswahlfeier und Dumbledores Rede hatte Harry ihn vollkommen ignoriert und seine Wut auf ihn war nur angestiegen, als er die traurigen und müden Blicke bemerkt hatte, die Dumbledore ihm zugeworfen hatte.
 

Kurz nachdem sein sechstes Schuljahr begonnen hatte, hatte Dumbledore Harry in sein Büro zitiert, um weiteren Unterricht in Okklumentik mit ihm zu besprechen. Dieses Mal hatte der Schulleiter ihn selbst unterrichten wollen, aber Harry hatte abgelehnt und gefragt, ob er jemand anderes kannte, der ihn unterrichten konnte. Als der Schulleiter seinen Kopf geschüttelt hatte, hatte Harry bloß gesagt, „Fragen Sie Professor Snape. Egal wie sehr ich ihn hasse, mein Hass auf Sie ist noch größer. Wenn er sich weigert, sagen sie ihm, dass ich dieses Mal wirklich willig bin etwas zu lernen, da ich jetzt weiß, was ich beschützen muss und warum ich Voldemort aus meinen Gedanken verbannen muss. Wenn er sich noch immer weigert, müssen Sie halt jemand anderes finden, aber ich werde SIE garantiert nicht lassen.“ Zu Harrys großer Überraschung hatte Snape sich nicht geweigert und so hatte Harry vier Abende die Woche in den Katakomben der Schule verbracht, Okklumentik erlernt und zur gleichen Zeit Fähigkeiten in der Legilimentik angenommen. Der junge Zauberer hatte seine Fortschritte mit jedem vergehenden Abend gemerkt – sein Narbe hatte aufgehört zu schmerzen, seine Besuche in Voldemorts Kopf waren weniger und weniger geworden, bis er in der Lage war, nachts ohne Unterbrechungen durchzuschlafen.
 

So geschah es, als die Weihnachtsferien näher rückten und Harry sich dafür gemeldet hatte im Schloss zu bleiben, während Ron und Ginny geplant hatten, Weihnachten im Grimmauld Platz Zwölf zu verbringen und Hermione zu ihren Eltern fahren wollte, dass Dumbledore ihn wieder zu sich gerufen hatte. Harry hatte erwartet, dass der Schulleiter ihn dazu zwingen wollte, Weihnachten in Sirius Haus zu verbringen, aber er hätte nie seine wahren Absichten erwartet. Nachdem Dumbledore ihn darüber unterrichtet hatte, hatte Harry den Schulleiter nur anstarren können, da er nicht wusste, ob er glücklich und wieder wütend sein sollte. „Ja Harry, Professor Snape hat mir gesagt – ziemlich beeindruckt, wenn ich das so sagen darf – dass du endlich in der Lage bist, deine Gedanken zu versiegeln, was nicht bedeutet, dass dein Unterricht schon vorbei ist, da ich mir sicher bin, dass Professor Snape dir noch viele Techniken beibringen kann. Aber du bist jetzt fortgeschritten genug, um an Treffen des Ordens teilzunehmen. Es ist, wie du mir mal gesagt hast, immerhin dein Kampf und es tut mir Leid, dass ich das nicht vorher gesehen habe. Du bist ein außergewöhnlicher junger Mann, Harry, und bei weitem erfahren genug, um ein Mitglied des Orden des Phönix zu sein.“
 

Zum ersten Mal seit Monaten hatte Harry Dumbledore mit etwas in seinen Augen, das Dankbarkeit ähnelte, angesehen und geflüstert, „Danke.“ Das erste Treffen, bei dem Harry beigewohnt hatte, hatte am Heiligabend stattgefunden. Trotz aller Proteste von Ron und Ginny war Harry in Hogwarts geblieben, hatte seine Aufgaben erledigt und nur Minuten bevor das Treffen begann, mit Flohpulver nach Grimmauld Platz Zwölf gereist. Viele Köpfe hatten sich gedreht, als er in den Salon getreten war, aber Dumbledore hatte ihn mit einem warmen Lächeln willkommen geheißen und dann die anderen über ihr neues Mitglied informiert. Es hatte einige Proteste geben, hauptsächlich von Molly Weasley, aber am Ende hatten sie akzeptieren müssen, dass Harry nun ein Mitglied des Orden des Phönix war. Nach dem hochinteressanten Treffen hatte Harry die Nacht in dem Haus verbracht, womit er Ron und Ginny überrascht hatte, die nicht erwartet hatten, dass er über Weihnachten kommen würde. Als er ihnen jedoch von seiner Mitgliedschaft im Orden erzählt hatte, war Ron nur noch in der Lage gewesen, eines zu sagen: „Ich werd verrückt!“
 

Also fing Harry langsam an, Dumbledore wieder zu vertrauen. Der alte Zauberer hatte alles in seiner Macht getan, um Harry über die Geschehnisse auf dem Laufenden zu halten und hatte ihn an so vielen Treffen wie möglich beiwohnen lassen, wann immer es mit seinem Stundenplan und seinen Prüfungen gepasst hatte. Er hatte Harry außerdem Zugang zu der Verbotenen Abteilung in der Bibliothek zur Vorbereitung für den unvermeidbaren Kampf erteilt und hatte auch verschiedene Privatlehrer engagiert, die ihm ab und zu halfen.
 

Außerdem, an dem Sonntag nach den Prüfungen, kurz bevor die Sommerferien anfangen würden und Harry wieder in die Obhut der Dursleys entlassen werden würde, hatte Dumbledore die eine Sache getan, für die Harry ihm auf ewig dankbar sein würde und was ihm geholfen hatte, dem Schulleiter schließlich endgültig zu verzeihen – er hatte ihn nach Godrics Hollow, zu Lilys and James Ruhestätte gebracht. Bis zum letzten Moment hatte Harry nicht gewusst, wohin sie gehen würden, aber sobald sie die Tore zum Friedhof passiert hatten, hatte sich ein flaues Gefühl in seinem Magen ausgebreitet. Erst, als sie vor einem grauen Grabstein angehalten hatten, hatte Harry verstanden. Er war auf seine Knie gefallen und war die Namen seiner Eltern und die Geburts- und Todesdaten mit der Hand nachgefahren. Sechzehn Jahre lang hatte er nicht einmal daran gedacht, nach ihren Gräbern zu suchen oder jemanden danach zu fragen, wo sie beerdigt worden waren. Da seine Eltern immer ein Tabuthema bei den Dursleys waren, war es ihm niemals in den Sinn gekommen zu fragen und auch später in der Schule hatte er nie daran gedacht. Harry hatte dann zu Dumbledore aufgeschaut und hatte plötzlich nicht den Zauberer gesehen, der ihn angelogen und ihm fast jeden genommen hatte, der ihm am Herzen gelegen hatte. Er hatte einen alten Mann gesehen, der einen schlimmen Fehler begangen hatte, aber der ihn auch wieder gutmachen wollte.
 

„Ich hatte gedacht, dass du das vielleicht sehen wolltest“, hatte Dumbledore gesagt. „Sie waren wirklich wundervolle Menschen, Harry. Ich wünschte, du hättest sie gekannt.“
 

„Danke“, hatte Harry bloß geflüstert, während er seine Augen noch immer nicht von dem Stein löste. „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen dafür danken kann.“
 

„Du brauchst mir nicht danken. Ich bin nur ein alter Mann, der versucht, Dinge, die er falsch gemacht hat, richtig zu stellen, alte Fehler gutzumachen. Ich versuche nur, deine Vergebung zu erlangen…“
 

„Vergebung kann nicht erlangt werden“, hatte Harry gesagt und Dumbledore angeschaut, wessen Gesicht sich bei diesen Worten verfinstern hatte. „Vergebung kann nur gegeben werden und… ich vergebe ihnen…“ In diesem Moment hätte Harry schwören können, dass eine einzige Träne die Wange des alten Zauberers hintergerollt und in seinem langen Bart verschwunden war. Eine Träne der Erleichterung.
 

„S’ist wunderschön, nich’? Ich lieb’ es immer zu seh’n, wie sie hinter den Bergen verschwindet…“
 

Harry hob erschrocken seinen Kopf, da er nichts um sich herum bemerkt hatte, so tief war er in seine Gedanken versunken gewesen, und sah, dass er jetzt in einem großen Schatten saß. Er blinzelte gegen die orangefarbene Korona, die die riesige Person vor sich umgab und erkannte sie sofort. Es gab in Hogwarts nur eine Person mit dieser Größe.
 

„Du muss’ Harry sein, James Cousin. Dumbledore hat mir alles über dich und eur’n Ärger erzählt. Hab auch den Artikel im Propheten g’lesen, alles Schwachsinn, wenn du mich fragst. Dumbledore sagt, ihr seid keine Bedrohung, als seid ihr keine. Rubeus Hagrid, Hüter der Schlüssel und Länderei’n“, stellte sich der Halbriese vor. „Aber alle nennen mich Hagrid.“
 

„Ich bin Harry, aber das weißt du anscheinend schon“, sagte er, als er seinen alten Freund anlächelte.
 

„Ich hätte überall erkannt, dass du mit James verwandt bist, selbst wenn Dumbledore es mir nicht erzählt hätte. Du siehst genauso aus wie er, nur das Haar ist’n bisschen länger und du hast keine Brille.“
 

„Wenn du meinen Cousin, Lily und ihren Sohn sehen willst, solltest du bald zu ihnen gehen. Sie fahren morgen“, erzählte Harry ihm.
 

„Nee, morgen is’ früh genug. Bin grad von ner Mission zurück und bin müde.“ Als ob das zu beweisen, gähnte Hagrid einmal laut. „’tschuldigung. War ’n langer Tag. Wollte nur noch mal raus und hier nach dem Rechten sehen. Was dagegen, wenn ich mich setze?“, fragte Hagrid und zeigte mit gehetzten Bewegungen auf den Platz neben Harry.
 

Er schüttelte seinen Kopf. „Überhaupt nicht.“ Der Boden bebte ein bisschen, als Hagrid sich setzte, aber das störte Harry nicht im Geringsten.
 

„Dumbledore is’ ’n großartiger Mann, dass er sie hier wohnen lässt.“
 

„Ja, das ist er“, murmelte Harry und fing plötzlich wieder an, in eine seiner nachdenklichen Stimmungen zu verfallen. Er zündete geistesabwesend eine weitere Zigarette an und schüttelte seinen Kopf. Es würde ihm nicht gut tun zu grübeln, wie Ron diese Angewohnheit, von einem Moment zum anderen in Gedanken zu versinken, nannte. Stattdessen versuchte er das Thema zu wechseln. „Ich habe gehört, du kannst gut mit Tieren umgehen.“
 

„Nun, ja, glaub schon. Die meisten Tiere im Verbotenen Wald wagen es nicht, mich anzugreifen und ich selbst hab seit nem halben Jahr einen Saurüden. Hab ihn Fang g’nannt“, erzählte Hagrid ihm. „Aber mein größter Wunsch ist ein Drache als Haustier.“
 

Harry musste schmunzeln, als er sich an Norbert erinnerte, den Drachen, den Hagrid in ihrem ersten Schuljahr als Haustier halten wollte, aber plötzlich, ohne zu wissen warum, schienen die nächsten Worte einfach aus seinem Mund zu kommen. „Ich hatte mal einen Hund, groß und schwarz. Sein Name war Schnuffel. Er starb, als ich fast sechzehn war. Ich hatte ihn nur zwei Jahre lang gekannt und trotzdem tat es furchtbar weh, als er starb.“
 

„Wie is’ er gestorben“, wollte der Halbriese, der anscheinend völlig von dieser Geschichte gefesselt war, wissen.
 

„Er fiel“, sagte Harry bloß. „Er fiel und ich konnte ihn nicht retten.“
 

„Tut mir Leid. Manchmal, wenn ein Tier im Wald stirbt, kann ich hören, wie die anderen um ihn weinen. Kein schöner Klang und ich werd immer traurig, wenn ich sie höre.“
 

Sie blieben einen Moment lang still, als jeder von ihnen sah, wie die letzten Strahlen der Sonne hinter den Bergen verschwanden. Als die Sonne ganz verschwunden war, schaute Harry sich um und sah plötzlich, dass jemand auf sie zukam.
 

„Da bist du. Ich hab schon überall nach dir gesucht. Und wolltest du diese Dinger nicht wegschmeißen?”, fragte Hermine, aber obwohl ihre Stimme missbilligend klang, hatte sie, wie immer, wenn sie dieses Thema anschnitt, ein Lächeln auf ihrem Gesicht.
 

„Hermine, das ist Hagrid, der Hüter der Schlüssel und Ländereien“, stellte Harry ihn vor, als er und Hagrid aufstanden. „Hagrid, das ist Hermine. Sie wird als Ersatz für Professor McGonagall Verwandlung unterrichten.“
 

„Nett, dich kennen zu lernen, Hermine“, sagte Hagrid und ergriff ihre kleine Hand mit seiner großen.

„Auch nett, dich kennen zu lernen, Hagrid.“ Hermine lächelte ihn an. Bis jetzt war er eine der Personen gewesen, die sie im Schloss am meisten vermisst hatte.
 

„Nun denn, ich glaube es ist besser, wenn ich zurück in meine Hütte geh und mich auf’s Ohr hau. Ich hoffe, ich seh euch bald wieder“, sagte Hagrid zu ihnen.
 

Harry und Hermine verabschiedeten sich von Hagrid, bevor der Halbriese zurück in seine Hütte ging und sie ins Schloss zurückkehrten. Auf dem Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum bemerkte Harry, dass Hermine irgendwie nervös und ungewöhnlich ruhig war und fragte sich, ob etwas nicht in Ordnung war. „Du hast gesagt, dass du nach mir gesucht hattest. Warum?“
 

„Wirklich, Harry“, die junge Frau schüttelte lächelnd ihren Kopf. „Hast du vergessen, dass wir heute Abend noch mal deinen Lehrplan durchgehen wollten?“
 

„Öhm…“ Um ehrlich zu sein, er konnte sich nicht daran erinnern, mit Hermine darüber gesprochen zu haben, aber bevor er etwas sagen konnte, standen sie vor dem Gemälde zu ihrem Gemeinschaftsraum. Hermine sagte das Passwort und ging hinein, nachdem sich das Gemälde geöffnet hatte. Das erste, was Harry bemerkte, war, dass es unglaublich dunkel war. Instinktiv orderte er seinen Zauberstab in seine Hand und wollte gerade „Lumos“, murmeln, als alle Lichter im Gemeinschaftsraum aufflackerten und er mit einem lauten,
 

„Überraschung!“,
 

empfangen wurde.
 

~*~
 

Harry saß in einem der roten Sessel und hielt ein Glas Feuerwhiskey in seinen Händen, während er dem alten und verschlissenen Goldenen Schnatz, den er von seinem Vater bekommen hatte, dabei folgte, wie er durch den Raum flatterte. Diese Party war die Idee von Ron und Hermine gewesen und seine Eltern waren nur zu begierig darauf gewesen, ihnen bei den Vorbereitungen zu helfen. Eine nachträgliche Geburtstagsparty hatten sie sie genannt, da seine durch Voldemorts Angriff abgebrochen werden musste. Harry beschwerte sich nicht, überhaupt nicht, aber diese ganze Sache hatte ihn doch sehr überrascht. Wie der Titel Überraschungsparty bereits sagte. Es waren nicht viele Leute da, nur die, die von ihrer Situation wussten, nämlich die vier Zeitreisenden, seine Eltern, die den kleinen Harry in der Obhut seines Paten gelassen hatten, und Molly und Arthur Weasley waren eingeladen gewesen.
 

Seit sie in dieser Zeit angekommen waren, hatte Harry nur einmal daran gedacht, dass der Tag, an dem sie zurückgeschickt wurden, sein Geburtstag gewesen war. Und das war dann gewesen, als er Dumbledore erzählt hatte, wie viele Jahre sie zurückgereist waren. Danach hatte es viel wichtigere Dinge als seinen Geburtstag gegeben, um die er sich hatte kümmern müssen.
 

Wieder einmal fühlte Harry seinen Freunden gegenüber große Zuneigung. Seit dem Kampf in der Mysteriumsabteilung hatten sie ihr bestes getan, um ihn aufzumuntern, obwohl sie ihre eigenen Probleme hatten. Irgendwie dachte er, dass er nie der Freund gewesen war, den sie verdient hatten und dass er ihnen niemals gezeigt hatte, wie dankbar er ihnen für diese Freundschaft war. Wann immer sie bei ihm waren, waren sie in Gefahr. Sie gingen mit ihm in die Höhle des Löwen und beschwerten sich nie darüber. Sie hielten zu ihm, egal was passierte. Egal wie groß die Gefahr war, sie waren immer da. Das freute ihn und machte ihm gleichzeitig Angst. Harry wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er einen von ihnen verlor, wenn er Voldemort nicht bald besiegte.
 

Er hoffte zumindest, dass sie jetzt und hier in Sicherheit waren. Dumbledore hatte ihm nie erzählt, ob Hogwarts schon einmal vor der Schlacht in ihrem siebten Schuljahr von Voldemort angegriffen wurde und er hatte es auch nirgends gelesen. Dann war es ihm aber auch nie in den Sinn gekommen, nach dieser kleinen Sache zu fragen, und obwohl Dumbledore in den letzten zwei Schuljahren und während den Treffen des Ordens mit Informationen wesentlich entgegendkommender gewesen war, war er sich sicher, dass der Schulleiter ihm nicht alles erzählt hatte, aus Angst, ihn zu verletzen und wieder wegzustoßen – obwohl Harry nicht wusste, ob diese Information ihn verletzt hätte. Genauso wie Harry die Angewohnheit hatte, Leute zu retten, hatte Dumbledore die Angewohnheit, Leute zu beschützen. Und genauso wie Harry unbeabsichtigt seine Freunde gefährdet, war er sich sicher, dass Dumbledore mit dieser Angewohnheit auch Menschen in Gefahr brachte.
 

Als Harry sich umschaute, bemerkte er, dass seine Freunde und seine Familie alle fröhlich miteinander sprachen und tranken und dass keiner seine Aufmerksamkeit auf ihn richtete, also stand er auf und verschwand in seinem Zimmer, wo er das halbvolle Glas auf den Schreibtisch stellte und aus dem Fenster sah. Es war schon ganz düster draußen und man konnte den Verbotenen Wald nur erkennen, weil er noch dunkler war als der Nachthimmel. Es brannte kein Licht in Hagrids Hütte, also nahm Harry an, dass er tatsächlich früh zu Bett gegangen war.
 

Vom Fenster ließ er seinen Blick durch das Zimmer wandern. Das würde also von jetzt an für eine unbestimmte Zeit sein neues Zuhause sein. Es könnten Monate oder Jahre vergehen, bis sie einen Weg gefunden haben, in ihre eigene Zeit zurückzukehren. Es könnte nie geschehen. Es könnte genauso gut sein, dass sie in dieser Zeit feststeckten, ohne eine Möglichkeit zurückzureisen. Aber was würde er dann tun? Direkt nach dem ersten Gespräch mit Dumbledore war Harry bereit gewesen, alles zu tun, um seine Eltern am Leben zu erhalten. Dann aber, später, hatte der Schulleiter sie gewarnt, noch Informationen, die diese Zeit noch mehr ändern könnte, als was es ihre Ankunft bereits getan hatte, für sich zu behalten, bis er seine Theorie, dass ihre Zeit überhaupt nicht verändert werden würde, bestätigen konnte. Nun war Harry dazu gezwungen, zu schweigen und seinen Eltern überhaupt nicht helfen zu können. Er hoffte wirklich, dass Dumbledore bald herausfinden würde, dass er Recht hatte, damit Harry seine Eltern zumindest in dieser Zeit retten konnte. Aber bis dahin musste er sie anschauen, ohne ihnen irgendetwas erzählen zu dürfen, in der Hoffnung, dass sie nicht das gleiche Schicksal erleiden würden, wie seine Eltern.
 

„Darf ich reinkommen?“
 

Harry drehte sich um und sah seinen Vater in der Tür zu seinem Zimmer stehen. „Natürlich…!“
 

„Diese Zimmer ist nett“, bemerkte James, als er die Tür hinter sich schloss und ins Zimmer trat. „Fast besser als das von Lily und mir. Und der Ausblick ist auch nicht so übel, obwohl ich das Quidditchfeld bevorzugt hätte.“ Er blinzelte gegen die Dunkelheit, als er jedoch einsah, dass er nichts sehen konnte, wandte er sich seinem Sohn zu. „Was ist los?“ Bevor Harry seinen Mund überhaupt öffnen konnte, fuhr James fort: „Und sag mir nicht, nichts ist los. Ich mag dich noch nicht so gut wie deine Freunde oder deine eigenen Eltern kennen, aber ich bin nicht blind und ich kann sehen, wenn meinen Sohn etwas bedrückt. Also, was ist es?“
 

Harry zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Es sind so viele kleine Dinge, die mich stören…“
 

„Und etwas großes, wenn ich nicht Unrecht habe. Siehst du, ich glaube, ich kenne dich schon besser, als du denkst.“ James grinste, als er den erstaunten Blick auf dem Gesicht seines erwachsenen Sohnes sah. „Manchmal, wenn wir reden, habe ich das Gefühl, dass du mir unbedingt etwas sagen willst, es aber nicht kannst, aus Angst, dass es etwas verändern könnte. Mach dir darüber keine Gedanken. Ich bin mir sicher, dass du es uns eines Tages sagen kannst, sobald Albus endlich herausfindet, welche Konsequenzen eure Reise wirklich hat.“
 

Harry konnte seinen Vater nur anstarren. Immer wenn er ihn in den Erinnerungen von den Menschen gesehen hatte, die ihn kannten, hatte er ihn nie so einfühlsam gesehen. Dies war eine ganz neue Seite an seinem Vater, die er gerade kennen lernte. Während James Worte langsam einsackten, erschienen viele andere in seinem Kopf, also sprudelte es nach einer kurzen Stille heraus, „Dumbledore verheimlicht euch auch etwas.“
 

„Ich weiß“, sagte James bloß und drehte sich wieder zum Fenster. „Aber ich vertraue Albus und glaube, dass am Ende alles gut wird. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich das, was er vor uns verheimlicht, überhaupt hören möchte, ob ich dazu bereit bin. Aber er wird es uns sagen, wenn er denkt, dass es soweit ist.“
 

„Bist du nicht wütend auf ihn, dass er Geheimnisse hat, die euch etwas angehen?“
 

„Wütend auf ihn? Nein. Ich weiß, dass seine Nachrichten keine guten sind, und ich will mein Leben mit Lily und dem kleinen Harry so lange wie möglich genießen. Wenn ich eines in den letzten Jahren gelernt habe, dann ist es im Jetzt zu leben. Nutze den Augenblick, da du nicht weißt, ob du den nächsten Tag erleben wirst. Wenn Voldemort oder einige seiner Todesser sich auf einmal entscheiden, mich morgen umzubringen, will ich mit dem Wissen sterben, dass ich nicht einen einzigen Moment in meinem Leben verschwendet habe. Ich weiß nicht, ob ich so leben würde, wenn ich wüsste, dass etwas Schlimmes passieren wird.“ James schüttelte seinen Kopf. „Nein, so will ich nicht sterben...“
 

Harry konnte seinen Vater in diesem Moment nicht anschauen, nicht nach diesen Worten. War Harrys Reaktion auf die Prophezeiung überzogen? Er konnte sich nicht vorstellen, mit der Prophezeiung immer in seinen Gedanken, die ihn immer und immer wieder daran erinnerte, dass es eines Tages dazu kommen würde, zu töten oder getötet zu werden, ein normales Leben zu leben. Wären die letzten paar Jahre anders gewesen, wenn Dumbledore ihm nie von der Prophezeiung erzählt hätte? Wäre es anders gewesen, wenn er davon gewusst hätte, seit er von seiner wahren Herkunft erfahren hatte? Natürlich wäre es anders gewesen, sowohl zum besseren als auch zum schlechteren. Wenn er von der Prophezeiung nicht gewusst hätte, hätte er Voldemort wahrscheinlich trotzdem umbringen wollen, aber er hätte nicht die Last der Welt auf seinen Schultern getragen, das Wissen, dass, wenn er versagt, die Welt höchstwahrscheinlich verloren war. Wenn er jedoch den Inhalt der Prophezeiung von Anfang an gewusst hätte, dann hätte er sich wahrscheinlich nie mit Ron und Hermine angefreundet. Er hätte alleine sein wollen, alleine trainieren, kämpfen und sterben wollen, damit keiner um ihn trauern musste.
 

„Verstehst du, was ich meine?“, fragte James, als der Ausdruck auf Harrys Gesicht ihm sagte, dass er seine Worte verstanden hatte. „Ich war in Wahrsagen nie gut gewesen, aber ich weiß, dass Gott, oder wer auch immer da oben ist, einen Plan für uns alle hat und ich bemitleide die, die schon wissen, was das Schicksal für sie geplant hat.“ Er klopfte Harry auf die Schulter und ging an ihm vorbei. „Denk mal darüber nach.“
 

Als Harry hörte, wie sich die Tür hinter ihm wieder schloss, schlich sich ein leises Lächeln auf sein Gesicht. Sein Vater hatte Recht, und obwohl Harry wusste, dass die Chancen, dass er nicht überleben würde, höher als fünfzig Prozent war, entschloss er sich jetzt, dass er aus der Zeit, die er noch hatte, das beste machen würde. Er würde diese Existenzebene nicht verlassen, ohne etwas zu hinterlassen. Solange er noch am Leben war, würde er versuchen zu leben.
 

Denn keiner kann leben, während der Andere überlebt.
 

Er würde es allen zeigen, vor allem Voldemort, dass er sein Leben nicht von so einer Prophezeiung bestimmen lässt!
 

Mit diesem Gedanken im Kopf und einem Lächeln auf seinem Gesicht, nahm Harry das Glas vom Schreibtisch und verließ sein Zimmer, um seinen Freunden bei seiner Geburtstagsfeier Gesellschaft zu leisten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kerstin-S
2007-02-04T19:06:48+00:00 04.02.2007 20:06
hey

der schluss ist irgendwie total ergfreifend... *sfz* irgendwie hat der was trauriges..
das chap ist aber echt super ^^
gefällt mir...
bin schon gespannt ob da noch was zwischen sirius und harry kommt.. ein gespräch oder so.. ^^
freu mich schon aufs nächste chap ^^
hoffe es kommt bald =)

glg kerry


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