Wie es geendet hat
Wie es geendet hat
Langsam wurde die Sicht vor ihr verschwommen. Tränen bildeten sich in ihren Augen, als sie das Bild sah welches sich vor ihr bot.
Er stand wenige Meter von ihr entfernt, auf dem Marktplatz, in seinen Armen ein Mädchen und die beiden teilten einen leidenschaftlichen Kuss.
Die ersten Tränen glitten langsam ihre Wange entlang, über ihr Kinn und tropften dann auf den kalten Asphalt.
Womit hatte sie das verdient? Sie hatte ihm doch alles gegeben, was sie nur hatte. Hatte ihm ihr Herz geschenkt und alles nur denkbare für ihn gemacht, doch nun? Nun stand er da, vor ihr mit diesem Mädchen.
Der Einkaufsbeutel den sie trug glitt ihr aus der Hand und das scheppernde Geräusch, dass der Aufprall verursachte, lies die beiden Gestallten auf der anderen Seite der Straße aufschrecken und zu ihr Schauen.
Ihre Blicke trafen sich. Seine dunklen braunen Augen starrten, vor Schock geweitet, in ihre nun leeren grünen Augen.
Er machte einen Schritt auf sie zu und öffnete dem Mund um etwas zu sagen, doch sie kam ihm zu vor.
„Nicht….“
Es war nur ein leises, mit schwacher Stimme gesprochenes Wort, doch es sagte alles aus.
Sein Blick haftete auf ihrer zitternden Gestallt, doch er schwieg.
Das Mädchen neben ihm, fing an ihn an der Hand zu ziehen.
„Komm, lass uns hier verschwinden, du hast die kleine doch eh nie geliebt!“, zischte das Mädchen.
Grüne Augen weiteten sich vor Schock.
War das wahr? Hatte er die ganze Zeit nur mit ihr gespielt?
Er wollte sich von dem Mädchen losreißen. Wollte auf sie zukommen. Etwas sagen. Doch er wusste nicht was.
Wieder schauten sich beide an, bevor sie sich umdrehte und wegrannte, den Einkaufsbeutel unbeachtet auf der Straße liegen lassend.
Sie rannte und rannte. Sie wusste nicht wohin, doch sie rannte einfach weiter. Sie wollte einfach nur weg von hier, von dieser Straße, diesem Mädchen, von IHM.
Sie rannte durch den Wald, bis sie endlich zu einer kleinen Lichtung kam und anhielt.
Vor ihr war ein großer Baum, zwischen dessen dicken Ästen ein kleines Baumhaus gebaut war.
Vorsichtig ging sie zu der alten Leiter, die hinauf führte und kletterte an ihr hoch, in das Holzhäuschen.
Immer, wenn irgendetwas nicht stimmte, kam sie hier her um nachzudenken. Und das tat sie auch.
Sie dachte nach. Darüber was sie falsch gemacht hat. Was ihn veranlasst hatte sie zu betrügen, obwohl sie ihm alles gab was sie ihm geben konnte.
Sie schaute hinaus in den Regen, der vor einiger Zeit angefangen hatte, mit lautem Geplätscher auf dem harten Waldboden zu klatschen.
Wie lange saß sie hier jetzt schon? Sie wusste es gar nicht mehr. Hatte nicht auf die Zeit geachtet, weil sie zu tief in Gedanken war.
Als sie weiter hinaus schaute, viel ihr ein Seil auf, das an einem der Äste befestigt wurden war und nach unten hing.
Sie wusste was sie jetzt tun würde. Sie würde dem Schmerz entfliehen, den er ihr zugefügt hatte mit seinen Taten. Würde dem Schmerz entfliehen der auf sie wartete, wenn sie weiter Leben würde.
Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Sie war glücklich gewesen im Leben. Es hatte also keinen Sinn noch weiter zu auf dieser Welt zu sein und die Qualen zu durchleben immer an ihn denken zu müssen und daran was er ihr angetan. Daran denken zu müssen, wie sehr er ihr das Herz gebrochen hat.
Vorsichtige kletterte sie über den, vom vielen Wasser, rutschigen Ast bis hin zum Seil und zog es hoch. Sie machte eine Schlaufe und überprüfte, dass sie hält, bevor sie ihren Kopf durch die Schlinge legte und das Seil einen kleinen wenig fester zuzog.
Sie schaute in den Himmel und ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, als ihre letzten Gedanken bei ihm waren und sie sich schnell von dem Ast herunter gleiten ließ.
Ihre Kehle wurde zugeschnürt und sie bekam keine Luft mehr, dennoch blieb das Lächeln die ganze Zeit auf ihrem Gesicht, bevor sich ihre Augen das letzte mal schlossen mit dem Wissen, dass sie das Glück hatte zum mindest einmal spüren zu dürfen wie es ist zu lieben und geliebt zu werden.
Auch wenn es so geendet hat…
