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When I fall in love

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When I fall in love

Von Ami Li Misaki
 

Vorwort: Ich hab mir mal wieder meine Story "Angel - Fly with me around the world" zu Gemüte geführt und dabei ein paar neue Ideen gehabt. Außerdem wurde ich von der Fiction "Grabmal des Schweigens" von Jim inspiriert. ^^; Hai, hai, ich und meine konfusen Gedankengänge... Das zeichnet sich vor allem immer in der Ich-Perspektive ab (alle wissen, was ich meine?). Ich schreibe in letzter Zeit gerne in diesem Stil. Ich weiß selbst nicht wieso, vielleicht fällt es mir leichter? Auf jeden Fall ist diese Story traurig und eine Mishirou. Wer das also nicht mag, sollte auch gar nicht erst weiterlesen. *g* Für die anderen sage ich nur: Viel Spaß und ich hoffe, es schafft einer bis zum Ende. ^_^
 

Zeichenerklärung:

*** = Ein Tag später

+++ = Ein paar Tage/Wochen später

,...' = Jemand denkt

"..." = Jemand spricht

(...) = Mein Senf, bzw. Anmerkungen der Autorin ^.v
 

- When I fall in love -
 

Ich bin allein. In meiner physischen Welt. Tatsächlich habe ich zwei gute Freundinnen, sogar mehr. Ich vertraue ihnen, aber nicht ganz. Ich weiß, ich bin ein komischer Mensch, aber daran kann ich nichts ändern. Heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich mir Gedanken über alles und jeden mache. Im Grunde bin ich ein normales Mädchen, wäre ich nicht vor ein paar Jahren in eine andere Welt "geflutscht".
 

Damals war ich eine Heulsuse, aber das hat sich geändert. Ich hasse es jetzt zu weinen, denn ich habe es satt! Seit ich von Yamato dermaßen enttäuscht wurde, habe ich mir vorgenommen nie wieder zu weinen! Okay, wenn ich mir ernsthaft wehgetan habe, dann vielleicht, aber nie mehr wegen einer Kleinigkeit und schon gar nicht wegen einem Jungen! Das ist doch wirklich schwach!
 

An diesem Punkt denke ich immer, was andere über mich denken müssen. Eigentlich ist es mir egal, andererseits interessiert es mich schon. Ich habe mich verändert - ganz klar. Trotzdem lebt in mir immer noch das kleine, verwöhnte, egoistische Mädchen. Gut, ich habe eingesehen, dass ich das nicht immer sein kann. Palmon hat mir sehr geholfen, aber auch meine Freunde. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit in der Digi-Welt, als ich mein Wappen bekam. Aufrichtigkeit. Zeichnet mich das wirklich aus?
 

Bin ich etwa wirklich so aufrichtig? Im Grunde bin ich zu keinem ehrlich, eher misstrauisch. Ich verstehe mich super mit Sora und Kari. Ich habe sie sehr gerne, aber ihnen alles - wirklich alles - sagen? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich werde mich auch nie jemandem ganz öffnen können. Matt hat mir damals einfach zu weh getan und ich habe Angst, dass, wenn ich mich jemand anderen wieder so... hingebe, dass ich dann wieder enttäuscht werde und mir weh getan wird. Also geh ich gleich auf Abstand.
 

Mit Miyako unterhalte ich mich auch gerne - keine Frage. Sie ist nett und aufbrausend. Ein bisschen erinnert sie mich ja an mich, aber ich kenne sie auch nicht richtig. Seit sie mit Satoru zusammen ist, sieht man sie ja kaum noch. Die beiden geben wirklich ein hübsches Paar ab, auch wenn es Daisuke nicht ganz passt.
 

Ganz recht, Daisuke hat Hikari aufgegeben und sich in Miyako verliebt. Schon lustig, aber ich frage mich, ob er Kari wirklich geliebt hat. Ich meine, wenn man sich so schnell in eine andere verlieben kann, dann kann er doch für Kari nicht wirklich etwas empfunden haben. Vielleicht etwas tiefere Sympathie, aber mehr auch nicht. Es ist wirklich unvorstellbar.
 

Bei mir ist es wahrscheinlich nicht viel anders. In gewisser Weise hänge ich immer noch an Yamato, obwohl ich weiß, dass er mit Sora sehr glücklich ist und ich es den beiden auch gönne. Ihm vielleicht weniger als ihr. Jetzt bin ich wieder egoistisch und rachsüchtig. Ich wollte ihn doch glücklich machen und jetzt? Ja, jetzt macht Sora ihn glücklich.
 

Man darf mich nicht falsch verstehen, ich habe Sora wirklich sehr gerne und gönne ihr alles Glück der Welt. Sie ist meine beste Freundin und hat schon so viel durchgemacht. Sie hat es schlicht und einfach verdient. Trotzdem tut es immer noch weh und so schnell werde ich auch nicht darüber hinweg kommen.
 

Seufzend setze ich mich auf. Es hat doch keinen Sinn sich jetzt über eine verlorene Liebe den Kopf zu zerbrechen. Ich sollte mir lieber über meine gegenwärtige Situation Sorgen machen. Damit meine ich Schule. Ich bin nicht schlecht, sollte aber mehr tun. Ich bin faul und deswegen bleibt es heute mal auf der Strecke, schließlich haben wir Wochenende und das will ich noch etwas genießen!
 

Jetzt zieh ich mir erst mal was an und werde dann... Das Telefon klingelt. Wer das wohl ist? Wieso sollte ich jetzt rangehen, es ist sicher nicht für mich, außerdem sind meine Eltern zu Hause. Ich strecke mich, während dieses - langsam nervige - Gerät immer noch klingelt. Mein Blick schweift zum Fenster, von dem aus ich auf unsere Einfahrt herabblicken kann. Das Auto ist nicht da. Klasse! Sind sie also weg ohne mir etwas zu sagen. Geh ich eben ran...
 

Schnell haste ich hinunter und nehme ab. "Tachikawa?", melde ich mich. "Hi Mimi! Ich bin's, Tai. Hast du heute vielleicht Lust mit mir und Izzy in die Stadt zu gehen? Kino und dann Eis essen oder so was? Kari kommt auch mit." Aha. Eigentlich wollte ich heute mal richtig faulenzen und mich vor die Glotze schmeißen, aber das klingt auch interessant. Außerdem kann ich doch Hikari nicht mit den beiden Jungs alleine lassen. "Ist okay. Wann treffen wir uns und vor allem wo?" - "Vorm Kino in einer Stunde?" In einer Stunde schon? Ich bin noch nicht mal richtig wach - geschweige denn angezogen - und dann... Ach, was soll's?! "Jup! Bis dann!", verabschiede ich mich und lege schon auf. Ich höre noch ein "Bye!" von Tai, aber nur sehr leise. Kein Wunder.
 

Hoffentlich hält er mich jetzt nicht für dämlich, schließlich habe ich einfach aufgelegt! Na ja, kann ich jetzt auch nicht mehr ändern, ich sollte lieber zusehen, dass ich auch pünktlich komme. Also, erst mal rauf, anziehen, Zähne Putzen, Haare machen und Geld suchen. Ganz ohne wird es ja nicht gehen.
 

Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich noch einen Zahn zulegen sollte. Eltern sind noch nicht da. Auch gut, wird ich eben mit der U-Bahn fahren, oder laufen? Wird ich dann sehen. Jetzt schreib ich erst mal einen Zettel, dass ich erst heute Abend wiederkomme und mein Handy dabei habe. So viel Sorgen werden sie sich schon nicht machen, immerhin bin ich 16. Irgendwann müssen meine Eltern mich auch loslassen können. Der Gedanke klingt ebenso witzig wie absurd. Aber das soll mich jetzt auch nicht stören.
 

Meine Jacke und los geht's! Gerade bin ich aus dem Haus, da sehe ich auch schon Izzy. Er steht etwas unschlüssig vor unserem Gartentor. Wenn ich ihn so sehe, sieht er wirklich niedlich aus. Ich merke wie mir die Röte ins Gesicht steigt und schüttle leicht den Kopf. Was denke ich mir eigentlich? Mit jedem Schritt, den ich ihm näher bin, kribbelt es stärker in mir. Mein Herz schlägt wie wild. Ich will nicht. ,Aufhören!', mahne ich mich in Gedanken. Ich werde nicht auf dieses Gefühl eingehen!
 

Noch einmal den Kopf schütteln, tief ein- und ausatmen. "Hi Iz!", rufe ich ihm zu und winke. Jetzt gehe ich etwas schneller und springe kurzer Hand über das Tor. Er schaut mich verblüfft an. "Hi Mimi.", erwidert er nur. Ich finde es lustig Leute so zu "erschrecken". Ich bin eben doch eine Sportskanone! Bei diesem Gedanken muss ich aufpassen nicht laut aufzulachen. "Bist du etwa den ganzen Umweg gegangen um mich abzuholen?" Sein Gesicht nimmt plötzlich die Farbe einer hochreifen Tomate an. "Na ja, so kann man das auch nicht sagen. Ich war eben grad in der Gegend!", versucht er sich herauszureden. Ich kichere leise. "Schon gut, jetzt müssen wir uns aber beeilen, nicht, dass wir noch zu spät kommen und Tai uns wieder zusammenstaucht! Äh... ich meine, du bist ja eigentlich noch nie zu spät gekommen, sondern nur ich."
 

Bin ich heute wieder intelligent! Aber zumindest habe ich Izzy jetzt zum Lachen gebracht. Tränen laufen ihm schon über die Wangen. Er hat so ein ansteckendes Lachen. Wenn ich so überlege, ich habe ihn noch nie so erlebt. Er gefällt mir richtig, jetzt erinnert er mich nicht mehr so an eine Maschine. "Ist das wirklich so lustig?", frage ich, nachdem er sich etwas beruhigt hat. Er nickt heftig. "Schon. Aber jetzt sollten wir lieber mit der U-Bahn fahren, sonst kommen wir wirklich noch zu spät." Er hat Recht. Zum Glück stehen wir auch in diesem Moment vor einer Haltestation. Die nächste Bahn kommt auch gleich und wir quetschen uns noch gerade so hinein.
 

Es sind wirklich unglaublich viele Menschen hier! Ich kann mich noch nicht mal an einem dieser komischen Gurte festhalten, von einer Stange ganz zu schweigen. Aber eigentlich brauche ich das auch gar nicht. Alle halten sich hier gegenseitig fest. Trotzdem sind mir Menschenmassen irgendwie unheimlich. Neben mir steht ein Mann mit einer Zeitung in der Hand. Er hat einen Hut auf und einen braunen Trenchcoat, sehr geschmacklos, wenn man mich fragt. Aber man fragt mich ja nicht. Außerdem sehe ich noch eine Frau mittleren Alters, die ein Baby auf dem Arm hat und in der anderen Hand hält sie eine große, gefüllte Plastiktüte. Sie sieht gestresst aus.
 

Irgendwie ist die U-Bahn ein interessanter Ort. Plötzlich hält der Wagen abrupt an und ich falle nach vorn. Aus Reflex kralle ich mich am nächsten Gegenstand fest. Ich fühle etwas weiches. Eine Jacke. Ich öffne meine Augen wieder und schau nach oben. Jemand hat mich festgehalten. Mit einem Arm hält mich Izzy fest und mit dem anderen umklammert er einen dieser schwarzen Gurte. Jetzt bin ich aber total verwirrt. Ich hätte nie gedacht, dass Koushirou so stark ist!
 

Er lächelt mich an. "Alles in Ordnung?", fragt er. Ich kann nur nicken. Ich drehe meinen Kopf schnell weg, weil ich merke, dass ich - mal wieder - rot werde. Iz scheint es nicht anders zu gehen. Zum Glück müssen wir jetzt aussteigen. Meine Güte, war mir das peinlich! Aber Izzy sieht wirklich toll aus! Wie stark er ist. Er ist nett und sehr lieb.
 

Oh je! Jetzt fange ich an zu schwärmen und wenn ich anfange zu schwärmen, dann kann es sein... ,Nein!', unterbreche ich mich. Ich darf diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Es ist einfach zu absurd. Ich verrenne mich nur wieder in eine Sache, bei der ich mir später nur selbst weh tue. Ich sehe es schon vor mir. "Mimi, alles in Ordnung?", fragt Izzy etwas besorgt. "Ja, natürlich. Was sollte nicht stimmen?", erwidere ich schnell. Vielleicht einen tick zu schnell. Ich setze wieder mein fröhliches Gesicht auf. Wir sind sowieso gleich am Kino und dann treffen wir auf Tai und Kari und dann... ja, dann muss ich nicht mehr über solche Sachen nachdenken.
 

Anscheinend will mir heut das Schicksal einen Streich spielen, denn mein Handy piepst. Eine SMS von Hikari, dass die beiden leider doch keine Zeit haben und sie uns viel Spaß wünschen. Klasse! Einen ganzen Tag allein mit Koushirou. Eigentlich gar nicht mal so schlecht, wenn ich länger darüber nachdenke, aber ich habe auch Angst. Angst, dass sich meine Gefühle für ihn doch verändern könnten. Gut, einfach mal wieder tief ein- und ausatmen, vielleicht wird es ja dieses Mal besser.
 

Im Moment merke ich nichts. "Was ist?" - "Ach, Tai und Kari können nicht. Wir sollen alleine ins Kino." Meine stimme klingt ganz schön kühl. Fällt mir jetzt erst auf. Koushirou wendet seinen Blick von mir ab. Er sieht wirklich traurig aus. Hab ich ihn etwa verletzt? Das wollte ich wirklich nicht! "Wenn du lieber nach Hause willst, dann..." - "Ach, Quatsch! Wir brauchen doch die beiden nicht, um uns zu amüsieren, oder?" Ich lächle ihn an und zerre den verdutzen Izzy mit mir. Er sieht wirklich niedlich aus, vor allem, wenn er traurig aussieht. Das heißt nicht, dass ich ihn jemals wieder traurig sehen will! Es tut mir irgendwie weh... Hm, vielleicht ist es doch...
 

"NEIN!" Oh je! Hab ich das jetzt laut gesagt? Alle gucken mich so komisch an. Ein unsicheres Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Auch Koushirou schaut mich etwas entsetzt an. "Macht es dir auch wirklich nichts aus, dass du jetzt mit mir rumlaufen musst?" Verdammt! Jetzt hab ich ihm schon wieder weh getan! Ich bin wirklich ein Gefühlstrampel. "Izzy... Es ist wirklich nicht wegen dir! Ich bin nur etwas verwirrt.", versuche ich ihm zu erklären. Aber ich sehe genau, dass er mir nicht glaubt.
 

Er seufzt leise. "Wirklich?" - "Natürlich! Ich kann mir jetzt nichts besseres vorstellen als mit dir ein Eis essen zu gehen! Ich lade dich auch ein! Wie wär's mit einem Spaghetti-Eis? Oder lieber ein Mokka-Becher?" Koushirou sieht mich immer noch etwas zweifelnd an. "Es hat wirklich nichts mit dir zu tun..." Was mach ich da eigentlich? Ich muss mich doch vor keinem rechtfertigen! Was denk ich mir eigentlich? Nichts wahrscheinlich. Das ist mal wieder typisch! "Du kannst mir alles sagen, ich kann schweigen wie ein Grab. Manchmal ist es besser mit jemandem zu reden, wenn man sich.. einsam fühlt oder einem weh getan wurde." Jetzt lächelt er wieder auf diese charmante, liebenswürdige Art und Weise, der ich einfach nicht wiederstehen kann. Er hat Recht und einmal mehr frage ich mich, ob er Gedanken lesen kann. Woher weiß er das alles?
 

Vielleicht versteht er mich besser als ich mich selbst! Das wäre ja mal was. Er würde sicher einen guten Psychiater abgeben, aber ob er das überhaupt will? Ich kann ja nicht für ihn entscheiden! Wer denke ich eigentlich wer ich bin, jemandem so eine wichtige Entscheidung aufzwingen zu wollen? Gut, ich übertreibe jetzt etwas... "Gehen wir erst mal zur Eisdiele.", schlage ich vor. Gesagt - getan. Nach wenigen Minuten stehen wir also vor der beliebtesten Eisdiele der Stadt. Wir haben sogar Glück: Es wird gerade ein Platz frei und ehe noch ein anderen den freien Tisch auch nur gierig anschauen kann, sitze ich schon da und besetze für Izzy.
 

Sofort kommt schon eine der Bedienungen angewuselt und nimmt unsere Bestellung auf. Als sie wieder weg ist Sieht Izzy mich etwas durchdringend an. "Und?", fragt er mit etwas Nachdruck. "Also, dass du mich nicht falsch verstehst! Ich will dich zu nichts drängen, nur du siehst seit Wochen so unglücklich aus, auch wenn du lächelst. Das steht dir einfach nicht, Mimi-san." Hui! So was hat mir ja noch keiner gesagt, noch nicht mal Matt! Ich bin erstaunt. Ich bin wirklich erstaunt!
 

Aber das ändert nichts an meiner jetzigen Verfassung. Ich bin verwirrt, enttäuscht, ein bisschen wütend und auch verzweifelt. Ja, verzweifelt! Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Soll ich jetzt losheulen wie das kleine Kind in mir? Aufgeben? Das würde zu der alten Mimi passen. Vor einer Sache kapitulieren, die aussichtslos, unmöglich erscheint! Andererseits könnte ich Izzy auch alles erzählen - von Anfang an. Aber da nagt immer noch dieses kleine bisschen angst in mir. Sie zerfrisst mich, wenn auch nur Langsam. Ich kann nicht mehr länger mit dieser Ungewissheit leben, aber ich ertrage sie auch nicht mehr.
 

Wenn ich Koushirou sage, dass... Nein, ich darf das nicht schon wieder denken! Er hält mich doch für total bekloppt! Nur ein Ersatz für Yamato, wird er denken. "Ich wäre gern sein Ersatz!", möchte ich ihn sagen hören. Aber das bleibt wohl auf ewig ein Traum. Wieso dieser Sinneswandel? Ich weiß es nicht und auch nicht, warum so schnell. Vielleicht - nein eigentlich bin ich mir ganz sicher - dass ich Izzy schon immer... dass ich für ihn immer schon mehr empfunden habe als reine Freundschaft. Ich kann es mir wirklich nicht anders erklären.
 

Ich entschließe mich für eine meiner tausend Möglichkeiten: Ich erzähle ihm die Wahrheit. "Weißt du... Ich war doch mit Matt zusammen... Ich dachte, ich hätte ihn endlich aufgegeben, aber irgendwie scheint es doch nicht so. Ich meine, ich freue mich für Sora, auch wenn mir Matt sehr weh getan hat und ich ihm anfangs die Pest an den Hals gewünscht hatte. Trotzdem bleibt er doch der... Mann, den ich einmal geliebt habe. Ich will ihn nicht unglücklich sehen und Sora auch nicht. Ich weiß nicht wie ich mit meinen Gefühlen umgehen soll, noch dazu kommt, dass ich mir seit kurzem immer mehr Gedanken über jemanden mache..." Ich stehe kurz davor loszuheulen. In meinem Hals hat sich ein dicker, bitterer Kloß gebildet, der sich, leider Gottes, nicht runterschlucken lässt. Nicht mal mit einem ganzen Liter eiskalter Cola!
 

Meine Augen brennen und mir ist schwindlig. Woher das jetzt wieder kommt! Ich bin wirklich der größte Pechvogel. Hinzu kommt auch noch, dass ich gerade ernsthaft überlege, ob ich Izzy sagen soll, dass ich mich in ihn verliebt habe. Das weiß ich noch nicht mal selbst und dann will ich es ihm gleich sagen! Reife Leistung, Mimi! Ich tue ihm dann nur weh, wenn ich mich getäuscht habe und in drei Tagen mit Grippe im Bett liege. Oder er fühlt sich einfach nur verarscht. Ich meine, ich weiß ja nicht wie er für mich empfindet, also kann ich auch nicht sagen, ob ich ihm weh tue oder nicht. Das ist nur so ein Gefühl und mein Gefühl täuscht sich oft. Ergo ich höre nicht drauf.
 

Die Bedienung kommt, stellt mir einen Mokka-Becher und eine Fanta hin und Izzy einen Capuccino. Wie kann man bei dieser Hitze nur etwas heißes trinken? Gut, so heiß ist es nun auch wieder nicht... Noch dazu Kaffee... Bei dem Anblick des riesigen Bechers überkommt mich plötzlich ein stechender Brechreiz. Ich sehe es schon vor mir: Nicht nur, dass ich gleich das Flennen anfange, nein ich kotze Koushirou auch noch von oben bis unten voll! Toll! Das wäre typisch Mimi! Dabei war ich heute morgen doch noch so gut drauf... "Du musst das nicht essen, wenn du nicht willst. Ich lade dich schon ein." Ich schüttle den Kopf. Ich wollte ihn doch einladen! Schöne Freundin bin ich.
 

"Ich... wollte dich doch... einladen.", stammle ich nur. Mir wird immer schlechter. Meinem Magen scheint es Spaß zu machen, sich umdrehen zu wollen. Gut, spielt er eben suhlen. Mir auch recht. Ich weiß, ich bin ein Schwein, also wieso sollte sich mein Magen anders aufführen. "Ach, quatsch! Ich lade dich ein, schließlich hast du dich ja auf Tai gefreut..." Was soll jetzt das wieder? Wieso habe ich mich auf Taichi gefreut? Das muss er mir jetzt aber mal erklären. Vergessen sind momentan meine depressiven Gedanken und diese verdammte Übelkeit. "Hä? Spinnst du? Ich habe mich auf meine Freunde gefreut! Dazu gehörst du auch Koushirou Izumi, auch wenn es dir vielleicht nicht passt!" Jetzt hab ich Hunger! Dieses ganze Nachdenken und diese Wut macht mich wirklich hungrig.
 

Sagte ich schon, dass ich ein komischer Mensch bin? Ich wundere mich selbst, aber im Moment will ich einfach nicht darüber nachdenken. Nachdenken. Schon wieder dieses scheußliche Wort mit "n"! Jetzt mach ich mich erst mal an meinen Eisbecher. Es schmeckt wie immer wirklich köstlich! "Das hast du jetzt falsch verstanden!", erkläre ich etwas ruhiger. Er macht wieder dieses traurige Gesicht - wie ein verletztes, kleines Kind das so unschuldig und rein ist wie ein Tautropfen. "Tai ist für mich lediglich ein guter Freund, wie Joe oder Takeru oder Satoru!" - "Und ich?", fragt er leise. Ich lächle breit.
 

Er ist wirklich süß. Vor allem, wenn er so unschuldig dasitzt als könnte ihn kein Wässerchen trüben! "Du bist mir der liebste von allen.", erwidere ich ehrlich. Was stimmt, das stimmt. Da beißt die berühmte Maus keinen Faden ab! Izzy schaut mich entgeistert an. "Weißt du, ich hab dich wirklich sehr gerne. In letzter Zeit denke ich ziemlich viel nach, vielleicht ein bisschen zu viel. Aber mir ist klar geworden, dass du... mir sehr wichtig bist." Mein Gesicht nimmt - zum x-ten Mal an diesem Tag - die Farbe einer überreifen Tomate an und ich versinke gleich im Erdboden. Andererseits bin ich es nun endlich los und kann nur hoffen, dass er es so auffasst wie ich es gemeint habe.
 

Mir ist egal was er sagt... Nein, eigentlich ist es mir nicht egal! "Kann ich dich denn wirklich glücklich machen?" Ich schaue auf. Ich sehe direkt in seine schwarzen, glänzenden Augen. Er meint die Frage wirklich ernst. Ich schlucke erst mal. "Weißt du, ich weiß nicht was in einem Jahr oder in 10 sein wird. Ich weiß nur, dass ich dich liebe und dass sich das auch nicht so schnell ändern wird." Jetzt ist es wirklich eindeutig! Izzy lächelt wieder dieses unwiderstehliche Lächeln und streichelt sanft meine recht Hand. Tausende von Stromstößen zucken durch meinen Körper, aber es fühlt sich nicht unangenehm an. Im Gegenteil, es ist eines der schönsten Gefühle, die ich kenne!
 

Ich kann gar nicht so schnell schauen, da hat er mir auch schon einen Kuss auf den Mund gedrückt und im nächsten Moment ruft er die junge Frau zu sich, die uns bedient hat. Er bezahlt und ich sitze immer noch fassungslos - aber glücklich - da und kann noch nicht mal widersprechen.
 

Wir stehen auf und schlendern noch etwas durch die Stadt. Ich glaube es gibt keine Worte für meinen jetzigen Zustand. Ich bin mehr als nur glücklich und zufrieden. Die beiden Wörter treffen es vielleicht noch am ehestens... Es ist zwar irgendwie kindisch, aber wir halten Händchen. Er hat so warme Hände. Sie sind ganz weich... Am liebsten würde ich ihn nie wieder loslassen... Ist es nicht seltsam? Heute morgen hab ich mir noch um Yamato Gedanken gemacht und jetzt bin ich mit Izzy zusammen. Er ist ganz anders, da bin ich mir sicher.
 

Hoffentlich bin ich nicht so wie Daisuke! Ich will ihm doch nicht weh tun... Koushirou... Wie oft ich das heute wohl noch denke? Aber die Angst ist immer noch da. Gut, wir haben uns noch nicht weiter unterhalten, zumindest nicht richtig tiefgründig. Im Moment reden wir ja auch nichts oder nur über belangloses. Aber Koushirou gibt mir das Gefühl... von Geborgenheit. Es ist anders als bei meinen Eltern, aber gleichzeitig auch wieder ganz ähnlich. Ich bin wirklich verwirrt... Immer noch.
 

Die Sonne geht unter, denn der Himmel färbt sich leicht rot. Wenn ich weiter nach oben schaue, sehe ich schon vereinzelt Sterne und einen blau-lilafarbenen Himmel. Es ist wunderschön. "Setzen wir uns noch eine Weile dahin?", fragt Izzy und deutet auf eine Bank. Die hab ich gar nicht gesehen! Aber in Gedanken bin ich sowieso immer woanders, also wundere ich mich nicht wirklich. Ich nicke nur. Als ich mich auf das kühle Holz setzen will, schüttelt Iz den Kopf und zieht mich zu sich auf seinen Schoss. "Weißt du, Mimi, ich hab dich wirklich sehr gern." Ich glaube ihm. Das erste Mal, dass ich über diese Art von... Offenbarung nicht misstrauisch bin. Bei Matt hab ich immer noch einmal gefragt, vielleicht weil ich gewusst habe, dass es nicht stimmt?
 

Aber ich vertraue Koushirou. Ich vertraue Koushirou Izumi! Es tut gut das zu denken. Auch wenn es dämlich klingt, es ist tatsächlich so. Ich habe endlich jemanden gefunden, dem ich blind vertraue! Es ist ein neues und unbekanntes Bewusstsein. Kann man das so sagen? Egal. Mit jeder Minute werde ich mit mehr bewusst, dass ich ihn über alles liebe und ihn immer lieben werde.
 

Er umarmt mich, zieht mich näher an sich und schaut mir eine Weile einfach nur in die Augen, bevor er sich vorbeugt und mich sanft auf den Mund küsst. Ich gehe auf das Spiel ein, strecke ihm meine Zunge entgegen. Meine Güte, kann der gut küssen! Wo hat er das nur gelernt? Da sieht man mal wieder, was sich alles hinter unscheinbaren Jungs verbirgt! Ich kann gar nicht genug von ihm kriegen.
 

Nach ein paar Minuten schiebt er mich vorsichtig weg und ringt erst mal nach Luft, während ich ihn ansehe und breit grinse. Er tut dasselbe. "Willst du mir etwa die Luft zum atmen nehmen?!", sagt er scherzhaft und lacht. Es ist ein wirklich schönes Lachen. Wie Musik. Ich glaube, ich bin im Himmel. Jetzt schon? Ja, wenn Izzy bei mir ist, bin ich das. "Das würde ich nie, dazu liebe ich dich zu sehr.", erwidere ich nach einer Weile und küsse ihn wieder sanft. Dabei streicheln meine Hände sein Gesicht. Ich wusste gar nicht, dass er sich schon rasiert! Hihi! Das gefällt mir. Koushirou... Mein Koushirou wird erwachsen! Ist es egoistisch, wenn ich das sage? Mein Koushirou? Aber ist es denn nicht so? Gehört sein Herz nicht mir? Gehört mein Herz nicht ihm?
 

Ist das etwa Liebe? Ich würde alles für ihn geben. Wirklich alles. Ich möchte ihn nie wieder traurig sehen. Er soll lachen und ein glückliches Leben haben. Mit mir. Mit mir? Wenn er das will... Seine Augen glitzern im fahlen Mondlicht. Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon dunkel geworden ist. Mir wird langsam kalt. Kein Wunder, ich habe ja auch nur eine dünne Jacke a. Aber ich sage nichts. Ich möchte diesen romantischen Augenblick nicht zerstören. Trotzdem kann ich nichts gegen das Zittern machen.
 

"Ist dir etwa kalt?", will er wissen. Ich kann ihn nicht anlügen, auch wenn es nur mir schaden würde. "Ein bisschen schon." Er zieht sofort seinen Pulli aus und hängt ihn mir um. Erst jetzt sehe ich seine starken Arme. Er sieht so wahnsinnig gut in diesem T-Shirt aus! Wäre ich aus Wachs, ich würde schmelzen! "Das wäre nicht nötig gewesen!", bibbere ich vor mich hin. In meinen Worten liegt so viel Unwahrheit, dass Izzy nur grinst und den Kopf schüttelt. "Ich will nicht, dass mein Engel friert.", wispert er und drückt mich noch etwas näher an sich. Mir wird wieder warm. Langsam aber sicher.
 

Ich kann nicht anders und muss meinen Kopf zu ihm drehen, um ihn noch mal zu küssen. Seine Lippen sind so weich... Ich liebe ihn. Ich liebe ihn. Kann ich das denn überhaupt sagen? Kann ich das behaupten, nach dem ersten Tag? Es ist ja noch nicht mal ein Tag! Trotzdem spüre ich es ganz genau. Ich weiß, dass es richtig war. Es fühlt sich so an. Es war richtig ihm zu sagen, was ich empfinde. Auch wenn ich es noch nicht allzu lange mit mir herumschleppe. Die Sehnsucht. Die Sehnsucht nach dem, den man liebt, den man gern hat, mit dem man sein ganzen Leben teilen möchte.
 

Ja, ich will für immer bei ihm sein, mit ihm leben. Ich stelle mir gerade vor, wie wir heiraten. Ich möchte keine Kinder, aber ich will ihn heiraten. Das ist authentischer. Ich möchte einen weißes Kleid haben, schulterfrei. So eines hätte ich auch gerne auf dem Abschlussball gehabt. Stimmt! Den hab ich auch mit Izzy gemacht! Damals hat er mich gefragt. Ich konnte dieser zuckersüßen Bitte nicht wiederstehen, außerdem hatte ich noch keinen Partner... Aber das ist Vergangenheit - wenn auch eine schöne. Eine wunderbare Erinnerung.
 

Plötzlich fährt seine rechte Hand meinen Körper hinunter. Überall kribbelt es. Vorsichtig schiebt sie sich unter meine Beine. Puh1 Jetzt ist mir heiß! Will er etwa... Aber das kann er doch nicht! Er kann doch... Mit einem Ruck steht er auf und hebt mich dabei hoch, ohne von meinen Lippen abzulassen. "Hey!", protestiere ich, aber er hört nicht drauf und verpasst mir noch einen Kuss auf den Mund. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte... "Ich trage dich jetzt nach Hause!", flüstert er und lächelt. Ich werde wieder rot. "Ich kann schon alleine laufen! Wenn mich meine Eltern so sehen! Außerdem ist es sicher noch weit und ich bin schwer, dann hast du morgen Muskelkater!", versuche ich ihn zu überzeugen, mich doch runter zu lassen. Aber Koushirou ist nun mal stur. Er schüttelt den Kopf und trägt mich weiter. "Wenn es nur das ist."
 

Ich will nicht, dass er wegen mir leiden muss oder dass er sich wegen mir weh tut! Aber schon stehen wir vor meiner Haustür. Ein gefalteter Zettel steckt im Postkastenschlitz in der Tür. Izzy setzt mich vorsichtig ab und sieht mich neugierig an. "Scheint für dich zu sein." Er deutet auf den Brief. Es muss ein Brief sein. Ich falte das Papier auf und lese. Meine Eltern. Ein Kurztrip nach New York um meine Tante zu besuchen. Sonst sind sie nie so spontan. Wahrscheinlich haben sie endlich eingesehen, dass ich alt genug bin einmal ein paar Tage allein zu Hause zu bleiben.
 

Da kommt mir ein verwegener Gedanke. Ich drehe mich zu Koushirou um, der jetzt breit grinst. Es ist ein sehr komisches Grinsen... Aber ich kann es verstehen. Er hat die wenigen Zeilen sicher mitgelesen. "Willst du noch mit reinkommen?", biete ich ihm an, aber eigentlich hätte ich gar nicht fragen brauchen. Iz nicht eifrig und kaum habe ich aufgesperrt, da presst er mich auch schon vorsichtig an die wand und drückt mir einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund. Ich lasse die Schlüssel achtlos fallen, schmeiße die Tür gerade noch so zu und verschränke meine Arme hinter seinem Nacken. So kann ich ihn fester an mich drücken.
 

Seine Hände streicheln sanft meine Taille und arbeiten sich dann langsam zu meinem Po vor. Meine Güte! Er ist wirklich talentiert! Talentiert darin, eine Frau heiß zu machen! Er hebt mich hoch, während ich meine Beine um seine Hüften schlinge. Izzy zieht mir etwas umständlich die Jacke aus und trägt mich in mein Zimmer. Ich frage mich, wie er unbeschadet hier rauf kommen konnte. Die Treppe ist nicht gerade breit. Aber eigentlich ist das ja nicht wichtig, denn Hauptsache er ist bei mir. Sanft legt er mich auf mein Bett, lässt von meinen Lippen ab und küsst meinen Hals. Ich muss mein Stöhnen wirklich unterdrücken.
 

Jetzt macht er sich an meiner Bluse zu schaffen, aber das geht mir eindeutig zu weit! Schnell nehme ich seine Hände und ziehe ihn zu mir herauf. Ich lächle und schüttle dabei den Kopf. "Das... geht mir..." - "Ist schon gut.", unterbricht er mich. "Wissen deine Eltern Bescheid? Ich meine, du... du übernachtest doch sicher hier... oder?", stammle ich. Er nickt. "Ich wollte heute sowieso bei Tai übernachten.", erklärt er. Nun gut, es ist sein Problem, aber es ist schon ein Unterschied, ob er jetzt bei seinem besten Freund schläft oder bei mir...
 

Wie auch immer! Jetzt ist er bei mir und ich brauche ihn. Ich schmiege mich an ihn und ziehe seinen Duft ein. Izzy reicht wirklich gut. Ich fühle mich wie ein kleines Baby. Auch wenn es etwas kitschig ist. Es ist schon wirklich ein komisches Gefühl... die Liebe. Aber ist es denn wirklich so? Würde ich alles für ihn tun? Mein Leben geben? Meine Seele? Meinen Körper? Die Antwort lautet "Ja"! Eins könnte ich nicht hergeben, mein Herz. Meine Gefühle für ihn werden immer stärker und im Grunde gehört ihm mein Herz, also kann ich es keinem anderen geben.
 

Koushirou steht auf und sieht mich etwas verlegen an. Ich weiß, dass ich das heute zum x-ten Mal denke, aber er ist wirklich wahnsinnig süß! Dieser Blick, der Körper, seine Haare, seine Augen, seine Lippen... Ich liebe wirklich alles an ihm! "Was ist?", frage ich leise, setze mich auf und stütze meine Hände auf die Beine. "Äh, ich will nicht mit den ganzen Sachen hier schlafen, aber ein T-Shirt hab ich ja auch nicht..." Aha! Ich kichere, wobei ich mir schon verkneifen muss lauthals loszulachen! Als erstes ist er so heiß, scharf oder wie auch immer man dazu sagen möchte und jetzt so verlegen, dass er noch nicht mal nur... Gut, ich höre jetzt schnellstens auf das zu denken. Wenn er das wirklich gemacht hätte, hätte ich nicht gewusst, ob ich "standhaft" geblieben wäre. Also, suche ich schnell nach einem passendem Teil.
 

Ich hatte da noch ein altes von meinem Vater, das ich sonst immer zum schlafen benutze... Ob ich ihm mein sexy Negligé präsentieren soll? Lieber nicht, sonst kann er mir vielleicht nicht widerstehen - ich ihm dann auch nicht. Nicht mehr. Noch einmal schaff ich das nicht! Ich werfe ihm das T-Shirt zu, während er sich umzieht, mache ich dasselbe. Ich muss einfach heimlich zu ihm gucken. Ich schmelze! Ich schmelze wirklich! Er ist ja so süß! Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich ihn liebe!
 

Izzy ist doch der perfekte Freund! Lieb, intelligent, unheimlich niedlich, nett, zuvorkommend, ehrlich... Treu... Ja, ich glaube schon. Ich vertraue ihm. Vertraut er mir auch? Kann ich ihn denn so etwas fragen? Ich kuschle mich wieder zu ihm ins Bett. Ich lege mich auf seine Brust und küsse ihn leidenschaftlich auf den Mund. Tausende von Schmetterlingen scheinen in meinem ganzen Körper umher zu fliegen. Mein Herz fährt Achterbahn und meine Seele schwebt auf einer schneeweißen Wolke. Ich bin tatsächlich im Himmel! Der Himmel auf Erden. Auch wenn viele behaupten, dass das Leben schwer ist und es nach dem Tod nur besser werden kann, so haben sie vielleicht Recht. Ich finde das allerdings nicht. Wenn ich mir nur vorstelle, dass es etwas nach meinem Ableben gibt und es sein könnte, dass ich ihn - Koushirou Izumi - nie wieder sehen kann... Ich will gar nicht daran denken! Es trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht!
 

Hier wäre wohl eine der berühmtesten Fragen angebracht: Was wünscht du dir? Was wünsche ich mir? Was würde mich wirklich glücklich und zufrieden machen? Wenn mich jemand fragen würde, ich würde spontan antworten: "Wunschlos glücklich!", aber das stimmt ja nicht. Ich würde mir wünschen, dass Izzy und ich auf immer und ewig zusammenbleiben könnten. Es ist zwar irgendwie albern mit 16 zu sagen, dass ich mit dieser einen Person mein ganzes Leben verbringen will, aber wenn ich so empfinde? Kann ich etwas gegen meine Gefühle machen?
 

Ich lächle ihn an. "Darf ich dich etwas fragen?" Iz nickt. "Was immer du willst." - "Meinst... meinst du es ernst? Ich meine... ich liebe dich wirklich. Du bist der wichtigste Mensch für mich, auch wenn es albern klingt." Ja, das klingt wirklich albern! Kann mir jetzt mal einer in Gottes Namen sagen, was ich hier überhaupt schwafle? Das sind Gefühle, die ich sonst niemandem erzählen würde, Fragen, die ich nie stellen würde... Koushirou drückt mich fester an sich. "Natürlich. Du bist mir das liebste und das nicht seit heute oder gestern, sondern schon immer und ich verspreche, dass sich daran auch nichts ändern wird. Ich werde für immer bei dir bleiben und dich beschützen, egal was kommt." Das ist lieb. Ich bin den Tränen wirklich nahe. Ich weiß, dass er Recht hat. Sein Herz klopft so laut, dass ich es hören kann. Ganz schnell. Er lügt nicht, ich weiß es. "Ich werde dir nie weh tun wie Matt es getan hat.", sagt er plötzlich. Ich will nicht mehr an Yamato Ishida denken! Nein! Nicht mehr an diese Zeit!
 

Ich kralle mich in sein T-Shirt. Er schließt seine Arme noch fester um mich. Ich brauche das jetzt. Weiß Izzy das? Kennt er mich denn so gut? Kann er mich denn eigentlich so gut kennen? Ach, das ist mir jetzt auch egal. Er ist bei mir, das zählt. Das zählt...
 

***
 

Ich blinzle. Die ersten Strahlen der Sonne blenden mich. Sie fallen direkt in mein Gesicht. Es ist mir zu hell, um die Augen zu öffnen, also halte ich die Hand davor, bis ich mich etwas daran gewöhnt habe. Neben mir liegt immer noch Izzy. Er schläft. Wie süß er aussieht! Das denke ich ständig, ich weiß, aber es ist doch so! Vor wem will ich mich eigentlich rechtfertigen? Es ist doch normal, dass ich so was denke. Er ist mein Freund. Der Mann, den ich liebe.
 

Nur mich hat die dämliche sonne geweckt! Ich könnte... Cool down, sage ich mir und stehe vorsichtig auf, um den Vorhang ganz zu schließen. Es nieselt leicht und trotzdem scheint die Sonne. Es ist wirklich komisch. Leichter Nebel hängt noch in unserem Garten. Das Gras und die Bäume glitzern. Es sieht wunderschön aus. Wie eine Traumwelt. Vielleicht träume ich ja? Vielleicht habe ich auch nur geträumt, dass ich mit Koushirou zusammen wäre? Dass er dasselbe für mich empfindet wie ich für ihn... Ist es denn so? Ich zwicke mich, um mir das Gegenteil zu beweisen. Au! Okay, es tut etwas weh. Wieso hab ich auch so fest gezwickt? Dumm bin ich schon.
 

Ich drehe mich wieder um und schleiche leise zum Bett. Er hat sich umgedreht und liegt nun ganz auf dem Rücken. Sein Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig. Sanft streichle ich ihm über die Wangen. Ganz weich. Ich küsse ihn zärtlich auf den Mund und die Stirn. Dann krabble ich ganz vorsichtig über ihn, damit er nicht aufwacht. Schließlich will ich ihn nicht aufwecken. Vielleicht träumt er gerade schön und ist dann sauer, wenn ich ihn aufwecke?! Andererseits kann ich jetzt nicht mehr schlafen. Nein! Ich ziehe mir die Bettdecke bis zur Nasenspitze hoch und halte sie fest.
 

Ich sollte noch ein bisschen vorsichtiger sein, sonst wacht er wirklich noch auf. Koushirou dreht sich um und in dem Moment sehe ich seine schwarzen, glänzenden Augen. Er lächelt mich an. Wenn ich dieses Lächeln doch nur jeden Morgen sehen könnte... "Guten Morgen, mein Engel.", wispert er. "Gut geschlafen?", frage ich und küsse ihn sanft auf den Mund. Izzy richtet sich auf, streckt sich und greift neben sich. Dort steht eine Flasche Cola, die hab ich immer dastehen. Er weiß es. Er hat ja auch schon öfter bei mir übernachtet, aber nie in meinem Bett und nie allein... Sonst waren immer noch Taichi und Hikari da. Wir vier sind in letzter Zeit wirklich oft zusammen. Hoffentlich denken die anderen nicht, wir würden sie ausschließen. Na ja, daran könnte ich dann auch nichts ändern.
 

Ich stehe ebenfalls auf und umarme ihn von hinten. Zärtlich streichle ich über seinen Bauch. Er lacht leise. "Mimi, das kitzelt." Ha! Um so besser! Ich fange an, ihn "richtig" zu kitzeln. "Das ist gemein!", schreit er und versucht mich wegzudrücken. Aber ich bin ja hartnäckig! "Ja und?" Ich necke ihn weiter. Er kann sich umdrehen, während er immer noch lacht. Jetzt hat er meine Hände gepackt und im nächsten Moment liegt er schon auf mir. Er küsst mich sanft auf den Mund. Mir gehen wieder diese drei Worte im Kopf herum: Ich liebe ihn! Ich liebe ihn so sehr, dass mein Herz fast zerspringt. Ich kann nicht mehr ohne ihn leben, das wird mir klar. Nein, eigentlich war es mir schon vorher bewusst.
 

Das schönste wäre, wenn dieser Moment nie vergehen würde. Niemals. Wenn ich immer in seinen Armen liegen und ihn küssen, mit ihm reden könnte. Ist das Glück? Wenn man sich so wohl und geborgen fühlt? Oder ist es Glück, dass wir uns gefunden haben und dass er dasselbe für mich empfindet wie ich für ihn? Ist es etwa das? Ich weiß es nicht, aber im Grunde ist es doch egal, was Glück ist, Hauptsache man ist glücklich. Er sieht mich aus verträumten Augen an und steht dann ganz auf. Izzy schaut auf die Uhr und dreht sich zu mir um. In seinen Zügen liegt Bedauern. "Was ist los?", frage ich. "Ich muss nach Hause. Tut mir Leid." - "Kannst du deine Eltern nicht anrufen, ob du hier noch etwas länger bleiben könntest?" Er schüttelt den Kopf. Was... soll das bedeuten? Er lächelt wieder dieses warme Lächeln. "Nein, das geht leider nicht. Es ist Schicksal. Es tut mir wirklich Leid, Mimi. Was ich dir angetan habe und vielleicht werde." Was bedeutet das? Wieso spricht er in Rätseln? Will er mir ausweichen? "Dann komme ich mit!", beschließe ich einfach, krabble aus dem Bett und ziehe mich schnell an.
 

Koushirou steht hinter mir und umarmt mich. Sein Kopf lehnt an meiner Schulter und ich merke, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Als ich mich umdrehen will, drückt er sich fester an mich, als ob er denkt, ich würde weglaufen oder dass er mich nie wieder sieht, dass ich verschwinde. Aber das ist doch quatsch! Solange ich lebe, werde ich immer bei ihm bleiben und sollte es etwas ach dem Tod geben, dann werde ich dort auch bei ihm bleiben. Ich werde mich nie wieder von ihm trennen! Nie wieder! Wenn er sterben würde, würde ich das auch, ich weiß es. Ich spüre seinen warmen Atem in meinem Nacken. Er atmet nicht gleichmäßig, als würde... er weinen. Aber das ist doch Unsinn! Izzy weint doch nicht! Weswegen denn auch?
 

Ich lege meine Arme um seinen Kopf und fahre zärtlich durch seine Haare. "Koushirou...", wispere ich dabei leise. Was ist denn plötzlich los? Vorhin haben wir noch gelacht und jetzt? Es ist so eine erdrückende Stimmung, die mir die Luft zum atmen raubt. Ich merke wie sich Tränen hinter meinen Augen stauen, aber ich kann sie erfolgreich unterdrücken. Nun drehe ich mich doch langsam um und nehme sein Gesicht in meine Hände. Er hat tatsächlich geweint und schaut mich nun aus verschleierten Augen an. "Koushirou, was ist denn nur?", will ich besorgt wissen. Ja, ich bin besorgt. Ich habe mir noch nie so große Sorgen um jemanden gemacht! Er schüttelt wieder nur den Kopf und weicht meinen Blicken aus. Izzy dreht sich um und fängt an sich ebenfalls anzuziehen. Ich beobachte jede seiner Bewegungen ganz genau.
 

Dann steht er direkt vor mir und sieht mich mit ernstem Gesicht an. "Ich möchte nicht, dass du mitkommst. Ich will dir all das ersparen. Obwohl ich denke, dass du mich danach wohl hassen musst. Aber... ich weiß, dass es dumm klingt... Ich habe das nur für dich getan, das musst du mir glauben. Du bist ein so liebes Mädchen und das einzige, was ich wollte, war, dass du weißt, dass ich dich sehr gern habe. Mimi... du bist das erste und einzige Mädchen, das mir so viel bedeutet. Glaub mir einfach und frag nicht. Ich hoffe du vergisst mich nicht." Das hört sich ja an als würden wir uns nie wieder sehen! Was hat er nur vor? Er dreht sich um und will einfach gehen! So kann ich doch... "Warte!", schreie ich ihm nach. Ich merke wie warme Tränen meine Wangen hinunterlaufen, aber ich bin nicht mehr stark genug, sie zurückzuhalten. Ich... ich bin schwach. Ich brauche ihn!
 

Mit einem schnellen Griff habe ich ihm am Handgelenk, reiße ihn mit mir unglaublichen Kräften zurück und küsse ihn noch einmal lange auf den Mund. Seine Hände legen sich um meine Taille und ziehen mich noch etwas an ihn. "Ich bitte dich um nicht viel, aber du musst mir etwas versprechen." Ich senke meinen Kopf. Es hört sich alles wie im Traum an! Als würde er nie mehr wieder kommen! Das ist doch absurd! Etwas sagt mir, dass ich ihn festhalten und nie wieder loslassen soll. Nun ist er es, der mein Gesicht in seine Hände nimmt und mich sanft zwingt ihn anzuschauen. "Bitte, pass auf dich auf, wenn... ich zu Hause bin und bleib hier. Egal was passiert, ich bitte dich, bleib hier!" Was soll ich tun? Ihn einfach so gehen lassen? Wieso will er das unbedingt? Ich verstehe gar nichts mehr! Aber ich nicke. Ich fühle mich wie eine Puppe, wie eine Marionette, die einfach irgendetwas macht ohne es wirklich zu wollen.
 

"Gut." Er küsst mich noch einmal auf die Stirn und dreht sich dann endgültig um, um zu gehen. Ich bleibe wie angewurzelt stehen, höre wie er die Treppen hinunter läuft, sich die Schuhe anzieht, die Tür öffnet und geht. Als die Tür ins Schloss fällt, sinke ich zusammen, weine, ohne wirklich den Grund zu wissen. Ich kann einfach nicht mehr aufhören. War das jetzt so etwas wie eine Abschiedsszene? Werde ich ihn etwa wirklich nie wieder sehen? Oder hat er nur mit mir gespielt? Nein, das glaube ich nicht. Das kann ich nicht glauben! Das ist nicht wahr. Ich halte die Hände vors Gesicht. Ich kann ihn doch nicht einfach so gehen lassen! Falsch, ich habe es schon getan. Ich konnte nichts tun, um ihn aufzuhalten. War das denn nicht genug? Was hätte ich noch tun sollen?
 

Wenn das wirklich das berühmte "Ende" war? Ich hoffe nicht. Ich wische mir die tränen aus dem Gesicht, stehe auf und gehe in den Flur. Ich sehe mich im Spiegel, aber ich glaube nicht wirklich, dass ich das bin. Ist denn alles wirklich? Was ist das eigentlich? Wirklich. Unwirklich. Ist es real, dass Izzy einfach so gegangen ist? Er hat mich zwar gebeten hier zubleiben, aber ich kann nicht. Ich muss wissen, ob er nur mit mir gespielt hat. Ohne noch länger darüber nachzudenken, ziehe ich meine Schuhe an, nehme meine Jacke vom Haken und stecke die Schlüssel ein. Ich renne ihm hinterher. Denselben Weg. Ich weiß, welche Straßen er nimmt um nach Hause zu gelangen. Er geht sie immer und wir sind sie schon tausendmal zusammen gegangen!
 

Immer wieder fließen Tränen über meine Wangen, weswegen mich manche Leute auch ganz entsetzt anstarren, aber das stört mich nicht. Ich suche Izzy und das einzige, was ich hoffen kann, ist, dass ich ihn finde bevor er sich etwas antut oder einfach so aus meinem Leben verschwindet. Gerade biege ich um die nächste Ecke, da höre ich es Krachen. Ich sehe noch wie etwas - nein jemand - durch die Luft fliegt und hart auf dem Boden aufkommt. Im nächsten Moment wird mir klar, dass es Koushirou war. "Nein.", flüstere ich immer wieder. Meine Füße tragen mich so schnell sie können zur Unfallstelle. Ich drängle mich durch die Menschenmenge. Gaffer, die nur dumm rumstehen und nichts unternehmen. Eine junge Frau und ein älterer Mann knien vor Izzy und leisten erste Hilfe.
 

Als er mich mit seinen schwarzen, verschleierten Augen sieht wirkt er etwas entsetzt. "Mimi.", flüstert er. Ich schüttle den Kopf. Die zwei, die ihm helfen gucken mich etwas besorgt an, machen aber keine Anstalten mich wegzubringen - worüber ich auch äußerst froh bin. Ich setzte mich neben Izzy. Tränen tropfen auf den grauen Asphalt. "Was hast du nur gemacht!" Es soll kein Vorwurf sein. Das weiß er, denn er lächelt und hebt die Hand. Er verzieht das Gesicht vor Schmerzen. Trotzdem kann ich nichts tun. Ich kann ihm nicht helfen. "Ein Krankenwagen ist schon unterwegs!", sagt jemand hinter mir. Aber ich weiß, dass die Notärzte zu spät kommen werden. "Es... tut... mir... Leid." Ich schüttle den Kopf. Seine Hand liegt auf meiner Wange. Sie wird langsam kalt, aber ich drücke sie fest an mich, weil ich hoffe, doch noch irgendwie Wärme hineinzubringen. Ich sehe, dass er in einer riesigen Blutlache liegt und das Bein muss auch gebrochen sein, denn es ist total verdreht.
 

Schürfwunden bedecken sein ganzes Gesicht, aber für mich ist er immer noch der Hübscheste Junge, den ich je gesehen habe. "Dir braucht nichts Leid zu tun.", sage ich ruhig und lächle. Ich weiß nicht, woher diese plötzliche Ruhe kommt. "Du hast es gewusst, nicht wahr? Du hast gewusst, dass du sterben wirst." Er nickt zaghaft. "Mimi... ich... wollte... nicht,... dass... du... das... mitbekommst... Ich... liebe... dich... Es... tut... mir... Leid... Es... tut... mir... Leid...", flüstert er immer wieder. "Izzy, ich liebe dich auch. Halt noch etwas durch." Ich weiß nicht, ob er mich noch hört. Ich streichle seine Wangen und küsse ihn noch einmal auf den Mund. Seine Lippen sind kalt und ich höre auch sein Herz nicht mehr schlagen. Er kommt nie wieder zurück... Nie wieder...
 

+++
 

Nun ist es 2 Wochen her. Die Beerdigung. Vor 3 Wochen hatte er den tödlichen Unfall. Es ist Herbst. Die Blätter fallen von den Bäumen. Sie sind gelb und rot. Ich hebe eines dieser Blätter auf und drehe es geistesabwesend in meiner Hand bis ein Windstoß es davon trägt. Ich stehe auf dem städtischen Friedhof. Vor Koushirous Grab. Es ist ein schlichter Stein. Auf der linken Seite ist ein kleines Kreuz eingemeißelt und in der Mitte steht groß sein Name. "Koushirou Izumi". Darunter sein Geburtsdatum und der Todestag.
 

Seit diesem Unfall war ich nicht mehr in der Schule. Um genau zu sein bin ich erst wieder seit gestern zu Hause. Ich war im Krankenhaus. Ich bin suizidgefährdet! Ha! Das ich nicht lache! Natürlich will ich sterben! Mein Leben ist sinnlos geworden seit Izzy nicht mehr da ist. Seine Eltern haben mich besucht und mir sein Tagebuch gegeben. Sie meinten, dass etwas wichtiges drinstehen würde. Ich habe es gelesen. Nicht nur einmal oder zweimal, sondern mindestens zehnmal am Tag. Ich weiß jetzt warum er es wusste, aber das ändert nichts daran, dass mir dieser Unfall das Wichtigste genommen hat, das es auf dieser gottverdammten Welt gab!
 

Ich gehe vor dem Grab in die Hocke. Es sind keine Blumen mehr drauf, denn es ist zu kalt geworden. Ich werde jeden Tag herkommen. "Du bist so dumm, Koushirou.", wispere ich. Mit meinen Finger fahre ich die eingemeißelten Buchstaben nach. Ich will ihn nicht vergessen. Wenn die anderen so tun als würde das Leben weitergehen... Das kotzt mich so an! Für mich ist es in dem Moment stehen geblieben als er die Augen zugemacht hat und es wird auch nie wieder weitergehen.
 

Es fängt an zu regnen, aber ich bleibe trotzdem hier. Werd ich eben krank, ist mir egal! Ich sollte auf mich aufpassen, aber ich kann nicht. "Entschuldige, Izzy. Ich habe versucht bei dir zu sein, aber es geht nicht. Du bist so weit weg. Kannst du mich überhaupt hören? Verstehst du mich?" Natürlich kommt keine Antwort. Im Gegenteil, es regnet noch stärker. Aus der Tasche ziehe ich nun sein Tagebuch und schlage die letzte Seite auf. Ich lese sie noch einmal durch. Seine Schrift... Der Regen weicht das Papier auf, aber ich kenne den Text sowieso auswendig. "Du bist so dumm, so dumm!", schreie ich.
 

Er soll mich hören! Jeder soll mich hören! Er ist gestorben, weil er bei mir sein wollte. Aber jetzt ist er so weit weg. "Hörst du? Ich liebe dich. Ich liebe dich!" Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, aber trotzdem sage ich es immer wieder. Ich strecke meine Arme aus und kremple die Ärmel zurück. "Siehst du das? Es tut gar nicht weh! Ich möchte bei dir sein! Sag denen, dass ich nicht mehr leben will! Nicht mehr ohne dich! Glaub mir, ich werde es noch öfter versuchen bis es klappt. Nichts wird mich davon abhalten!" Ein starker Wind zieht auf, die Wolken werden dunkler und ich höre wie es donnert. Das Gewitter ist noch fern. Dicke Tropfen fallen einfach so aus den Wolken. "Ich werde nicht gehen.", sage ich entschlossen. Ich bleibe einfach hier bis mich ein Blitz trifft oder ich erfriere. Vielleicht bekomme ich auch eine Lungenentzündung und sterbe daran?
 

Aber im nächsten Augenblick wird mir klar, dass so sehr ich es mir auch wünsche es nie eintreffen wird. Ich muss meine Zeit hier absitzen. Wie im Gefängnis. Das Leben ist für mich wie ein Knast geworden. Das Leben gleicht nun der Hölle. Bis vor kurzem dachte ich noch, dass es der Himmel wäre, aber ich habe mich geirrt. Es wird nie wieder so wie mit Izzy. Ich lächle. Das erste mal seit Wochen. Es hat doch keinen Sinn mehr. Ich stehe auf ohne den Blick von dem grauen Stein zu nehmen. "Wenn ich mich selbst umbringe, lande ich im Fegefeuer, nicht wahr? Es wäre mir egal. Ich weiß, dass du mich suchen würdest. Ich weiß, dass du mich finden würdest." Meine Worte werden einfach vom heulenden Wind fortgetragen, weit weg. Ich glaube nicht, dass Koushirou mich hört.
 

Fegefeuer. Es klingt dumm, aber ist es nicht so? Gibt es etwas nach dem Tod? Bin ich mir da eigentlich sicher? Einerseits habe ich Angst, dass wenn mein mickriges Leben doch irgendwann verwirkt ist, ich dann doch nicht zu Izzy komme. Ihn nie wieder sehe. Was wird aus mir? Meiner Seele? Was wird daraus, wenn ich tot bin? Nicht mehr... unter den Lebenden weile? Höre ich dann auf zu existieren? Was gibt es wirklich nach dem Tod? Begleitet uns ein Engel mit hinauf, wenn wir - krass gesagt - ins Gras beißen? Es ist eine schöne Vorstellung, wirklich. Ich könnte ewig darüber nachdenken wie schön es wäre... Aber irgendwann kommen auch die "hässlichen" Seiten ans Licht und ich werde wieder deprimiert.
 

Wenn ich nun doch nicht zu Izzy komme? Es danach nichts gibt? Vielleicht wird man auch gleich wiedergeboren? Ist es so? Kann mir diese Frage jemand beantworten? Ich bin zu neugierig. Ich drehe mich um und versuche alles zu vergessen. Den ganzen Kummer. Ich tue einfach so als wäre Koushirou nur in ein anderes Land gezogen. Ich weiß wie unsinnig sich das anhört und dass ich es nicht schaffen werde. Auch wenn ich nur ein paar Stunden mit ihm verbracht habe, so weiß ich doch, dass er mein Märchenprinz war. Der mich vor alles und jedem beschützt hätte, der mich bis ans Ende geliebt hätte so wie ich ihn geliebt hätte. Wir hätten miteinander alt werden können, aber man hat ihn mir einfach weggenommen.
 

Wofür will Gott - wenn es ihn überhaupt gibt - mich bestrafen? Weil ich - was weiß ich wie oft - mit meinen Freunden die Welt gerettet habe? Und nicht nur unsere? Will er mich bestrafen, weil ich geliebt habe? Weil ich Koushirou mehr liebte - nein liebe - als mein eigenes Leben? Weil es unsinnig, wertlos wird, wenn er nicht bei mir ist? Was ist der eine schon ohne den anderen? Aber ich weiß auch, dass mir diese Fragen nie beantwortet werden.
 

Er wird nie wieder zu mir zurückkommen. Ich werde Izzy... ich werde ihn nie wieder sehen und mit dieser Tatsache muss ich mich abfinden. Ob es mir nun gefällt oder nicht. Die Zeit bleibt nicht einfach stehen oder dreht sich so schnell weiter, dass ich im Handumdrehen eine alte, verwelkte Frau bin, die in der nächsten Sekunde ihren letzten Atemzug macht. Es ist die Wirklichkeit und sie überrollt mich. Ich stehe vor seinem Grab, starre es an, wünsche mir, dass mich entweder der Blitz trifft oder Koushirou mich einfach von hinten umarmt und sagt, dass alles nur ein Missverständnis war. Es regnet immer noch wie aus Eimern, aber ich merke es gar nicht mehr. Ich sehe nur noch die dicken Regentropfen, die auf den Stein prasseln.
 

Nebel zieht auf und nimmt komische Gestalten an. Ich falle auf die Knie, ohne wirklich zu wissen warum. Ich fühle überhaupt nichts mehr. Starre immer noch auf die gemeißelte Schrift. Sie verschwindet langsam vor meinen Augen. Ich fasse mir an die Stirn. Sie ist heiß. Ich weiß nicht mehr, was ich in diesem Moment gedacht habe. Ich weiß nur noch, dass nichts mehr fühlte... Nichts...
 

~*~
 

Letzter Tagebucheintrag von Koushirou Izumi:
 

Liebes Tagebuch,

ich schreibe heute das letzte Mal. Ich werde wohl nie wieder nach Hause kommen. Warum? Meine Träume. Sie kommen regelmäßig. Ich weiß, dass ich sterben werde. Es klingt dumm, ich weiß, aber ich war mir einer Sache noch nie so sicher.

Jede Nacht träume ich denselben Traum. Jede Nacht sterbe ich aufs Neue. Ich komme gerade von Tai. Wir waren mit Mimi und Hikari im Kino. Ich habe bei den Yagamis übernachtet. Ich bin zwar hellwach, aber trotzdem fühle ich mich wie benommen. Als ich die Hauptstraße überqueren will, erfasst mich ein Auto. Ich werde meterweit durch die Luft geschleudert. Jeder einzelne Knochen tat mir weh. Ich spüre es, auch wenn es nur ein Traum ist. In diesem Moment träume ich nicht wirklich. Es sind Visionen, die mich Nacht für Nacht quälen und schweißgebadet aufwachen lassen.

Zuerst habe ich sie ignoriert, dachte es wäre ein einfacher Albtraum. Aber wenn diese Träume jede Nacht kommen, wenn sie immer realer werden. Wer würde da nicht an eine Vision denken? Vielleicht will mir Gott nur einen Anstoß geben, damit ich Mimi endlich sage, dass ich sie liebe und das mehr als alles andere. Denn wenn es wirklich so ist, dass ich bald sterben werde, dann... Ich werde es ihr sagen. Wahrscheinlich habe ich nicht den Mut dazu. Ich bin doch nur ein unscheinbarer Junge.

Ich nehme es als Warnung. Ich habe oft über diesen Traum nachgedacht. Einen Ausweg gesucht. Aber es ist mein Schicksal. Wenn ich nicht an dieser Straße sterbe, werde ich an einer anderen draufgehen. Das hat mir ja mein "Traum" oft genug bewiesen. Ich habe eine Hellseherin aufgesucht und noch allerhand andere Leute, die angeblich in die Zukunft sehen können. Das Komische ist, dass mir jeder dasselbe erzählt hat und zwar aufs Wort genau. Ich konnte es selbst kaum glauben. Wenn mich jemand fragen würde, ob ich abergläubisch bin, ich würde mit "nein" antworten. Ich glaube ja noch nicht mal an Gott! Aber seit ich diese Visionen habe, glaube ich an alles und deswegen weiß ich, dass es bald aus ist.

Aber ich werde vorher noch mit Mimi reden. Wenigstens einmal will ich ihr sagen wie wichtig sie für mich ist, dass ich mein Leben für sie geben würde und... und dass ich sie liebe.

Wird mein Wunsch war?

Izzy
 

~*~
 

- Ende -
 

Nachwort: Ich hab es also mal wieder geschafft eine Story zu beenden! Ich bin stolz darauf! Den Tagebucheintrag hab ich mir etwas anders vorgestellt, muss ich sagen, aber wenn ich ihn tatsächlich anders geschrieben hätte, dann wäre da zu viel mit Engeln und Dämonen reingekommen. ^^; Und die Story wäre gut ein bis zwei Seiten länger geworden. Ich hoffe trotzdem, dass sie wenigstens ein paar Leuten gefallen hat. *smile* Was aus Mimi geworden ist? Nun, das dürft ihr euch selbst ausdenken! Vielleicht ist sie gestorben, in einer Art Hölle gelandet und Izzy hat sie zurückgeholt (so ähnlich wie in "Hinter dem Horizont - Das Ende ist nur der Anfang") oder der Friedhofsgärtner hat sie gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Danach ging ihr Leben eben wieder weiter. Ich weiß es nicht, aber ich werde wahrscheinlich auch keine Fortsetzung schreiben, denn dann würde Mimi sterben. *g* Dass das jetzt keiner falsch versteht! Von allen weiblichen Charakteren aus Digimon mag ich Mimi am liebsten! Aber genug geschwafelt! Ihr lest mich sicher wieder. *hehe*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  dragonfighter
2013-09-21T15:37:12+00:00 21.09.2013 17:37
Hey!
Deine ff ist sehr schön ^_^
Ich tuhe dich zu meinen favos :)

Dragonfighter
Von: abgemeldet
2003-08-18T11:11:11+00:00 18.08.2003 13:11
HI! Oh Gott!!!! Das war eine so schöne Fic. Ich liebe sie. Mimi ist unsere Anführerin!!!!! YEAH!!! Ähm..*räusper*...Nein. Ich finde die Story echt megageil. War echt gerührt. Und vor allem hat mir so gefallen, dass du so in Geheimnissen gesprochen hast. Da musste man wirklich weiterlesen, sonst hät ich den Tag wahrscheinlich nicht überlebt. Nur weiter so!!!

Mfg


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