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Saiyuki

It's A long Way Going Down
von

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»Black Black Heart« – Kapitel 68

»Black Black Heart« – Kapitel 68
 

„Wie heißt gleich noch mal das Kaff, das wir suchen?“ Rieko beugte sich nach vorne und legte dem angesprochenen die Arme über die Schultern.

„Taiitsu.“ Hakkai errötete leicht.

„Aha.“

„Wie weeeit nooooch?“, quengelte Goku vom Rücksitz und begann von neuem auf und nieder zu hopsen.

„Halt gefälligst still, du kippst sonst den Wagen um!“, schnauzte ihn Rieko an, die ihre Arme wieder zurückzog und Goku unlustig anfunkelte.

„Wär ja nich das erste Mal, nich wahr?“ Gojo grinste fies und holte zu neuen Gemeinheiten gegen ihr kleines Haustier aus.

„Ich sags euch, wenn ihr wieder anfangt zu streiten, dann spiele ich nachher nicht mit dir Karten, Goku, und du kannst sehen wo du heute schläfst, Gojo!“

Das war eine klare Ansage gewesen von Suki und beide Streithähne waren sofort still. Da sie ja jetzt schon einige Tage unterwegs waren und nicht besonders viel geschlafen hatten, würde er heute Abend bestimmt keine freiwilligen Spielpartner finden, dachte Goku. Sanzo würde lesen, Rieko würde wie immer endlos duschen, Hakkai wäre mit Jeep beschäftigt und Gojo mit Suki. Glücklicherweise hatte er sich Sukis Spielbereitschaft aber schon am morgen gesichert, indem er ihr verraten hatte, was denn genau am Vorabend noch so passiert war, nachdem sie und Gojo das Lager verlassen hatten. Er selbst maß dem ganzen ja keine Bedeutung bei, aber Suki schien es brennend zu interessieren. In den folgenden zwei Stunden trat ein noch nie da gewesener Zustand ein: Stille, absolute Stille. Jeeps Motorengeräusch war das einzige, was in der Mittagshitze zu hören war. Halleluja, dachte Sanzo, gepriesen sein die Götter, der Affe hält die Klappe und Gojo auch und das zur selben Zeit! Auch Hakkai schien sich merklich zu entspannen, ohne ständiges Geschnatter fuhr es sich wirklich leichter. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, wieso es so ruhig war: Rieko knüpfte Sanzos Gewand mit einer der dicken Abdeckplanenkordeln am Wagen fest, Gojo betrachtete desinteressiert, den Arm um Suki gelegt, die Landschaft und Goku hatte seinen Kopf auf Sukis Schulter gebettet und lies sich hinterm Ohr Kraulen.

Der Tag zog vorüber und mit ihm die Steppe, die nach und nach einem öden Grasland und dann wieder Wiesen und lichten Wäldern wich.

„Ich denke, wir sind in etwa zwanzig Minuten in Tenjiko.“, manifestierte Hakkai und brach damit die langanhaltende Stille.

„Endlich!“, raunte Rieko. Die vier auf dem Rücksitz setzten sich gespannt wieder aufrecht hin und hielten Ausschau nach einer Ortschaft, alles was es zu sehen gab, waren jedoch Bäume, Bäume und …Bäume.

„Wo denn?“, fragte Gojo murrend.

„Er hat doch gesagt in zwanzig Minuten, oder nicht? Mein Gott, …“, keifte der Priester zurück.

„Sha Gojo, der Intelligente der Truppe…“, spottete Rieko und konnte sich ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Unterdessen wurde der Wagen immer langsamer.

„Hey Hakkai, bist du eingeschlafen?“, frotzelte Gojo und trat unsanft von hinten gegen den Fahrersitz. Hakkai reagierte nicht, sondern stellte den Motor komplett ab und presste beide Hände gegen die Schläfen.

„Alles klar bei dir?“, fragte Rieko und beugte sich vor um besser sehen zu können, wobei sie sich auf Sanzos Kopf abstützte.

„Lass das!“ Verzweifelt versuchte er, Rieko wieder auf den Rücksitz zu verfrachten, diese wehrte sich jedoch entschieden, sprang aus dem Wagen und öffnete die Fahrertür.

„Steig aus, ich fahre weiter. Du hast dich überanstrengt…“

„Nein, das ist es nicht…“, murmelte Hakkai und warf Sanzo einen viel sagenden Blick zu, den dieser anscheinend auch verstand.

„Hast du einen Führerschein?!“, blaffte Sanzo.

„Natürlich. Nicht alle sind so anmaßend und verantwortungslos ohne zu fahren.“

Fünf Minuten später saß Hakkai auf dem Rücksitz, etwas bleich im Gesicht aber ansonsten recht fit, und Rieko am Steuer.

„Da vorne rechts.“

„Alles klar.“

Die vormals geschätzten zwanzig Minuten Restfahrzeit sollten sich an diesem Tag jedoch in weitere zwei Stunden vergeblichen Suchens ausdehnen. Die Sonne stand schon tief am Horizont, die Sanzo – Party dämmerte im Halbschlaf vor sich hin und noch immer war von Tenjiko nichts zu sehen. Sie passierten den zig-tausendsten Wald an diesem Tag und Rieko hatte die Schnauze langsam voll. Sämtliche Kommunikationsversuche, sowohl mit Suki als auch mit Hakkai und Sanzo, die alle vor sich hin dösten, waren fehlgeschlagen. Neben der schotterigen Straße glitzerte blau-grün ein kleiner See und schickte die letzten warmen Sonnenstrahlen in den Wald.

„Jetzt reicht’s!!!“, murrte Rieko, „Geschlafen wird später!! Aufgepasst, Jeep, jetzt geht’s los!“

Und mit aufkeimendem Elan trat sie das Gaspedal bis zum Bodenblech durch und preschte durch den Wald. Ein fieses Grinsen umspielte ihre Lippen, als sie auf den kleinen Hügel zuschossen, der wie eine Startrampe über dem See lag.

„Yeahaaaa!!!“, quietschte sie vergnügt, als sich die Reifen vom Boden hoben und Sekunden später das Wasser über ihr zusammenschlug. Die Entsetzensschreie der anderen noch in den Ohren bemerkte sie, dass das vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war – der See war sehr tief und das Wasser dementsprechend eisig kalt. Prustend kam sie wieder hoch, wurde jedoch von einer wütenden Suki direkt wieder unter Wasser befördert. Wieder aufgetaucht sah sie Hakkai, Goku und Suki vor sich, vom Rest keine Spur.

„Wo sind denn…?“, doch sie stockte mitten im Satz, als ihr bewusst wurde, was ihr kleiner Streich von vorhin nun für Folgen hatte. Sanzos Gewand war noch immer fest mit der Reißleine des Jeeps vertäut, der nun wahrscheinlich auf dem Grund des Sees lag und auf den Befehl zur Rückverwandlung wartete.

„Oh nein!“

Sie tauchte unter, schwamm tiefer und tiefer in den schwarzen Abgrund hinein, bis ihr ein blonder Haarschopf entgegenkam, den sie am Arm packte und mit nach oben beförderte. Hustend und prustend kamen beide wieder zum Vorschein, Sanzo leicht blau um die Nase und Rieko völlig außer Atem. Mit letzter Kraft schleppte sie ihn zum Ufer zurück, um dort festzustellen, dass sein Priestergewand und auch das Sutra auf dem Boden zurückgeblieben waren.

„Scheiße Scheiße Scheiße!“

Auch der Rest war nun dem Wasser wieder entstiegen. Hakkais Schmerzen waren verflogen und auch Goku hatte der kleine Ausflug Spaß gemacht. Suki grinste verschmitzt und sah sich um.

„Das haste ja toll gemacht. Versuchs doch mal mit Mund zu Mund Beatmung!“

„Ahahaha.“

„Wo ist eigentlich Gojo?“, fragte Suki so beiläufig wie möglich.

„Keine Ahnung, ich dachte er wäre schon draußen. Er kann doch nicht schwimmen…“

„WAS KANN ER NICHT??? ER IST DOCH EIN WASSERDÄMON!!!“

Mit diesen Worten spurtete Suki davon, zurück ins Wasser und versank mit einem eleganten Hechtsprung in den blauen Untiefen.

„Hol Jeep rauf!“, rief sie über die Schulter Hakkai zu, der nickte und leise Worte in den Wind murmelte.

„Scheiße, Hakkai, er ist ganz kalt und er atmet so komisch…“

„Vielleicht hat er Wasser in der Lunge, wir sollten ihn schnellstmöglich zu einem Arzt schaffen.“

Sekunden später schoss Jeep aus dem Wasser, in seinem Maul das Sutra.

„Los, wir fahren schon vor. Suki, Gojo und Goku kommen mit dem Teppich nach. Wir sollten nicht trödeln.“

„Okay. Rieko nickte, verfrachtete Sanzo mit sich selbst auf die Rückbank und überlies Hakkai wieder das Steuer.

„HEY!!! Was ist mit mir??“, brüllte ihnen Goku entrüstet hinterher, „Ich lass ihn nicht allein!!“ Doch der Jeep war schon längst um die nächste Biegung und außer Sicht- und Hörweite.

Suki tauchte erschöpft wieder auf ohne Gojo gefunden zu haben. Panik machte sich in ihr bemerkbar, schnürte ihr die Luft ab und lies sie los schreien. Rieko und Hakkai waren verschwunden, aber soweit sie sehen konnte, war Goku noch da, der jetzt ebenfalls wieder ins Wasser watete. Es ging nicht anders, sie musste es wohl oder übel tun.

„Goku, fang!“, rief sie und warf ihm ihren Magiekontroller zu. Ein unsichtbarer Wirbelwind brachte das Wasser ins wallen, als sie ihre Dämonen Gestalt annahm und kurz darauf war sie wieder verschwunden. Mit den nun geschärften Sinnen hatte sie ihn schnell ausgemacht, er lag, offenbar bewusstlos, am Ufer, wo ihn die Wellen angespült hatten. Goku derweil gestikulierte wild und patschte zurück ans Ufer, wo er verzweifelt versuchte das Wasser aus seinen Klamotten zu kriegen. Suki hatte nunmehr den Uferabschnitt erreicht an dem der rothaarige Yokai noch immer regungslos verweilte.

„Gojo..!“

Sie drehte ihn auf den Rücken und fühlte seinen Puls, der zwar schwach war, aber immerhin vorhanden. Sie riss sich das Tuch vom Hals, warf es in die Luft und fügte ein „Verwandle dich!“ hinzu, worauf ein gemütlicher roter Teppich mit Fransen erschien und vor ihnen in der Luft schwebte. Mit einem gekonnten Ruck beförderte sie Gojo auf das Transportmittel und zischte mitsamt Teppich über den See zurück zu Goku, den sie im Fliegen mit hoch zog.

„Uaaahhh!!!“

„Du lenkst, ich kümmere mich um Gojo!“, ordnete Suki an und überlies dem perplexen Goku das Teppichsteuer.
 

Tenjiko lag nur noch wenige Meter vor ihnen.

„Wir haben’s gleich geschafft!“

„Ich hoffe Gojo geht es gut. Mit dem Teppich sind sie längst nicht so schnell wie mit dem Auto…“ Hakkai stieg in die Eisen und der Jeep hielt ruckartig vor dem erstbesten Gasthaus. Während Hakkai Sanzo die Treppe hoch in die Gästezimmer trug besorgte Rieko beim Wirt Decken, Wärmekissen und Tee. Als sie die Schiebetür öffnete, kam ihr Hakkai entgegen.

„Der Arzt kommt gleich, kümmer dich um ihn, ich fahre zurück zu den anderen. Vielleicht treffe ich sie auf der Strecke, mit dem Auto geht es wirklich schneller. Falls Gojo etwas passiert ist, dann sollte er schnell versorgt werden.“

„Hier, nimm eine von den Decken mit!“

„Gut, bis gleich.“

Damit wandte er sich um und ging eilends davon. Rieko betrat das Zimmer, wickelte Sanzo in die Decken, und legte ihm das Wärmekissen auf die Brust.

„Er muss erhöht liegen.“, sagte eine ruhige Stimme von der Tür aus. Rieko fuhr herum. Der alte Arzt schlurfte durchs Zimmer, setzte sich zu Sanzo auf das Bett und prüfte Puls, Atmung und Temperatur.

„Mmh. Er ist ziemlich unterkühlt. Ein einzelnes Wärmekissen wird da nichts ausrichten.“

„Aber ich habe kein zweites!!“

„Aber du hast dich, Kind. Wärme ihn, bis er aufwacht. Er sollte danach nicht aufstehen, nicht essen, aber Tee trinken. Ich lasse dir diese Kräutermischung hier.“

„Danke sehr.“ Sie verneigte sich vor dem alten Mann, der milde lächelte und dann hinausschlurfte. Er hat mich bestimmt für seine Frau gehalten, dachte Rieko und wurde leicht rot. Der Gedanke gefiel ihr irgendwie…Aber jetzt musste sie irgendwas unternehmen, das war jetzt wichtig. Wärme ihn, haha, wie denn?? Wenn er aufwachte und sie ihn grade in den Armen hielt, würde er sie abknallen, und zwar sofort. Da ihr aber partout keine andere Lösung einfallen wollte, setzte sie sich schließlich mit dem Rücken gegen die Wand, zog den schlafenden Priester zu sich und wickelte ihn und sich in eine der tausend Decken ein. Draußen war es bereits Nacht geworden, die ersten verschwommenen Sterne zeigten sich und warfen ihr weißes Licht auf das Gesicht des jungen Blonden.

„Hoffentlich ist den anderen nichts passiert…“
 

„Es hilft nichts, wir sind zu schwer…für drei Leute ist der Teppich nicht gemacht.“

Suki zermarterte sich das Hirn, was sie anstellen könnte um sie alle drei nach Tenjiko zu bringen. Goku saß wortlos und müde neben ihr, das Gesicht ausdruckslos aber die Augen voller Angst und Schmerz. Dass Sanzo etwas zugestoßen war machte ihm zu schaffen, vor allem weil er nicht bei ihm sein konnte.

„Es hilft nichts.“, wiederholte sie, „Ich bleibe hier und gehe zu Fuß weiter. Goku, versprich mir, das du auf Gojo aufpasst und ihn heil nach Tenjiko bringst!“

Goku nickte stumm und ernst.

„Gut.“

Sie setzte zum Sprung an.

„Warte! Dein Kontroller…!“

„Danke.“

Und damit verschwand sie in die Dunkelheit.
 

Sanzo öffnete ächzend die Augen. Sein Kopf fühlte sich an als hätte jemand sein Hirn mit Götterspeise ersetzt. Er war nicht in der Lage sich zu bewegen, und beschränkte sich daher darauf sich umzusehen. Er lag, in Decken eingewickelt, dicht an Rieko gedrückt auf einem Bett, vermutlich in einem Gasthaus in Tenjiko. Langsam erinnerte er sich wieder an sein unfreiwilliges Bad im See, konnte aber beim besten Willen nicht richtig sauer auf Rieko sein. Stattdessen betrachtete er gedankenverloren die Lichtreflexe auf ihren braunen Haaren. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen gen Decke gerichtet, blaue Augen, klar wie der Bergsee. Sie schien blasser als sonst, vermutlich sorgte sie sich um Suki oder einen der anderen. Ohne es zu wollen, seufzte er leise auf, worauf hin Rieko bemerkte, das er wach war und das unglaublichste tat, was er sich hatte vorstellen können: sie fiel ihm um den Hals, drückte ihn an sich und entschuldigte sich mindestens fünf mal hintereinander.

„Ich hatte Angst um dich!“

„Ist ja schon gut.“, Er fasste sie an den Schultern und drückte sie von sich, „Das war noch harmlos im Gegensatz zu dem was der Affe und Gojo ständig fabrizieren.“

Beide lächelten schwach. Rieko setzte sich wieder auf, machte Feuer unter dem Teestövchen und goss heißes Wasser auf.

„Du sollst das hier trinken, sagt der Arzt.“

Verwunderlicherweise murrte der Priester nicht weiter, nahm die Tasse entgegen und nippte daran. Beide saßen und schwiegen. Ich hatte Angst um dich…dieser Satz klang noch immer in Sanzos Ohren. Angst? Um ihn? Warum sollte sie sich um ihn sorgen?

Sie konnte nicht glauben, was sie gerade getan hatte. Sie hatte ihn umarmt… und das sehr stürmisch…und dann auch noch der Satz Ich hatte Angst um dich…Sie hasste sich mal wieder selber, dass sie so gehandelt hatte. Würde Suki das erfahren, würde sie ihr so richtig in den Arsch treten. Suki! Wo sie wohl war und noch viel wichtiger, wie ging es ihr…! Verdammt, dass war alles nur ihre Schuld gewesen. Warum musste sie auch unbedingt durch den kleinen See heizen?! Gewissensbisse plagten sie und sie zog ihre Beine heran, legte den Kopf auf ihren Knien ab und starrte gedankenverloren durch das Fenster in den Dauerregen hinaus. Sanzo derweilen richtete sich auf und machte Anstalten aufzustehen.

„Der Arzt hat gesagt, dass du nicht aufstehen darfst!“

„Mir doch egal.“

„Mir aber nicht!“, sie drückte ihn unsanft in die Kissen zurück und lehnte sich, auf dem Boden sitzend, an das Bett an.

„Es ist ja irgendwie schon rührend, wie du dich um mich kümmerst, doch allmählich geht mir das auf die Nerven.“

„Weil es alles meine Schuld ist…“,Sanzos Schweigen machte ihr ohnehin schon schlechtes Gewissen auch nicht besser, „Weil ich so bescheuert war und in den See gefahren bin… und jetzt ist Suki noch da draußen, sucht Gojo und wird wiederum von den anderen gesucht…“

„Ja, das war wirklich bescheuert!“, er suchte seine Zigaretten, fand sie und ärgerte sich, dass sein Feuerzeug durchnässt und somit so gut wie unbrauchbar war. Rieko reichte ihm eine Streichholzpackung und begann ebenfalls zu rauchen.

„Du rauchst?“

„Manchmal…“

Sanzo ließ sich zurück in die Kissen fallen und sah zu, wie sich der Rauch nach oben zur Zimmerdecke schlängelte. Aus den Augenwinkeln sah er Riekos Haarschopf. Sie lehnte noch immer am Bett und zog genüsslich an der Zigarette.

„Haben deine Verwandten dieselbe Fähigkeit wie du?“

Sie blickte sich erstaunt um, da er schon wieder von diesem Thema anfing. Es war ihr ein Rätsel, warum es ihn plötzlich so interessierte.

„Nein… in meiner Familie ist es nicht weiter aufgetreten… außerdem kenne ich sie nicht so gut…“

„Warum nicht?“

„Weil der Kontakt sehr früh abgebrochen ist… ich kannte meine Eltern kaum. Aber warum interessiert dich das?“

„Über irgendetwas müssen wir ja reden. Nach sinnlosem Anschweigen ist mir momentan nicht so… Und wann hast du das andere Frauenzimmer getroffen?“

„Suki? Vor fünf Jahren…“

Sie wunderte sich, warum sie ihm so offen Rede und Antwort stand. Jetzt war es an der Zeit den Spieß umzudrehen.

„Ihr seid echt ne seltsame Truppe.“, begann sie, „Wie kommt es, dass ihr zusammenreist?“ Sanzo überlegte, ob er ihre Frage ignorieren oder drauf eingehen sollte. Er entschied sich aus ihm unbekannten Gründen für das letztere.

„Es ist unser Auftrag die Erweckung Gyumaos zu Verhindern und dazu wurden wir von den Göttern beauftragt.“

„Hui… ein Gottesdiener.“, neckte Rieko und drückte die Zigarette aus, „Sieht man dir gar nicht an, dass du so gläubig bist.“

„Du hälst mich also für gläubig?!“

„Nein, überhaupt nicht!“, sie musste unverhofft grinsen, er auch, was sie allerdings nicht bemerkte, da sie ihm immer noch den Rücken zugewandt hatte.

„Wo wir schon mal dabei sind“, setzte er fort, „gib mir mein zweites Sutra zurück!“

„Das habe ich nicht.“

„WAS?!“

„Suki trägt es bei sich. Du glaubst doch nicht, dass wir so blöd sind und einer beide Sutren bei sich trägt?“

„Du willst mir weiß machen, dass ihr es die ganze Zeit in der Tasche dabei habt?!!“, fragte er ungläubig und ärgerte sich nach einem zustimmenden Nicken Riekos über ihre eigene Blödheit, dass sie nicht auf die Idee gekommen waren, in ihren Taschen nach seinem fehlenden Eigentum zu suchen.

„Trägt jeder Sanzo ein Sutra bei sich?“

„Was stellst du für Fragen?! Ich dachte, du weißt, was die Sutren sind.“

Rieko schüttelte den Kopf, worauf er sich verarscht vorkam.

„Und warum seid ihr dann so besessen darauf, sie zu behalten?!“

„Ich sagte doch, dass es uns ums Geld geht und ihr für uns eine tolle Leibgarde darstellt, denn so wie ich es mitbekommen habe, sind viele hinter den Dingern her.“

„Und warum willst du dann wissen, warum jeder Sanzo eins hat?“

„Mein Onkel war auch mal ein Sanzo, aber mehr vogelfrei als Priester. Das ist mir nur gerade eingefallen.“

Sämtliche Alarmglocken klingelten bei Sanzo. Moment. Ihr Onkel? Ein Sanzo? Vogelfrei? Diese Beschreibung kam ihm bekannt vor und er erinnerte sich an die Worte seines Meisters über einen Sanzo, den er selbst einmal im Tempel zu Gesicht bekommen hatte. Er war im Besitz des Muten- Sutra gewesen.

„Dein Onkel ist ein Sanzo?!“, er versuchte die Geduld zu bewahren und einen so gut es ging gleichgütigen Ton in seiner Stimme mitschwingen zu lassen.

„War er mal, jetzt nicht mehr, keine Ahnung warum.“

„Hieß er Ukoku Sanzo?“

„Du kennst ihn?“, sie drehte sich zu ihm um und Sanzo musste nun noch mehr aufpassen, dass sein Gesichtsaudruck ihn nicht verriet und beließ es bei einem Nicken.

„Wow… das hätte ich nicht gedacht… Gibt es so was wie ne Sanzogewerkschaft?“, scherzte sie.

„Du hast gesagt, er war mal Sanzo, ist er gestorben?“, umging er die dusselige Frage und, zündete sich zur Beruhigung einen neuen Nikotinstängel an. ,

„Ich glaube, er hatte einfach keine Lust mehr Sanzo zu sein, aber gestorben ist er nicht. Ich habe ihn zuletzt bei-“, sie hielt inne und dachte daran, dass sie ihren Onkel bei Kogaiji gesehen hatte, als sie beide noch zusammen waren. Sanzo musterte sie skeptisch.

„Ach nein, nicht so wichtig…“, spielte sie es herunter und war ganz und gar nicht damit zufrieden Sanzo so viele Informationen zugekommen gelassen zu haben.

„Hat er seinen Sanzo-Titel abgelegt?“, hakte der Priester nach.

„Er nennt sich Chenyi Nii…“

Chenyi Nii, grübelte Sanzo. Er hatte von ihm gehört, er soll die größte Koryphäe der modernen Wissenschaft sein… ein Chemiker oder Biologe also. Doch warum sollte er schlagartig sein „Sanzo-Leben“ abgelegt und dafür das eines Wissenschaftlers begonnen haben? Sanzo war klar, dass er noch immer im Besitz des Sutra sein muss, da er es als Ukoku Sanzo seinem Schüler nicht vermacht hatte.

Da waren sie schon wieder, diese Zufälle… er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Begegnung mit ihr und Suki ungeplant war.

„Ich bin müde, ich gehe schlafen.“, sagte er nach fünf Minuten Schweigen.
 

Die Dunkelheit senkte sich auffallend schnell über den Wald, sodass Hakkai trotz Scheinwerfer nichts mehr sehen konnte. Mit schlechtem Gewissen aber der Sicherheit nichts mehr tun zu können, wendete er schließlich den Wagen und fuhr zurück. Blieb nur zu hoffen, dass die anderen schon in Tenjiko eingetroffen waren.
 

Der nächste Morgen war kalt und grau. Der Sommer neigte sich doch dem Ende zu und die Nächte wurden immer kälter. Noch dazu hatte es in der letzten Nacht stark geregnet und nun war der Boden eher eine einzige Schlammpfütze als eine Straße. Tenjiko war eine recht große Stadt, bekannt für seine wunderschönen Tempelanlagen und die frommen Mönche die hier lebten. Es war mit Abstand die größte Stadt, die ihnen auf ihrer Reise nach Westen bis jetzt begegnet war, einige der Hauptstraßen waren sogar asphaltiert. An diesem Morgen blieben die sonst so vollen Märkte, Plätze und Straßen jedoch fast leer, die heftigen Regengüsse der Nacht hatte einigen Schaden angerichtet, der erst behoben werden musste und auch sonst lud das Wetter sicher nicht zum spazieren gehen ein. Sanzo schlug die Augen auf und fand sich neben Rieko im Bett wieder. Beide hatten sich den Rücken zugekehrt und lagen, denkend, noch eine Weile da, bis Goku die Tür aufreißen würde. Dieses Gespräch war recht aufschlussreich gewesen, fand der Priester, wahrscheinlich hatte sie ihm mehr erzählt als sie wollte oder zumindest mehr als sie glaubte erzählt zu haben. Zu genaueren Gedankengängen kam er jedoch nicht mehr, da, wie vermutet, wenig später die Tür aufflog und Goku erklärte er hätte Hunger. „Oh man…“, knurrte Rieko, schlug die Decke zurück und stakste an ihm vorbei in Richtung Bad. Was Goku jetzt wohl dachte? Er hatte sie immerhin gerade in ein und demselben Bett gefunden, voll bekleidet zwar, aber trotzdem…Ach wahrscheinlich würde er gar nichts denken, er war ja doch nur ein kleiner hirnloser Affe. Und was dachte sie selber? Tja, der Abend war besser verlaufen als gedacht, sie hatten sich fast wie normale Menschen unterhalten, wenn auch sein Interesse und anschließendes Schweigen in Bezug auf ihren Onkel sie skeptisch machten. Vielleicht war sie auch nur überempfindlich…und warum war er dann jetzt nicht sauer? Sonst war er doch auch nicht gerade sparsam mit seinen Morddrohungen?? Und wenn er sie vielleicht doch mochte…? Mit diesem Gedanken betrat sie die Gaststube und setzte sich an einen freien Tisch.

„Ach ja, ich hab mich ja noch gar nicht für das nette Bad bedankt!“

Sie fuhr herum und fand sich Gojo, Hakkai, Jeep und Goku gegenüber.

„Oha, der Sha und seine Prügelperser!!“, brummte sie. Die drei setzten sich zu ihr und als wenig später auch Sanzo erschien, wurde herzhaft gefrühstückt.

„Uo if eigendlif Sugi?“, fragte Goku durch einen Mund voll Mango.

„Ich dachte die wäre bei euch!“

„Nein, der Teppich hätte uns nicht zu dritt getragen, da ist sie abgesprungen.“

„Hakkai??“, fragte Gojo alarmiert.

„Nein, ich hab sie auch nicht gefunden, es war schon zu dunkel…“

„IHR HABT SIE ALLEIN DA DRAUßEN GELASSEN??!!!“

„Reg dich mal ab, die kommt schon klar. Is ja zum Glück nicht so unfähig wie du.“

„Halt einfach die Fresse, klar?!“, schrie Gojo zurück und machte Anstalten zu gehen. „Bleib!“, befahl Sanzo.

„Leck mich!“ Und damit stapfte er hinaus in den wieder einsetzenden Regen.
 

Wenig später folgten ihm auch Hakkai und Goku. Rieko protestierte, wurde aber als Pflegerin bei Sanzo gelassen, da die beiden Yokai eh schärfere Sinne hatten und somit für eine Suchaktion besser geeignet waren. Rieko saß auf dem Fenstersims in Sanzos Zimmer und starrte in den strömenden Regen hinaus.

„Mach dir keine Sorgen, die kommen schon wieder.“ Sanzo las nach wie vor seine Zeitung, hatte aber für einen Moment mit dem Rascheln innegehalten, das er jetzt aber wieder aufnahm. Sie verstand es nicht. Warum zum Teufel war er so nett?? „Sanzo?“

„Mh.“

„Was wollen wir in Tenjiko überhaupt?“

„Wir suchen die letzten beiden Sutren.“

„…letzen beiden?

„Ja.“

„Wieso letzten beiden?“

Sanzo dachte kurz nach. Kogaiji hatte eins, Chenii Ni hatte eins, er selbst besaß 2…

“Gut, das letzte Sutra.“

Das wurde ja immer krimineller…sie hatte gedacht, das es ein paar mehr Sutren gäbe…denn wenn er nur noch eines suchte…und sie eines hatten…dann hieße das ja…das sie grade völlig sinnlos durch die Gegend liefen. Sie hatten das letzte Sutra ja schon damals diesem alten Kerl abgenommen, falls er den jetzt suchte…

„Wer…äh, hat denn das letzte Sutra?“

„Ein Sanzo.“

Ein Sanzo? Nein, ein Sanzo war der Typ damals sicher nicht gewesen. Er sah eigentlich eher wie ein Yokai aus…Beide schwiegen erneut. Das musste sie Suki unbedingt mitteilen, sobald sie zurück war…wenn sie zurückkommen würde…

„Trink den Tee, solange er warm ist.“, brummelte sie Sanzo zu.

„Lass mich in Ruhe.“

Er blickte auf und sah ihr in die Augen, griff dann schnell zum Tee und trank ihn aus. Er hoffte inständig, dass sie ihn nicht noch einmal so anschauen würde.
 

Wenig später traf Goku, völlig durchnässt und schlammbespritzt wieder in der Herberge ein, ohne auch nur ein Zeichen von Suki gefunden zu haben. Knapp eine Stunde später kam auch Gojo zurück, ebenfalls ohne die geringste Spur.

„Dämlicher Affe, warum bist du nicht im Wald geblieben??“

„Nenn mich nicht…!“

„Wir verlieren schon wieder Zeit!“, bemerkte Sanzo kühl.

Ziemlich verschlammt aber ansonsten wohlauf kamen am Nachmittag auch Hakkai mit Suki zurück.

„Wo warst du denn?“, rief ihr Rieko entgegen, konnte sie aber nicht umarmen, da Gojo sie an sich gezogen hatte und fest umarmte. Sie schloss die Augen und lehnte sich an ihn.

„Du siehst aus, als könntest du ein Bad vertragen.“

„Ja, aber ich bin zu erschöpft, als das ich allein stehen könnte…“ „

Ach, da lässt sich was machen.“

Beide grinsten einander an, küssten sich und verließen gemeinschaftlich den Raum. „Prima.“, motzte Sanzo, pfefferte die Zeitung beiseite und verlies das Gasthaus allein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nordwind
2006-07-09T13:55:58+00:00 09.07.2006 15:55
Hi, ich hab mich heute Mittag richtig gefreut, als ich gesehn hab, dass ein neues Kappi on ist. ^^ War wie immer genial und lustig. Weiter so!

cu Nordwind


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