Frühaufsteher
Die Sonne war noch nicht lange aufgegangen, da stahl Kai sich schon aus Rays und Max’ Hotelzimmer hinunter in den Speisesaal. Wenn er schon die ganze Zeit über kein Auge zubekam, konnte er das wenigstens auch an einem Ort machen, an dem ihm ein großzügiger Vorrat an Kaffee zur Verfügung stand… Und sei es nur, um das koffeinhaltige Getränk zum Beenden seiner Leiden zu nutzen und sich darin zu ertränken.
Der einzige Mensch, der außer Kai schon wach zu sein schien, war ein einzelner Kellner, der gerade mit dem Aufbau des Frühstücksbüffets beschäftigt war; zumindest gab Kai sich dieser flüchtigen Hoffnung solange hin, bis Mariah wie aus dem Nichts auftauchte und ihm gegenüber an dem Tisch Platz nahm, den Kai gerade als seine private Grummelecke für die nächsten paar Stunden auserkoren hatte. Unbeeindruckt von dem hasserfüllten Blick, den ihr der Teamchef der Bladebreakers daraufhin zuwarf, griff Mariah seelenruhig nach dem Zuckerstreuer: „Ich hatte gehofft, dich hier zu treffen.“
Abweisend verschränkte Kai die Arme vor der Brust: „Oh, reicht es dir mittlerweile etwa nicht mehr, Ray aufzulauern? Hast dein Beuteschema wohl auch auf andere Männer ausgeweitet…“
„Glaub mir, weder du noch Ray sind der Typ Mann, auf den ich stehe.“, ein amüsiertes Zucken umspielte Mariahs Mundwinkel, „Wobei mein bester Freund tatsächlich etwas damit zu tun hat, dass ich hier bin; um genau zu sein wollte ich dich näher unter die Lupe nehmen, um festzustellen, ob du den Qualitätsansprüchen der White Tigers als eventueller Lebensgefährte für Ray entsprichst. Und behaupte jetzt bloß nicht, du hättest kein Interesse! Alle außer Ray kriegen mit, wie du ihn ansiehst, wenn du glaubst, keiner würde in eure Richtung schauen!“
Verdammt noch mal, warum bestand hier eigentlich jeder darauf, aus ihm und Ray unbedingt ein Paar machen zu wollen? Es war eine Sache, wenn Tala sich anhörte wie eine hängengebliebene Schallplatte; den kannte Kai immerhin schon viel länger und hatte sich von daher mit seinem Geisteszustand abgefunden. Aber nun fingen auch schon Leute damit an, mit denen Kai in seinem gesamten bisherigen Leben maximal fünf Sätze gewechselt hatte! Was kam wohl als nächstes; tausende von durchgeknallten weiblichen Fans, die Geschichten ins Internet stellten, in denen Ray und er einander das Hirn aus den Köpfen vögelten?
Statt seine Befürchtungen auszusprechen, präsentierte Kai lieber sein gewohnt charmantes Ich: „Und was ist, wenn ich durch eure Qualitätskontrolle durchfalle?“
Mariah schenkte ihm ein Lächeln, in dem Zuckerstangen und knuddelige kleine Teddybären mitschwangen: „Du brichst Rays Herz und ich breche dir dein Genick!“