Sprung ins Ungewisse
Sprung ins Ungewisse
Zu Kagomes Erleichterung erreichte die ungleiche Reisegruppe pünktlich zum Sonnenuntergang das Dorf Musashi. Als sie ihre Füße auf die Anhöhe vor dem Dorf setzte und die junge Frau einen Blick nach unten warf, trat ein heimatliches Gefühl in ihr ein. So viele Tage hatte sie hier verbracht, so viele Erinnerungen verband sie mit diesem unscheinbaren Ort! Leider genauso viele schlechte wie gute. In dem nahe gelegenen Wald traf sie zum ersten Mal Inuyasha, den sie damals von dem Bannpfeil seiner geliebten Miko Kikyo befreite. Aber auch Onigumo, der später zu Naraku wurde, hauste unweit des Dorfes in einer Höhle, verpflegt von eben dieser Miko, die es damals noch bereuen sollte.
Ihr Blick schweifte vom Wald über die letzten, herumwuselnden Menschen die man schemenhaft im Licht der letzten Strahlen der untergehenden Sonne wahrnehmen konnte, und blieb letztendlich an Kaedes kleiner Holzhütte hängen. Der Bambusvorhang vor der Tür bewegte sich leicht und ein kleiner Rotschopf lugte hervor. Hektisch drehte der kleine Kitsune, der nun aus der Hütte hervor trat seinen Kopf hin und her und ließ seinen Blick durch die Gegend wandern. Der kleine Dämon hielt leicht seine Stupsnase in den Wind und riss ungläubig die Augen auf, als sich sein Blick in die Richtung des Ursprungs des Geruchs richtete. Ein Lächeln umspielte die Lippen der Miko. Shippos Geruchssinn wurde immer besser! Langsam setzte sie sich in Bewegung und hob die Hand zum Winken.
„Kagomeeee-chaaan!!!!“ rief der kleine Fuchsdämon lauthals und sogleich kullerten dicke Krokodilstränen von seinen Backen. Mit wenigen Sätzen war er bei ihr und sprang voller Übermut in ihre Arme. Die junge Miko fing den kleinen, vor Freude schluchzenden Dämon auf, und wäre durch den Schwung beinahe nach hinten umgefallen. Liebevoll wuschelte sie durch seine rote Mähne.
„Shippo-chan! Ich bin so froh dich zu sehen! Wie geht es dir?“ fragte sie.
„Kagome-chan, endlich bist du wieder da! Ich habe dich so vermisst! Du hast mir so gefehlt!“ schluchzte der Rothaarige während er geräuschvoll die Nase hoch zog.
„Ist ja gut, Shippo. Es geht mir gut und nun bin ich ja wieder da! Aber sag, ist Inuyasha in der Nähe?“ fragte die Miko leise und zurückhaltend. Der Kitsune löste sich aus der Umarmung und sah sie mit tränenverschwommenen Augen an, bevor er traurig den Kopf schüttelte.
„Miroku und Sango sind alleine wieder von der Suche zurück gekehrt... sie wollten mich nicht mitnehmen, als du plötzlich verschwunden warst, meinten sie, es könnte zu gefährlich für mich werden.“ erklärte der Fuchsyoukai. „Inuyasha ist seit dem nicht mehr aufgetaucht und Sango meinte, wir sollten nicht nach ihm suchen... was passiert ist, haben sie mir aber nicht gesagt!“ Seine Stimmlage schwang von traurig zu trotzig bei dem letzten Satz. Kagome ließ erleichtert die Schultern sinken, als sie hörte, dass der Hanyou nicht hier war. Immer noch wollte sie ihm nicht gegenüber stehen. Shippo ging ein paar Schritte zurück und begutachtete seine Kagome. Als er den großen Inudaiyoukai hinter hier ausmachte, wurden seine Augen kugelrund.
„Ich wollte es ja nicht glauben, als Miroku erzählte, du seist bei Sesshoumaru!“ keuchte der Kleine ungläubig und starrte den Hundedämon an. Sesshoumaru blickte nur kühl von oben auf den kleinen Fuchsdämon herab. Sofort kam sich Shippo noch kleiner vor als er eh schon war und wandte den Blick dann auch gleich wieder ab. Kagome lachte und sah ihren kleinen Ziehsohn freudig an.
„Tja, manchmal weiß man nicht, wohin einen die Liebe trägt, nicht wahr, Sesshoumaru?“ sprach sie und drehte sich zu ihrem Gatten um. Wie gewohnt behielt er jedoch seine kühle Maske auf und tat, als würde ihn das alles gar nicht interessieren. Kagome seufzte innerlich. Sesshoumaru indes war beeindruckt, wie liebevoll Kagome mit jedem Geschöpf unter Kamis Himmel umging, egal ob Dämon oder nicht. Dieser Fuchs war noch sehr jung, in Menschenjahren etwa in Rins Alter, und er hatte keine Eltern mehr. Seine Miko musste eine Art Mutterersatz für ihn darstellen.
„Shippo, ich habe eine Überraschung für dich!“ wandte sich Kagome wieder an den Kleinen. Er blickte sie neugierig an.
„Ja? Was denn?“ fragte er voller Vorfreude. Was es wohl war? Fragte sich Shippo während er aufgeregt hin und her hüpfte.
„Rin-chan, komm doch mal her!“ rief Kagome und lugte hinter Sesshoumarus Rücken. Das kleine Mädchen nickte und glitt in einer fließenden Bewegung von Ah-Uns Rücken herab. Als Shippo Rin sah, stahl sich ein großes Leuchten in seine Augen und er grinste von der einen Backe zur anderen.
„Rin-chan! Du bist auch da!“ rief er freudig und rannte ihr entgegen.
„Shippo-chan! Ich freue mich so, dich wieder zu sehen! Lass uns was spielen, ja? Magst du Blumen?“ plapperte Rin, nahm den Fuchsdämon bei der Hand und zog ihn in Richtung einer Blumenwiese in der Nähe.
„Da gibt es sooo schöne Blumen! Und da können wir ganz tolle Kränze draus flechten. Ich mache dir einen und du mir einen! Ja? Schau mal, die Blumen dahinten, ich glaube sie heißen Vergissmeinnicht. Sind sie nicht schön? Soll ich dir aus ihnen deinen Kranz machen Shippo-chan?“ Rins Geplapper wurde immer leiser, je weiter weg sie sich entfernten, und Kagome sah den beiden mit einem warmen Lächeln nach. Schließlich drehte sie sich zu Sesshoumaru um.
„Lass uns nach unten gehen und Kaede-obaa-chan einen Besuch abstatten, ja?“ fragte sie.
Sesshoumaru nickte leicht und setzte sich in Bewegung.
„Jaken!“ sagte er kalt. Der kleine Kappa trollte sich sofort zu seinem Meister und fiel auf die Knie.
„Ja, Meister Sesshoumaru-sama?“
„Du wartest hier mit Ah-Un. Pass auf Rin auf.“ wies er ihn an und mit einem Seitenblick zu seiner Gattin fügte er noch hinzu „und auf den kleinen Fuchsdämon.“ Jaken nickte eifrig und zog an Ah-Uns Zügeln, um den Kleinen hinterher zu gehen.
„Nun komm schon, du störrisches Vieh, du...Ah, jetzt stell dich doch nicht so an!“ meckerte der kleine Youkai den Drachen an, der sich natürlich keinen Millimeter bewegte. Warum sollte er auch auf Jaken hören?
„Na komm schon du..du Kuh, du! Wir sollen doch auf Rin aufpassen!“ krakeelte Jaken und zerrte weiter an den Zügeln. Als der Drache jedoch Rins Namen hörte, begann er mit großen Schritten in Richtung der Blumenwiese zu traben, und zerrte den Kappa wie ein Fähnchen im Wind hinter sich her. Jaken kreischte etwas Unverständliches und dann waren die beiden auch schon aus dem Blickfeld des ungleichen Paares. Kagome gluckste vor sich hin und ging zusammen mit ihrem Gatten nach unten ins Dorf.
Sesshoumaru sah sich mit skeptischem Blick im Dorf um, die Menschen hier waren anders, als in den Dörfern, die er sonst so sah. Keiner lief vor Schreck davon, keiner schrie um Hilfe und keiner versteckte sich in seinem Haus. Die Leute liefen an ihm und Kagome vorbei, und grüßten die Miko freundlich und respektvoll, während sie ihn mit einem kurzen Nicken bedachten. Niemand hier hatte Angst, dass er sie abschlachten könnte. Ja, manche Menschen nahmen nicht einmal Notiz von ihm! Nachdenklich richtete sich sein Blick auf Kagome, die jeden, der ihnen entgegen kam, freundlich anlächelte und ein, zwei Worte mit demjenigen wechselte. Sie war in diesem Dorf bekannt und solange sie da war, würde auch nichts Unheilvolles passieren. Die Dorfbewohner hier vertrauten ihr wirklich blind!
Kagome schob den Bambusvorhang beiseite und trat in die Hütte.
„Kaede-obaa-chan!“ begrüßte sie die alte Frau und verbeugte sich leicht.
„Kagome-sama! Wie schön dich zu sehen!“ freute sich die Alte und erhob sich unter Anstrengung. Sie nahm Kagomes Hände und blickte ihr freundlich aus alten, von Falten umrahmten Augen entgegen.
„Meine Liebe, wie ist es dir ergangen?“ fragte sie fürsorglich an die junge Miko gewandt und zog sie an den kleinen Tisch in der Mitte der Hütte. Kagome setzte sich nieder, dankbar dafür, endlich ihren Füßen etwas Ruhe zu gönnen, und seufzte erleichtert. Sesshoumaru trat direkt nach ihr in die Hütte ein und würdigte die alte Miko mit einem kühlen Blick. Kaede stockte kurz, ließ ihren Blick schnell von der schwarzhaarigen Frau zu dem Dämonenlord schweifen und nickte kaum merklich.
„Sesshoumaru-sama.“ grüßte sie respektvoll mit einem angedeuteten Verbeugung. Der Daiyoukai nickte ihr entgegen und gesellte sich schließlich an die Seite seiner Frau, wo er sich niederließ.
„Dann ist es also wahr, was der Houshi-sama mir erzählt hat. Ich wollte es ja erst nicht glauben. Aber bei dir, liebe Kagome-sama, wundert es mich nicht!“ erläuterte die Alte wissend und ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre schmalen Lippen. Kagome sah sie neugierig an, die Frage in ihren Augen. Kaede gluckste leicht und erntete damit einen noch irritierteren Blick seitens der jungen Miko.
„Nun, wenn jemand Dämonen und Menschen zusammen bringen kann, dann nur du!“ erklärte die alte Miko, holte Teetassen vom Holzregal an der Wand und setzte sich an die andere Seite des Tisches. Mit zittrigen, faltigen Händen goss sie Tee in die drei Tässchen und setzte die vom Alter gezeichnete Kanne wieder ab.
„Nun, dann erzähle mal, wie du das geschafft hast.“ forderte Kaede mit einer ausschweifenden Handbewegung über das Paar auf. Kagome blickte mit einem Lächeln und einem leichten Rothauch um die Wangen zu Sesshoumaru und begann, ihre Geschichte zu erzählen. Die alte Miko hörte geduldig zu, nickte verständnisvoll und stieß an manchen Stellen entsetzt die Luft zwischen den Zähnen vor. Als die junge Frau fertig war mit ihren Erzählungen, war es schon dunkel draußen und Kaede blickte sehr ernst zu Sesshoumaru. Nachdenklich nickte sie.
„Ich verstehe. Ja. Dennoch... ich hätte nie gedacht, dass Inuyasha zu so etwas fähig ist. Nun, da werde ich in meinen alten Tagen doch noch erleuchtet.“ sprach sie mit einem bitteren Lachen.
„Kaede-obaa-chan, ich würde gerne meine Familie besuchen und, falls es möglich ist, Sesshoumaru mit nehmen.“ sagte Kagome nun ernst. „Würdest du denn auf die kleine Rin achtgeben? Sie kann dir sicher gut zur Hand gehen und sie ist sehr an Pflanzenkunde interessiert. Sicher kann sie einiges von dir lernen. Sind Miroku-sama und Sango-chan denn noch in der Nähe?“ fragte sie.
„Oh ja. Sie wohnen ein paar Häuser weiter. Ab und an gehen sie noch auf Reisen, aber das weißt du ja. Die meiste Zeit sind sie hier. Ich denke, dass kann ich tun. Die Kleine ist gut bei mir aufgehoben! Und Shippo wird sich sicher darüber freuen. Er war so alleine in letzter Zeit. Seit Inuyasha verschwunden ist und du...“ sagte sie und machte eine ausladende Handbewegung über die beiden. „Ja, das mache ich sehr gerne. Außerdem kann ich ein paar junge Hände gebrauchen.“ schloss sie ab und blickte Sesshoumaru ernst an. Der Youkai nickte.
„So sei es. Jaken wird mit Ah-Un in der Nähe bleiben.“ sprach er kühl mit seiner tiefen Stimme.
„Oh, apropos Rin, wir sollten die Kinder langsam wieder holen. Es ist schon dunkel und wir müssen ihnen ja auch Bescheid sagen!“ fiel Kagome ganz erschrocken ein und erhob sich schon.
„Ich bin gleich wieder da!“ rief sie noch und schon war sie weg. Eine beklemmende Stille breitete sich nun in der Hütte aus. Die Luft war zum zerreißen gespannt. Sesshoumaru sah desinteressiert in die Flammen des Herdfeuers und saß da wie eine Marmorstatue. Kaede räusperte sich.
„Ich hoffe, ihr wisst was ihr tut, Sesshoumaru-sama. Sie ist nach wie vor ein Mensch, wenn auch ein Außergewöhnlicher.“ sagte die Miko leise und goss nochmals Tee nach. Der Blick des Hundedämons schweifte zu ihren alten, grauen Augen. Äußerlich verzog er keine Miene, doch innerlich tobte abermals der Kampf in ihm – Herz gegen Verstand. Gefühle gegen Stolz. Mit wissendem Ausdruck hielt die Alte seinem Blick stand.
„Ihr wisst auch, was aus dieser Verbindung hervor gehen kann. Bitte seid euch dessen bewusst. Kagome-sama hat es nicht verdient, dass ihr Herz noch einmal so gebrochen wird.“ erklärte sie weiter und zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen, versuchte etwas in Sesshoumaru Gesicht zu lesen. Er starrte zurück bis er schließlich den Blick leicht senkte.
„Ich habe entschieden und meine Entscheidungen werden nicht in Frage gestellt. Von niemandem.“ sagte er leise und dennoch würdevoll.
Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Alten und sie nickte.
„Dann ist es ja gut.“
In diesem Moment schob sich der Vorhang an der Tür bei Seite und Kagome kam mit den Kindern im Schlepptau zur Hütte herein. Ihr Gesicht war vor Erregung erhitzt und gerötet und sie schickte ein strahlendes Lächeln in die Runde. Ihre Augen leuchteten.
„Kaede-obaa-chan. Das ist Rin! Ich glaube, ihr habt euch schon einmal getroffen!“ sagte sie an die alte Miko gewandt und schob die kleine Rin vor sich. Diese lächelte etwas schüchtern und verbeugte sich vor der Alten.
„Guten Abend Kaede-san!“ sagte sie höflich.
„Ah, meine kleine Rin! Wie groß du geworden bist!“ sprach Kaede, erhob sich und strich der Kleinen liebevoll über den braunen Haarschopf.
„Und, freust du dich schon, dass du hier bleiben darfst, bei mir und Shippo?“ fragte sie.
„Oh, ja! Das wird sicher toll! Und ich kann jeden Tag mit Shippo-chan spielen! Aber ich werde Kagome-chan und Sesshoumaru-sama sehr vermissen...“ fügte sie noch etwas traurig hinzu.
„Na, na. Die Zeit wird wie im Flug rumgehen! Du wirst gar nicht merken, wie lange die beiden weg sind! Wir werden sehr viel unternehmen und ich kann dir einiges zeigen und beibringen! Außerdem gibt es hier noch viele andere Kinder im Dorf, mit denen du spielen kannst. Und Sango und Miroku sind auch immer in der Nähe. Kennst du denn die kleine Kirara? Sie liebte es, mit Kindern zu spielen!“ erzählte die Alte und bugsierte Rin an ihre Seite.
„Oh, ja! Mit Kirara zu spielen macht wirklich riesig viel Spaß! Und weißt du was? Ich habe Wachsmalstifte von Kagome! Mit denen kann man schöne, ganz bunte Bilder malen! Wenn du willst, zeige ich sie dir und vielleicht darfst du sie auch benutzen!“ fügte Shippo ganz aufgeregt hinzu und tat überlegen, weil er etwas hatte, das andere nicht hatten, geschweige denn kannten. Rin bekam große Augen und Vorfreude stahl sich in ihren Blick. Sie nickte eifrig und strahlte ihr Eltern an. Kagome lächelte zurück und zog die beiden Kleinen in ihre Arme.
„Es wird euch hier gut gehen und wir sind ja nicht für immer weg!“ lachte die junge Miko. Ihr Blick schweifte zu Sesshoumaru, dessen goldene Iriden nachdenklich auf Rin ruhten. Es war eine gute Gelegenheit die Kleine Ihresgleichen wieder näher zu bringen. Er würde sie vermissen, das stand ganz außer Frage. Aber er konnte sie guten Gewissens hier lassen. Kaum ein Dämon traute sich in dieses Dorf, seit dem Naraku hier besiegt wurde, das wusste er. Außerdem würde sein Youki für lange Zeit eine Spur hinterlassen, so dass sich erst Recht kein niederes Wesen auch nur in die Nähe dieses Ortes wagte.
„Rin!“ sagte er leise, den Blick immer noch abwesend in das Feuer gerichtet. Die Kleine blickte ihn erwartungsvoll an.
„Sei brav und höre auf die alte Miko.“ sprach er und sogleich nickte das kleine Mädchen.
„Ja, Sesshoumaru-sama! Das werde ich!“
Als der Mond schon hell leuchtend hoch am Firmament stand und von tausenden, glitzernden Sternen umgeben war, verabschiedete sich das ungleiche Paar von Kaede, Rin und Shippo. Der kleine Fuchsdämon schniefte wieder und versuchte erfolglos, die Tränen zurück zu halten. Rin hingegen war voller Vorfreude und versuchte den kleinen Dämon mit allen erdenklichen Mitteln aufzuheitern.
„Bitte richte ganz liebe Grüße an Sango-chan und Miroku-sama aus, wenn du sie siehst, ja?“ rief Kagome noch an Kaede gewandt, bevor sie mit Sesshoumaru im dunklen Wald verschwand und seine Hand ergriff, als sie außer Reichweite der Menschen waren. Sie lächelte stumm vor sich hin und genoss die Stille und Zweisamkeit.
„Ich werde eine Markierung hier lassen.“ durchschnitt der Hundedämon schließlich die Stille. Kagome sah ihn fragend an.
„Mein Youki wird niedere Dämonen von Musashi und dem Wald hier fernhalten.“ erklärte er dann nur und schon ließ er seiner dämonischen Energie freien Lauf. Die gigantische Kraft bahnte sich ihren Weg durch den Wald in das Dorf und überschwemmte die nähere Umgebung. Kagome konnte nicht verhindern, dass ihr ein eisiger Schauer über den Rücken lief und eine Gänsehaut hinterließ. Sie hatte sein Youki schon des öfteren gespürt, trug es sogar in sich. Aber dies hier war etwas anderes! Er blieb stehen und schloss die Augen, konzentrierte sich und stieß seine gesamte dämonische Kraft nach außen. Kagome konnte diese gewaltige Kraft, die von ihrem Gatten ausging, fast greifen, so präsent waberte sie um sie herum. Alle Mikosinne in ihr schrieen auf, und sie hatte sichtlich Mühe sich zurück zu halten, um nicht gleich ihr Reiki gegen ihren Liebsten einzusetzen. Eine beängstigende Stille hatte sich eingestellt und sogar die Grillen hatten aufgehört zu zirpen.
Und so schnell wie es begonnen hatte, so schnell war es auch wieder vorbei. Sesshoumaru stieß einen Seufzer aus und setzte sich wieder in Bewegung. Die junge Miko beeilte sich, ihm hinter her zu kommen und immer noch stand der Unglaube in ihren Augen. Seine Macht war schier grenzenlos! Nie hatte sie ein stärkeres Youki gespürt, nicht einmal bei Naraku.
Sesshoumaru musste wirklich wahnsinnig viel an Rin liegen, wenn er seine Kräfte hier so zur Schau stellte, und Kagome war sich nun sicher, dass kein einziger Dämon, egal wie machtvoll er auch war, sich in die nähere Umgebung wagen würde.
Wenige Minuten später standen sie nun vor dem Knochenfresser-Brunnen. Kagomes Herz schlug ihr bis zum Hals und sie betete still zu den Kamis, dass es funktionieren würde. Sie war so aufgeregt, die Miko konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören, und sogleich beschleunigte sich auch ihre Atmung. Sesshoumaru sah ihr tief in die braunen Augen und konnte die unausgesprochene Angst sehr deutlich darin lesen.
„Es wird sicher funktionieren!“ flüsterte er mit Nachdruck in der Stimme und strich mit seinen Klauen an ihrer Wange entlang, steckte eine lose, im Mondschein schimmernde Haarsträhne hinter ihr Ohr. Der Dämon hauchte einen zärtlichen Kuss auf ihre vor Spannung bebenden Lippen und ergrifft zärtlich ihre Hand. Kagome verschränkte ihre Finger mit den Seinen und drückte kurz zu, vergewisserte sich, dass er hier war, sie ihn berühren konnte. Entschlossen und von neuem Mut ergriffen schritt sie mit ihrem Gatten an den Rand des Brunnens. Mit der freien Hand umklammerte sie das noch unvollständige Shikon no Tama und schickte ein Stoßgebet nach dem anderen gen Himmel. Bitte, lass es funktionieren! Bitte, ich liebe ihn! Er muss einfach mitkommen können! Dachte sie. Sesshoumaru schlang seine Arme um ihre Taille und hob sie an, drückte sie fest an sich und blickte ihr tief in die Augen. Seine Iriden leuchteten in intensivem Gold und die junge Miko verlor sich in den Tiefen seiner Seelenspiegel. Sie schlang die Arme um seinen Oberkörper und drückte sich noch fester an seine muskulöse Brust, spürte seine Wärme durch den Stoff und seinen Atem an ihren Lippen. Ganz leicht konnte sie sein Herz unter seiner Brust flattern hören. Auch er schien aufgeregt zu sein! Entschlossen nickten die beiden im selben Moment einander zu und der Inudaiyoukai stieß sich kräftig vom Boden ab, hinein in die alles verschluckende Dunkelheit des tiefen Brunnens...