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Vorwort - Weil es mehr als nur Schwarz und Weiß gibt... Alltag, Aufklärung, Biografie, Erklärung, Erklärungen/Aufklärungen, Transidentität, transsexualität, Werdegang

Autor:  Sternengaukler
da mich immer wieder die leute fragen, darunter auch einige betroffene, schreib ich mein ts-tagebuch jetzt auch hier. (als FF ist es ja leider nicht gestattet, OBWOHL biografien bekanntlich auch als bücher gelesen werden...) wer mehr wissen möchte, bitte einfach abonieren und ihr werdet es dann auf der startseite sehen, wann es neuigkeiten gibt. ich hoffe, das euch meine persönlichen erlebnisse, schilderungen, erklärungen und tips helfen werden, wenn ihr selbst betroffen seit oder einfach nur interesse am thema habt. vlt kennt ihr ja auch betroffene. ich möchte hier nichts von mitleid oder sonst was hören/lesen. es geht rein um die unverblümten fakten, wie es wirklich ist, da dieses thema immer wieder verurteilt oder totgeschwiegen wird. wer damit nicht klar kommt, ok. akzeptiere ich. aber lasst bitte unhöfliche anmerkungen jeglicher art, denn es betrifft nicht nur mich, sondern auch viele andere betroffene.

nocheinmal: es geht hier um MEINE persönlichen erlebnisse in form der doch recht starken ausprägung dieser 'krankheit'. solltest du dich nicht drin wieder finden können oder nur ein wenig, dann kann es durchaus sein, das du eben nicht TG bist oder nur eine leichte form davon hast. die berichte jedenfalls beziehen sich auf starke ausprägung dieser art.



vorwort:
Es fällt mir i-wie schwer anzufangen... Ich schieb's jetzt schon seit Monaten vor mir her.
Doch weiß ich das ich es eigentlich will und meine Freunde gerade zu darauf brennen, endlich mehr über mein Leben zu erfahren als TS.
Endlich habe ich mein TS-Tagebuch wieder gefunden. Zu erst dachten wir, es wäre geklaut worden. Abwegig, aber nicht unmöglich, da es eine zeit gab, wo immer wieder etwas einfach verschwand.
Wir hatten alles abgesucht... nichts. Nirgends war es zu finden gewesen.
Dank eines glücklichen Zufalls ist es nun wieder aufgetaucht. Ich schaute nichts ahnend in einen Karton unterm Bett und sah es da plötzlich. Doch warum?
Ich habe es dort nicht hinein gelegt. Ich frage mich auch jetzt noch, wie das dort hin gekommen ist. Sei's drum...

Nun... Wie einige wissen bin/habe ich TS. Transsexualität. Betroffene bevorzugen jedoch das Wort 'Transidentität', da dies weniger nach irgendeinem Fetisch klingt.
Denn gerade das ist es nicht! TS bedeutet ein Fluch fürs Leben. Es ist kein Leben an sich.

Leute die nicht betroffen sind, können es nicht nach voll ziehen. Können nicht verstehen das es keinen Tag gibt (KEINEN!) an dem es einen nicht quält.

Transsexualität bedeutet, das man sich im falschen Körper fühlt. Bzw: das man im falschen Körper IST.

Wie man ständig das Gefühl hat angestarrt zu werden, sich selbst nicht im Spiegel ansehen mag, man sich abgrundtief hasst und hässlich findet. Oder man sich nicht einmal waschen oder gar entkleiden mag, weil man einen Ekel vor sich selbst empfindet. (Waschen muss sein. Klar! Jedoch ist gerade das tagtäglich eine Tortur, bis man sich endlich soweit durchgerungen hat)

Es gibt Menschen, die so etwas evtl als Schönheits-OPs sehen. Es als 'Luxusprobleme' bezeichnen.

Luxusprobleme? Es sei nur so viel gesagt: (Ein Freund aus einem Forum hat es mehr als trefflich formuliert.Text leicht diesem Beitrag angepasst.)


Denke darüber nach wie es dir gehen würde, wenn man sich 24/7 absolut unwohl fühlt. Es gibt KEINE Sekunde in der du dich auch nur irgendwie wirklich richtig wohl fühlst. Dinge die dich an dir stören, die nicht zu deinem Körper gehören, fallen dir permanent auf. Sie sind immer da, sie stören, sie nerven, sie treiben einen in den Wahnsinn.
Jedes mal wenn dich irgendjemand mit "Junger Mann/Junge Frau" (gewählt nach dem Biologischen Geschlecht) anspricht, durchlebst du ein riesen Spektrum an Emotionen, das von "ich spring dir gleich ins Gesicht" bis hin zu "alles scheisse, ich geh nie wieder ausm Haus" reicht.
Dein Selbstvertrauen ist (zumindest bei den meisten) total im Eimer. Stell dir vor, du musst täglich wenn du rausgehst im Kleid verkleidet, vollkommen aufgetakelt, wie im Faschingskostüm rumlaufen. Ungefähr so fühlt es sich für viele TG an. Du hast immer nur eines im Kopf: "Gucken die mich an? Sehen die mir das an? Schaut mich nicht an, das ist schrecklich! Das bin nicht ich! Bloß nicht auffallen." etc.
Durch das mangelnde Selbstvertrauen und die anfängliche Angst kommt die Lähmung... Du bist gelähmt, du weißt nicht was du tun sollst, du findest keinen Ausweg. Mit derlei Gedanken, die dich beschäftigen, ist es sicher super nen Job auszuüben/Ausbildung zu machen. Da kommt der Existenzkampf, den viele dank finanzieller Schwierigkeiten durchleben, unter anderem verursacht durch diese Probleme.


Und nein, TG können NICHT selbstreflektieren und sagen "ja, ist ok. Biologisch bin ich männlich/weiblich, aber geistig bin ich genau andersrum". Vergiss das.
Denn ganz im Gegensatz zu den meisten wirklich psychisch kranken, wissen TG, das sie sich selbst nicht suggerieren können, das alles ok ist, weil eben unter anderem das physische Gefühl STÄNDIG vorhanden ist.
Soviel zum "Luxusproblem".

Ein Transgenderkind sieht ein normales Kind und fragt sich "warum bin ich nicht so?". (Und ich habe es jeden Tag getan~ In der Schule, der Lehre, beim Einkaufen gehen. Bis HEUTE tue ich es.) Und das lässt sich nicht aus der Welt schaffen.
Das Gefühl, im falschen Körper zu sein, wirst du nie abstellen oder vermindern können, außer du passt dein Äußeres so an, wie es für dich richtig erscheint.(Und die Betonung liegt darauf, wie es für DICH richtig ist!) Durch reine "Wir behandeln dich nun so wie du möchtest"-Mentalität wird zwar die Lebensqualität drastisch erhöht, aber der Druck von einem selbst dass das nicht (komplett) richtig ist bleibt.

Es ist NICHT therapierbar, wie viele vlt träumen. Es ist auch nicht krank oder Hirngestört, keine Phase, keine Einbildung, NICHTS dergleichen! Es ist eine geschlechtsspezifische Seele im Falschen Körper.

(Auch wenn viele Ärzte dies als Krankheit eingestuft haben, ist es jedoch keine an sich. Die Einstufung hilft uns jedoch bei der Kostenübernahme für Therapien und OPs)

Forscher vermuten, das es wärend der Embryonalphase schon festgelegt wird, ob ein Mensch TS ist oder nicht.

Da, wo sich alles entwickelt und man 'gepolt' wird. Denn der Kopf muss auch zum Körper passen.

Eine andere Vermutung der Forscher liegt in der Pupertät. So gibt es doch angeblich bei jedem eine Phase, wo man sich mit seinem eigenen Geschlecht abfindet bzw. bewusst wird. In der Pupertät findet man sich selbst.

Dies ist eine Zeit im Leben, wo man nicht immer weiß, was man ist, will oder denken soll.

Einige zweifeln, andere nicht. Bei wiederum anderen bleibt der Zweifel bis zum Lebensende.

(Etwas was ich jedoch ablehne, da man als TS/TG schon als Kleinkind spürt, das etwas nicht stimmt)

Zweifel am Geschlecht... Nun... das ist ganz normal. Zumindest in der Pupertät.

Die meisten wissen danach wer sie sind und auf welches Geschlecht sie stehen.

(Ob Homo, Bi oder Hetero spielt für mich jedoch keine Rolle. => Nennt man Toleranz)

Oder auch nicht... Denn ich z.b. wusste es nicht. Ich wusste lange Zeit nicht. wer oder was ich bin und auf was ich stehe.

Letzteres wäre endlich geklärt. Ich weiß da sich Bi bin. Ersteres bereitet mir jedoch auch jetzt noch Kopfzerbrechen.

Denn ich bin weder das eine, noch das andere und keines von beidem kann ich je zu 100% werden. Egal ob ich meinen Weg nun weiter gehe oder nicht.

100% Zufriedenheit wird keinem TS gelingen. Damit muss man leben in solch einer Situation.

Solltest du das gleiche fühlen (und dies hab ich bereits bei einigen erlebt), geh und such dir Hilfe!

Ein Psychologe wäre ein Anfang. Ansonsten kommst du nie aus diesem Unwissen heraus. Wenn man das geschafft hat, kann man wenigstens mit gutem Gewissen sagen, ich bin TS oder eben nicht.

KEINER wird dir je einfach einen Befund vor die Nase halten, mit dem Ergebnis: Transsexualität.

Denn letztlich musst du SELBST es wissen. Ein Psychologe HILFT dir nur bei deinem Weg zur Erkentniss.

Hilfe, die ich jedem dringlichst anrate, der eben solche Zweifel hegt.

Ich selbst wäre wohl an dieser Unwissenheit krepiert. Es war ein großer Schritt, endlich in Worte fassen zu können, was dieses Unwissen herauf beschworen hat. Was es ausgelöst hat. Die Ursache zu kennen, kann für jemdandem wie mich bedeuten, eine unglaubliche Last abgenommen zu bekommen. Psycholigische Hilfe ist wichtig. Wichtig sind aber auch noch Familie und Freunde die dich verstehen. (Oder es zumindest versuchen) DIESE sind das Wichtigste, was man haben kann in solchen Situationen. Meine Freunde haben es geschafft, mich aus diesem Loch heraus zu holen, in welches ich nach der Diagnose gefallen bin. Als ich wusste, was mein Problem ist.


Suizidale Gedanken begleiten dich oft. Vor allem, wenn man keine Hilfe bekommt. Wenn man kein Ventil findet, um sich mal aus zu lassen, zu entspannen. Auch VOR dem Wissen, das man TS ist. Gerade dann befindet man sich oft in einem so tiefen Loch, das es wirklich schwer ist, dort wieder heraus und in die Senkrechte zu kommen.

Letztlich muss man sich jedoch selber aufraffen, die Hand nehmen, die einem gereicht wird und weiter machen. Denn wenn man sich aufgibt, wie erfährt man dann, was die Zukunft bringt?

Ich tat diesen Schritt vor 2 Jahren, als ich 18 war. Viel zu spät! Ich hätte früher gehen sollen. Dann hätte ich mir vlt vieles ersparen können. Ich bereue es bis heute, das ich mich erst so spät darum gekümmert habe. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer...

Das Gefühl zu wissen, was los ist, war erleichternd, gleichsam aber auch erdrückend und verwirrend. Nie zuvor hatte ich davon gehört. (Natürlich! Keiner spricht gern darüber!)

Man vermute, ich sei im falschen Körper, meine Psyche sehr gestört deswegen und mein Körper wehre sich auch physisch gegen gewisse... geschlechtsspezifische Dinge. Ich wollte es erst nicht wahr haben, innerlich aber wusste ich, das es wahr war.

Denn,

WIESO spürt man als Kleinkind schon das man eigentlich nicht zu dem gehört, wonach man behandelt wird?

WIESO weiß man, das etwas am Körper fehlt oder nicht dazu gehört??

WIESO fühlt man sich so schrecklich, wenn die Mädchen/Jungen einen nicht dabei haben wollen und man doch gefälligst mit den eigenen Geschlechtsgenossen spielen solle, mit denen man jedoch nix anfangen kann??

Gerade das versteht man eben nicht! Es sind NICHT die eigenen Geschlechtsgenossen!

Dein Körper weiß es nicht, dein Geist versteht es nicht, beides geht kaputt.

Ein immer währender Zwist mit dir selbst. Geist gegen Körper und umgedreht. Du gehst einfach kaputt, man wird ständig krank, man hat keine Lust mehr zu irgendetwas, man ist unfähig auch nur die leichtesten Aufgaben zu bewältigen. Man hasst sich selbst.

Selbsthass ist Standart. Selbstverletzungen wiederum nur bei schwereren Fällen üblich. In ganz schlimmen Fällen, die bereits erwähnten Suizidgedanken. Ich kenne, oder besser kannte, viele TS die ihrem Leben ein Ende setzten, weil sie nicht klar kamen damit. Ich war zu unwissend damals, um ihnen wirklich helfen zu können. Denn selbst die OP-Ergebnisse sind nicht das, was man braucht bzw. haben sollte.



Innerlich weiß man es... Man weiß, das man nicht das ist, was man zu sein scheint. Nur kann man sich nicht ausdrücken, weil man nicht weiß, wie! Ich danke meinem Psychologen auch heute noch dafür, das ich endlich weiß, was ich zu sagen habe, wenn ich den Leuten versuche zu erklären, was mit mir los ist, wie ich auch meiner besten Freundin danke, das sie mich bis heute nicht aufgegeben hat, waren manche Situationen auch noch so schwer.

Um ein wenig Verständnis euch näher zu bringen, den Leuten zu helfen und Fragen zu klären, denke ich, das ich einige oder vlt alle meiner Tagebucheinträge hier veröffentlichen werde...
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Datum: 06.02.2013 18:26
Hallo!

Erst einmal finde ich es mutig von dir, einen Weblogeintrag zu diesem doch recht speziellem Thema zu verfassen. Nach wie vor wird dieses Thema von Nicht-Betroffenen milde belächelt, was sehr traurig ist, denn bei einem 'milden Lächeln' bleibt es meist nicht.

Da ich selber ein Transgender bin (Transmann), finde ich mich in einigen Stellen deines Textes wieder. In anderen wiederum nicht.

Ich werde folgendermaßen vorgehen, sofern das für dich okay ist- ich werde Teile deines Textes zitieren und ein bisschen was dazu schreiben.
Sollte dir das in irgendeiner Form missfallen, schicke ich dir in Zukunft ENS oder wir werden uns anderweitig einig.

Vorweg:
Ich kritisiere deinen Text nicht, auch nicht deine Gefühle und/oder Wahrnehmungen, ich stelle ausschließlich Vergleiche mit mir an und ich sehe mich selbst definitiv nicht als Richtwert.

Leute die nicht betroffen sind, können es nicht nach voll ziehen. Können nicht verstehen das es keinen Tag gibt (KEINEN!) an dem es einen nicht quält.
Ich muss sagen, dass es mich sehr ärgert, nicht im richtigen Körper zu sein, das stimmt. Es ist auch richtig, dass es täglich so ist. Aber ob es mich quält, kann ich gar nicht sagen, da ich viel mit Wut kompensiere. Und meine Gesundheit und der Überlebenskampf meiner Frau und mir, samt Tierscharr, an erster Stelle steht. Vielleicht sind auch genau das die Gründe, weswegen ich dieses Thema weniger an mich heranlasse- ich habe dafür schlichtweg nicht die nötige Zeit. Ich habe mir vorgenommen, mehr Sport zu treiben. Bilder wie dieses machen mir Mut (wobei ich befürchte, dass hier Amphetamine im Spiel sind), mein Ziel doch erreichen zu können:
http://www.workout.de/attachments/kraftsport-krafttraining-kraftaufbau/11725d1224830869-wie-muskuloes-darf-eine-frau-sein-ernaehru​ng01.jpg

Zudem habe ich zusätzlich das Laster, weitaus kleiner als der Durchschnittsmensch zu sein, manche sagen, ich läge bereits im Kleinwuchs, andere, dass ein paar Zentimeter dazu fehlen würden. Unter meiner Größe leide ich ebenfalls und die kann ich leider nicht einfach erhöhen. Selbst, wenn ich mich demnach umwandeln lasse (was gesundheitlich vermutlich nicht geht bei mir, da bereits zahlreiche Vorerkrankungen vorhanden sind), wäre ich maximal ein kleiner Mann. Egal, was ich also täte, ich würde niemals meinen eigenen Vorstellungen entsprechen können. Niemals.
Da steht die Frage groß im Raum: Wie viel Änderung lohnt sich überhaupt?


Wie man ständig das Gefühl hat angestarrt zu werden, sich selbst nicht im Spiegel ansehen mag, man sich abgrundtief hasst und hässlich findet. Oder man sich nicht einmal waschen oder gar entkleiden mag, weil man einen Ekel vor sich selbst empfindet. (Waschen muss sein. Klar! Jedoch ist gerade das tagtäglich eine Tortur, bis man sich endlich soweit durchgerungen hat)
Wenn ich mir das hier durchlese, kommen bei mir auch die Zweifel, ob meine Leiden für einen Gutachter reichen würden, denn ich fühle mich von der Öffentlichkeit nicht angestarrt, es ist höchstens eine Art Dauer-Schämen.

Und das mit dem Waschen ist schon hart. So intensiv empfinde ich auch nicht. Für mich sind das einfach nur Hautlappen, die da an mir runter hängen- klar, die Hüfte nervt mich ziemlich, aber da versuche ich ja mit Abnehmen so gut es geht entgegen zu wirken. Schwierig wird es dann beim Krafttraining, wenn die Oberschenkel bleiben würden... aber so weit bin ich noch nicht.

Jedes mal wenn dich irgendjemand mit "Junger Mann/Junge Frau" (gewählt nach dem Biologischen Geschlecht) anspricht, durchlebst du ein riesen Spektrum an Emotionen, das von "ich spring dir gleich ins Gesicht" bis hin zu "alles scheisse, ich geh nie wieder ausm Haus" reicht.
Diesen Punkt allerdings kann ich nachvollziehen. Keine Ahnung, ob ich in der Lage dazu bin, ein 'riesen Spektrum an Emotionen' zu fühlen, aber es tut schon weh, wenn man mich auf mein biologisches Geschlecht anspricht. Gerade bei Fragebögen habe ich schon häufiger kritisiert, dass es eine Option für "Transgender" geben sollte.
Natürlich bin ich wütend, aber ich weiß auch, dass mein Gegenüber es nicht besser weiß. Schlecht ist es nur, wenn meine Bitte dann dennoch keinen Anklang findet, denn dafür kann mein Gegenüber etwas. Und ich will nicht jedem davon erzählen, dass ich mich eigentlich als Mann fühle, denn oft erntet man schräge Blicke und ich bin ohnehin schon zu tief in anderen Randgruppen, um zusätzliche Lasten ertragen zu können oder zu wollen, demnach wäge ich sehr genau ab, wen ich darüber in Kenntnis setze.

Und nein, TG können NICHT selbstreflektieren und sagen "ja, ist ok. Biologisch bin ich männlich/weiblich, aber geistig bin ich genau andersrum". Vergiss das.
Denn ganz im Gegensatz zu den meisten wirklich psychisch kranken, wissen TG, das sie sich selbst nicht suggerieren können, das alles ok ist, weil eben unter anderem das physische Gefühl STÄNDIG vorhanden ist.
Bin ich kein TG, wenn ich das zum Teil kann? Es geht hier doch vor allem um gesellschaftliche Anerkennung- wenn die Menschen jeden erst einmal neutral behandeln würden und keine geschlechtsspezifischen Unterschiede machen würden, gäbe es dieses Problem vielleicht nicht in der bestehenden Intensität, wie das heute der Fall ist. Es gab damals Indianer, die Two-Spirits, die ebenfalls Transgender waren. Sie wurden gesellschaftlich hoch angesehen und durften alles tun, was sie wollten. Sie durften sich sogar gleichgeschlechtliche Partner nehmen, das war alles kein Thema.

Natürlich stört es mich, vor allem auch beim Sex, wenn ich meinem Weibe nicht meinen Besten einschieben kann. Aber nun ja, sie hätte auch gerne einen und so leiden wir zumindest gemeinsam... Sie bspw. sagt, sie ist ein weiblicher Mann (fühlt sich aber nicht als Frau), würde aber durch die Gutachter erst recht nicht durchkommen, wo es bei mir schon zum Teil zweifelhaft ist.

Und etwas zu den "psychisch Kranken"- da ich Psychologie studiere, finde ich diese Behauptung recht holprig, denn oftmals sind es genau die "Normalen", die sich mit Selbstsuggestion etwas vorlügen, weil sie sich sonst nicht ertragen, nicht unbedingt die "psychisch Kranken".
Es sind die "psychisch Kranken", die Opfer von psychischer und physischer Gewalt der Gesellschaft geworden sind, demnach sind die die Wirkung, nicht die Ursache.
Da muss man differenzieren.

Ein Transgenderkind sieht ein normales Kind und fragt sich "warum bin ich nicht so?". (Und ich habe es jeden Tag getan~ In der Schule, der Lehre, beim Einkaufen gehen. Bis HEUTE tue ich es.) Und das lässt sich nicht aus der Welt schaffen.
Nun, das Problem kenne ich besonders intensiv aus der Schulzeit. Allerdings aus zwei Perspektiven, denn ich bin auch ein Asperger Autist, von daher eh nicht sonderlich auf Sozialkontakte 'scharf'. Es ist schon ironisch, dass ich zu der Zeit gerne hin und wieder bei den Jungs gestanden hätte -ich liebte Videogames und Horrorfilme und hätte mich gerne ausgetauscht- denn die Mädchenthemen interessierten mich überhaupt nicht, aber sie ließen mich nicht, weswegen ich ziellos auf dem Schulhof herumlief, wenn ich mich alternativ nicht im Klo einschließen konnte.

Vielleicht habe ich mich innerlich damit abgefunden, dass es in diesem Leben nicht viel anders sein wird, vielleicht liegt es bei mir aber auch am voran geschrittenem Alter, dass ich keinen so starken Leidensdruck habe, dass ich mich umbringen möchte, wenn ich mein Geschlecht nicht ändern lasse. Vielleicht liegt es auch an etwas ganz Anderem, keine Ahnung. Als Autist musste ich mich ohnehin damit abfinden, dass ich "soziale Verhaltensweisen" niemals verstehen oder nachvollziehen werde, wohl möglich kann man dann besser damit umgehen, wenn man außerdem nicht sein wahres Geschlecht hat.
Unterstützung von Familien und Freunden habe ich sowieso nicht, da es mir an beidem (bis auf eine Person als Ausnahme) fehlt.
Meine Frau allerdings habe ich (wenn wir auch überlegen, ob wir zu unserem 10.Hochzeitstag eher eine heterosexuelle oder eine homosexuelle Zweithochzeit feiern wollen- Zweiteres dann im Ausland, das leider auch nicht sicher ist, gerade für "Homos" nicht) und die bleibt auch, so muss ich mir keine Sorgen mehr um einen passenden Partner machen. Kinder kann ich ihr niemals zeugen, auch nach einer OP nicht. Und da ich zudem auch noch asexuell bin, ist der Druck bei mir vielleicht nicht ganz so hoch, wie bei anderen (zumal ich eh nur rausgehe, wenn es nötig ist, demnach halten sich meine sozialen Kontakte noch in Grenzen).

Dieses Zitat finde ich persönlich bedeutsam:
Denn ich bin weder das eine, noch das andere und keines von beidem kann ich je zu 100% werden. Egal ob ich meinen Weg nun weiter gehe oder nicht.
Denn schließlich ist es genau das, was ich meiner Frau sage, wenn sie mir gut zuredet, mich öffentlich mit meinem männlichen Namen anzureden und bei Fragebögen 'männlich' anzukreuzen: "Ich bin weder das eine, noch das andere wirklich/ zur Gänze."
Und das ist schon recht hart, gerade, wenn auch noch die Angst vor Gespött dazu kommt. Als lebenslanges Mobbing-Opfer bin ich dahingehend längst vorgeschädigt.

Meine Freunde haben es geschafft, mich aus diesem Loch heraus zu holen, in welches ich nach der Diagnose gefallen bin. Als ich wusste, was mein Problem ist.
Das habe ich im Asperger-Forum schon nicht verstanden (abgesehen von den Freunden)- warum fällt man nach der Diagnose in ein Loch? Ich habe die Diagnose AS bekommen und bin in kein Loch gefallen, denn ich wusste vorher schon, was los ist- dasselbe ist es mit der Transsexualität. Ich persönlich sehe Diagnosen immer nur als Hilfe, denn was man benennen kann, kann man bis zu einem Teil auch bekämpfen bzw. verändern.

Suizidale Gedanken begleiten dich oft. Vor allem, wenn man keine Hilfe bekommt.
Suizidgedanken habe ich persönlich deswegen nie. Aber vielleicht liegt das daran, dass mich die Meinung anderer Menschen (so lange sie mich in Ruhe lassen/ nicht mobben) nicht viel schert. Und dass man keine Hilfe bekommt, das kenne ich in vielen Lebensbereichen. Das empfinde ich als gesellschaftliches Problem, an dem ich nicht Schuld bin, weswegen ich mich dafür nicht selbst bestrafen sollte.

Du gehst einfach kaputt, man wird ständig krank, ...
DAS allerdings kenne ich!
Echt nervig, ständig irgendwelche Entzündungen zu haben und die Krankheiten häufen sich...

So, nun bin ich am Ende deines Textes angelangt. Meine Frau möchte Aufmerksamkeit, die ich ihr jetzt auch zu geben gedenke. ;)

Das Thema ist heikel, aber ich finde es gut, dass du es nieder schreibst. Es hilft mir, andere und mich selbst besser verstehen zu lernen. Ich werde auch weiterhin nach Einträgen von dir zum Thema Ausschau halten.

Für die Zukunft wünsche ich dir viel Erfolg und Unterstützung und dass alles gut wird! :)

LG,
Dae
~~ Vive ita vitam tuam, at te paeniteat nullius rei.
Antea sectari alios debui, aliis studere,
hodie me sectabimini, mihi studere debebitis
~~


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