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Le Compte et la Comptesse

von

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Regen

Sie hatte die Augen noch gar nicht geöffnet, da wusste sie schon, dass es ein miserabler Tag werden würde. Der erste Grund, der ihr in den Sinn kam, war die Tatsache, dass Montag war, was natürlich nicht das Schlimmste darstellte. Viel schrecklicher war der zweite Grund, der unaufhörlich an ihre Fensterläden pras-selte. Sie hasste Regen, vor allem wenn es auf den Winter zu ging und es immer kälter wurde. Und genau dies war der Fall. Mit jeden Tag wurde es kälter und wenn es dann auch noch regnete und man wie ein nasser Pudel nach Hause gekrochen kam, wo natürlich ein eiskaltes Bett wartete, hatte sie endgültig die Schnauze voll. Die Augen fest zu kneifend, rollte sie sich wieder in ihre Decke ein und versuchte dieses lästige Ge-räusch des Regens auszusperren. Doch kaum war sie dabei wieder weg zu dämmern, pochte es laut an ihrer Wohnungstür, wodurch sie erschrocken hochfuhr. Ohne auch nur auf Antwort wartend, sprang die Tür auf und sie hörte, wie mehrere Herren fluchend ihre Wohnstube betraten. Schnell sprang sie aus dem Bett, was ihr Kopf mit einem Schwindel dankte, um sich anzuziehen. In Windeseile hatte sie den einzigen Stuhl im Schlafzimmer vor die Tür gestellt, bevor versucht wurde, diese zu öffnen.

"Aramis? Schläfst du etwa noch?", war sehr deutlich D'Artagnans Stimme zu hören. Während sie zügig ihr Nachthemd auszog und den Verband anlegte, der ihre weiblichen Kurven zu verdecken gedachte, schrie sie mit möglichst schlechter Laune:

"Bis vor drei Minuten habe ich dies getan." Der junge Gascogner sah mit einem vielsagenden Blick zu seinen beiden Begleitern, die sich ein Grinsen auch nicht verkneifen konnten.

"Wolltest dich wohl vor dem Dienst drücken, was?", tönte Porthos, während er die Schränke seines jungen Kameradens nach etwas Essbaren durchsuchte. Mit einem Mal sprang die Tür zum Schlafzimmer auf und Aramis stand angezogen darin.

"Bei dem Wetter verwundert das jawohl nicht, mein Dickerchen, oder?", neckte sie ihn grinsend und nickte den anderen zu:

"Morgen ihr zwei." D'Artagnan nickte zurück und Athos, der sich auf einem Stuhl niedergelassen hatte, grinste sie nur an. Der Musketier hatte seinen Umhang abgelegt und ihn einfach auf den Boden fallen lassen. Seinem Beispiel folgten nun auch die anderen Beiden, während Aramis das von Porthos gesuchte Essen auf den Tisch zauberte. Bevor dieser jedoch zugreifen konnte, schnappte sie sich ein Stück Brot, damit sie nicht hungrig blieb. Langsam ließ sie sich an diesem kauend auf einen weiteren Stuhl sinken und beobachtete ihre drei Freunde. Sie hatte sie wirklich liebgewonnen. Schon seit vollen acht Jahren bestritt sie mit ihnen Aben-teuer. Und doch wussten sie eigentlich nichts von ihr. Wobei sie sich eingestehen musste, dass ihr Jüngster doch sehr viel mehr wusste, als ihre beiden längsten Freunde. Wodurch er ihr Geheimnis entdeckt hatte, blieb ihr bis heute ein Rätsel, wobei sie einen kleinen Verdacht hegte. Doch sobald sie ihn darauf ansprechen wollte, kamen die anderen hinzu. Sie kannte sie nun schon so lange und verheimlichte ihnen dieselbe Zeit ihre wahre Identität: la Comptesse Renée d'Herblay. Um ehrlich zu sein, hatte sie sogar tiefgründige Angst ihnen dieses Geheimnis anzuvertrauen. Angst vor ihren Reaktionen, Angst vor den eigenen Gefühlen, einfach alles machte ihr Angst. Nachdenklich kaute sie auf dem Stück Brot herum und strich über das Amulett, wel-ches sie Menson abgenommen hatte, nachdem sie ihn getötet und somit ihren Verlobten Francois gerecht hatte. Durch ihre geistige Abwesenheit bemerkte sie nicht den durchdringenden Blick, den ihr Athos zuwarf.

"Warum hast du Menson eigentlich dieses Amulett abgenommen?", drang Athos' Frage an ihr Ohr. Nur langsam hob sie den Blick und richtete diesen auf ihn. Ihr Blick war für Athos und auch die beiden Anderen, welche ihren Kollegen interessiert ansahen, so ungewohnt. Aus ihm sprach eine Mischung aus Sanftmut, Trauer und Hass. Selten war ihnen so ein gegensätzlicher Blick von ihrem Freund zugeworfen worden. Sie seufzte leise und begann mit leiser Stimme zu sprechen.

"Dieses Amulett gehört mir seit dem Tod meiner Eltern. Ich habe es einem guten Freund, Francois, als Zei-chen meiner Freundschaft geschenkt. Eines Nachts wurde Francois überfallen und getötet, dieses Amulett gestohlen. Ich sah noch wie die Mörder verschwanden, erkannte Menson. Ich habe Rache geschworen und bin aus diesem Grund nach Paris gekommen und zu den Musketieren dazu gestoßen. Es hat, wie ihr wisst, Jahre gedauert, aber nun habe ich meine Rache vollzogen und mir dieses wertvolle Erinnerungsstück zurück-geholt." Ihr Blick war unergründlich, als sie die Drei nach ihren Erzählungen anschaute. Sie staunte selbst über ihre Offenheit und Ehrlichkeit, abgesehen von der kleinen Notlüge, dass Francois nur ein guter Freund gewesen war. Und ihre Freunde? Porthos hatte doch wahrhaftig im Essen innegehalten und starrte Aramis mit offenen Mund an. Schließlich schloss er ihn und schluckte schwer. Auch er schien überrascht von der Erzählbereitschaft seines Freundes. Als ihr Blick zu Athos schweifte, traf sie auf einen Blick, der sowohl Mitleid als auch etwas anderes, was sie nicht zu deuten vermochte, beinhaltete. Seine grauen Augen schienen sie genau zu mustern. Doch etwas verlegen, wandt sie ihren Blick zu D'Artagnan, der nur leicht lächelnd nickte, als er ihrem Blick gewahr wurde. Erleichtert flog nun auch ein Lächeln über ihre Lippen und ihr Blick sendete ihm ein stummes Danke.

"Mann, Aramis. Warum hast du uns das nie erzählt? Wir dachten schon, du hättest uns verraten, als du frei-willig im Louvre geblieben bist, um Kommandant der Wachen zu werden. Hätten wir gewusst, dass du es nur auf Menson abgesehen hast." Porthos schüttelte unverständlich den Kopf und stopfte sich dann ein Stück Brot in den Mund. Aramis lächelte nun.

"Schon gut, Kumpel. Das war eine Angelegenheit zwischen mir und Menson und sie ist erledigt. Ich danke euch natürlich, dass ihr mich so bereitwillig wieder in eure Mitte aufgenommen habt.", grinste sie breit und schlug dem Ältesten der Musketiere freundschaftlich auf die Schulter. Mit einem kurzen Auflachen erhob sich Athos und meinte:

"Und wie du das kannst, mein Lieber." Sein Blick war für einen Moment eiskalt, wurde dann jedoch resi-gnierend.

"Aber andererseits kann ich ja auch froh sein, dass ich so einen guten Nachfolger habe." Langsam bückte er sich, um seinen Umhang aufzuheben. Die Gesichter seiner Freunde sahen ihn ratlos und irritiert an.

"Wie meinst du denn das jetzt?", fragte D'Artagnan mit gerunzelter Stirn. Man sah ihm an, dass ihm unklar war, was Athos mit dieser Bemerkung bezweckte. Doch nicht nur ihm ging es so. Auch Porthos starrte seinen jahrelangen Freund ungläubig und verwirrt an, sogar das Kauen hatte er wieder vergessen.

"Das heißt, dass Aramis bald das Kommando übernehmen wird, da ich die Musketiere verlassen werde." Die Gesichter der drei Musketiere entgleisten regelrecht, während sie ihn fassungslos anstarrten.

"Warum denn das zum Teufel noch mal? Haben wir dir irgendetwas getan?", brauste Porthos wütend auf, wobei sein Stuhl mit lautem Krachen zu Boden ging und der Tisch unter seinen Fäusten erzitterte. Athos sah ihn mit ruhiger, fast gleichgültiger Mine an.

"Ich werde demnächst heiraten und mit meiner Frau Paris verlassen, um in mein Heimatdorf zurückzukeh-ren.", erklärte er mit sachlicher Stimme. Aramis' Augen weiteten sich vor Schreck, doch dann wurde ihr Gesicht starr und ausdruckslos. Auch D'Artagnan hatte die Augen weit aufgerissen und schaute seinen Freund und Lehrer vollkommen überrumpelt an. Sich räuspernd fragte er mit krächzender Stimme:

"Heiraten? Frau?" Athos nickte nur knapp.

"Das ist doch nicht möglich. Warum erfahren wir erst jetzt, dass du eine Geliebte hast?", klopfte Porthos ihm grinsend auf die Schulter.

"Sowas nenn ich echt dreist. Uns sowas zu verheimlichen und sich dann auch noch aus den Staub machen dürfen." Der Blick des stämmigen Mannes hatte sich wieder etwas verfinstert.

"Athos, das kannst du doch nicht machen. Wir vier gehören zusammen. Ihr könnt doch auch sehr gut hier in Paris leben.", protestierte D'Artagnan gegen das Vorhaben des Mannes. Er sprach so schnell, dass er kaum selbst hinterher kam. Mit leicht verzweifelter Mine schaute der Gascogner zu Aramis hinüber.

"Nun sag du doch auch mal was.", bat er diesen mit flehender Stimme. Doch dessen Blick blieb starr auf Athos gerichtet. Mit kalter Stimme antwortete sie monoton:

"Wenn es sein Verlangen ist, ein Familie zu gründen und Paris zu verlassen, können wir schlecht etwas un-ternehmen." Langsam erhob sie sich.

"Aber du kannst geflissentlich darauf verzichten, dass ich deine Arbeit mache.", wurde sie laut und ver-schwand Tür knallend im Schlafzimmer. D'Artagnan sprang erschrocken auf und versuchte die Tür zu öff-nen.

"Aramis.", rief er, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. In aller Schnelle hatte sie einen Stuhl davor postiert und starrte nun wütend auf diesen, bevor sie ihren Umhang nahm und die Fensterläden weit öffnete. Mit einem kurzen Pfiff rief sie nach ihrem Pferd, was nicht mal eine Minute später unterm Fenster stand. Mit Leichtigkeit sprang sie hinaus in den Regen und landete gekonnt auf dem Rücken ihres Schimmels. Sie gab ihm die Sporen und schon rauschten sie durch den Regen davon.

Währenddessen stand D'Artagnan an der Tür und horchte.

"Auch gut.", murmelte er schließlich und wandt sich wieder seinen Freunden zu. Diese sahen ihn fragend an.

"Er hat nach Fouillont gepfiffen und sich durchs Fenster aus dem Staub gemacht.", erklärte der Gascogner resigniert. Porthos schüttelte schnaubend den Kopf.

"Wie ein bockiges Kind. Typisch Aramis.", meinte er und schaute zu Athos, der wie angewurzelt auf die Tür starrte. D'Artagnan bedachte den Ältesten auch mit einem Blick, doch ihm schoß mehr durch den Kopf, dass Aramis sich wie ein zutiefst verletzter und gekränkter Mensch verhalten hatte. In Athos Blick konnte er ge-nau diese Erkenntnis auch wiederfinden. Dem Freund war klar, dass seine Heimlichkeit, was seine zukünfti-ge Frau Susette betraf, diesen Freund schwer getroffen und zutiefst enttäuscht hatte. Athos hatte geahnt, dass mindestens einer seiner Kollegen so reagieren würde, ja dass es sogar Aramis sein würde, war ihm klar. Zu viel verband die Beiden inzwischen. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, mit diesem jungen Mann mehr verbunden zu sein, als mit Porthos, den er wirklich schon seit mehr als einem Jahrzehnt kannte. Es gab so eine Spannung zwischen den Zweien, die über reine Freundschaft hinaus ging. Was vor allem auch daran lag, dass Aramis in manchen Momenten sehr feminin wirkte und auch mit dem Gefühl der weiblichen Wesen handelte. Athos wurde mit einem Male bewusst, was seinen Freund zu so einer Reaktion veranlasst hatte. Mit absoluter Gewissheit und regem Körpereinsatz öffnete er die Tür zum Schlafgemach. Dass seine beiden Kumpanen sich zu Tode erschraken, interessierte ihn nicht im Geringsten. Mit festen Schritten ging er auf eine kleine Holztruhe zu und hob den Deckel leicht an. Was ihm daraus entgegen blitzte, bestätigte seine Vermutung vollends. In nicht mal zwei Minuten war er auf seinem Pferd und rief den verwirrt dreinschauen-den Kollegen zu:

"Ich suche ihn. Ich glaube, ich werde etwas mit ihm klären müssen.", und verschwand im dichten Regen. D'Artagnan war klar, was Athos so eben gefunden hatte. Aramis selbst hatte ihm ein Mal das letzte Relikt aus ihrer Zeit als Frau gezeigt. Porthos hingegen starrte dem Musketier ratlos hinterher.

"Was hat ihn denn jetzt gebissen?", fragte er und schaute den jungen Gascogner schief an. Der zuckte nur mit den Schultern und hoffte, dass die Beiden heil zurückkamen.

"Lass uns ins Hauptquartier reiten und uns bei Treville melden, sonst gibt es wieder Stunk.", grinste er und hielt dem Freund seinen Umhang hin. Mürrisch nahm Porthos diesen entgegen. Zusammen machten sie sich im strömenden Regen auf den Weg in die Höhle des Löwen.

Schmerz!!!

Ohne wirklich zu wissen, wohin, ritt sie durch die Straßen von Paris. Der Regen und die Geschwindigkeit verwischten die Konturen ihrer Umgebung. Sie war bereits nach kurzer Zeit bis auf die Knochen durchnässt gewesen und for durch den starken Wind und die allgemeinen kühlen Temperaturen erbärmlich. Doch all dies bekam sie kaum mit. Ihre Gedanken rasten. Viele Fragen schossen ihr durch den Sinn. Warum? Wes-halb? Wie? Sie verstand es nicht. Verzweiflung trieb ihr die Tränen in die Augen. Athos wollte heiraten und Paris verlassen, sie hier zurücklassen. Jetzt, wo sie endlich mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte, geriet ihr Leben wieder aus den Fugen. Sie würde ihn verlieren, so wie sie Francois verloren hatte. Selbst wenn er nicht tot sein würde, gehörte er nicht mehr zu ihrem Leben. Und dabei brauchte sie ihn so sehr, liebte ihn so sehr. Nie hatte sie daran gedacht, wieder so stark lieben zu können, wie sie es bei Francois getan hatte. Doch nun tat sie es. Sie liebte wieder. Sie liebte ihn. Athos. Sie schluchzte und trieb Fouillont noch weiter an. Sie raste durch die Straßen, wirbelte das Wasser der Pfützen ihn die Luft. Aber all dies bekam sie nicht mit, bis Fouillont sich plötzlich auftürmte und sie reichlich unsanft aus dem Sattel geworfen wurde. Mit voller Wucht traf sie auf das steinerne Pflaster von Paris' Straßen. Benommen und vor Schmerz aufstöhnend öffnete sie die Augen und sah ein vermummtes Gesicht über sich. Nur dumpf klangen Stimmen an ihr Ohr, konnte sie durch die Benommenheit aber nicht verstehen. Plötzlich blitzte etwas vor ihren Augen und im nächsten Moment durchfuhr ein stechender, brennender Schmerz ihre Schulter. Lautes Gebrüll ertönte, eine hohe Stimme, ir-gendetwas wurde geworfen. Der Mann verschwand augenblicklich aus ihrem Sichtwelt. Stattdessen erschien das besorgte Gesicht eines Mädchens und das eines kleinen Jungen vor ihr. Dumpf konnte sie ihren Namen vernehmen, bevor sie das Bewusstsein verlor.
 

Als Aramis wieder zu sich kam, schmerzte ihr ganzer Körper und sie stöhnte aufgrund dieses laut, bevor sie mühsam die Augen öffnete. Ihr Stöhnen ging in ein wehklagendes Wimmern über. Sie hatte das Gefühl ihr Kopf würde zerspringen, der stechende Schmerz in ihrer Schulter raubte ihr fast wieder ihr Bewusstsein und in ihrem Rücken pochte ein dumpfer Schmerz. Nur verschwommen nahm sie eine Person über sich wahr, die wie aus weiter Ferne ihren Namen zu rufen schien. Nur langsam klärte sich ihr Blick und sie erkannte D'Artagnan, der besorgt auf sie hinab schaute.

"Aramis? Kannst du mich hören?", sprach er deutlich und zog sorgenvoll die Augenbrauen zusammen. Kurz schloß sie die Augen, um ihn dann wieder anzusehen und ihn nun vollends klar zu erkennen.

"Was ist passiert? Wo bin ich?", krächzte sie mit heiserer Stimme. Sie hustete kurz, wodurch eine Welle von Schmerz ihren Körper erfasste und sie wieder mit Schmerz verzogenem Gesicht stöhnte. Nun erschien auch Constance in ihrem Gesichtsfeld und sprach leise.

"Ihr seid in unserem Haus. Man hatte uns überfallen und Fouillont erschreckte sich vor den Männern, wo-durch er sich aufbäumte und euch zu Boden schmiss. Einer der Männer hat euch dann mit einem Messer an der Schulter verletzt, aber wir konnten sie vertreiben." Vorsichtig wechselte das junge Mädchen den kühlen Umschlag auf Aramis' Stirn. Der Musketier schloß noch immer etwas benommen die Augen und nickte schwach.

"Stimmt.", krächzte sie, woraufhin Constance ihr einen Becher an die Lippen hielt. Vorsichtig trank sie einen Schluck und lächelte Constance dankbar an. Diese nickte und fuhr erschrocken hoch, als die Tür aufgestoßen wurde. Mit schnellen Schritten betraten Athos und Porthos das Schlafgemach, in dem sich ihr verwundeter Freund befand. Erleichtert stellten sie fest, dass dieser inzwischen erwacht war. Ein schmerzliches Lächeln zog sich über dessen Lippen, als er die Zwei erkannte.

"Mensch Junge, was veranstaltest du nur?", stopfte Porthos seine Hände in die Hüften und sah ihn kopf-schüttelnd an.

"Nicht so laut.", jammerte sein junger Freund darauf. Porthos grinste daraufhin nur breit, während Athos seinen Kollegen allerdings skeptisch und besorgt musterte. Langsam ließ er sich am Fußende des Bettes nieder und schaut zu ihm. Aramis lächelte etwas gequält.

"Wie fühlst du dich?", wollte der Ältere wissen und strich über die bedeckten Beine des Blonden. Dieser schloß wieder die Augen und murmelte erschöpft.

"Als hätte mich ne Horde Kühe überrannt." Athos grinste leicht und auch den anderen Anwesenden huschte ein Lächeln über die Lippen. Athos seufzte und blickte Aramis besorgt an. Blass war er, noch mehr als so-wieso schon und das blonde Haar lag zerzaust auf dem kleinen Kissen. Das Hemd zeigte an der verletzten Schulter einen roten Fleck, worauf er schloß, dass die Wunde noch immer blutete und nun bereits den Ver-band getränkt hatte. Müde richteten sich die, sonst strahlenden blauen Augen, nun stumpf vom Schmerz, auf ihn. Die Erschöpfung ließ Aramis diese aber immer wieder schließen. Genau dies veranlasste Constance nun dazu, den Besuch rauszuschmeißen.

"Das reicht für heute. Monsieur Aramis braucht Ruhe. Er ist schwer gestürzt und gefährlich verwundet wor-den. Also, raus ihr drei, los. Ich kümmere mich schon um ihn.", sprach's und scheuchte die drei Musketiere aus dem Raum. Aramis musste leicht grinsen, als sie sah, wie ihre Freunde mit Schmollmund den Raum verließen. Geschafft schloss sie die Augen. Jemand wechselte ihr wieder das kalte Tuch auf der Stirn und strich ihr dann vorsichtig durchs Haar. Mühsam öffnete sie die Augen wieder, da sie Constance eigentlich am Parfum erkannte, es aber im Moment nicht danach roch. Besorgt schauten sie zwei fast schwarze Augen an. Ein Lächeln huschte erfreut über ihre Lippen.

"Jean.", hauchte sie und versuchte den Arm zu heben, um ihm über den Kopf zu streichen. Doch er hielt die Hand fest und drückte sie kopfschüttelnd zurück aufs Bett.

"Nicht. Du brauchst Ruhe und solltest dich möglich wenig bewegen.", sprach er ganz ruhig und strich wieder über ihr blondes Haar. Sie nickte schwach und lächelte ihn lieb an. Jean setzte sich auf den Rand des Bettes und begann ihr Hemd aufzuknöpfen, was ihn von Aramis einen empörten Blick einbrachte. Der Junge fing an zu lachen und deutete auf den roten Fleck.

"Der Verband muss gewechselt werden. Die Wunde blutet noch immer sehr stark.", erklärte er und Aramis schielte zu ihrer Schulter, nickte dann und ließ ihn gewähren. Sie wusste, dass auch er ihr Geheimnis kannte und es still und friedlich für sich behalten hatte. Mit einem schwachen Lächeln beobachtete sie den achtjähri-gen Jungen, wie er ihren Verband entfernte und ein frisches Tuch drauf legte, damit dass Blut nicht die Bett-wäsche beschmutzte. Im selben Moment öffnete sich die Tür und Constance betrat mit einer Schüssel in der Hand das Zimmer. Lächelnd kam sie zum Bett und stellte die Schüssel auf ein kleines Tischchen, der neben diesem postiert war. Jean griff nach dem Tuch, welches in der Schale mit Wasser lag und begann vorsichtig die Wunde zu säubern. Aramis verzog das Gesicht, als ein brennender Schmerz ihre Schulter durchfuhr.

"Darf ich euch was fragen?", setzte sich Constance ans Fussende und ließ Jean seine Arbeit machen. Aramis nickte kurz und lächelte sie dann an. Irgendwie ahnte sie, was für eine Frage nun kommen würde, war es doch momentan unübersehbar.

"Warum verkleidet ihr euch als Mann und seid bei den Musketieren?" Constance schien die Frage etwas unangenehm, denn sie schaute verlegen auf ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen. Aramis musste grinsen.

"Das haben mich Jean und D'Artagnan auch gefragt und sie haben eine Antwort bekommen, so sollst du auch eine kriegen." Sie zog scharf die Lust ein, als Jean eine Tinktur um die Wunde schmierte und schaute ihn strafend an. Er zuckte jedoch nur mit den Schultern und legte ihr wieder einen Verband an.

"Mein Verlobter wurde vor etwas mehr als acht Jahren ermordet, von Menson. Ich habe mich als Mann ver-kleidet und bin zu den Musketieren gegangen, weil ich mir so die besten Chancen erhofft habe, ihn zu finden und den Tod Francois' zu rächen. Und wie du weißt, ist mir dies auch gelungen." Sie lächelte mit Genugtu-ung, als sie an die Leiche von Menson dachte.

"Aber dann habt ihr doch nun keinen Grund mehr, euch zu verstecken.", meinte Constance stirnrunzelnd. Aramis nickte knapp.

"Stimmt schon, aber was sollte ich sonst machen. Nach Hause zurück geht schlecht. Zwar bin ich mir sicher, dass Amélie mich aufnehmen würde. Aber sicherlich hat sie geheiratet und bereits selbst eine Familie ge-gründet. Was sollte sie da mit ihrer großen Schwester, die sich anzieht wie ein Mann, reiten und fechten kann, sich schlägt, wenn sein muss. Nein, das werde ich ihr nicht antun.", grinste Aramis und kicherte leise. Auch Jean musste sich das Lachen verkneifen und biss sich deshalb auf die Lippen und schnaubte leicht. Dann schloss sie erschöpft die Augen. Constance und Jean sahen einander an und nickten sich nur zu. Leise standen sie auf und verließen das Zimmer, was Aramis schon gar nicht mehr mitbekam, da sie bereits wieder schlief.

Gespräche und Geständnisse

Es waren zwei Tage vergangen, da tauchte der junge Musketier bereits wieder im Palais von Monsieur de Tréville auf. Seine Freunde schüttelten seufzend den Kopf und Tréville ließ eine Schimpftrirade von Empö-rung und Wut über den Blonden ergehen. Insgeheim aber hatte er sich wohl am meisten Sorgen um dieses zierliche Wesen gemacht. Aramis ließ alles brav über sich ergehen, protestierte aber, als Tréville sie in eine Woche Zwangsurlaub schicken wollte.

"Ich muss um Verzeihung bitten, aber ich denke es ist wichtiger diese Verbrecher zu fangen, Capitaine.", verbeugte sie sich vor ihm.

"Das kommt überhaupt nicht in Frage, dass du dich darum kümmerst. Es stehen genug Musketiere in meinem Dienst, die diese Aufgabe erfüllen können. Du wirst dich nach Hause begeben und ausruhen. Wehe ich sehe dich hier vor Ende der Woche. Und nun entferne dich.", befahl er und zeigte zur Tür. Aramis verbeugte sich nochmals vor ihm und verschwand dann in den Flur. Dort warteten ihre Kumpanen auf sie und versuchten sich das Lachen zu verkneifen. Aramis funkelte sie böse an, setzte ihren Hut auf und ging stolzen Schrittes zur Treppe, auf der sie dann verschwand. Die Drei folgten ihr in gebührenden Abstand und beobachteten misstrauisch, dass sich ihr Freund seine Muskete und seinen Degen holte, bevor er zu den Ställen ging. Athos stöhnte entnervt und D'Artagnan verdrehte demonstrativ die Augen. Auf schnellen Fuße folgten sie ihm, konnten aber nur noch sehen, wie Aramis vom Hof ritt.

"Das darf doch nicht wahr sein. Meint er das ernst?", wandte Athos sich an D'Artagnan, der nur die Augen verdrehte und den Kopf schüttelte.

"Er ist noch nicht mal wieder halb fit und will schon Diebe jagen. Typisch Aramis.", stemmte Porthos die Hände in die Hüfte und grinste breit.

"Ich finde das gar nicht lustig, Porthos. Man hat ihr genau angesehen, dass sie noch total erschöpft ist.", regte sich Athos auf und schwang sich auf sein Pferd, um ihr zu folgen. Porthos schaute ihn stirnrunzelnd hinterher und rief leicht verwirrt:

"Sie? Wovon redest du?" Porthos kratzte sich am Kopf und zog einen grübelnden Flunsch. Dann sah er auf Antwort wartend zu D'Artagnan. Der zuckte mit den Schultern und ging dann grinsend zu Rosinante.

"Ich statte Constance einen Besuch ab und heute Abend treffen wir uns im Les Fleures, okay?", fragte er, während er sich auf sein Ross schwang. Porthos nickte und schaute seinem jungen Freund hinter her, als auch dieser vom Hof ritt. Er drehte sich um und ging murmelnd zurück ins Gebäude:

"Irgendetwas verheimlichen die vor mir."
 

Constance half gerade der Königin beim Anziehen.

"Constance, erzählst du mir nun, warum du die letzten zwei Tage nicht kommen konntest?", fragte Anne D'Autriche ihre Zofe und schaute über die Schulter zu ihr. Constance lächelte sie an und zog die Korsage enger.

"Ich habe mich um Monsieur Aramis gekümmert. Wir wurden doch vor drei Tagen überfallen, von dieser Diebesbande." Die Königin nickte mit einem traurigen Blick. Diese Bande trieb nun schon seit zwei Monaten ihr Unwesen in Paris und bisher war es weder den Schergen des Kardinals noch den guten Musketieren des Königs gelungen eine Spur zu finden.

"Monsieur Aramis ist gerade in dem Moment vorbei geritten, als diese Männer unser Haus verließen. Sein Pferd hat sich erschrocken und ihn abgeschmissen. Einer der Männer hat ihn daraufhin an der Schulter ver-letzt. Wir konnten sie vertreiben, aber Monsieur Aramis hat ziemliche Blessuren von dannen getragen und so habe ich mich die letzten zwei Tage um ihn gekümmert." Die Königin nickte zufriedengestellt, sah aber das Constance betroffen seufzend den Kopf schüttelte.

"Was hast du denn? Du scheinst besorgt.", erkundigte sie sich lächelnd bei ihrer Vertrauten. Constance seufzte abermals.

"Er ist noch viel zu schwach, aber hat trotzdem heute morgen das Bett verlassen, weil er mit Monsieur de Tréville sprechen wollte, wegen der Bande." Die Königin lächelte wohlwollend und nahm Constance Hände in ihre.

"Monsieur Aramis ist sehr stark und klug. Er wird sich schon nicht übernehmen.", sprach sie und führte das blonde Mädchen zu einer Chaiselongue, auf der sich die zwei Damen niederließen.

"Ihr habt sicher Recht, trotzdem sorge ich mich.", meinte die junge Bonacieux und schaut aus dem Fenster, vor dem die Chaiselongue stand. Die Königin sah ihrer Vertrauten an, dass es da noch etwas gab, was das Mädchen bedrückte. Aber da sie dies, wie es schien, nicht Preis geben wollte, fragte die Königin nicht weiter. Stattdessen überlegte sie, wie sie ihre Zofe ablenken könnte.

"Lass uns zu Madame de Chevreuse und Donna Calitta gehen. Sicher haben sie wieder ein erheiterndes Spiel, mit dem wir uns beschäftigen können.", schlug sie daher vor und Constance nickte knapp. Zusammen begab man sich auf den Weg zu den genannten Damen, als ein Bote herangeeilt kam.

"Mademoiselle Constance, Monsieur D'Artagnan lässt fragen, ob es gelegen ist, mit ihnen zu sprechen.", verbeugte er sich tief vor den Damen. Constance sah zur Königin, die lächelnd nickte.

"Stoß einfach später zu uns." Constance nickte dankbar und folgte dem Boten. D'Artagnan erwartete sie am Tor zum Louvre. Er begrüßte sie mit einem kleines Kuss auf die Wange und sie hakte sich bei ihm unter. Zusammen gingen sie ein paar Schritte, bevor Constance die Neugier nicht mehr aushalten konnte.

"Und? Wie geht es ihr?", platzte sie heraus und sah D'Artagnan gespannt an. Der schaute gerade aus und zuckte mit den Schultern.

"Wenn ich das wüsste.", seufzte er. Seine Begleiterin sah ihn entsetzt an.

"Was soll das heißen?"

"Nachdem Tréville ihr jegliche Mitarbeit an den Recherchen zu dieser Diebesbande untersagt und sie zu einer Woche Zwangsurlaub verurteilt hat, ist sie ziemlich wütend mit Degen und Muskete auf Fouillont da-von geritten.", erzählte er knapp die Geschehnisse im Hauptquartier der Musketiere.

"WAS?", quietschte Constance auf.

"Warum habt ihr sie denn nicht aufgehalten? Sie ist doch noch viel zu schwach. Oh hoffentlich entzündet sich die Wunde nicht. Ich dachte, ihr würdet besser auf einen verletzten Kameraden Acht geben.", regte sie sich über die Musketiere und Gedankenlosigkeit von Aramis auf. D'Artagnan sah sie überrascht an.

"Nun bleib mal ganz ruhig. Athos ist ihr ja gefolgt. Ihr wird schon nichts passieren.", lächelte er beruhigend. Constance, einer Ohnmacht nahe, seufzte gequält und gedachte der verletzten Aramis.
 

Etwas unbeholfen, da ihre Schulter ziemlich schmerzte, sattelte sie Fouillont ab und band ihn unterhalb ihrer Wohnung an. Dann machte sie sich mit dem Sattel auf in ihre Wohnung. Stöhnten legte sie den Sattel auf dem Boden ab. Dann ging sie in ihr Schlafzimmer und versuchte sich schmerzlos der Jacke zu entledigen. Seufzend stellte sie fest, dass die Wunde wieder geblutet hatte und ihr Hemd rot gefärbt war. Leise fluchte sie. Sie war gerade dabei das Hemd aufzuknöpfen, als es an der Tür klopft.

"Moment.", rief sie und tapste erschöpft zur Tür. Sie öffnete die Tür nur einen Spalt, so dass das blutrote Hemd nicht zu sehen war. Überrascht erblickte sie Athos.

"Was machst du denn hier?", fragte sie und blinzelte. Athos lächelte etwas verlegen.

"Ich habe mir Sorgen gemacht, nachdem du mit deinen Waffen davon geritten bist. Habe schon gedacht, dass du dir die Bande allein vornehmen willst." Aramis lachte leise auf.

"Ich? Ich habe doch nicht mal einen Anhaltspunkt, wer diese Männer sein könnten.", lächelte sie ihn an. Er nickte sichtbar erleichtert.

"Darf ich reinkommen?", fragte er und schob nur leicht die Tür auf. Da sie diese mit der linken Hand nur so leicht geöffnet hielt, verzog sie unter Schmerzen das Gesicht, als Druck dagegen ausgeübt wurde. Athos wich sofort zurück. Aramis griff sich an die Schulter und keuchte etwas.

"Aramis?" Seine Stimme zitterte leicht, als er sie besorgt ansah. Sie zog sich in die Wohnung zurück und ließ sich auf einen der Stühle fallen. Er folgte ihr und schloß die Tür hinter sich. Schluckend erblickte er das Blut durchtränkte Hemd.

"Oh Gott, Aramis. Die Wunde." Sie schüttelte abwehrend den Kopf.

"Schon gut. Wird schon wieder.", flüsterte sie mit schmerzverzerrter Stimme. Athos legte seinen Mantel und den Degen ab und nahm sie anschließend ohne auf ihren Protest zu hören auf den Arm und brachte sie zu ihrem Bett, wo er sie drauf legte. Er bedeutete ihr, sich des Hemdes zu entledigen und verschwand wieder aus dem Zimmer, so dass er nicht sah, wie ihre Wangen eine rötliche Farbe annahmen. Noch immer un-schlüssig, ob sie der Anordnung folgen sollte, saß sie auf dem Bett, als er mit einer Schüssel Wasser zurück-kam. Er runzelte die Stirn.

"Ich hab dich doch gebeten, das Hemd auszuziehen, oder?", fragte er, als wär er sich nicht sicher, dass er dies gesagt hatte. Stumm nickte sie und starrte auf das Laken.

"Na dann, wir sind doch unter Männern. Der Verband muss gewechselt werden. Runter mit dem Hemd.", befahl er, in der Hoffnung, dass Aramis darauf eingehen würde und ihm ihr Geheimnis anvertraute. Wie erwartet, sah Aramis ihn mit weit aufgerissenen Augen an und ihr Mund bewegte sich, als wollte sie etwas sagen, doch kein Laut entrann ihrer Kehle.

"Was hast du?", fragte Athos mit hochgezogenen Augenbrauen. Aramis räusperte sich reichlich verlegen und stammelte einige unverständliche Worte. Athos musste sich ein Grinsen verkneifen.

"Was? Was brabbelst du da? Nun komm schon, weg mit dem Hemd." Er beugte sich zu ihr und wollte das Hemd aufknöpfen, als ein heiserer Schrei ihrer Kehle entwich und sie auf dem Bett an die Wand rutschte. Erschrocken richtete sich der Musketier auf und sah seinen Kameraden, der puterrot aufs Bett starrte und krampfhaft die Bettdecke vor der Brust hielt, überrascht an.

"Was zum Teufel schreist du so? Willst du, dass ich vor Schreck tot umfalle?" Sein Gegenüber schüttelte dem Kopf und wieder bewegten sich ihre Lippen.

"Ich....ich...ich muss dir was sagen.", war ihre Stimme nur sehr leise zu hören. Athos nickte.

"Aber erst versorge ich deine Wunde."

"Nein!", sah sie ihn mit aufgerissenen Augen an.

"Erst muss du zuhören." Athos runzelte mit gespielter Irritiertheit die Stirn und zog sich den Stuhl ran, um sich direkt vor dem Bett zu postieren. Gespannt schaute er auf sein Gegenüber. Diese seufzte schwer und schaute betroffen zu ihren Händen, die auf ihrem Schoß ruhten.

"Kannst du dich an die Geschichte erinnern, von dem Medaillon?" Unsicher schaute sie zu ihm hoch und als er nickte, senkte sie ihren Blick wieder.

"Damals meinte ich, Francois wäre ein guter Freund gewesen. Aber das war gelogen.", sprach sie leise. Athos, der bis jetzt nach vorne gebeugt saß, richtete sich nun gerade auf.

"Er war viel mehr für mich." Sie holte tief Luft und setzte sich aufrecht hin, um Athos direkt anzusehen.

"Francois war mein Verlobter. Mein richtiger Name ist Renée d'Herblay und ich bin eine Frau.", gestand sie mit fester Stimme und sah den Musketier vor ihr abwartend an. Sein Gesicht verriet keinerlei Gefühle und es erschien ihr wie eine Ewigkeit, ehe er sich endlich rührte. Ohne etwas zu sagen stand er auf und stellte den Stuhl in eine Ecke, so dass sie schon befürchtete, er würde einfach ihre Wohnung verlassen. Doch Athos drehte sich um, ging zu ihr und begann ihr Hemd aufzuknöpfen.

"Na wenn es nur das ist, kann ich mich ja jetzt um deine Wunde kümmern.", sagte er, als er ihren überrasch-ten Blick bemerkte. Er lächelte kurz und packte sie dann an der Hüfte, um sie an den vorderen Rand des Bettes zu ziehen. Vorsichtig entfernte er den Verband um die Wunde, ließ den, der ihre weiblichen Rundun-gen versteckte, aber unberührt.

Einladung von Athos

Aramis beobachtete ihn mit einer leichten Röte auf den Wangen. Athos schien es nicht zu bemerken und versorgte gewissenhaft ihre Wunde und legte ihr einen neuen Verband an.

"Gut so, oder zu fest?", fragte er und schaut zu ihr. Aramis schüttelte stumm den Kopf.

"Na dann." Er grinste und erhob sich langsam. Dann nahm er die Schüssel mit dem blutigen Wasser und verschwand im vorderen Teil ihrer Wohnung. Aramis seufzte erschöpft und ließ sich völlig aufs Bett sinken. Als Athos zurückkam, war sie bereits eingeschlafen. Vorsichtig deckte er sie zu und schloss die Tür hinter sich. Nachdem er ihr noch etwas zu essen gemacht hatte, nahm er seine Sachen und verließ ihre Wohnung.
 

"Oliviér! Wo bleibst du denn? Das Essen ist schon lange fertig." Die junge Frau mit dem langen schwarzen Haar stand ihn tadelnd anschauend in der Tür zu dem reich verzierten Haus. Athos lächelte und band sein Pferd an, bevor er die wenigen Stufen zu ihr erklomm und ihr einen Kuss auf die Wange drückte.

"Verzeih bitte, Susette. Ich war noch bei Aramis. Ich habe dir doch erzählt, dass er verletzt wurde..." Mit einer Handbewegung wehrte die Frau seine Erzählung ab. Athos schwieg und lächelte sie an. Susette hakte sich bei ihm unter und zusammen gingen sie ins Haus. Nachdem ihm von einem Diener sein Hut, sein Mantel und der Degen abgenommen worden war, führte Susette ihn ins Esszimmer, wo ein reichlich gefüllter Tisch warte.

"Das sieht wunderbar aus, meine Süße, aber ich habe eigentlich keinen Hunger.", entschuldigte er sich mit einem liebevollen Lächeln. Susette sah enttäuscht zu ihm.

"Aber du hast es versprochen, Oliviér. Wir wollen in zwei Wochen heiraten und dann auf dein Schloss zu-rückkehren, aber du kümmerst dich kaum um mich. Langsam habe ich das Gefühl, du liebst mich gar nicht." Athos schüttelte nur den Kopf.

"Das stimmt nicht. Ich liebe dich sehr wohl und das weißt du auch. Ich habe ja auch nicht gesagt, dass ich wieder gehe. Ich werde mich zu dir setzen, während du isst und wir können noch ein paar Sachen für die Hochzeit besprechen.", lächelte er versöhnlich. Susette sah ihn schmollend an, nickte aber dann und setzte sich an den Tisch. Athos folgte ihr und setzte sich ebenfalls. Während sie aß, beobachtete er sie und konnte nicht umhin, Susette mit Aramis zu vergleichen. Susette war die perfekte Frau. Sie war aus gutem Hause, hatte eine vorzügliche Erziehung genossen und wusste sich in der Gesellschaft zu benehmen. Er zweifelte nicht daran, dass Aramis die selbe Erziehung erfahren hatte, doch hatte das Leben unter Männern als Mann sie doch sehr verändert und härter gemacht. Aramis wusste sich zu verteidigen, sie brauchte keine Hilfe, wenn sie mal überfallen wurde. Susette hingegen würde immer Schutz brauchen. Er würde sich immer um sie sorgen müssen, wenn sie mal einige Erledigungen allein machte. Trotzdem vielleicht war es genau das, was er so an ihr liebte. Ihre Hilflosigkeit, dass sie seinen Schutz brauchte. Aber seitdem er das Geheimnis von Aramis kannte, wusste er, was für ein Gefühl ihn mit seinem Kameraden verband. Er liebte auch sie, Aramis, seinen Freund, der sich als Frau entpuppte. Ein tiefer Seufzer entwich seiner Kehle und Susette schaute ihn fragend an.

"Hast du mir überhaupt zugehört, Oliviér?", fragte sie. Athos blickte zu ihr und schüttelte nach einer Weile den Kopf.

"Nein, tut mir leid. Ich mache mir Sorgen Aramis, dass er nicht damit klarkommt, dass ich gehe." Susette seufzte genervt.

"Oliviér. Aramis ist ein erwachsener Mann. Er wird es schon akzeptieren. Und jetzt will ich nichts mehr davon hören." Sie stocherte unwillig in ihrem Nachtisch herum und schob ihn dann weg. Athos sah Susette mit einem unergründlichen Blick an und erhob sich dann.

"Wo willst du hin?", fragte sie, als er zum Ausgang ging.

"Ich muss noch etwas erledigen. Würdest du bitte veranlassen, dass heute Abend ein großes Mahl aufgetra-gen wird. Ich werde meine Kameraden mitbringen." Mit diesen Worten war er auch schon verschwunden. Susette sah ihn entsetzt hinterher. Sie wollte die grobschlächtigen Typen nicht kennenlernen. Sie verab-scheute die Musketiere im Grunde zutiefst und hatte Oliviér daher darum gebeten, seinen Kameraden so spät wie möglich von der Hochzeit und seiner Kündigung zu erzählen. Wieder vollkommen entnervt stand sie auf und begab sich in ihre Gemächer.
 

Als Aramis erwachte, war es totenstill in der Wohnung. Langsam stand sie auf und ging ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand ein Teller mit geschmierten Broten und ein Krug Wasser. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen und sie setzte sich. Genüsslich aß sie die Brote und trank etwas Wasser. Dann schaute sie sich um. Von Athos war keine Spur zu sehen, trotzdem spürte sie noch seine Anwesenheit. Nachdem sie das Geschirr etwas abgewaschen hatte, machte sie Feuer im Kamin und setzte sich in einen Stuhl davor, um etwas zu lesen. Es verging bestimmt eine Stunde, ehe es an der Tür klopfte und D'Artagnan den Kopf reinsteckte.

"Hey, wie geht es?", betrat er das Zimmer. Aramis legte ihr Buch nieder und lächelte ihn an.

"Gut, danke." Der Gascogner nickte kurz. Aramis musterte ihn und runzelte dann die Stirn.

"Warum bist du so fein angezogen?", wollte sie wissen. Ihr Gegenüber grinste breit und meinte:

"Athos hat uns eingeladen. Also, mach dich auch fein. Er möchte uns seine Verlobte vorstellen." Aramis spürte, wie ihr Herz einmal aussetzte und schluckte etwas.

"Nein, ich bleibe lieber hier. So gut fühl ich mich dann doch noch nicht.", schaute sie verkrampft zum Buch auf ihrem Schoß.

"Nichts da. Athos bestand darauf, dass ich dich hole. Und wenn es sein muss, soll ich dich mit Gewalt mit-bringen.", grinste der Junge und Aramis seufzte, bevor sie aufstand und im Schlafzimmer verschwand. Eine viertel Stunde später erschien sie ebenfalls fein gekleidet wieder im Wohnzimmer. Ihr war ihr Unbehagen anzusehen und D'Artagnan zweifelte etwas an Athos ausdrücklichen Wunsch, dass Aramis auf jeden Fall auch kommen sollte. Er lächelte aufmunternd und führte Aramis zu einer Kutsche, nachdem er das Feuer im Kamin gelöscht hatte. Aramis stieg leicht überrascht ein. D'Artagnan folgte ihr und gab dem Kutscher Zei-chen zu Porthos' Wohnung zu fahren. Nachdem man auch ihn eingeladen hatte, ging es zu der Adresse, die Athos ihnen genannt hatte. Staunend betrachteten die Drei das riesige Haus in einem der feineren Teile von Paris. Mit einem mulmigen Gefühl stiegen sie aus und gingen zur Tür. Porthos klopfte kräftig und wenig später wurde ihnen die Tür geöffnet. Der Diener bat sie hinein und ein anderer nahm ihnen ihre Sachen ab. Aufmerksam schauten sie sich in der großen Eingangshalle um, als Athos durch eine Tür auf der linken Seite zu ihnen trat.

"Ich freue mich, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid.", begrüßte er sie höflich mit Handschlag. Seine Kameraden staunten nicht schlecht. Er hatte die Kleidung eines Aristokraten an und benahm sich auch dem-entsprechend. Im Gegensatz zu Porthos und D'Artagnan schien Aramis sich in dem ganzen Prunk wohlzu-fühlen und gab sich wie Athos so, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Kurz nach der Begrüßung erschien am Haupte der Treppe eine junge Frau mit langem schwarzen Haar und einem reichverziertem Kleid. Athos lächelte und ging zum Fuße der Treppe. Die Frau kam langsam zu ihm und ergriff seine Hand.

"Darf ich euch meine Verlobte Susette de Conté vorstellen. Susette, dies sind meine Freunde D'Artagnan, Porthos und Aramis." Susette deutete einen Knicks an und Aramis gab ihr auf galanteste Weise einen Hand-kuss.

"Es ist mir eine große Freude, sie kennenzulernen, Mademoiselle Susette." Susette nickte lächelnd und mu-sterte Aramis genau.

"Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Monsieur Aramis.", erklang ihr engelgleiche Stimme. Porthos und D'Artagnan machten es Aramis nach und erwiesen Susette die Ehre. Anschließend gingen sie ins Esszimmer, wo bereits der Tisch mit allerhand Wohlschmeckenden gedeckt war. Porthos' Augen wurden groß und man konnte ihm seinen Hunger direkt ansehen. Aramis und D'Artagnan schüttelten den Kopf und kicherten etwas.

"Oh, Porthos. Du änderst dich wohl nie.", meinte Athos mit rollenden Augen und geleitete Susette zu ihrem Stuhl. Porthos zog einen Schmollmund und setzte sich. D'Artagnan folgte seinem Beispiel und lächelte Su-sette freundlich an. Athos zog lächelnd ein Stuhl zurück und bedeutete Aramis sich zu setzen. Sie schoss ihm einen finsteren Blick zu und zischte:

"Lass das!", setzte sich aber auf den angebotenen Stuhl. Athos grinste sie entschuldigend an und nahm dann neben Susette Platz. Den misstrauischen Blick seiner Verlobten registrierte er nicht.

"Bedient euch bitte und lasst es euch schmecken.", forderte Athos seine Freunde auf. Porthos wollte gerade seinen Teller vollladen, als D'Artagnan ihm in die Seite knuffte. Sein Blick sagte ,Benimm dich'. Porthos zog sich höflich zurück und lächelte Susette an. Diese erwiderte es und füllte sich etwas auf ihren Teller. Anschließend nahmen sich auch die Herren etwas. Nachdem der Tisch fast leer war, was vor allem Porthos zu verdanken war, entschuldigte sich Susette kurz, um sich frisch zu machen. Sie verließ die Herren mit einem freundlichen Lächeln. Athos bat seine Freunde daraufhin in ein anderes Zimmer mit einem großen Kamin, gemütlichen Sesseln und einem bequemen Sofa.

"Ich habe das Gefühl deine Zukünftige kann uns nicht leiden.", meinte Porthos, als er sich mit seinem Glas Rotwein in einen der Sessel sinken ließ. Athos seufzte und lächelte entschuldigend.

"Susette mag die Musketiere nicht. Sie ist der Meinung, dass sie vulgär sind.", erklärte er, während er sein Glas auf den Kaminsims stellte. Porthos nickte stirnrunzelnd.

"Aber sie ist doch mit dir zusammen.", äußerte D'Artagnan seine Gedanken. Er und Aramis hatten auf dem Sofa Platz genommen. Athos zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck.

"Was denkst du, Aramis?", wollte Porthos wissen. Die Angesprochene hatte stumm ins Feuer geschaut. Nun blickte sie zu ihm.

"Was?", fragte sie etwas verwirrt.

"Ich habe gefragt, was du denkst.", wiederholte Porthos seine Frage, bedachte Aramis aber mit einem eigen-artigen Blick.

"Ich maße mich nicht an, mir eine Meinung über Mademoiselle Susette zu bilden, solange ich sie nur so kurz kenne.", wand sie sich geschickt aus der Predouille. D'Artagnan nickte zustimmend. Athos jedoch sah sie besorgt an, schien ihren Kommentar gar nicht gehört zu haben.

"Bist du okay, Aramis?" Überrascht schaute sie ihn an und auch seine Freunde schienen die Frage nicht zu verstehen.

"Ja, alles in Ordnung. Warum fragst du?", versuchte sie herauszuwinden. Athos beugte sich zu ihr herunter, so dass nur wenige Zentimeter zwischen ihren Nasen waren. Ungewollt hielt sie den Atem an und schaute in zwei unergründliche Augen. Nur ganz leicht legte er seine Hand auf ihre verletzte Schulter und augenblick-lich kniff Aramis die Augen zusammen und murrte leise. Lächelnd richtete er sich wieder auf.

"Du hast Schmerzen. Das hab ich dir an der Nasenspitze angesehen.", griente er. Sie zog einen Flunsch.

"Wenn das so ist, hättest du meine Schulter ja nicht noch berühren brauchen.", grummelte sie und würdigte ihn keines Blickes.

"Oliviér!", kam Susette herein. Sie stockte und schaute sich die Szene genau an. Athos stand für ihren Ge-schmack viel zu nah vor diesem Aramis und sein Gesichtsausdruck zu zufrieden. Das Grinsen on Porthos war schadenfroh und D'Artagnans Lächeln war zu vielsagend.

"Was gibt es, meine Süße?", lächelte Athos sie an. Langsam entfernte er sich von Aramis und ging zurück zum Kamin, wo sein Glas stand. Susette entging Aramis' Blick nicht. Ein Hauch von Eifersucht konnte sie entdecken und Trauer.

"Ich wollte fragen, ob es nötig ist, dass ich mich zu euch setzte. Ich würde gerne noch meine Stickarbeit beenden.", lächelte sie liebevoll und zeigte einen herzerweichenden Augenaufschlag.

"Nein, mach ruhig deine Stickarbeit. Würdest du mir aber noch einen Gefallen tun?"

"Was kann ich für dich tun, mein Gemahl?", fragte sie zuckersüß und erblickte sowohl mit Genugtuung aber auch mit Misstrauen, dass sich Aramis' Blick etwas verdunkelte.

"Könntest du Aramis bitte in mein Zimmer bringen und ihm eine Schüssel Wasser und ein Tuch bringen lassen?" Sowohl Aramis, als auch Susette sahen ihn vollkommen überrumpelt und entsetzt an. Die Blicke von seinen beiden männlichen Freunden schienen auch gleich zu entgleisen.

"Du hast doch Schmerzen. Vielleicht hilft es, wenn du die Wunde etwas kühlst.", wand er sich an Aramis. Dieser nickte verstehend und erhob sich.

"Das wäre wirklich nicht schlecht." Susette nickte kurz und gebot Aramis ihr zu folgen. Diese nahm das Angebot an und folgte der jungen Frau. D'Artagnan schaute zweifelnd zu Athos.

"Denkst du, dass es so eine gute Idee ist, die Beiden alleine zu lassen?", fragte er und nippte an seinem Glas. Porthos schaute seinen jungen Kameraden irritiert an.

"Warum denn nicht? Aramis ist erwachsen und weiß, dass man die Frau eines anderen nicht den Hof macht." Athos seufzte und wand sich ohne auf Porthos' Kommentar zu reagieren an D'Artagnan.

"Ich denke nicht, dass Aramis in irgendeiner Weise Susette etwas antun würde, egal was sie fühlt."

"Darum mach ich mir keine Sorgen. Eher, dass Susette Aramis etwas antut.", erklärte der Gascogner, wofür er einen nicht verstehenden Blick von Athos erntete.

Treppensturz und Entdeckungen

"Wie lange seit ihr schon bei den Musketieren, Monsieur Aramis?", fragte Susette, während sie die Treppe in der Halle hochgingen. Aramis schaute die junge Frau von hinten an.

"Seit mehr als acht Jahren, Mademoiselle." Susette nickte und schaute kurz zu ihr, ein Lächeln auf den Lip-pen.

"Und was hat euch dazu geführt?"

"Rache! Ich wollte einen Freund rächen. Dies habe ich getan.", erklärte Aramis knapp.

"Wollt ihr nun austreten?"

"Ich weiß es nicht. Ich habe darüber nachgedacht einen längeren Urlaub zu nehmen, um meine Schwester zu besuchen. Wir haben uns seit damals nicht mehr gesehen."

"Dann werden Monsieur Porthos und Monsieur D'Artagnan wohl allein zurückbleiben.", stellte Susette fest, als sie das Ende der Treppe erreicht hatten. Sie drehte sich zu Aramis und wartete, bis er neben ihr stand.

"Das ist gut möglich.", antwortete diese, während sie die letzten Stufen nahm.

"Herrje, jetzt habe ich vergessen, Bescheid zu sagen, dass ihnen eine Schüssel gebracht wird.", meinte Su-sette plötzlich. Aramis schaute sie überrascht an.

"Wartet einen Moment, dann lauf ich schnell und sag in der Küche Beschied." Bevor Aramis etwas erwidern konnte, machte sich Susette schon auf den Weg. Doch plötzlich schien sie das Gleichgewicht zu verlieren und stürzte nach vorne. Mit einem schnellen Sprung war Aramis bei ihr und nahm sie schützend in die Arme, während sie zusammen die große Treppe hinunterpolterten. Kaum waren sie unten angekommen, wurde die Tür zum Kaminzimmer aufgerissen und die Herren sprinteten zu ihnen.

"Susette!! Aramis!!", riefen sie erschrocken. Athos kniete sich zu ihnen und nahm die zitternde Susette in den Arm. D'Artagnan zog Aramis' Kopf auf seinen Schoß. Sie hielt sich mit schmerverzerrten Gesicht die verletzte Schultern und einige Tränen liefen über ihre Wangen. Leise wimmerte sie und kniff Augen und Zähne zusammen. Susette, die sich langsam beruhigte, schaute sie entsetzt an.

"Bist du in Ordnung, Süße?", strich Athos ihr vorsichtig und liebevoll über die Wange. Sie nickte knapp und schaute wieder zu Aramis. Die atmete stoßweise und wimmerte etwas. Der Stoff unter ihrer Hand färbte sich langsam rot. Athos blickte nun auch sie besorgt an.

"Die Wunde ist wieder aufgerissen.", flüsterte er tonlos. Als hätte Porthos den Wink verstanden, kniete er sich neben sie, nahm Aramis auf den Arm und richtete sich wieder auf.

"Können wir ihn irgendwo hinlegen?", fragte er und schaute mit besorgtem Blick zu seinem Kameraden, der langsam das Bewusstsein zu verlieren schien. Susette sprang ruckartig auf und nickte, schaute zu Athos.

"Wir können ihn in dein Zimmer bringen und ich lasse einen Arzt rufen.", ereiferte sie sich. Athos nickte knapp.

"Kein Arzt.", stöhnte Aramis und öffnete leicht die Augen.

"Aber eure Wunde...", wollte Susette widersprechen, doch Athos schüttelte den Kopf. Dann ging er vor und Porthos folgte ihm. D'Artagnan legte eine hand auf Susettes Schulter.

"Lasst uns Wasser und frische Verbände holen, Mademoiselle." Er lächelte ihr aufmunternd zu und Susette nickte geknickt. Zusammen gingen sie in die Küche.

Währenddessen war man in Athos' Gemach angekommen und Porthos hatte den Kameraden auf das Bett gelegt. Athos hatte Porthos rausgeschickt, falls Susette und D'Artagnan Hilfe bräuchten. Vorsichtig begann er Aramis ihre Sachen auszuziehen. Nach wenigen Minuten kam D'Artagnan mit der Schüssel rein und schloss hinter sich die Tür.

"Ich habe Porthos gesagt, dass er mit Susette im Kaminzimmer warten soll. Sie beruhigen." Vorsichtig stellte er die Schüssel ab und half Athos, der nickte. Aramis sah die beiden nach einer Weile aus matten Augen an. Athos versuchte gerade die Blutung zu stillen und D'Artagnan packte ihre Sachen in den Wäschekorb, damit sie gewaschen werden konnten.

"Tut mir leid.", flüsterte sie leise. Athos sah sie an.

"Was? Dir muss nichts leid tun.", lächelte er und wusch das Tuch aus. Langsam ließ die Blutung nach und er wusch die Wunde nochmals aus, bevor er ihr einen neuen Verband anlegte.

"Eigentlich müsste ich dir eine Ohrfeige geben, aber ich fühl mich zu matt.", meinte sie mit einem leichten Grinsen. Athos lächelte schuldbewusst und D'Artagnan meinte:

"Was hätten wir machen sollen? War doch alles ganz blutig." Er reichte ihr ein Hemd von Athos, was sie sich überzog und anschließend die Augen schloss. Athos strich eine Strähne aus ihrer Stirn und lächelte. Vorsichtig deckte er sie zu.

"Ruh dich aus." Langsam stand er auf und verließ mit D'Artagnan leise das Zimmer.

"Oh Mann, ich hätte nicht gedacht, dass die Wunde so schlecht heilt.", meinte der Gascogner Kopf schüt-telnd. Athos nickte zustimmend.

"Was mich aber interessiert, ist, was überhaupt passiert ist."
 

Nachdem sie ins Kaminzimmer gekommen waren, erklärte Porthos, dass Susette sich hingelegt habe. Sie habe erzählt, dass ihr, als sie noch mal die Treppe runterwollte, schwindelig geworden war und sie stürzte. Aramis hätte sie schnell aufgefangen und dann wären sie zusammen gestürzt. Anschließend verabschiedeten sich D'Artagnan und Porthos, versprachen am nächsten Tag nach Aramis zu schauen und gingen nach Hause. Athos ging noch kurz zu Susette, die er schlafend vorfand. Liebevoll deckte er sie zu und gab ihr einen sanf-ten Kuss. Dann ging er zurück in sein Zimmer. Aramis war wach und schaute ihn an, als er das Zimmer be-trat.

"Du schläfst ja gar nicht." Er setzte sich auf den Rand des Bettes und lächelte. Auch sie brachte ein leichtes Lächeln auf die Lippen.

"Susette?", wollte sie wissen.

"Sie schläft. Es war ein ganz schöner Schreck für sie."

"Für mich auch." Sie schloss die Augen und stöhnte etwas. Athos nahm vorsichtig ihre Hand.

"Schlaf ruhig. Ich bleibe hier." Nach einiger Zeit wurde ihr Atem ruhig und er bemerkte, dass sie eingeschla-fen war. Vorsichtig beugte er sich zu ihr und betrachtete das Gesicht. Die extreme Blässe war zurückgekehrt und ließ sie sehr kränklich wirken. Trotzdem sah sie friedlich aus. Sanft strich er ihr über die Wange und durchs blonde Haar. Leicht bewegte sie den Kopf und schien sich in diese Berührung zu schmiegen. Er lä-chelte sanft und legte sich neben sie, hielt ihre Hand fest in seiner. Eine Weile beobachtete er sie noch, bevor auch er einschlief.
 

"Denkst du Aramis ist schon wieder so fit, dass wir ihn nach Hause bringen können?", fragte D'Artagnan Porthos, als sie auf dem Weg zum Palais von Susette waren. Porthos schluckte gerade einen Bissen Brot runter und zuckte mit den Schultern.

"Ich weiß es nicht. Er hat ziemlich an dieser Verletzung zu nagen.", äußerte er seine Gedanken. Sein Freund nickte und trieb Rosinante weiter an. Das Pferd wieherte kurz und bog in die nächste Straße ein. Der Gasco-gner schaute nachdenklich vor sich und seufzte. Auch Porthos schien etwas in Gedanken versunken und kaute eher lustlos auf dem Brot rum. Nach ein paar Minuten erreichten sie das Haus. Schnell banden sie die Pferde an und erklommen die Treppe zur Tür. Porthos klopfte wie am Vorabend laut und wieder wurde ihnen nur kurze Zeit später die Tür geöffnet und ein Diener bat sie herein.

"Guten Morgen, die Herren. Mademoiselle Susette erwartet sie bereits im Esszimmer.", begrüßte sie der Diener und führte sie zum genannten Raum. Er öffnete die Tür und die zwei traten ein. Susette saß am Tisch und frühstückte. Lächelnd stand sie auf.

"Guten Morgen, Monsieur Porthos, Monsieur D'Artagnan.", begrüßte sie die Beiden und bat sie mit einer Handbewegung sich zu setzen. Porthos und D'Artagnan folgten der Bitte und nahmen Platz. Auch sie setzte sich wieder.

"Oliviér und Monsieur Aramis schlafen noch, deshalb frühstücke ich allein." Der Jüngere sah seinen Freund stirnrunzelnd an.

"Athos schläft noch?", fragte Porthos verwundert. Susette nickte und bot ihnen etwas zu essen an, was die Beiden freundlich abwiesen.

"Wir haben bereits gegessen. Aber danke für das Angebot.", meinte D'Artagnan und lächelte Susette an.

"Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich doch gerne mal nach den Zweien schauen."

"Oh, natürlich, Monsieur. Ihr kennt den Weg ja noch." D'Artagnan nickte und erhob sich. Mit einer leichten Verbeugung verließ er das Zimmer. Schnell erklomm er die Treppe und ging zu Athos' Zimmer. Er klopfte vernehmlich, doch es rührte sich nichts. Vorsichtig öffnete er die Tür und steckte den Kopf rein. Die Sonne schien hell durch das Fenster aufs Bett. Darin bot sich für den jungen Gascogner ein interessantes Bild. Leise betrat er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er ging zum Fußende des Bettes und betrachtete das eigenartige Bild. Athos lag auf der Seite zu Aramis gedreht, die auf seinem einen Arm lag. Athos' anderer lag auf ihrem Bauch und hielt ihre Hand. Sie schienen sehr tief zu schlafen und rührten sich bis auf die At-mung keinen Millimeter. D'Artagnan schüttelte seufzend den Kopf. Das Einzige, was ihn beruhigte, war die Tatsache, dass Aramis zugedeckt war und Athos auf dieser Decke lag. Leise verließ er das Zimmer wieder und ging zurück ins Esszimmer, wo Porthos und Susette sich anscheinend über Aramis unterhielten.

"Na, wie gesagt, wissen wir nicht wirklich viel über Aramis. Allgemein wissen wir gegenseitig eher wenig von einander.", erklärte Porthos gerade und Susette nickte.

"Dabei kennen sie sich doch schon sehr lange." Porthos zuckte mit den Schultern, bevor er seinen Freund bemerkte.

"Na, wie geht es den Beiden?", fragte der Dicke gleich. Sein junger Freund grinste.

"Schlafen, wie zwei Steine. Die würde nicht mal ein Kanonenangriff wecken."

"Oha, na dann kommen wir besser heute Nachmittag wieder, um Aramis nach Hause zu bringen.", schlug Porthos vor und D'Artagnan nickte zustimmend. Susette meinte, sie würde, sobald die beiden wach wären einen Boten zum Palais von Monsieur de Tréville schicken, um ihnen Beschied zu geben. Die Musketiere dankten ihr dafür und verließen dann das Haus, um ihre Schicht zu beginnen.
 

Constance wartete ungeduldig am Tor zum Louvre und schaute immer wieder den Weg entlang. Sie hatte nicht lange Zeit. Die Königin hatte ihr heute nur eine halbe Stunde gewährt, weil sie sich noch für einen Ball herrichten musste, der am heutigen Abend stattfinden würde. Sie wollte gerade wieder reingehen, als hinter ihr der Galopp eines Pferdes zu hören war. Sie drehte sich um und erkannte D'Artagnan. Schnell lief sie ihm entgegen. Er saß zügig von Rosinante ab und gab ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange.

"Wo bleibst du denn?", fragte sie ihn tadelnd.

"Entschuldige bitte. M. de Tréville hat uns nicht gehen lassen. Er wollte noch wissen, wer heute Abend Dienst bei dem Ball macht.", lächelte er sie an und ließ sie unterhaken. Constance nickte besänftigt.

"Erzähl! Wie geht es ihr?", wollte sie daraufhin wissen.

"Na ja. Wir waren gestern Abend bei Athos und seiner Verlobten zum Essen und da sind sie und Susette die Treppe hinabgestürzt." Constance sah ihn entsetzt und betroffen an.

"Die Wunde ist wieder aufgerissen und hat stark geblutet, aber Athos konnte die Blutung stillen und hat ihr einen neuen Verband angelegt. Sie hat bei ihm geschlafen und als wir Aramis heute morgen abholen und nach Hause bringen wollten, haben die Zwei noch tief und fest geschlafen.", berichtete D'Artagnan. Con-stance schüttelte seufzend den Kopf.

"So ein Sturkopf. Sie sollte sich viel mehr Ruhe können. Wie kann man nur so Gedankenlos sein?", regte sie sich auf. Ihr Begleiter zuckte unwissend mit den Schultern.

"Das ist aber eigentlich nicht das, was mir Sorgen macht." Constance sah ihn fragend an. Sein Gesicht wirkte wirklich besorgt und sehr nachdenklich. Doch dann fiel ihr etwas ein.

"Moment! Athos hat ihre Wunde versorgt?" Der Gascogner nickte.

"Aber das bedeutet ja, er weiß..." Wieder nickte er. Constances Augen weiteten sich und sie schüttelte leicht den Kopf. Doch er nickte abermals.

"Aber es kommt noch schlimmer.", seufzte er und Sorgenfalten bildeten sich auf seiner Stirn. Die junge Frau schaute ihn fragend an.

"Sie haben die Nacht in einem Bett verbracht." Constance blieb ruckartig stehen und schaute ihn entsetzt an. D'Artagnan lief ungerührt weiter.

"Es war eine Decke dazwischen. Aber wenn Susette das sehen würde, rastet sie garantiert aus." Er seufzte schwer. Constance schloss wieder zu ihm auf und lief stumm neben ihm.

"Ich hoffe, die beiden wissen ihre Gefühle für einander zu unterdrücken, auch weiterhin." Constance nickte und schaute traurig zum Himmel.

"Werdet ihr sie abholen?" D'Artagnan nickte knapp, drehte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

"Wir sehen uns." Dann pfiff er kurz. Rosinante war augenblicklich bei ihm und er saß auf.

Geständnisse und Folgen

Als Athos aufwachte, lag er allein in seinem Bett. Von Aramis war keine Spur zu sehen. Ruckartig setzte er sich auf und blickte sich im Zimmer um. Ihn nicht bemerkend, saß sie am Fenster und las in einem Buch. Neben ihr stand ein Teller mit Obst, wo sie sich ab und zu etwas nahm und in den Mund steckte. Sie schien völlig in das Buch vertieft. Die Sonne schien ihr direkt ins Gesicht und zauberte goldene Tupfer in ihr Haar. Lächelnd beobachtete Athos sie, bis er überrascht wahrnahm, dass ihr Tränen über die Wange liefen. Lang-sam stand er auf und ging leise zu ihr. So erkannte er, dass sie einen Roman über eine unglückliche Liebe las. Vermutlich hatte sie es sich einfach aus dem großen Bücherregal genommen, dass in seinem Zimmer an der Wand zur Tür stand. Er konnte ein leises Schniefen vernehmen und kurz drauf wischte sie die Tränen von den Wangen. Als er fast bei ihr war, räusperte er sich leise. Trotzdem erschrak sie sich ziemlich und schaute ihn peinlich berührt an. Er lächelte und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Ich musste auch ein paar Tränen vergießen, also brauch es dir nicht peinlich sein. Das Buch ist nun mal recht traurig.", versuchte er sie zu beruhigen. Doch anscheinend schien er das Gegenteil zu erreichen. Ihre Augen füllten sich nur wieder mit Tränen und sie schaute beklommen auf ihren Schoß. Daraufhin setzte er sich auf die andere Seite des Fensters und schaute sie intensiv an.

"Du wirst ein guter Kommandant werden. Kein anderer käme dafür in Frage außer dir.", sprach er mit abso-lutem Ernst in der Stimme. Ihr Blick richtete sich überrascht auf ihn. Langsam beugte er sich vor, legte seine Hand an ihre Wange und wischte die Tränenspur weg.

"Sei mir nicht böse, bitte. Ich bin schon seit Jahren mit Susette verlobt, aber erst jetzt hab ich den Mut diesen Weg zu gehen. Die Lüftung deines Geheimnisses macht es mir allerdings wieder sehr schwer, zu gehen." Ihr Blick senkte sich und sie schluckte hart. Sanft hob er ihr Kinn und sah in zwei feuchte, blaue Augen. Sie schienen sagen zu wollen: Tu mir das nicht an. Fast in Zeitlupe näherte er sich ihr, sein Blick fest auf ihren gerichtet. Zaghaft und sanft legte er seine Lippen auf ihre. Ihr Blick weitete sich, doch schnell schloss sie die Augen und genoss diese liebevolle Berührung. Sie spürte eine wunderbare Wärme in sich aufsteigen und entspannte sich, gab sich hin. Er fixierte sie und registrierte jede Regung ihres Gesichtes. Traurig war sein Blick auf sie gerichtet. Er löste sich von ihr und lehnte sich an die Wand hinter sich, so dass er einen gewis-sen Abstand zu ihr gewann. Verträumt öffnete sie die Augen, blickte ihn dann aber ernst an, versuchte weite-re Tränen zu unterdrücken.

"Ich liebe dich und deshalb lass ich dich gehen.", flüsterte sie. Sie schloss das Buch und erhob sich langsam. Sie schritt zu einem Stuhl, wo ihre Sachen lagen und nahm sie. Schleichend ging sie zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch mal zu ihm.

"Ich wünsche dir und Susette eine wunderbare Zukunft. Lebe immer glücklich." Die Tür schloss sich hinter ihr. Athos schaute erst jetzt hin. Er spürte, wie sich Tränen den Weg in seine Augen suchten. Um dies zu unterbinden, kniff er die Augen fest zu, legte den Kopf auf seinen Arm, der auf seinem Knie ruhte. Ohne dass er es verhindern konnte, drang ein Schluchzen über seine Lippen.

Aramis kam gerade im Foyer an, als ein Diener die Tür öffnete und D'Artagnan mit Porthos das Haus betra-ten. Überrascht erblickten sie ihren Kameraden. Doch ohne ein Wort ging dieser an ihnen vorbei, drückte dem Diener einen Brief in die Hand und verließ das Anwesen. Die zwei Musketiere schauten ihr verblüfft hinterher, verabschiedeten sich vom Diener und folgten ihr. Im Gegensatz zu ihr hatten sie allerdings ihre Pferde. Aramis schritt die Straßen entlang Richtung ihrer Wohnung. Ihr Freunde folgten ihr und ritten schließlich neben ihr.

"Was ist denn mit dir?", wollte Porthos wissen, doch er bekam nur ein ,Lass mich in Ruhe'-Blick und Ara-mis lief weiter. Der Gascogner zuckte die Schultern und folgte ihr weiter. Als sie fast an ihrer Wohnung waren, gab er Porthos einen Wink, doch ihr Pferd aus dem Hauptquartier zu holen. Dieser verstand und drehte ab. Stumm ritt er neben ihr her und ging auch stumm mit ihr in die Wohnung. Dort verschwand sie in ihrem Zimmer. D'Artagnan setzte sich vorerst an den Tisch und wartete. Erst nach fünf Minuten kam sie zu ihm. Er bemerkte sofort, dass es ihr nicht gut ging. Doch er kannte sie inzwischen so gut, dass er wusste, sie würde zu ihm kommen, wen sie reden mochte. Auch Aramis setzte sich an den Tisch, starrte vor sich hin.

"Du hast jetzt noch frei. Was willst du machen?", versuchte er ein Gespräch zu beginnen. Sie zuckte mit den Schultern und seufzte.

"Ausruhen, besaufen, ausruhen.", meinte sie resigniert. D'Artagnan sah sie entsetzt an. Sie brachte ein freudloses Grinsen auf die Lippen und blickte dann zum kalten Kamin.

"Ihr saht heute morgen recht friedlich aus. Was ist passiert?", fragte er sich besorgt zu ihr beugend. Augen-blicklich schossen ihr Tränen in die Augen. Der Junge schluckte. Ein Schluchzen entrang ihrer Kehle und sie vergrub den Kopf in ihren Armen. Langsam stand er auf, ging um den Tisch und kniete sich neben ihren Stuhl. Sanft legte er einen Arm um ihre Schulter, woraufhin Aramis ihm um den Hals fiel und laut schluchz-te. Beruhigend strich er ihr übers Haar und den Rücken. Sie klammerte sich an ihn, sank vom Stuhl und tiefer in seine Arme.

"Was hat er getan?", flüsterte D'Artagnan tonlos und schaute besorgt zu ihr runter. Wieder schluchzte sie und nur dumpf konnte er hören, wie sie stotterte,

"E..er hat... mich ge...geküsst." Der Gascogner schaute sie mitleidig an und nahm sie fester in den Arm. Erst Minuten später beruhigte sie sich langsam. Vorsichtig half er ihr auf den Stuhl und wischte ihr die Tränen weg. Aramis saß da, wie ein Häufchen Elend. Ihre ganze Körperspannung war verloren gegangen. Noch nie hatte er sie so fertig gesehen.

"Soll ich mir die Wunde ansehen?", fragte er und er bekam ein schwaches Nicken. Er lächelte aufmunternd, als sie aufstand und ins Schlafzimmer ging. Schnell machte er eine Schüssel mit Wasser und folgte ihr dann. Aramis saß bis auf die Hose entkleidet auf dem Bett und schaute melancholisch vor sich hin. Stumm setzte sich D'Artagnan daneben und begann den Verband zu entfernen. Innerhalb weniger Minuten hatte er die Wunde versorgt und ihr einen neuen Verband angelegt.

"Schlaf etwas oder les ein bisschen. Ich komme später noch mal.", sprach er ihr zu lächelnd und sie nickte knapp. Dann verließ er ihre Wohnung. Draußen kam gerade Porthos mit Foulliant.

"Bind ihn an und sattle ihn ab. Ich muss noch mal zu Athos. Achja, könntest du ihm ne Flasche Rotwein oder so bringen?", meinte D'Artagnan zu dem stämmigen Mann, als er auf Rosinante aufsaß. Der Musketier nickte und schaute seinem Kameraden irritiert hinter her.

"Aramis und eine Flasche Wein?", fragte er sich selbst, zuckte dann aber die Schultern und machte sich auf den Weg, den Auftrag auszuführen. Als er zurück kam, saß Aramis vor dem brennenden Kamin und starrte in das Feuer. Porthos merkte, dass es seinem Kumpel schlecht ging. Er nahm sich eine Stuhl und stellte ihn gegenüber von Aramis. Während er Platz nahm, reichte er dem Musketier die eine Rotweinflasche und einen Korkenzieher. Aramis nahm beides ohne Porthos anzusehen und öffnete die Flasche, reichte den Korkenzie-her an Porthos weiter und nahm einen großen Schluck. Porthos schaute seinen Freund überrascht an, trank dann aber auch einen Schluck. Sie saßen stumm bei einander, tranken ab und zu einen Schluck aus der Fla-sche, bis Porthos nach einer halben Stunde besorgt aber auch genervt fragte:

"Was ist nur los mit dir? Seit Athos uns von seiner Kündigung und Susette erzählt hat, benimmst du dich doch reichlich komisch und Athos ist auch nicht besser." Erst jetzt bekam er einen zu Tode betrübten Blick von seinem Kameraden, so dass er heftig erschrak. Das war nicht der Aramis, den er kannte!
 

D'Artagnan ließ den Diener gerade so aufmachen, bevor er sich ins Haus drängte, sich kurz um sah und ihn dann anfunkelte.

"Wo ist Athos?" Der Diener zuckte etwas zusammen.

"Compte Oliviér befindet sich in seinem Zimmer." D'Artagnan nickte, blieb dann aber stehen und schaute den Diener entrüstet an.

"Compte?"

"Ja, Monsieur."

"Na, super." D'Artagnan verdrehte wütend die Augen und erklomm im Eiltempo die Treppe und ging zu Athos' Zimmer. Ohne anzuklopfen öffnete er schwungvoll die Tür und trat ein. Was er sah, ließ ihn aller-dings stoppen. Athos saß über den Schreibtisch gebeugt, den Kopf auf den Armen liegend. Die Vorhänge waren zu gezogen, so dass es fast stockdunkel war. Nur eine halb abgebrannte Kerze stand vor Athos auf den Tisch. In seiner Wut etwas gedämpft, schloss der Gascogner leise die Tür und ging zu seinem Freund. Er setzte sich neben ihn. Athos rührte sich nicht ein Stück, nur ein tiefer Seufzer war zu vernehmen.

"Warum hast du das getan?", wollte D'Artagnan mit leiser Stimme wissen. Athos hob den Kopf nicht.

"Sie sollte wissen, dass ihre Gefühle erwidert werden." Seine Stimme war nur schwach und klang sehr ge-knickt.

"Hast du auch daran gedacht, was du ihr damit antust? Vermutlich besäuft sie sich in diesem Moment." Athos hob ruckartig den Kopf und schaute den Kameraden aus müden, aber auch entsetzten Augen an.

"Und das lässt du zu?", blaffte er. D'Artagnans Gesicht rührte sich nicht.

"Eher andersrum oder? Warum lässt du es zu, dass es ihr so schlecht geht? Aber wenn es dich beruhigt, Port-hos ist bei ihr.", meinte er mit anklagender Stimme. Athos seufzte tief und ließ den Kopf wieder auf die Ar-me sinken.

"Glaubst du, mir geht es momentan anders?", fragte er mit heiserer Stimme. D'Artagnan senkte den Blick und schüttelte, obwohl Athos es nicht sehen konnte, den Kopf. Dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter.

"Komm mit zu ihr. Redet mit einander.", schlug er vor, aber Athos schüttelte den Kopf.

"Sie hat sich von mir verabschiedet..... für immer." D'Artagnan atmete tief ein und stieß die Luft wieder aus. Eine Weile saßen die Beiden so zusammen. Dann fixierte D'Artagnan seinen Kumpanen.

"Sag mal. Der Diener meinte, du seihst Compte?" Athos nickte schwach.

"Compte Oliviér de la Fèrre.", antwortete er.
 

Porthos schaute Aramis mit aufgerissenen Augen an. Die hatte den Blick gesenkt und auf ihren Wangen funkelten Tränenspuren.

"Lass mich das resümieren. Du heißt Renée d'Herblay und bist eine Frau, liebst Athos und er hat dich heute geküsst, wobei er mit Susette verlobt ist." Sie nickte und leerte die Flasche in einem Zug. Dann ließ sie diese fallen und brach abermals in Tränen aus. Porthos schaute sie unsicher an und dann im Zimmer umher, bevor er sich überwinden konnte und sie in den Arm nahm.

"Weißt du was? Wir beide gehen jetzt in die mieseste Spelunke und da kannst du dich hemmungslos besau-fen. Ich bring dich dann später nach Hause. Was hältst du davon?" Sie nickte schwach, löste sich aus der Umarmung und wischte die Tränen von ihren Wangen. Dann stand sie auf und holte sich aus dem Schlaf-zimmer ihren Mantel, während Porthos das Feuer löschte. Als sie zurückkam, machten sich Beide auf den Weg.

Kampf und Verteidigung

D'Artagnan hatte es schließlich doch geschafft, Athos zu überreden, ihn zu Aramis zu begleiten. Doch als sie ankamen, fanden sie die Wohnung leer vor. Beide schauten einander irritiert an.

"Ob sie Porthos entwischt ist?", fragte Athos unsicher. D'Artagnan schüttelte ungläubig den Kopf.

"Aramis war so am Ende. Die wäre nirgends allein hingegangen. Das einzige, was ich mir denken könnte, ist, dass sie sich eine Kneipe gesucht haben.", überlegte D'Artagnan und kratzte sich am Kopf. Athos zuckte ratlos mit den Schultern. Mit besorgtem Gesicht schaute er zum Nachthimmel. Der Mond leuchtete hell und man konnte die Sterne deutlich sehen. D'Artagnan zupfte ihm am Ärmel und bedeutet ihm ihn zu folgen. Athos trottete nachdenklich hinter seinem jungen Mitstreiter hinterher. Sie waren einige Straßen weiter, als sie plötzlich lauten Radau vernahmen. Entschlossen sahen sie sich an und rannten dann in die Richtung, aus der der Lärm kam. Sie mussten einige Straßenecken nehmen, bevor sie einige Männer sahen, die miteinander fochten. Einige waren vermummt, andere trugen die Uniform des Kardinals und weitere konnten sie als Musketiere erkennen. Der Kampf schien sehr hart zu sein. Einer der Vermummten lag bereits bewusstlos auf dem Boden und zwei Rotkäppchen hielten sich ihren verletzten Arm, standen am Rand.

"Aramis!", kam es Athos tonlos über die Lippen. Die war gerade gestolpert und lag mit dem Rücken auf dem Pflaster. Einer der Vermummten erhob seinen Degen. Sie blickte ihn ängstlich an, schloss dann aber die Augen. Athos fuhr der Schreck und ein fürchterlicher Gedanke durch Adern und Kopf: ,Sie will sich um-bringen lassen!'

"NEIN!", schrie er und hechtete zu ihr, zog seinen Degen und stieß ihn dem Mann zwischen die Rippen. Der ließ seinen Degen fallen. Mit einem heiseren Schmerzensschrei ging er in die Knie und kippte völlig um. Athos zog Aramis, die ihn überrumpelt ansah, ruckartig auf die Beine, beugte sich zu ihrem Degen, hob ihn auf und drückte ihn ihr in die Hand.

"Kämpf!", befohl er und wand sich von ihr ab. Sofort war er mit einem anderen Vermummten zu Gange. Aramis starrte ihn noch sekundenlang an, bevor auch sie sich jemanden vornahm. Mit vereinten Kräften schafften sie es nach mehreren Minuten fast alle Vermummten niederzustrecken. Nur zwei schafften es, sich aus dem Staub zu machen. Als diese getürmt waren, schauten sich die Übriggebliebenden zufrieden um. Immerhin acht von den Typen konnten sie nun hinter Gittern bringen. Porthos taumelte etwas benommen zu seinen Kollegen und rieb sich den Kopf. Die sahen ihn grinsend an.

"Da gibt es nichts zu grinsen. Der Mistkerl hat mir eins übergezogen." Ein Kichern ging durch die Runde und Porthos zog einen Flunsch. Athos wand sich an die Schergen des Kardinals und bedankte sich. Dann bat er sie und die anderen Musketiere die Niedergestreckten in Verwahrung zu nehmen. Als diese dann gegangen waren, wand er sich mit einem recht unfreundlichen Blick an Aramis.

"Mit dir hab ein Hühnchen zu rupfen, Mademoiselle.", meinte er mit bedrohlicher Stimme. Aramis sah ihn Schuld bewusst an. D'Artagnan wollte ansetzen etwas zu sagen, doch Porthos grinste nur breit.

"Ich weiß, dass unser lieber Aramis eigentlich eine liebe Aramis ist." D'Artagnan nickte mit offenen Mund. Athos nahm seine Kameradin am Arm und zog sie ein Stück von den anderen weg.

"Sag mal, hast du zu viel gesoffen? Wie bitte kann man auf die Idee kommen, sich umbringen zu lassen? Ich habe gedacht, ich sehe nicht richtig. Bei aller Liebe, tu so etwas nie wieder.", schrie er sie an. Sie schaute ihn fest und starr an, rührte sich keinen Millimeter. Porthos und D'Artagnan blickten Athos und dann Aramis irritiert an.

"Wie? Umbringen lassen?", brachte Porthos heraus, bevor Athos ihm einen Blick zuwarf, der kein Wort mehr duldete. Unsanft packte er sie wieder am Arm und zog sie hinter sich her. Die beiden Anderen schauten ihnen seufzten hinterher. D'Artagnan schaute zu Porthos.

"Weißt du auch, was heute zwischen ihnen vorgefallen ist?" Der Korpulente nickte und der Junge seufzte abermals.

"Wir sollten die Zwei lieber in Ruhe lassen."

"Solange sie sich nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen.", meinte Porthos die Augen verdrehend. D'Artagnan schüttelte den Kopf.

"Sicher nicht."
 

Athos zerrte Aramis unsanft durch die Straßen in Richtung ihrer Wohnung. Widerwillig folgte sie ihm und versuchte sich währenddessen zu befreien.

"Lass mich los.", forderte sie. Mit Schwung zog er sie vor sich und nagelte sie an der Wand fest. Sein Blick war ernst und zugleich so traurig und besorgt. Unsicher schaute sie ihn mit leicht gesenktem Kopf an.

"Warum? Warum hast du das getan?" Seine Stimme zitterte leicht, was sie überrascht zur Kenntnis nahm. Ohne Kommentar drehte sie den kopf zur Seite und schaute zum Boden. Er packte sie an den Oberarmen und rüttelte sie leicht.

"WARUM?", wiederholte er. Doch sie ließ den Blick auf die Erde gesenkt. Kraftlos ließ er die Arme sinken und schaute sie einfach nur an. Aramis sank an der Hauswand zu Boden und zog die Beine an.

"Ich wäre lieber tot, als dich mit Susette sehen zu müssen. Weißt du eigentlich, wie ich mich gefühlt habe, als du das mit Susette erzählt hast? Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich habe versucht, es zu akzep-tieren, aber als du mich geküsst hast...." Ihre Stimme war immer leiser geworden und schließlich brach sie in Tränen aus. Athos blickte mit traurigem Blick zu ihr. Dann kniete er sich hin und nahm sie in den Arm.

Das Mädchen

so, lange ist es her, seit dem letzten Update. Dafür möchte ich mich entschuldigen, aber das Studium hat mich voll vereinnahmt, so dass ich erst jetzt in den Semesterferien dazu komme weiter zu schreiben. Ich hoffe, dass es noch mehr Kapitel werden und sie euch genauso gefallen wie die letzten.
 

LG JT
 

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Aramis und Porthos liefen gerade durch die Straßen. Sie hatten Dienst und sollten den Markt überwachen. Gähnend schaute Aramis sich um und durchsuchte die Mengen nach verdächtigen Personen. Porthos schüt-telte fassungslos den Kopf.

„Was ist nur los mit dir? Seit Tagen kommst du total übernächtigt zum Dienst.“ Sie grinste ihn an und zuckte mit den Schultern.

„Tja!“, war ihr einziger Kommentar. Porthos seufzte und musterte sie dann.

„Was ist nun eigentlich mit dir und Athos?“, fragte er vorsichtig. Irritiert blickte sie zu ihm und ihre Stirn kräuselte sich etwas.

„Wir haben uns ausgesprochen und es ist alles wieder in Ordnung. Wir haben uns vertragen und geeinigt.“, erklärte sie kurz, wobei sie ihn nicht anschaute.

„Und auf was habt ihr euch geeinigt?“, harkte er nach. Sie schüttelte grinsend den Kopf.

„Das geht dich nichts an, Dickerchen.“ Porthos zog einen Schmollmund und zuckte mit den Schultern.

„Diebin, haltet sie, die Diebin.“, schrie plötzlich eine Frau von einem Obst- und Gemüsestand. Aramis und Porthos schauten sofort aufmerksam auf, woher der Schrei kam. Aus der Menge sahen sie ein kleines Mäd-chen mit einigen Äpfeln im Arm auf sich zu rennen. Porthos stellte sich ihr in den Weg und hob sie mit Leichtigkeit in die Höhe. Die Kleine ließ vor Schreck die Äpfel fallen und zappelte in seiner Umklamme-rung, um sich zu befreien. Die Frau des Standes kam auch zu ihnen gerannt und sammelte ihre Äpfel wieder ein.

„Sperren sie die Göre bloß ein. Die hat mich schon 10 Mal bestohlen.“, meinte sie und ging zu ihrem Stand zurück. Porthos schaute die Kleine, die nun starr in seinen Händen hing, mit großen Augen an. Aramis beugte sich etwas zu ihr und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Die Kleine schaut sie mit bösen Blick an, öffnete die Augen dann aber langsam weit und starrte sie schließlich ungläubig an. Aramis runzelte daraufhin die Stirn und richtete sich wieder auf.

„Nun setz das arme Ding doch erst mal auf ihre Füße, Porthos.“, wies sie den Kameraden an. Porthos zog die Luft ein und schnaubte dann, bevor das Mädchen absetzte, sie aber weiter am Arm festhielt.

„Ich bin Aramis und wie heißt du?“, versuchte Aramis ein Gespräch mit der Kleinen anzufangen. Die schaute sie inzwischen trotzig an.

„Mercedes.“ Aramis runzelte die Stirn und betrachtete das Mädchen genauer. Plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen und sie schwankte etwas. Porthos hielt sie an den Schultern und schaute sie leicht besorgt an. Sie schloss die Augen und ihr Atem ging leicht stoßweise. Dann schüttelte sie den Kopf und richtete sich wieder ganz auf. Porthos sah sie fragend an, doch sie schüttelte abwehrend den Kopf. Dann wand Aramis sich an das Mädchen. Sie lächelte und hielt ihr die Hand hin.

„Na komm, Mercedes. Du hast doch bestimmt Hunger.“ Mercedes schaute sie erst skeptisch an, nickte dann aber und ergriff Aramis‘ Hand. Porthos blickte abermals fragend, doch Aramis winkte nur abwehrend.

„Ich kümmere mich mal um unsere kleine Diebin.“, meinte sie nur und ging mit ihr in Richtung ihrer Woh-nung vom Markt. Porthos seufzte unwillig und führte seine Runde auf dem Markt fort.
 

Mercedes schaute zu Aramis hoch, doch der Musketier blickte nur gerade aus und führte sie durch mehrere Gassen. Nach einiger Zeit des Schweigens kamen sie zu dem haus. Aramis führte sie die Treppe hoch und öffnete ihr die Tür. Mercedes ging in die Wohnung und sah sich unsicher um. Aramis schloss die Tür hinter sich und legte dann ihre Jacke über den Stuhl. Anschließend ging sie zu der kleinen Kochstelle und durch-suchte die Schränke. Das gefundene Stück Brot und den schon leicht schrumpeligen Apfel legte sie auf ein Brett und brachte es zum Tisch. Mercedes stand noch immer im Raum und beobachtete Aramis scheu. Die lächelte das Mädchen an und bedeutete ihr, sich auf einen der Stühle zu setzen. Selbst nahm sie auf dem anderen Platz. Mercedes ging scheu zu ihr und setzte sich. Aramis schob das Brett zu ihr.

„Iss bitte!“, lächelte sie und lehnte sich im Stuhl zurück. Mercedes zögerte einen Moment, griff dann aber gierig nach dem Brot und biss einen großen Happen ab. Aramis lächelte milde und beobachtete das Mädchen, wie es auch in den Apfel biss.

„Also, Mercedes. Erzähl mal ein bisschen von dir.“ Die Kleine sah mit vollen Mund zu ihr und schluckte das Essen etwas mühsam runter. Dann seufzte sie kurz.

„Halbwaise, weggelaufen, suche meine Mutter.“, blinzelte sie den Musketier an und Aramis‘ Blick wurde schwermütig. Die dunkelblonden Strähnen hingen Mädchen wirr vom Kopf und sein Kleid bestand eigentlich nur aus einem grauen Fetzen Stoff.

„Und wie willst du sie finden?“, erkundigte sich Aramis, noch immer entspannt im Stuhl zurückgelehnt. Innerlich krampfte sich aber alles zusammen und sie hätte am liebsten laut geschrieen. Das Mädchen schaute auf und grinste sie breit an. Irritiert erwiderte Aramis den Blick.

„Ich habe sie schon gefunden, auch wenn sie in Männerkleidung steckt.“, grinste Mercedes frech und schob sich das letzte Stück Brot in den Mund. Mühsam kaute sie es, während ihr Gegenüber sie mit offenen Mund anstarrte. Es dauerte einen Moment bis sie ihre Stimme wiederfand und Mercedes ungläubig anschaute.

„Woher? Wie hast du es bemerkt?“, beugte sie sich nach vorne. Mercedes grinste frech und kramte etwas aus ihrer Kleidtasche. An einer langen Kette baumelte ein kleines Medaillon vor Aramis Nase. Sie nahm es und öffnete es. Dann schaute sie das Kind wieder irritiert an.

„Woher hast du das?“ Mercedes zuckte mit den Schultern.

„Irgendwann, ich war 5 Jahre, da kam eine Frau ins Kloster. Sie hatte braune Haare, die sie zu einem Zopf geflochten trug. Sie wollte mit mir sprechen. Eigentlich hat sie nicht viel gesagt, gab mir dieses Medaillon und meinte, das wäre meine Mutter. Mit diesem Medaillon würde ich sie irgendwann finden.“, erklärte sie mit nachdenklicher Mine. Dann sah sie wieder zu Aramis, die das Medaillon leicht zwischen ihren Fingern wiegte. In dessen Inneren befand sich eine kleine, aber äußerst genaue Zeichnung von ihr selbst in jüngeren Jahren. Der Musketier seufzte schwer und schloss die Augen.

„Die Frau war deine Tante, meine jüngere Schwester Celeste.“, sprach sie leise und vermied es ihre Tochter anzuschauen. Mercedes nickte verstehend und rutschte vom Stuhl. Langsam umrundete sie den Tisch, stand schließlich neben Aramis.

„Wie heißt du? Richtig?“, blickte sie sie mit großen blauen Augen an. Aramis hob den Kopf und ließ ihren Blick auf dem kleinen Mädchen ruhen.

„Renée d’Herblay.“, antwortete sie leise. Das Mädchen lächelte sie daraufhin fröhlich an.

„Dann bin ich Mercedes d’Herblay.“, strahlte sie und Aramis nickte, nun auch ein Lächeln auf den Lippen.
 

„Hey Porthos.“ Athos schlug ihm auf die Schulter und D’Artagnan grinste ihn breit an. Porthos, der sich ziemlich erschrocken hatte, funkelte seine zwei Kameraden böse an.

„Wollt ihr mich alten Mann umbringen?“, grummelte er. Doch seine Freunde lachten nur. Schließlich sah sich Athos um.

„Wo hast du unsere Kleine gelassen?“, dämpfte er etwas seine Stimme und sah ihn fragend an. Porthos zuckte mit den Schultern.

„Er wollte sich um eine kleine Diebin kümmern. Das war irgendwie komisch.“, runzelte er nachdenklich die Stirn. D’Artagnan blickte zu Athos, der mit den Schultern zuckte, und dann wand er sich an Porthos.

„Wie komisch?“

„Na ja, da war so ein Moment, als würden die beiden sich kennen. Aber dann haben sie wieder wie Fremde miteinander geredet. Trotzdem schien das Gör unserem lieben Aramis schnell zu vertrauen. Komisch halt.“, resümierte er kurz das Geschehene aus seiner Sicht und zuckte zum Ende unschlüssig, was er denken sollte, die Schultern. Auch D‘Artagnan und Athos zuckten ratlos die Schultern. Etwas eigenartig hörte es sich ja doch an und D’Artagnan warf einen grübelnden Blick in die Richtung, wo Aramis‘ Wohnung lag. Ihm kam der Gedanke, dass Aramis eine Frau war und diese hatten immer viele Geheimnisse. Ob das Mädchen auch dazu gehörte?



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  Kira_Lira
2011-08-12T23:31:40+00:00 13.08.2011 01:31
Hey! Die Geschichte begann gut, aber dieser Schritt den Kurs ändern jetzt, der Idiot, wenn bei Ihnen nicht, ist Aramis eine Frau verachtet, und jetzt werden wir die Geschichte ändern und verbessern die Geschichte lassen uns ohne Ende, hey jeder Autor tapfer wollen diese beenden Geschichte oder mejararla, schwierige Aufgabe, die ich es sehe, Aramis wird die Musketiere zu verlassen, um ihre Schwester zu holen und hoffentlich ohne dass jemand zu sagen, der Idiot Athos sehen sie verloren, denn nun Aramis müssen Tante und Mutter dieser Geschichte haben muss Ende Aramis / Athos, thanks for sharing
Von: abgemeldet
2007-06-03T10:23:47+00:00 03.06.2007 12:23
Hoppla! Aramis und Mama? Hab ich was verpasst???
Von:  Tach
2006-07-22T16:21:00+00:00 22.07.2006 18:21
Jetzt bin ich irritiert.Wie alt ist das Mädchen? Hab ich das überlesen? Wenn nicht ist sie über 6, und das macht es schwierig, ihr Aramis als Mutter zuzuordnen. Aber gut, ich lass mich mal überraschen =]
Von: abgemeldet
2006-06-04T19:39:05+00:00 04.06.2006 21:39
Deine FF ist total toll! Spannend bis zum tz... büdde weiterschreiben!
Von:  Vienne
2006-05-16T10:11:27+00:00 16.05.2006 12:11
wow, bin von deiner ff echt total faziniert! bitte, ich muss wissen wie es weiter geht. du hast so geniale cliffhanger drinn und dass immer an so großartigen stellen. also schreib bitte weiter. ich wäre dir echt total dankbar dafür.

lg, mailiki ^^
Von: abgemeldet
2005-11-11T16:23:43+00:00 11.11.2005 17:23
oO *uih* bitte schnel weiterschreiben!!
Von:  Tach
2005-10-30T07:54:10+00:00 30.10.2005 08:54
Dramatisch! Die Story gefällt mir ungemein.
Allerdings is die Darstellung der Szenerie meiner Meinung nach an einigen Stellen zu kurz, wirkt ein bischen nacherzählt. Aber hey, erste fanfic, und dafür isses klasse!
Bin gespannt was weiterhin passiert.
Von: abgemeldet
2005-10-26T06:38:25+00:00 26.10.2005 08:38
tagchen,
also das geht ja schlag auf schlag hier voran in deiner story und damit meine ich nicht das hochladen ;o) ich war etwas überrascht, dass die beiden sich so schnell ihre gefühle offenbarten, aber dafür finde ich, dass du das in einer wunderschönen szene dargestellt und beschrieben hast... bin sehr gespannt, wie es nach der prügelei nun weitergeht... schreib weiter!
LG Krisi
Von: abgemeldet
2005-07-31T08:30:20+00:00 31.07.2005 10:30
eine wirklich gute FF bis jetzt... du hast hier einen tollen einstand vollzogen ;o) deinen ausdruck find ich gut und beim inhalt passt auch alles zusammen... bin wirklich gespannt, was mit der diebesbande noch geschehen wird und vielleicht stellst du uns ja auch die geliebte von athos etwas näher vor? hier ist alles offen, du kannst wirklich eine menge draus machen...
LG Krisi
Von: abgemeldet
2005-07-30T14:51:44+00:00 30.07.2005 16:51
Hey, die geschihcte ist klasse, Bitte schnell weiterschreiben, ok?


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