Zum Inhalt der Seite

Es fehlt ein Stück

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Titel: Es fehlt ein Stück

Kapitel: 1/1

Autorin: Cat in the web

Fandom (Anime/Manga): Beyblade

Einstufung: PG

Genre: Songfic, Darkfic, Drama

Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit. Der Liedtext ist "Haltet die Welt an" von Glashaus.

Kommentar: Robert besucht Johnny, aber es ist nicht alles so, wie es zuerst scheint.
 

Meine allererste Songfic. Ich hörte diesen schönen Text, und wollte es einfach mal ausprobieren. Lest selbst.
 

--------------------------------------------------
 

Es fehlt ein Stück

von Cat in the web
 

Langsam schritt Robert den schmalen Weg entlang, seinem Ziel entgegen. Es war nun schon so lange her, fast fünf Jahre, um genau zu sein. Er war jetzt erwachsen, erfolgreich und von Adel, ein geachtetes Mitglied der High Society. Sein Leben verlief perfekt, auch wenn er nicht mehr so viel bladen konnte wie früher. Und seine Freunde nicht mehr so häufig sehen konnte. Aber auch die anderen hatten Verpflichtungen, sie alle konnten sich nicht mehr so häufig sehen wie früher, als sie noch das Team der Majestics gebildet hatten. Aber ab und zu vermisste er seine Freunde. Und am meisten vermisste er Johnny.
 

***

Seitdem du weg bist, ist so manches okay,

dafür, dass es korrekt ist, tut es aber ganz schön weh.

Ich bin wirklich gesegnet, hatte Glück, und vieles ist super wie es ist,

bis auf die Lücke, die nicht schließt.

Es ist ein perfekter Kreis von 280 Grad.

Der rettende Beweis, den ich leider grad nicht hab.

Es ist der Sinn des Lebens, den keiner mir verrät.

Man muss wirklich kein Genie sein, um zu merken, dass was fehlt.

***
 

Robert's Gedanken schweiften zurück in vergangene Zeiten, als er noch mit seinen Freunden gebladet hatte. Damals hatten sie viel Zeit miteinander verbracht, und das nicht nur, um zu bladen. Sie waren zusammen verreist, hatten in den Villen von Oliver oder Enrico übernachtet, waren unter der Führung von Johnny durch Schottland gewandert oder entspannten sich in Robert's Schloss. Und während all der Zeit war Johnny ihm immer am nächsten gewesen. Der energetische Rotschopf, der sich so häufig nicht seinem Rang entsprechend benahm, hatte Robert durch sein Auftreten immer wieder irritiert, war aber genauso eine Quelle des Amüsements für ihn gewesen. Es war irgendwie nicht dasselbe, wenn Johnny nicht da war. Und so hatte er dem temperamentvollen Schotten vieles durchgehen lassen, was er anderen nie erlaubt hätte.
 

***

Bei Gott, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an,

es fehlt ein Stück,

sie soll stehen.
 

Und die Welt dreht sich weiter,

und dass sie sich weiterdreht,

ist für mich nicht zu begreifen,

merkt sie nicht, dass einer fehlt.

Haltet die Welt an, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an, sie soll stehen.

***
 

Robert blieb einen Moment stehen und stützte sich mit einer Hand an einem Baum ab, während er die Augen schloss, um sich seinen Erinnerungen hinzugeben. Er sah Johnny auf dem Tennisplatz seines Schlosses, wie er Enrico praktisch vom Platz fegte. Der Italiener hatte Johnny zu einem Match herausgefordert, und er hatte haushoch verloren. Robert schüttelte leicht den Kopf. Enrico hätte es besser wissen müssen. Niemand konnte es mit Johnny aufnehmen, wenn es um Sport ging. Seine Energie schien unerschöpflich zu sein.
 

Das hatte er auch damals bewiesen, als Enrico sie auf seine Yacht eingeladen hatte. Oliver hatte Johnny zum Wettschwimmen herausgefordert. Der Schotte war noch Runde um Runde um die Yacht geschwommen, als der Franzose seine Niederlage längst eingestanden hatte und erschöpft zurück an Bord geklettert war.
 

Eine andere Erinnerung folgte. Johnny beim Schachspielen mit ihm. Robert lächelte, als er vor seinem geistigen Auge sah, wie Johnny frustriert seine Stirn gegen die Tischplatte schlug, nachdem er drei Runden in Folge verloren hatte. Doch der Schotte war viel zu stur, um aufzugeben. Johnny griff nach den Figuren und stellte sie wieder auf, damit sie ein neues Spiel beginnen konnten. Und er verkündete entschlossen, aber mit einem fröhlichen Grinsen, dass er Robert diesmal schlagen würde. Das war eine Eigenschaft von Johnny, die Robert immer bewundert hatte. Johnny gab sich nicht einfach geschlagen. Seine Niederlagen im Schach waren ein Ansporn für ihn gewesen, es noch mal zu versuchen, und dabei war er immer besser geworden.
 

Robert öffnete seufzend die Augen, und sein Lächeln verschwand. Das waren alles nur noch Erinnerungen. Diese Zeiten lagen lange zurück. Er setzte seinen Weg fort.
 

***

Es ist nicht zu beschreiben, wie kalt und leer es ist.

Ich versuche nicht zu zeigen, wie sehr ich dich vermiss.

Meine Freunde tun ihr bestes, aber das Beste ist nicht gut genug,

für das, was du mir warst, hat diese Welt kein Substitut.

Dies ist ein Akt der Verzweiflung, ein stummer Schrei

eines Menschen voller Leid, und seiner Wunde, die nicht heilt.

Es ist ein letzter Kampf gegen das, woran es liegt,

wie ein Vogel mit nur einem Flügel, der bestimmt nicht fliegt.

***
 

Vielleicht war es seine Schuld gewesen, vielleicht hätte er den Kontakt zu seinen Freunden besser pflegen sollen. Seit seinem achtzehnten Geburtstag hatte er sich immer weniger um sie gekümmert. Ja, sie hatten alle Verpflichtungen, aber eigentlich konnte er nicht sagen, dass er zu wenig Zeit gehabt hätte. Er hätte sich die Zeit nehmen müssen. Aber stattdessen hatte er die Gelegenheiten einfach verstreichen lassen, immer mit dem beruhigenden Gedanken im Hinterkopf, dass er sich irgendwann anders die Zeit nehmen würde, nur halt nicht jetzt. Aber diese andere Zeit war nie gekommen, denn er hatte sich immer wieder um neue Dinge gekümmert, die seiner Meinung nach erledigt werden mussten. Und als Johnny einmal unangemeldet zu Besuch gekommen war, vielleicht weil er Sorgen gehabt hatte oder einfach, weil er Robert vermisste, hatte er ihn wieder nach Hause gesandt. Johnny hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber Robert hatte in seinen Augen gesehen, dass er verletzt gewesen war. Und daher hatte Robert ihm versprochen, dass er mit ihm telefonieren würde, sobald er wieder zu Hause war, und er würde ihm auch einen Brief schreiben. Ein Anruf, der viel zu kurz war, ein Brief, den er erst Monate später geschrieben und versandt hatte.

Robert fühlte erneut sein schlechtes Gewissen. Kein Wunder, dass der Kontakt immer spärlicher geworden war. Es war seine eigene Schuld gewesen.
 

***

Bei Gott, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an,

es fehlt ein Stück,

sie soll stehen.
 

Und die Welt dreht sich weiter,

und dass sie sich weiterdreht,

ist für mich nicht zu begreifen,

merkt sie nicht, dass einer fehlt.

Haltet die Welt an, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an, sie soll stehen.

***
 

Und dann war da vor fast fünf Jahren eine Einladung von Johnny gekommen. Er hatte alle seine Freunde eingeladen, nach Schottland zu kommen. Es sollte ein Geländemotorradrennen stattfinden, an dem auch Johnny selbst als Fahrer teilnehmen würde, und er wollte gern, dass seine Freunde unter den Zuschauern waren. Oliver und Enrico hatten sofort zugesagt. Robert jedoch hatte Johnny mitgeteilt, dass er Arbeit zu erledigen hätte, dass er aber versuchen würde, ein anderes Mal zu kommen. Aber zu dem Rennen würde er es nicht schaffen.
 

War Johnny enttäuscht gewesen, als er seine Worte über das Telefon hörte? Vermutlich, doch der Stimme seines Freundes war nichts anzumerken gewesen. Er hatte lediglich gesagt, er würde auf Robert warten. Robert jedoch hatte danach ein furchtbar schlechtes Gewissen gehabt. Er hatte Johnny nun schon häufig auf später vertröstet, genau wie Oliver und Enrico. Es war nicht fair seinen Freunden gegenüber. Und außerdem wollte Robert gerade Johnny unbedingt einmal wieder sehen. Er konnte sich gut vorstellen, wie Johnny auf seinem Motorrad saß und über das Gelände raste, dicht gefolgt von den konkurrierenden Fahrern. Aber er war sich sicher, dass keiner Johnny einholen würde. Der Schotte mit seiner endlos erscheinenden Energie und seiner Entschlossenheit würde das Feld dominieren, da war sich Robert ganz sicher.
 

Robert hatte damals beschlossen, seine Arbeit einfach liegen zu lassen und nach Schottland zu fliegen, um Johnny wieder zu sehen. Er würde den Vorschlag machen, dass Johnny, Oliver, Enrico und er selbst doch wieder mal einige Zeit gemeinsam verbringen könnten. Er hatte sogar in Erwägung gezogen, eine Woche in Schottland zu bleiben, um mit Johnny ein wenig an verlorener Zeit wieder gut zu machen. Er hätte es besser wissen müssen. Verlorene Zeit war für immer verloren, es gab keinen Weg, sie nachzuholen.
 

Er hatte Johnny angerufen und ihm seine Entscheidung mitgeteilt, und Robert konnte immer noch die Freude in Johnny's Stimme hören. Sein Freund hatte sich wirklich sehr gefreut und hatte ihm erneut gesagt, er würde auf ihn warten. Aber zwei Tage, bevor sein Flug nach Schottland ging, war ein Anruf gekommen. Aufgrund eines schweren Unfalls würde es kein Motorradrennen geben. Bei einem Trainingsrennen waren mehrere Fahrer verunglückt. Robert war daraufhin nicht nach Schottland geflogen. Das Flugzeug flog ohne ihn. Und er setzte für eine lange Zeit keinen Fuß mehr auf schottischen Boden, bis zum heutigen Tage. Jetzt war er hier.
 

***

Es ist leicht zu erkennen und schwer zu ertragen,

wie konnte man uns trennen? Mein Herz trägt deinen Namen.

Es ist die alte Geschichte, wenn jemand stirbt,

es fehlt ein Stück vom Puzzle, das so niemals fertig wird.

Man sagt mir: halb so schlimm, es geht weiter wie du siehst.

Um zu sehen, dass das nicht stimmt, braucht es keinen Detektiv.

Ich kann meinen Zweck nicht erfüllen wie eine Kerze ohne Docht.

Dieses Schiff geht langsam unter, merkt ihr nicht es hat ein Loch?

***
 

Robert hatte lange gebraucht, um den Mut zu sammeln, doch noch nach Schottland zu kommen, um Johnny aufzusuchen. Enrico und Oliver waren schon ein paar Mal hier gewesen, doch Robert hatte einfach nicht herkommen können. Es war als hielte ihn die Vergangenheit gefangen und zeigte ihm erbarmungslos, was er hätte anders machen können, was er hätte besser machen können. Aber er war machtlos, etwas zu ändern. Heute jedoch würde er den Besuch machen, den er viel zu lange aufgeschoben hatte.
 

Robert hielt den Strauß Rosen fester in der Hand, als er das schmiedeeiserne Tor erreichte. Dahinter war Johnny und wartete noch immer auf ihn. Die angerosteten Angeln des Tores kreischten, als er es öffnete. Er wusste, wo er Johnny finden würde, auch wenn er noch nie hier war. Oliver und Enrico hatten es ihm gesagt. Es dauerte nur wenige Minuten, dann hatte er ihn gefunden.
 

"Hallo, Johnny. Verzeih mir, dass du so lange warten musstest." sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln.
 

***

Bei Gott, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an,

es fehlt ein Stück,

sie soll stehen.
 

Und die Welt dreht sich weiter,

und dass sie sich weiterdreht,

ist für mich nicht zu begreifen,

merkt sie nicht, dass einer fehlt.

Haltet die Welt an, es fehlt ein Stück,

haltet die Welt an, sie soll stehen.

***
 

Robert stellte die weißen Rosen in eine Vase und fing an, ein wenig zu erzählen, von seinem Leben, von den letzten Jahren, und dass er Johnny sehr vermisste. Schließlich wurde es jedoch Zeit für ihn zu gehen. Er kniete sich hin und ließ seine Hand über die Inschrift auf der Steinplatte vor ihm gleiten. JONATHAN MCGREGOR war in kunstvollen Buchstaben in den schwarz-roten Marmor gemeißelt worden.
 

"Ich muss leider schon Morgen wieder zurück nach Deutschland." sagte er, "Aber mach dir keine Sorgen, du wirst nicht noch einmal so lange auf mich warten müssen. Das nächste Mal komme ich dich mit Oliver und Enrico besuchen. Also bis bald, Johnny."
 

Robert stand auf und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Erneut kreischte das schmiedeeiserne Tor, als er den Friedhof verließ. Robert hatte lange gebraucht, bis er den Schmerz über Johnny's Unfalltod bei dem Trainingsrennen überwunden hatte, und noch länger, um seine eigenen Schuldgefühle in den Griff zu bekommen, weil er Johnny so sehr vernachlässigt hatte. Doch jetzt, wo er Johnny's Grab besucht hatte, fühlte er sich ein wenig leichter ums Herz. Er vermisste seinen Freund noch immer, doch schon bald würde er ihn mit Oliver und Enrico zusammen erneut besuchen. Johnny würde nicht wieder fast fünf Jahre auf ihn warten müssen. Aber Robert konnte nicht leugnen, dass ihm etwas fehlte. Ein Stück von ihm war mit Johnny gestorben, ein Stück von seinem Herzen.
 

*** ENDE ***
 

kleine Anmerkung von Cat in the web:

Kann mir jemand sagen, warum es Autoren gibt, die Darkfics schreiben, nur damit sie danach deprimiert sind? (*schnüff*) Ich hoffe, es gefällt zumindest einigen Lesern.

Titel: Es fehlt ein Stück

Kapitel: 2/2

Autorin: Cat in the web

Fandom (Anime/Manga): Beyblade

Einstufung: PG

Genre: Darkfic, Drama

Disclaimer: Ich habe keinerlei Rechte an Beyblade. Ich bin nur ein Fan, der sich die Charaktere kurz ausgeliehen hat, um eine kleine Fanfiction zu schreiben. Und natürlich mache ich kein Geld damit.
 

Eigentlich sollte diese Fanfic nur ein Kapitel haben, aber dann fand ich, hier fehlt noch eine Sichtweise.
 

--------------------------------------------------
 

Es fehlt ein Stück

von Cat in the web
 

Kapitel 2
 

Der Wind, der über einen der ältesten Friedhöfe von Glasgow wehte, trug schon ein wenig von der Kühle des herannahenden Herbstes mit sich, doch der Tag war immer noch sonnig und warm. Sonnenlicht fiel aus einem fast wolkenlosen blauen Himmel hernieder, tanzte durch die Wipfel der majestätisch emporragenden alten Bäume und ließ die vielen Blumen in ihrer schönsten Farbenpracht aufleuchten. Es war ein wirklich schöner Tag, und er stand in einem solch herben Kontrast zu dem, was die Menschen, die an diesem Ort versammelt waren, fühlten. Die Männer und Frauen in ihrer schwarzen Trauerkleidung schenkten der Schönheit des Friedhofs keinen Blick. Stumm standen sie um das frische Grab herum, in das bereits der Sarg gesenkt worden war. Der Pfarrer sprach die letzten Segensworte, dann trat einer nach dem anderen aus der Trauergesellschaft vor, warf einen letzten Blumengruß auf den Sargdeckel und wandte sich danach mit traurigen Augen ab. Als der Letzte von ihnen sich von dem Grab abwandte, verließ die Trauergemeinde gemeinsam den alten Friedhof, um zum Familiensitz der McGregors zu gehen, wo sich die Trauernden zusammensetzen würden, um gemeinsam zu Essen, bevor sie ein letztes Mal der Familie des Verstorbenen ihr Beileid aussprechen und nach Hause gehen würden.
 

Oliver Les Demondes blieb stehen und sah ein letztes Mal zurück. Es war solch ein schöner Tag. Und dieser Friedhof solch ein ruhiger und schöner Ort, fast schon mehr ein Park als ein Friedhof. Wie seltsam ihm das jetzt erschien. Sollte es nicht eher regnen? Sollte der Friedhof nicht eher trist und bedrohlich wirken, ein Ort von Tod und Leid? Immerhin wurde hier heute Johnny McGregor begraben, ein guter Freund, der viel zu jung bei einem Unfall gestorben war. Hier waren so viele Leute versammelt, die alle unter seinem Verlust litten und die so viele Tränen wegen seines Todes vergossen hatten, und doch... Die Welt schien das nicht zu interessieren. Sie strahlte in vollendeter Schönheit als wäre nichts passiert. Doch Oliver konnte sich nicht daran erfreuen. Sein Herz schmerzte bei dem Gedanken, dass er Johnny niemals wieder sehen würde, dass er seine Stimme niemals mehr hören würde, dass einer seiner besten Freunde einfach fort war - für immer.

Eine Hand ergriff die seine und erinnerte Oliver daran, dass er nicht der Einzige war, der unter dem Verlust zu leiden hatte. Enrico stand neben ihm und sah ihn aus traurigen Augen an. Doch Oliver rührte sich nicht vom Fleck. Die Trauer, die er empfand, schien ihn versteinern zu wollen mit ihrem Schmerz.
 

Der Wind frischte ein wenig auf, als er über das Grab von Johnny McGregor wehte, dann kam er direkt auf Oliver und Enrico zu. Sanft wehte der Wind um die beiden jungen Männer herum, spielte mit ihren Haaren und strich mit unsichtbaren geisterhaften Händen über ihre blassen Wangen, als wollte er jede Erinnerung an die Tränenspuren wegwischen, die sich dort vor kurzem noch befunden hatten. Und es war fast so als flüsterte eine Stimme im sanften Rauschen des Windes: ,Seid nicht mehr traurig. Ich werde euch auch vermissen. Aber ich will nicht, dass ihr traurig seid.'
 

Weder Oliver noch Enrico hörten die Stimme im Rauschen des Windes, noch fühlten sie die geisterhaften Hände, doch als sich Oliver zu Enrico umwandte und ihn zaghaft anlächelte, erwiderte dieser das Lächeln und drückte tröstend Oliver's Hand mit seiner eigenen. Sie wussten nicht warum, aber irgendwie war ihnen jetzt etwas leichter ums Herz. Und es war doch gut zu wissen, dass ihr Freund Johnny an solch einem schönen Ort seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. Hand in Hand verließen die beiden den Friedhof, und der Wind schien sie ein Stück zu begleiten. Erst am schmiedeeisernen Tor des Friedhofs verließ sie der Wind, doch Oliver und Enrico schenkten der plötzlichen Windstille keine Beachtung. Zu sehr waren sie in ihren Erinnerungen von einst versunken, als das Team der Majestics noch vollständig war, und auf ihren Gesichtern lag ein trauriges Lächeln.
 

Der Wind hatte am Ausgang des Friedhofs kehrt gemacht und eilte zurück zu dem frischen Grab, wo nur noch zwei Männer der Friedhofsverwaltung standen. Sanft eilte der Wind einen Baum in der Nähe des frischen Grabes hinauf, wo er sich in einer Astgabelung zusammenrollte und schließlich einschlief. Zurück blieb nur die Seele des erst kürzlich Verstorbenen, die er mit sich getragen hatte. Johnny McGregor lächelte traurig, genauso traurig wie seine beiden Freunde, die den Friedhof nun verlassen hatten, doch kein Lebender würde Johnny's Lächeln je wieder sehen. Unter ihm und ein paar Meter von dem Baum entfernt, in dessen Schutz seine Seele ruhte, begannen die beiden Männer der Friedhofsverwaltung damit, sein Grab mit Erde zu füllen.
 

Die Zeit verging. Tage wurden zu Wochen, Wochen zu Monaten und Monate zu Jahren. Und die Seele von Johnny verharrte auf dem Friedhof und wartete geduldig. Zeit hatte für ihn keine wirkliche Bedeutung mehr. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang konnten Stunden oder auch nur ein Augenblick vergehen, je nachdem, wie viel Aufmerksamkeit Johnny seiner Umgebung schenkte. Häufig versank er in seinen Erinnerungen, dachte an seine Familie, seine Freunde, an glückliche Tage in seinem vergangenen Leben, und wenn seine Seele wieder aus ihren Erinnerungen erwachte, konnten Tage oder sogar Wochen verstrichen sein. Für seine unsterbliche Seele spielte es keine Rolle mehr. Seine Existenz war nicht mehr vergänglich, sie war ewig.
 

Manchmal besuchten Leute Johnny's Grab, seine Familie und seine Freunde. Johnny erwachte stets aus seinen Träumen, wenn sie kamen. Sanft wie der Wind gesellte er sich zu ihnen, hörte ihnen zu, sprach zu ihnen, strich mit geisterhaften Händen über Wangen und Haar. Und obwohl kein Lebender seine Existenz wahrnahm, gingen viele mit einem Lächeln wieder fort, selbst wenn dieses Lächeln traurig war, so war ihnen doch immer etwas leichter ums Herz.

Manchmal begegnete Johnny anderen Seelen, deren sterbliche Hülle auf dem Friedhof zur letzten Ruhe gebettet worden war. Nie blieben diese Seelen lange. Bald schon waren sie fort, folgten dem Ruf, den auch Johnny immer wieder hörte, den Ruf ins Jenseits, zum ewigen Frieden. Doch Johnny folgte dem Ruf nicht. Er wartete. Er hatte gesagt, er würde warten. Und er würde sein Wort halten. Genau wie er, dem er diese Worte gesagt hatte, immer sein Wort hielt. Er würde kommen, und dann würde Johnny hier sein. Und deshalb wartete Johnny, und die Jahre kamen und gingen.
 

Es war ein wunderschöner Tag. Das Sonnenlicht spielte in den Wipfeln der Bäume und ließ die Blumen auf dem Friedhof in ihrer schönsten Farbenpracht aufleuchten. Johnny's Seele ruhte im Schutz des mächtigen alten Baumes, der sich ein paar Meter neben seinem Grab erhob. Es war sein Lieblingsplatz. Das Rauschen des Windes in dem weiten Geäst lullte ihn ein wie ein sanftes Wiegenlied. Hier versank er in seinen Erinnerungen und träumte von seinem Leben.

Es war das Kreischen des schmiedeeisernen Tores, das ihn aus seinen Erinnerungen holte. Schritte erklangen auf den Wegen, die sich dem Ort näherten, an dem Johnny ruhte. Und dann erklang die Stimme, auf die Johnny gewartet hatte: "Hallo, Johnny. Verzeih mir, dass du so lange warten musstest."
 

Johnny lächelte glücklich, als er die tiefe samtene Stimme hörte, nach deren Klang er sich so lange gesehnt hatte. Er glitt von dem Baum und eilte hinab zu seinem Grab, wo die Person stand, auf die er all die Jahre gewartet hatte. Eine sanfte Brise umwehte Robert, als Johnny ihn umarmte. ,Das macht nichts, Robert. Jetzt bist du ja hier.'
 

Robert stellte den Strauß weißer Rosen, den er mitgebracht hatte, in eine Vase und auf das Grab, und dann fing er an zu erzählen, von seinem Leben, von den letzten Jahren, und dass er Johnny sehr vermisste. Johnny hörte aufmerksam zu. Er saß nahe bei Robert und beobachtete ihn lächelnd. ,Ich habe dich auch vermisst.'
 

Nach einer Weile verstummte Robert. Er kniete sich hin und ließ seine Hand über den Namen auf Johnny's Grabplatte streichen. "Ich muss leider schon Morgen wieder zurück nach Deutschland."
 

,Das macht nichts. Ich habe auf dich gewartet, und du bist gekommen. Das ist alles, was zählt.'
 

"Aber mach dir keine Sorgen, du wirst nicht noch einmal so lange auf mich warten müssen. Das nächste Mal komme ich dich mit Oliver und Enrico besuchen."
 

,Ich freue mich, dass ihr mein Grab wieder besuchen werdet, doch ich werde nicht länger hier sein. Jetzt, wo alles getan ist in dieser Welt, werde ich weitergehen, Robert. Ich werde euch vermissen, dich, Oliver, Enrico und all die anderen, die ich liebe. Aber wir sehen uns wieder, in einer anderen Welt, okay?'
 

"Also bis bald, Johnny."
 

,Lebewohl, Robert. Und sei mir bitte nicht böse, aber ich nehme ein kleines Stück von deinem Herzen mit mir, ja? Ich gebe es dir zurück, wenn wir uns wieder sehen.'
 

*** ENDE ***



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (11)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LaDySnoW
2008-02-01T22:09:31+00:00 01.02.2008 23:09
*nu noch mehr weinz*
Das is wirklich schoen geschrieben und beruehrt einen wirklich QXQ
Von:  LaDySnoW
2008-02-01T22:03:31+00:00 01.02.2008 23:03
Q______________________Q
Ahhh das is soo traurig QXQ
Warum gerade Johnny?
Das Lied passt richtig dazu!
*heulz*
Von:  Non_serviam
2006-10-22T19:10:42+00:00 22.10.2006 21:10
Ach ich liebe es einfach nur T T
*heul*
sorry für das späte Kommi aber ich musste dich erst suchen XD hatte die Geschichten von dir nämlich schon lange von ner Freundin bekommen weil ich kein i -net hatte XD
*dich jetzt hab*
*nicht mehr los lass*
auf jeden Fall sind deine Geschichten Klasse ;_;
Mach weida so^^

bye Robi-chan^^
Von:  Sketchymoth
2006-06-23T20:01:47+00:00 23.06.2006 22:01
Aaaah!Ich sehe ja erst jetzt,dass diese FF abgeschlossen ist!Nein...T.T
Wie fies...
Von:  Sketchymoth
2006-06-18T18:16:19+00:00 18.06.2006 20:16
AAAAH!Jetzt habe ich ja schon wieder geweint...das ist so gemein traurig...!
Man kann sich alles so gut vorstellen...die Umgebung,den Wind und die Gefühle....das isz der wahnsinn.
Bitte mach bald weiter,ja?
Olli
Von:  Sketchymoth
2006-06-18T18:05:43+00:00 18.06.2006 20:05
o Gott...ich habe geweint..das ist sehr traurig...verdammt...
Ich kann Roberts Gefühle ziemlich gut nachvollziehen...
Johnny ist tot...wie fies...!
Aber die FF ist super.
Gehört jetzt zu meinen Favos.das nächste Kapitel lese ich später.
Lieber Gruß
Oliver
Von:  Phase
2005-05-26T21:34:10+00:00 26.05.2005 23:34
;_;
Du hast es mal wieder geschafft!
*heul*
*snüff*
Du hast mich zum fast zum heulen gebracht! >_<
;_;
Armer Johnny, armer Robert! >_<
Ich liebe deinen Schreibstil!
Und deine Ideen sind genial... ^^
-.-
Trotzdem bin ich jetzt deprimiert wegen der Geschichte...
*heul*
;_;

Aber trotzdem!
beide daumen hoch!
Mach weiter so!
*mehr lesen will*
:3

CaSi
Von: abgemeldet
2005-05-26T12:26:56+00:00 26.05.2005 14:26
Schööööön. ^^
Dann ist Johnny wenigsten glücklich. ^^
Du kannst echt gut Gschichten schreiben. ^^
Von: abgemeldet
2005-05-11T19:56:37+00:00 11.05.2005 21:56
ich bin zu tränen gerührt.
es war alles so real, so echt und so traurig.
du kannst wiklich gut schreiben, sowas solltest du öfter zu papier bringen.
Von: abgemeldet
2005-05-11T13:57:48+00:00 11.05.2005 15:57
Johnny ist tot...*abkrepel* Nein! ;.;
Sehr schöne FF, ich mag sie. ^^
(Bis auf die tatsache das du Johnny sterben lassen hast. *heul*)


Zurück