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Mitternacht

Sasu/Naru
von

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Lautlos

Nun, meine Schreibblockade scheint sich Urlaub zu gönnen, jedenfalls kann ich inzwischen wieder schreiben... und aus meinem ersten größeren Schreibfluss ist diese Fanfic geworden. Es wird wohl durchgehend Yaoi sein, auf jeden Fall Sasu/Naru, vielleicht auch Itachi/Shisui und - wenn ich grad dazu Lust hab - ein ganz klein wenig Itachi/Sasuke. Ich hoffe, es gefällt euch wenigstens ein bißchen...
 

Zum Hintergrund: Sasuke ist (außer im Prolog) in dieser Story 15 Jahre alt. Itachi hat die Familie nicht getötet sondern stattdessen... naja, lest selbst...

***
 

Laute Stimmen irgendwo im Haus rissen Sasuke unsanft aus dem Schlaf. Er setzte sich im Bett auf und lauschte angestrengt. Er erkannte die Stimmen seiner Eltern, die seines Bruders, aber auch eine andere, tiefe Stimme, die ihm zwar bekannt vorkam, die er aber im Moment nicht einordnen konnte. Es war nichts Ungewöhnliches mehr für ihn, auf diese Weise geweckt zu werden. Sie stritten sich sehr oft, meistens mitten in der Nacht, vielleicht weil sie dachten, dann würde er es nicht mitbekommen. Aber irgendwann wurden die Stimmen laut und spätestens dann erwachte er mit klopfendem Herzen und lauschte dem Lärm solange, bis es still wurde.
 

Heute schienen sie besonders aufgebracht zu sein. Er hörte, wie sein Vater etwas sagte, dann seine Mutter, aber er konnte nie verstehen, was sie sagten. Dann war da wieder die tiefe Stimme, und dann hörte er seinen Bruder eine beherrschte Antwort geben. Er hasste es. Er wollte nicht, dass seine Eltern böse zu Itachi waren und er wollte nicht, dass sein Bruder zornig war. Warum konnten sie sich nicht einmal vertragen?
 

Diesmal war es besonders heftig. Immer lauter und aufgebrachter wurde das Gespräch, bis die Stimmen zu wütenden Schreien wurden und die Geräusche eines Kampfes an sein Ohr drangen. Erschrocken sprang Sasuke aus dem Bett. Aber als er zur Tür kam, war es bereits still. Mit klopfendem Herzen drückte er sein Ohr an die Tür und er war sehr erleichtert, als er gemächliche Schritte auf dem Flur hörte und dann die Tür zugeschlagen wurde. Rasch lief er ans Fenster und lugte durch den Vorhang. Draußen regnete es und war düster, selbst das Licht der Laternen mit dem Uchiha Emblem, die hier überall angebracht waren, konnten die trübe Finsternis nicht ganz durchdringen. Trotzdem sah er, wie der Unbekannte vom Haus wegging. Es schien ihn nicht zu stören, dass er vom Regen durchnässt wurde. Sasuke schob den Vorhang ein Stück zur Seite und drückte seine Stirn gegen das Fensterglas, als er das Uchiha Symbol auf dem Rücken des Mannes erkannte. In dem Moment blieb der Mann stehen und drehte den Kopf. Sasuke erschrak, als Sharingan Augen ihn direkt anstarrten und instinktiv wich er vom Fenster zurück.
 

Überrascht stand er in der Mitte seines Zimmers. Jetzt hatte er ihn erkannt, nun wusste er auch, warum ihm die tiefe Stimme so bekannt vorgekommen war. Es war Shisui gewesen, der beste Freund seines Bruders. Aber es war merkwürdig, dass er um diese Zeit noch hier gewesen war. Itachi traf sich oft mit Shisui, der gleichzeitig auch ein entfernter Verwandter war, aber er hatte ihn noch nie mit nach Hause gebracht. Warum war Shisui um diese Zeit noch hier gewesen und wieso hatte er sich mit Itachi gestritten? Oder war er auf Itachis Seite gewesen?
 

Sasuke fand nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Er hörte Schritte auf dem Flur und dann wurde seine Zimmertür leise geöffnet. Die gedämpften Stimmen seiner Eltern aus dem Wohnzimmer drangen an sein Ohr, bis Itachi lautlos in den Raum geschlüpft war und die Tür hinter sich zumachte.
 

"Nii-san?", fragte Sasuke überrascht. Normalerweise zog Itachi sich nach so einem Streit in sein Zimmer zurück. Es war das erste Mal, dass er Sasuke um diese Zeit besuchte. Es war noch dunkel im Raum, aber als Itachi zu ihm kam bewegte er sich mühelos vorwärts. Erstaunt sah Sasuke zu, wie sein großer Bruder sich vor ihm hinkniete, um ihm in die Augen sehen zu können, zumindest soweit das in der trüben Dunkelheit möglich war.
 

"Sasuke.", sagte Itachi.
 

"Nii-san, warum habt ihr schon wieder gestritten? Warum war Shisui hier?"
 

Sein Bruder gab ihm keine Antwort, stattdessen nahm er Sasuke bei den Schultern und sah ihn eindringlich an. "Sasuke, wenn ich dir sagen würde, dass ich das Dorf verlasse und nie mehr nach Hause komme, würdest du dann mit mir kommen?"
 

Aus großen Augen starrte er Itachi an, bis die Worte zu ihm durchdrangen. "Was meinst du, Nii-san? Wovon redest du?"
 

"Antworte mir einfach, Sasuke. Würdest du mich begleiten, oder würdest du lieber hierbleiben wollen bei unseren Eltern?"
 

Er war noch zu klein, um zu begreifen, was Itachi da sagte. Sasuke glaubte, sein Bruder meinte es nicht ernst. Er wusste schon, dass Itachi manchmal seltsame Fragen stellte. Sasuke dachte kurz nach. Dann sah er seinen Bruder entschlossen an und antwortete: "Ich würde mit dir mitkommen."
 

Ein seltenes, aufrichtiges Lächeln umspielte Itachis Lippen. Mit einer Hand streichelte er Sasuke über den Kopf. "Dann pack deinen Rucksack. Du kannst nicht viel mitnehmen, pack bloß das nötigste ein. Und dann geh schlafen."
 

Inzwischen war Sasuke sich nicht mehr sicher, ob es ein Scherz war oder nicht. Er wollte nachfragen, aber Itachi legte ihm einen Finger auf die Lippen und ermahnte ihn: "Sei leise. Tu einfach, was ich gesagt habe."
 

Anstatt zu antworten, nickte Sasuke bloß. Sein Vertrauen in seinen Bruder war groß genug, um nicht weiter nachzufragen. Er sah schweigend zu, wie sein Bruder lautlos das Zimmer verließ und wartete dann ein paar Minuten, überlegte, ob er das alles nicht bloß geträumt hatte. Dann ging er zum Tisch und zündete sich eine Kerze an. Im fahlen Licht suchte er seinen Rucksack und packte ihn so gut er konnte. Er wusste nicht, was er einpacken sollte, weil er noch immer nicht verstand, was Itachi damit bezweckte. Also stopfte er alles hinein, was ihm einfiel. Ein paar Kleidungsstücke, seine Kunai und Shuriken, ein paar wenige persönliche Dinge, ohne die er nirgends hin wollte.
 

Als er fertig war, deponierte er den Rucksack neben seinem Bett und pustete die Kerze aus. Wie Itachi es ihm gesagt hatte, ging er wieder ins Bett und versuchte, zu schlafen. Aber er war zu aufgeregt, um wieder einzuschlafen. Er fragte sich, ob Itachi wirklich weggehen würde. Der Gedanke erschien ihm absurd. Irgendwann überwältigte die Müdigkeit ihn doch und er schlief zum letzten Mal in seinem eigenen Bett ein.
 


 

Sasuke blinzelte verschlafen, als ihn jemand an der Schulter packte und wachrüttelte. Er drehte den Kopf und blickte seinen Bruder müde an. Itachi trug seltsame Kleidung, weder seine Anbu Uniform noch das Hemd mit dem Uchiha Emblem. Stattdessen hatte er eine schlichte, warme Jacke an und die Jounin-Hose. Wäre das Stirnband nicht gewesen, hätte man kaum glauben können, dass er ein Shinobi war. "Sasuke.", sagte Itachi, leiser als gewöhnlich. "Hast du gepackt?"
 

Er nickte und zeigte auf den Rucksack neben seinem Bett. Itachi nickte zufrieden. Müde setzte Sasuke sich auf und rieb sich die Augen. "Nii-san...", murmelte er. Er wollte einfach nur weiterschlafen, aber Itachi ließ ihn nicht. Er zog ihn vom Bett und sagte: "Los, zieh dich an, Sasuke."
 

Mit langsamen Bewegungen zog Sasuke sich um, noch immer nicht richtig wach. Als er endlich fertig war, hängte Itachi ihm den Rucksack um. Sasuke ließ sich schwer auf das Bett sinken und Itachi seufzte. "Willst du wirklich mitkommen, Sasuke?"
 

"Ja!", sagte er entschlossen, musste aber gleich darauf wieder gähnen. Es war noch viel zu früh um aufzustehen. Verschlafen murmelte er: "Ich möchte mit dir mitkommen, Nii-san. Lass mich nicht allein."
 

Wieder lächelte Itachi auf so seltsame Weise, bevor er sich zu ihm runter beugte und Sasuke auf den Arm nahm. Erfreut lehnte Sasuke sich an die breite Brust seines Bruders. Es war noch früh, im Haus schliefen noch alle, deswegen konnten sie unbemerkt nach draußen gelangen. Draußen regnete es noch immer und dichter Nebel hing über dem Dorf. Sasuke schauderte, als sie an die kühle Luft kamen.
 

Itachi zog seine Jacke um den Körper seines Bruders und auf einmal war es so angenehm warm. Sasuke wusste, er würde bald einschlafen. Solange er bei seinem Bruder war, war er sicher, es gab keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Noch begriff er nicht die Tragweite seiner Entscheidung. Er merkte nur, wie Itachi sich noch einmal zu seinem Elternhaus umdrehte und einen letzten Blick darauf warf. Dann rannte er los in den Regen, von dem Sasuke, der eingekuschelt war in Itachis Jacke, nichts mitbekam.
 

Im dichten Morgennebel kehrten die Brüder ihren Eltern den Rücken und verließen das Dorf, das bis heute ihr zu Hause gewesen war.

Kisame

- acht Jahre später -
 

Die Hüte tief ins Gesicht gezogen saßen die Uchiha Brüder an einem Imbiss und warteten. Sasuke hatte eine Schüssel Misosuppe gehabt und nippte nun ungeduldig an seinem Glas Wasser, Itachi hatte sich wie meistens ein Glas Sake bestellt und saß äußerlich ruhig am Tisch und warf hin und wieder mit wachsamen Augen einen Blick auf die Straße.
 

Wie immer konnte man Itachi seine Stimmung kaum am Gesicht ablesen, aber Sasuke's geübtes Auge konnte seinem Bruder die Ungeduld ansehen. Er selbst war äußerst mies gelaunt. "Wie lange will er uns noch warten lassen?", sagte er mit gedämpfter Stimme. "Langsam hab ich es satt."
 

Sein Bruder nahm einen Schluck Sake. "Du solltest endlich Geduld lernen, Sasuke."
 

Ihm lag eine bissige Antwort auf der Zunge, aber wohlweislich hielt er den Mund und hob die Hand. "Hey! Ein Glas Sake für mich, ja?", rief er dem Ladenbesitzer zu. Er fing Itachis missbilligenden Blick auf, ignorierte ihn aber. Itachi sah es nicht gern, wenn er ihm nacheiferte, besonders wenn es sich um derart schlechte Gewohnheiten wie Alkohol ging, aber dies war nicht der richtige Ort für einen Streit, deswegen ließ Itachi ihn gewähren.
 

Gerade als ihm sein Becher gebracht wurde, fiel ein Schatten auf Sasuke und jemand setzte sich zu ihnen an den Tisch. "Kisame.", sagte Itachi, noch bevor Sasuke irgendwas über die Pünktlichkeit des Kerls anmerken konnte. "Du hast uns lange warten lassen."
 

Kisame entblößte seine scharfen Zähne für ein gruseliges Grinsen. "Ich wurde aufgehalten."
 

"Wen interessiert das?", fragte Sasuke grimmig. "Lass uns lieber gleich zur Sache kommen. Je eher wir fertig sind, desto früher können wir gehen."
 

Kisame ließ sich durch Sasuke's schlechte Stimmung nicht irritieren. So als würde Sasuke gar nicht existieren wandte er sich Itachi zu. "Sollen wir noch was trinken? Euer Auftrag wird diesmal sowieso etwas länger dauern."
 

Diesmal wirkte auch Itachi sehr genervt. Düster sagte er: "Komm einfach zur Sache, Kisame."
 

"Wie du willst." Gleichgültig zuckte Kisame die Schultern. Alle drei steckten nun instinktiv die Köpfe etwas näher zusammen und senkten die Stimmen, damit nicht versehentlich Unbeteiligte zuhören konnten. "Das ganze ist eine delikate Sache. In eurem Heimatdorf gibt es ein Kind, das das Chakra des Fuchsungeheuers in sich trägt."
 

Die Brüder warfen einander vielsagende Blicke zu. Das Dorf Konoha rief in beiden finstere Erinnerungen wach. Trotzdem hakte Itachi nach: "Ich habe davon gehört. Der vierte Hokage konnte das Fuchsungeheuer nicht töten, deshalb hat er es in einem Kind versiegelt. Es wurde allerdings ein großes Geheimnis daraus gemacht, um welches Kind es sich dabei handelt. Ich war damals noch zu jung um informiert zu werden, ich habe nicht mitgekämpft als das Dorf angegriffen wurde." Er machte eine kurze Pause. "Ich verstehe allerdings nicht, warum dieses Kind für uns von Interesse sein sollte. Es heißt, es sei unmöglich, das Fuchsungeheuer einzufangen, außer in einem menschlichen Körper."
 

"Nicht mehr. Vor kurzem fiel uns mehr oder weniger zufällig eine Schriftrolle in die Hände mit einem ganz besonderen Jutsu. Mit ein paar Änderungen dürfte es uns dabei helfen, das Fuchsungeheuer zu befreien und uns sein Chakra zunutze zu machen." Selbstzufrieden nickte er. "Wenn uns das tatsächlich gelingen sollte, könnten wir an eine große Kraftquelle gelangen. Ihr beide müsst uns nur noch dieses Kind holen."
 

"Das wird schwierig.", gab Itachi zu bedenken. "Wie schon gesagt, die Identität des Kindes ist ein streng gehütetes Geheimnis. Also können wir nicht einfach nach Konoha marschieren und es entführen."
 

"Deswegen haben wir ja auch euch ausgesucht. Besser gesagt, die anderen haben es beschlossen. Ich wäre dafür gewesen, sich einfach irgendwen aus dem Dorf zu schnappen, die Information aus ihm herauszuprügeln und dann das Kind mitzunehmen. Aber man hat mehrheitlich beschlossen, dass es klüger ist, wenig Aufsehen zu erregen." Kisame tippte mit einem lackierten Fingernagel auf den Tisch. "Euer Auftrag ist also folgender: ihr sollt zurück nach Konoha gehen und dort in Erfahrung bringen, wer das Fuchsungeheuer in sich trägt. Sobald ihr das Kind gefunden habt, bringt ihr es uns. Allerdings sollt ihr dabei so unauffällig wie möglich vorgehen. Wir wollen keinen Streit mit einer der größten Shinobi-Nationen, ihr sollt euch was einfallen lassen damit das ganze nicht mit uns in Verbindung gebracht wird und kein Aufruhr wegen dem Fuchsungeheuer entsteht."
 

Itachi nahm geruhsam einen Schluck Sake. Als er sein Glas wieder abgesetzt hatte, nickte er und antwortete bedächtig: "In Ordnung, wir lassen uns was einfallen. Wie viel Zeit haben wir?"
 

Kisame überlegte kurz und antwortete dann: "Im Prinzip ist es nicht sehr eilig. Unsere Spezialisten befassen sich mit der Schriftrolle, es wird noch eine Weile dauern, bis wir soweit sind. Ihr habt so viel Zeit, wie ihr braucht, solange ihr uns das Kind bringt ohne Aufsehen zu erregen." Zufrieden nickte Itachi.
 

"Sag den anderen, dass wir uns darum kümmern werden. Ich werde euch regelmäßig Berichte zukommen lassen." Abrupt stand er auf und warf ein paar Münzen auf den Tisch.
 

Sasuke sprang ebenfalls auf und folgte seinem Bruder, der Kisame achtlos sitzen ließ. Den störte das offensichtlich wenig, er bestellte sich was zu essen.
 

Als sie außer Hörweite waren, warf Sasuke seinem Bruder einen schiefen Blick zu. "Es wundert mich, dass du diesen Auftrag ohne zu zögern angenommen hast. Hast du keine Bedenken, jetzt nach Konoha zurückzukehren?" Er wusste nicht, was Itachi wirklich darüber dachte, aber er selbst hatte bei dem Gedanken an eine Rückkehr gemischte Gefühle. Selbst an Itachi hätte diese Aussicht nicht spurlos vorübergehen dürfen.
 

Aber Itachi zuckte bloß die Schultern. "Ich habe mit Konoha vor Jahren abgeschlossen. Außerdem ist es vielleicht eine ganz gute Gelegenheit... für uns beide."
 

Sasuke warf seinem Bruder einen schiefen Blick zu. Etwas an diesen Worten störte ihn. Er hatte das Gefühl, dass Itachi etwas im Schilde führte, das mit dem Auftrag nichts zu tun hatte. Aber er kannte seinen Bruder auch gut genug um zu wissen, dass der ihm nichts erzählen würde, wenn er es nicht wollte. Er nahm sich vor, wachsam zu bleiben, denn er hasste nichts mehr als wenn Itachi Geheimnisse vor ihm hatte.
 

Er schob die Hände in die Manteltaschen. "Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache. Wir haben uns damals geschworen, nie mehr nach Konoha zurückzukehren. Kisame's Idee, sich einfach wen zu schnappen und die Antwort aus ihm herauszuprügeln find ich gar nicht mal so schlecht, wenn es uns erspart, länger als nötig im Dorf zu bleiben."
 

"Kisame ist ein Idiot.", sagte Itachi abfällig. "Ich war damals noch zu jung um zu kämpfen, aber ich habe erlebt, was das Fuchsungeheuer angerichtet hat. Wenn die Dorfbewohner auch nur den leisesten Verdacht schöpfen, dass jemand das Fuchsungeheuer befreien will, werden sie alle Shinobi mobilisieren um denjenigen aufzuhalten. Wir Akatsuki leben auch davon, dass unsere Existenz weitestgehend ein Geheimnis ist."
 

Vermutlich war es zwecklos, Itachi davon überzeugen zu wollen, dass dieser Auftrag keine gute Idee war. Trotzig verzog Sasuke das Gesicht und murmelte: "Ich kann Kisame nicht ausstehen. Es widerstrebt mir, ausgerechnet von ihm einen Auftrag anzunehmen."
 

Zu seiner Überraschung huschte ein kurzes Lächeln über Itachis Gesicht. "Du konntest ihn schon damals nicht leiden, als wir ihm das erste Mal begegnet sind..."
 

Sasuke reckte den Kopf in die Höhe und versuchte, sich an seine erste Begegnung mit Kisame zu erinnern.
 


 

Itachi schüttelte geduldig den Kopf. "Nicht so. Es bringt nichts, wenn du so übereilt wirfst. Schnelligkeit kommt nach einer Weile von allein, für den Anfang musst du dich darauf konzentrieren, so genau wie möglich zu zielen." Er zog drei Shuriken aus der Tasche und nahm sie zwischen die Finger. "Und du musst sie so halten. Wenn sie dir aus den Fingern rutschen, triffst du das Ziel nicht." Er holte aus, betont langsam, damit Sasuke seine Bewegungen studieren konnte.
 

Dann zischte sein Arm blitzschnell vor und Sasuke bemerkte nicht bewusst, wie Itachi kurz bevor er sie warf die Blickrichtung änderte und seine Augenbrauen sich zusammenzogen. Was Sasuke merkte war, wie die drei Shuriken allesamt an dem Baumstamm vorbei zischten und dahinter im Unterholz verschwanden. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht und er feixte: "Du hast das Ziel verfehlt, Nii-san."
 

Erst als er den Kopf hob um seinen Bruder anzusehen, merkte er, dass etwas nicht stimmte. Itachi starrte mit finsterem Blick in die Richtung, in die er auch die Shuriken geworfen hatte und als Sasuke seinem Blick folgte, begriff er auch, warum. Jemand brach mit schwerfälligen Schritten durch das Unterholz. Es war ein großgewachsener Mann, wenn man den haifischähnlichen Kerl wirklich noch als Menschen betrachten wollte, der ein Stirnband mit dem durchgestrichenen Symbol vom Nebelreich trug. In einer Hand hatte er etwas, das wie ein in feste Bandagen eingewickeltes Schwert aussah, und darin steckten die drei Wurfsterne von Itachi. Auf ihn hatte sein Bruder also gezielt.
 

"Sasuke.", zischte Itachi bloß und er wusste, was er zu tun hatte. Er machte einen Schritt hinter seinen Bruder, um aus der Schusslinie zu kommen und Itachi baute sich vor ihm auf, einen Kunai in der Hand.
 

Der Fremde kam langsam auf sie zu. In seinem Gesicht war keine Anspannung zu sehen. Als er in Hörweite war, hob Itachi den Kunai und fragte laut: "Wer bist du? Warum hast du uns beobachtet?"
 

"Hoshigaki Kisame.", stellte der Mann sich vor. "Und du bist Uchiha Itachi, nicht wahr?"
 

"Was willst du von mir?"
 

Er kam näher und grinste, wobei er seine scharfen Zähne entblößte. "Ich habe dich gesucht. Du hast es mir ganz schön schwer gemacht. Ich war in deinem Dorf, aber da warst du schon verschwunden. Keine Sorge, ich habe nicht die Absicht, dir oder dem Kind was zu tun. Ich möchte dir nur ein Angebot machen."
 

Zwar ließ Itachi den Kunai sinken, aber man sah ihm die Anspannung noch deutlich an. "Ich höre."
 

Kisame setzte sich in Bewegung, bis er sich den Brüdern bis auf wenige Schritte genähert hatte. "Hast du von den Akatsuki schon mal gehört, Itachi-san?", fragte er.
 

Itachi runzelte die Stirn. "Ja... aber nie mehr als vage Gerüchte."
 

"Nun, ich gehöre zu den Akatsuki. Wir sind eine Organisation die aus sieben der mächtigsten Männer sämtlicher Shinobi-Nationen besteht. Wir haben dich beobachtet und wir wollen, dass du einer von uns wirst."
 

Itachi hob die Augenbrauen und setzte zu einer unterkühlten Antwort an.
 

Sofort fügte Kisame hinzu: "Es gibt natürlich noch so einiges zu besprechen, ich schlage vor, wir suchen uns irgendwo einen Imbiss oder eine Bar und du stellst deine Fragen."
 

"Bevor ich mir überhaupt anhöre, was du zu sagen hast, habe ich sofort eine Frage.", sagte Itachi kühl. "Was ist mit meinem Bruder?"
 

Kisame richtete seinen Blick auf Sasuke. "Dieses Kind? Wir können ihn nicht gebrauchen."
 

Schon bei seinem Auftauchen war Sasuke dieser Kerl nicht ganz geheuer gewesen, aber dies war der Moment, wo er sich entschied, dass er Kisame ganz und gar nicht ausstehen konnte. Nur einen Moment lang bekam er Angst, dass Itachi sich gegen ihn entscheiden und ihn allein lassen könnte. Instinktiv klammerte er sich an der Hose seines Bruders fest und schaute verunsichert zu ihm hoch. Itachi schaute zu ihm runter und lächelte ihn an. Dann wandte er sich wieder Kisame zu. "Dann vergiss es. Ohne ihn gehe ich nirgends hin."
 

Kisame zuckte die Schultern. "Vielleicht sind die anderen in deinem Fall gewillt, eine Ausnahme zu machen. Komm erstmal mit und lass uns das ganze bereden."
 

Kurz dachte Itachi darüber nach, dann nickte er. Kisame drehte sich um und ging voraus, die Brüder folgten ihm in gebührendem Abstand. Sasuke griff nach Itachis Hand und als der zu ihm runter sah, flüsterte der Jüngere: "Ich mag ihn nicht."

Trennung

Wie ein kleines Kind sah Sasuke sich um und musste mit gemischten Gefühlen feststellen, dass ihm die Gegend bekannt vor kam. Sie waren seit zwei Tagen unterwegs und nun näherten sie sich langsam dem Dorf. Seit etwa einer Stunde, seit sie dem kleinen Fluss folgten, war ihm die Gegend die sie durchquerten seltsam vertraut und er begriff, dass er früher bereits hier gewesen war. Das Dorf war noch zwei Stunden Fußmarsch entfernt, aber er erinnerte sich gut daran, dass er mit seinem Vater ab und zu diese Strecke gegangen war, wenn sie Besuche in Nachbardörfern gemacht hatten.
 

Dieses Gefühl der Vertrautheit machte ihn unruhig. Seit jenem Tag, an dem sie im Morgengrauen das Dorf verlassen hatten, hatte er versucht, jeden Gedanken an seine Heimat und seine Eltern aus seinem Kopf zu verbannen. Natürlich hatten sie ihm gefehlt und manchmal in einsamen Nächten hatte er großes Heimweh gehabt. Dann hatte Itachi ihn in den Arm genommen und mit leiser Stimme gesagt: "Das geht vorbei, Sasuke. Glaub mir, es ist besser so." Mehr hatte er in all den Jahren nie erfahren. Sein Bruder hatte ihm trotz gelegentlicher Fragen nie erklären wollen, warum er so abrupt jeden Kontakt abgebrochen und seiner Heimat und den Eltern den Rücken gekehrt hatte. Die Frage nach dem Warum quälte ihn immer noch manchmal, aber er hatte das Schweigen seines Bruders akzeptiert. Auch wenn seine Eltern ihm manchmal fehlten, er hatte Itachi als Kind abgöttisch geliebt und er hatte es nie bereut, mit ihm gegangen zu sein.
 

Nur wusste er nicht, wie er jetzt in dieses Dorf zurückkehren sollte, ohne überhaupt zu wissen, warum er es hatte verlassen müssen. Was, wenn er seinen Eltern begegnete? In der Ferne konnte er schon das Hokage Monument erkennen. Er hatte keine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn ihm zum ersten Mal das lang entbehrte Symbol der Uchiha Familie begegnen würde.
 

Itachi schien seine Unruhe, die er eigentlich schon seit ihrem Aufbruch mit sich herumschleppte, nun endlich auch zu bemerken. Seine Schritte wurden langsamer und schließlich blieb er stehen. "Wir sollten uns unterhalten."
 

Erleichtert nickte Sasuke. Gemeinsam setzten sie sich ans Flussufer und sobald sie sich niedergelassen hatten, fragte Sasuke: "Also, wie gehen wir vor?"
 

"Ich werde nicht mitgehen."
 

"Wie bitte?!" Die Vorstellung erschien ihm geradezu absurd. Seit seinem siebten Lebensjahr war er kaum länger als ein paar Stunden von Itachi getrennt gewesen. Und nun, ausgerechnet bei der Rückkehr in ihr Heimatdorf wollte Itachi ihn im Stich lassen? "Das kann nicht dein Ernst sein!"
 

Itachi seufzte kaum hörbar, ein Laut, den Sasuke nur selten von ihm hörte. "Ich habe mit Konoha abgeschlossen. Solange es nicht notwendig ist, werde ich keinen Fuß mehr in das Dorf setzen." Sasuke wollte aufbegehren, aber sein Bruder schnitt ihm das Wort ab: "Hör mir erstmal zu. Wir können sowieso nicht beide einfach ins Dorf marschieren so als wäre nichts gewesen. Das ist keine normale Mission, wir müssen subtiler vorgehen. Diese Information bekommt nur jemand, der Teil des Dorfes ist. Wenn wir keine Aufmerksamkeit erregen wollen, müssen wir also tatsächlich ,zurückkehren'. Wir müssen wieder Mitglieder des Dorfes werden. Und das kann und will ich nicht. Außerdem werden sie Fragen stellen. Du warst noch zu klein. Sie werden denken, ich hätte dich entführt. Ich habe lange darüber nachgedacht. Für uns und für den Auftrag ist es besser, wenn du allein gehst."
 

Das war nicht, was Sasuke erwartet hatte. Der Gedanke beunruhigte ihn, aber er beschloss, Itachi erstmal ausreden zu lassen. "Okay, und wenn ich allein gehe, wie soll ich an diese Information kommen?"
 

"Du sollst erstmal gar nichts tun, außer deinen Platz im Dorf wieder einnehmen.", erklärte Itachi. "Gib ihnen Zeit, sich wieder an dich zu gewöhnen und dich wieder als vollwertiges Mitglied des Dorfes und...", Sasuke fiel die Pause sehr wohl auf, die Itachi an dieser Stelle machte, "des Clans zu akzeptieren. Dann kommt das Vertrauen von ganz allein und du kannst damit beginnen, Nachforschungen anzustellen. Unsere Eltern werden schon dafür sorgen, dass du zurück auf die Akademie gehen und deine Ausbildung als Shinobi fortsetzen kannst. Vorläufig sollst du dich nur wieder ins Dorf eingliedern und dich etwas umhören, mehr nicht."
 

Sasuke nickte langsam. Der Plan gefiel ihm noch immer nicht. Außerdem bestärkte sich jetzt sein Gefühl, dass Itachi damit mehr bezweckte, als nur den Auftrag zu erfüllen.
 

"Wir werden uns alle zwei Wochen hier treffen, dann kannst du mir erzählen, wie es vorangeht und ich werde dir sagen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um weitere Nachforschungen anzustellen. Keine Sorge, ich werde immer in der Nähe sein. Wenn etwas schief geht, komme ich um dich zu unterstützen. Aber ich bitte dich, versuche, es diesmal allein zu machen."
 

Es war wohl das erste mal, dass Itachi eine direkte Bitte an ihn richtete. Sasuke lächelte. Das war ein großer Vertrauensbeweis und zum ersten Mal sah er, dass auch Itachi eine Schwäche hatte, und die hieß Konoha. Er kannte den Grund dafür nicht, aber er wollte auch gar nicht weiter nachfragen. "In Ordnung. Du kannst dich auf mich verlassen, Nii-san."
 

Zufrieden nickte Itachi. "Gut. Hör jetzt gut zu, ich erzähle dir alles, was ich weiß. Es ist nicht viel aber vielleicht hilft es dir. Das Fuchsungeheuer wurde in den Körper eines Kindes verbannt, vermutlich sogar in den eines Babys. Du wurdest nur kurz nach diesen Ereignissen geboren, das heißt, dieses Kind müsste in etwa in deinem Alter sein. Auch deshalb kann es von uns nur von Vorteil sein, wenn du wachsam bleibst und dich bei deinen Altersgenossen umsiehst. Nur die, die damals gegen das Fuchsungeheuer gekämpft haben, wissen, in wessen Körper es jetzt steckt, vermutlich kennt nicht mal das Kind selbst das Geheimnis. Es macht also keinen Sinn, vorsichtig nachzufragen. Halte einfach nach jemandem Ausschau, der anders ist als die anderen." Er überlegte kurz. "Du wirst vielleicht der fünften Hokage begegnen. Du hast ja vom Tod des Sandaime gehört, kurz danach hat sie seinen Platz eingenommen. Ich weiß über sie nicht sehr viel, nur dass ihr Name Tsunade ist und sie eine der drei legendären Sannin ist. Ich befürchte, dass sie sogar Orochimaru übertrifft. Wir müssen uns vor ihr in Acht nehmen. Wenn sie erfährt, dass wir Mitglied der Akatsuki sind, ist es vorbei."
 

Aufmerksam hörte Sasuke zu und nickte hin und wieder. Es waren zweifellos wichtige Informationen, aber eigentlich interessierte ihn etwas anderes viel mehr. "Und was sage ich, wenn sie mich fragen, wo ich all die Jahre gewesen bin?"
 

Gleichgültig zuckte Itachi die Schultern. "Das geht niemand was an. Wenn du nicht musst, antworte einfach nicht. Natürlich wird der Clan eine Antwort verlangen. Sag ihnen, ich hätte dich in jener Nacht einfach mitgenommen. Sie werden es akzeptieren. Sonst lass dir einfach was einfallen."
 

"Okay.", machte Sasuke unsicher.
 

Itachi öffnete den Rucksack, den Sasuke getragen hatte, und zog ein Kleidungsstück hervor, das der jüngere der Brüder überrascht anstarrte. Es war ein schlichtes Hemd mit dem Uchiha Emblem auf dem Rücken. "Es war mal meins.", erklärte er. "Vielleicht passt es dir ja. Im Akatsuki Mantel kannst du jedenfalls nicht im Dorf auftauchen."
 

Sasuke nahm das Hemd entgegen. Das Uchiha Symbol weckte viele Erinnerungen. Er schälte sich auf seinem Mantel und seinem Hemd und die Augen seines Bruders ruhten auf ihm, als er sich das Uchiha Hemd anzog. Es war ein bisschen eng, passte aber. Lächelnd zupfte er an dem Stoff. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie viel Zeit vergangen war. Damals, als sie Konoha verlassen hatten, hatte er unbedingt so groß und erwachsen sein wollen wie sein Bruder. Jetzt war er schon fast fünfzehn, älter als Itachi damals.
 

Während er den Akatsuki Mantel wegpackte, sagte Itachi: "Sei ein bisschen vorsichtig mit unserer Familie. Ich weiß, dass du sie geliebt hast, aber lass dich nicht zu sehr auf sie ein. Vergiss nicht, dass wir das Dorf wieder verlassen müssen, sobald wir das Fuchsungeheuer gefunden haben. Und dann wird man uns unter Umständen zu Abtrünnigen erklären."
 

Langsam nickte Sasuke.
 

Ein Anflug von Bitterkeit schwang in Itachis Stimme mit, als er weitersprach. "Du warst damals zu klein, um zu erleben, was es wirklich bedeutet, ein Mitglied des Clans zu sein. Sie werden dich vielleicht enttäuschen. Halt ein bisschen Abstand zu ihnen."
 

"Okay.", murmelte Sasuke.
 

"Und eines noch." Etwas in Itachis Augen veränderte sich. Auf einmal war sein Blick finster und lauernd. "Halt dich von Shisui fern."
 

Verwundert nickte Sasuke. Er wusste nicht, was er von dieser Warnung halten sollte. Shisui war der beste Freund seines Bruders gewesen. Aber er wusste schon, dass Itachi seine Worte nicht erklären würde. Deswegen seufzte er nur und stand auf. Itachi tat es ihm gleich und einen Augenblick lang standen sie einander schweigend gegenüber.
 

Sasuke wusste, dass sich ihre Wege hier vorläufig trennen würden. Wenn Itachi nicht gesehen werden wollte, musste er hier umkehren. "Was wirst du tun, während ich in Konoha bin?", fragte Sasuke unsicher.
 

"Ich werde mich im Nachbardorf einquartieren. Dort kannst du mich im Notfall finden. In zwei Wochen treffen wir uns wieder hier, um Punkt Mitternacht, in Ordnung?"
 

"Ja."
 

Wieder standen sie einen Moment unschlüssig da. Sie würden sich eine lange Zeit nicht sehen, aber keiner wusste, was er sagen sollte. Sasuke wollte sich schon umdrehen und gehen, da rief Itachi seinen Namen. Er drehte sich noch mal um und sein Bruder sagte: "Ich habe keine Bedenken, dass du das alles alleine schaffst. Allerdings, wenn du in Gefahr gerätst oder enttarnt wirst, bleib ruhig. Sag ihnen kein Wort, sonst sind wir alle beide so gut wie tot." Das hätte er Sasuke nicht zu sagen brauchen. Er wusste, wie die Akatsuki mit Verrätern umzugehen pflegten. "Ich lasse dich nicht im Stich. Egal was passiert, ich lasse nicht zu, dass dir was zustößt."
 

Sasuke lächelte. "Ich weiß." Er holte tief Luft. "Nii-san? Hast du..." Er wusste nicht, wie er die Frage stellen sollte. "Hast du es jemals bereut, dass du mich mitgenommen hast?"
 

Ohne nachzudenken schüttelte Itachi den Kopf. "Nein."
 

Erleichtert versprach Sasuke: "Ich werde dich nicht enttäuschen." Dann drehte er sich um und setzte den Weg nach Konoha fort, ohne sich nur ein einziges Mal umzublicken.

Heimkehr

Wie damals, als sie zu zweit das Dorf verlassen hatten, war Konoha auch diesmal wieder in morgendlichen Nebel gehüllt, als Sasuke nun alleine zum Dorfeingang kam. Der Mann, der am Eingang Wache hielt, hielt ihn auf, noch bevor er das Dorf betreten konnte. "Warte. Du bist nicht aus Konoha, oder? Aus welchem Dorf kommst du?" Sasuke hatte sein Stirnband mit dem durchgestrichenen Symbol Konohas natürlich nicht aufgesetzt, deshalb hatte er nichts, womit er sich als Shinobi ausweisen konnte.
 

Nach kurzem Zögern reckte er das Kinn in die Höhe und antwortete: "Ich habe früher hier gewohnt. Ich habe keine bösen Absichten, ich möchte nur... nach Hause."
 

Der Wachtposten kniff die Augen zusammen und betrachtete ihn argwöhnisch. "Du bist von hier? Warum kenne ich dich dann nicht?"
 

"Mein Name ist Uchiha Sasuke."
 

Der Mann runzelte die Stirn, dann riss er die Augen weit auf. "Sasuke? Der Junge der vor ein paar Jahren spurlos verschwunden ist?! Das ist doch nicht möglich!"
 

Sasuke drehte sich um und zeigte ihm das Uchiha Emblem auf dem Rücken. Als er sich wieder umdrehte um den Mann anzusehen, schaute der ziemlich verunsichert drein. Sasuke verzog genervt das Gesicht. "Darf ich jetzt das Dorf betreten oder nicht?"
 

"Komm mit. Ich informiere am besten gleich die Hokage."
 

Das war Sasuke nicht wirklich recht, denn Itachi hatte ihn ja vor Tsunade gewarnt. Aber er wollte sich nicht jetzt schon verdächtig machen, also zuckte er die Schultern und folgte dem Mann. Er kannte den Weg zum Hokage-Büro, das sich fast genau in der Mitte des Dorfes befand, als Kind war er hier tausend mal entlang gegangen. Immer wieder blickte er sich neugierig um, sah vertraute Häuser und Straßen, konnte sich genau erinnern, was früher anders gewesen war. Itachi und er hatten natürlich davon gehört, als Orochimaru das Dorf attackiert hatte, und den Berichten, die sie aufgeschnappt hatten zufolge war dabei ein großer Teil des Dorfes zerstört worden. Aber hier sah man recht wenig davon. Das Dach des Hokage Gebäudes schien neu zu sein, aber so viel Schaden wie er es erwartet hatte, hatte Konoha nicht genommen. Es war noch immer derselbe, friedliche Ort wie damals.
 

Als der Wachmann die Tür zum Büro der Hokage aufschob, erlebte Sasuke erstmal eine Überraschung. Eine junge, blonde Frau lag mit dem Gesicht auf einem Stoß Akten und schnarchte lauthals. Das konnte nicht die Tsunade sein, vor der Itachi ihn gewarnt hatte, oder?
 

Aber anscheinend war sie es doch, denn der Wachmann errötete leicht und zischte: "Tsunade-sama...!" Keine Reaktion. "Tsunade-sama!!"
 

"So kriegst du sie nie wach!" Eine Stimme von hinten überraschte sowohl Sasuke als auch den Wachmann. Beide zuckten zusammen und Sasuke fuhr herum, um die Frau ansehen zu können, die sich so lautlos angeschlichen hatte, dass er sie nicht bemerkt hatte. Sie hatte schwarzes, knapp schulterlanges Haar und dunkle Augen. Sie lächelte freundlich, aber dadurch ließ Sasuke sich nicht täuschen. Auf dem Gang gab es keine Verstecke, und als sie gekommen waren, hatte er keine anderen Personen gesehen. Die Frau war wie aus dem Nichts aufgetaucht und er hatte keine Zweifel daran, dass sie eine talentierte Shinobi war. Zweifellos hatte sie sich versteckt gehalten um zu beobachten, wer da zur Hokage wollte. Ihre schwarzen Augen musterten Sasuke eindringlich. "Meine Güte, was für ein hübscher Junge!" Ihre Augen verengten sich. "Irgendwie kommst du mir bekannt vor. Wie heißt du? Ich bin Shizune!"
 

"Uchiha Sasuke.", antwortete er zögernd. Er misstraute der Frau. Itachi hatte ihm beigebracht, stets wachsam zu sein und niemals sein Gegenüber zu unterschätzen. Shizune, die sich lautlos angeschlichen hatte und die nun so unschuldig tat, war ihm ganz und gar nicht geheuer.
 

Als sie seinen Namen hörte, verzerrte sich ihr Gesicht zu einer Grimasse. "Sasuke?! Nein, unmöglich!! DU bist der Sohn von Fugaku Uchiha?!" Ungeniert zupfte sie an einer seiner Haarsträhnen und starrte ihn an. "Meine Güte, du siehst ihm wirklich ähnlich! Als ich dich das letzte mal gesehen habe, warst du noch ein kleiner Bengel!" Sie lachte amüsiert, als sie seinen finsteren Blick bemerkte. "Und du hast mich damals schon so misstrauisch angeschaut."
 

Sasuke konnte sich beim besten Willen nicht an diese Person erinnern. Er verschränkte die Arme vor der Brust und machte nur "Hn". Shizune grinste wieder und sagte dem Wachmann: "Du kannst wieder an die Arbeit gehen. Ich wecke Tsunade-sama." Man sah dem Mann an, dass er lieber geblieben wäre, trotzdem machte er zögernd einen Schritt in Richtung Tür. "Ach, und noch was. Erzähl bitte vorläufig noch niemand von Sasuke's Rückkehr, ja?" Er nickte missmutig und verließ dann mit schlurfenden Schritten den Raum.
 

Als er gegangen war, nickte Shizune. Sie wirkte nun nicht mehr ganz so ausgelassen. "Tsunade-sama.", sagte sie und ging um den Schreibtisch herum bis zur Hokage, die selbst durch den Tumult im Raum nicht aufgewacht war. Gelassen packte Shizune die Hokage am Kragen, zog sie ein Stück in die Höhe... und begann, sie heftig durchzuschütteln. "TSUNADE!!!", brüllte sie. "AUFWACHEEEN!!!"
 

Es dauerte einen Moment, dann riss die blonde Frau die Augen auf, funkelte Shizune an und brüllte zurück: "ICH HAB NICHT GESCHLAFEN!!!" Sie stieß Shizune weg, die aber sofort wieder einen Schritt vor machte und fauchte: "Natürlich hast du!"
 

"Hab ich nicht!"
 

"Hast du wohl!" Die beiden funkelten sich an, so als wären sie kurz davor, aufeinander loszugehen.
 

Unwillkürlich machte Sasuke einen Schritt zurück. Diese Frauen waren ihm ganz und gar nicht geheuer. Der Gedanke, dass diese Tsunade die Rolle des ehrwürdigen Hokage verkörperte, ließ ihn am Verstand der Dorfbewohner zweifeln.
 

Seine Bewegung blieb nicht unbemerkt. Tsunade drehte den Kopf und blickte ihn verwundert an. "Ah, wir haben einen Gast?" Sie warf Shizune einen finsteren Seitenblick zu. "Du hättest mir ruhig sagen können, dass noch jemand hier ist! Wie sieht denn das aus?!" Sie fuhr sich durch das Haar, um es ein wenig zu ordnen.
 

Bevor Sasuke beschließen konnte, diese beiden Verrückten einfach so stehenzulassen und die echte Hokage zu suchen, sagte Shizune eindringlich: "Sieh ihn dir genau an. Der Junge behauptet, er wäre Uchiha Sasuke."
 

"Oh?" Tsunade wirkte nicht sonderlich beeindruckt. Sie hob eine Augenbraue und stand langsam auf. "Ist der nicht vor ein paar Jahren spurlos verschwunden?" Sie kam auf Sasuke zu und musterte ihn kritisch.
 

Shizune erklärte: "Er und sein Bruder Itachi sind vor acht Jahren über Nacht einfach verschwunden. Du warst zu der Zeit nicht im Dorf. Aber es gab einen ziemlichen Aufruhr. Suchtrupps wurden losgeschickt und kamen erfolglos zurück. Die Uchiha Familie hat natürlich eisern geschwiegen, selbst als Gerüchte aufkamen. Was sich am hartnäckigsten gehalten hat war die Theorie, dass Itachi seinen Bruder verschleppt, irgendwo getötet und sich dann versteckt hat."
 

Wütend knurrte Sasuke: "Itachi hätte mir nie ein Haar gekrümmt!" Erst als er es ausgesprochen hatte, wurde ihm klar, dass er lieber geschwiegen hätte. Aber er konnte es nicht ertragen, wenn jemand schlecht über seinen Bruder sprach.
 

"Also warst du all die Jahre bei ihm?", erkundigte Tsunade sich. Sie wirkte zwar freundlich, aber er ahnte bereits, dass sie ihm nicht traute.
 

"Ja. Aber er hat mich nicht ,entführt'."
 

"Wie schön für dich.", erwiderte sie trocken. "Und warum bist du jetzt wieder da? Einfach so? Und wo ist dein Bruder?"
 

Sasuke wusste, dass seine Antworten jetzt entscheidend waren. Itachi hatte ihm mal gesagt, dass die beste Lüge die Wahrheit war. Gerade schaute er Tsunade in die Augen und antwortete: "Wir sind damals gegangen, weil Itachi es zu Hause nicht mehr ausgehalten hat. Ich war nie unglücklich mit ihm, aber ich wollte irgendwann meine Heimat wieder sehen. Und meine Eltern."
 

"Also willst du uns nur besuchen? Hast du vor, wieder zu ihm zurückzukehren? Warum ist Itachi nicht mitgekommen?"
 

"Ich weiß es selbst noch nicht. Wir waren gerade in der Nähe des Dorfes und ich hatte... Heimweh." Den wehmütigen Blick musste er nicht spielen. "Ich wollte meine Eltern wieder sehen. Itachi wollte nicht mitkommen. Deswegen bin ich alleine hier. Ich möchte herausfinden, wo ich hingehöre. Ob mein Platz an der Seite meines Bruders ist oder nicht doch hier in diesem Dorf."
 

Lauernd fragte Tsunade: "Und warum wollte Itachi nicht mitkommen?"
 

"Er sagte, er habe mit Konoha abgeschlossen. Ich hätte ihn gerne dabeigehabt, aber er wollte einfach nicht."
 

"Hn." Sie warf ihm einen abschätzigen Blick zu. "Ich glaube dir kein Wort, Junge." Er spürte etwas, hatte das Gefühl, sie würde ihn gleich angreifen. Reflexartig wich er zurück und hob die Arme. Er hatte Recht gehabt. Tsunade knurrte: "Ich glaub dir nie im Leben, dass du ein Uchiha bist!" Und dann holte sie aus und stürmte ohne Vorwarnung auf ihn zu.
 

"TSUNADE-SAMA!!!", kreischte Shizune panisch.
 

Automatisch aktivierte Sasuke die Sharingan, aber nun musste er erkennen, warum Tsunade die fünfte Hokage geworden war. Sie war so unglaublich schnell! Ohne die Sharingan hätte er ihre Bewegungen überhaupt nicht vorhersehen können. Im letzten Moment zog er seinen Kunai und ganz instinktiv versuchte er damit, sie zu treffen. Er hatte keine Chance. Im letzten Moment duckte Tsunade sich etwas und dann machte sie eine Bewegung, die sogar für die Sharingan zu schnell war. Der Kunai wurde ihm aus der Hand geschlagen und er schrie auf.
 

Auf einmal war es ruhig. Der erwartete Faustschlag blieb aus und Sasuke ließ langsam die Arme sinken, die er instinktiv vors Gesicht gehalten hatte. Tsunade stand vor ihm, ihre Faust nur Millimeter vor seinem Gesicht. Die Hokage nahm die Hand runter und grinste breit.
 

"Sasuke-kun.", sagte sie fröhlich. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Aber ich wollte sie sehen."
 

Er blinzelte verwundert und es dauerte einen Moment, bis er begriff, was sie meinte. "Die Sharingan?"
 

"Genau." Sie lächelte jetzt sehr freundlich. "Das beweist zweifelsfrei, dass du ein Uchiha bist."
 

"Großer GOTT, Tsunade-sama!", keuchte Shizune. "Müsst ihr mich so erschrecken?!"
 

Die Hokage ignorierte das und reichte Sasuke die Hand. "Also lass mich die erste sein, die dich herzlich im Dorf willkommen heißt." Er nahm ihre Hand und sie fügte hinzu: "Willkommen zu Hause, Sasuke-kun."
 

Sasuke nickte bloß und warf einen unauffälligen Blick an die Decke, wo der Kunai steckte. Tsunade war... eine Naturgewalt und er nahm sich vor, nach der Beendigung seines Auftrags vor allem ihr niemals in die Hände zu fallen. Aber wie auch immer, den ersten Test hatte er also bestanden. Aber das Schwierigste stand ihm noch bevor. Die Begegnung mit seiner Familie.
 

"Sasuke-kun? Du warst noch nicht bei deiner Familie, oder?", fragte Tsunade freundlich.
 

Er schüttelte den Kopf. "Ich wäre ja fast nicht ins Dorf gelassen worden."
 

"Vielleicht ist es besser, wenn ich dich hinbringe.", schlug sie vor und er nickte erleichtert. Das passte ihm ganz gut. So musste er seiner Familie nicht ganz alleine entgegentreten. "Ich muss noch kurz diesen Papierkram erledigen, es dauert höchstens fünf Minuten. Wartest du draußen auf mich?"
 

"Okay." Sasuke schob die Hände in die Hosentaschen und verließ das Büro.
 

In dem Moment, als die Tür hinter ihm zugefallen war, verdüsterten sich die Gesichter der beiden Frauen. Leise fragte Shizune: "Glaubst du ihm?"
 

"Zweifellos ist er ein Uchiha.", gab Tsunade zurück. "Die Sharingan sind der beste Beweis."
 

"Ja. Ich zweifle auch nicht daran, dass er wirklich Sasuke ist. Aber sein plötzliches Auftauchen macht mir Sorgen."
 

Auch die Hokage wirkte besorgt. "Ich möchte ihm wirklich gerne glauben. Aber ich habe genug über Itachi gehört, um zu wissen, dass man IHM ganz bestimmt nicht trauen kann. Und Sasuke scheint große Stücke auf ihn zu halten."
 

"Wenn Itachi etwas vorhätte..."
 

"...würde er zweifellos nicht selbst kommen sondern seinen kleinen Bruder schicken, der ihm treu ergeben ist." Tsunade dachte nach. "Aber sie waren acht Jahre fort. Sasuke wirkt weder dumm noch zu stark beeinflusst. Vielleicht hat er wirklich nur Heimweh gehabt. Er ist in einem Alter, wo man alles in Frage stellt. Vielleicht sagt er die Wahrheit, mag sein, dass er wirklich nur auf der Suche nach seinen Wurzeln ist."
 

"Es sind im Grunde aber alles nur Vermutungen. Was sollen wir jetzt tun?"
 

"Wir sollten ihn erstmal zu seiner Familie bringen. Der Uchiha Clan wird sich genau dieselben Fragen stellen wie wir. Und sie werden zweifellos gründlicher nach den Antworten suchen."
 

"Ja, nur werden wir dann nie davon erfahren. Du kennst doch den Clan. Sie machen lieber alles unter sich aus."
 

"Das spielt in dem Fall keine Rolle. Sie würden ihre Position im Dorf nicht für einen verlorenen Sohn riskieren, erst recht nicht jetzt. Wenn Sasuke eine Gefahr darstellt und sie das rausbekommen, werden sie selbst etwas unternehmen." Sie nickte entschlossen. "Wir werden versuchen, Sasuke zu vertrauen. So wie die Dinge liegen wird er sowieso einige Überraschungen erleben. Hoffen wir, dass er ehrlich zu uns war. Aber wir werden ihn dennoch im Auge behalten."

Kiyoshi

Ungeduldig stand Sasuke vor der Tür und wartete. Aus den versprochenen fünf Minuten waren inzwischen schon zehn geworden. Sein erster Eindruck von der Hokage hatte sich bestätigt. Sie war ziemlich unzuverlässig und chaotisch, gleichzeitig aber auch listig und er hatte beschlossen, ihr nicht zu vertrauen. Er wusste natürlich, dass sie gerade über ihn sprachen. Sollten sie doch. Sie konnten ihm seine Absichten nicht nachweisen. Keiner wusste, dass Itachi und er Mitglieder der Akatsuki waren.
 

Ein lauter Schrei riss ihn aus seinen Gedanken. Sein Kopf ruckte in die Höhe und er sah nur noch leuchtende blaue Augen, dann blondes Haar, und im nächsten Moment prallte jemand gegen ihn und sie landeten zu zweit auf dem Boden.
 

"Was zum...?" Sasuke öffnete die Augen. Jemand lag schwer auf ihm und stöhnte schmerzerfüllt. Genervt verzog Sasuke das Gesicht. ER war schließlich auf der Straße gelandet, der Typ der da auf ihm lag hatte von dem Aufprall wohl kaum viel mitbekommen. "Hey du!", sagte er ungeduldig. "Geh runter von mir!"
 

Der andere hob den Kopf und schaute ihn aus babyblauen Augen verwirrt an. Er blinzelte ein paar Mal, dann verdüsterte sich sein Gesicht und er sprang hastig von Sasuke runter. Ohne Probleme stand auch Sasuke wieder auf und klopfte sich den Staub von seinen Sachen. "Springst du immer wildfremde Leute an?", fragte er missmutig.
 

Der Blonde funkelte ihn an. "Du warst mir im Weg!", rief er.
 

"Hn.", machte Sasuke und verschränkte die Arme. "Gib nicht mir die Schuld, wenn du zu doof bist, um darauf zu achten, wo du hinläufst!"
 

"Ich hatte es eilig!", protestierte der Junge. "Ich wollte zum Training. Du musst ja nicht mitten auf der Straße rumstehen und anderen den Weg versperren!"
 

Sasuke musterte ihn etwas genauer. Sie mussten in etwa im selben Alter sein. Der Blonde trug das Stirnband von Konoha. Mit einem abfälligen Grinsen spottete Sasuke: "Für einen Ninja hast du aber ausnehmend schlechte Reflexe. Wie konnte ein Tollpatsch wie du überhaupt dieses Stirnband bekommen?"
 

"WAS?!" schrie der Blonde. Es war fast amüsant, wie leicht man ihn auf die Palme bringen konnte. "Leg dich besser nicht mit mir an!"
 

"Ach, und warum nicht?" Herausfordernd reckte Sasuke das Kinn in die Höhe.
 

Der Blonde funkelte ihn an und schien kurz davor, auf ihn loszugehen. Aber bevor es soweit kommen konnte, tauchte hinter ihm jemand auf. "Musst du immer Ärger machen, Naruto? Ich warte seit einer halben Stunde auf dich."
 

Der Blonde fuhr herum. "Ero-Sennin!", rief er. "Ich wäre rechtzeitig gekommen, aber dieser Typ da stand mir im Weg!"
 

Sasuke musterte den Mann mit den weißen Haaren. Er wirkte harmlos, aber irgendwas an ihm war verdächtig. Ihm gefiel der kurze Blick nicht, den der Mann ihm zu warf. Zuerst erschien es ihm, als wollte der Kerl etwas zu ihm sagen, aber dann wandte er sich dem Blonden zu und murmelte: "Ist ja gut. Hör auf, dich zu zanken, und komm mit, ja? Ich habe schließlich nicht ewig Zeit für dich."
 

"Hnn!", machte der Blonde, folgte dem Mann aber trotzdem. "Wahrscheinlich willst du dich wieder ins Bad schleichen und die Frauen beobachten."
 

Verwirrt starrte Sasuke den beiden hinterher. So langsam bekam er den Eindruck, dass es nur Verrückte in diesem Dorf gab. Zum Glück kam in dem Moment Tsunade aus der Tür und er konnte den Gedanken nicht weiter vertiefen.
 


 

Sein Herz klopfte heftig, als Sasuke die Straße entlang schritt. Jetzt waren es nur noch wenige Meter bis nach Hause. Er kannte diese Gegend so gut, es war die Umgebung, in der er seine Kindheit verbracht hatte. Bisher hatte ihn seine Rückkehr mehr oder minder unberührt gelassen, doch jetzt spürte er eine starke Sehnsucht nach der alten Zeit. Es war schön gewesen, hier zu spielen, immer sicher bewacht von seiner Familie. Zum ersten Mal bedauerte es ein wenig, dass er diesen Ort verlassen hatte.
 

Er spürte neugierige Blicke auf sich ruhen. Von den Fenstern oder ganz offen auf der Straße stehend starrten die Familienmitglieder ihn unverhohlen an. Das Zeichen auf seinem Rücken hatte ihre Neugierde und ihr Misstrauen geweckt. Manche von ihnen erkannte Sasuke, andere waren ihm völlig fremd. Aber keiner kam zu ihm oder stellte Fragen. Das war die Aufgabe des Oberhaupts, seines Vaters.
 

Als sie schließlich vor der Tür standen, vor dem Haus, in dem er früher gelebt hatte, war Sasuke nervöser als er es je vermutet hätte. Tsunade klopfte und er fuhr sich unruhig durch das Haar. Er hatte so vage Erinnerungen an das lächelnde Gesicht seiner Mutter. Dafür war ihm ihre Stimme und ihr Duft noch so genau im Gedächtnis, als wäre er erst gestern von hier fortgegangen. Und sein Vater, der ihn stets ein wenig kühl und distanziert behandelt hatte. Was würden sie sagen? Was würden sie denken? Würden sie ihn hassen, weil er sich gegen sie und für Itachi entschieden hatte?
 

Zum Glück hatte er keine Zeit, sich weiter mit diesen Fragen zu quälen. Seine Mutter öffnete die Tür. Sasuke konnte sie nur anstarren. Sie war älter geworden, aber ansonsten war sie noch genau so, wie er sie in Erinnerung hatte. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Zu seinem Glück stand Tsunade vor ihm und übernahm auch für ihn das Reden. "Mikoto!", begrüßte sie Sasuke's Mutter und drängte sich quasi an ihr vorbei ins Haus. Unsicher folgte Sasuke ihr. Und ihm wurde noch viel unwohler zumute, als er ins Haus kam und sah, wie voll es hier war. Offensichtlich hatte seine Mutter Besuch, ein ganzer Haufen Uchihas saß am Esstisch und starrte ihn jetzt neugierig an. Am liebsten hätte er auf dem Absatz Kehrt gemacht und wäre aus dem Haus gestürmt, aber Tsunade ließ ihm keine Wahl. Sie nahm ihn bei der Hand und zerrte ihn nach vorne. "Ich weiß, das kommt jetzt alles ein bisschen plötzlich, Mikoto, aber ich hab dir hier jemand mitgebracht. Er stand heute morgen einfach so vor dem Eingangstor."
 

Er begegnete dem Blick seiner Mutter. Einen Moment lang schaute sie ihn einfach nur verwundert an, dann riss sie die Augen auf und noch bevor Tsunade seinen Namen nennen konnte, flüsterte sie: "Sasuke!?"
 

Sasuke war überrascht. Sie hatte ihn fast sofort erkannt, und das nach acht Jahren. Sasuke wollte ihr antworten, aber er konnte nicht. Er spürte die neugierigen Blicke seiner Verwandten, die auf ihm ruhten, und vor allem sah er seine Mutter, spürte erst jetzt, wie sehr er sie vermisst hatte. Trotzdem musste er den Impuls unterdrücken, zurückzuweichen, als sie auf ihn zu kam. Sie legte eine Hand auf seine Wange und musterte ihn. "Bist du das wirklich, Sasuke?"
 

Ein simples Nicken war seine Antwort. Dann umarmte seine Mutter ihn stürmisch, drückte ihn an sich und flüsterte: "Mein Junge!! Ich wusste, du würdest zurückkommen."
 

Die Worte versetzten ihm einen Stich. Trotzdem legte er die Arme um sie und drückte sie noch fester an sich. "Kaa-san...", murmelte er und schloss die Augen. Sie duftete noch so wie früher. Das war die Umarmung einer Mutter. Es hatte ihm so sehr gefehlt.
 


 

Die Nachricht, dass der verlorene Sohn zurückgekehrt war, löste ein wahres Chaos in der Familie aus. Sasukes Mutter schien ihren Sohn gar nicht mehr loslassen zu wollen. Sie stellte keine Fragen, sie schaute ihn nur immer wieder fassungslos an und bewunderte, wie groß er doch geworden war. Die anderen am Tisch waren da schon anders gewesen, sie hatten ihn mit Fragen bestürmt, und unter Tsunades wachsamen Blicken hatte er ihnen dieselben Antworten gegeben wie ihr. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Manche waren einfach nur neugierig, andere hießen ihn gleich wieder im Dorf willkommen, die meisten aber bedachten ihn spätestens als er seinen Bruder erwähnte mit misstrauischen Blicken.
 

Irgendwann wurde ihm der Tumult einfach zu viel, und seine Mutter schickte den Rest der Familie nach Hause. Irgendwem sagte sie noch, er sollte ihren Mann sofort herholen, dann jagte sie alle - auch Tsunade - aus dem Haus. Dafür war Sasuke ihr sehr dankbar. Sie schob ihn auf einen Stuhl. "Setz dich erstmal, Sasuke. Du kannst mir später alles erzählen." Verschmitzt lächelte sie. "Zuerst möchte ich, dass du jemand kennenlernst."
 

Überrascht runzelte Sasuke die Stirn, als sie im Nebenzimmer verschwand. Und er war noch sehr viel überraschter, als sie mit einem etwa vierjährigen Jungen an der Hand zurückkam. Der Junge wirkte verschlafen und rieb sich müde die Augen. Sasukes Mutter strahlte. "Sasuke, darf ich vorstellen? Das ist dein kleiner Bruder Kiyoshi."
 

Und Sasuke fiel aus allen Wolken.

Brüder

Entgeistert starrte Sasuke das Kind an. Seine Mutter wirkte begeistert, er hingegen war wirklich geschockt. Es hätte ihn vielleicht nicht überraschen sollen, immerhin waren er und Itachi die einzigen Söhne des Oberhaupts gewesen, trotzdem war diese Nachricht für ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Der Junge sah ihm so ähnlich, dass es fast schon erschreckend war. Stumm sah er zu, wie seine Mutter sich neben dem Kind hinkniete und fröhlich sagte: "Kiyoshi, das ist dein großer Bruder Sasuke."
 

Die Brüder, die sich heute zum ersten Mal begegneten, starrten einander misstrauisch an. Unter anderen Umständen hätte Sasuke der finstere Blick des Kindes amüsiert, aber im Moment war ihm nicht nach Lachen zumute.
 

Das alles war ein bisschen viel auf einmal für ihn. Zuerst die ganzen bekannten Gesichter, dann seine Mutter, die er so vermisst hatte, und nun hatte er auf einmal einen kleinen Bruder? Seine Mutter schien seine Verunsicherung diesmal nicht zu bemerken. Sie führte Kiyoshi zu ihm und sagte zu dem Kind: "Willst du deinem großen Bruder nicht mal hallo sagen?"
 

Der Junge verzog das Gesicht und sagte dann: "Hallo, du."
 

"Hallo", murmelte Sasuke.
 

Der Junge starrte seine Mutter fragend an, so als wollte er sagen "Und was soll ich jetzt mit dem anfangen?". Sie streichelte ihm über den Kopf und sagte: "Schon gut, geh wieder in dein Zimmer. Ich mache dir gleich Frühstück." Artig nickte Kiyoshi und verschwand aus dem Raum.
 

Sasuke blickte seine Mutter an. "Ich habe einen kleinen Bruder...", murmelte er fassungslos.
 

"Er wird bald fünf."
 

"Fünf Jahre... und ich treffe ihn heute das erste mal..." Es schmerzte, mehr als er zugeben wollte. Er war immer glücklich gewesen bei Itachi, aber nun wurde ihm erst richtig bewusst, was ihm in den Jahren alles entgangen war. Er wünschte sich aus tiefstem Herzen, dieser kleine Junge würde zu ihm aufschauen und ihn lieben, so wie er Itachi geliebt hatte. Stattdessen war er ein Fremder für das Kind.
 

Seine Mutter kam zu ihm an den Tisch. "Mach dir keine Gedanken. Er wird dich ganz schnell ins Herz schließen, da bin ich mir sicher. Er ist noch etwas schüchtern, aber er hat mir immer aufmerksam zugehört wenn ich ihm von seinem großen Bruder erzählt habe."
 

"Er hat aber zwei große Brüder", sagte Sasuke.
 

Ihr Lächeln verschwand. "Ja ich weiß. Aber ich bin froh, dass du alleine gekommen bist. Es wäre schlimm genug für uns gewesen, wenn nur Itachi uns verlassen hätte. Aber dass er dich mitgenommen hat... das kann ich ihm niemals verzeihen."
 

"Er hat mich zu nichts gezwungen. Er hat mich gefragt, ob ich mitkommen will, und ich habe Ja gesagt."
 

"Und warum? Warum wolltest du weg von zu Hause?"
 

Es tat ihm weh, sie so traurig zu sehen. Er hatte nie daran gedacht, wie sehr sein Verschwinden sie verletzt haben musste. "Das wollte ich gar nicht. Ich wollte nur bei Itachi sein. Ich hab ihn damals abgöttisch geliebt."
 

Sie nickte, obwohl er ihr ansah, dass sie ihn nicht wirklich verstehen wollte. "Und wo ist Itachi jetzt?"
 

"Er ist nicht mitgekommen, er wollte das Dorf nicht betreten."
 

Sie nahm seine Hand. "Wie geht es ihm?"
 

Diese simple Frage gab Sasuke etwas Hoffnung. Auch wenn sie gesagt hatte, sie könnte Itachi nicht verzeihen, machte sie sich doch Sorgen um ihn. "Es geht ihm gut." Vorsichtig drückte er ihre Hand. "Es war schön, bei ihm. Ich war wirklich glücklich. Es tut mir so leid, dass du dir Sorgen machen musstest."
 

"Und nun? Wirst du bei uns bleiben oder gehst du zu ihm zurück?"
 

Unsicher wich er ihrem Blick aus. "Ich... weiß es nicht. Ich muss herausfinden, wo ich hingehöre. Und ihr... wollt ihr mich überhaupt hier haben?"
 

"Aber natürlich! Ich..."
 

Sie konnte den Satz nicht mehr beenden, denn in dem Moment wurde die Haustür geöffnet. Überrascht sah Sasuke den Mann an, der ins Zimmer kam. Es war sein Vater. Fugaku Uchiha blickte seinen Sohn lange an, bevor er sprach. "Also ist es wahr. Du bist wieder da... Sasuke."
 

"Tou-sama..." Die förmliche Anrede kam ihm über die Lippen, ohne dass er es wollte. Sein Vater hatte noch immer eine erhabene Aura, er flößte Sasuke nach wie vor Respekt ein.
 

Es wurde still im Raum und Sasuke konnte den Blick seines Vaters überhaupt nicht deuten. Auf einmal hatte er einen Kloß im Hals, hatte Angst, sein Vater würde ihn einfach rauswerfen. Aber dann sagte Fugaku: "Willkommen zu Hause, mein Sohn."
 

Zwischen ihnen herrschte vom ersten Moment an wieder die kühle Distanz, die Sasuke nie so ganz verstanden hatte, trotzdem atmete er erleichtert auf. "Danke."
 

Sein Vater kam zu ihm an den Tisch und musterte ihn. "Mein Sohn. Ich habe so viele Fragen an dich. Aber ich habe keine Zeit und du siehst müde aus. Vielleicht ruhst du dich erst etwas aus, und wir reden heute Abend."
 

"Gerne." Er neigte höflich den Kopf. Das kannte er noch aus seiner Kindheit. Seinem Vater war die Arbeit immer über alles gegangen. Das einzige, was noch vorher kam, war der Clan. Wie auch immer seine Prioritäten angeordnet waren, seine Kinder kamen erst viel später. Aber inzwischen nahm er es seinem Vater nicht mehr übel.
 

Als er aufstand, ergriff seine Mutter das Wort. "Komm, du solltest dich wirklich hinlegen. Ich mache dir nachher was zu essen."
 

Unter dem scharfen Blick seines Vaters ging er rüber in den Flur, gefolgt von seiner Mutter. Automatisch steuerte er sein Zimmer an und bevor seine Mutter etwas sagen konnte, öffnete er die Tür. Der Anblick seines Zimmers verschlug ihm die Sprache. Das war nicht mehr sein Zimmer. Seine ganzen Sachen waren einfach... weg. Stattdessen lagen da jetzt die Spielsachen eines Kindes, vermischt mit den falschen Shuriken und Kunai, die man schon den vierjährigen zum Üben in die Hand drückte. Und mitten im Raum saß Kiyoshi, der gerade mit irgendwas spielte, und starrte Sasuke aus großen Augen an.
 

"W-was...?", stammelte Sasuke.
 

"Tut mir leid...", sagte seine Mutter. "Das ist jetzt Kiyoshi's Zimmer. Hätten wir gewusst, dass du zurückkommst... Aber du kannst in Itachi's Zimmer schlafen."
 

Wie betäubt ließ er sich von ihr ins Nebenzimmer führen. Und auch hier war die Veränderung radikal. Itachi's Zimmer war immer spartanisch eingerichtet gewesen, aber nun waren wirklich all seine persönlichen Dinge verschwunden. Der Raum war nun nicht mehr als ein Gästezimmer. Schwer ließ er sich auf das Bett sinken und hörte kaum, wie seine Mutter sagte: "Wenn du irgendwas brauchst, ruf einfach nach mir. Ich besorge dir in der Zwischenzeit was zum Anziehen. Und gib Bescheid, wenn du Hunger hast." Dann schloss sich die Tür und er war allein.
 

Diesmal war Sasuke wirklich erschüttert. Wo hatten sie seine und Itachi's Sachen hingeräumt? Es war natürlich dumm von ihm gewesen, zu glauben, dass sie sein Zimmer so belassen hätten, wie er es verlassen hatte, trotzdem tat es unsäglich weh. Dieses Zimmer war leer. Es war so, als hätte Itachi nie existiert. Ja, es war fast so, als hätte man die Erinnerung an Itachi und ihn völlig aus diesem Haus verbannt.
 

Als ob es uns nie gegeben hätte...
 


 

Wie er es seinem Vater versprochen hatte, führte Sasuke am Abend mit ihm eine lange Unterhaltung. Noch einmal erzählte er alles von Anfang an und beantwortete mit wachsender Abneigung die bohrenden Fragen. Sein Vater kommentierte seine Schilderungen nicht, er fragte einfach wieder und wieder nach, bis er mit den Antworten zufrieden schien. Sasuke bemühte sich, so wenig wie möglich zu lügen.
 

Gegen Ende des Gespräches fragte sein Vater ihn: "Und was hast du nun vor? Möchtest du deine Ausbildung als Shinobi fortsetzen?"
 

Verwundert hatte Sasuke geantwortet: "Geht das denn? Ich... ich denke schon, dass ich das will, ja."
 

"Ich nehme stark an, dass Itachi dich trainiert hat. Ich spreche mit Tsunade und sorge dafür, dass so bald wie möglich jemand deine Fähigkeiten überprüft und dich einstuft, damit du deine Ausbildung hier fortsetzen kannst. Immerhin bist du ein Uchiha."
 

Irgendwas störte Sasuke an diesem Satz, aber er wusste nicht einmal, was es war. Es war sicher nicht schlecht, von den hiesigen Lehrern zu lernen. Vielleicht konnten sie ihm ja etwas beibringen, das er von Itachi noch nicht gelernt hatte? Obwohl er daran seine Zweifel hatte.
 

Das Gespräch war vorbei und sein Vater saß nun brütend auf den Boden und starrte auf seine Tasse Tee. Sasuke entschuldigte sich und zog sich zurück in Itachis Zimmer, wobei er wieder fast in das falsche Zimmer geplatzt wäre. Seine Mutter hatte ihm inzwischen Kleidung besorgt, Hosen in etwa in seiner Größe und eine Menge Hemden mit dem Uchiha Emblem. Ihm fiel sehr wohl auf, dass es nicht die Kleidung seines Bruders war. Die hätte ihm sicher auch gepasst, denn Itachi war ein Stück größer mit dreizehn gewesen. Das bestärkte noch seinen Verdacht, dass ihre Sachen vernichtet worden waren. Es machte ihn traurig, aber er versuchte, sich einzureden, dass er keinen Grund dazu hatte. Itachi hatte ihn ja gewarnt, sich nicht zu sehr auf seine Eltern einzulassen. Er war nur neugierig gewesen. Und vielleicht würde ihm während seines Aufenthaltes endlich klar werden, warum Itachi seine Eltern so sehr ablehnte.
 

Noch eine ganze Weile stand er am Fenster, schaute hinaus auf den Garten, in dem er oft gespielt und trainiert hatte, und überlegte, ob es nicht alles ein riesengroßer Fehler gewesen war. Warum war er hier? Irgendwas an diesem Ort fühlte sich einfach falsch an. Seine Eltern hatten jede Erinnerung an ihn einfach verschwinden lassen. Hatte er ihnen wirklich gefehlt? Er spürte so viele unausgesprochene Dinge in der Luft und wünschte sich plötzlich seinen Bruder zurück, der zwar auch seine Geheimnisse hatte, der ihn aber niemals angelogen hätte. Er wünschte sich Itachi's Direktheit zurück, und das Gefühl der Geborgenheit, das er in der Nähe seines Bruders hatte, und das er hier so vermisste. Dieses Haus war kalt und er hatte das nagende Gefühl, dass er seinen Eltern nicht trauen sollte.
 

Als er sich hinlegte, drangen Stimmen aus dem Wohnzimmer bis in sein Zimmer. Seine Eltern unterhielten sich, vielleicht waren sie auch mal wieder beim Streiten. Das erinnerte ihn sehr an seinen letzten Abend in diesem Haus. Ein paar Minuten versuchte er, trotzdem zu schlafen, dann hielt er es doch nicht aus und schlich sich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer, um dem Gespräch zu lauschen.
 

Er bekam nur Gesprächsfetzen mit, und es war nicht schwer zu erraten, dass es um ihn ging. Sie waren definitiv nicht einer Meinung und Sasuke murmelte tonlos: "Déja vu..." Angestrengt lauschte er, aber er bekam nicht alles mit, außer dass ab und zu sein Name fiel und ein oder zweimal auch Itachis.
 

Nachdem er ein paar Minuten gelauscht hatte, beschloss er, wieder schlafen zu gehen. Sollten sie doch diskutieren, er wollte sich nicht wieder jede Nacht darüber Gedanken machen müssen wie damals als Kind. Als er in sein Zimmer zurückkehren wollte, entdeckte er, dass Kiyoshis Tür einen Spalt geöffnet war. Der Junge merkte, dass er entdeckt worden war, und kam zögernd aus dem Zimmer. Sasuke beugte sich runter und fragte leise: "Kannst du auch nicht schlafen?"
 

Kiyoshi schüttelte stumm den Kopf.
 

Aus einem Impuls heraus legte Sasuke die Hand auf den Kopf des Kindes und sagte zuversichtlich: "Keine Sorge, die vertragen sich wieder. Ich kenn das."
 

Sein kleiner Bruder schaute ihn aus großen Augen an, hin und hergerissen zwischen Misstrauen und Erleichterung. Schließlich nickte er und gähnte verstohlen.
 

Lächelnd flüsterte Sasuke: "Gehen wir wieder ins Bett, ja? Gute Nacht."
 

"Nacht", murmelte Kiyoshi und die Brüder gingen wieder in ihre Zimmer.
 

In der ersten Nacht schlief Sasuke sehr schlecht. Er träumte merkwürdige Dinge über Itachi, träumte von ihrem ersten Auftrag, vom ersten Mal als er getötet hatte, und von seinem kleinen Bruder Kiyoshi, der in einem leeren Zimmer saß und ein Foto von Sasuke und Itachi mit einer Schere in kleine Schnipsel zerschnitt.
 


 

Zu seiner Überraschung wurde Sasuke schon am nächsten Morgen von seinem Vater zur Akademie begleitet. Er hatte keine Ahnung, wie und wann sein Vater so schnell alles organisiert hatte, aber dort wartete bereits ein Jounin, um seine Fähigkeiten zu überprüfen. Der Typ hatte graue Haare, die untere Hälfte seines Gesichts war maskiert und er hatte sein Stirnband über sein linkes Auge gezogen. Als er Sasuke und seinen Vater entdeckte, hob er die Hand. "Yo, ihr zwei."
 

Fugaku zog eine Augenbraue hoch. "Ich bin überrascht, dass du schon da bist, Kakashi. Dabei hatte ich dich nur für eine Stunde früher bestellt als vorgesehen."
 

"Tja, ich war neugierig auf deinen Sohn", sagte Kakashi und grinste offensichtlich unter seiner Maske. Dann wandte er sich Sasuke zu. "Und du bist also Sasuke? Meine Güte, als ich dich das letzte Mal gesehen habe warst du soo klein!" Er deutete mit seiner flachen Hand ungefähr auf Kniehöhe und Sasuke verdrehte die Augen. Dieser Spruch wurde wirklich mit jedem Mal wo er ihn hörte weniger prickelnd.
 

Dementsprechend gereizt entgegnete er: "Und hast du auch einen Namen?"
 

"Ah, mein Name ist Hatake Kakashi. Aber du darfst mich Kakashi nennen!"
 

"Na Wahnsinn...", murmelte er. Die überdrehte Art dieses Mannes gefiel Sasuke ganz und gar nicht. Außerdem spürte er hinter dieser Fassade etwas ganz anderes. Er beschloss, diesem Kakashi erstmal nicht zu vertrauen. Er fand Kakashi unheimlich, wie er sich hinter seiner Maske und hinter seinen scheinbar gedankenlosen Sprüchen versteckte.
 

"Na, Sasuke-kun. Wollen wir dann mal anfangen? Ich schlage der Einfachheit halber einen kleinen Zweikampf vor, damit ich mir ein Bild machen kann."
 

Der Vorschlag gefiel ihm schon besser. Er hatte nur selten die Gelegenheit bekommen, sich mit ebenbürtigen oder gleichstarken Gegnern zu messen. Trainiert hatte er immer nur mit Itachi, der ihm auch jetzt noch haushoch überlegen war, und die Aufträge der Akatsuki hatte er immer spielend hinter sich gebracht. Deswegen nickte er enthusiastisch.
 

Während Kakashi ihm die Regeln erklärte ("Es ist alles erlaubt, ja?"), zog sein Vater sich an den Rand des Trainingsareals zurück und dort stand auch Tsunade mit noch ein paar anderen, wie Sasuke erst jetzt bemerkte. Es waren wohl doch einige an seinen Fähigkeiten interessiert.
 

Der kleine Kampf begann ganz harmlos. Sasuke griff Kakashi ein paar Mal an, zuerst direkt, dann mit Shuriken, um seine Reaktionen auszutesten und die eigenen Vorteile zu finden. Diese erste Phase dauerte vielleicht zwei, drei Minuten. Dann hatte Sasuke gemerkt, dass Kakashi schnell war, ganz unglaublich schnell. Er fand für sich keinen Vorteil, er begriff nur, dass Nahkampf besser für ihn war, denn seinem Feuerball war Kakashi mit Leichtigkeit ausgewichen.
 

Sasuke aktivierte die Sharingan, und damit wurde es leichter, die schnellen Bewegungen des Jounin vorauszusehen. Ein paar Minuten vergeudeten sie damit, den Schwachpunkt des anderen zu suchen und sich gegenseitig irgendwie anzugreifen. Dann machte Kakashi langsam ernst und Sasuke geriet in Bedrängnis. Als der erste Angriff kam, den er nicht mehr voraussehen konnte, mitten ins Gesicht getroffen wurde und durch die Luft segelte, beschloss er, ebenfalls ernst zu machen.
 

In seiner linken Hand erzeugte er einen Feuerball. Im Augenwinkel sah er, wie sein Vater angespannt zu ihm rüber starrte, und auch Tsunade schaute ihn jetzt erwartungsvoll an. Er beschloss, seinem Vater zu zeigen, was er alles gelernt hatte.

Team

Interessiert beobachteten die wenigen Zuschauer den Kampf. Natürlich bestand kein Zweifel daran, wie dieser Zweikampf ausgehen würde. Nachdem Sasuke die Sharingan aktiviert hatte, und trotzdem noch große Mühe hatte, sich Kakashi vom Leib zu halten, hatte Fugaku enttäuscht die Arme vor der Brust verschränkt. Nun drehte er sich um und schickte sich an, das Gelände zu verlassen. "Fugaku!", hielt Tsunade ihn zurück. "Wo willst du hin?"
 

"Ich muss zur Arbeit. Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn."
 

"Willst du deinen Sohn nicht bis zum Ende kämpfen sehen?", fragte jetzt auch Shizune.
 

Fugaku zuckte die Schultern. "Er ist nicht wie Itachi. Dieser Kampf ist schon entschieden."
 

Verständnislos schüttelte Tsunade den Kopf, aber Shizune fragte: "Willst du die gleichen Fehler wie damals machen, Fugaku-san?"
 

Sehr zur Überraschung der Hokage drehte Fugaku sich tatsächlich mit finsterem Gesichtsausdruck wieder um und stellte sich neben die beiden Frauen. Gerade richtig, um eine Wende im Kampf zu erleben. Kakashi schien Sasuke nun endgültig überlegen zu sein, immer weiter drängte er den Uchiha Sprössling in die Enge, und immer öfter tragen seine Angriffe ihr Ziel. Er verpasste Sasuke einen Schlag in den Magen und der Junge stürzte rücklings auf den Boden. "Das war's", murmelte Fugaku und die Enttäuschung konnte man ihm deutlich ansehen.
 

Aber Sasuke überraschte alle. Als Kakashi auf ihn zu stürzte, um das Match zu beenden, riss er seine Augen auf. Mehr sah man gar nicht. Der Boden bebte und dann wurde Kakashi nach hinten geworfen. Meterweit sauste er über den Boden, bevor er aufprallte. Erstaunt machte Tsunade einen Schritt nach vorne und fragte überrascht: "Wie hat er das gemacht?"
 

Entweder hatte Fugaku keine Antwort darauf, oder er wollte sie ihr nicht geben.
 

"War das eine von Itachis Techniken?", fragte Shizune überrascht.
 

Fugaku antwortete nicht.
 

Inzwischen war Kakashi wieder hochgekommen, und er schob nun sein Stirnband hoch, neugierig auf dieses unbekannte Jutsu. Sasuke staunte nicht schlecht über das Sharingan Auge seines Gegners. Und auch Fugaku hatte nun die Sharingan aktiviert um sich diese Technik näher betrachten zu können.
 

Diesmal fiel Kakashi nicht noch einmal auf Sasuke herein. Als der Boden zum zweiten Mal bebte, war Kakashi kurzzeitig verschwunden und tauchte hinter seinem Gegner wieder auf. Sasuke wurde zu Boden geworfen und bevor er etwas tun konnte, presste Kakashi einen Kunai an seinen Hals. Der Kampf war vorüber.
 

Tsunade sah Fugaku an. "Hast du sehen können, wie er es gemacht hat?"
 

Die Augen des Uchiha Oberhaupts waren wieder schwarz. "Hn", machte er nur und Tsunade verdrehte die Augen. Das erinnerte sie wieder daran, warum sie sich eigentlich nicht gern mit dem Uchiha Clan befasste. Die Mitglieder der Familie waren zu verschlossen, sie umgaben sich mit Geheimnissen und ließen nichts nach außen dringen.
 

Kakashi kam zu ihnen, während Sasuke sich noch missmutig von seiner Niederlage erholte, und zog sich das Stirnband wieder übers Auge. Erwartungsvoll schaute Tsunade ihn an. Kakashi sagte: "Er ist fast zu gut für einen Chuunin, aber noch nicht gut genug um als Jounin durchzugehen."
 

Zu derselben Erkenntnis war die Hokage ebenfalls gelangt. "Ich schlage vor, wir stufen ihn als Chuunin ein, teilen ihn einem Team zu und lassen ihn an den nächsten Jounin Prüfungen teilnehmen." Falls er nicht vorher das Dorf wieder verlässt, fügte sie in Gedanken hinzu.
 

Kakashi nickte. "Das halte ich für eine gute Idee." Er warf einen Blick auf den Jungen, den er grade besiegt hatte. "Wenn ihr einverstanden seid, würde ich ihn gern in mein Team aufnehmen. Ich möchte ihn trainieren."
 

Fugaku gab sich unbeteiligt, also zuckte Tsunade die Schultern. "Wieso nicht? Ich denke, er würde gut in dein Team passen."
 

Im Moment bestand jenes Team nämlich nur aus Naruto und Sakura. Das dritte Teammitglied, Hinata, hatte die Chuunin Prüfung nicht geschafft und war daher nun einem anderen Team zugeteilt worden. Seitdem hatte Kakashi nicht mehr sehr viel zu tun gehabt. Naruto wurde nun regelmäßig von Jiraiya trainiert, zumindest dann, wenn der mal wieder im Dorf vorbeischaute, und Sakura wurde gelegentlich von Tsunade unterrichtet, die in dem Mädchen eine gelehrige Schülerin gefunden hatte. Zweifellos waren Sakura und Naruto talentiert, jeder auf seine Weise, aber ihnen fehlte in letzter Zeit etwas Teamgeist und es würde ihnen gut tun, mal wieder zu dritt zusammenzuarbeiten und sich von Kakashi herumscheuchen zu lassen.
 

Und vielleicht würde es auch Sasuke ganz gut tun, mal von jemand anders als einem Uchiha unterrichtet zu werden, dem sein Talent längst zu Kopf gestiegen war.
 

Als Sasuke sich zu ihnen gesellte, war alles schon entschieden. Kakashi teilte ihm mit: "Du wirst von nun an als Mitglied meines Teams von mir trainiert, Sasuke. Auch wenn du die Akademie nicht offiziell abgeschlossen hast, denken wir, dass du auf dem Level eines Chuunin bist und als solchen werden wir dich behandeln. Komm morgen früh um acht zum Dorfeingang, dann stelle ich dir dein Team vor!"
 


 

Wie vereinbart stand Sasuke am darauffolgenden Morgen in aller Frühe vor dem Dorfeingang und wartete. Von seinem Team oder seinem Lehrer war weit und breit nichts zu sehen, aber seine Mutter hatte ihn bereits vorgewarnt. "Kakashi kommt prinzipiell immer zu spät. Sei also nicht zu pünktlich." Deshalb war er sowieso schon erst um viertel nach Acht aufgetaucht, aber auch um halb neun war noch niemand zu sehen.
 

Irgendwann gegen neun, als Sasuke schon kurz davor war, wieder nach Hause zu gehen, tauchte dann doch jemand auf. Ein Mädchen in seinem Alter mit schulterlangen, hellrosa Haaren und strahlenden, grünen Augen kam aus dem Dorf geschlendert und blieb vor dem Eingang stehen. Ihr Stirnband verriet, dass sie eine Kunoichi war. Vielleicht wartete sie auch auf Kakashi? Neugierig musterte er sie und als sie seinen Blick auffing, lächelte sie und wurde rot. Sasuke sah weg und hoffte, dass sie – wenn sie wirklich Teil des Teams war - weniger... mädchenhaft... war, als es den Anschein hatte. Er hatte sich eigentlich vorgestellt, in einem Team mit den stärksten Chuunin des Dorfes zu sein. Sie wirkte nicht unbedingt besonders stark.
 

Die Zeit verging und noch immer war von Kakashi nichts zu sehen. Das Mädchen, das ihn zuerst nur 'unauffällig' beobachtet hatte, kam irgendwann mit einem schüchternen Lächeln auf ihn zu. "Hey. Ich hab dich noch nie hier gesehen." Sie deutete auf sein Stirnband, das sein Vater ihm heute morgen gegeben hatte. "Du bist ein Shinobi? Welcher Rang?"
 

"Chuunin", antwortete er knapp. Bevor sie nachfragen konnte, ergänzte er: "Ich bin erst vor kurzem wieder ins Dorf zurückgekommen."
 

Sie musterte ihn und murmelte dann: "Irgendwie... kommst du mir bekannt vor... Wie heißt du?"
 

"Uchiha Sasuke."
 

Entgeistert starrte sie ihn an. "Du bist Sasuke-kun? Meine Güte, du siehst wirklich aus wie er!" Ihre Wangen färbten sich rot vor Begeisterung. "Erinnerst du dich noch an mich? Sakura... ich heiße Haruno Sakura. Wir waren auf der Akademie in derselben Klasse!"
 

Er schaute sie genauer an, aber ihr Gesicht sagte ihm nichts. Gleichgültig zuckte er die Schultern. "Nein, ich erinnere mich nicht."
 

"Oh. Schade", murmelte sie. "Aber ich erinnere mich. Du warst ganz plötzlich verschwunden. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht."
 

Sasuke wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Sie war eine völlig Fremde für ihn, er wollte nicht glauben, dass sie sich tatsächlich Sorgen gemacht hatte.
 

Bevor dieses unangenehme Gespräch weitergehen konnte, kam noch jemand aus dem Dorf. Sasuke erkannte den blonden Jungen, noch bevor der ihn anstarrte, das Gesicht verzog und erbost auf ihn zeigte. "DU!", keifte er.
 

Grinsend verschränkte Sasuke die Arme vor der Brust. "Und du", sagte er so arrogant wie möglich.
 

Sakura schaute zwischen den beiden hin und her. "Ihr kennt euch?"
 

Der Blonde kam zu ihnen und knurrte: "Nicht direkt."
 

Sasuke sagte: "Er hat mich umgerannt."
 

"Du warst mir im Weg!"
 

"Schau nach vorne, wenn du läufst!"
 

Bevor die zwei sich weiter streiten konnten, kam es vom Dorfeingang: "Yo, Shou-kun! Da seid ihr ja!" Es war Kakashi.
 

Sofort fuhren Sakura und der Blonde herum, zeigten anklagend auf Kakashi und brüllten: "DU BIST ZU SPÄÄÄÄT!!"
 

Mit gespielter Verlegenheit griff Kakashi sich an den Hinterkopf und murmelte unter seiner Maske: "Ach, wisst ihr, da lag ein Batzen Geld auf der Straße, der gehörte einer armen alten Frau und der habe ich es zurückgebracht..."
 

"LÜGNER!!!"
 

Unauffällig verzog Sasuke das Gesicht. Zweifellos waren diese beiden Teil seines neuen Teams. Nicht gerade erfreuliche Neuigkeiten. Um seine düstere Ahnung zu bestätigen, kam Kakashi zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Also ihr zwei, das ist unser neues Teammitglied Sasuke!"
 

Im ersten Moment waren beide überrascht, offenbar hatte er die zwei nicht auf ein neues Mitglied vorbereitet. Dann grinste Sakura begeistert, während Naruto anfing zu schimpfen, dass sie niemanden brauchten und er mit Sasuke nicht zusammenarbeiten wollte.
 

"Na, na!", beschwichtigte Kakashi ihn. "Ich bin sicher, ihr drei werdet euch gut vertragen. Und ihr könnt alle etwas Übung in Teamwork gebrauchen." Er fasste sich ans Kinn. "Nun, da wir uns noch nicht kennen, denke ich, jeder stellt sich vor, ja?"
 

"Och menno", maulte Naruto. "Nicht noch maaal... das hatten wir doch schon."
 

Während sich Kakashi also noch mal offiziell vorstellte, und außer seinem Namen nicht mehr viel preisgab, wurde Sasuke mit jeder Sekunde unzufriedener. Das war ja ein schöner Anfang. Was für ein blödes Team. Ein wirrer Lehrer, ein Mädchen das ihn die ganze Zeit nur schüchtern anstarrte und dieser laute, nervtötende Naruto. Na das konnte ja was werden.
 

***
 

Okay... *räusper* fast zwei Jahre für ein Update... das ist mein persönlicher Negativrekord. Wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass ich vor langer, langer Zeit mal Kapitel 6 gepostet hatte und soeben entdeckt hab, dass Animexx das wegen "technischen Problemen" nie freigeschaltet hat... Sorry jedenfalls, diese FF hat bei mir einfach nicht so hohe Priorität, weshalb Updates auch weiterhin nur sporadisch folgen werden... Verzeihung *verbeug*

Warnung

Die ersten zwei Wochen in Konoha zogen in Windeseile vorbei. Sasuke war vollauf beschäftigt und fand kaum die Zeit, über das, was passiert war, nachzudenken und all die neuen Eindrücke zu verarbeiten. Tagsüber war er mit dem Training beschäftigt. Kakashi schien es darauf anzulegen, ihn und die beiden anderen bis an die Grenzen und darüber hinaus zu treiben. Inzwischen hatte sich seine Meinung über den silber-haarigen Jounin ein wenig geändert. Er hatte gemerkt, dass Kakashi nicht nur sehr talentiert war und seinen Titel durchaus verdient hatte, sondern auch dass er ein guter Lehrer war. Genau wie Itachi verlangte er alles von Sasuke und brachte ihn damit dazu, sich stetig zu verbessern. Und obwohl sein Lehrmeister sehr viele Geheimnisse hatte, hatte Sasuke das Gefühl, ihm vertrauen zu können.
 

Seine Meinung über die beiden anderen hatte sich nur leicht verändert. Glücklicherweise war Sakura nicht ganz so schwach, wie er es befürchtet hatte. Sie war eine Schülerin der Hokage und hatte von ihr nicht nur medizinisches Wissen erlernt. Sie besaß eine brutale körperliche Kraft, was sie in seinen Augen zu einem verdienten Mitglied des Teams machte. Naruto war laut, aufgedreht und tollpatschig. Auf den ersten Blick – und auf den zweiten auch – war er einfach nur ein Großmaul ohne irgendein Talent. Hin und wieder musste Sasuke sich wundern, wie der Blonde es je geschafft hatte, ein Chuunin zu werden.
 

Wenn Sasuke nicht beim Training war, dann hatte er zu Hause genug Aufregung. Immer wieder kamen Verwandte zu Besuch, die den "verlorenen Sohn", wie sie ihn gerne nannten, sehen und sich selbst ein Bild von ihm machen wollten. Es gab ziemlich viel Wirbel um ihn, viele waren neugierig, aber die meisten aus der Familie waren misstrauisch. Oft fing er ihre abfälligen Bemerkungen auf, wenn sie das Haus verließen und glaubten, er höre sie nicht. Fast immer fiel dabei auch Itachis Name und erst jetzt wurde ihm so richtig bewusst, was für einen schlechten Ruf sein Bruder nicht nur im Dorf sondern auch in der Familie hatte.
 

Ab und zu sprach er mit seinem Vater, der ihn ausschließlich über das Training und seine Fortschritte ausfragte, ihn aber ansonsten nicht wirklich beachtete. Seine Mutter dagegen tat so, als hätte es die fehlenden acht Jahre nie gegeben. Sie kochte für ihn, sprach mit ihm über Alltägliches, fragte ihn über belanglose Dinge aus, zum Beispiel seine Hobbys, seine Träume oder ob er schon eine Freundin hatte. Kiyoshi hielt sich meistens von ihm fern. Sein Bruder schien sich noch immer nicht entschieden zu haben, ob er ihm vertrauen sollte oder nicht.
 

Als seine Rückkehr ins Dorf genau zwei Wochen her war, war es Zeit für das erste Treffen mit Itachi. Es war kein Problem, sich unbemerkt aus dem Haus und dann aus dem Dorf zu schleichen. Als er zum Treffpunkt kam, und niemanden dort entdecken konnte, stockte ihm für einen Moment der Atem. Nur eine Sekunde lang hatte er Angst, Itachi wäre ohne ihn zurückgekehrt zu den Akatsuki und hätte ihn hier zurückgelassen, bei all diesen Fremden, die er seine Familie nennen musste.
 

Dann löste sich eine Gestalt aus den Schatten und er atmete erleichtert auf. "Nii-san", flüsterte er und rannte rüber zu seinem Bruder.
 

Itachi sagte nichts, aber sein kritischer Blick blieb sofort an Sasukes Stirnband haften.
 

"Ah...", machte Sasuke und tippte gegen das Metall des Stirnbandes. "Sie haben mich zum Chuunin ernannt."
 

Sein Bruder nickte. "Hab ich mir fast gedacht. Komm, setzen wir uns."
 

Wie vor zwei Wochen setzten sie sich ans Flussufer. Sasuke hatte so viel zu erzählen, er wusste gar nicht, wo er anfangen sollte. Schweigend starrten sie in den Himmel, bis Sasuke das einfiel, was wohl die größte aller Neuigkeiten war. "Wir haben einen Bruder." Itachi blickte ihn erstaunt an. "Ich war geschockt, als ich nach Hause kam und unsere Mutter mir dieses Kind vorgestellt hat... Er heißt Kiyoshi und ist fast fünf."
 

Zuerst sagte Itachi gar nichts. Dann nickte er langsam und meinte: "Ich habe mir so was fast gedacht."
 

"Ah ja? Und wieso?"
 

"Unser Vater ist das Oberhaupt des Clans. Als ihm klar wurde, dass wir verschwunden bleiben, hat er garantiert alles daran gesetzt, um noch einen Sohn zu bekommen. Schließlich hätte ohne uns sonst niemand sein Erbe antreten können." Soweit hatte Sasuke nicht gedacht. "Dieses Kind ist ein Ersatz für uns. Jemand, der mal den Clan anführen soll, nichts weiter."
 

So herzlos mochte er sich seinen Vater eigentlich nicht vorstellen. Aber Itachi klang als wäre er sich seiner Sache sehr sicher. Davon abgesehen schien die Tatsache, dass er einen kleinen Bruder hatte, ihn nicht weiter zu interessieren. "Du bist also offiziell ein Chuunin. Was gibt es sonst Neues?"
 

Und Sasuke begann zu erzählen, zuerst von seinem Team und Kakashi, dann von seinem ersten Tag in Konoha, von seiner Familie. Itachi hörte einfach nur zu. Vor allem von dem Moment an, da Sasuke über die Familie redete, wirkte er verstimmt, aber er sagte trotzdem nichts dazu.
 

Irgendwann fiel ihm dann nichts mehr ein und sie saßen schweigend nebeneinander. Sasuke hatte seinen Bruder vermisst, und selbst die Stille war angenehm, solange er Itachi nur in seiner Nähe wusste. Die letzten zwei Wochen hatte er immer Leute um sich gehabt, immer war es laut und unruhig gewesen, deswegen hatte er Itachis Gelassenheit und die vertraute Zweisamkeit nur noch mehr vermisst.
 

Als sie sich voneinander verabschieden mussten, sagte Itachi noch: "Sorg dafür, dass sie dir alle vertrauen. Sag unserer Familie nicht, dass wir miteinander Kontakt haben. Und sieh dich unauffällig um. Stell keine Fragen, das würde sie misstrauisch machen. Achte nur darauf, ob du jemand findest, der anders ist." Diese Aufgabe war alles andere als einfach. Trotzdem nickte Sasuke. Bevor er seinen Weg zurück ins Dorf antrat, warnte Itachi ihn noch mal: "Und sei vorsichtig. Du kannst keinem vertrauen. Erst recht nicht unserer Familie."
 

Selbst als er eine Stunde später wieder in seinem Bett lag, dachte Sasuke noch immer über diese Warnung nach. Irgendwann würde er Itachi fragen, was damals vorgefallen war. Es wurde langsam Zeit, dass er die Wahrheit erfuhr.
 


 

Müde vom Training schleppte Sasuke sich schwerfällig durch die Tür. Im Haus duftete es wunderbar nach Essen. Es war schon fast Zeit für das Abendessen, und er musste nicht ohne Schuldgefühle daran denken, wie viel besser das Essen hier doch war, als wenn er mit Itachi unterwegs gewesen war. Sein Bruder kochte nicht, das war einfach eine Tatsache, also hatten sie meistens irgendwo an kleinen Imbissen was gegessen. Die Kochkünste seiner Mutter erschienen ihm im Vergleich dazu geradezu himmlisch.
 

Er kam in die Küche, wo sein Bruder und sein Vater bereits am Tisch saßen und stellte seine Tasche ab. Er begrüßte die Familie knapp und seine Mutter drehte sich mit einem freundlichen Lächeln zu ihm um. "Sasuke-kun, schön dass du zu Hause bist." Sie verzog das Gesicht und kam zu ihm. "Wie ist das passiert?" Sie meinte eine Schürfwunde am Arm, die er sich beim Training zugezogen hatte.
 

"Ah, ist nur ein Kratzer", murmelte er ein wenig verlegen. "Kakashi lässt mich im Moment dauernd mit einem Typ namens Rock Lee trainieren. Ich soll mir seine Schnelligkeit abschauen. Ist gar nicht so einfach."
 

Zufällig fing er den düsteren Blick seines Vaters auf, bekam dafür aber keine Erklärung und er verspürte nicht den Wunsch, nachzufragen. Stumm setzte er sich hin und begann zu essen. Eine Weile lang war es still, dann sagte sein Vater plötzlich: "Ich werde dich morgen zum Training begleiten."
 

Erstaunt hob Sasuke den Kopf. "Okay...", machte er. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Fugaku hatte sich nie sehr für das Training seiner Kinder interessiert. Aber vielleicht war es ja ein gutes Zeichen, ein Schritt in die richtige Richtung, um sich seinem Vater wieder ein Stück zu nähern.
 


 

Wie er es gesagt hatte, begleitete Fugaku seinen Sohn am nächsten Tag zum Training. Etwas abseits vom Trainingsgelände stellte er sich hin und sah einfach zu. Zuerst machte Kakashi mit seinen Schülern ein wenig Aufwärmübungen, dann teilte er sie wie üblich ein. Sakura und Naruto mussten üben, ihr Chakra zu kontrollieren, und Sasuke wurde Lee zugeteilt, um mit ihm zu trainieren. Er spürte deutlich den stechenden Blick seines Vaters im Rücken, als der Kampf begann und Sasuke nahm sich vor, heute zu gewinnen.
 

Es dauerte, aber schließlich gelang es ihm tatsächlich, die Oberhand zu gewinnen. Mit einem Feuerball trieb er Lee in die Enge, und dann rannte er einfach los, so wie er es sich bei seinem Gegner abgeschaut hatte. Mit einem Fußtritt schleuderte er seinen Gegner in die Höhe und tauchte hinter ihm auf. Natürlich konnte er Lee's Lotus Technik nicht kopieren, auch wenn er sie bereits schmerzhaft am eigenen Leib erfahren hatte, aber trotzdem war dieser Zug sehr nützlich. "Von jetzt an mache ich's wieder auf meine Weise!", rief er und Lee riss den Kopf herum. Aber es war zu spät. Sasuke schleuderte ihn mit einem Faustschlag zurück nach unten und setzte kurz vor dem Aufschlag mit einem Tritt nach. Dann prallte auch er auf den Boden und war erstmal recht benommen.
 

Aber als er aufstand, lag Lee noch auf dem Boden. Er hatte gewonnen! Zum ersten Mal! Sasuke konnte nicht anders, er war unheimlich stolz auf diesen Sieg. Er drehte sich zu seinem Vater um, in der Hoffnung, auch in dessen Gesicht etwas Stolz zu sehen, aber da wurde er bitter enttäuscht. Sein Vater drehte sich in jenem Moment um und verließ stumm das Trainingsareal. Die Euphorie über seinen Fortschritt war wie weggewischt und Sasuke spürte nur noch tiefe Enttäuschung. Aber was hatte er eigentlich erwartet? Solange er nicht so stark war wie Itachi, würde er von seinem Vater nie Anerkennung bekommen.
 

Lee rappelte sich wieder auf und rieb sich den schmerzenden Magen. "Diesmal hast du gewonnen, Sasuke-kun. Gratuliere..." Aber Sasuke hörte nicht mehr zu. Dieser Sieg war bedeutungslos geworden.
 


 

Es war spät in der Nacht, und obwohl er eigentlich todmüde war, wurde Sasuke wach. Ein besonders fieser blauer Fleck an seiner Schulter ließ ihn nicht schlafen. Nachdem er sich eine halbe Stunde unruhig im Bett hin und her gewälzt hatte, stand er schließlich auf um sich etwas Eis zu holen.
 

Als er am Versammlungsraum vorbeikam, brannte dort noch Licht und er hörte Stimmen. Das war nichts Ungewöhnliches und eigentlich wollte er daran vorbei in die Küche gehen. Aber dann fiel drinnen sein Name und er hielt inne. Er hatte die Stimme seines Vaters erkannt. Jemand anders antwortete. Es war Kakashi. Warum sprachen die beiden über ihn? Neugierig geworden drückte er sich gegen die Wand und lauschte.
 

"Ich finde, Sasuke macht gute Fortschritte", sagte Kakashi gerade.
 

"Ach ja? In welchen Bereichen denn?", fragte Fugaku. "Ich sehe keine Verbesserung bei ihm."
 

"Das braucht Zeit, Fugaku-san. Noch sind es nur kleine Erfolge, aber Sasuke hat großes Potential."
 

"Eben. Und es wird Zeit, dass er dieses Potential ausschöpft. Er hat lange genug seine Zeit mit seinem Bruder verschwendet. Ich weiß nicht, was Itachi ihm beigebracht hat, aber es reicht nicht aus. Der Junge ist fünfzehn Jahre alt. Itachi war drei Jahre jünger, als er zum Anbu befördert wurde, und Sasuke ist mit fünfzehn noch immer ein Chuunin."
 

"Sasuke ist nicht Itachi. Du solltest aufhören, die zwei miteinander zu vergleichen."
 

"Du hast Recht, er ist nicht Itachi." Fugakus Stimme klang enttäuscht. Sasuke verzog das Gesicht, fühlte sich unangenehm an seine Kindheit erinnert, als er auch stets mit seinem großen Bruder verglichen worden war. Und vor allem, dass sein Vater anscheinend enttäuscht darüber war, dass er nicht so gut wie Itachi war, das tat richtig weh.
 

Kakashi sagte ernst: "Sasuke hat die letzten acht Jahre nur mit Itachi verbracht. Was er als erstes lernen muss, sind grundlegende Werte wie Teamgeist und Freundschaft. Er hat noch alle Zeit der Welt, um seinen Bruder zu übertreffen. Er braucht Freunde, jemanden, der ihm zeigt, dass Training nicht alles im Leben ist. Für Itachi gab es außer seinem Training nichts anderes, und wir haben alle gesehen, wie er sich entwickelt hat. Es kann nicht dein Wunsch sein, dass Sasuke auch so wird."
 

Wütend ballte Sasuke die Hände zu Fäusten. Was hatten denn bloß alle für ein Problem mit seinem Bruder? Keiner kannte ihn wirklich, keiner. Wie konnten sie es wagen, über ihn zu urteilen? Es kostete ihn viel Selbstbeherrschung, um nicht einfach in den Raum zu stürmen und Kakashi zur Rede zu stellen.
 

"Er kann sich in seiner Freizeit gerne auf 'Freundschaften' einlassen. Aber mir ist es wichtig, dass Sasuke endlich weiterkommt. Dein lasches Training mag für die beiden anderen vielleicht genügen. Diese Kinder sind höchstens Durchschnitt. Aber für Sasuke reicht das nicht aus. Ich verlange, dass du ihn härter rannimmst und extra Trainingseinheiten mit ihm einlegst."
 

Rasende Wut drohte Sasuke zu übermannen. Wie konnte sein Vater es wagen, hinter seinem Rücken von Kakashi so etwas zu verlangen? So viel Hinterhältigkeit hätte er ihm niemals zugetraut. Wieder fielen ihm die warnenden Worte seines Bruders ein und so langsam machten sie einen Sinn. Alles, woran sein Vater dachte, war der Clan und dass seine Söhne stärker wurden.
 

Sasuke atmete ein paar mal tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Wenn er jetzt deswegen einen Aufstand machte, würde er nur das Gegenteil von dem erreichen was er wollte. Er hatte schließlich den Auftrag, das Vertrauen seiner Eltern zu gewinnen. Deswegen beschloss er, es einfach hinzunehmen. Sollten sie ihn doch trainieren lassen bis zum Umfallen. Irgendwie kam es ihm ja auch zugute. Wieder etwas ruhiger geworden kehrte er in sein Zimmer zurück. Er hatte längst vergessen, weswegen er aufgestanden war. Er stellte sich ans Fenster und blickte nach draußen. Es war bitter, dass sein eigener Vater so wenig von ihm hielt, aber noch viel wichtiger als die Anerkennung seines Vaters war ihm die seines Bruders. Er durfte Itachi nicht enttäuschen, und deshalb würde er ruhig bleiben.
 

***
 

Ich bin wirklich froh, dass ihr mir die lange, lange, lange Zeit bis zum Update nicht übel genommen habt... ^^ Ein ganz besonderes Danke an mangacrack für diesen lieben Kommentar und den ersten nach zwei Jahren *verbeug*

Shisui

"Okay. Das Training ist für heute beendet!", sagte Kakashi.
 

Sasuke musste sich zusammenreißen, um nicht einen Stoßseufzer der Erleichterung auszustoßen. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Nachdem er nun seit einer Woche gemäß den Anweisungen seines Vaters von früh bis spät abwechselnd mit Kakashi und Lee trainierte und das fast ohne Pausen, waren seine Kraftreserven inzwischen fast erschöpft.
 

Kakashi verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und verschwand dann in einer Rauchwolke. In dem Moment, wo er glaubte, allein zu sein, fiel seine Selbstbeherrschung von Sasuke ab. Er sank auf die Knie und schnappte erstmal nach Luft. Seit er das Gespräch zwischen Kakashi und seinem Vater belauscht hatte, war er praktisch nur noch beim Training. Essen, schlafen, trainieren, mehr schien es in seinem Leben gar nicht mehr zu geben.
 

Vollkommen erschöpft ließ er sich nach hinten ins Gras fallen. Eigentlich hätte er sich sofort auf den Weg nach Hause machen sollen, um noch rechtzeitig zum Abendessen zu kommen, aber er hatte einfach keine Energie mehr. Eine Weile lang lag er einfach so da und dachte an früher, wie er manchmal nach dem Training mit seinem Bruder so im Gras gelegen hatte und Itachi ruhig daneben gesessen war und ihm mit seiner warmen Stimme irgendwas erzählt hatte. Das schien plötzlich unerreichbar weit entfernt zu sein. Er hatte das beklemmende Gefühl, dass es nie mehr so werden würde, auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass das Unsinn war. Nach dieser Mission würden sie gemeinsam fortgehen und alles würde wieder so wie früher sein.
 

Sasuke erwachte erst aus seinen Tagträumen, als er Schritte hörte. Er öffnete die Augen und erkannte zu seinem Erstaunen Naruto, der mit verschränkten Armen über ihm stand. "Na, dobe?", sagte er müde.
 

Naruto kniete sich neben ihm hin und grinste. "Dass ich das noch erlebe... der große Uchiha Sasuke liegt erschöpft am Boden."
 

Langsam setzte Sasuke sich auf und fuhr sich durch das Haar. "Was machst du noch hier? Solltest du nicht längst zu Hause sein?" Er hatte heute eigentlich keine Lust auf Streit.
 

Gleichgültig zuckte Naruto die Schultern. "Nö. Ist nicht so dass zu Hause jemand auf mich warten würde. Außerdem war ich neugierig, wie du dich beim Sondertraining so anstellst."
 

Auch wenn Naruto es fast beiläufig erwähnt hatte, fiel Sasuke trotzdem auf, was er da gesagt hatte. Insgeheim fragte er sich, ob Narutos Eltern wohl Shinobi waren und deshalb nicht zu Hause waren. Bisher hatte er sich nicht viel mit seinen Teamkameraden beschäftigt, er wusste fast nichts über sie. Aber er wollte nicht weiter nachbohren, wenn er eines gelernt hatte, dann dass Familienangelegenheiten nur die Familie betrafen und man danach nicht fragte. Stattdessen murmelte er: "Wenn ich noch einmal gegen den Freak mit den riesigen Augenbrauen antreten muss, werde ich wahnsinnig."
 

Auf einmal grinste Naruto breit. "Ach was, Lee ist ganz in Ordnung." Er starrte Sasuke an und seine Augen verengten sich dabei zu Schlitzen. "Du warst der griesgrämige Typ, der immer irgendwo abseits gesessen ist, stimmt's?"
 

"Wie bitte?"
 

"Jetzt erinnere ich mich wieder. Damals, auf der Akademie. Du hast immer so böse geschaut, wenn ich dir begegnet bin."
 

Sasuke versuchte, sich zu konzentrieren. Er schaute Naruto ganz genau an und plötzlich glaubte er, sich zu erinnern. An einen blonden Jungen, der immer einsam auf der Schaukel gesessen hatte. Der im Unterricht immer den Pausenclown gespielt hatte. Und der ihm bei jeder Begegnung trotzig die Zunge rausgestreckt hatte. "Ach...", murmelte er. "DU warst das. Der blonde Idiot der immer rumgeschrieen hat im Unterricht."
 

"Ja genau, ich... HEY!", keifte Naruto.
 

Aber Sasuke war wirklich nicht auf Streit aus. Er grinste Naruto entwaffnend an und nach ein paar Sekunden grinste der zurück und streckte ihm die Hand hin. "Komm. Ich zeige dir meine Lieblings-Ramen-Bar."
 

Sasuke ließ sich in die Höhe ziehen und folgte Naruto. Erst jetzt merkte er, wie hungrig er eigentlich war und freute sich schon auf etwas zu Essen.
 


 

Der Ramenstand Ichiraku entpuppte sich als ziemlich geniale Idee von Naruto. Zu zweit setzten sie sich an den Tresen und bestellten je eine Schüssel Ramen. Während Sasuke, erschöpft vom Training, einfach dasaß, redete Naruto wie ein Wasserfall. Er erzählte von Kakashi, von der Chuunin Prüfung, von Sakura... und Sasuke hörte ihm amüsiert zu. Es wurde sehr schnell klar, was Naruto für ein Mensch war. Er trug sein Herz auf der Zunge, man konnte ihm deutlich ansehen, wen er mochte, zum Beispiel hatte er offensichtlich eine Schwäche für Sakura. Wenn ihn niemand bremste, konnte er stundenlang über Ramen reden oder über seinen großen Traum, eines Tages Hokage zu werden. Sasuke begriff, dass er seine Meinung über den vorlauten Ninja ändern musste. Naruto wirkte beim Training unkonzentriert, inkompetent und angeberisch. Aber eigentlich war er ein ganz netter Junge, auch wenn er einem schnell auf die Nerven gehen konnte mit seiner ewigen Aufschneiderei.
 

Als man ihnen schließlich je eine Schüssel Ramen vor die Nase setzte, verfiel auch Naruto in Schweigen und schlang hungrig sein Essen runter. Sasuke, der es ja gewohnt war, an Imbissständen zu essen, musste zumindest zugeben, dass die Nudeln hier gut waren.
 

Nach dem Essen, nachdem Naruto sich den Bauch gerieben und lautstark verkündet hatte, dass er jetzt satt war, saßen sie noch eine Weile beisammen und Sasuke stellte Naruto ein paar unauffällige Fragen. Zum Beispiel wer noch alles den Rang eines Chuunin zur Zeit bekleidete, was die anderen Teams so machten und so weiter. Die Antworten waren leider nicht besonders ergiebig. Irgendwie schaffte Naruto es, bei jedem Thema irgendwann wieder auf sich selbst zurückzukommen und mit seinen Heldentaten zu prahlen.
 

Als sie mitten im Gespräch waren, betrat eine Gruppe junger Mädchen den Laden. Sehr zu seinem Missfallen entdeckte Sasuke auch Sakura unter ihnen, und bevor er sich von ihr wegdrehen konnte, hatte sie ihn bereits entdeckt. "Sasuke-kun!", rief sie und ignorierte Naruto, der direkt daneben saß, völlig. Sasuke seufzte unauffällig und als sie zu ihnen an den Tresen kam, nickte er nur knapp mit dem Kopf.
 

Bevor Sakura irgendwas sagen konnte, drängelte sich ein blondes Mädchen in den Vordergrund und sagte mit schriller Stimme: "DAS ist euer neues Teammitglied?!"
 

Sakura setzte ein seltsames Grinsen auf und zeigte auf Sasuke. "Ja. Ino, das ist Sasuke-kun. Und er hat kein Interesse an dir."
 

Mehr oder weniger unauffällig knuffte das blonde Mädchen Sakura in die Seite, dann setzte sie plötzlich ein strahlendes Lächeln auf und grinste Sasuke an. "Du bist Sasuke-kun? Du siehst gut aus... wie alt bist du?" Noch bevor er irgendwie antworten konnte, drängelte sich noch eines der Mädchen nach vorne und die drei bestürmten ihn mit Fragen. Einzig ein etwas schüchtern wirkendes Mädchen hielt sich im Hintergrund und starrte Naruto an.
 

"Heyyyy!!", krähte Naruto. "Würdet ihr uns jetzt bitte in Ruhe essen lassen?"
 

Das half überhaupt nicht, sondern regte die Mädchen im Gegenteil dazu an, sich noch mehr aufzuregen. Sasuke war so einen Aufruhr überhaupt nicht gewöhnt. Er zog die Stille diesem Geschrei und Gedrängel vor. Ein Gespräch mit einer Person, selbst wenn es sich dabei um den lauten Naruto handelte, war ja noch in Ordnung, aber das hier war ihm wirklich zu viel. Er warf ein paar Münzen auf den Tresen, stand auf und schob sich ungeduldig durch die Menge der Mädchen. An diesen Mangel an Ruhe und Privatsphäre hier im Dorf würde er sich nie gewöhnen.
 


 

Es war schon dunkel geworden, als Sasuke sich dem Uchiha Viertel näherte. Er fühlte sich wie erschlagen. Die Straßen von Konoha leerten sich langsam, trotzdem waren für seinen Geschmack noch viel zu viele Menschen unterwegs. In diesem Dorf hatte er das beklemmende Gefühl, nicht einen Moment lang ganz für sich alleine sein zu können. Mit Itachi war er auch nie wirklich alleine gewesen, aber die Präsenz seines Bruders war so vertraut, dass das einfach etwas völlig anderes war. Jetzt, hier, waren überall Fremde und sie starrten ihn neugierig an, spätestens wenn sie das Logo auf seinem T-Shirt entdeckten. Sogar die Familie verfolgte ihn mit neugierigen Blicken.
 

Auch jetzt fühlte er sich beobachtet. Unauffällig sah er sich um, entdeckte aber niemanden, der ihn wirklich anstarrte. Wahrscheinlich war er einfach nervlich schon so angeschlagen, dass er schön langsam wirklich Gespenster sah. Er passierte den Torbogen mit dem Clanlogo und das Gefühl, verfolgt zu werden, wurde stärker. So langsam glaubte er nicht mehr daran, dass das nur an seinen Nerven lag. Er sah sich misstrauisch um und automatisch griff er nach seiner Tasche um zu sehen, ob der Kunai noch da war.
 

Und dann entdeckte die Person, die ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Er hatte sie nicht gleich gesehen, weil sie nämlich auf einem Hausdach saß. Sharingan musterten ihn gefährlich und dieser Blick jagte Sasuke einen Schauer über den Rücken. Im allerersten Moment hatte er an Itachi denken müssen, änderte seine Meinung aber schnell, weil er an der Statur und der Haltung schon erkannte, dass es nicht sein Bruder sein konnte. Er reckte das Kinn in die Höhe. "Komm runter, wenn du mir etwas zu sagen hast", sagte er laut. Dies war eine finstere Ecke des Uchiha Viertels, die Wohnhäuser begannen erst weiter zum Zentrum hin. Hier spielten meistens die Kinder und es gab ein paar Geschäfte, in denen um die Zeit keiner mehr arbeitete. Es ist kein Zufall, dass er sich mir hier zeigt. Hier, wo mir so schnell keiner helfen kann. Wo uns keiner hört. Trotzdem glaubte er nicht an einen Angriff, denn trotz allem war das hier das Viertel seiner Familie. Ein Schrei hätte ausgereicht, um die bewaffnete Elite des Clans in weniger als zwei Minuten hier auflaufen zu lassen.
 

Ohne besondere Eile richtete die Person auf dem Dach sich zu voller Größe auf. Sasuke blinzelte und als er die Augen wieder aufmachte, war sie nicht mehr dort oben. Erschrocken machte er einen Schritt nach hinten, bis er sah, dass der Fremde jetzt vor ihm auf der Straße stand. Jetzt, im Licht der Laternen, erkannte er ihn. "Cousin Shisui", sagte er finster. Itachi hatte ihn mit aller Dringlichkeit vor Shisui gewarnt, und auch wenn er nicht wusste, warum, hatte er doch vor, diese Warnung zu beherzigen. Der ehemals beste Freund seines Bruders war ihm nie sonderlich geheuer gewesen. Shisui hatte eine merkwürdig kalte, bedrohliche Ausstrahlung. Etwas in seinen Augen war... gefährlich.
 

"Du bist also wirklich wieder im Dorf." Kalte Augen musterten ihn abschätzig. "Lange nicht gesehen, Sasuke."
 

"Ich bin schon eine ganze Weile hier. Wie kommt es, dass ich dir erst jetzt begegne?"
 

"Ich war nicht im Dorf. Hatte eine wichtige Mission", erklärte Shisui knapp. "Aber als ich bei meiner Rückkehr gehört habe, dass du wieder da bist, wollte ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen. Wirklich, du bist groß geworden, Sasuke."
 

"Und du hast dich kaum verändert", erwiderte er feindselig. "Wozu die Sharingan, Shisui? Denkst du, ich wäre eine Bedrohung für dich?"
 

"Natürlich nicht", gab Shisui verächtlich zurück. "Warum ist Itachi nicht mitgekommen?"
 

"Er wollte nicht ins Dorf zurückkehren." Sasuke wollte gerne nach Hause gehen oder wenigstens irgendwohin, wo mehr Leute waren. Er hatte einfach ein ungutes Gefühl. Aber Shisui stand ihm im Weg und es wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen, quasi in Richtung der Wohnhäuser zu flüchten.
 

Shisui schnaubte. "Er war wie ein Bruder für mich. Ich verstehe bis heute nicht, warum er einfach so gegangen ist." Sasuke konnte und wollte darauf nicht antworten. Nach einem kurzen Augenblick der Stille fragte Shisui: "Warum hat er dich hergeschickt?"
 

"Wie bitte?"
 

"Du hast mich schon verstanden. Warum hat Itachi dich ins Dorf geschickt? Was ist dein Auftrag?"
 

Sasukes Verdacht bestätigte sich. Shisui war gefährlich. "Itachi hat mich nicht geschickt", antwortete er. "Er war dagegen, ins Dorf zu kommen. Aus irgendeinem Grund hasst er Konoha." Er aktivierte die Sharingan und starrte Shisui direkt in die Augen. "Aber warum sagst du es nicht direkt, wenn du mir misstraust?"
 

Scheinbar gleichgültig zuckte Shisui die Schultern. "Du bist nicht derjenige, dem ich nicht traue. Du bist nur Itachis kleine Marionette. Aber ihm traue ich alles zu."
 

"Du behauptest, Itachi wäre wie ein Bruder für dich gewesen. Aber offensichtlich kennst du ihn überhaupt nicht", knurrte Sasuke.
 

"Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass man ihm nicht trauen darf." Shisui preschte völlig überraschend vor und im nächsten Augenblick prallte Sasuke mit dem Rücken gegen etwas Hartes. Auf einmal stand er mit dem Rücken zu der Mauer, die das Uchiha Viertel umgab, und starrte direkt in die Augen seines Cousins. "Du bist nicht ohne Grund hier", sagte Shisui. "Was auch immer ihr beide vorhabt, es wird dem Clan nur schaden. Ich würde der Familie einen großen Gefallen tun, wenn ich dich einfach beseitige."
 

Sasuke versuchte, seinen Gegner von sich zu stoßen und im nächsten Augenblick lag eine Hand wie ein Ring aus Stahl um seinen Hals und die zweite hatte seinen rechten Arm gepackt, mit dem er gerade nach seinem Kunai hatte greifen wollen. "Tu das besser nicht, wenn du an deinem Leben hängst", zischte Shisui.
 

Das hier war absurd. Was hätte Shisui für einen Grund, ihn ausgerechnet hier anzugreifen? Sasuke warf seinem Cousin einen finsteren Blick zu. "Lass mich auf der Stelle los. Bevor ich das ganze Viertel alarmiere und zusehe, wie mein Vater dir die Kehle durchschneidet."
 

Ein Geräusch kam von Shisui und erst einen Moment später begriff Sasuke, dass es ein Lachen war. "Du denkst wirklich, dazu wäre er in der Lage?" Er kicherte. "Bist du naiv." Anstatt Sasuke loszulassen, drückte Shisui noch fester zu, vor allem sein Griff um Sasukes Handgelenk wurde so fest, dass es anfing wehzutun.
 

Sasuke hätte nur zu schreien brauchen. Aber in Wahrheit kam das für ihn nicht in Frage. Wie erbärmlich er im Moment aussehen musste… Nicht einmal gegen Shisui konnte er sich verteidigen. Er konnte sich die Enttäuschung im Gesicht seines Vaters lebhaft vorstellen. Diese Demütigung wollte er sich ersparen. Lieber würde er sich das Handgelenk brechen lassen.
 

"Und was wird das jetzt?", krächzte er, weil die Luft langsam knapp wurde. "Was hast du davon, wenn du mich umbringst?"
 

"Nichts habe ich davon", flüsterte Shisui und seine Finger krallten sich in Sasukes Hals und sein Handgelenk. "Aber Spaß würde es trotzdem machen." Und damit ließ er los und machte einen Schritt nach hinten. "Von jetzt an solltest du gut auf dich acht geben. Ich rate dir, dich nie mehr von mir überraschen zu lassen. Beim nächsten Mal hast du vielleicht nicht mehr so viel Glück." Sein grinsendes Gesicht flackerte wie ein schlechtes Fernsehbild und dann war er verschwunden. Sasuke rieb sich seinen Hals und rang nach Luft. So langsam begann er zu verstehen, wieso Itachi ihn gewarnt hatte.
 

Aber er hatte keine Angst vor Shisui. Er war einfach nur wütend. Keiner aus dieser verdammten Familie nahm ihn wirklich ernst. Sie sahen in ihm nur den Sohn seines Vaters oder den Handlanger von Itachi. Er war eine eigenständige Person und er brauchte weder seinen Vater noch seinen Bruder, um sich zu verteidigen. Ganz besonders Shisui würde das noch zu spüren bekommen.
 


 

In der nächsten Nacht war es wieder soweit für sein mitternächtliches Treffen mit Itachi. Diesmal schlich Sasuke sich bereits gegen 23 Uhr los und anstatt direkt zum Treffpunkt zu gehen, schlich er ziellos durch das Dorf und schlug Haken in dunklen Ecken, um eventuelle Verfolger abzuhängen. Seit er Shisui getroffen hatte, war er wesentlich misstrauischer geworden. Er konnte nicht riskieren, dass Itachis bester Freund ihm folgte.
 

Erst als er sich sicher wähnte, nahm er den Weg raus aus dem Dorf bis zum vereinbarten Treffpunkt. Itachi war bereits dort und auch er wirkte unruhiger als beim letzten Mal. Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass niemand in der Nähe war, setzten sie sich an den Fluss und Sasuke erzählte. Viel gab es nicht zu berichten, jedenfalls nichts was die Mission betraf, daher erzählte er ein bisschen von zu Hause, von Naruto, einfach alles was ihm so einfiel. Itachi hörte ihm geduldig zu und als Sasuke nichts mehr einfiel, starrten sie schweigend auf den Fluss. Lange hatte Sasuke überlegt, ob er Itachi überhaupt von Shisui erzählen sollte, und auch jetzt war er sich nicht ganz sicher, aber er hatte das Gefühl, dass es wichtig war. Er räusperte sich und sagte leise: "Ich habe Shisui getroffen."
 

Wie erwartet zeigte Itachi keine Regung. "Tatsächlich?", fragte er scheinbar gelassen. "Hat er was gesagt?"
 

"Er ahnt, dass du irgendetwas vorhast. Er wollte mich ausfragen über dich und das, was du vorhast."
 

"Sonst noch was?"
 

Sasuke hatte schon entschieden, Itachi von dem Angriff nichts zu erzählen. Das war seine Sache und er würde seine Kämpfe alleine ausfechten. "Nein", antwortete er. "Aber ich traue ihm nicht."
 

"Er ist gefährlich", sagte Itachi. "Halt dich von ihm fern, er könnte unsere Mission gefährden."
 

"Ja…", murmelte Sasuke. Das hatte er sowieso vorgehabt.
 

Wieder kehrte betretenes Schweigen ein.
 

Irgendwann meinte Itachi: "Na schön, du solltest wieder nach Hause gehen. Es gibt sonst wohl nichts mehr zu sagen."
 

"Das ist nicht mein zu Hause", sagte Sasuke düster. Sein Bruder stand auf und Sasuke tat es ihm gleich. Dabei machte er den Fehler, sich auf den rechten Arm zu stützen, der sich sofort mit Schmerzen meldete. Er zuckte nur kurz zusammen, aber Itachi hatte es trotzdem gesehen. Sasuke war gerade aufgestanden, da wurde sein rechter Arm gepackt und Itachi schob seinen Ärmel zurück. Das Handgelenk hatte sich grün und blau gefärbt.
 

"Shisui", sagte Itachi finster. Es hatte keinen Sinn, es abzustreiten. "Hast du noch mehr Verletzungen?" Widerwillig zog Sasuke seinen Kragen nach unten und zeigte seinem Bruder die blauen Flecken an seinem Hals. Als er sie sah, nahmen Itachis Augen einen hasserfüllten Ausdruck an, den Sasuke so noch niemals gesehen hatte. Es war fast beängstigend. "Er wird es bitter bereuen, sich an meinem Bruder vergriffen zu haben."
 

"Ich kann mich auch alleine verteidigen", sagte Sasuke zornig. Er hasste das. Wieso nahm sogar sein eigener Bruder ihn nicht ernst?
 

Zu seinem Erstaunen ließ Itachi ihn los und sagte: "Ich weiß. Du hast nur keine Ahnung, wozu er im Stande ist." Dann drehte er sich um und ging. Einfach so. Verunsichert kehrte auch Sasuke zurück ins Dorf. Er wusste nicht, was Itachi ihm verheimlichte. Aber Shisui machte sogar seinem Bruder Sorgen und das war kein gutes Zeichen. Von jetzt an würde er trainieren bis zum Umfallen. Sollte es eine weitere Begegnung mit Shisui geben, würde sie anders ausgehen.
 

...tbc...

Außenmission

In den nächsten Tagen hatte Sasuke vor Shisui erstmal seine Ruhe. Er hatte seine Mutter unauffällig ausgefragt und erfahren, dass Shisui gleich am Tag nach ihrer unangenehmen Begegnung das Dorf wieder verlassen hatte. Als Anbu war er zum Glück ziemlich selten zu Hause und Sasuke konnte erstmal aufatmen.
 

Aber ihm selbst stand ebenfalls eine Außenmission bevor. Eines Morgens, nachdem er mit seinen beiden Teamkameraden über zwei Stunden auf Kakashi gewartet hatte, verkündete der bei seinem Auftauchen unzeremoniell, dass er sie drei am Nachmittag mit auf eine Außenmission nehmen würde. Er nannte es einen Test für das Teamwork und schon bei diesen Worten hatte Sasuke das unangenehme Gefühl, dass er diesen "Test" nicht bestehen würde. Der Begriff Teamwork war ihm völlig fremd. Natürlich wusste er in der Theorie, was es bedeutete, im Team zu arbeiten, aber er hatte es nie ausprobiert und bezweifelte stark, dass er besonders gut darin sein würde. Als Kind auf der Akademie war er zu jung gewesen und später, bei den Akatsuki, war stets Itachi sein Partner gewesen. Sie waren ein Team gewesen, aber als Brüder auch so viel mehr. Er hatte keine Ahnung, wie er sich auf zwei andere einstellen sollte, noch dazu dieses seltsame Mädchen und den unberechenbaren Naruto.
 

Nachdem Kakashi nach seiner Ankündigung dann auch gleich wieder verschwunden war, war Sasuke etwas ratlos zurückgeblieben. Außenmission… für die beiden anderen schien das selbstverständlich zu sein. Für ihn tauchten ganz elementare Fragen auf. Was sollte er mitnehmen? Als Akatsuki hatten Itachi und er die wichtigen Dinge immer bei sich getragen. Jetzt hatte er ein Heim und ein Zimmer und schon jetzt so viele Dinge, dass er nicht wusste, was er mitnehmen sollte. Er hatte überhaupt keine Ahnung, was ihn erwartete. Und er hatte Angst, dass er sich spätestens bei dieser Mission verraten würde. Die Akatsuki fackelten nicht lange, wenn es um einen Auftrag ging. Alles, was sich ihnen in den Weg stellte, wurde gnadenlos getötet. Er hatte so eine Ahnung, dass die Konoha-Nin eine etwas andere Einstellung dazu hatten.
 

Erstaunlicherweise schien Sakura zu merken, dass er mit den Nachrichten nicht so gut zurechtkam. Sie lächelte aufmunternd und schlug vor: "Wir könnten doch vorher zusammen zu Mittag essen. Wir alle drei. Sasuke-kun war noch nie mit Kakashi unterwegs, wir sollten ihm auf jeden Fall vorher ein paar Tipps geben."
 

"Gute Idee", brummte Naruto. "Ich weiß noch, als wir das erste Mal das Dorf verlassen haben… Ich habe so gefroren, weil Kakashi vergessen hatte uns zu sagen, dass wir uns warm anziehen müssen…"
 

Sasuke war ihr dankbar für den Vorschlag. Beim Essen würde er genug Gelegenheit haben, die zwei unauffällig auszuhorchen, ohne sich eine Blöße geben zu müssen.
 


 

Um halb zwölf saß Team 7 also beim Ichiraku Stand und gönnte sich eine letzte Mahlzeit vor dem Beginn der Mission. Erstaunlicherweise war es diesmal Sakura, die wie ein Wasserfall redete. Es schien eine endlose Liste mehr oder minder nützlicher Tipps zu geben, wenn man mit Kakashi unterwegs war. Am Wichtigsten war wohl, dass man sich einfach auf alles vorbereiten musste. Kakashi hatte ihnen ja keinerlei Auskunft gegeben, was sie erwartete und wie sich das anhörte liebte er es, sein Team in die unmöglichsten Gebiete zu schleppen.
 

Nachdem Sakura dann doch nichts mehr einfiel, fragte Sasuke nach den letzten Außenmissionen. Er wollte vor allem wissen, wie man als Konoha-Nin dabei so vorging. Seine Kameraden waren auch sehr auskunftsfreudig und erzählten ihm lang und breit eine Geschichte über einen Mann, den sie beim letzten Mal über mehrere Tage hinweg eskortiert hatten. Es hörte sich nicht unbedingt aufregend an und Sasuke folgerte aus den lebhaften und zweifellos auch etwas ausgeschmückten Erzählungen, dass er sich sehr würde zurückhalten müssen. Konoha-Nin töteten niemals wahllos. Eigentlich töteten sie nie, außer sie hatten keine andere Wahl. Wie langweilig, dachte er im Stillen, hütete sich aber, die Worte laut auszusprechen.
 

Als er alles, was er wissen musste, in Erfahrung gebracht hatte und die zwei ihre Geschichte zu Ende erzählt hatten, wechselte Sakura irgendwann das Thema. Sasuke beteiligte sich nicht länger am Gespräch und die zwei diskutierten über seinen Kopf hinweg über die Chuunin Prüfung und jemanden namens "Konohamaru", den Sasuke allerdings nicht kannte. Er hörte nur halbherzig zu, bis er von Naruto einen Schubs bekam. "Sag mal, willst du dich auch mal an der Unterhaltung beteiligen? Du sitzt ja wie ein Eisklotz zwischen uns."
 

"Ich kenne diesen Konohamaru nicht."
 

"Konohamaru ist der Enkel des dritten Hokage", antwortete Naruto und schlürfte seine dritte Schüssel Ramen leer. "Und mein größter Fan."
 

"Was heißt hier Fan?", unkte Sakura. "Er hat bloß dein dämliches Jutsu nachgemacht. Er ist genauso bekloppt wie du, wenn du mich fragst."
 

"Dämliches Jutsu? Mein Oiroke no Jutsu zwingt jeden in die Knie. Konohamaru hat meine Genialität erkannt, das ist alles."
 

"Der Blödian hat sich einen noch größeren Blödian gesucht, der ihm Flausen in den Kopf setzt."
 

"Von was für einem Jutsu sprecht ihr überhaupt?", mischte Sasuke sich ein. Eigentlich interessierte es ihn nicht wirklich, aber er wollte vermeiden, dass Sakura auf Naruto losging, weil er immer noch zwischen den beiden saß und nichts abbekommen wollte.
 

"Ein Jutsu von Idioten für Idioten", schnaubte Sakura.
 

Und Naruto fragte, gleich Feuer und Flamme: "Soll ich es dir vorführen?"
 

Sasuke drehte sich zu ihm und zog die Augenbrauen hoch. So mächtig konnte es ja nicht sein, wenn es sich hier drin demonstrieren ließ. "Na schön, zeig mal."
 

Grinsend machte Naruto ein Fingerzeichen und verwandelte sich in einer Rauchwolke. Als der Rauch sich lichtete, saß auf seinem Barhocker ein blondes, nacktes Mädchen und hauchte mit verführerischer Stimme: "Saaaasuke…" Sie lächelte scheu und Sasuke verdrehte die Augen. Das war alles? Eine Verwandlungstechnik? Als Naruto merkte, dass sein Jutsu nur mäßige Begeisterung hervorrief, verzog er erst ziemlich unschön das Gesicht, dann warf er die Arme dramatisch um Sasukes Nacken und schmiegte sich an ihn. "Sasuke", hauchte die weibliche Variante von Naruto. "Mach mit mir, was du willst!"
 

"Das ist sexistisch und frauenfeindlich!", keifte Sakura im Hintergrund. "Naruto, ich warne dich!"
 

Gänzlich unbeeindruckt schob Sasuke sie … ihn … ein Stück von sich weg. "Ist das schon alles, Naruto?"
 

"Es hat keine Wirkung auf dich?! Was bist du denn für einer?", keifte Naruto. Er wollte sich eigentlich wieder ordentlich auf seinen Stuhl setzen, verfehlte den Sitz aber, fiel hintenüber, kam mit einem Knall auf dem Boden auf und die Verwandlung verpuffte. Abermals lichtete sich der Rauch und Naruto lag zuckend auf dem dreckigen Boden des Imbissstands.
 

"Das hast du nun davon!", feixte Sakura.
 

Sasuke konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. "Mann, bist du ein Vollidiot", kommentierte er amüsiert.
 


 

Gemeinsam mit Kakashi passierte das Team den Dorfeingang. Auf Anraten seiner Kameraden hatte Sasuke so gepackt, dass er auf alles vorbereitet war, sowohl auf sengende Hitze als auch klirrende Kälte. Er hatte auch sein Schwert mitgenommen, das er beim Training normalerweise nicht dabei hatte. Es war ein Geschenk von Itachi und es war die Waffe, die ihm am vertrautesten war. Sakura entdeckte es sofort und sagte begeistert: "Ich wusste gar nicht, dass du ein Schwertkämpfer bist."
 

"Ich wurde in allen Formen des Kampfes ausgebildet", entgegnete Sasuke knapp. "Auch im Schwertkampf." Es war immer sein liebstes Stück gewesen. Das Schwert war alt und wertvoll, auch wenn er keine Ahnung hatte, wo Itachi es aufgetrieben hatte. Es bedeutete ihm viel und mit dieser Klinge tötete er besonders gerne.
 

"Dürfen wir dann jetzt mal erfahren, wohin wir unterwegs sind?", fragte Naruto Kakashi, den Sasukes Lieblingswaffe offensichtlich überhaupt nicht beeindrucken konnte.
 

Kakashi rieb sich das Kinn. "Ah, gute Frage." Er kramte in seinem Rucksack und zeigte ihnen ein unscheinbares Holzkästchen. "Tsunade hat uns beauftragt, das hier Gaara zu überbringen."
 

Innerlich seufzte Sasuke. Genau wie er befürchtet hatte. So eine langweilige Mission. Die einzige Aufregung, die er zu erwarten hatte, waren wahrscheinlich die grenzdebilen Aktionen von Naruto.
 

"Wir gehen zu Gaara?", fragte Sakura erstaunt.
 

"Richtig. Ich gebe zu, das ist eigentlich keine besonders schwierige Mission, das könnte auch ein Einzelner erledigen. Aber wir hatten grade nichts Spannenderes und ich wollte euch als Team unbedingt mal außerhalb des Dorfes testen." Kakashi steckte die Schatulle wieder weg. "Es handelt sich um streng geheime Schriftrollen, die in der Kiste verschlossen sind. Der genaue Auftrag lautet, sie ungeöffnet dem Kazekage zu übergeben. Ich erwarte eigentlich keine Zwischenfälle, weil keiner davon weiß, aber wir werden trotzdem auf alles vorbereitet sein."
 

Naruto grinste breit. "Eine interessantere Mission wäre mir lieber, aber ich freue mich, dass wir Gaara mal wieder sehen."
 

"Wer ist Gaara?", fragte Sasuke verwirrt. Er hasste es, wenn sie wie selbstverständlich über Dinge sprachen, von denen er keine Ahnung hatte.
 

"Der Kazekage", antwortete Kakashi. "Er ist ein alter Freund von uns."
 

Kazekage… das Oberhaupt des Sandreichs... Sasuke erschrak. Dorthin würden sie mehrere Tage unterwegs sein. Dann würde er sein Treffen mit Itachi verpassen. Er überlegte fieberhaft, ob es eine Möglichkeit gab, seinem Bruder jetzt noch Bescheid zu geben, aber alles wäre verdächtig gewesen. Er musste darauf vertrauen, dass Itachi damit rechnete, dass sein Bruder manchmal auch nicht anwesend sein konnte.
 

Eifrig schulterte Naruto seinen Rucksack. "Dann machen wir mal, dass wir loskommen! Ich kanns kaum erwarten!"
 


 

Nach den ganzen Geschichten über eiskalte Nächte irgendwo im stockfinsteren Wald war Sasuke eigentlich überrascht, dass sie sich abends in einem kleinen Dorf einquartierten. Kakashi hatte zwei Zimmer in einer kleinen Herberge organisiert. Eines war für ihn und das andere für seine drei Schüler. Vor allem Sakura war ganz und gar nicht begeistert von dem Gedanken, mit den zwei Jungs in einem Zimmer schlafen zu müssen, noch dazu weil im Raum nur ein Einzelbett stand, aber Kakashi löste dieses Problem auf seine Weise: "Schlafen wir nur einer von euch. Die anderen zwei halten Wache. Die Schatulle mit den Schriftrollen vertraue ich nämlich euch an."
 

"Wieso denn das?", fragte Naruto misstrauisch.
 

"Na, wenn jemand hinter ihnen her ist, denkt er sicher, ich hätte die Schriftrollen und nicht meine Schüler. Außerdem ist das eine gute Übung für euch. Macht es unter euch aus, wer heute Nacht Wache hält. Wir werden noch ein paar Tage unterwegs sein, ihr könnt euch ja dann abwechseln." Er übergab Naruto die Schatulle und zog sich in sein Zimmer zurück.
 

Etwas ratlos standen die drei in dem kleinen Raum. "Und, wer bleibt wach?", fragte Naruto.
 

"Wieso sollen zwei von uns wach bleiben?", fragte Sasuke. Es störte ihn nicht wirklich, aber er erkannte den Sinn dahinter nicht ganz.
 

"Ist doch klar", antwortete Naruto altklug. "Wenn uns jemand angreift, ist es kein Problem, einen auszuschalten. Aber wenn zwei wach sind, merkt es der zweite und kann Alarm schlagen."
 

Teamwork… erinnerte Sasuke sich. Das waren Regeln, die ihm nicht vertraut waren. Er zuckte die Schultern. "Ich bleibe wach", schlug er vor. "Mir macht es nichts aus."
 

Sehnsüchtig starrte Naruto das Bett an, sagte aber trotzdem: "Ich auch. Wer weiß, wann wir wieder ein Bett zur Verfügung haben. Sakura, ruh du dich aus, damit du morgen fit bist."
 

So wurde das geregelt. Sie machten das Licht aus und Sakura nahm die Schatulle unter ihr Kopfkissen. Es wurde nicht völlig dunkel im Raum, weil von draußen das Licht der Straßenlaternen ins Innere drang. Sasuke und Naruto postierten sich links und rechts neben der Tür, wo sie sich auf den harten Fußboden setzten und sich auf eine sehr lange Nacht vorbereiteten.
 


 

Sasukes innerer Uhr nach zu urteilen hielten sie beide noch nicht mal eine Stunde Wache. Und Naruto war offenbar bereits kurz davor, einzuschlafen. Immer wieder sackte sein Kopf nach unten.
 

Sasuke selbst hatte keine Probleme damit, wach zu bleiben. Wenn sein Bruder und er im Auftrag der Akatsuki unterwegs gewesen waren, war es oft nötig gewesen, dass einer wach blieb. Am Anfang hatte Itachi ihn immer schlafen lassen und diese Aufgabe selbst übernommen, später dann hatten sie sich abgewechselt. So ganz wollte Sasuke die Notwendigkeit von zwei Wachtposten nicht einsehen, deswegen hatte er sich auch entschlossen, Naruto nicht aufzuwecken, sollte der einschlafen.
 

Aber so weit kam es nicht.
 

Etwas zupfte an Sasukes Hemd. Er wandte den Kopf nach links. Naruto starrte ihn aus tränenden Augen an und flüsterte: "Halt mich wach."
 

"Wie denn?"
 

"Erzähl mir was."
 

"Ich weiß nicht, was."
 

Naruto ächzte verzweifelt. "Ich bitte dich. Irgendwas. Erzähl mir vom Uchiha Clan."
 

"Da gibt es nicht viel zu erzählen", antwortete Sasuke. "Oder besser: ich kann dazu nicht viel sagen. Ich war sieben Jahre alt, als ich das Dorf verlassen habe."
 

"Warum hast du es verlassen?"
 

"Itachi hat mich mitgenommen."
 

"Dein Bruder?" Sasuke nickte und Naruto fragte müde: "Dann warst du die letzten Jahre nur mit ihm unterwegs?" Wieder nickte er. "War das nicht langweilig?"
 

"Nein, gar nicht."
 

"Wart ihr immer zu zweit?"
 

"Ja." Das war nicht ganz die Wahrheit, aber über die Akatsuki konnte er natürlich nicht sprechen.
 

Naruto lächelte erschöpft. "Es muss toll sein, wenn man immer jemanden an seiner Seite hat. Ich hätte auch gerne einen großen Bruder."
 

"Hast du keine Geschwister?"
 

"Nein. Ich habe niemanden."
 

Sasuke runzelte die Stirn. "Niemanden? Was bedeutet das?"
 

"Ich habe keine Familie. Ich war immer ganz allein. Deshalb beneide ich dich. Du hattest immer deinen Bruder bei dir."
 

"Was ist mit deinen Eltern?"
 

"Weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie tot sind. Mehr wollte mir keiner verraten."
 

Es wurde wieder still, weil Sasuke über diese Worte nachdachte. Es klang sehr traurig. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre, ganz alleine auf dieser Welt zu sein. Itachi war immer da gewesen. Immer. Er hatte die Bedeutung des Wortes Einsamkeit erst bei seiner Rückkehr ins Dorf gelernt.
 

Irgendwann sagte Naruto: "Aber jetzt habe ich Menschen, die mir wichtig sind. Ich habe Iruka-sensei. Und Kakashi-sensei. Und Sakura. Sogar dich." An der Stelle lachte er leise. "Auch wenn du ein Blödmann bist. Du siehst mich wenigstens nicht so an."
 

"Wie denn?"
 

"Wie die anderen. Ist es dir noch nicht aufgefallen? Sie hassen mich." Er zuckte die Schultern, um Gleichgültigkeit zu demonstrieren, obwohl man ihm sogar im Halbdunkel ansah, dass es ihm ganz und gar nicht egal war. "Du hast mich nie so angesehen. Du behandelst mich wie einen normalen Menschen. Das weiß ich zu schätzen, ob du's glaubst oder nicht."
 

Sasuke gähnte, angesteckt von Narutos ständigem Gähnen. "Weißt du, ich…"
 

Im selben Moment fuhr Sakura wie angestochen im Bett hoch und brüllte: "Wollt ihr wohl STILL SEIN?! Ich versuche hier zu schlafen! Noch ein Wort und ich bring dich um, Naruto!"
 

"Wieso MICH?!" Ein undefinierbares Fauchen vom Bett brachte Naruto augenblicklich zum Schweigen. Als wäre er dem Teufel persönlich begegnet presste er sich eine Hand auf den Mund.
 

Vielleicht war es die Müdigkeit, aber der Anblick eines erschütterten Naruto und Sakura, die fuchsteufelswild zu ihnen runter starrte, war in dem Moment einfach nur komisch. Sasuke grinste und dann lachte er. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal laut gelacht hatte. Die anderen beiden starrten ihn erst verdutzt an, dann fing Sakura auch an zu kichern und schlussendlich stimmte auch Naruto mit ein.
 

Nachdem es ruhig geworden war, flüsterte Sakura etwas verlegen: "Entschuldigt. Ich bin etwas gereizt wenn ich meinen Schlaf nicht bekomme." Sie legte sich wieder hin. "Gute Nacht."
 

"Gute Nacht", hauchte Naruto.
 

Sasuke sagte nichts. Er war einfach verwundert über sich selbst. Die zwei fielen ihm immer noch auf den Wecker. Aber so etwas wie das hier hatte er noch nie erlebt. Mit Freunden reden, lachen… irgendwie war es schön. Es war das Einzige, was Itachi ihm nicht bieten konnte. Itachi hatte das Lachen schon vor sehr langer Zeit verlernt.
 

...tbc...
 

***
 

Ich hatte nen richtigen Schreibflash... deswegen gibts so schnell ein Update. Danke an die treuen Kommischreiber, allen voran an Mangacrack, für ganz besondere Kommentare über die ich mich ganz besonders freue.

Teamwork

Weil sie drei einstimmig dafür gewesen waren, schneller zu reisen, hatte das Team am nächsten Tag eine weitaus größere Strecke zurückgelegt und als es dunkel wurde, hatten sie schon beinahe die Grenze zu Suna-no-Kuni erreicht. Nun bewahrheiteten sich die Warnungen der anderen beiden doch noch und Kakashi schlug ganz unzeremoniell vor, das Lager irgendwo aufzuschlagen. Und ein "Lager aufschlagen" hieß eigentlich nur, vom Weg abzugehen, sich eine strategisch günstige und nicht einsehbare Position auszusuchen und sich dort hinzusetzen. Jetzt war Sasuke froh, dass er auf Anraten der Beiden eine warme Decke mitgenommen hatte, denn es wurde sehr schnell sehr kalt. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Kakashi absichtlich am letzten Dorf vorbei gesaust war, anstatt sie alle dorthin zu bringen.
 

Als sich alle eine einigermaßen bequeme Position gesucht hatten und man sich darauf geeinigt hatte, wer heute Wache halten würde (nämlich Sasuke und Sakura), ließ Kakashi sie drei alleine. Offiziell wollte er wohl patrouillieren, Sasuke glaubte aber eher daran, dass Kakashi seine Schüler zwar in der Kälte und im Dunkeln übernachten ließ, sich selbst aber in dem Dorf einquartieren würde, an dem sie etwa eine Viertelstunde vor dem Aussuchen des Rastplatzes vorbeigekommen waren.
 

Naruto schnarchte nach kürzester Zeit fröhlich vor sich hin, während Sasuke und Sakura in völliger Stille links und rechts neben ihm saßen und gegen den Schlaf kämpften. Sasuke war jetzt immerhin schon den zweiten Tag wach, langsam ging das auch an seine Substanz. Er erinnerte sich gut an das letzte Mal, als er so lange ohne Schlaf verbracht hatte. Da waren sie Orochimaru über den Weg gelaufen, einem ehemaligen Mitglied der Akatsuki und dementsprechend hoch war das Niveau gewesen, auf dem sie gekämpft hatten. Bis heute wusste Sasuke nicht, was Orochimaru von ihnen gewollt hatte, aber nach dem Kampf war Itachi völlig erschöpft gewesen. Er hatte die Sharingan zu oft benutzt und sich kaum noch bewegen können. Also hatte Sasuke ihn in das erstbeste Dorf gebracht, ein Zimmer für sie beide gemietet und dann über ihn gewacht, drei volle Tage lang. Es hätte ja sein können, dass Orochimaru zurückkehrte. Dem war nicht so gewesen, aber Sasuke erinnerte sich gut daran, wie sehr er sich vor allem in der dritten Nacht gequält hatte.
 

"Sasuke…"
 

Er erschrak, als die Stimme seines Bruders hinter ihm seinen Namen nannte. Sasuke drehte sich um und Itachi saß aufrecht im Bett. Inzwischen wirkte er nicht mehr ganz so blass wie noch vor zwei Tagen. Er schien sich langsam wieder zu erholen. "Nii-san, schlaf weiter", sagte Sasuke energisch. "Ich passe schon auf."
 

"Du kannst dich ruhig hinlegen, Sasuke. Orochimaru kommt uns so schnell nicht hinterher, keine Sorge. Ich habe ihm ein Andenken hinterlassen, mit dem er noch eine ganze Weile zu tun haben wird." Sasuke erinnerte sich allzu deutlich an den Schrei blanken Entsetzens, der von Orochimaru gekommen war, nachdem er Itachi am Ende in die Augen gesehen hatte. Was auch immer Itachi mit ihm gemacht hatte – und Sasuke wusste es nicht, weil er die Mangekyou Sharingan zwar kannte, aber selbst nicht auf diese Weise beherrschte – Orochimaru war anschließend zusammengebrochen und nicht mehr aufgestanden, sondern hatte wie besinnungslos auf einen Punkt am Boden gestarrt.
 

Aber es ging nicht nur um Orochimaru. Sie hatten sich im Laufe der Jahre viele Feinde geschaffen und noch nie war Itachi so verwundbar gewesen wie jetzt. "Ich schlafe erst, wenn du dich erholt hast", beharrte Sasuke und streckte das Kreuz durch. "Je eher du dich besser fühlst, desto eher kann ich mich endlich hinlegen."
 

Nachsichtig lächelte Itachi. "Du bist wirklich stark geworden. Kein Wunder, dass er dich haben wollte."
 

"Nicht so stark wie du, Nii-san." Sasuke verstand nicht, was Itachis letzter Satz zu bedeuten hatte. Aber er kannte seinen Bruder gut genug um zu wissen, dass er bei einer Nachfrage keine Antwort bekommen hätte. Es gab Dinge, die sagte Itachi nicht, damit Sasuke nachfragte, sondern damit er davon wenigstens schon einmal gehört hatte. Damit hatte Sasuke sich vor langer Zeit schon abgefunden. Offenbar gab es Dinge, die Itachi ihm nicht erzählen konnte. Um ihn aber nicht ganz unvorbereitet zu lassen, deutete er sie an, so wie gerade eben, und mit den Andeutungen schwang stets ein Versprechen mit, dass Sasuke die Wahrheit irgendwann erfahren würde.
 

Das kurze Gespräch gab ihm Kraft und noch mehr die Tatsache, dass Itachi sich tatsächlich wieder hinlegte. Es war ein Beweis, dass Itachi auf seine Willensstärke vertraute. Es war Sasuke unheimlich wichtig.
 

Er hatte es selbst Itachi nie erzählt, aber das war sein größter Traum. Er wollte nicht bloß Itachis Anhängsel sein, der kleine Bruder, der beschützt werden musste. Er wollte stark werden, irgendwann wollte er Itachi ebenbürtig sein, und dann würde er seinen Bruder genauso beschützen wie der ihn. Mehr als alles andere auf der Welt sehnte Sasuke sich danach, als eigenständige und gleichberechtigte Person eines Tages neben seinem Bruder stehen zu können und von Freunden wie Feinden mit dem gleichen Respekt angesehen zu werden.
 

Die bleierne Müdigkeit war nicht länger von Bedeutung. Seine Fingernägel gruben sich in seine Handfläche und der Schmerz hielt ihn wach. Nicht eine Sekunde würde er die Augen schließen.
 

Etwas war da. Eine fremde Präsenz riss Sasuke aus seinen Gedanken und auch wenn er sich äußerlich überhaupt nicht bewegte, war er innerlich auf einen Angriff vorbereitet. Es war stockdunkel und wer auch immer plötzlich hier war, er bewegte sich fast völlig lautlos. Ein Shinobi, definitiv. Sasuke bemerkte ihn, weil Itachi ihn sehr früh gelehrt hatte, auf jede Kleinigkeit zu achten. Und etwas stimmte nicht mehr, die Stille war bedrohlich geworden, die Anwesenheit eines Fremden hatte den Frieden dieser Nacht gestört.
 

Sakura war wach, aber es wirkte nicht so, als hätte sie es bemerkt. Vielleicht täuschte er sich auch, weil er nur anhand ihrer unveränderten Atemgeräusche schloss, dass sie es nicht gemerkt hatte. Möglich, dass sie sich genauso gut unter Kontrolle hatte wie er. So oder so, gleich würde etwas passieren.
 

Die Mission ist das Wichtigste. Wenn es nötig werden sollte, lasse ich die zwei zurück und bringe die Schatulle in Sicherheit.
 

Das laute Pfeifen von Kunai, die durch die Luft sausten, signalisierte den Beginn des Kampfes. Sie flogen direkt in seine Richtung und fast eher instinktiv benutzte Sasuke ein einfaches Kawarimi, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Er saß ein paar Meter höher auf einem Ast, während sich die Geschosse in einen Baumstumpf bohrten. Blitzschnell dachte Sasuke über die Lage nach. Zum Kämpfen brauchte er Licht. Er konnte sich auch im Dunkeln gut orientieren, aber letztendlich brauchte er für die Sharingan Sichtkontakt. Er fackelte also nicht lange sondern spie einen gewaltigen Feuerball über den Köpfen seiner Teamkameraden aus und steckte die Baumwipfel in Brand.
 

Das Lager wurde in rotes Licht getaucht und er machte sich rasch ein Bild von der Lage. Sakura stand bereits mit gezücktem Kunai vor Naruto, der kam gerade erst zu sich. Da, wo Sasuke eben noch gesessen hatte, lag der Baumstumpf, in den sich zehn Messer mit tödlicher Präzision gebohrt hatten. Hätte er die Anwesenheit eines Fremden nicht bemerkt, wäre er jetzt tot. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Endlich etwas Aufregung. Er zog sein Schwert und das Adrenalin rauschte durch seine Adern.
 

Naruto richtete sich gerade auf und gab die Sicht auf die Schatulle frei, die er im Schlaf umklammert hatte. Sie lag nur einen Moment ungeschützt neben ihm.
 

Mit den Sharingan sah Sasuke das Bild dessen, was geschehen würde. Ein schwarzer Schatten, der über die Stelle hinweg huschte und nach der Schatulle griff. Also ließ er sich rücklings von seinem Ast fallen, stieß sich im letzten Moment ab und sauste runter, direkt auf Naruto zu. Sakura stieß einen warnenden Ruf aus, Naruto packte die Schatulle und ließ sich gekonnt nach hinten fallen, aus dem Gebüsch preschte ein Shinobi wie ein Geist blitzschnell hervor und streckte die Hand aus, um nach dem wichtigen Objekt in Narutos Händen zu greifen.
 

Sasukes Schwert bohrte sich in den Körper des Shinobi, es drang im Rücken ein, zerfetzte das Herz und bahnte sich präzise zwischen zwei Rippen hindurch seinen Weg wieder nach draußen, wo es sich mit großer Kraft in den Boden rammte. Dass etwas nicht stimmte, merkte Sasuke nur einen Moment zu spät. Das, was er aufgespießt hatte, war nicht mehr als ein Doppelgänger, ein Schattendoppelgänger, um genau zu sein. Etwas Schweres sauste durch die Luft, mit solcher Wucht, dass es auf seinem Weg große Äste umsäbelte. Sasuke sah auf, er konnte sein Schwert nicht schnell genug aus dem Boden ziehen. Ein Wurfgeschoss, das wie ein überdimensionaler Wurfstern aussah, raste auf ihn zu. Das Teil war groß und scharf genug, um ihn in zwei Hälften zu schneiden. Seine Hand hatte sich um den Schwertgriff verkrampft, er konnte einfach nicht loslassen. Also duckte er sich einfach, das Geschoss raste über seinen Kopf hinweg und am Luftzug merkte er, dass es nicht echt war. Im toten Winkel hinter dem ersten war noch ein zweites verborgen und es war so nah, dass Sasuke den Luftzug der rasiermesserscharfen Klingen im Gesicht spürte.
 

Wirklich im allerletzten Augenblick gab der Boden endlich nach, sein Schwert war frei und ein weiteres Mal benutzte er Kawarimi, um sich in Sicherheit zu bringen. Das Geschoss traf wieder nur ein Stück Holz und riss es glatt in Stücke. Sasuke kam neben seinen Teamkameraden auf dem Boden auf.
 

"Großer Gott, Sasuke-kun!", keuchte Sakura, die kreidebleich im Gesicht war. "Tu das nie wieder!"
 

"Was denn?"
 

"Ich dachte, das Ding schneidet dich in Streifen!"
 

Und Naruto keifte: "Nächstes Mal pfeif auf dein Schwert und bring dich in Sicherheit!"
 

"Ich denk ja nicht dran!"
 

"So sehr hängst du an deinem Schwert?" Die verzerrte Stimme erschreckte sogar Sasuke, weil die dazugehörige Person wie aus heiterem Himmel plötzlich direkt vor ihm stand. Das Ding vor ihm hatte keine Pupillen sondern völlig schwarze Augen. Was auch immer es war, es war nicht die wahre Gestalt des Angreifers. Sein Arm und damit auch das Schwert sauste vor. Die Klinge durchbohrte den Fremden und wieder war es nur ein Doppelgänger, der sich in Rauch auflöste. Sasuke konnte einen Augenblick lang nichts sehen. Er spürte, wie seine rechte Hand gepackt wurde. Diese fauchende, zischende Stimme, die ihn unangenehm an Orochimaru erinnerte, sagte ganz dicht neben ihm: "Keine Sorge. Ich werde dich zusammen mit dem Schwert begraben." Dann traf ihn ein dumpfer Stoß vor die Brust und er wurde nach hinten geworfen. Sein Sturz wurde von einem weichen Frauenkörper aufgefangen, Sakura ächzte, als er gegen sie prallte und gemeinsam fielen sie auf den Boden. Sasuke sprang sofort wieder auf. Der Fremde hatte ihm sein Schwert weggenommen und stand jetzt, die kostbare Waffe in der Faust, keine drei Meter von ihm entfernt und lachte.
 

Sasuke wollte losstürmen und sich das Schwert zurückholen. Es gehörte ihm und dieser Bastard hatte nicht das Recht, es anzufassen. Aber Naruto stand plötzlich vor ihm, zwar mit dem Rücken zu ihm, aber er sagte: "Tu nichts Unüberlegtes, Sasuke. Wir holen dein Schwert zurück, aber keine Alleingänge mehr."
 

Teamwork! Sasuke gab sich redlich Mühe, sich zurückzuhalten. Auch wenn seine Prioritäten ganz anders aussahen, er musste den Schein waren, und offiziell war die Mission das Wichtigste. Sie mussten diese dämliche Schatulle mit den Schriftrollen beschützen. Und trotzdem würde er sein Schwert zurückbekommen, koste es, was es wolle.
 

Der Gegner versuchte, ihn zu provozieren, indem er das Schwert zufrieden betrachtete und mit dieser widerlichen Stimme sagte: "Wirklich ein schönes Stück."
 

"Hinter uns", zischte Sakura, die inzwischen neben Sasuke stand. Jetzt bemerkte er es auch. Von hinten schlich sich jemand an. Wieder ein Schattendoppelgänger oder doch der Echte?
 

"Welcher ist der Echte?", raunte Naruto.
 

Was sich hinter ihnen auch immer angeschlichen hatte, es preschte jetzt durch das Unterholz auf sie zu. Auf Sakura, genauer gesagt, Sasuke konnte es an den Schritten hören. Sie würde sich schon um sich selbst kümmern. Während Sakura und Naruto sich umdrehten, stürmte Sasuke vor, auf den Gegner, der ihm sein Schwert genommen hatte, zu. Damit hatte der Feind augenscheinlich nicht gerechnet, denn tatsächlich gelang es Sasuke, ihm zuvorzukommen, bevor er wieder einen Doppelgänger erzeugen konnte. Er drehte sich um die eigene Achse für einen kräftigen Fußtritt. Der Kerl wich im letzten Moment zurück, aber Sasukes Fuß streifte seinen Oberarm.
 

"Das ist der Echte!", schrie Sasuke. Ein Schattendoppelgänger wäre schon von diesem einfachen Fußtritt verpufft. Das musste der Echte sein und Sasuke hatte keine Lust, sich weiter mit Doppelgängern herumzuschlagen. Der Gegner wich zurück, fuhr herum und rannte in den Wald. Und Sasuke rannte hinterher.
 

"Sasuke, verdammt!", brüllte Naruto hinter ihm. "Fang endlich an, mit uns zusammenzuarbeiten!"
 

Aber Sasuke hatte keinerlei Interesse an einer Zusammenarbeit. Die zwei waren ihm bloß ein Klotz am Bein. Diesen Typ würde er auch ganz alleine erledigen. Aber hinter sich hörte er die Schritte der beiden, die ihm hinterher rannten. Er brauchte diese zwei nicht. Er wollte ihre Hilfe nicht.
 

Der Gegner verschwand hinter einem Baum und als Sasuke an der Stelle anlangte, war er wie vom Erdboden verschwunden. Er blieb stehen und sah sich alarmiert um. Naruto und Sakura kamen bei ihm an. "Sasuke-kun", sagte Sakura aufgebracht. "So funktioniert das nicht. Wir sind ein Team, hör auf uns."
 

"Später", zischte Sasuke. "Wo ist er hin?" Er erkannte, dass er sich wie ein Anfänger von dem für ihn bestmöglichen Kampfplatz hatte weglocken lassen. Der Schein der brennenden Baumwipfel drang zwar noch bis hierher vor, aber die Sicht war hier weitaus schlechter.
 

Sakura sah sich um und er sah im Augenwinkel, wie sie sich ihren Handschuh anzog. "Weder links, noch rechts, nicht hinter oder vor uns… oben auch nicht… Das erinnert mich doch an was." Sie grinste. "UNTER UNS!", brüllte sie plötzlich aus vollem Hals und rammte mit aller Kraft die Faust in den Boden. Der Waldboden riss auf und Sasuke beobachtete regelrecht entsetzt, wie ganze Bäume unter der Kraft eines einzigen Faustschlags mitsamt den Wurzeln umgerissen wurden. Und irgendwo in der entstandenen Erdspalte saß der Fremde und starrte sie drei erschrocken an. Sakura feixte. "Hab ich dich."
 

Am liebsten wäre Sasuke gleich wieder auf ihn zu gestürmt, aber dieses Mal hielt er sich zurück. Sakura und Naruto hatten Recht. Sie waren zu dritt und auch wenn er lieber alleine kämpfte, der Gegner war zu stark für ihn allein. Dass sie zu dritt waren war ein Vorteil, den er nutzen musste, wenn er sein Schwert je wiederhaben wollte. Also wartete er.
 

"Kage Bunshin no Jutsu!", rief Naruto enthusiastisch. Sasuke hatte jetzt schon genug von Schattendoppelgängern, aber als der Wald plötzlich voller Doppelgänger seines Teamkameraden war, war er doch beeindruckt. Sie waren überall, umzingelten den Gegner, saßen auf den Ästen, so weit das Auge reichte.
 

Und wie auf Kommando stürzten sie sich auf den Shinobi, der mit Mühe und Not überhaupt aus seinem erbärmlichen Erdloch entkam. Mit Sasukes Schwert ließ er einen Doppelgänger nach dem anderen verpuffen, natürlich waren sie keine Gegner für ihn, aber er war abgelenkt. Sakura preschte vor. Sie schlug nach ihm und um ein Haar hätte sie ihn auch getroffen. Im letzten Moment drehte er sich in einer grotesken Verrenkung zur Seite, Sakura sauste an ihm vorbei und Sasuke sah seine Chance. Jetzt stürmte er vor, fest davon überzeugt, dass er es würde beenden können. Die Sharingan zeigten ihm klar und deutlich, wohin sein Gegner sich als nächstes bewegen würde. Er hielt abrupt an, atmete ganz tief ein und stieß einen riesigen Feuerball aus, der ein gutes Dutzend von Narutos Schattendoppelgängern gleich mit verpuffen ließ, vor allem aber den Gegner völlig einhüllte.
 

Sasuke war davon überzeugt, dass es vorbei war.
 

Bis aus dem Feuerball der Gegner ihm direkt entgegen sprang. Die Schwertklinge blitzte auf. Sasuke war so überrascht, dass er keine Chance mehr hatte, sich irgendwie zu verteidigen. Die Faust des Mannes traf ihn ins Gesicht und der Schmerz ließ ihn für einen Moment alles um sich herum vergessen. Es dauerte nur einen Herzschlag lang, aber als er sich zwang, die Augen wieder zu öffnen, saß er auf dem Boden und vor ihm stand sein Gegner. Er sah aus weit aufgerissenen Augen zu, wie das Schwert ihm entgegen sauste.
 

Ich muss es tun! Su…
 

Etwas Orangefarbenes schob sich zwischen ihn und das Schwert. Naruto hatte wohl auch nicht mehr die Zeit, wirklich adäquat zu reagieren, denn er nahm einfach den linken Arm schützend hoch. Die Schwertklinge traf auf den Unterarm und eigentlich hätte sie ihn glatt durchtrennen müssen. Aber Naruto trug unter seiner Jacke wohl irgendeine Art von Protektor, der den größten Teil des Schwertstreichs abfing. Trotzdem gab es ein widerliches Geräusch, als die Klinge auf seinen Arm traf, es knackte und dann spritzte Blut.
 

Ungläubig starrte Sasuke nach oben. "Spinnst du?", keuchte er. "Was tust du denn da?"
 

"Na dich beschützen", kam es wie selbstverständlich von Naruto.
 

"Aber warum denn?"
 

Naruto schüttelte den Kopf. "Na weil wir im selben Team sind. Da beschützt man sich gegenseitig."
 

Dann kam etwas Pinkfarbenes angesaust und eine Faust traf das Gesicht des Angreifers. Wieder knackte es, diesmal allerdings deutlich lauter, als Sakura ihm den Unterkiefer brach. Der Mann sauste meterweit durch das Unterholz und blieb dann liegen.
 

Sasuke hatte sich inzwischen von dem Schreck erholt, er sprang auf und rannte hinterher, um sich sein Schwert zurückzuholen. Der Fremde war außer Gefecht. Er war zwar noch bei Bewusstsein, aber sein Gesicht sah dermaßen deformiert aus, dass es sogar Sasuke fast übel wurde. Er beugte sich runter, riss dem Mann das Schwert aus der Hand und trieb die Klinge ohne zu zögern durch die Brust des Gegners. "Sasuke-kun!", keuchte Sakura hinter ihm entsetzt.
 

Aber sie hatte gar keinen Grund, sich aufzuregen. Er hatte nicht getötet. Denn was er durchbohrt hatte, erwies sich als nichts weiter als eine zusammengewickelte Decke. "Kawarimi", sagte Sasuke finster und riss sein Schwert aus dem weichen Material.
 

Die anderen beiden kamen zu ihm. Er schaute Sakura an. "War es schon ein Doppelgänger, als du ihn getroffen hast?"
 

"Ich bin nicht sicher. Es fühlte sich echt an. Aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen."
 

Sasuke schüttelte die Stofffetzen von seinem Schwert. "Wenn es der Echte war, ist er jetzt verletzt. Dann wird er es nicht noch einmal versuchen. Wenn nicht, wird er gleich wieder angreifen."
 

Minutenlang standen sie da und warteten angespannt auf einen weiteren Angriff. Aber es kam nichts mehr. "Wir müssen uns einen anderen Lagerplatz suchen", sagte Sakura irgendwann. "Selbst wenn der Typ nicht wiederkommt, das Feuer hat sicherlich Aufmerksamkeit erregt."
 

Die anderen beiden stimmten ihr zu und machten sich, alle bereit, jederzeit wieder angegriffen zu werden, auf den Weg zurück zum Lager, um ihre Sachen zu holen.
 


 

Wer auch immer der mysteriöse Shinobi war, der sie drei attackiert hatte, er griff in dieser Nacht nicht noch einmal an. Die Nerven zum zerreißen gespannt hatten sie ihre Sachen zusammengepackt und den Lagerplatz, über dem noch immer die Baumkronen brannten, aufgegeben. Sie waren ein gutes Stück weitergezogen unter der Führung von Sasuke, der eine improvisierte Fackel aus einem Stück Holz und den Resten der Decke gemacht hatte, und hatten schließlich ihr Lager an einem nahe gelegenen Fluss aufgeschlagen. Grund dafür war, dass es dort in der Nähe kaum Bäume gab und noch weniger Sträucher, daher auch kaum Möglichkeiten für Verstecke oder gar einen Hinterhalt. Sie hatten die gesamte Umgebung im Blickfeld und das Wasser war zu seicht, um sich darin zu verstecken.
 

Als sie sich zumindest einigermaßen in Sicherheit wähnten, wies Sakura Naruto schroff an, seine Jacke auszuziehen und ihr die Wunde zu zeigen. Tatsächlich kamen unter der Jacke Armschienen zum Vorschein und der Linken verdankte er es wohl, dass der Arm überhaupt noch dran war. Sakura löste das ruinierte Teil vorsichtig und Sasuke leuchtete ihr, damit sie sich die Wunde genauer ansehen konnte. Es war eine widerliche Fleischwunde und Naruto stöhnte bei jeder Berührung dermaßen dramatisch auf, dass man meinen konnte, er würde daran sterben.
 

"Die Wunde ist wirklich tief aber das ist kein Problem. Aber es sieht so aus, als wäre der Knochen angebrochen", analysierte Sakura die Verletzung. "Das kann ich nicht so ohne weiteres beheben. Du solltest den Arm vorerst schonen, verstanden? Sobald ich mehr Ausrüstung zur Verfügung habe, kümmere ich mich darum."
 

Naruto nickte und jammerte noch ein bisschen, während sie die Wunde heilte. Sasuke befühlte indes seine geschwollene Wange, stellte aber fest, dass er zwar einen blauen Fleck aber keine gröberen Blessuren davontragen würde.
 

Als Sakura fertig war, ging sie schnell rüber zum Fluss, um sich das Blut von den Händen zu waschen. Naruto starrte unglücklich auf seinen Arm und versuchte unter Schmerzen, die Hand zu bewegen. Sasuke hatte schon sehr lange nichts mehr von sich gegeben, aber jetzt, wo Sakura außer Hörweite war, sagte er ganz leise: "Naruto… danke. Du hast mir vielleicht das Leben gerettet."
 

"Ich habs dir schon mal gesagt, wir sind ein Team. Da macht man das eben so. Ich kann meine Kameraden doch nicht sterben lassen." Er sagte das ganz selbstverständlich. Dabei hätte er bei dieser Schwachsinnsaktion ebenso gut umkommen können. Der Feind hätte bloß schneller reagieren müssen, dann hätte er Naruto tödlich verwunden können.
 

"Wärst du wirklich bereit, für die Rettung eines Teamkameraden dein Leben zu riskieren?", fragte Sasuke ungläubig.
 

"Ja. Ich möchte meine Freunde nicht sterben sehen."
 

"Deine Freunde?", wiederholte Sasuke erstaunt. Das Gespräch wurde nicht fortgesetzt, weil Sakura in dem Moment zurückkam und sich zu ihnen setzte.
 

"Wisst ihr, die Sache kommt mir irgendwie seltsam vor", bemerkte sie und wickelte sich wieder in ihre Decke. "Was genau wollte dieser Typ eigentlich?"
 

"Na die Schriftrollen", antwortete Naruto.
 

"Dich hat er aber gar nicht angegriffen, und das obwohl er genau gesehen hat, dass du sie hattest", sagte sie darauf. "Findet ihr das nicht seltsam?"
 

Jetzt wo sie es sagte, hatte auch Sasuke ein merkwürdiges Gefühl bei der Sache. "Für jemanden, der hinter etwas her ist, hat er sich wirklich merkwürdig verhalten", stimmte er ihr zu. "Er hat gemerkt, dass ich an meinem Schwert hänge. Anstatt Naruto anzugreifen, macht er sich extra die Mühe, mir das Schwert wegzunehmen? Eigentlich war das schon irgendwie komisch."
 

Ihr Gesicht verdüsterte sich und das ließ sie im schwachen Schein des Feuers fast wütend aussehen. "Er hat sich total auf unsere Schwächen konzentriert. Eigentlich ja eine gute Taktik, aber jemand mit seinen Fähigkeiten hätte spätestens abseits des Lagers ganz anders reagiert. Sasuke hatte er von uns weggelockt. Dann hätte er eigentlich Naruto abfangen müssen, bevor wir drei wieder beieinander waren, dann hätte er bloß noch zwei Gegner gehabt. Stattdessen versteckt er sich und das ausgerechnet im Boden."
 

Letzteres fand Sasuke nicht besonders außergewöhnlich, aber Naruto sagte düster: "Bei der Genin Prüfung hat Kakashi komischerweise genau das Gleiche gemacht. Hinata hat ihn unter uns entdeckt, aber da war es leider zu spät."
 

"Das hier stinkt nach einem von Kakashis Tests", grollte Sakura. "Wahrscheinlich hat er diesen Kerl geschickt um zu testen, ob wir auch wirklich auf seine kostbare Schatulle aufpassen. Und dabei hat er uns mal eben bloßgestellt und uns ziemlich eindrucksvoll demonstriert, dass unser Teamwork alles andere als rühmlich ist."
 

Das ging gegen ihn, dessen war Sasuke sich bewusst. Aber für seinen allerersten Einsatz war es gar nicht mal so übel gelaufen. So langsam wurde ihm die Bedeutung von Teamwork klar. Die Dinge ließen sich nicht ganz so schnell über die Bühne bringen, aber dafür konnte er über die einzigartigen Fähigkeiten der anderen beiden verfügen und das konnte ihn in einem Kampf nur stärker machen. Diese Teamwork Sache war auf jeden Fall mal eine konkrete Überlegung wert. "In Zukunft höre ich auf euch", sagte er und das Zugeständnis fiel ihm wirklich schwer.
 

"Das wäre auch besser für dich", knurrte Naruto. "Sonst erschlage ich dich beim nächsten Mal höchstpersönlich."
 


 

Am nächsten Morgen kehrten die drei in aller Gemütsruhe zum ersten Lagerplatz zurück. Sie waren über Nacht nicht mehr angegriffen worden, trotzdem waren sie alle drei wach geblieben. Sasuke hatte inzwischen das Gefühl, im Stehen einzuschlafen, gab sich aber redlich Mühe, sich seine Erschöpfung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
 

Kakashi ließ sich erst etwa eine halbe Stunde nach ihnen blicken. Sie drei beäugten ihn misstrauisch, versuchten unter der Maske eventuelle Spuren des Kampfes zu erkennen, aber einen gebrochenen Kiefer hatte er auf jeden Fall mal nicht. Sasuke selbst wusste nicht so recht, was er von der Theorie halten sollte, dass der Angriff von gestern bloß ein Test gewesen war. Hätte Naruto ihn nicht beschützt, hätte der unbekannte Shinobi ihn getötet. Entweder Kakashi war dieses Risiko bereitwillig eingegangen oder er hatte eben doch nichts damit zu tun. Im Grunde war es Sasuke egal. Die Schatulle interessierte ihn nicht, die Mission noch weniger. Er ärgerte sich bloß, dass er dem Fremden nicht gewachsen gewesen war.
 

Seine Kameraden äußerten ihren Verdacht Kakashi gegenüber nicht. Er nahm an, dass es dafür Gründe gab, also hielt er sich ebenfalls zurück. Sie erzählten ihm von dem Angriff, das zu leugnen hätte auch keinen Sinn gehabt, weil vor allem Sasuke die Spuren des gestrigen Kampfes deutlich im Gesicht trug. Kakashi fragte nach der Schatulle und nickte zufrieden, als Naruto sie ihm aushändigte.
 

Etwa eine Stunde nach Sonnenaufgang zogen sie wieder los.
 

…tbc…
 

***
 

Ich bin so schusselig... ich möchte diejenigen bitten, die in Zukunft ne ENS haben wollen, wenns weitergeht, mir nochmal Bescheid zu geben. Ich werd mich dann auch bemühen, euch regelmäßig zu informieren wenn es ein Update gab.

Sand

Die Ankunft in Sunagakure wurde von ihnen allen sehnsüchtig erwartet, von Sasuke aber mit Sicherheit am meisten. Sie hatten sich am Abend entschieden, keine Rast mehr zu machen, weil es bis zur Hauptstadt ohnehin nicht mehr weit war. Kurz nach Mitternacht kamen sie dann endlich an und für sie wurde dann extra die Schwester des Kazekage, eine junge Frau namens Temari, aufgeweckt und sie wies ihnen Zimmer im Kazekage Gebäude zu. Man hatte nicht so früh mit ihrer Ankunft gerechnet, deswegen mussten Naruto und Sasuke sich ein Zimmer teilen, aber inzwischen war Sasuke das auch schon egal. Naruto überließ ihm zähneknirschend das Bett, angesichts der Tatsache, dass Sasuke die letzten beiden Nächte hindurch wach gewesen war, und der fiel geradezu in sein Bett ohne sich die Mühe zu machen, mehr als die Schuhe auszuziehen.
 


 

Papierschnipsel rieselten wie Sand auf den Boden, klein geschnitten zu ordentlichen, symmetrischen Quadraten. Ein dunkelhaariges Kind mit einer Schere stand mitten im Raum und zerschnitt mit höchster Konzentration Fotos. Die Papierschnipsel sammelten sich zu seinen Füßen wie Konfetti.
 

Jemand saß an einem Tresen und schaufelte mit Stäbchen rasend schnell einen ganzen Haufen Nudeln in sich hinein. Seine blauen Augen verengten sich vor Vergnügen zu Schlitzen, weil er zwischen jedem Bissen breit grinste.
 

In einer Ecke an einem Tisch saß jemand, dessen Gesicht hinter einem bunten Magazin versteckt war. Hin und wieder sah er auf. Er hatte zwei verschiedene Augen. Ein dunkles und ein blutrotes.
 

Abseits stand ein junger Mann, mit denselben, blutroten Augen. Sein Konoha Stirnband konnte sein wildes, schwarzes Haar kaum zähmen. Er war gekleidet in eine Anbu Uniform und hielt zwei Schwerter in den Händen. Etwas tropfte von ihnen stetig auf den Holzfußboden. Blut.
 

Ein junges Mädchen saß neben dem Blonden am Tresen und blickte verträumt in den Raum hinein.
 

Neben dem Kind mit der Schere, links und rechts, standen seine Eltern. Dunkelhaarige, hochgewachsene Menschen, in traditioneller Shinobi Uniform mit dem Logo des Uchiha Clans auf dem Rücken. Ihre Gesichter waren ausdruckslos.
 

Sasuke befand sich mitten in diesem Raum und trotzdem fühlte er sich abgeschottet von ihnen allen. Als wäre er bloß ein Beobachter. Er schaute in die Gesichter und suchte nach etwas. Am längsten blieb sein Blick auf den blonden Jungen haften.
 

Der Raum hatte viele Fenster aber keine Türen. Durch eines dieser Fenster sah Sasuke, dass draußen noch eine Person stand. Als er sie erkannte, rannte er zum Fenster und legte die Fingerspitzen auf das kalte Glas. Sein Bruder war kaum einen Meter von ihm entfernt aber als seine Lippen sich bewegten, konnte Sasuke ihn nicht verstehen. "Nii-san", schrie er, in der Hoffnung, Itachi möge ihn durch das Glas hindurch verstehen. "Nii-san, warte auf mich!"
 

Itachi machte einen Schritt nach hinten und Sasuke geriet in Panik. Er sah sich um aber es gab keine Türen. Kein Entkommen. Er rüttelte am Fenstergriff, aber er bekam das Fenster einfach nicht auf. "Nii-san!", brüllte er. Sein Bruder hatte sich umgedreht und mit langsamen aber festen Schritten entfernte er sich. "Nii-san, geh nicht!" Er fuhr herum und schrie in den Raum hinein: "So helft mir doch! Helft mir!" Nichts. Keine Reaktion, nur leere Gesichter.
 

"NII-SAN!", brüllte Sasuke. Er ballte die Hände zu Fäusten und ließ sie mit voller Wucht gegen das Fenster krachen. Glas splitterte und schnitt in seine Hände. Auf einmal waren seine Arme voller Blut und es regnete Scherben.
 

"Sasuke!" Jemand hatte ihn an der Schulter gepackt und schüttelte ihn kräftig. Sasuke riss erschrocken die Augen auf, aber die andere Person bemerkte es nicht einmal. "Sasuke, wach auf!" Blaue Augen starrten ihn voller Sorge an.
 

"Ich BIN wach, dobe!", knurrte er und schlug Narutos Hand beiseite. Zornig setzte er sich auf und funkelte den anderen an. "Was zum Teufel soll denn das?"
 

"Du hast im Schlaf geschrieen. Ich dachte, dass du einen Alptraum hast und wollte dich wecken." Naruto verzog das Gesicht. "Undankbarer Idiot." Er verzog sich wieder auf den Boden, wo man ihm einen Futon ausgebreitet hatte und setzte sich im Schneidersitz hin.
 

"Entschuldige", murmelte Sasuke. "Ich war im ersten Moment nur etwas überrascht. Ich habe selten Alpträume."
 

"Du hast von deinem Bruder geträumt, stimmt's?"
 

Sasuke blickte überrascht zu Naruto runter. "Woher weißt du das?"
 

"Na du hast die ganze Zeit 'nii-san' gesagt im Schlaf." Naruto kratzte sich am Kopf. Das machte er, wenn er nicht so recht wusste, was er sagen sollte. "Vermisst du ihn?"
 

"Das ist nicht das richtige Wort", erwiderte Sasuke und musste selbst erst über die Frage nachdenken. Er vermisste Itachi nicht so, wie man einen Verwandten eben vermissen konnte. "Es ist eher so… ich kenne es nicht anders. Es ist immer noch eigenartig wenn ich aufwache und er ist nicht da."
 

Naruto lachte. "Habt ihr denn im selben Zimmer geschlafen? Irgendwie pervers, du bist schon fünfzehn."
 

Dafür erntete er einen finsteren Blick. "Vollidiot. Itachi und ich waren meistens unterwegs. Für gewöhnlich gab es kein Zimmer und kein Bett, wir haben viel im Freien übernachtet. Und außerdem war es sicherer, wenn wir in einem Zimmer übernachtet haben. Einer hat geschlafen und der andere hat aufgepasst, dass uns keiner angreift." Narutos gedankenlose Bemerkung ärgerte ihn. Er war nie auch nur auf die Idee gekommen, es seltsam zu finden mit Itachi in einem Zimmer zu übernachten.
 

"Wohin wart ihr unterwegs?" Die Frage weckte sofort Sasukes Misstrauen, aber in Narutos blauen Augen konnte er beim besten Willen nichts anderes als Neugierde entdecken. "Soll das bedeuten, du hast jahrelang gar kein zu Hause gehabt?"
 

"Nicht wirklich." So etwas Ähnliches hatte es schon gegeben. Ein kleines Haus, weit abgelegen auf einer Anhöhe. Die Bewohner hatten Itachi und er im Auftrag der Akatsuki getötet. Das Haus hatte ihnen auf Anhieb gefallen, also hatten sie die Leichen weggeschafft und waren wann immer sie in der Gegend gewesen waren dorthin zurückgekehrt. Aber ein wirkliches zu Hause war es nie gewesen. Zu Hause war für Sasuke da, wo Itachi war.
 

"Und was habt ihr dann die ganze Zeit gemacht?"
 

"Wir waren auf Reisen." Jetzt war es an der Zeit, zu improvisieren. Sasuke hatte sich die Geschichte, die er dem Clan erzählt hatte, gut eingeprägt. Für Naruto verfeinerte er sie noch etwas. "Wir haben ab und an Aufträge angenommen. Viele Dörfer in denen es keine Shinobi gibt haben unsere Dienste gerne in Anspruch genommen. Und wenn es nichts mehr zu tun gab, sind wir weitergezogen." An das erste Jahr in dem er mit Itachi unterwegs gewesen war, erinnerte er sich nur bruchstückhaft, aber damals hatten sie es wirklich so gemacht. Bevor Kisame sie gefunden hatte. Ich frage mich, ob Itachi dieses Leben wirklich wollte. Oder ob er es bloß meinetwegen in Kauf genommen hat.
 

"Wieso deinetwegen?"
 

Sasuke erschrak, als ihm bewusst wurde, dass er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Ich war noch klein, als wir das Dorf verlassen haben. Ich meine nur, dass Itachi sich um mich kümmern musste. Das war sicher nicht so aufregend wie seine Aufträge als Anbu."
 

"Aha."
 

Vielleicht war es trotz allem eine glückliche Fügung, dass Kisame uns aufgespürt hat. Die Aufträge der Akatsuki waren aufregend und eine Herausforderung für Itachi. Das lag ihm sicherlich mehr als das ziellose Umherreisen ganz am Anfang.
 

"Wieso habt ihr das Dorf überhaupt verlassen? Das Leben bei uns ist doch ziemlich angenehm." Naruto gähnte müde.
 

"Itachi wollte weg und er hat mich gefragt, ob ich mitgehen will. Also bin ich mit ihm gegangen." Sasuke beugte sich rüber zum Nachttisch und griff nach der Lampe. "Jetzt hör auf, mich auszufragen und leg dich wieder schlafen."
 

"Ist ja gut."
 

Sasuke machte das Licht aus und legte sich wieder hin. Seltsamerweise gingen ihm Narutos Bemerkungen immer noch nach. Er hatte nie über sein Verhältnis zu Itachi nachgedacht. Itachi war sein Bruder, seine Familie, alles was er zum Leben brauchte. Jetzt lag er hellwach im Bett und fragte sich, ob es normal war, dass er so an seinem Bruder hing. Woher kam es, dass Itachi und er so eine enge Bindung hatten?
 

Muss ich ihn eines Tages loslassen?
 

Die Frage schmerzte so sehr, dass er es nicht ertragen konnte, darüber weiter nachzudenken. Er schloss die Augen und zwang seine Gedanken in eine andere Richtung.
 


 

Der Kazekage begrüßte Naruto und Sakura wie alte Freunde. Er war noch sehr jung, wohl kaum wirklich älter als sie drei, aber Sasuke fand, dass er etwas Unheimliches an sich hatte. Irgendetwas an seinem Blick erinnerte ihn an Itachi, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was es war. Und das Misstrauen schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen, weil Gaara ihn abschätzig musterte und nach einer höflichen Begrüßung kein weiteres Wort zu ihm sagte.
 

Kakashi überreichte dem Kazekage die Schatulle und der übergab sie gleich an seine Schwester Temari. Sie stellte das Kästchen auf den Schreibtisch und entriegelte es unzeremoniell.
 

"Du willst die Kiste vor unseren Augen öffnen?", fragte Sakura ungläubig. "Die enthält doch streng geheime Informationen."
 

Gaara schaute sie an, als hätte sie den Verstand verloren. "Geheime Informationen?"
 

Kopfschüttelnd klappte Temari den Deckel auf und nahm eine Schriftrolle heraus. "Das sind bloß ein paar medizinische Anleitungen zur Behandlung vergifteter Patienten von Tsunade. Von wegen geheim."
 

Drei Köpfe drehten sich um zu Kakashi, der sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Narutos Augen verengten sich zu Schlitzen. "Streng geheim also, ja?", fragte er ärgerlich.
 

"Wer würde uns für ein paar medizinische Tipps mitten in der Nacht angreifen?", fragte Sakura und ließ ihre Fingerknöchel knacken.
 

"Ich gebe zu, das hatte nichts mit den Schriftrollen zu tun", gestand Kakashi und grinste unter seiner Maske. "Ich wollte eigentlich nur testen, wie ihr euch als Team so macht."
 

"Ich bringe ihn um!!!", schrie Naruto. "Ich habe mir die Nächte um die Ohren geschlagen um diesen MIST zu bewachen?!"
 

"Jede Mission ist wichtig", sagte Kakashi und wich einen Schritt vor Sakura zurück. "Und es war eine gute Gelegenheit, euch mal in einem richtigen Einsatz zu beobachten."
 

"Beobachten?", mischte Sasuke sich ein. "Du hättest mich fast umgebracht."
 

"Ah, das ist so nicht ganz richtig. Ich schlitze meine Schüler doch nicht auf, ich hätte das Schwert schon noch umgelenkt." Er grinste unter seiner Maske. "Außerdem hat Naruto doch eingegriffen, ich weiß gar nicht, was du willst. Du lebst noch." Er nickte wohlwollend. "Ihr habt euch wirklich ganz gut gemacht, Naruto und Sakura, eure Zusammenarbeit war wirklich gut. Sasuke… sollte sich noch etwas besser in das Team integrieren, aber alles in allem bin ich sehr zufrieden."
 

Der Seitenhieb ging Sasuke gewaltig gegen den Strich, aber er konnte sich dazu schlecht äußern. Was interessierte ihn denn dieses Team?
 

"Und noch etwas, Sasuke." Kakashi hatte sich Naruto und Sakura mit seinem Lob vom Hals gehalten und sprach Sasuke jetzt direkt an. "Ich nehme es dir nicht übel, dass du versucht hast, mich umzubringen. Aber das ist nicht die Art, wie wir die Dinge handhaben. Wenn ein Gegner am Boden liegt, dann versucht man, an Informationen zu gelangen und nicht, ihn zu töten."
 

"Verstanden", grollte Sasuke unwillig.
 

"Ausgezeichnet. Dann schlage ich vor, wir bleiben heute hier und ihr habt frei. Morgen früh machen wir uns auf den Rückweg."
 

Naruto stieß einen begeisterten Schrei aus und Sakura schien sich auch zu freuen. Sasuke dagegen merkte, wie seine Laune auf einen Tiefpunkt sank. Was sollte er denn mit einem freien Tag irgendwo an einem fremden Ort? Er war nicht jemand, der sich gut amüsieren konnte. Er hätte lieber sofort die Rückreise angetreten. Aber da Naruto sich bereits beim Kazekage nach den besten Ramenständen erkundigte, wäre ein Protest wohl auf taube Ohren gestoßen.
 


 

Sunagakure war, zugegeben, eine sehr eindrucksvolle Stadt. Sie erhob sich aus dem unwirtlichen Gelände wie eine Insel. Diese Stadt war eigentlich das, was Sasuke sich unter sicher vorstellte. Mit einer dicken Mauer um das Stadtgebiet und mit Aussichtsposten, von denen aus jeder noch so kleine Winkel außerhalb der Mauern erfasst werden konnte. Wenn Konoha "normal" war, war diese Stadt paranoid. Und gerade deshalb sagte ihm dieser Ort beinahe mehr zu als seine Heimat, wo man mit der Sicherheit nicht ganz so streng umging.
 

Zum Frühstück hatte er sich breitschlagen lassen, gemeinsam mit seinen Kameraden, dem Kazekage und seinen Geschwistern an einem Ramenstand zu essen, aber anschließend hatte er sich abgeseilt. Es war ihm einfach zu viel geworden, so viele Menschen um ihn herum, außerdem machte ihn der durchdringende Blick von Gaara unruhig. Auch wenn der junge Mann mit den roten Haaren eher unscheinbar aussah, Sasuke hatte ein Gespür für gequälte Seelen und das war definitiv eine. Sabakuno Gaara hatte in seinem Leben schon viele getötet, man sah es in seinen dunkel umrandeten Augen. Unter seinem jugendlichen Äußeren schlummerte ein Monster und es juckte Sasuke in den Fingern, es hervorzulocken und zu bekämpfen.
 

Wie Recht er mit seinen Vermutungen tatsächlich hatte, war ihm zu dem Zeitpunkt allerdings nicht bewusst.
 

Er hatte sich nach ganz oben zurückgezogen, auf das Dach des Kazekage Gebäudes. Warmer, staubiger Wind blies ihm ins Gesicht, aber das machte ihm nichts aus. Hier oben war es still, diesen Frieden fand man nirgends in ganz Konoha, wo immer und überall geschäftiges Treiben herrschte.
 

"Woher kenne ich dich?" Sasuke war überrascht, als jemand zu ihm sprach. Er drehte sich um und hinter ihm stand Gaara, die Arme vor der Brust verschränkt. Sasuke hatte seine Anwesenheit nicht einmal bemerkt. Gaara musterte ihn und sagte noch einmal: "Du kommst mir so bekannt vor. Wer bist du?"
 

Sasuke stand auf, um dem anderen gegenübertreten zu können. "Sasuke", sagte er knapp. "Das weißt du doch."
 

"Vom Clan der Uchiha", ergänzte Gaara. "Ich hatte noch nicht das Vergnügen, gegen jemanden wie dich anzutreten. Aber einmal, da hätte ich fast…" Er ließ das Ende des Satzes absichtlich weg. Seine Aura war bedrohlich. Sasuke spürte, wie sich Kampfeslust in ihm regte. "Ich habe vor langer Zeit jemanden von deinem Clan getroffen", sagte Gaara. "Mit besonderen Sharingan."
 

Erstaunt runzelte Sasuke die Stirn. Besondere Sharingan… er meint doch nicht die Mangekyou Sharingan, oder? Ist er Itachi begegnet?
 

Sand rieselte aus der Flasche, die Gaara auf dem Rücken trug, und bildete einen kleinen Sandhaufen zu seinen Füßen, der sich – entgegen aller Naturgesetze – wie eine Pfütze ausbreitete.
 

Sand… da war doch mal was…
 

Jetzt fiel es ihm wieder ein. Wie alt war er damals wohl gewesen? Neun oder zehn vielleicht?
 

Erschöpft ließ Itachi den Mann los und machte einen ungelenken Schritt nach hinten. Um sie herum lag ein gutes Dutzend Leichen, aber für den Anführer der Shinobi Truppe hatte Itachi erstaunlicherweise die Mangekyou Sharingan benutzt. Tsukiyomi erschöpfte ihn immer sehr und Sasuke war nicht ganz klar, warum er das getan hatte.
 

Es dauerte einen Augenblick, bis er bemerkte, dass Itachi in eine bestimmte Richtung schaute. Sasuke folgte seinem Blick.
 

Da stand ein Kind, etwa in Sasukes Alter. Wo war es hergekommen? Viel erstaunlicher war, dass der Junge überhaupt keine Angst zu haben schien. Nein, ganz im Gegenteil… der Blick, den er Itachi zuwarf, war eher wie… eine Kriegserklärung. Diese Augen waren voller Hass und Mordlust.
 

Sasuke wurde bewusst, dass da ein neues Geräusch war. Wie… wie das Rieseln von Sand. Nur lauter. Sasuke senkte den Blick und er sah, dass der Boden sich bewegte. Oder die obere Sandschicht, wie zähflüssiges Wasser kroch der Sand auf sie beide zu. "Nii-san", sagte er alarmiert. Er wusste nicht, was es bedeutete, aber sein Instinkt sagte ihm, dass es nichts Gutes war.
 

Als Itachi nach unten sah, hatte der Sand seinen Fuß beinahe erreicht. Er machte einen Schritt nach hinten und zog Sasuke mit sich. "Komm, Otouto. Wir gehen." Er drehte dem Kind den Rücken zu und gemeinsam mit Sasuke ging er einfach weg. Auch wenn sie langsam gingen, es fühlte sich an wie eine Flucht.
 

Sasuke wusste bis heute nicht, warum Itachi dieser Konfrontation so ausgewichen war. Er hatte nie Kinder getötet, aber er war auch nie vorher vor irgendwem geflohen. Niemals. Aber jetzt war er sich sicher, dass das Kind von damals der junge Mann war, der ihm jetzt gegenüberstand.
 

Jetzt wollte er umso mehr gegen Gaara kämpfen. "Wie wäre es mit einem Übungskampf?", fragte er.
 

Gaara nickte nur.
 


 

Der Kampf gegen Gaara dauerte nicht lange. Auch wenn Sasuke ehrgeizig war und die Augen seines Gegners ihm verrieten, dass das bei Gaara nicht anders war, waren sie beide erwachsen genug, um zu begreifen, dass bei diesem Kampf nichts anderes als eine Pattsituation herauskommen würde. Es war schwer zu beurteilen, ob sie gleich stark waren, weil es fast keinen Schlagabtausch gab. Aber als Gegner war es beiden unmöglich, den anderen zu besiegen. Das lag vielleicht auch daran, dass keiner von ihnen wirklich restlos alles gab, Sasuke hielt sich mit seinen Trümpfen zurück ebenso wie Gaara sich wahrscheinlich mit seinen. Sie wollten einander schließlich nicht töten.
 

Gaara hatte die Fähigkeit, den Sand aus seiner Kürbisflasche, nein, Sand im Allgemeinen, zu kontrollieren. Er konnte ihn beliebig bewegen und setzte den Sand sowohl als Waffe als auch als Rüstung ein. Ersteres war für Sasuke kein Problem, aber die Rüstung stellte ein schier unüberwindbares Hindernis dar. Dank der Sharingan konnte er es vorhersehen, wenn Gaara versuchte, ihn mit dem Sand einzufangen. Er sah es voraus und deshalb gelang es seinem Gegner nur ein einziges Mal, Sasukes Bein mit Sand zu umschlingen. In letzter Sekunde hatte Sasuke sich befreit und dabei ein befremdliches Knacken in seinem Fuß gehört. Seitdem war er Gaara nicht mehr in die Falle gegangen.
 

Aber um diese Rüstung aus Sand, diese perfekte Verteidigung, niederzureißen, nützten ihm die Sharingan nichts. Vielleicht hätte es eine Möglichkeit gegeben, aber die wollte er in einem Übungskampf nicht einsetzen. Und anders hatte er keine Chance, die Barriere aus Sand zu überwinden. Was ihm half, war überraschenderweise sein Training mit Lee. Er hatte sich dessen Schnelligkeit abgeschaut und damit gelang es ihm, sich schneller als der Sand zu bewegen. Er schaffte einen Faustschlag direkt in Gaaras Gesicht. Aber Gaara selbst war von einer Sandschicht umgeben, wie eine zweite Haut, steinhart. Etwas von seiner Rüstung bröckelte ab, mehr auch nicht.
 

Gegen die Sharingan konnte Gaara kaum etwas ausrichten, weil Sasuke alle Angriffe voraussah. Und gegen Gaaras absolute Verteidigung konnte Sasuke nichts ausrichten, weil er keine Technik hatte, die mächtig genug war. Es war ein fruchtloses hin und her und sie ließen es recht schnell gut sein. Sasuke humpelte anschließend leicht und Gaara hatte etwas Blut am Mundwinkel, das war aber auch schon alles.
 

Sasuke fühlte sich nicht gut nach diesem… nun, man konnte es kaum einen Kampf nennen. Gaara und er reichten sich die Hand und dachten dabei wohl beide dasselbe. Es war interessant gewesen, den anderen zu studieren und zu sehen, was er konnte. Aber dass es keinen Sieger gab, war ungemein unbefriedigend.
 

Gaara ließ seine Hand nach dem Händedruck nicht los. Etwas Gefährliches tauchte in seinen Augen auf. "Du verheimlichst etwas", sagte er finster.
 

"Tut das nicht jeder?"
 

"Es ist mir egal, was du für Geheimnisse hast. Aber Naruto ist ein guter Freund von mir. Wenn du ihm schadest, wird dir das sehr Leid tun."
 

Sasuke machte ein abfälliges Geräusch. "Um das klarzustellen, ich habe nicht vor, Naruto irgendwas zu tun."
 

"Dann ist es ja gut." Mit diesen Worten zog Gaara sich zurück und Sasuke starrte ihm feindselig hinterher. Wieviel wusste er? Als sie sich begegnet waren, waren Itachi und Sasuke bereits bei den Akatsuki gewesen und sie hatten in deren Auftrag gehandelt. Wenn Gaara es wusste und es Naruto erzählte, dann war der Plan in Gefahr. Nein, dann war Sasuke selbst in Gefahr. Er entschied, dass es momentan nichts gab, das er hätte tun können. Er würde abwarten und in den nächsten Tagen besonders vorsichtig sein. Glücklicherweise war Naruto jemand, der nur schwer etwas für sich behalten konnte. Sollte Gaara mit ihm sprechen, würde Sasuke es auf der Rückreise in Erfahrung bringen.
 

Er begab sich wieder auf seinen Posten auf dem Dach. Er fragte sich, ob Itachi gewusst hatte, wie schwierig es gewesen wäre, gegen jemanden mit Gaaras Fähigkeiten anzutreten. Sasuke verfügte nicht über die Mangekyou Sharingan, ein Doujutsu, das Itachi im Zweifelsfall sicherlich einen Sieg gegen Gaara eingebracht hätte, aber er war damals schon geschwächt gewesen und vielleicht war das der Grund, wieso er einen Rückzieher gemacht hatte. Aber woher hatte Itachi es gewusst?
 

"Warum nutzt du den freien Tag nicht, um dich mit Sakura und Naruto anzufreunden?"
 

So langsam hatte Sasuke die ständigen Störungen wirklich satt. Nicht einmal hier hatte er seine Ruhe. Kakashi hatte ihn irgendwie ausfindig gemacht und Sasuke warf ihm einen finsteren Blick über die Schulter zu. "Ich wäre lieber allein. Auch wenn das anscheinend nicht einmal hier möglich ist."
 

"Ich habe gesehen, dass du gegen Gaara angetreten bist."
 

"Tatsächlich?", fragte Sasuke desinteressiert.
 

"Ja. Du bist inzwischen fast so schnell wie Lee. Ich bin sehr erfreut über deine Fortschritte." Das Lob bedeutete Sasuke nichts. Es gab nur eine Person, von der er Anerkennung wollte. Kakashi schlug vor: "Wenn wir wieder in Konoha sind, möchte ich dir ein Jutsu beibringen. Es hätte dir im Kampf gegen Gaara sehr nützlich sein können."
 

Interessiert horchte Sasuke auf. "Und worum handelt es sich?"
 

"Chidori."
 

"Nie gehört."
 

Kakashi lachte. "Ich denke, es wird dir gefallen. Es ist ein Jutsu, das der Uchiha Clan meines Wissens noch nicht kopiert hat."
 

"Hört sich interessant an", antwortete Sasuke grinsend.
 

…tbc…

Sake

Wie er es erwartet hatte, hatte Sasuke bei der Rückkehr ins Dorf sein zweiwöchentliches Treffen mit Itachi verpasst. Das machte ihn nervös und am liebsten wäre er des Nachts in das Nachbardorf gegangen um Itachi dort zu treffen und es ihm zu erklären. Aber bis dorthin und zurück hätte er drei Stunden gebraucht und er konnte es sich nicht leisten, mitten in der Nacht so lange zu verschwinden. Sollte es jemand mitbekommen, würde es Ärger geben.
 

Zu Hause angekommen zog er sich die Schuhe aus und hörte schon an der Tür Stimmen, die aus dem Wohnzimmer kamen. Anscheinend hatten seine Eltern Besuch. Das war nichts Ungewöhnliches, sehr oft kam abends jemand vom Clan vorbei um irgendetwas mit dem Oberhaupt zu besprechen und dann setzten Sasukes Eltern sich mit den Gästen ins Wohnzimmer, tranken heißen Sake und unterhielten sich.
 

Vor der Wohnzimmertür saß Kiyoshi und lugte durch einen Spalt in der Tür hinein. Amüsiert näherte Sasuke sich ihm, absichtlich so, dass man seine Schritte hören konnte. Er wollte das Kind nicht erschrecken. "Solltest du nicht längst im Bett sein?", fragte er mit gedämpfter Stimme.
 

Kiyoshi sah ihn aus großen, dunklen Augen an. Ganz und gar nicht schuldbewusst stand er auf und stellte sich vor Sasuke, den er neugierig musterte. Das Verhältnis zwischen ihnen beiden hatte sich seit Sasukes Rückkehr kaum verändert. Sie waren beide Menschen, die nur schwer Vertrauen zu jemandem fassten. Es würde noch einige Zeit brauchen, bis sie einander wirklich wie Brüder begegnen könnten. "Nii-san", flüsterte Kiyoshi zur Begrüßung.
 

"Was gibt es denn da so Interessantes?", erkundigte Sasuke sich. Er war ja als Kind nicht anders gewesen, diese Treffen seiner Eltern hatten seine Neugier geweckt und ab und zu hatte er auch vor der Tür gesessen und gelauscht. Aber nur, wenn Itachi nicht dabeigewesen war. Der hatte seine Anwesenheit immer bemerkt.
 

"Shisui-san ist da. Der war schon lange nicht mehr hier."
 

Dieser Name war für Sasuke wie ein rotes Tuch. Schlagartig verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck und seine Laune erreichte einen Tiefpunkt. Wieso ausgerechnet der? Sasuke hatte auf seinen Cousin überhaupt keine Lust. Gut, dass er gewarnt war.
 

Kiyoshi sah zu ihm hoch. "Wirst du Mama und Papa sagen, dass ich noch auf bin?"
 

Sasuke schüttelte den Kopf und erntete dafür einen dankbaren Blick von dem Kind. Sie wollten beide auf ihr Zimmer gehen, da kam es aus dem Wohnzimmer: "Kiyoshi? Bist du das?"
 

Der Junge verzog das Gesicht und wollte antworten, aber Sasuke hielt ihn mit einer Geste davon ab. Er legte einen Finger an die Lippen und bedeutete ihm, still zu sein. "Nein, ich bin's", sagte er laut. "Ich bin wieder zurück." Wäre Kiyoshi aufgeflogen, hätten seine Eltern sowieso erfahren, dass er wieder da war. Sasuke schob den Jungen außer Sichtweite und öffnete die Tür. Shisui war der einzige Besucher und sein Anblick machte Sasuke wütend. Er gab sich redlich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, als er seinen Cousin mit einem Kopfnicken begrüßte.
 

"Sasuke", kam es von Shisui freundlich. "Lange nicht gesehen. Ich habe gehört, du warst mit deinem Team unterwegs. Was bekommt man denn so für Aufgaben als Chuunin? Du bist doch als Chuunin eingestuft, oder?" Sein Tonfall war freundlich, aber sein Blick war eine Kriegserklärung.
 

Sasuke verstand nicht, woher der Hass kam, den er in diesen schwarzen Augen zu sehen glaubte. Aber er hielt dem Blick stand. Mich kannst du nicht einschüchtern! "Auch für Chuunin gilt, dass ihre Aufträge geheim sind. Man sollte nicht darüber sprechen." Er schaute seinen Vater an und sagte entschuldigend: "Ich wollte nicht stören."
 

Er wollte die Tür schon wieder schließen, da sagte sein Vater: "Setz dich zu uns. Wir reden über wichtige Angelegenheiten des Clans, es kann nicht schaden, wenn du diese Dinge mitbekommst."
 

"Ah, leider habe ich keine Zeit. Ich muss gleich wieder weg, Kakashi wollte mir noch etwas zeigen. Ich habe nur kurz meine Sachen hergebracht." Sasuke verbeugte sich. "Wartet nicht auf mich, es kann eine Weile dauern." Zum Glück war ihm die Ausrede so schnell eingefallen. Weil sein Vater sicher vermutete, er würde mit Kakashi so spät noch trainieren, hatte er keine Einwände und Sasuke schloss erleichtert die Tür. Er war todmüde, Shisui hätte er in diesem Zustand einfach nicht ertragen können. Seine Wut auf diesen Mann war seit ihrer Begegnung neulich Nacht unfassbar groß. Lieber vertrieb er sich die Zeit im Dorf als dieses Gesicht jetzt ertragen zu müssen.
 

Er stellte seinen Rucksack und das Schwert in sein Zimmer, zog sich noch schnell um und verließ dann eilig das Haus.
 


 

Es war gar nicht so einfach, sich abends die Zeit in Konoha zu vertreiben. Die Geschäfte waren längst geschlossen, nur diverse Restaurants und Bars waren noch geöffnet und Sasuke hatte absolut keine Lust auf andere Menschen. Er sehnte sich nach Stille und dem Alleinsein und vor allem nach seinem Bett. Kurz zog er es in Betracht, doch noch Itachi im Nachbardorf aufzusuchen, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Erstens fühlte er sich zu erschöpft dafür und zweitens wollte er das auf keinen Fall riskieren, solange Shisui im Dorf war. Also schlenderte er gelangweilt durch die Straßen und stellte einmal mehr fest, wie wenig sich doch seit seiner Kindheit verändert hatte. Diese Stadt veränderte sich nie.
 

Er kam gerade an einem kleinen Restaurant vorbei, als die Tür aufging und er beinahe mit jemandem zusammengestoßen wäre. Eine helle Stimme keifte: "Kannst du nicht aufpassen?" Und gleich darauf: "Oh? Sasuke?" Naruto blickte ihn verwundert an. "Was machst du denn hier? Verfolgst du mich?"
 

Ärgerlich erwiderte Sasuke: "Ich bin hier zufällig vorbeigekommen. Woher sollte ich denn wissen, dass du dir heute ausnahmsweise mal hier und nicht am Ramenstand den Bauch voll schlägst?"
 

"Und schon wieder so schlecht gelaunt. Sag mal, welche Laus ist dir eigentlich über die Leber gelaufen? Die Momente, wo du mal freundlich bist, kann man an einer Hand abzählen."
 

"Ebenso die, wo du mal was sagst, das nicht total bescheuert ist."
 

"Suchst du Streit?"
 

Eigentlich lag er damit gar nicht mal so falsch. Sich mit Naruto zu streiten war immer noch aufregender, als nach Hause zu gehen oder ziellos durch die Straßen zu wandern. Er versuchte, sich zu beherrschen. Es brachte ihn kein Stück weiter, Naruto dumm anzumachen. "Nein, Naruto. Entschuldige. Ich bin einfach nur müde."
 

Naruto glotzte ihn an wie ein Weltwunder. "Du hast mich ja bei meinem Namen genannt. Du musst verdammt müde sein…"
 

"Bin ich auch."
 

Naruto setzte sich jetzt in Bewegung und automatisch ging Sasuke neben ihm her. "Wieso gehst du dann nicht nach Hause?"
 

Achselzuckend erwiderte er: "Da könnte ich momentan auch nicht schlafen. Meine Eltern haben Besuch, jemanden, den ich absolut nicht leiden kann. Ich muss mir die Zeit vertreiben, bis er geht."
 

"Jemand den du nicht leiden kannst, was für eine Seltenheit", kommentierte Naruto. "Wenn du willst, kannst du mit zu mir kommen. Ist immer noch besser als hier rumzulaufen. Ich habe einen Fernseher, eine Couch und eine Tüte Chips."
 

"Hast du nicht grade was gegessen?"
 

"Für Chips ist immer Platz."
 

Sasuke musste nicht lange überlegen. Naruto war laut, aber er war nur eine einzige Person und ihn zu ertragen war leichter, als durch das Dorf zu wandern und alle Dorfbewohner zu ignorieren. Außerdem ergab sich ja vielleicht eine Möglichkeit, mit ihm zu sprechen und an Informationen zu kommen. "Dein Angebot nehme ich gerne an."
 

Naruto grinste breit. "Na dann komm mal mit." Er ging ein paar Schritte, dann fügte er hinzu: "Ich hoffe, du hast keine Probleme mit abgelaufenen Lebensmitteln."
 

"Wieso fragst du?"
 

"Och, nur so…"
 


 

Narutos Wohnung war mindestens genauso chaotisch wie er selbst. Der blonde Shinobi musste erstmal Kleidungsstücke und leere Pizzaschachteln vom Sofa räumen, bevor man sich überhaupt draufsetzen konnte. Die Wohnung war klein, im Vergleich zum Uchiha Anwesen war sie fast schäbig. Trotzdem fühlte Sasuke sich hier sofort wohl. Das Wohnzimmer war gemütlich, und zwar trotz der Unordnung, vielleicht weil es zwar chaotisch aber keineswegs dreckig war. Naruto putzte offensichtlich regelmäßig. Nur mit dem Aufräumen hatte er anscheinend Schwierigkeiten.
 

Nachdem er auf dem Sofa Platz genommen hatte, überlegte Sasuke, wie lange Shisui wohl bleiben würde. Normalerweise verließen Gäste seines Vaters spätestens gegen Mitternacht das Anwesen. Er wollte nicht ganz so lange wegbleiben, nicht dass sein Vater noch bei Kakashi nachfragte, was der so spät von seinem Sohn wollte. Er würde sich in einer Stunde etwa auf den Heimweg machen und hoffen, Shisui wäre dann schon weg.
 

Naruto kam aus der Küche und hielt die versprochene Tüte Chips in der Hand. Sasuke war nicht hungrig, aber Naruto warf sich neben ihm auf die Couch, öffnete die Chipstüte und griff beherzt hinein. Er machte den Fernseher an und begann damit, nach einem geeigneten Programm zu suchen.
 

"Und du lebst hier alleine?", erkundigte Sasuke sich und schüttelte nochmals den Kopf, als ihm die Chips schon wieder einladend hingehalten wurden.
 

"Ja. Hierhin bin ich erst vor kurzem umgezogen. Die alte Ein-Zimmer-Wohnung wurde mir zu klein."
 

"Wie lange lebst du schon allein?"
 

"Eigentlich seit ich denken kann. Als Baby war ich wohl bei der Familie des dritten Hokage untergebracht, später hatte ich dann das Zimmer und eine Nachbarin kümmerte sich um mich, bis ich mich alleine versorgen konnte."
 

"Du hast als Kind schon alleine gelebt?"
 

Gleichgültig zuckte Naruto die Schultern. "Im Grunde ja. Auch wenn die Nachbarin sich um das gekümmert hat, was ich noch nicht konnte."
 

Welcher normale Mensch gestattete es, dass ein Kind alleine in einer Wohnung lebte? Sasuke konnte bloß den Kopf über dieses Dorf schütteln. Naruto fand einen Film, der ihn interessierte, offenbar eine Komödie, weil er alle paar Minuten laut losprustete. Sasuke schaute zwar auf den Bildschirm, bekam aber von der Handlung kaum etwas mit. Das Sitzen ließ die Müdigkeit mit voller Wucht auf ihn wirken und ihm fielen ständig die Augen zu. Eigentlich hatte er Naruto ausfragen wollen und jetzt saß er da und kämpfte gegen den Schlaf.
 

Trotz des laufenden Fernsehers und sogar trotz Narutos Gelächter und seinen gelegentlichen Bemerkungen nickte Sasuke nach etwa einer Viertelstunde ein.
 


 

Naruto verschluckte sich beinahe vor Lachen. Eigentlich wunderte es ihn nicht, dass von Sasuke nicht einmal ansatzweise ein Lachen zu hören war, aber diese Stelle war wirklich zu komisch. Er drehte sich zu Sasuke um, um ihn zu fragen, ob er überhaupt keinen Sinn für Humor hatte, da merkte er, dass sein Gast eingeschlafen war.
 

"Sasuke?" Keine Reaktion. "Hey, Sasuke! Schläfst du?" Nichts.
 

Ein breites und sehr beunruhigendes Grinsen breitete sich auf Narutos Gesicht aus. Plötzlich sehr darauf bedacht, keinen Lärm zu machen, beugte er sich rüber zum Couchtisch. Er durchwühlte das Chaos von leeren Flaschen, Kleidungsstücken und Papier, bis er fand wonach er gesucht hatte: einen schwarzen Stift.
 

Kichernd beugte er sich vor zu Sasuke und überlegte, was er ihm auf die Stirn schreiben sollte. Vielleicht wäre es auch ganz witzig, ihm einen Schnurrbart zu malen. Er konnte sich das Lachen kaum verkneifen, als er sich Sasuke mit einem hübsch geringelten Schnurrbart vorstellte. Er öffnete den Verschluss des Stiftes und beugte sich noch ein Stück vor.
 

Aber dann hielt er inne. Er schaute Sasuke einfach nur an, erfasst von einer unerwarteten Bewunderung. Wenn er schlief, wirkte Sasuke fast wie ein anderer Mensch. Nicht so düster und verschlossen, sondern irgendwie… friedlich. Das entspannte Gesicht machte ihn auf jeden Fall schöner als er ohnehin schon war. Genau diese Schönheit, mit der Sasuke Sakuras Herz im Sturm erobert hatte, störte Naruto eigentlich. Und trotzdem bewunderte er sie gerade. Im diesem Moment wollte er diese blasse Haut lieber anfassen als sie anzumalen, wollte fühlen ob sie wohl so weich war, wie sie aussah. Er wollte mal durch dieses Haar streichen, hätte zu gerne gewusst, ob Sasuke sich irgendwelches Zeug ins Haar kippte, damit es zu dieser abstrusen Frisur wurde oder ob es wirklich von Natur aus so fiel.
 

Der Moment ging vorbei und Naruto schüttelte irritiert seinen Kopf. So was Doofes. Fast hätte er seinen Plan vergessen, fast wäre er von diesem hübschen Gesicht genauso hypnotisiert worden wie Sakura. Schnurrbart. Ja. Der Stift näherte sich Sasukes Oberlippe.
 

"Hast du eigentlich nur Blödsinn im Kopf?" Auf einmal waren die schwarzen Augen offen und schauten ihn müde an.
 

"Ach, Mist!", maulte Naruto und nahm den Stift runter. "Und ich war so nah dran."
 

"Ich müsste schon bewusstlos sein, damit du das schaffst." Sasuke schien gar nicht böse zu sein, im Gegenteil, er lächelte milde. Die friedliche Stimmung, die so gar nicht zu ihm passen wollte, kam wohl vom Schlafentzug. Eigentlich wollte Naruto böse sein, schon allein deshalb, weil Sasuke ihm seinen Streich vermasselt hatte. Aber dieses Lächeln war irgendwie ansteckend und Naruto tat es Sasuke gleich. "Was ist?", fragte der Dunkelhaarige.
 

"Wenn du müde bist, bist du viel sympathischer."
 

"Ist das ein Kompliment oder eine Beleidigung?"
 

"Weder noch."
 

Naruto lehnte sich zurück. Irgendwie fand er sich auf einmal in sehr seltsamer Stimmung wieder. Nicht negativ aber doch irgendwie… melancholisch. Er hatte selten Gäste. Sakura rümpfte immer die Nase, wenn sie seine Wohnung betrat und verzog sich dann auch recht schnell wieder, weil das Chaos sie nervös machte. Als Hinata noch in seinem Team gewesen war, war sie auch ab und zu hier gewesen, aber die war immer nur verschüchtert auf der Couch gesessen und hatte sich ab und zu mal schüchtern umgesehen und mit ihm kaum ein Wort gewechselt. Iruka traf sich meistens mit ihm am Ramenstand, der war noch gar nie hier gewesen.
 

Sasuke machte seltsamerweise den Eindruck, als würde er sich hier wohlfühlen. Er war der erste Gast, der wirkte, als würde er sich sowohl in dieser Wohnung als auch in Narutos Gesellschaft wohl fühlen. Das war schön. Es war schön, nicht allein zu sein. Sasuke verurteilte ihn nicht. Wahrscheinlich deshalb, weil er so lange nicht im Dorf gewesen war. Er hatte kaum Gelegenheit gehabt, von seinen Eltern zu lernen, dass der Junge mit dem Fuchsungeheuer in sich verachtens- und hassenswert war. Es war bloß ein Zufall, und trotzdem machte es Naruto glücklich. Da war jemand, der ihm völlig vorurteilsfrei begegnete. Auch wenn Sasuke arrogant und distanziert war, sein Verhalten kam von ihm selbst und gründete sich nicht auf dem Hass, den viele im Dorf Naruto immer noch entgegenbrachten. All diese Überlegungen fasste Naruto mit seinem schlichten Gemüt und seiner Ehrlichkeit in drei einfachen Worten zusammen: "Ich mag dich."
 

Sasuke blinzelte. Er blickte Naruto verblüfft an und allein dieser Gesichtsausdruck war es schon wert, das laut gesagt zu haben. Er konnte einem fast leid tun, wie er kurz nach den richtigen Worten rang und schließlich, reichlich ungeschickt, ein gedehntes "okay… danke…" rausbrachte. Naruto lachte.
 

Dann stand er auf und fragte grinsend: "Möchtest du nicht doch was trinken? Wasser? Tee? Sake?"
 

"Sake", antwortete Sasuke prompt.
 


 

Als Sasuke sich entschloss, nach Hause zu gehen, war es wesentlich später als er das geplant hatte. Es war schon kurz nach elf, irgendwie hatte er vergessen, auf die Uhr zu sehen. Naruto brachte ihn zur Tür und Sasuke bedankte sich höflich für die Gastfreundschaft. Ehrlich wie er war antwortete Naruto: "Das war ein schöner Abend. Wenn du mal wieder auf der Flucht vor deiner Familie bist, kannst du gern bei mir vorbeikommen."
 

Er war schon vor der Tür, da drehte Sasuke sich nochmal zu dem Blonden um. "Naruto", sagte er und es kostete ihn reichlich Überwindung, "Ich mag dich auch."
 

Naruto grinste und Sasuke machte, dass er wegkam, weil ihm das Ganze so unangenehm war. Er hatte es nicht so mit Gefühlen und von Freundschaft verstand er überhaupt nichts. Naruto hatte es gesagt, also nahm er mal an, dass das okay war. Irgendwie peinlich war es ihm trotzdem.
 

Es war wirklich ein schöner Abend gewesen. Er hatte nicht gewusst, wie entspannend es sein konnte, sich mal ein paar Stunden Ruhe vor der Familie zu gönnen. Und diesmal war Itachi nicht dabei gewesen, um seinen Alkoholkonsum mit missbilligendem Blick zu quittieren. Naruto hatte es geschafft, ihn wach und bei Laune zu halten, indem er angefangen hatte, von der Chuuninprüfung zu erzählen. Sasuke hatte das Thema angeschnitten und war hocherfreut gewesen, dass der Blonde so gut darauf eingestiegen war. Viele Shinobi in seinem Alter hatten daran teilgenommen und er hatte einiges über sie erfahren. Es waren wertvolle Informationen und hinzu kam, dass Naruto, wenn er mal nicht über sich selbst redete, ein guter Unterhalter war. Es war lustig, wie er beim Erzählen das Gesicht verziehen konnte und dabei wild gestikulierte. Sasuke genoss Narutos Gesellschaft, weil der so viel Ehrlichkeit und Offenheit ausstrahlte. Sasuke hatte die Lügen und Geheimnisse satt und Naruto war dagegen wie Balsam für seine Seele, weil er alles immer offen aussprach.
 

Bei seiner Heimkehr war Shisui glücklicherweise nicht mehr da. Seine Eltern waren schon im Bett und darüber war er fast genauso erleichtert. Er hatte nicht nur die Zeit vergessen, sondern in der gelösten Stimmung auch ein oder zwei Becher Sake zu viel getrunken. Das behinderte ihn nicht weiter, es war nicht so, dass er betrunken war, aber ein Gegenüber hätte den Alkohol sicher gerochen.
 

Sasuke legte sich hin, froh, endlich schlafen zu können.
 

...tbc...

Blau

Die nächsten Tage verstrichen beinahe ereignislos. Sasuke verbrachte seine Zeit wieder damit, mit Kakashi zu trainieren und lernte dabei Chidori, ein nettes Jutsu, das sehr gut mit seinen schon vorhandenen Fähigkeiten harmonierte. Sakura wurde währenddessen von Tsunade unterrichtet und Naruto verbrachte Zeit mit Jiraiya.
 

Wenn er zu Hause war, langweilte Sasuke sich. Irgendwie vermisste er das Training zu dritt. Seiner Familie hatte er so gut wie nichts zu sagen. Seine Mutter war immer nett zu ihm, aber sie wuselte die ganze Zeit durchs Haus um irgendwas zu putzen oder aufzuräumen oder das Essen vorzubereiten. Mit ihr hätte er nicht genug Gesprächsstoff für fünf Minuten gehabt. Sein Vater war fast nie da. Der Einzige, der übrigblieb, war Kiyoshi, der Sasuke gegenüber nun langsam aber sicher auftaute. Immer öfter kam es vor, dass er nachmittags vor Sasukes Tür stand und ihn darum bat, ihm etwas beizubringen. Weil Sasuke sich gut an seine erfolglosen Versuche erinnern konnte, Zeit mit Itachi zu verbringen, gab er meistens nach und zeigte seinem kleinen Bruder im Garten, wie man Shuriken warf oder lehrte ihn die Grundzüge des Schwertkampfes. Es war kurzweilig, vor allem weil Sasuke seinen kleinen Bruder dadurch kennenlernen konnte, aber es konnte einen erwachsenen Gesprächspartner nicht ersetzen.
 

Es war ein Zufall, dass Naruto ihm am Wochenende über den Weg lief. Sasuke stand am späten Nachmittag vor einem Schaufenster irgendwo im Dorf und langweilte sich ganz entsetzlich, da kam etwas Orangefarbenes um die Ecke geflitzt. Sasuke drehte sich um, einfach aus Instinkt, und Naruto flog ihm quasi entgegen. Er war wohl auf irgendwas ausgerutscht, jedenfalls anstatt beiseite zu treten fing Sasuke ihn auf und wäre beinahe selbst hingefallen. "Gott bist du schwer!", motzte er, nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
 

"Versteck mich!", keuchte Naruto panisch und starrte Sasuke aus großen Augen an.
 

"W-was?!"
 

"Sie ist hinter mir her! VERSTECK MICH!!"
 

"Ich…"
 

Noch jemand kam um die Ecke gerannt und Sasuke sah im Augenwinkel, wie Naruto blitzartig verschwand. "Naruto!", brüllte Sakura giftig. Sasuke war erschrocken, weil er sie mit wutverzerrtem Gesicht fast nicht wiedererkannte. "Ich weiß, dass du hier irgendwo bist! Komm raus, es gibt kein…" Das war der Moment, wo Sakura Sasuke entdeckte. Auf einmal hatte sie ein süßliches Lächeln auf den Lippen. "Sasuke-kun!", rief sie und kam auf ihn zu. "Sasuke-kun, hast du zufällig Naruto hier vorbeikommen sehn?"
 

Eigentlich war es Sasuke ja aus Prinzip egal, was Naruto oder Sakura machten. Aber dieses Mal entschied er sich, eine Ausnahme zu machen. Er streckte den Arm aus, deutete in eine Richtung und sagte: "Da lang."
 

"Danke!", sagte sie und strahlte ihn an. Sie rannte weiter und er sah, wie sie in einiger Entfernung stehenblieb und ihre Faust zornig gegen eine Hauswand rammte. "NARUTOOOO!!! Wenn ich dich in die Finger kriege…!" Dann wurde ihr wohl klar, dass Sasuke sie beobachtete, weil sie zu ihm rüber starrte, rot anlief und dann eilig hinter der nächsten Ecke verschwand.
 

Sasuke schaute nach oben und sagte laut: "Du kannst runterkommen, Dobe."
 

Vom Dach kam ein bedauernswerter Shinobi gekrabbelt und landete neben Sasuke auf dem Boden. "Du hast mir das Leben gerettet!"
 

"Sie hätte dich wohl kaum umgebracht", bemerkte Sasuke trocken. In Wahrheit war er sich da nicht ganz so sicher. Er hatte Sakura noch nie so wütend erlebt. Die Frauen in diesem Dorf sind echt gruselig, dachte er bei sich und ihm fielen dabei auf Anhieb Sakura, Tsunade und Shizune ein.
 

"Ach meinst du?", fragte Naruto und sah dabei sehr bedauernswert aus. "Ich hatte doch keine Ahnung, dass sie auch in dem Bad war! Mit ihren Shinobi Instinkten hat sie natürlich gemerkt, dass da jemand hinter dem Zaun saß und Jiraiya der Feigling hat sich aus dem Staub gemacht…"
 

Sasuke verstand kein Wort aber er hatte so die leise Ahnung, dass er die Details lieber gar nicht wissen wollte.
 

Naruto kratzte sich verlegen am Kopf. "Ist ja auch egal. Du hast mich vor ihrem Zorn gerettet, dafür spendiere ich dir eine Portion Ramen."
 

Sasuke legte den Kopf schief. "Du willst nicht zufällig ausnutzen, dass Sakura dich vor meinen Augen nicht umbringen würde?"
 

"Mmmh… doch, schon." Bei dem Eingeständnis musste Sasuke lachen.
 

"Ich schlage vor, dieses Mal lade ich dich zu mir zum Abendessen ein. Meine Mutter kocht sehr gut und im Uchiha Viertel sucht sie dich bestimmt nicht." Sasuke wusste, dass kein noch so gutes Restaurant und kein noch so guter Imbissstand echte Hausmannskost ersetzen konnten. Naruto würde es sicher ganz gut tun, mal was Richtiges zu essen.
 

Narutos Augen leuchteten. "Meinst du… meinst du, das wäre okay?"
 

"Wieso nicht?"
 

"Naja…" Er zögerte und dann: "Eigentlich hast du Recht. Los, gehen wir!"
 


 

Als Sasuke mit seinem Gast das Haus betrat, rannte ihm als erstes ein dunkelhaariger Wirbelwind entgegen. Kiyoshi nahm den Arm hoch und rief: "Nii-san!" Er wollte schon an Sasuke vorbei rennen, da entdeckte er Naruto und blieb abrupt stehen. Die schwarzen Augen des Kindes musterten Naruto von oben bis unten. Sein Blick wurde misstrauisch. Kiyoshi starrte den Blonden intensiv, nein, fast feindselig an.
 

Irgendwann wurde es Sasuke zu bunt. "Was starrst du denn so?"
 

Trotzig reckte Kiyoshi das Kinn hoch. "Nur so." Er drehte sich um und verzog sich zu seiner Mutter in die Küche.
 

Kopfschüttelnd zog Sasuke sich die Schuhe aus. Naruto, der sonst nie seinen vorlauten Mund halten konnte, war eigenartig still. "Kaa-san!", rief Sasuke, weil er seine Mutter schon in der Küche mit Geschirr hantieren hörte. "Ich habe Besuch mitgebracht."
 

"Wirklich?" Ganz begeistert schoss seine Mutter aus der Küche, einen Teller in der Hand. "Ich habe sowieso zu viel ge…" Als sie Naruto sah, stutzte sie einen Moment lang. Es dauerte nur einen Augenblick, dann hatte sie sich wieder gefangen. "Ich habe zu viel gekocht, dein Gast ist herzlich willkommen." Sie zuckte die Schultern und verschwand wieder in der Küche.
 

Sasuke wollte ihr folgen, blieb aber stehen, als Naruto an seinem Hemd zupfte. "Du, Sasuke", sagte er, "vielleicht ist das doch keine so gute Idee."
 

"Wieso denn nicht? Du hast es doch gehört, du bist herzlich willkommen." Sasuke hatte ihr Zögern natürlich auch bemerkt, aber er ging davon aus, dass sie einfach erstaunt gewesen war, weil sie Naruto nicht kannte. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Komm mit."
 

Sie setzten sich an den Tisch und Sasukes Mutter holte für Naruto Geschirr. Das Timing war wirklich hervorragend, das Essen war fast fertig. Naruto saß neben Kiyoshi, der ihm immer wieder misstrauische Blicke zuwarf. Sasukes Mutter war seltsam still und Naruto sagte auch kein Wort. Irgendwie war die Stimmung gedrückt, aber Sasuke hatte keine Ahnung, wieso.
 

Erst als das Essen fertig war, taute Naruto etwas auf. Mit leuchtenden Augen starrte er seinen Teller an, so als wollte er fragen "ist das wirklich für mich?". Er langte gierig zu und sagte mit vollem Mund: "Das ist wirklich unglaublich lecker!"
 

Nach etwa zehn Minuten schlang Naruto gerade seinen Nachschlag runter, da war deutlich zu hören, wie die Haustür geöffnet wurde. Und dann kam Sasukes Vater in die Küche. In dem Moment, als er Naruto entdeckte, wurde sein Gesicht starr wie Stein. Um das ganze noch schlimmer zu machen, kam hinter ihm jemand in die Küche, dessen bloßer Anblick Sasuke augenblicklich den Appetit verdarb. Shisui musterte Naruto und fragte eisig: "Was tut der denn hier?"
 

Naruto ließ die Stäbchen sinken.
 

Sasuke verstand im ersten Augenblick gar nicht, was los war. Bis er den kalten, harten Blick seines Vaters auffing. Fugaku brauchte nichts zu sagen. In seinen Augen stand klar und deutlich geschrieben, dass Naruto hier nicht willkommen war.
 

Und der legte die Stäbchen hin und schob seinen Teller weg. "Das Essen war wirklich sehr lecker", sagte er mit belegter Stimme. "Aber ich muss jetzt gehen. Vielen Dank."
 

"Naruto!", sagte Sasuke, der immer noch erschrocken über den Blick seines Vaters war. "Du musst nicht gehen."
 

"Doch… doch, ich denke schon."
 

"Warte! Das ist doch absurd!", protestierte Sasuke.
 

Es wurde ziemlich deutlich, dass Shisui diese Situation sehr genoss. Sein Tonfall triefte vor Schadenfreude, als er sagte: "Es ist wirklich besser, wenn er geht."
 

Fassungslos sah Sasuke zu, wie Naruto sich an Shisui vorbei schob und ging. Einfach so. Und als er den zufriedenen Gesichtsausdruck seines Vaters sah, platzte ihm der Kragen. "Was soll das?", schrie er und sprang auf. "Ihr alle, habt ihr den Verstand verloren?"
 

"Sei vorsichtig, wie du mit mir redest", sagte sein Vater kühl. "Du bist selbst nur ein Gast in diesem Haus. Mäßige deinen Ton."
 

Brennender Hass auf diesen Mann wallte in ihm auf. "Ich denke nicht daran! Was hat er denn getan? Darf ich keine Freunde haben, die nicht zum Clan gehören oder was genau ist das Problem?"
 

"Das hat überhaupt nichts mit dem Clan zu tun", antwortete sein Vater. "Dieser Junge ist nicht gut für dich. Such dir Gesellschaft, die deinem Trainingsstand entspricht, damit du vorankommst. Er bringt dich nicht weiter."
 

"Du lügst!" Sasuke war selbst erstaunt, als er merkte, dass er die Sharingan aktiviert hatte. Und er sah es ganz deutlich, die Lüge schrie ihm quasi ins Gesicht. Mit den Sharingan sah er jede Regung im Gesicht seines Vaters, jedes Zucken seiner Augen, und was er sah ließ nur einen Schluss zu. "Du lügst mich an. Es geht nicht darum, wie stark er ist. Was ist hier los?"
 

Auf einmal lag eine finstere Stimmung in der Luft und es war unklar, ob sie beide aufeinander losgehen würden oder nicht. Absurderweise stellte Shisui sich vor Sasukes Vater, so als müsste er diesen beschützen. Es war nicht Sasuke, der am Ende nachgab, sondern sein Vater. Er legte Shisui eine Hand auf die Schulter und schob ihn beiseite. Dann wandte den Blick ab und sagte zu seinem Sohn: "Ich schulde dir keine Erklärung. Ich bin das Oberhaupt dieses Clans und ich bin dein Vater."
 

Sasuke wollte ihn angreifen, am liebsten hätte er diesem Mann die Selbstgerechtigkeit aus dem Gesicht geprügelt. Aber er tat nichts und er sagte nichts. Stattdessen ging er wortlos an seinem Vater vorbei und zog sich in sein Zimmer zurück.
 

Der Ausdruck in Narutos Augen war das Schlimmste an dieser Sache. Er wollte Sasuke einfach nicht loslassen. Langsam wurde ihm klar, dass Naruto Recht gehabt hatte. Es gab sie wirklich, diese Dorfbewohner, die ihn hassten. Und keiner wollte ihm sagen, warum. Da war ein Geheimnis. Kannte Naruto es wenigstens, oder wusste er selbst nicht, warum es so war? Es musste mit seinen Eltern zu tun haben, bestimmt. Ein Kind konnte man schließlich nicht hassen, ganz egal, was es für Unsinn anstellte… oder? Nein, das war so nicht richtig. Itachi war auch ein Kind gewesen. Und ihn hatten viele gehasst.
 

Was war passiert, dass Naruto von so vielen Menschen im Dorf verachtet wurde?
 

Verbittert starrte Sasuke aus dem Fenster. Schon wieder ein Geheimnis. Er hatte die Heimlichkeiten so satt.
 

Fast noch schlimmer war die Frage, warum er sich überhaupt so für Naruto eingesetzt hatte.
 

Warum riskiere ich für ihn meine Position in dieser Familie? Warum interessiert es mich überhaupt, was mit ihm ist? Warum…
 

Es ließ ihm keine Ruhe. Narutos Gesichtsausdruck ließ ihm keine Ruhe. Er öffnete das Fenster, kletterte nach draußen und rannte los.
 


 

Naruto musste sich sehr beeilt haben, denn Sasuke holte ihn nicht mehr ein. Also versuchte er es bei dessen Wohnung und als er anklopfte, öffnete Naruto ihm tatsächlich die Tür. "Du?", kam es erstaunt von ihm.
 

Ohne reingebeten worden zu sein, drängelte Sasuke sich an ihm vorbei in die Wohnung. "Naruto, ich wollte mich entschuldigen."
 

"Wofür denn? Ist schon okay." Naruto machte eine wegwerfende Handbewegung, aber man sah ihm immer noch an, wie sehr ihn das, was passiert war, getroffen hatte.
 

"Ist es nicht. Ich weiß nicht, was mit ihnen los war. Aber das war nicht in Ordnung."
 

"Hey, schon gut." Er zuckte die Schultern. "Außerdem fand ich es wirklich nett, was du gesagt hast. Ich meine… ich hab gehört, was du deinem Vater gesagt hast. Von wegen keine Freunde außerhalb des Clans haben und so… das heißt doch, dass wir Freunde sind."
 

"Äh… ja… schon", murmelte Sasuke erstaunt.
 

"Eben." Naruto grinste. "Ist mir egal, wenn deine Familie mich nicht leiden kann. Aber wir sind Freunde und darüber freue ich mich."
 

Erleichtert nickte Sasuke. "Ja." Er sah sich um. Die Wohnung sah immer noch aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. "Es tut mir ja leid, dass ich mich nicht ordentlich revanchieren konnte aber… äh… stört es dich, wenn ich noch eine Weile bleibe? Nach Hause möchte ich noch nicht."
 

"Gar nicht. Willst du was trinken?"
 

Sasuke grinste Naruto an. "Hast du noch etwas Sake für mich?"
 

Ein paar Minuten später saßen sie wieder auf der Couch, diesmal allerdings ohne Fernseher, und tranken Sake aus Pappbechern (vermutlich weil Naruto kein sauberes Geschirr mehr hatte). Sasuke war so wütend, auf seinen Vater, auf Shisui, einfach auf alle, die ihm gerade einfielen. Deswegen schüttete er einen Becher nach dem anderen in sich hinein, um es ihnen heimzuzahlen. Er wusste, weder seinem Vater noch Itachi hätte es gefallen, ihn so trinken zu sehen. Er benahm sich wie ein trotziges Kind, aber es war ihm egal. Es behandelte ihn doch sowieso jeder wie ein Kind, wie Itachis willenloses Anhängsel. Einen Abend lang wollte er einfach er selbst sein und tun und lassen, was ihm gefiel.
 

Naruto beobachtete ihn grinsend und es schien ihm zu gefallen, wie Sasuke mit jedem Becher Alkohol gelöster wurde. Nach und nach verrauchte seine Wut und zurück blieb nur das angenehme Gefühl, Narutos Gesellschaft aus vollem Herzen zu genießen. Sie unterhielten sich über dermaßen belanglose Dinge, dass es Sasuke im nüchternen Zustand wahrscheinlich übel geworden wäre. Aber wann immer Naruto anfing zu lachen – und das tat er eigentlich bei jeder Kleinigkeit – musste Sasuke einfach mitlachen und das wirkte sich noch viel besser auf seine Stimmung aus als der Alkohol. Es war schön.
 

Viel zu schön, um wahr zu sein.
 


 

Als Sasuke so halb zu sich kam, hatte er im ersten Moment keine Ahnung, wo er sich befand. Er öffnete die Augen ganz kurz, konnte aber noch nichts erkennen, weil er noch im Halbschlaf war und zwar etwas sehen, es aber nicht wirklich begreifen konnte. Alles, was er fühlte, war das angenehme Gefühl, vollkommen entspannt zu sein.
 

Es war so ein schöner Abend gewesen, und das ganz unerwartet. Eigentlich hatte er sich bloß entschuldigen wollen. Dann hatten sie gemeinsam getrunken und er hatte so viel Sake in sich reingeschüttet, wie es nur möglich gewesen war. Jetzt wusste er, wie das war, selber betrunken zu sein. Es war eine Erfahrung, die er nicht unbedingt wiederholen wollte. In dem Zustand hätte er jede von Narutos Fragen wahrheitsgemäß beantwortet. Es war zu gefährlich. Aber Naruto war nicht auf die Idee gekommen, ihn auszufragen. Er hatte lieber über sich geredet.
 

Gegen Ende hin hatten sie ganz nah beieinander auf der Couch gesessen und Sasuke hatte bloß noch zugehört, während Naruto irgendwas Unverständliches vor sich hin gemurmelt hatte. Es war so schön gewesen… so schön… weil… Ach ja. Naruto hatte seinen Kopf auf Sasukes Schulter gelegt. Und weil das so unbequem gewesen war, hatte Sasuke dann irgendwann den Arm um den anderen gelegt. Das war es, das war die schöne Erinnerung, die er beinahe vergessen hätte. Warum sich das so gut angefühlt hatte, konnte er nicht sagen. Eigentlich war es ja auch egal.
 

Irgendwann hatten sie sich um den letzten Rest Sake gestritten und Naruto war dabei wie ein nasser Sack von der Couch gerutscht. Sasuke hatte noch versucht, ihn festzuhalten, und war dann gleich mit von der Couch und auf ihn drauf gefallen. Jetzt, wo er sich daran erinnerte, merkte er auch, dass er garantiert einen blauen Fleck am Rücken hatte, wo er gegen die Tischkante gefallen war.
 

Und jetzt…
 

Sasuke wagte es nun doch, die Augen zu öffnen. Weil er sich nämlich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte, wie er danach wieder aufgestanden, geschweige denn nach Hause gekommen war.
 

War er auch gar nicht. Er lag immer noch auf dem Boden vor Narutos Couch. Sie waren so eingeschlafen. Zwischen der Couch und dem Tisch war nicht besonders viel Platz. Vielleicht erklärte das, wie genau sie eingeschlafen waren. Er spürte eine Hand auf seinem Rücken. Aber nicht auf seinem Hemd, sondern Naruto hatte seinen Arm wohl irgendwann im Laufe der Nacht unter sein Hemd geschoben. Sein Fuß lag irgendwo über Sasukes Taille und Sasuke merkte erst jetzt, dass Naruto mit dem Kopf auf seinem linken Arm lag. Seine Finger hatten sich in dessen blondes Haar gewühlt und streichelten es selbst jetzt noch geistesabwesend. So nah war er noch nie einem anderen Menschen gewesen, von seinem Bruder mal abgesehen.
 

Er lachte ganz leise und aus einem Impuls heraus drückte er seine Stirn gegen die von Naruto. Er war wohl immer noch betrunken. Ihm war total leicht ums Herz, so als gäbe es nichts, was ihm Sorgen machen müsste. So was Verrücktes.
 

"Mmm…" Naruto seufzte erst, dann stockte sein gleichmäßiger Atem. Er räkelte sich in Sasukes Armen und gab so etwas Ähnliches wie ein Schnurren von sich. Dann öffneten sich seine Augen und er starrte Sasuke müde an. Narutos Augen waren blau. Sasuke hatte das gewusst und trotzdem war es, als würde er es jetzt erst wirklich begreifen.
 

Blau… so eine schöne Farbe. Wie das Meer.
 

Naruto lächelte verschlafen und das löste irgendetwas in Sasuke aus. Er brauchte nur den Kopf ein wenig nach oben zu recken und dann berührten sich ihre Lippen. Es fühlte sich an… wie… etwas Verbotenes. Sasuke küsste Naruto, rückte den Kopf ein Stückchen zurück und Naruto küsste ihn dann gleich nochmal. Irgendwo, behäbig und unwillig, suchte Sasukes Verstand nach dem Grund, warum sich das hier so verboten anfühlte. Als es ihm einfiel, zuckte er regelrecht zusammen.
 

Was tu ich denn da? Bin ich verrückt geworden?
 

Er schubste den anderen regelrecht weg. Die warme Hand rutschte seinen Rücken entlang und war dann fort. Ruckartig setzte Sasuke sich auf und ihm wurde augenblicklich schwindlig. Egal. Er stand auf, taumelte, und machte einen Satz in Richtung Tür. Naruto sagte seinen Namen, überrascht und verwirrt. Aber er konnte nicht antworten, er konnte sich nicht einmal umdrehen, er wollte nur noch weg von hier. Panisch riss Sasuke die Tür auf und stürmte nach draußen, drei Stockwerke nach unten und als die frische Morgenluft ihm entgegenströmte, wäre er wirklich beinahe umgekippt.
 

Es war gerade mal vier Uhr in der Früh, glücklicherweise war noch kaum jemand auf den Straßen unterwegs, als ein taumelndes Mitglied des Uchiha Clans den Weg zurück nach Hause suchte.
 


 

Nach Hause zu finden ohne dabei mit diversen beweglichen und unbeweglichen Objekten zu kollidieren war schwierig genug gewesen. Aber dort angekommen erwartete Sasuke eine böse Überraschung. Sein Vater war noch wach und als er sich in sein Zimmer schleichen wollte, erschien sein Vater wie aus dem Nichts auf dem Flur, stellte sich ihm in den Weg und sagte: "Sasuke, da bist du ja."
 

"Vater", sagte er höflich und hoffte, dass seine Stimme nicht so verzerrt klang, wie er das selbst empfand.
 

"Ich habe mir Sorgen gemacht. Wo warst du?"
 

"Weg."
 

"Sasuke… komm mit." Sein Vater bugsierte ihn ins Arbeitszimmer und Sasuke überlegte fieberhaft, wie er seinen Zustand vor dem Älteren verbergen konnte. Er wollte wirklich nicht noch mehr Ärger heraufbeschwören. Mühsam kniete er sich hin, während sein Vater die Tür schloss. Er wollte bloß schlafen. "Was heute Mittag passiert ist, tut mir leid." Es war sicher das erste Mal, dass Sasuke eine Entschuldigung von seinem Vater hörte. Erstaunlich. "Ich hätte…" Sein Vater stutzte. "Was ist denn los? Du siehst aus, als ob… Sasuke, sieh mich an!" Sasuke hatte redlich Mühe, dem Befehl seines Vaters Folge zu leisten. Trotzdem zwang er sich, den Kopf zu heben und seinen unsteten Blick einen Moment lang auf einen Punkt zu fixieren. "Hast du getrunken?"
 

"Ja."
 

Fugaku schüttelte missbilligend den Kopf. "Du verhältst dich wie ein trotziger Teenager. Hat Itachi das aus dir gemacht?"
 

"Ich bin ein Teenager", grollte Sasuke. "Und nur zu deiner Information: das ist nicht Itachis Schuld. Es war meine Entscheidung, zu trinken."
 

"Wo warst du?"
 

"Bei Naruto. Ich habe mich für euer unhöfliches Verhalten entschuldigt."
 

"Sasuke, du verstehst das nicht." Sein Vater war wirklich außergewöhnlich nachsichtig. Eigentlich kannte Sasuke ihn nur streng und geheimnisvoll. "Es ist mir verboten, es dir zu erklären. Aber Naruto ist… nicht gut für dich."
 

Geheimnisse und Lügen schienen die einzigen Konstanten in Sasukes Leben zu sein. Er hatte sie so satt. Matt schüttelte er den Kopf und sparte sich die Antwort einfach. Er hatte sowieso nicht vor, in nächster Zeit wieder zu Naruto zu gehen. Schon jetzt wusste er, dass er diesen Kuss morgen sehr, sehr bedauern würde.
 

"Ich möchte, dass du dich außerhalb deines Trainings nicht mehr mit ihm abgibst."
 

Grenzenlose Wut wallte in Sasuke auf. Dieser Mann hatte ihm nichts zu sagen. Der Einzige, der Einzige von dem Sasuke Befehle entgegennahm, war sein Bruder. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und es kostete ihn einiges an Überwindung, seinem Vater nicht hasserfüllt ins Gesicht zu schreien, wie wenig er von seinen Befehlen hielt. Aber er durfte jetzt nicht die Beherrschung verlieren. Und er hatte ja ohnehin vor, Naruto in Zukunft zu meiden. Demütig senkte er den Kopf und sagte: "Ja, Vater."
 

Nii-san… hast du Vater so gehasst wie ich in diesem Augenblick?
 

"Und noch etwas. Es wird langsam Zeit, dass du dich entscheidest. Was willst du, Sasuke? Willst du hierbleiben oder gehst du zu Itachi zurück?"
 

"Muss ich diese Entscheidung jetzt treffen?"
 

"Nein. Aber du solltest dir nicht mehr viel Zeit lassen. Je länger du bleibst, desto schwieriger wird es für alle, falls du wieder fortgehst."
 

Ungelenk stand Sasuke auf. "Ich verstehe." Er deutete eine Verbeugung an. "War das alles? Kann ich gehen?"
 

"Ja. Gute Nacht, mein Sohn."
 

"Gute Nacht, Vater." Grimmig zog Sasuke sich auf sein Zimmer zurück, schälte sich aus seinen Sachen und legte sich ins Bett. Auf einmal war er hellwach. Er starrte frustriert an die Decke und fragte sich, was er sich von seinem Vater und dem Clan noch alles bieten lassen musste. Er gehörte nicht hierher. Er war hier fremd und alles was er wollte war, schnell wieder von hier wegzukommen.
 

Einen Moment lang tauchte Narutos Gesicht vor seinem inneren Auge auf…
 

Bist du bescheuert? Du bleibst nicht für immer hier! Naruto ist ja ganz nett, aber du gehst wieder mit Itachi mit, sobald der Auftrag erledigt ist.
 

…und verschwand.
 

…tbc…

Ultimatum

Sasuke starrte auf seine Hand, um die blaue Funken tanzten. Das Geschrei wie von tausend Vögeln dröhnte in seinen Ohren aber er zwang sich, es auszuhalten. Dieses Jutsu war wirklich nett. Er hatte von Itachi gelernt, sein Chakra hervorragend zu kontrollieren und die Schnelligkeit, die er brauchte, um es einsetzen zu können, hatte er sich von Lee abgeschaut. Und das Beste war, dass es ein Jutsu war, das der Clan noch nicht kopiert hatte. Kakashis Jutsu und jetzt auch seins.
 

Aller Euphorie zum Trotz sah Sasuke auch die Schwächen dieser Technik. Um Chidori erfolgreich einzusetzen, musste man dem Gegner sehr nahe kommen. Bei einem direkten Treffer war das auch kein Problem, aber es gab genug Leute, die die Schnelligkeit besaßen, so einem Angriff auszuweichen und in so einem Fall wäre Sasuke dann sehr angreifbar. Dieses Jutsu war auf jeden Fall nur für wenige Begebenheiten geeignet. Dazu kam, dass die hohe Konzentration von Chakra nicht spurlos an seinem Körper vorbeiging. Nach dem Training, mit ein paar Stunden Verspätung, hatte er regelmäßig Muskelschmerzen, ein normaler Nebeneffekt, wie Kakashi ihm versichert hatte. Mehr als drei oder viel Mal würde er dieses Jutsu in einem Kampf nicht benutzen können, wenn er noch Kraft für andere Angriffe haben wollte sogar weniger.
 

Vielleicht hat der Clan es deshalb nicht kopiert. Man kann das nur in den seltensten Fällen und nicht ohne Konsequenzen einsetzen. Es gibt sicher bessere Jutsu.
 

Aber für vergebens hielt Sasuke das Training nicht, auch wenn Kakashi seinen zweifelnden Blick bemerkt hatte. Mit der linken Hand näherte er sich den blauen Funken und bekam etwas das sich anfühlte wie ein Stromschlag. Autsch.
 

Chidori in dieser Form mochte eher ein Jutsu für Verzweiflungsakte sein, aber er sah durchaus Potential. Wer sagte denn, dass man das Chakra bloß in der Hand konzentrieren musste? Wenn es ihm gelänge, diese Mengen Chakra am ganzen Körper gleichmäßig zu verteilen, hätte er für den Notfall einen Rundumschlag zur Verfügung, der sich sicher noch als nützlich erweisen könnte.
 

Ohne Kakashi davon zu erzählen entschied Sasuke, genau das zu trainieren.
 

Das angesammelte Chakra verpuffte ungenutzt und er ließ den Arm sinken. Kakashi näherte sich ihm und fragte: "Was ist? Du hast das Jutsu in so kurzer Zeit wirklich gut gelernt. Trotzdem siehst du skeptisch aus."
 

"Ich habe nur nachgedacht." Unauffällig massierte Sasuke sich die Hand. Er trainierte zwar schon seit drei Stunden, trotzdem machten sich die Schmerzen heute schon sehr früh bemerkbar. Vielleicht, weil sein Zustand durch das Trinken gestern ohnehin angeknackst war. Er hatte irre Durst und sein Kopf schmerzte.
 

"Du siehst erschöpft aus."
 

"Das täuscht." Er hätte sich natürlich lieber die Zunge abgebissen als zuzugeben, dass Alkohol und eine lange Nacht für seinen Zustand verantwortlich waren. Naja, das und…
 

"Kakashi-sensei!!", schrie jemand.
 

Auch das noch. Als wäre der Tag nicht schlimm genug. Sasuke hatte noch keine Zeit gehabt, sich über Naruto Gedanken zu machen. Und genau der war beim Trainingsareal aufgetaucht und kam jetzt rasch näher. Ah, verdammt.
 

"Kakashi-sensei", krähte der Blonde nochmal. "Jiraiya hat mich geschickt, ich soll dir etwas…" Sasukes und Narutos Blicke trafen sich. "…geben." Sasuke überlegte noch fieberhaft, wie er denn bloß auf Naruto reagieren sollte, da stahl sich ein Lächeln auf dessen Gesicht. "Sasuke! Hallo!"
 

Sasuke war total perplex. Er wusste nicht, was genau er erwartet hatte, aber sicher nicht, dass Naruto einfach so tun würde, als wäre nichts gewesen. "Hallo…", sagte er zögernd und sah zu, wie Naruto Kakashi eine Schriftrolle überreichte.
 

Während Kakashi das Wachssiegel aufbrach und die Botschaft las, schlenderte Naruto rüber zu Sasuke. "Na? Wie fühlst du dich? Du hast gestern wesentlich mehr getrunken als ich, dir platzt sicher fast der Schädel." Eine gewisse Schadenfreude konnte er nicht ganz verbergen.
 

Düster antwortete Sasuke: "Es geht mir den Umständen entsprechend gut."
 

Naruto kicherte und gab sich diesmal keine Mühe, seine Schadenfreude zu verbergen. Sasuke musterte ihn misstrauisch. Eigentlich hatte Naruto gar nicht so viel getrunken. Aber er verhielt sich, als wäre nichts gewesen. Konnte es sein, dass er sich an den Kuss gar nicht mehr erinnerte? Das wäre zu gut um wahr zu sein. Dann konnte Sasuke einfach auch so tun, als wäre nichts gewesen. Das war kein Problem und ihm auf jeden Fall lieber, als Naruto das erklären zu müssen. Und es war ihm lieber als Naruto in Zukunft aus dem Weg gehen zu müssen. Erleichtert atmete er auf und lächelte.
 

Naruto wollte etwas sagen, aber Kakashi mischte sich ein: "Sasuke. Ich habe noch etwas zu erledigen. Das Training ist für heute beendet."
 

"Okay…"
 

Kakashi verschwand, und das wie immer sehr dramatisch in einer effektvollen Rauchwolke, und die zwei Jungs blieben allein zurück. Sasuke war gleich in doppelter Hinsicht erleichtert. Er war so erschöpft, noch mehr Training hätte er heute sowieso nicht mehr durchgestanden. Und er musste sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, was er wegen Naruto unternehmen sollte. Wahrscheinlich hätte er sich dafür entschieden, Naruto zu meiden und er war sehr froh, dass er das nicht tun musste. Narutos Gesellschaft war ihm von allen hier im Dorf die Liebste. Und was den Kuss anbelangte… glücklicherweise musste er sich auch darüber keine Gedanken machen. Er würde nie mehr so viel trinken. Und etwas anderes als eine Laune im Rausch konnte das ja auch kaum gewesen sein. Alles löste sich in Wohlgefallen auf.
 

"Tut dir die Hand weh?"
 

Erschrocken hielt Sasuke inne. Er hatte sich geistesabwesend das schmerzende Handgelenk massiert. Sofort protestierte er: "Nein, das ist nichts. Ich war nur in Gedanken."
 

Naruto schüttelte den Kopf. "Dein Stolz wird irgendwann dein Untergang sein, das sage ich dir."
 

"Wie du meinst."
 

"Idiot."
 


 

Noch einmal starrte Kakashi auf die Schriftrolle und fragte sich, ob das wohl bloß ein schlechter Scherz war. Jiraiya hatte ihn herbestellt, ins Büro von Tsunade. Kaum zu fassen, auf der Schriftrolle stand tatsächlich, er solle keinem von dem "Treffen" erzählen. Zögernd klopfte er an und fragte sich, was er da wohl zu erwarten hatte.
 

"Herein!"
 

Er kam in den Raum und am Besprechungstisch hatten sich einige bekannte Gesichter versammelt. Tsunade, Shizune, Fugaku und Shisui Uchiha und natürlich Jiraiya. Alle hatten so ernste Gesichter, dass Kakashi sich nicht beherrschen konnte und alle mit einem lässigen "Yo!" begrüßte. "Sorry, ich hab die Geheimparole vergessen."
 

Keiner lachte. Naja, Jiraiya grinste wenigstens. Aber der Rest wirkte ernst, fast schon verbissen. Und Kakashi konnte sich leider schon denken, was das Thema dieser geheimen Versammlung sein würde. Er seufzte, nahm sich einen Stuhl, setzte sich und sagte: "Ich nehme an, es geht um Sasuke."
 

"Richtig", bestätigte Tsunade. "Der Uchiha Clan hat um das Treffen gebeten." Sie schaute Fugaku erwartungsvoll an.
 

Erstaunlicherweise ergriff Shisui an seiner Stelle das Wort. "Sasuke ist ein Mitglied des Uchiha Clans und ein Mitglied der Familie. Aber er war sehr viele Jahre fort und wir wissen nicht, inwieweit wir ihm vertrauen können. Der Clan hat sich entschieden, mit euch zu kooperieren, damit Sasuke unseren Status im Dorf nicht gefährden kann."
 

"Und das heißt…?"
 

"Wir wollen nicht die Verantwortung tragen, falls er etwas Dummes anstellt."
 

Es war wirklich eine Seltenheit, dass der Clan seine Bedenken so offen vor anderen zugab. Offensichtlich hatten sie noch keine Ahnung, warum Sasuke wirklich hier war. Sonst hätten sie längst selbst Maßnahmen ergriffen. Der Clan fackelte in der Hinsicht nicht lange.
 

Tsunade seufzte. "Das bedeutet, ich muss entscheiden, ob ich ihn weiter im Dorf haben will… richtig?" Sie warf einen Blick in die Runde. "Was wissen wir denn nun wirklich über ihn?"
 

Wieder sprach Shisui. "Wir wissen alle, was für eine Geschichte er erzählt hat. Aber wir haben keine Ahnung, ob es stimmt. Ich persönlich glaube, dass Itachi dahintersteckt. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat, aber ich bin mir sicher, dass er Sasuke geschickt hat."
 

Kakashi mischte sich ein. "Ich weiß nicht, ob ich überhaupt etwas zu dieser Sache beitragen kann. Ich kann nur Gutes über ihn sagen. Er macht sich ausgezeichnet im Training und ich finde es, ehrlich gesagt, erfreulich, dass er endlich begriffen hat, wie wichtig Teamwork ist. Ich halte Sasuke nicht für eine Gefahr, sondern für eine Bereicherung meines Teams. Er kann viel von meinen Schülern lernen und sie viel von ihm."
 

"Dann rätst du mir, ihn nicht aus dem Dorf zu werfen?", fragte Tsunade. Man merkte ihr deutlich an, dass sie von der Idee, Sasuke einfach aus dem Dorf zu verbannen, alles andere als begeistert war.
 

"Was seine Motive anbelangt kann ich nichts sagen. Ich weiß auch zu wenig über Itachi um das beurteilen zu können. Ich sage nur, dass er ein ausgezeichneter Shinobi mit viel Potential ist. Und dass er im Gegensatz zu einigen Mitgliedern des Clans keinerlei bösartige Ambitionen zeigt."
 

Dafür erntete Kakashi selbstverständlich fiese Blicke von der Uchiha Fraktion. Aber genau das hatte er ja provozieren wollen. Der Clan war nie gut auf ihn zu sprechen gewesen, schon wegen seinem Auge. Damit konnte er leben. Er hatte diese aufgeblasenen Kerle daran erinnern wollen, dass der Clan schon einige Geisteskranke hervorgebracht hatte und seiner Meinung nach war Shisui definitiv einer davon. Kakashi war schon mit ihm unterwegs gewesen und was er gesehen hatte, hatte ihn endgültig davon überzeugt, dass Shisui selbst für einen Uchiha nicht mehr ganz richtig im Kopf war.
 

Endlich meldete sich auch Fugaku mal zu Wort. "Sasuke ist immer noch mein Sohn. Ich kenne Shisuis Bedenken, aber solange wir ihm nichts beweisen können, würde ich es vorziehen, ihn im Dorf zu behalten. Ich bin froh, ihn bei mir zu haben. Und sehr erleichtert, dass er nicht mehr bei Itachi ist." An dieser Stelle wollte Shisui protestieren, aber Fugaku hob die Hand und erstickte jedes weitere Wort im Keim. "Ich habe Itachi nie verstanden und deshalb wage ich es auch nicht, die volle Verantwortung für Sasukes Handeln zu übernehmen. Mein Vorschlag wäre es, ihn weiterhin im Auge zu behalten. Der Clan wacht ohnehin über ihn, aber ich möchte auch Kakashi bitten, ihn zu beobachten."
 

"Hat Sasuke sich denn schon dazu geäußert, ob er weiterhin im Dorf bleiben will?", fragte Jiraiya, der lässig in seinem Stuhl saß und mit den Fingernägeln auf den Tisch trommelte.
 

"Nein, noch nicht."
 

"Dann wird es Zeit, dass er sich entscheidet. So wie jetzt kann es nicht weitergehen, er kann uns alle ja nicht ewig hinhalten."
 

"Wir werden ihm eine Frist setzen", bot Fugaku an.
 

"Einverstanden", sagte Tsunade. "Er muss sich entscheiden. Und wenn er sich entscheidet, hierzubleiben, dann darf er auch bleiben. Wir haben ein Auge auf ihn. Das muss vorläufig reichen."
 

Die beiden Clanmitglieder erhoben sich würdevoll und verließen mit einem knappen Abschiedsgruß den Raum. Jiraiya sah ihnen kopfschüttelnd hinterher und sprach das aus, was eigentlich alle an diesem Tisch dachten: "Also ich halte Sasuke nicht für gefährlicher als den Rest dieser Familie."
 

Tsunade nickte zustimmend. "Du sagst es. Die haben alle einen an der Klatsche, wenn du mich fragst. Diese Geheimniskrämerei macht mich noch ganz irre. Und wenn sie ihre Probleme nicht mehr lösen können, muss ich plötzlich die Verantwortung übernehmen."
 

"Ach komm. Was sollte Sasuke denn groß anstellen?", fragte Jiraiya und winkte ab. "Der ist doch noch ein halbes Kind."
 

"Und ein Uchiha", bemerkte Shizune. "Unterschätz ihn nicht. Er war Jahre lang bei Itachi… wer weiß, was der ihm eingetrichtert hat…"
 

"Wie auch immer. Wir haben uns immerhin darauf geeinigt, ihn im Auge zu behalten. Mehr können wir nicht tun und es ist mir immer noch lieber, er ist hier im Dorf als wenn er da draußen rumläuft und sich eventuell den falschen Leuten anschließt."
 

Kakashi nickte. Er wusste, dass Jiraiya sich auf Orochimaru bezog, der schon seit Jahren immer mal wieder loszog, um sich ein ganz besonders talentiertes Kind zu schnappen. Was er mit den Kindern machte, darüber war Kakashi nicht informiert, aber er wollte es auch lieber gar nicht wissen.
 

Er stand auf. "Dann kann ich ja auch wieder gehen, oder? Ich verspreche, ich werde Sasuke beobachten."
 

"Ja, geh nur", sagte Tsunade, die müde winkte.
 

Kakashi verließ gemächlich den Raum. Entgegen dem, was er zu den anderen gesagt hatte, hatte er sich so seine eigenen Gedanken über Sasuke gemacht. In Wahrheit traute er dem jungen Uchiha nicht wirklich über den Weg. Es stimmte, er hielt Sasuke für eine gute Ergänzung seines Teams. Aber Kakashi kannte Itachi und er hatte auch gesehen, wie Sasuke reagierte, wenn man über seinen großen Bruder redete. Sasuke war Itachi treu ergeben. Warum auch immer er hier war, der Grund war sicher nicht, dass er darüber nachdachte, hierzubleiben.
 

Aber das war nicht Kakashis Angelegenheit und er hatte kein Interesse daran, Sasuke Schwierigkeiten zu machen. Er hielt Sasuke für normaler und warmherziger als die meisten Mitglieder seiner Familie. Dass er wirklich Schaden anrichten würde, daran glaubte Kakashi nicht. Er glaubte nicht, dass es etwas änderte, ob Sasuke hier im Dorf oder bei seinem Bruder war.
 

Nein, was er glaubte war, dass eines Tages Itachi auftauchen würde. Sasuke würde sich an seine Seite stellen und dann würde es Blut regnen.
 

Und er konnte den Brüdern ihren Hass nicht einmal verübeln.
 


 

Sasuke hatte sich in einen dunklen Mantel gehüllt und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Die Kleidung war nicht unbedingt angemessen für die Jahreszeit, aber damit konnte er leichter in der Dunkelheit untertauchen. Schon gegen 10 war er losgegangen, hatte das Dorf verlassen und war in die entgegengesetzte Richtung seines Ziels gelaufen. Erst als er sicher gewesen war, dass ihm keiner folgte, war er in einem großen Bogen um das Dorf zum Treffpunkt gegangen.
 

Als er Itachi am Flussufer entdeckte, war er sehr erleichtert.
 

"Sasuke, geht es dir gut?", erkundigte Itachi sich anstelle einer Begrüßung.
 

Er nickte und zog sich die Kapuze vom Kopf. "Entschuldige. Beim letzten Mal konnte ich nicht, wir waren unterwegs und ich hatte keine Möglichkeit…"
 

"Schon gut, ich verstehe." Itachi musterte seinen jüngeren Bruder. "Du siehst erschöpft aus. Wie läuft es?"
 

"Geht so." Sasuke ließ sich auf den Boden sinken und nach einem Augenblick setzte Itachi sich zu ihm. "Ich trainiere viel, aber das ist ja nichts Neues. Der Clan macht mir zu schaffen, vor allem Shisui hasst mich offensichtlich." Er seufzte. "Unser Vater hat mir ein Ultimatum gestellt. Bis in vier Wochen muss ich mich entschieden haben, ob ich im Dorf bleiben will oder nicht."
 

Seltsamerweise schien Itachi das bereits vorausgeahnt zu haben. Ein ungewohnt schadenfroher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. "Sieht so aus, als hätte der Clan so seine Schwierigkeiten damit, dich einzuschätzen. Und was ist mit deinem Auftrag?"
 

"Ich habe getan, was du gesagt hast. Mich umgehört und mich ansonsten unauffällig verhalten."
 

"Gut. Du solltest langsam anfangen, Nachforschungen anzustellen. Du wurdest doch einem Team zugeteilt, oder?"
 

"Ja."
 

"Dann fang da an." Er zögerte einen Moment. "Es gibt… Aufzeichnungen. Im Hokage Büro. Ich war schon einmal dort, in einem geheimen Raum liegen alle Aufzeichnungen, die das Dorf betreffen. Geh kein Risiko ein, aber wenn du eine Möglichkeit hast, sieh dort nach."
 

"In Ordnung."
 

Sie schwiegen eine Weile. Sasuke fühlte, wie er ruhiger wurde. Erst jetzt merkte er, dass er vier lange Wochen ohne dieses Gefühl der Sicherheit gewesen war, das Itachis Anwesenheit ihm gab. In diesem Moment erschien es ihm unfassbar, dass die Leute im Dorf auch nur in Betracht zogen, er könnte das hier aufgeben und bei ihnen bleiben.
 

"Der Clan wird weiterhin versuchen, dir Steine in den Weg zu legen", sagte Itachi irgendwann.
 

"Ich weiß. Damit komme ich schon klar."
 

"Wirklich gefährlich werden kann dir nur Shisui."
 

Sasuke sah seinen Bruder an. "Was macht ihn so gefährlich? Wieso hasst er mich so?"
 

Eigentlich rechnete er nicht mit einer Antwort. Er kannte schließlich nur Geheimnisse und Lügen. Umso überraschter war er, als Itachi etwas sagte, das nicht zweideutig oder ausweichend war. "Du erinnerst dich, dass ich dir mal erzählt habe, dass der Clan die Informationen über die Mangekyou Sharingan geheimhält, oder?"
 

"Natürlich."
 

"Die wichtigen Familienmitglieder wissen davon, dem Rest wird es verschwiegen. Sie fürchten sich davor." Er wirkte sehr nachdenklich. "Als Shisui und ich noch gute Freunde waren, haben wir davon erfahren." Jetzt schaute er Sasuke an. "Sei vorsichtig, wenn er in der Nähe ist. Er beherrscht, genau wie ich, Tsukiyomi."
 

Das war eine Überraschung. Bisher hatte Sasuke gedacht, außer seinem Bruder wäre noch niemand so weit gekommen. Dass ausgerechnet Shisui die Mangekyou Sharingan hatte und Tsukiyomi benutzen konnte… es war kein sehr angenehmer Gedanke. Jetzt wurde ihm klar, wieso Itachi ihn vor seinem Cousin gewarnt hatte.
 

"Als wir begriffen haben, was die Mangekyou Sharingan sind, wollten wir sie erforschen. Aber der Clan hätte das nicht zugelassen."
 

**Flashback**
 

Fassungslos sank Shisui auf die Knie. Er hatte es geschafft. Nur einen kurzen Moment zwar, aber es war ihm gelungen. Er hatte Itachi, sein Versuchskaninchen, in die finstere Unterwelt Tsukiyomi gezerrt. Itachi war nicht sehr lange dort geblieben. Die Mangekyou Sharingan hatten ihm geholfen, sich zu befreien, so als wäre es selbstverständlich hatte er sie benutzt, um sich dagegen zu wehren und aus dieser finsteren Welt in seinem Geist zu entkommen.
 

"So fühlt sich das also an", sagte Shisui erstaunt. Es dauerte einen Moment, bis er die Fassung wiedererlangte. Seit Wochen hatte er auf dieses Ziel hin trainiert und Itachi hatte so gut es ging versucht, ihm dabei zu helfen. Auf einmal blitzten Shisuis schwarze Augen, sein Gesichtsausdruck zeigte grenzenlose Begeisterung. "Wie mächtig die Sharingan sind! Unfassbar!"
 

Itachi nickte. Nun gab es endlich jemanden, der es nachempfinden konnte. Der begreifen konnte, wie sich das anfühlte, mit den Sharingan nicht nur durchschauen und kopieren zu können, sondern in die Psyche eines anderen gewaltsam einzudringen und die tiefsten Ängste gegen diese Person einzusetzen. Er selbst hatte es schon vor Wochen gelernt und er hatte einen hohen Preis für dieses neue Jutsu bezahlt.
 

Shisui schüttelte den Kopf. "Ich kann nicht glauben, dass dein Vater diese Information für sich behalten hat. Mit den Mangekyou Sharingan könnte der Clan so unglaublich mächtig werden… wieso halten sie es geheim? Wieso hat er uns diese Waffe vorenthalten?"
 

"Du hast es doch in den Schriftrollen gelesen", erwiderte Itachi. "Fugaku hätte viel zu viel Angst davor, dass Tsukiyomi, Amaterasu und Susanoo gemeinsam eingesetzt würden. Man könnte damit das ganze Dorf dem Erdboden gleich machen."
 

Mit grenzenlosem Ehrgeiz in den Augen ballte Shisui die Hand zur Faust. "Allein der Gedanke daran macht mich fast verrückt! Es bräuchte nur drei Clanmitglieder… dich, mich und noch jemanden. Ich will es sehen! Ich will sehen, was die Sharingan wirklich für eine Zerstörung anrichten können!"
 

Itachi konnte nicht leugnen, dass auch er sich nach dieser Macht sehnte. Seine Hände zitterten, wenn er daran dachte. Tsukiyomi war für sich schon unglaublich. Aber der Gedanke, dass da noch zwei Doujutsu waren, die er nur noch lernen musste, machte ihn unruhig und aufgeregt. Auch er konnte es kaum erwarten. Aber im Gegensatz zu seinem Cousin sah er die Dinge wesentlich nüchterner. "Es wird sich nicht ewig geheim halten lassen. Fugaku wird es herausbekommen. Sie werden uns mit aller Macht daran hindern, einen Dritten einzuweihen. Wenn er merkt, was wir vorhaben…"
 

"Dann lass uns von hier weggehen", sagte Shisui eifrig. "Lass uns dieses armselige Dorf einfach verlassen und irgendwo anders hingehen, wo wir ungestört mit den Sharingan experimentieren können! Wir könnten sie alle lernen, alle drei Jutsu, und dann holen wir uns einen Dritten und bringen es ihm bei, so wie du es mir beigebracht hast!" Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von begeistert zu verächtlich. "Der Clan ist alt und starr geworden. Der beste Beweis dafür ist, dass sie die Schriftrollen unter Verschluss halten. Hier schränkt man uns nur ein. Wir müssen den Clan verlassen."
 

Es war eine verlockende Vorstellung, nein, mehr als das. Itachi wollte es, mit ganzer Seele wollte er einfach alles hinter sich lassen und irgendwo anders neu anfangen. Er hasste den Clan, er hasste diese Familie und ganz besonders seinen Vater. Aber…
 

Er legte eine Hand auf die seines Cousins. "Es tut mir leid, Shisui. Aber ich kann einfach nicht."
 

**Flashback Ende**
 

Sasuke konnte kaum glauben, wie viele Informationen Itachi plötzlich preisgegeben hatte. Gut, manches hatte er schon gewusst. Er wusste von den drei Doujutsu, für die man die Mangekyou Sharingan brauchte. Aber er hatte nicht gewusst, dass Shisui sie auch hatte und erst recht nicht, dass sein Cousin zusammen mit Itachi hatte fortgehen wollen.
 

"Du hast die Familie gehasst", sagte er nachdenklich. "Wenn du mit Shisui fortgegangen wärst, dann hättest du Dinge erreichen können… Der Clan hätte dich nicht halten können. Wieso bist du nicht mit ihm mitgegangen, wenn du es doch so gerne wolltest?"
 

Itachi erwiderte seinen Blick, schwieg sehr lange und antwortete dann: "Es gab etwas in Konoha, das ich für alle Macht der Welt nicht hätte aufgeben wollen."
 

…tbc…

Glöckchen

Sehr nachdenklich saß Sasuke über seinem Teller und stocherte lustlos in seinem Essen herum. Er hatte keinen Hunger, aus vielerlei Gründen. Zum einen fühlte er sich unwohl, weil sein Vater am Tisch saß. Er hatte Fugaku nichts mehr zu sagen. Zum anderen geisterten ihm Itachis Worte immer noch im Kopf herum. Er hatte sich nicht getraut zu fragen, was es denn gewesen war, das Itachi davon abgehalten hatte, das Dorf mit Shisui zu verlassen. Er hatte es längst aufgegeben, seinen Bruder durchschauen zu wollen. Die Art, wie Itachi ihn angelächelt hatte, hatte ihm Mut gemacht und die Hoffnung geweckt, dass er selbst diese wichtige Sache war, die Itachi nicht hatte zurücklassen können. Aber wirklich sicher sein konnte er sich nicht.
 

Und dann war da noch die Sache mit den Mangekyou Sharingan. Amaterasu, Tsukiyomi und Susanoo, diese Begriffe waren ihm vertraut. Was er nicht gewusst hatte war, dass diese drei sich auch zu einem großen, an Zerstörungskraft kaum zu übertreffenden Jutsu zusammenfügen ließen. Die Vorstellung, so eine mächtige Waffe könnte Shisui in die Hände fallen, machte ihm Sorgen. Wer konnte denn schon sagen, ob Shisui die letzten Jahre nicht genutzt hatte, um sich zwei neue Verbündete zu suchen? Vielleicht gab es hier im Dorf längst drei Familienmitglieder die die drei Jutsu beherrschten. Was Shisui alles anrichten könnte…
 

Langsam wurde ihm klar, dass Itachi versucht hatte, ihm Tsukiyomi beizubringen. Von den dreien war es wohl das Jutsu, das man am einfachsten erlernen konnte. Sehr oft hatte er es am eigenen Leib zu spüren bekommen, Itachi hatte wohl gehofft, Sasuke würde so lernen, es selbst zu nutzen. Aber es war ihm nicht gelungen. Er hatte erst mit zehn die dreifachen Sharingan erlernt und mit zwölf – endlich – die Mangekyou Sharingan, die aber ohne eine der drei Künste mehr oder minder nur eine Verbesserung der Wahrnehmung mit sich brachten. Es lag Sasuke schwer im Magen, dass er Itachi vielleicht enttäuscht haben könnte. Tsukiyomi hatte er nie geschafft. Nur…
 

"Du isst ja gar nichts, Sasuke", bemerkte seine Mutter. "Ist alles in Ordnung?"
 

"Ich habe nur keinen großen Hunger." Er schob den Teller weg. "Ich muss sowieso gleich los zum Training."
 

"Es gefällt mir nicht, dass du ständig mit diesem Team trainierst", mischte Fugaku sich ein. "Ich hatte gehofft, Tsunade würde euch mehr Missionen zuteilen. Wie sollst mit den beiden die dir zugeteilt wurden stärker werden? Ich kann Kakashi einfach nicht verstehen."
 

Sasuke hätte gerne widersprochen, einfach weil es ihm nicht gefiel, wie sein Vater über die anderen sprach. Aber im Grunde hatte er irgendwo ja Recht. Bis auf diese dämliche Lieferung nach Sunagakure hatte er noch keine Außenmissionen mitgemacht. Die meisten von Kakashis Jutsu waren nur Kopien, die die Originale nicht erreichen konnten. Seine einzige eigene Technik schien er Sasuke bereits beigebracht zu haben. Wie sollte Sasuke das Training stärker machen? Er war Sakura und Naruto überlegen. Von ihnen konnte er nichts lernen.
 

Wortlos legte Sasuke seine Stäbchen weg und erhob sich.
 


 

Trotz seiner Maske war es relativ einfach, in Kakashis Gesicht zu lesen. Und als er eine gute Stunde zu spät auftauchte, verhieß sein schelmischer Gesichtsausdruck nichts Gutes. Tatsächlich führte er sie auch sowohl an der Akademie als auch am Trainingsareal vorbei bis zum Dorfeingang und so langsam wurde Sasuke doch neugierig. Sie waren etwa eine halbe Stunde unterwegs, ganz gemächlich, bis sie sich einem weitläufig umzäunten Wald näherten. Naruto und Sakura fingen an zu tuscheln, er selbst konnte mit dem Gebiet rein gar nichts anfangen.
 

Vor dem Eingang blieb Kakashi stehen, drehte sich zu ihnen um und fragte die anderen beiden: "Na? Werden da Erinnerungen wach?"
 

Sakura starrte ihn finster an. "Ja, aber nicht unbedingt die Besten."
 

"Was ist das hier?", erkundigte Sasuke sich ungeduldig. Er hasste es, wenn jeder eingeweiht zu sein schien außer ihm.
 

"Der sogenannte Todeswald", erklärte Kakashi unpassend heiter. "Das Gebiet ist mehrere Hektar groß und genau im Zentrum steht ein Turm. Naruto und Sakura kennen sich hier schon aus, weil die Chuunin Prüfung hier drin abgehalten wurde. Aber jetzt dürftet ihr wesentlich weniger lange bis zur Mitte brauchen, nicht wahr?"
 

"Was soll das?", motzte Naruto. "Das war eine Herausforderung als ich zwölf war, jetzt kann ich darüber höchstens noch lachen."
 

"Immer mit der Ruhe." Kakashi wurde endlich ernst. "Es geht natürlich nicht um den Todeswald. Mir fiel nur kein besserer Schauplatz ein. Das hier ist Teil eures Trainings, eine Vorbereitung auf die Jounin Prüfung. Daran wollt ihr doch teilnehmen, oder?"
 

Mit Feuereifer rief Naruto: "Aber klar!", während Sakura und Sasuke nickten.
 

Ein Klimpern zog die Aufmerksamkeit der drei auf sich. Kakashi hielt ein silbernes Glöckchen an einer dünnen Kette hoch und grinste unter seiner Maske.
 

"Ah. Glöckchen!", stöhnte Sakura. Naruto schüttelte bloß den Kopf.
 

Kakashi erzeugte einen Doppelgänger von sich selbst und drückte dem das Glöckchen in die Hand. Der Doppelgänger sprang leichtfüßig über den Zaun und verschwand im Wald. Der echte Kakashi sah ihm kurz hinterher und erklärte dann: "Eure Teamfähigkeit wurde bei den letzten Prüfungen oft genug auf die Probe gestellt. Bei der Jounin Prüfung seid ihr alle Einzelkämpfer. Und deshalb habe ich mir das hier überlegt.
 

"Die Prüfung findet bald statt und es werden nur wenige Kandidaten zugelassen. Wer von euch teilnehmen darf, hängt von mir ab. Ich werde euch nicht alle drei empfehlen sondern nur den Besten. Deshalb gibt es dieses Mal nur ein Glöckchen. Derjenige, der mit dem Glöckchen in den Turm in der Mitte kommt, darf an der Prüfung teilnehmen. Die anderen beiden nicht."
 

Sakura und Naruto wurden blass. Sasuke überlegte noch, was er davon halten sollte. Er würde schon gerne an der Prüfung teilnehmen, und sei es nur, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Aber es würde ihn nicht umbringen, sollte er die Prüfung nicht machen dürfen. Ewig würde er ja sowieso nicht im Dorf bleiben. Und außerdem wurde ihm langsam klar, was Kakashis Aufgabe tatsächlich bedeutete. "Sie lassen uns gegeneinander antreten", sagte er zu seinem Lehrer.
 

Der nickte. "Ja. Ihr sollt einander nicht umbringen, aber ich denke, das habt ihr auch nicht vor. Aber dieses Mal geht es darum, wer von euch dreien der Stärkste oder Geschickteste ist. Ich rate euch, bis zum Ende dieser Übung das Team, Freundschaft und Verbundenheit außer Acht zu lassen und ernsthaft gegeneinander zu kämpfen. Schließlich will ja auch jeder von euch an der Prüfung teilnehmen."
 

Er warf nochmal einen Blick in die Richtung, in die sein Doppelgänger mit dem Glöckchen verschwunden war. "Ich denke, er hat genug Vorsprung. Die Übung beginnt… jetzt."
 

Der Satz war kaum zu Ende gesprochen, da flitzten sie drei los, dem Doppelgänger hinterher. Sasuke war wild entschlossen, diesen Wettstreit zu gewinnen. Und er begann sich auf ein Kräftemessen mit den beiden zu freuen.
 

Zweifel daran, dass er am Ende gewinnen würde, hatte Sasuke keine.
 


 

Wie ein Pfeil schoss jemand durch das Geäst und stürzte sich auf Kakashis Doppelgänger. Ein Fußtritt reichte aus, damit der Klon sich in Rauch auflöste. Das silberne Glöckchen klimperte, bevor es von einer behandschuhten Hand umschlossen wurde. Grüne Augen blitzten siegessicher.
 

Im Sprung legte Sakura sich die Kette um den Hals, kam elegant auf dem Boden auf, stieß sich ab und schoss dann nach oben, weil sie sich eine Etage höher auf den Ästen sehr viel schneller fortbewegen konnte.
 

Blitzschnell preschte sie in die Richtung, in der sich der Turm befand. Das Glöckchen klimperte an der Kette um ihren Hals.
 


 

Etwas Schweres raste durch die Luft. Sakura hatte gewusst, dass sie nicht unbehelligt bis zum Turm kommen würde. Das Geschoss kam von unten und säbelte genau den Ast ab, auf den sie hatte springen wollen. Dann war es jetzt soweit. Es musste Sasuke sein, der sie da angegriffen hatte, denn Naruto verließ sich nur selten auf Wurfwaffen.
 

Weil der Ast, den sie anvisiert hatte, jetzt nicht mehr da war, stürzte sie erstmal an dem Stumpf vorbei nach unten und suchte dabei hektisch nach einer Möglichkeit, den Fall zu bremsen. Sie wusste, dass sie jetzt ein leichtes Ziel für einen Angriff war und musste so schnell wie möglich wieder Halt bekommen, sonst würde sie die Kette gleich wieder verlieren.
 

Ein Kampfschrei ertönte und dann raste Naruto auf sie zu. Sie verdrehte die Augen. Es wäre wirkungsvoller gewesen, hätte er sie durch den Schrei nicht schon vorgewarnt. Sie schnappte nach einem vorbeisausenden Ast, der zu dünn war, um ihr Gewicht zu tragen, aber es bremste den Fall, bevor der Ast abbrach, und sie nutzte den Schwung, um Narutos Schattendoppelgänger mit einem Fußtritt zu vernichten.
 

Durch den Rauch hindurch kam gleich noch einer angesprungen und den konnte sie nicht mehr schnell genug erledigen. Er packte sie, umklammerte ihre Taille und riss sie nach hinten. Jetzt hatte sie weder die Kontrolle noch den Überblick über ihren Fall und das gefiel ihr nicht. Sie drehte den Kopf, um nicht abrupt mit dem Rücken gegen einen Baum zu knallen und im letzten Moment spürte sie die Hand, die nach der Kette greifen wollte und dabei an ihrem Ausschnitt herumfummelte. Sie rammte Narutos Doppelgänger das Knie in den Magen und er verpuffte.
 

Als sie runter sah, kam der Boden plötzlich rasend schnell näher und im letzten Moment drehte sie sich und kam dann mit einer Rolle auf dem Laubboden auf.
 

"Katon! Gokakyuu no Jutsu!"
 

Ein riesiger Feuerball raste auf sie zu und im ersten Moment sah er so groß aus, dass sie glaubte, ihm gar nicht ausweichen zu können. Sie hechtete zur Seite und verfluchte die Tatsache, dass die beiden sie gemeinsam angriffen – wenn auch offenbar nicht als Team sondern nur, weil sie sie etwa zeitgleich aufgespürt hatten. Der Feuerball traf das trockene Laub und setzte es in Brand. Sakura sah sich hektisch um, um auf jeden möglichen Angriff gefasst zu sein.
 

"Katon!" Wieder ein Feuerball, diesmal nicht mehr von oben. Sasuke war jetzt auch auf dem Boden. Gut zu wissen. Sie stieß sich ab, sprang über den Feuerball hinweg in seine Richtung. Angriff war manchmal die beste Verteidigung und sich gegen einen unsichtbaren Gegner zu wehren war nicht so einfach wie gegen einen sichtbaren. Sie entdeckte ihn, einen Moment lang unaufmerksam, weil er nach Luft ringen musste, nachdem er so einen großen Feuerball ausgespieen hatte, holte aus und schoss mit geballter Faust vor.
 

Im letzten Augenblick riss er den Kopf hoch, sah sie erschrocken an und sprang auf die Seite. Ihre Faust rammte sich in den Boden. Rasch zog sie den Arm aus dem Boden und riss hektisch den Kopf herum. Aber Sasuke stand einfach da, ganz ruhig, siegesgewiss und furchtlos. Seine Augen… sie hatte nur sehr selten Gelegenheit gehabt, die Sharingan zu bewundern. Sie waren faszinierend und furchteinflößend zugleich.
 

Einem Sharingan Meister sieht man nicht in die Augen! Es war ein Satz, den Tsunade ihr vor langer Zeit einmal gesagt hatte. Es waren andere Umstände gewesen und Sasuke war sicherlich noch kein Sharingan Meister, aber sie hielt es für klüger, nicht mehr in diese Augen zu sehen. Also richtete sie den Blick starr auf seine Hände, um etwaige Fingerzeichen früh genug sehen zu können, und bereitete eine Ablenkung vor. Sie lauschte dabei stets, denn irgendwo war ja auch noch Naruto, der die Gelegenheit nützen könnte, um sie zu attackieren.
 

Dass Sasuke bewegungslos dastand, machte es fast zu einfach. Der Boden unter ihm bewegte sich, als das Genjutsu seine Wirkung tat. Dann brachen die Wurzeln der Bäume durch die Oberfläche und schlangen sich um seine Knöchel. Es war ein kleiner Trick, den sie sich von Kurenai abgeschaut hatte. Lange würde er nicht darauf reinfallen, aber wenn sie genug Zeit hatte, um…
 

"Genjutsu dieser Art funktionieren bei mir nicht." Er stand plötzlich direkt neben ihr. Sie vergaß die guten Vorsätze und blickte erschrocken direkt in seine furchterregenden Augen, die plötzlich so nah bei ihr waren. Er machte irgendetwas. Sie sah Funken um seinen Körper tanzen und wusste, dass sie flüchten sollte, aber sie konnte nicht, weil sie einen Moment lang wie hypnotisiert war von diesen Augen.
 

Dann übertrugen die Funken sich auf sie und sie schrie auf. Es fühlte sich an wie tausende kleiner Stromschläge überall auf ihrem Körper und sie krümmte sich instinktiv. Es klimperte und trotz des unangenehmen Gefühls riss sie die Augen auf. Seine Finger wollten sich gerade um das Glöckchen schließen und augenblicklich war sie erfasst von wilder Entschlossenheit. So leicht würde sie es ihm nicht machen! Chakra an einem Punkt sammeln und zuschlagen! Ganz egal ob es Sasuke ist oder nicht, er kriegt dieses Glöckchen nicht!
 

Ihre Faust raste auf sein Gesicht zu und dann ließ er von dem Glöckchen ab, um ihr auszuweichen. Sie versuchte es gleich nochmal und wieder wich er ihr aus. Aber jetzt hatte sie die Oberhand. Die Funken und damit auch der Schmerz waren verschwunden in dem Moment, als sie nach ihm geschlagen hatte und jetzt musste er zurückweichen, um nicht von ihrer Faust getroffen zu werden. Nicht nachlassen! Wenn ich nur einen Treffer lande, ist es vorbei!
 

Er stieß mit dem Rücken gegen einen Baum und sie sah ihre Chance. Sakura schlug kräftig zu, aber im letzten Moment duckte er sich unter dem Faustschlag hinweg. Der Baum splitterte unter ihren Fingerknöcheln als wäre er morsch gewesen. Sie warf einen Blick nach oben um zu sehen, wohin er fallen würde, dann schaute sie sich um, um Sasuke wieder ins Visier zu nehmen – aber er war nirgends mehr zu sehen. Vielleicht hatte er begriffen, dass er im Nahkampf nicht gegen sie gewinnen konnte. Sie nahm sich vor, ihm beim nächsten Mal genau dazu zu zwingen, von Anfang an.
 

Mehr konnte sie sich dann nicht mehr überlegen, weil von hinten gleich drei von Narutos Doppelgängern angelaufen kamen. Nein, zwei Doppelgänger. Zwei Doppelgänger und Naruto selbst. Er hatte bloß einen Kunai in der Hand und sie fragte sich ernsthaft, was das werden sollte.
 

Wenn er auf Nahkampf aus wollte, konnte ihr das nur recht sein. Also wartete sie.
 


 

Schwer nach Luft ringend stand Sasuke auf einem Ast und beobachtete das Spektakel, das sich auf dem Boden darbot. Naruto versuchte jetzt, Sakura das Glöckchen abzujagen und weil der Blonde von so schlichtem Gemüt war, ließ er sich von ihren Faustschlägen nicht so leicht davonjagen. Sasuke dagegen war froh, dass er eine Gelegenheit gehabt hatte, zu flüchten. Er hatte ja selbst gesehen, wieviel Kraft Sakura hatte und nur ein Faustschlag hätte ausgereicht, um ihm die Nase zu brechen oder ihn gar für den Rest des Wettstreits außer Gefecht zu setzen.
 

Er hatte sie auf jeden Fall gründlich unterschätzt. Er verfluchte die Tatsache, dass er Tsukiyomi nicht beherrschte, denn sonst wäre er längst mit dem Glöckchen unterwegs Richtung Zentrum. Er hasste es, dass er sich wie ein Feigling hatte zurückziehen müssen. Aber jetzt hatte er wenigstens Gelegenheit, sich etwas zu überlegen, bevor er wieder etwas unternahm. Außerdem war Sakura gerade mit Naruto beschäftigt und wer auch immer am Ende das Glöckchen haben würde, er würde schon erschöpft und damit ein leichtes Ziel sein.
 

Sasuke nahm sich die Zeit, die beiden zu studieren. Sakura war kräftig und ihre Fäuste waren wohl ihre gefährlichsten Waffen. Darüber hinaus schien sie ziemlich gut in Genjutsu zu sein, was ihm allerdings keine größeren Sorgen bereitete. Die Sharingan durchschauten diese Tricks sofort. Er musste sie also bloß davon abhalten, nach ihm zu schlagen (oder zu treten); mit anderen Worten: er musste sie auf Distanz halten. Nun, da würde sich schon was finden lassen.
 

Leider war Naruto nicht ganz so einfach zu analysieren. Er kämpfte total… unvorhersehbar. Sehr oft setzte er seine Doppelgänger ein, was wohl ein Markenzeichen von ihm zu sein schien, aber Sasuke konnte beim besten Willen nicht voraussagen, was Naruto wohl als nächstes tun würde. Deshalb entschied er, sollte es zu einem Kampf kommen, Naruto so schnell wie möglich auszuschalten.
 

Für Sasuke war das, was sich da unten abspielte, völlig unverständlich. Naruto kämpfte nicht nur nicht mit voller Kraft, er schien auch darauf bedacht zu sein, Sakura nicht wehzutun. So was Erbärmliches. Sasukes Augen verengten sich zu Schlitzen. Ihm gegenüber würde Naruto sich sicher nicht so zurückhalten. Irgendwie konnte er Sakura in diesem Augenblick nicht leiden.
 

Die hatte wohl begriffen, dass sich diese halbherzige Keilerei nicht lohnte und sprang auf einen Ast, um vor Naruto davonzulaufen. Naruto hechtete ihr hinterher und in gebührendem Sicherheitsabstand folgte Sasuke den beiden. Vielleicht würde sich eine gute Gelegenheit ergeben, sich das Glöckchen zu schnappen.
 


 

Eigentlich hätte es Sakura klar sein müssen, dass Naruto sich nicht so leicht abhängen ließ. Er war dicht hinter ihr und sie kannte ja seine übermenschliche Ausdauer. Er würde sie nicht mehr in Ruhe lassen und bis zum Turm würde sie das Tempo nicht durchhalten. Also blieb sie, als sie auf dem nächsten Ast aufkam, einfach stehen und drehte sich um.
 

Naruto wirkte überrascht, er schoss geradezu auf sie zu und hatte so schnell keine Möglichkeit, die Richtung noch zu ändern. Grinsend stieß Sakura sich im rechten Moment ab, drehte sich vorwärts in der Luft und ließ die ineinander verschränkten Fäuste auf ihn runter krachen. Wie ein Pfeil schoss Naruto in Richtung Boden und Sakura war davon überzeugt, ihn nun für eine Weile los zu sein. Sie richtete sich auf und sah sich um, um sich zu orientieren, damit sie auch ganz sicher in die richtige Richtung rannte.
 

Sie kam allerdings nicht einmal dazu, ihren Ast zu verlassen. Jemand tauchte direkt neben ihr auf. Ihre Faust schoss Sasuke entgegen, traf ihn mitten ins Gesicht und sie spürte noch bevor er sich auflöste, dass es ein Doppelgänger war. Allerdings kein Schattendoppelgänger, sondern ein Wasserdoppelgänger. Sie wurde durchnässt als er geradezu explodierte. Über Sasukes Kampftechnik wusste sie noch nicht viel, aber sie wusste, dass er nichts ohne Grund tat. Sogar dass sie jetzt nass war hatte seinen Grund. Die Kleidung wurde schwerer und sie schwerfälliger. Ihre Schnelligkeit war eine ihrer Stärken. Seine Fähigkeit, andere zu analysieren, reichte fast an ihre heran. Sie fuhr herum und Wurfsterne zischten an ihr vorbei. Sie konnte nicht nachvollziehen, dass er sie verfehlt haben sollte. Noch dazu hatte er damit seine Position verraten, auch wenn sie ihn dort noch nicht sehen konnte.
 

Verfehlt hatte er absichtlich. Sakura merkte zu spät, was es damit auf sich hatte. An den Shuriken hingen hauchdünne, reißfeste Fäden. Die Wurfsterne sausten um den Baum herum, dann um sie und dann sprang ihr auch schon Sasuke ins Sichtfeld, die Fäden buchstäblich in der Hand, und zurrte sie fest. Sakura wurde gegen den Stamm gezogen, am ganzen Körper gefesselt.
 

Sie starrte ihn wütend an. Wenn er wirklich dachte, sie wäre so einfach einzufangen, dann…
 

Da waren wieder diese Funken und Blitze um seinen Körper. Sakura wurde klar, was er vorhatte, und trotzdem konnte sie nichts dagegen tun. Die Blitze rasten die Fäden entlang auf sie zu und damit setzte Sasuke sie fast wie unter Strom. Sie schrie, weil es wehtat aber mehr noch, weil es grauenhafte Muskelkrämpfe verursachte. Auf einmal hatte sie über gar nichts mehr die Kontrolle. Jetzt stand Sasuke direkt vor ihr. Sie war so wütend auf ihn, wollte sich irgendwie befreien, aber ihre Arme und Beine gehorchten ihr nicht mehr. "Was hast du mit mir gemacht?", fauchte sie.
 

"Chidori Nagashi", antwortete er und seine Finger schlossen sich um das Glöckchen um ihren Hals. Mit einer unfassbaren Arroganz in den Augen riss er ihr die Kette einfach vom Hals und stopfte sie sich in die Hosentasche. Aus purer Boshaftigkeit neigte er den Kopf vor ihr, so als wäre er ihr dankbar für die unfreiwillige Spende, dann machte er zwei Schritte nach hinten.
 

Sasuke löste die Fäden und Sakura konnte sich nicht einmal mehr auf den Beinen halten und kippte nach vorne. Er sah gelassen zu, wie sie vornüber auf den Ast fiel, ohne sich abstützen zu können und dann zur Seite rollte und runter stürzte.
 

Langsam geriet sie in Panik. Der Boden kam rasend schnell näher und sie konnte rein gar nichts tun. Ihre Arme und Beine wollten sich einfach nicht bewegen lassen, es war als hätte er sie mit seinem Jutsu schlichtweg gelähmt. Wenn sie sich weder schützen noch abrollen konnte, würde der Aufprall sie töten.
 

Aber bevor es soweit kam, packte jemand sie in der Luft, fing sie auf und landete mit ihr fast sanft auf dem Boden. Eigentlich dachte sie, Naruto hätte sie gerettet, aber es war Sasuke, der ziemlich genervt aussah. Wahrscheinlich passte es ihm nicht, dass er sie gerettet hatte. Er legte sie unzeremoniell auf den Boden, warf ihr noch einen düsteren Blick zu und sagte: "Keine Sorge, in ein paar Stunden kannst du dich wieder bewegen."
 

Sasuke verschwand aus ihrem Sichtfeld und Sakura wünschte ihm die Pest an den Hals.
 

…tbc…

Duell

Sasuke begann sich schon zu fragen, ob eine der Kreaturen, die in diesem Wald hausten, Naruto wohl erwischt hatte, denn seit fast drei Stunden hüpfte er zielstrebig von Ast zu Ast und bisher hatte Naruto sich noch nicht blicken lassen. Automatisch fasste er in seine Hosentasche, aber das Glöckchen war sicher an seinem Platz. So einfach hatte er sich das nicht vorgestellt. Eigentlich hätte er sich gerne mal mit Naruto gemessen und jetzt würde er wohl – warum auch immer – ohne einen weiteren Kampf beim Turm ankommen.
 

Wie aufs Stichwort tauchte etwas hinter den Bäumen auf. Erstaunt stellte er fest, dass die Richtung nicht ganz stimmte. Er musste sich nach links wenden, um geradeaus auf den Turm zuzulaufen. Merkwürdig. Eigentlich hatte er einen ganz hervorragenden Orientierungssinn. Er hätte den Turm weiter geradeaus vermutet und nicht schräg links in der Ferne.
 

Weil Sasuke gelernt hatte, seinen Instinkten zu vertrauen, wurde er misstrauisch und aktivierte die Sharingan. Die weißen Mauern des Turms weit hinter den Bäumen begannen zu flackern und unter seinem Blick schließlich ganz zu verschwinden. Respekt, Naruto! Ich hätte dir sowas gar nicht zugetraut!
 

Dann war es also doch soweit. Sasuke konnte kaum an sich halten, so sehr freute er sich auf das bevorstehende Duell. Jetzt würde er wirklich sehen, was Naruto drauf hatte. Anstatt auf den nächsten Ast zu springen packte er ihn mit einer Hand, sammelte Chakra in den Fußsohlen und drückte die Füße gegen den Baumstamm. Er wollte nicht in der Luft kämpfen. Nicht gegen so einen unberechenbaren Ninja. Deshalb rannte er den Stamm entlang nach unten.
 

Er war gerade erst auf dem Boden aufgekommen, da ertönte schon die helle Stimme: "Kage Bunshin no Jutsu!" Und dann schien der Wald im Umkreis von einem halben Kilometer überfüllt zu sein mit Doppelgängern. Sasuke seufzte. Er musste die wohl erst erledigen, bevor Naruto sich bequemen würde, selbst zu kämpfen.
 

Die nächsten Minuten waren ein wahrer Höllenritt. Es regnete Klone von überall und wenn Sasuke einen kaputtschlug kamen drei weitere nach. Er half sich mit allem was ihm einfiel, Feuerbälle, Chidori Nagashi, Kunai, Wurfsterne… Bis sich der echte Naruto endlich blicken ließ und blitzschnell durch die Rauchwolke geschossen kam. Sasuke sah ihn noch, er sah die Bewegung sogar voraus mit seinen Augen, und trotzdem konnte er sie nicht mehr stoppen. Naruto schlug ihm mit voller Wucht die Faust ins Gesicht.
 

Schmerz war das Erste, was Sasuke danach registrierte. Seine Nase fühlte sich völlig taub an und als er sich aufrichtete, tropfte Blut auf den Boden. Es tat höllisch weh. Sein Kopf ruckte in die Höhe und in wenigen Metern Entfernung stand Naruto, jetzt ganz allein, die Hände siegessicher in die Hüften gestutzt, mit einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht. Die Wut über den Faustschlag, den er hatte einstecken müssen, wich einer Art von Euphorie. Sasuke kam wieder auf die Füße und starrte den anderen kampfeslustig an. "Lass uns doch Ernst machen! Wer das Duell gewinnt, der kriegt das Glöckchen!"
 

"Ich will dich nicht umbringen, Sasuke", höhnte Naruto.
 

Dieses Selbstbewusstsein war fast absurd. Am Ausgang dieses Kampfes bestand keinerlei Zweifel. Sasuke hatte die Sharingan. Jemand wie Naruto, ohne Bluterbe, würde niemals dagegen ankommen. "Du krümmst mir nicht mal ein Haar, du Vollidiot. Los, oder hast du Angst?"
 

In den blauen Augen seines Gegenübers sah er, dass dessen Kampfgeist geweckt war. Sasuke breitete die Arme aus, als wolle er Naruto die erste Attacke überlassen.
 

Auf den Sieg freute er sich jetzt schon.
 


 

Rasengan… Dieses Jutsu sagte Sasuke überhaupt nichts. Itachi hatte zeitlebens unzählige Jutsu kopiert und zumindest versucht, Sasuke von allen zu erzählen. Schließlich war es einfacher, ein Jutsu zu durchschauen oder gar zu überlisten, wenn man es schon vorher kannte. Aber das hier kannte Sasuke nicht. Überhaupt nicht. Er wusste nicht, warum Naruto einen Doppelgänger dafür brauchte und er wusste auch nicht, wie nah der Blonde mit diesem Ding in seiner Hand an ihn rankommen musste, damit es wirksam wurde. Beim ersten Mal, als Naruto es benutzt hatte, war Sasuke deshalb lieber auf Abstand geblieben und hatte Naruto mit einer zugegebenermaßen ziemlich hinterlistigen Aktion mit einem Wurfstern und einem Faden aus der Luft geholt und zu Boden gezerrt. Aber er hatte sich auch vorgenommen, beim nächsten Mal nicht mehr davonzulaufen.
 

Fasziniert und alarmiert zugleich saß er in der Hocke auf einem Ast und wartete. Er hatte grade den letzten Doppelgänger zerschmettert und wenn er Narutos Handlungen nur ein kleines Bisschen voraussagen konnte, würde der es jetzt wieder mit Rasengan versuchen. Sasuke hatte die entsprechenden Fingerzeichen und Bewegungen längst kopiert. Aber es gehörte wohl etwas mehr dazu, es war ihm klar, dass er das Jutsu nicht einfach würde übernehmen können. Dann musste er ihm eben ein anderes entgegensetzen.
 

Es gab so vieles, auf das Sasuke hätte zurückgreifen können. Itachi hatte ihn so vieles gelehrt, das er jetzt gut hätte gebrauchen können… aber nichts davon war auch nur annähernd brauchbar. Sasuke kannte bloß Kniffe, um einen Gegner zu töten. Aber er wollte Naruto schließlich nicht umbringen, sämtliche Kinjutsu fielen damit sowieso schon mal flach. Auch eine besonders gemeine Spezialität von ihm, die er eigenhändig entwickelt hatte, kam nicht in Frage. Sasuke hatte ein gekonntes Manöver entwickelt, an dessen Ende dem Gegner für gewöhnlich ein Bein oder ein Arm fehlte, idealerweise der Kopf. Völlig inakzeptabel. Er wollte bloß gewinnen, aber hatte kein Interesse daran, Naruto umzubringen.
 

Im Grunde blieben nur zwei Jutsu übrig. Beide wollte er nicht unbedingt einsetzen, weil ihn beide erheblich schwächen würden. Aber für eines musste er sich entscheiden und weil er die Sharingan vielleicht noch brauchen würde in diesem Kampf, entschied er sich für Chidori.
 

Als er hinter sich etwas hörte, stand er auf und die Funken tanzten um seinen rechten Arm. Von diesem Angeber würde er sich nicht schlagen lassen. Bestimmt nicht. Sasuke drehte sich um, riss den Arm nach vorne und sprang Naruto entgegen.
 

Als die zwei Jutsu aufeinander prallten, passierte das mit einer Kraft, dass er glaubte, die Knochen seines rechten Armes würden gleich brechen. Das Licht wurde so grell, dass er die Augen schließen musste. Er spürte, wie die Haut seiner rechten Hand Brandblasen warf. Das war ihm egal, er wollte bloß noch gewinnen. Als sein rechter Arm plötzlich nachgab und etwas ihn mit großer Kraft erfasste und nach hinten schleuderte, konnte er es kaum fassen.
 

Im freien Fall nach unten verlor er das Bewusstsein.
 


 

Kakashi zog erstaunt die Augenbrauen hoch, als er irgendwo im Wald helles Leuchten sah. Mit zwei Sekunden Verspätung hörte er die Explosion und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Er hatte sich so etwas schon gedacht. Dieses Duell war längst überfällig gewesen. Hoffentlich würde Naruto Sasuke von seinem hohen Ross runterholen.
 

Aber mehr noch hoffte er, dass die zwei sich nicht gegenseitig umbringen würden. Es war schon eine interessante Kombination… wenn er das richtig deutete, war das Leuchten in der Ferne ein ziemlich heftiger Zusammenprall gewesen. Chidori gegen Rasengan, schätzte er. Rasengan war definitiv Narutos stärkste Angriffswaffe und Sasuke konnte außer Chidori nicht viel. Itachi hatte ihm andere Dinge beigebracht. Verbotene Dinge. Sasuke hatte außer Chidori nichts, was er einem Gegner entgegensetzen konnte – jedenfalls nicht, ohne diesen zu töten. Und, so ungern er es auch zugab, das Rasengan war einfach stärker. Sasuke hatte ohne Kinjutsu keine große Chance. Es sei denn, er konnte mit den Sharingan mehr anstellen, als er bisher gezeigt hatte.
 

Auf jeden Fall war Kakashi sehr gespannt, wer das Glöckchen letzten Endes erobern würde.
 


 

Sasuke öffnete die Augen. Er hatte im ersten Moment keine Ahnung, wo er überhaupt war. Dann fiel ihm ein, warum er hier auf dem Boden lag. Entsetzt richtete er sich auf und keuchte, als etwas in seine Seite schnitt. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Nur ganz kurz oder länger? Wo war Naruto?
 

Sein rechter Arm fühlte sich taub an. Der Aufprall hatte ihm fast das Handgelenk zerschmettert. Er war nach unten gestürzt, daran erinnerte er sich noch. Und ein gottverdammter spitzer Zweig hatte sich in seine Seite gebohrt, wie er jetzt feststellen musste. Gute drei Zentimeter tief. Verbissen zog er ihn raus und sofort sog sich sein Hemd mit Blut voll. Verdammter Naruto!
 

Als nächstes tastete er nach dem Glöckchen. Es war noch da.
 

Ich war nicht lange bewusstlos! Ich bin gestürzt, war kurz weg und bin dann zu mir gekommen! Wo ist Naruto? Dieser Kampf ist nicht vorbei! Ich verliere nicht!
 

Es kostete ihn viel Mühe, sich aufzurappeln. An den nächsten Baum gelehnt wartete er, eine Hand auf die Wunde gepresst. Sasuke wusste, dass er nur ein paar Augenblicke Zeit brauchte, um sich an den Schmerz zu gewöhnen. Er war verletzt, aber nicht schwer. Er musste sich bloß darauf einstellen, dann konnte es auch schon weitergehen. Er schloss die Augen, um sich zu konzentrieren.
 

Über das Wummern seines Herzens hinweg hörte er Schritte. Unregelmäßig und vermischt mit dem Knacken von Ästen und Sträuchern, aber dennoch schnell. Naruto kommt. Er atmete tief ein und drängte den Schmerz zurück. Was auch immer Naruto tun würde, Sasuke hatte nicht mehr viele Möglichkeiten. Genjutsu vielleicht, aber er konnte nie genau wissen, ob er den Echten oder nur einen Doppelgänger erwischte. Weglaufen konnte er nicht. Er traute sich in seiner momentanen Verfassung nicht einmal zu, einem Angriff auszuweichen.
 

Wild entschlossen, nicht gegen Naruto zu verlieren, öffnete Sasuke seine Augen.
 

Und dann kam jemand aus dem Unterholz gestürzt und stürmte auf ihn zu. Naruto blutete auch. Er wirkte auch angeschlagen. Aber wäre das Duell nach dem Aufeinanderprallen zu Ende gewesen, wäre er der Sieger gewesen. Er konnte noch laufen. Er konnte noch kämpfen.
 

Sasuke wusste, dass er nicht mehr schnell genug war, um wegzukommen. Er würde es nicht schaffen. Ein Faustschlag würde dieses Duell beenden. Er stand da und starrte Naruto an und wusste, dass er verlieren würde. Und diese Erkenntnis war ein Schock.
 

Ich verliere doch nicht!! Ich bin ein Uchiha, ICH GEWINNE!
 

Die Konsequenzen waren ihm egal. Alles war ihm egal. Das Einzige, was noch zählte, war der Sieg. Er schaute Naruto in die Augen und er musste sich noch nicht einmal anstrengen. Es passierte fast wie von selbst.
 

Naruto hielt mitten in der Bewegung inne.
 

Eine Gestalt war vor Sasuke aufgetaucht, farblos und durchscheinend zuerst, nahm aber sehr schnell Gestalt an. Durch das Trugbild hindurch konnte Sasuke Narutos überraschtes Gesicht sehen. "Was zum Teufel ist das?", kam es von Naruto und Sasuke grinste überheblich. Die Illusion wurde jetzt greifbar und er starrte auf den blonden Hinterkopf. Nicht einmal einen halben Meter vor ihm, mit dem Rücken zu ihm, stand das genaue Ebenbild von Naruto.
 

Sasuke reckte das Kinn in die Höhe. "Es ist vorbei, Naruto. Du hast keine Chance, mir auch nur noch ein Haar zu krümmen." Dass die Wirkung nicht lange anhalten würde, nicht lange anhalten konnte, verschwieg Sasuke selbstverständlich.
 

Seine Worte provozierten genau die erhoffte Reaktion. Naruto zückte seinen Kunai und stürmte los. Sein Ebenbild tat es ihm gleich und die beiden stürmten aufeinander zu, während Sasuke an seinem Platz blieb und dem Spektakel zusah. Naruto glaubte natürlich immer noch, er hätte es einfach mit einem Doppelgänger zu tun. Erst versuchte er, einfach einen Bogen um ihn zu machen, aber der vermeintliche Doppelgänger schlug ebenfalls einen Haken und rannte weiter auf ihn zu. Ungeduldig schlug Naruto mit der Faust nach der Illusion und die machte es ihm genau spiegelverkehrt nach. Die beiden Narutos trafen einander im Gesicht und stürzten beide nach hinten.
 

Sasuke lachte, während die zwei schon wieder hochkamen. "Du kommst nicht an ihm vorbei. Und wie willst du dich selbst bekämpfen?"
 

Naruto machte das Fingerzeichen, das fast schon zu seinem Markenzeichen geworden war. Verständnislos schüttelte Sasuke den Kopf. Es schien Naruto nicht zu stören, dass sein Ebenbild es ihm gleichtat. "Kage Bunshin no Jutsu!"
 

Der Wald war überfüllt mit Naruto Doppelgängern. Die eine Hälfte hatte der Echte erschaffen, die andere Hälfte sein Spiegelbild. Damit war die Aktion nicht mehr als verschwendetes Chakra gewesen. Die Doppelgänger gingen bis auf jeweils einen aufeinander los und traten einander aus dem Leben. So langsam musste es Naruto wohl klar werden, dass ein einfacher Doppelgänger sowas nicht geschafft hätte. Oder auch nicht. Es war schon fast lächerlich, dass er es jetzt mit Rasengan versuchte. Einer seiner Doppelgänger stand an seiner Seite und half ihm, es vorzubereiten. Sein Ebenbild stand ihm gegenüber, ebenfalls mit einem Doppelgänger neben sich, und vollführte exakt dieselben Bewegungen.
 

Naruto hat keine Chance. Wenn ich mehr Reserven hätte, könnte ich einfach stehen bleiben und zusehen, wie er und sein Spiegelbild sich gegenseitig umbringen. Mit Susanoo kann ich alles spiegeln außer einem Bluterbe. Er hat keines und das bedeutet, er hat schon verloren.
 

Der Echte und der Falsche Naruto gingen mit dem Rasengan aufeinander los. Sasuke schützte seine Augen, als sie aufeinanderprallten, weil es so hell wurde. Er hatte immer noch Schmerzen und wünschte, er könnte einfach weiter zusehen, wie Naruto mit der Situation umgehen würde. Aber er hatte nicht sehr viel Zeit. Er wartete den richtigen Moment ab, nämlich den, als Naruto von der Wucht seines eigenen Ansturms nach hinten geworfen wurde.
 

Hinter Naruto tauchte Sasuke auf. Er brauchte nichts weiter zu tun, als den Ellbogen ausstrecken. Naruto fiel ihm entgegen und Sasuke schmetterte dem Blonden den Ellbogen mit aller Kraft in den Rücken. Die Bewegung tat ihm selbst genug weh, aber er war überzeugt, es damit beendet zu haben. Naruto fiel vor ihm wie ein Häufchen Elend zu Boden.
 

Sein Spiegelbild ebenfalls und Sasuke begriff, dass er keine Sekunde zu früh eingegriffen hatte. Narutos Spiegelbild begann zu flackern, wurde durchsichtig und verschwand dann völlig. Er merkte, wie die Welt um ihn herum zu einem Gemisch wabernder Farben wurde. Die Sharingan schwächelten, schon nach diesem einen Angriff.
 

Jetzt war Sasuke nicht mehr aufgeregt und euphorisch. Er war wütend. Er hätte beinahe verloren. Aus purem Ehrgeiz hielt er die Sharingan trotz des Schwindelgefühls aufrecht. Naruto kauerte vor ihm auf dem Boden, gekrümmt und leise Schmerzenslaute von sich gebend. Zornig blickte Sasuke auf ihn herab und sagte düster: "Gegen mein Bluterbe kommst du eben nicht an."
 

Er würde mit dem Glöckchen zum Turm gehen. Naruto würde ihm nicht mehr folgen. Er hatte gewonnen, gegen alle beide. Aber irgendwie blieb ein bitteres Gefühl der Enttäuschung zurück. Von dem Gefühl seiner Überlegenheit war nichts mehr übrig.
 

Eine Hand packte sein Bein und Sasuke starrte entsetzt an sich runter. Naruto hielt ihn eisern fest, starrte zu ihm hoch und sagte mit verzerrter Stimme: "Aber noch ist es nicht vorbei!"
 

Irgendwas stimmte mit Naruto nicht. Mit den Sharingan sah Sasuke sein Chakra und es… es umgab ihn wie eine Aura und es hatte die Farbe gewechselt. Jetzt war es rot… rot wie Blut… Was zum Teufel ist denn das?! Naruto selbst sah auch anders aus. Seine Augen… und… Sasuke war zu überrascht, zu entsetzt um zu reagieren. Er wurde widerstandslos von den Füßen gerissen und fiel rückwärts auf den Boden.
 

Er stützte sich auf die Unterarme und starrte Naruto fassungslos an. Der Blonde stand auf allen Vieren, wie ein Tier. Das war nicht normal, das konnte nicht normal sein! Naruto ging in die Knie, holte Schwung, und Sasuke starrte immerzu in diese Augen, fasziniert und entsetzt von der unerwarteten Veränderung. Naruto stieß sich ab, er sprang auf ihn zu, und Sasuke starrte immer noch, hilflos auf der Suche nach dem Grund für das, was da passierte.
 

Irgendwas passierte mit ihm, mit den Sharingan, mit der Welt. Und dann wurde es dunkel.
 


 

Er verstand überhaupt nichts mehr. Sasuke hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Das war ein sehr unangenehmes Gefühl, das er schon zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit erleben musste. Er war definitiv nicht mehr im Wald. Er stand knöcheltief in kaltem Wasser. Um ihn herum war es ziemlich dunkel, irgendeine diffuse Lichtquelle sorgte für eine abscheuliche, gelbe Beleuchtung. Egal in welche Richtung er auch sah, da war nichts. Nur ein paar Meter direkt vor ihm war etwas… er konnte es nicht erkennen, deswegen machte er ein paar Schritte in die Richtung. Es war ein riesengroßes Tor aus Holz mit einem Schloss größer als sein Kopf.
 

Wo bin ich hier?!
 

Verbissen versuchte er, sich an das zu erinnern, was geschehen war. Naruto hatte ihn angesprungen. Er hatte in diese eigenartigen Augen gestarrt und nach einer Erklärung gesucht. Die Sharingan… irgendwas hatte er damit gemacht, ganz selbstverständlich, so als hätte er es schon immer gemacht. Wo auch immer er war, es hatte mit Naruto zu tun.
 

Ungläubig näherte Sasuke sich dem Tor. Es war versiegelt mit einem Bannspruch. Jetzt hörte er es, er hörte, dass dahinter etwas verborgen war, das atmete und lebte. Hinter diesem Tor saß etwas Finsteres, etwas Altes und er wusste nicht, was es zu bedeuten hatte. Was war es, das die Sharingan ihm da zeigten?
 

"Wer bist du?"
 

Die Stimme war nicht menschlich. Sasuke spürte einen Schauer, als er sie vernahm und es gelang ihm nicht, zu antworten.
 

Er war jetzt nur noch einen Schritt von dem Tor entfernt. Er bräuchte nur die Hand auszustrecken und den Bannspruch abreißen. Was auch immer sich dahinter verbarg, er wollte es wissen. Er wollte…
 

"Sasuke?!" Sasuke hätte jeden Eid geschworen, dass er bis eben allein hier gewesen war. Und jetzt stand Naruto neben ihm, keine fünf Schritte entfernt, und starrte ihn ungläubig an. "Sasuke, was tust du hier?"
 

Wie sollte er das beantworten? Er wusste ja nicht einmal, wo dieses "hier" war. Die Sharingan… ist das hier vielleicht Tsukiyomi? Automatisch sah er nach oben, erwartete fast, den roten Himmel zu sehen, wie Itachi ihn ihm immer gezeigt hatte. Aber über ihm war nur Finsternis. Hatte er diese Welt erschaffen? Wenn ja, war es seine und er hatte die Kontrolle. Aber so fühlte er sich nicht. Das hier war anders. Er spürte, dass etwas Unheimliches von dem Tor ausging. Etwas, das sich definitiv seiner Kontrolle entzog.
 

Das hier ist nicht Tsukiyomi.
 

Die Sharingan hatten etwas gesehen, das dem bloßen Auge bisher verborgen geblieben war. Sie wollten ihm etwas zeigen und er wusste, dass es sich hinter dem Tor verbarg. Durch die Gitterstäbe waberte blutrotes Chakra, wie er es zuletzt bei Naruto gesehen hatte. Was auch immer hier eingesperrt war, daraus bezog Naruto seine Stärke.
 

"SASUKE!!" Er hatte Naruto beinahe vergessen, erfasst von der morbiden Faszination der Kreatur, die hinter dem Tor lauerte. Der Blonde packte ihn am Kragen, riss ihn herum und schrie ihn an. "Wie bist du hergekommen? Du hast kein Recht dazu! Verschwinde! VERSCHWINDE!"
 

Die finstere, unmenschliche Stimme lachte hinter dem Tor.
 

Sasuke fiel in die Finsternis, wusste nicht mehr, wo oben und unten war, und dann…
 


 

Sasuke starrte direkt in Narutos azurblaue Augen. Er konnte den erneuten, plötzlichen Realitätenwechsel kaum verkraften und er hatte keine Ahnung, was er da gerade gesehen hatte. Naruto lag auf ihm, hatte ihn wohl tatsächlich angesprungen, nicht aber wirklich angegriffen. "Was… was hast du gemacht?", keuchte Naruto. Sasuke kam nicht dazu, ihm zu antworten.
 

"Jungs!" Sakuras Stimme ließ sie beide aufblicken. Feixend saß sie auf einem Ast und von ihrer Hand baumelte das Glöckchen. Sie streckte den beiden die Zunge raus und spottete: "Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte!" Das Glöckchen klimperte nochmal, dann stand sie auf, drehte sich um und huschte davon.
 

"Du hast das Glöckchen nicht mehr?!", keifte Naruto.
 

Hastig tastete Sasuke danach und es war tatsächlich nicht mehr in seiner Hosentasche. Er hatte keine Ahnung, wann sie es gemacht hatte. Eigentlich hätte es fast zu jedem Zeitpunkt sein können. "Verdammt!"
 

"Wir holen sie nie mehr ein", seufzte Naruto.
 

"Ich weiß." Alle Wut war verraucht. Sasuke war einfach nur überrascht, dass es Sakura gelungen war, ihn zu bestehlen und dass sie durch so einen schäbigen Trick jetzt diesen Wettstreit gewinnen würde. Eigentlich hätte sie gar nicht in der Lage sein dürfen, sich schon wieder zu bewegen. Genau wie Naruto hatte er sie unterschätzt.
 

Er sah auf, als ihm eine Hand hingestreckt wurde. Naruto stand vor ihm und sagte: "Komm hoch." Bereitwillig ließ Sasuke sich in die Höhe ziehen und taumelte erstmal. Er hatte seine letzten Reserven verbraucht. Und Naruto wirkte, als käme er bloß vom Joggen. Sasuke hatte ihm den Ellbogen mit voller Wucht ins Kreuz gerammt. Eigentlich sollte Naruto nicht einmal in der Lage sein, aufrecht zu stehen.
 

Den ganzen Weg über sprachen sie kein Wort miteinander. Sasuke konnte nicht aufhören über das nachzudenken, was er gesehen hatte.
 


 

Sakura strahlte über das ganze Gesicht. Sasuke warf ihr finstere Blicke zu, aber das konnte ihrer Freude keinen Abbruch tun. Sie hielt immer noch das Glöckchen in der Hand, als er und Naruto endlich beim Turm ankamen. Grinsend übergab sie es Kakashi und der nickte zufrieden. "Gut gemacht, Sakura." Dann warf er den beiden Jungs einen Blick zu und sagte: "Im Gegensatz zu euch hat sie alles richtig gemacht. Es ging lediglich darum, das Glöckchen zu bekommen. Ihr beide habt euch lieber duelliert anstatt mit dem Glöckchen zum Turm zu gehen."
 

Genervt zuckte Sasuke die Schultern. Dann durfte er eben nicht an der Prüfung teilnehmen, das war ihm völlig egal. Ihn beschäftigten ganz andere Dinge. Inzwischen hatte er das seltsame Erlebnis beiseite geschoben und hatte nun wieder an der Tatsache zu knabbern, dass er von Sakura besiegt worden war und gegen Naruto nicht hatte gewinnen können. Er beobachtete Sakura, wie sie sich um Narutos Wunden kümmerte. Unfair oder nicht, sie hatte ihre Sache sehr gut gemacht. Und Naruto… Sasuke hatte verstanden, dass es durchaus gerechtfertigt war, mit diesen Beiden in einem Team zu sein. Sie waren gut, alle beide. Sehr viel besser als er gedacht hatte.
 

Kakashi steckte das Glöckchen weg. "Bei der Jounin Prüfung werdet ihr nicht die Zeit haben, so kleinliche Kämpfe auszutragen. Lasst euch das eine Lehre sein. Was auch immer man euch für Aufgaben stellt, es ist nie gut, sich ablenken zu lassen."
 

"Bei der Prüfung?", hakte Naruto nach. "Aber ich dachte, nur Sakura darf…"
 

"Ach, das! Das war doch nur ein kleiner Anreiz, um das Spiel etwas interessanter zu machen. Ich werde euch alle drei empfehlen."
 

Naruto jubelte, Sasuke war es gleichgültig. Er war erschöpft, er wollte nur noch nach Hause.
 

…tbc…
 

***
 

Die Susanoo Sache hab ich mir ausgedacht. Ich fand die Idee lustig, dass die dritte MS Technik bedeutet, dass ein Gegner gegen sich selbst kämpfen muss. Hab ich erwähnt, dass ich es hasse, Kampfszenen zu schreiben?

Gefühle

Träge schob Sasuke die Tür auf und ließ sich müde auf den Boden sinken, um irgendwie seine Schuhe auszuziehen. Er fühlte sich wie gerädert und wollte sich nur noch hinlegen. Mühsam schlüpfte er aus seinen Schuhen und zog sich wieder hoch. Die Wunde an seiner linken Seite, da wo er direkt in den spitzen Ast gefallen war, blutete zwar nicht mehr, zwickte aber immer noch. Sakura hatte nur die Wunde verschlossen, ihn aber nicht vollständig heilen können. Wahrscheinlich weil sie sich vorher an Narutos Schnittwunden verausgabt hatte. Aber die blauen Flecken und die halb verheilte Wunde waren Sasukes geringste Probleme.
 

Mit schweren Schritten schleppte er sich in Richtung seines Zimmers und hoffte inständig, keiner würde seine Rückkehr bemerken. Aber seine Mutter war nicht taub, irgendwo ging eine Tür auf und dann stand sie vor ihm. Nein, es war sogar noch schlimmer, denn hinter ihr kam dann auch noch Fugaku aus dem Arbeitszimmer und er musterte seinen abgekämpften Sohn kritisch.
 

"Sasuke! Was ist denn passiert?", fragte seine Mutter erschrocken.
 

"Training", antwortete er knapp und versuchte, an ihr vorbeizukommen. Er fing den Blick seines Vaters auf und obwohl er sich selbst dafür hätte ohrfeigen können, versetzte ihm der missbilligende Ausdruck in dessen Augen einen Stich. Seine Mutter umflatterte ihn und versuchte allen Ernstes, ihn zu stützen. Er schob ihre Hände beiseite, aber sie wollte es nicht lassen. Schließlich stützte er sich der Form halber auf sie und ließ sich in sein Zimmer bringen.
 

Seine Mutter bugsierte ihn aufs Bett und verschwand. Sasuke ließ frustriert den Kopf hängen. Zweimal Chidori reichte aus, um ihn in so einen Zustand zu versetzen. Besonders schlimm war es im rechten Arm. Seine Finger wollten sich nicht mal mehr richtig bewegen lassen, es reichte jedenfalls nicht, um den Knoten seines Stirnbands zu lösen. Er nestelte gerade daran herum, als seine Mutter zurückkam. Er blickte sie verwundert an und sie setzte sich zu ihm ans Bett. Sie hatte… Pflaster dabei. Sasuke war zu perplex um sie davon abzuhalten, als sie an seiner Statt den Knoten seines Stirnbands löste und es auf seinen Nachttisch legte. Dann nahm sie sein Kinn und starrte prüfend auf sein Gesicht. "Was… was machst du da?", fragte er irritiert.
 

"Deine Schmerzen lindern", antwortete sie. Sie entdeckte die Brandblasen in seinem Gesicht, die von seinem ersten, riesigen Feuerball herrührten, und schmierte irgendeine seltsam riechende Creme drauf. Sasuke wusste nicht, was er davon halten sollte. Er ließ sie einfach mal machen, weil er gemerkt hatte, dass sie wild entschlossen war, sich nicht abwimmeln zu lassen. Als sie fertig war, klebte sie ihm wie einem kleinen Kind Pflaster ins Gesicht, anschließend machte sie an seinen Händen weiter. Sorgfältig verband sie seine rechte Hand, die überall wund und aufgerissen war, und Sasuke konnte ihr bloß erstaunt zusehen. So fühlte sich das also an. Itachi hatte ihn selbstverständlich nie so umsorgt. Wenn er verletzt oder krank gewesen war, dann hatte Itachi ihn nie alleine gelassen, aber um ihn so gekümmert hatte er sich auch nicht. Früher hatte Sasuke sich in solchen Zeiten nach seiner Mutter zurückgesehnt. Und jetzt war er fünfzehn und sie umsorgte ihn als wäre er acht. Es sollte ihm peinlich sein, aber in Wahrheit versuchte er, sich dieses Gefühl einzuprägen.
 

Als sie fertig war, streichelte sie ihm über den Kopf und sagte: "Leg dich hin, bis es dir wieder besser geht."
 

Er nickte erschöpft. Seine Mutter stand auf und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Als sie an der Tür war, rief Sasuke: "Mutter!" Sie drehte sich zu ihm um. Er versuchte zu lächeln. "Danke."
 

Sie erwiderte das Lächeln und schlüpfte dann aus der Tür.
 


 

Sasuke grummelte unwillig. Er war gerade erst eingeschlafen und jetzt tippte ihm jemand ständig im Gesicht herum. Verärgert drehte er sich auf die Seite um weiterzuschlafen. Das Bett bewegte sich, als jemand raufkletterte und dann fragte eine beharrliche Kinderstimme: "Nii-san? Bist du wach?"
 

"Nein", antwortete er automatisch. Aber wach wurde er trotzdem. Er öffnete nur sehr langsam die Augen und wunderte sich, dass Kiyoshi schon so früh auf war. Eben, bevor er eingenickt war, war es kurz vor vier gewesen. Er hob den Kopf um seinen kleinen Bruder anzusehen, der auf seinem Bett saß und ihn neugierig beobachtete. "Was tust du hier?", fragte er schläfrig.
 

"Dich wecken! Mama hat gesagt, dass ich dir sagen soll wie spät es ist."
 

"Und? Wie spät ist es?"
 

"Halb acht."
 

Auf einmal war Sasuke hellwach. Er starrte ungläubig zum Fenster und tatsächlich schien draußen schon die Sonne. "Verdammt!" Er schlug die Bettdecke beiseite und sprang aus dem Bett. Das bereute er dann auch gleich wieder und wäre sein Bruder nicht dabeigewesen, hätte er sich einfach fallen lassen, weil die plötzliche Belastung seinem Körper überhaupt nicht gefiel. Um vor Kiyoshi nicht wie ein Schwächling auszusehen, biss er die Zähne zusammen und hielt sich aufrecht, bis der Schmerz nachließ. Das Kind blieb auf seinem Bett sitzen und sah sich neugierig in Sasukes Zimmer um.
 

Als Sasuke sich das Hemd über den Kopf zog, fragte Kiyoshi neugierig: "Wo hast du die blauen Flecken her?"
 

"Vom Training."
 

Der Junge entdeckte Sasukes Schwert, das scheinbar zur Zierde über seinem Bett hing. Er stellte sich auf das Bett und versuchte, ranzukommen, war aber nicht groß genug. "Ich will auch so ein Schwert", sagte er und starrte immer noch zu der Waffe hoch.
 

"Die Uchiha Familie hält eigentlich nicht so viel vom Schwertkampf", entgegnete Sasuke gedankenverloren und zog sich mit großer Mühe ein frisches Hemd über. Dann ging er rüber zum Bett und nahm das Schwert runter. "Das war ein Geschenk von Itachi. Es ist das Kostbarste, was ich besitze." Er hatte beschlossen, das Schwert von jetzt an immer mitzunehmen für den Fall, dass Kakashi wieder irgendwelche seltsamen Trainingsmethoden einfallen sollten. Gestern hätte er die Waffe gut gebrauchen können.
 

Kiyoshi streckte die Arme aus und Sasuke reichte sie ihm nach kurzem Zögern. Auch wenn sein Bruder noch ein Kind war, er war auch bereits ein Ninja in der Ausbildung. Er war nicht dumm genug, sich damit selbst zu verletzen. Kinder wie er wussten mit scharfen Waffen umzugehen. Während der Junge das Schwert studierte, verschwand Sasuke im Bad. Als er wiederkam, saß sein Bruder immer noch auf dem Bett, mit dem Schwert auf dem Schoß.
 

"Wie ist Itachi-nii-san so?", fragte er, ohne den Blick von dem Schwert zu nehmen.
 

"Wie meinst du das?" Sasuke konnte sich nicht wirklich auf die Fragen des Kindes konzentrieren. Er suchte verzweifelt nach seinem Stirnband. Er war schon über eine halbe Stunde zu spät und dieses mal hoffte er, dass Kakashi sich auch wie immer verspäten würde.
 

"Na, wie ist er so?"
 

Sasuke hielt inne und überlegte. "Itachi ist… mmh… stark", antwortete er. "Er redet nicht sehr viel und ist ein bisschen schwer zu durchschauen."
 

"Ist er so wie du?"
 

"Nein."
 

Kiyoshi sah verwirrt aus. "Du redest auch nicht viel. Und du bist auch stark."
 

Milde lächelnd sah er das Kind an. "Itachi ist sehr viel stärker als ich", antwortete er und erspähte endlich sein Stirnband auf dem Nachttisch. Minutenlang kämpfte er damit, schaffte es aber nicht, den Knoten festzumachen. Frustriert stopfte er das Stirnband in seine Tasche und nahm seinem Bruder das Schwert weg. "Ich muss jetzt los."
 

"Nii-san!", rief Kiyoshi hinter ihm her. "Meinst du, er kommt irgendwann auch wieder nach Hause?"
 

Sasuke zögerte. "Ich hoffe es", antwortete er schließlich und verließ den Raum.
 


 

Obwohl Sasuke fast eine Stunde zu spät kam, tauchte Kakashi erst eine Viertelstunde nach ihm am Treffpunkt auf. Wie immer begrüßte er sie alle fröhlich und wie immer motzten Sakura und Naruto ihn an, weil er sich so verspätet hatte, was er wie immer mit einer absurden Entschuldigung abtat. Sasuke graute schon vor der heutigen Trainingseinheit, weil ihm immer noch jeder Muskel im Leib wehtat. Umso dankbarer war er, als Kakashi verkündete: "Ich möchte mit euch über die Prüfung sprechen. Wir werden heute ein paar Übungen machen, die sich vom üblichen Training unterscheiden. Setzt euch." Gehorsam setzten sie sich in die Wiese und Sasuke suchte unauffällig nach einer einigermaßen bequemen Sitzposition. Blöderweise schien es Naruto schon wieder gut zu gehen, er sah aus, als hätte nie ein Kampf stattgefunden. Sehr ärgerlich.
 

"In der nächsten Zeit werde ich versuchen, euch auf die Jounin Prüfung vorzubereiten. Die Übung gestern hatte ihren Sinn genau wie die, die noch folgen werden, ganz egal, wie seltsam sie euch erscheinen werden."
 

"Wie sieht die Jounin Prüfung denn nun aus?", erkundigte Sakura sich. "Tsunade wollte mir nichts darüber sagen."
 

"Das hat schon seinen Sinn. Die Prüflinge sollen schließlich vorher nicht wissen, was auf sie zukommt. Außerdem sehen die Prüfungen jedes Jahr anders aus und wiederholen sich nur alle paar Jahre mal. Ausgesucht wird nach dem Zufallsprinzip und ich weiß selbst nicht, was dieses Mal an der Reihe ist.
 

"Ich kann euch nur sagen, dass ihr auf alles gefasst sein müsst. Wie schon gesagt, Teamgeist und Fähigkeiten wurden bei der Chuunin Prüfung schon ausreichend auf die Probe gestellt. Bei der Jounin Prüfung werden diejenigen ausgesucht, die wirklich dazu taugen, die Klasse A Missionen durchzustehen. Bei der Prüfung seid ihr Einzelkämpfer. Sie werden von euch eine Menge abverlangen und eure Psyche komplett durchleuchten. Sie wollen feststellen, wer der Aufgabe wirklich gewachsen ist.
 

"Und noch etwas: Die Jounin Prüfung ist darauf ausgelegt, dass man sie nicht gleich beim ersten Versuch besteht. Mehrere Anläufe sind ganz normal und sogar gewollt. Seht es als Übung an und seid nicht traurig, wenn es nicht klappt."
 

"Wenn man gar nicht weiß, was dieses Jahr dran ist, wie willst du uns dann trainieren?", fragte Naruto.
 

"Ich kann versuchen, euch auf das was euch erwartet, vorzubereiten und euch das nötige Rüstzeug für die Strapazen dieser Prüfung mitgeben." Er pausierte kurz und dann: "Ach ja, fast hätte ich's vergessen: übermorgen wird offiziell bekannt gegeben, wer teilnehmen wird. Es ist eher eine Formsache, ich bin mir sicher, dass ihr drei dabei seid. Trotzdem, kommt um acht Uhr abends zum Hokage Büro und bleibt, bis man euren Namen aufgerufen hat. Ihr dürft auch gerne die Familie mitbringen." Das klang irgendwie offiziell. Und auf sowas hatte Sasuke überhaupt keine Lust. Er würde sich das einfach sparen und… "Teilnahme ist Pflicht. Wer nicht erscheint, wird nicht zugelassen."
 

Ah, Mist.


 


 

Auf dem Dach des Hokage Gebäudes herrschte ziemlicher Trubel. Eigentlich gab es gar nicht so viele potentielle Kandidaten für die Prüfung, aber erstaunlicherweise waren recht viele Schaulustige gekommen, ganz besonders aus der Riege der Jounin. Sasuke entdeckte sogar ein paar Anbu, die hinter ihren Masken lauernd die Kandidaten beobachteten und sich offenbar schon jetzt ein Bild davon zu machen versuchten, wen sie zukünftig vielleicht für ihre Einheiten rekrutieren konnten.
 

Für Sasuke war die Hektik fast mehr, als er verkraften konnte, ihm war es zu laut und zu voll, überall bildeten sich Grüppchen, entweder von erwartungsvollen Chuunin, die hitzig darüber diskutierten, wer wohl diese Prüfung bestehen würde, oder aber von den alteingesessenen Jounin, die ihre vielleicht zukünftigen Kameraden mit einer Mischung aus Arroganz und Neugierde betrachteten.
 

Sasuke selbst hatte sich in eine ruhige Ecke verzogen, so weit weg von dem Lärm, wie es nur ging, und einmal mehr wünschte er sich nichts weiter als Stille und Einsamkeit. Tsunade war zu spät dran, eigentlich unerhört für das Oberhaupt eines Dorfes, aber es passte irgendwie zu dieser Frau. Alles in Konoha wirkte auf Sasuke irgendwie chaotisch und unorganisiert und er fragte sich einmal mehr, wie das alles hier so reibungslos funktionieren konnte, wenn nicht einmal das Oberhaupt zuverlässig war.
 

Im Laufe einer endlosen halben Stunde gesellte sich Sakura ungefragt zu ihm, begrüßte ihn freundlich und stellte sich neben ihn. Mehrmals versuchte sie, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, aber an diesem Ort war er noch viel weniger dazu bereit, auf ihre Annäherungsversuche einzugehen, als sonst. Irgendwann tauchte dann auch Naruto auf, begrüßte einige andere, und hielt dann schnurstracks auf sie beide zu, wie immer ein heiteres Grinsen im Gesicht.
 

Finster starrte Sasuke ihn an. Er hatte Naruto das, was bei der Prüfung war, noch nicht wirklich verziehen, wobei es ja eigentlich nichts zu verzeihen gab. Es war nur so, er war immer noch irgendwie missgestimmt, weil es Naruto so unerwartet gut gelungen war, ihm zu trotzen. Das kratzte an seinem Ego und er hatte den brennenden Wunsch, seinen Teamkameraden demnächst noch einmal zu einem Duell herauszufordern. Naruto hatte noch nicht einmal ein Bluterbe. Wie konnte es sein, dass er Sasuke so dermaßen in die Enge getrieben hatte? Es war frustrierend.
 

Und da war noch das, was die Sharingan ihm gezeigt hatten. Dieses… Ding, das Sasuke gehörigen Respekt eingejagt hatte. Er hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, was es bedeuten konnte, doch ihm war nichts eingefallen. Im Grunde konnte es alles Mögliche sein, denn das war so früher noch nie passiert. Die Sharingan hatten ihm noch nie so etwas gezeigt, noch nie. Vielleicht hatte die Sache auch etwas Gutes, denn, so oder so, war es wohl ein Schritt in die richtige Richtung. Er hatte sich weiterentwickelt und mit etwas Übung würde er schon noch dahinter kommen, was Naruto für ein Geheimnis hütete.
 

Nach der halben Stunde Wartezeit tauchte dann schlussendlich auch Tsunade auf. Ihre Verspätung tat sie mit einer flapsigen Bemerkung ab, aber wenigstens kam sie gleich zur Sache. Nachdem sie aufgetaucht war, wurde es ruhiger, das nervtötende Stimmengewirr flaute ab und damit beruhigten sich Sasukes Nerven auch etwas. Zusammen mit seinen Kameraden näherte er sich dem kleinen Podest, auf dem die Hokage stand, und mit sehr konzentriertem Gesichtsausdruck eine Schriftrolle mit einer Namensliste entfaltete, um sie vorzulesen.
 

Halbherzig lauschte Sasuke den vorgelesenen Namen. Die allermeisten sagten ihm nichts und sie interessierten ihn auch nicht. Nur einer konnte überhaupt vages Interesse bei ihm hervorrufen, nämlich der Name Hyuuga Neji. Der Hyuuga Clan war durchaus ein wenig Interesse wert und nachdem der Name genannt worden war, hatten zwei Jugendliche im Publikum begeistert losgebrüllt. Und zwischen ihnen stand ein junger Mann mit weißen Augen, zweifellos eben dieser Neji, der ein wenig ungehalten wirkte über das Theater, das die anderen beiden veranstalteten. Ihn würde Sasuke sich merken und ihn genauer unter die Lupe nehmen. Es konnte nicht schaden, ein Mitglied des Schwesternclans zu studieren.
 

Fast zum Schluss wurden dann auch ihre Namen genannt, sie alle drei waren, wie Kakashi es vorhergesagt hatte, zur Prüfung zugelassen worden.
 

Na dann. Obwohl Sasuke grundsätzlich kein großes Interesse an einer Karriere im Dorf hatte, war er durchaus zufrieden damit, zur Prüfung zugelassen worden zu sein. Das bedeutete mehr Training, mehr Erfahrungen und vielleicht sogar die Chance auf einen weiteren Zweikampf mit Naruto. An dem unzufriedenen Stimmengemurmel, das sich erhob, erkannte er schon, dass nicht alle mit dieser Wahl einverstanden waren, aber das war ihm egal. Er war nicht hier, um irgendwem zu gefallen. Sollten sie sich beschweren, so viel sie wollten. Tsunade sah nicht danach aus, als würde sie sich von irgendwem dreinreden lassen.
 

Die Hokage richtete noch ein paar warnende Worte an die Kandidaten. Sehr pathetisch wies sie die Prüflinge an, sich stets der Werte zu erinnern, die man ihnen beigebracht hatte und sich bloß nicht in die Irre führen zu lassen. Sasuke hörte nur mit halbem Ohr zu und als sie geendet hatte, sagte er düster: "Lasst uns gehen." Er konnte es kaum erwarten, von hier weg zu kommen.
 

Mit den anderen beiden im Schlepptau schlängelte er sich durch die Menschenmenge und wurde mit jedem Schritt ungeduldiger. Überall stand ihm jemand im Weg und die meisten machten nur unwillig Platz. Bis sie endlich die Treppe erreicht hatten, war sein Wunsch nach etwas Ruhe fast übermächtig geworden. Glücklicherweise blieben die meisten noch und unterhielten sich, im Treppenhaus war jedenfalls kaum jemand und als sie die Stufen runterstiegen, fühlte er sich mit jedem Schritt in die Stille etwas besser.
 

"Find ich toll, dass wir es alle geschafft haben", sagte Sakura begeistert.
 

Naruto grinste stolz und fragte sie: "Hast du was anderes erwartet?"
 

Selbst das Geschwätz der beiden vermochte Sasuke nicht mehr aus der Ruhe zu bringen. Absolute Stille wäre ihm lieber gewesen, aber er stellte fest, dass seine Teamkameraden ihn nicht annähernd so sehr störten, wie der Rest der Dorfbewohner.
 

Sie hatten etwa zwei von drei Stockwerken hinter sich gebracht, da hörte man, wie oben jemand das Treppenhaus betrat und Stimmen einer Unterhaltung wurden laut. "…eine Ungeheuerlichkeit, dass Uzumaki zur Prüfung zugelassen wurde", hörte man eine Frauenstimme sagen.
 

"Ich versteh es auch nicht. Jemand wie er sollte überhaupt kein Ninja werden dürfen. Dieser Idiot, der nur lachen und essen kann…"
 

"Nach allem, was passiert ist, ist es wie ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die damals jemanden verloren haben, vor fünfzehn Jahren…"
 

Fassungslos warf Sasuke Naruto einen Blick zu, aber der zuckte bloß die Schultern, so als wäre gar nichts dabei.
 

Sakura war allerdings weit weniger geduldig. Sie hängte sich ans Treppengeländer, starrte wutentbrannt nach oben und schrie: "Wollt ihr wohl den Mund halten da oben?"
 

"Lass doch", besänftigte Naruto sie. "Ist doch egal."
 

Sie schien sich keineswegs beruhigt zu haben, trotzdem ließ sie sich von ihm weiter ziehen und von oben hörte man auch nichts mehr. Gemeinsam verließen sie unten angekommen das Hokage Gebäude und Naruto, der vorausgegangen war, blieb stehen. "Ich denke, ich geh zur Feier des Tages eine Schüssel Ramen mit Iruka-sensei essen", sagte er, mit dem Rücken zu seinen Kameraden. "Bis später!"
 

Ohne eine Antwort abzuwarten, rannte er los und Sakura blickte ihm betreten hinterher.
 

Eigentlich war Sasuke nicht der Typ, der sich um so was einen Dreck scherte, aber die Art, wie diese Leute über Naruto gesprochen hatten, hatte nicht einmal ihn kalt gelassen. Er sah Sakura an. "Was ist hier eigentlich los? Warum hassen sie Naruto so?" Nicht Naruto war derjenige, der jahrelang nicht im Dorf gewesen war. Er hätte es verstehen können, hätten sie so über ihn selbst gesprochen, aber diesen Hass auf Naruto, den er überall spüren konnte, konnte er sich einfach nicht erklären.
 

"Das ist kompliziert, Sasuke-kun", antwortete sie traurig. Und ihm entging durchaus nicht, dass sie zwar etwas zu wissen schien, es ihm aber nicht sagen wollte. "Ich geh dann mal… wir sehen uns morgen beim Training, ja?"
 

Er antwortete nicht, sondern schob frustriert die Hände in die Hosentaschen und starrte nachdenklich in die Richtung, in die Naruto vorher gerannt war. Irgendwas war hier faul. Alle schienen etwas zu wissen, von dem er selbst keine Ahnung hatte, und er hasste das.
 

Dieser Idiot, der nur lachen und essen kann…

Sasuke war wahrlich nicht sehr feinfühlig, aber selbst er wusste, wie verletzend solche Worte waren. Und es war ganz einfach nicht wahr. So war Naruto gar nicht. Dass er gerne Ramen aß, hieß doch nicht, dass er nichts anderes konnte. Beim Training hatte Sasuke es doch gesehen, dass Naruto sogar einiges drauf hatte. Und nur weil er lächelte, hieß das nicht, dass er nichts im Kopf hatte. Nein, Naruto lächelte, um zu überspielen, wie weh ihm solche Bemerkungen taten. Auch gerade eben…
 

Er ballte die Hände zu Fäusten. Es war nicht in Ordnung, dass sie so über Naruto redeten. Es war nicht in Ordnung, dass Fugaku Naruto gegenüber so gemein gewesen war. Hier in diesem Dorf war gar nichts in Ordnung, wenn man duldete, wie einer von ihnen so behandelt wurde. Und Sasuke wollte so nicht sein, er wollte seinen Kameraden nicht genauso mies behandeln. Naruto war nervtötend und laut, aber er war nicht dumm und er war kein Versager.
 

Ich mag ihn.

Er mochte Naruto, trotz der lauten Art, trotz allem. Sasuke hatte Naruto wirklich gern und er wollte diese Ungerechtigkeit nicht einfach hinnehmen. Und er wollte Naruto damit nicht alleine lassen.
 

Ohne wirklich zu wissen, was er eigentlich tun wollte, rannte er los.
 


 

Sasuke fand Naruto nicht bei der Ramenbar und auch nicht in Gesellschaft von Iruka. Eigentlich wunderte ihn das nicht wirklich, er hatte sich schon gedacht, dass Naruto bloß eine Ausrede gebraucht hatte, um ein bisschen allein zu sein. Sasuke fand Naruto, nach einer fast halbstündigen Suche, bei der Ninja Akademie. Ganz allein saß der Blonde auf der Schaukel vor dem Eingang, die Füße auf dem Boden und schaukelte ganz sacht hin und her. Es war ein trauriges Bild und als er es sah, fühlte Sasuke sich auch traurig.
 

"Naruto", sagte er und näherte sich dem Anderen. Um diese Zeit waren sie ganz alleine hier, vor Zeugen hätte Sasuke auch nicht sagen können, was er Naruto unbedingt sagen wollte.
 

"Was tust du denn hier?"
 

"Ich hab dich gesucht."
 

"Warum?"
 

Sasuke stellte sich zu ihm und umfasste mit einer Hand die Kette der Schaukel, auf der Naruto saß. "Ich wollte dir was sagen."
 

Die blauen Augen schauten ihn erwartungsvoll an. Sie wirkten ein bisschen traurig und auf einmal fand Sasuke diesen Jungen wirklich tapfer. Naruto musste sich einiges gefallen lassen in diesem Dorf und er hatte niemanden, zu dem er gehen konnte. Er hatte kein wirkliches zu Hause, zu dem er zurückkehren konnte, weil dort niemand auf ihn wartete. Sasuke hatte immer Itachi bei sich gehabt und er mochte sich nicht vorstellen, wie es sich anfühlte, so allein zu sein wie Naruto. Und trotzdem war aus ihm so ein fröhlicher Mensch geworden. Was Sasuke sonst armselig gefunden hätte, fand er bei Naruto plötzlich bewundernswert.
 

"Was dieser Typ gesagt hat, war gemein."
 

"Ach, das eben meinst du? Die sollen ruhig reden, ist mir doch egal. Ich bestehe diese Prüfung und ich zeige es ihnen allen!"
 

"Ich… ich wollte nur sagen…" Ach verdammt. Wieder einmal stand Sasuke sich selbst im Weg. Er hasste Gefühlsduseleien und der einzige Grund, warum er sich überhaupt die Mühe machte, war, dass er Naruto so gern hatte. Er wollte nicht, dass der Blonde sich schlecht fühlte. Er wollte ihn wissen lassen, dass Sakura nicht die Einzige war, die zu ihm hielt. "So bist du gar nicht. Sie haben Unrecht. Das wollte ich sagen."
 

"Ist schon gut." Naruto lehnte seinen Kopf gegen die Kette.
 

Irgendwie war dieses Gespräch frustrierend. Er hatte den Eindruck, dass Naruto gar nicht verstand, dass Sasuke hier im Begriff war, sich lächerlich zu machen, nur um seinen Kameraden aufzumuntern. "Du bist ein Depp und du bist laut, ein Angeber und ein Tollpatsch, du redest zu viel und du sagst immer, was du denkst. Aber du bist nicht dumm und du bist…" Liebenswert. Sasuke hätte sich eher die Zunge abgebissen, als das laut zu sagen. Aber es war das Wort, was ihm in den Sinn kam. Und es stimmte. "…nett."
 

"Ach ja?" Naruto scharrte mit der Ferse im staubigen Boden herum. "Ich bin wirklich nicht blöd, Sasuke. Ich weiß, was du denkst."
 

"Weißt du das?"
 

"Du findest mich doof. Ich geb ja zu, ich bin nicht besonders helle. Aber ich hab auch meinen Stolz und ich brauch es echt nicht, dass du mir hier Märchen auftischst."
 

"Was redest du für einen Unsinn?"
 

"Es ist dir peinlich. Das neulich Nacht meine ich." Sasuke starrte den anderen erschrocken an. "Jetzt schau nicht so! Dachtest du, ich hätte das vergessen? So blöd bin ich nun auch wieder nicht! Ich brauch dein Mitleid nicht, echt nicht."
 

Naruto erinnerte sich also doch noch an den Kuss. Und er dachte die ganze Zeit, dass ich weggelaufen bin, weil es mir peinlich war, weil ich auch so schlecht über ihn denke, wie die anderen! Es tat aus irgendeinem Grund furchtbar weh. Sasuke fühlte sich schlecht. Er fühlte sich wie ein sehr, sehr schlechter Mensch und eigentlich passte das nicht zu ihm. Er konnte gewissenlos sein, mitleidslos, aber er stellte fest, dass er in Narutos Gegenwart nicht so kalt sein konnte.
 

"So ist das gar nicht!", platzte es aus ihm heraus.
 

"Mann, spar es dir einfach! Ich versteh schon, dass-"
 

Frustriert packte Sasuke den anderen am Kragen und zerrte ihn von der Schaukel. "Gar nichts verstehst du!"
 

Ich versteh es ja selbst nicht.

"Lass mich los!" Naruto versuchte, sich loszumachen, aber Sasuke hielt ihn fest. Er hatte Angst, Naruto könnte weglaufen und er wusste, er würde nicht mehr den Mut aufbringen, ihm hinterher zu rennen. "Du Arsch, lass los! Damit du's weißt, es ist mir egal, wie du über mich denkst! Und es ist mir egal, was alle anderen denken!"
 

"So war es aber gar nicht! Ich bin nicht deshalb weggelaufen. Das hatte ganz andere Gründe."
 

"Ach und welche?"
 

Frustriert starrte Sasuke Naruto an. Die Wahrheit konnte er ihm schlecht sagen. Nein, eigentlich wusste er selbst nicht, was die Wahrheit war. Diese hübsche Ausrede, dass er das Dorf ja wieder verlassen würde, war ihm erst viel später eingefallen. In dem Moment, als er davongestürmt war, war er einfach nur panisch gewesen und diese Panik stand in keinerlei Relation zu der Erkenntnis, dass er nicht ewig im Dorf bleiben würde. Er seufzte. "Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das selbst nicht. Ich war einfach überrascht."
 

"Meinst du nicht eher entsetzt?"
 

"Nein!" Wie konnte ein einzelner Mensch so stur und so dämlich sein?! "Du Schwachkopf! Ich war jahrelang mit meinem Bruder unterwegs, was glaubst du eigentlich, wie viele Leute ich in dieser Zeit geküsst habe, hm?"
 

"Weiß nicht?" So langsam tauchte dann doch eine Erkenntnis in den blauen Augen auf. "Oh! Willst du sagen… das war…"
 

"Weißt du was? Vergiss es!", blaffte Sasuke und ließ den anderen jetzt doch los. So ein unangenehmes Gespräch hatte er noch nie geführt. Nicht einmal, als Deidara auf seine ganz eigene, nicht unbedingt kindgerechte Art und Weise versucht hatte, ihm das mit den "Blumen und Bienen" zu erklären. Er schauderte, als er sich daran erinnerte, wie das blonde Akatsuki Mitglied sich vor ihm splitterfasernackt ausgezogen und sich angeschickt hatte, ihm anschaulich vorzuführen, wie das mit der männlichen Erregung war. Itachi war glücklicherweise rechtzeitig eingeschritten und Deidara hatte anschließend eine lange, lange Zeit nicht einmal mehr gewagt, die Uchiha Brüder auch nur anzusehen. Jetzt, im Nachhinein, dachte Sasuke so bei sich, dass es ja kein Wunder war, dass er erstens einen Jungen geküsst und zweitens anschließend in Panik ausgebrochen war. Ich wurde von Geistesgestörten aufgezogen! Wenn ich nur schwul und nicht pervers bin, wäre das schon eine positive Entwicklung!

Er verscheuchte die düsteren Gedanken und sagte unwillig: "Ich wollte nur sagen, dass ich nicht so denke, wie die anderen. Das ist alles."
 

Als er aufsah, lächelte Naruto und dieses Mal sah es nicht mehr traurig aus. Sasuke hatte keine Ahnung, wieso, aber bei dem Anblick verdoppelte sich sein Herzschlag beinahe. Süß. "Deshalb mag ich dich, Sasuke", sagte Naruto ehrlich. "Irgendwie hast du ne Macke. Aber wenn du sowas sagst, dann glaube ich dir."
 

Ich mag dich auch. Sehr sogar.

Er wollte das gar nicht denken. Er wollte diese Gefühle nicht, die sich in seinem Inneren breitmachten, wenn Naruto ihn so freundlich anschaute. Er wollte nicht, dass sein Herz so laut schlug und er wollte nicht, dass er plötzlich so seltsame Dinge dachte und sentimental wurde. Sasuke wollte das alles nicht und trotzdem war es da.
 

Wortlos legte er seine Hand auf Narutos Schulter und beugte sich vor. Die Augen des anderen wurden groß, aber Naruto hielt ihn nicht auf. Dieses Mal war Sasuke nicht betrunken und Naruto auch nicht. Und trotzdem küsste er ihn. Nur kurz, ein scheuer Kuss auf die Lippen, und wieder wallte ein Anflug von Panik in ihm auf, aber lange nicht mehr so stark wie beim letzten Mal. Er schaute Naruto an und dachte daran, dass er nicht für immer im Dorf bleiben konnte. Aber das hieß nicht, dass er das hier nicht tun durfte. Es war schön, Naruto zu küssen. Warum also nicht? Er war diese Sache von Anfang an falsch angegangen. Alles endete irgendwann, aber bis dahin konnte er doch versuchen zu verstehen, was mit ihm los war. In diesem Moment wollte er Naruto für sich haben. Wenigstens für eine Weile. Und er hatte keine Lust mehr, sich von irgendjemandem dreinreden zu lassen. Alle anderen im Dorf waren Idioten, wenn sie nicht sahen, was Naruto wirklich für ein Mensch war.
 

Und wenn sie Naruto nicht wollten, dann wollte Sasuke ihn umso mehr.
 

…tbc…
 

***
 

Ich weiß, ich sag das immer wieder… aber die FF will mir einfach nicht so leicht von der Hand gehen wie einige andere. Aber, wie schon mal gesagt, ich schreib sie zu Ende und wenn’s das Letzte ist, was ich tue. Ich versteh’s selbst nicht ganz, aber es gibt wohl einige, die diese FF wirklich sehr gerne mögen, und auch wenns immer lange dauert bis zum nächsten Update, ich weiß das zu schätzen, dass ihr mich unterstützt und mich nicht drängt und deshalb breche ich diese FF ganz sicher nicht ab. Ich werde sie fertig schreiben, so wie ich das im Kopf habe und hatte, und ich werde es gut machen. Ich geb mein Bestes.
 

Mit diesem Kapitel hab ich schon wieder ewig gerungen und 100%ig zufrieden bin ich nicht, obwohl ich umgesetzt hab, was ich im Kopf hatte. Aber vielleicht geht’s jetzt wieder leichter und ich kann es demnächst nochmal n bisschen verbessern, wenn mein Schaffenstief überwunden ist.
 

Ach ja, ich werde die Kapiteltitel demnächst mal überarbeiten. Die gefallen mir nicht mehr, da muss was Besseres her. Also nicht wundern.



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Kommentare zu dieser Fanfic (197)
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Von:  sasunarufangirl1990
2013-04-20T13:00:07+00:00 20.04.2013 15:00
Erst mal ein riesen Lob an dich. Die FF ist der wirklich der Wahnsinn.
Ich muss sagen die FF geht nicht spurlos an mir vorbei ich hab alle Kapis hinter einander komplett durch gelesen und ich find sie mehr als einfach nur Spitze.
Die Idee ist äußerst interessant und die Umsetzung dementsprechend extrem spannend, dadurch, dass man nie weiß was du als nächstes geplant hast wird es nie langweilig und bleibt durchgehend fesselnd.
Dein Schreibstil gefällt mir es ist flüssig zu lesen leicht zu verstehen und irgendwas fesselt mich richtig an diese FF.
An sich find ich diese FF sehr emotional und vor allem sehr detailliert beschrieben die Kapitel haben eine gute Länge so kann man sich alles gut einprägen und es bleibt übersichtlich, zudem sind die Charas so beschrieben dass man sie sich gut bildlich vorstellen kann ebenso wie die einzelnen Szenen und auch Kampfeinheiten.
Meiner Meinung nach gute Voraussetzungen einer Guten FF.
Die Beziehung zwischen Naruto und Sasuke ist total süß bin schon gespannt in wie fern sich das noch entwickelt, was Itachi davon hält, wie Akatsuki darauf reagiert und wie Sasu sich am Ende denn dann eigentlich entscheidet, es bleibt also spannend...
Ich hoffe du machst bald weiter, denn diese FF hat wirklich ein Ende verdient, aber dass was ich bisher über dich in Erfahrung (Kommis) bringen konnte denke ich schon dass das plappt.
Mach auf jeden Fall so weiter und bleib deiner Kreativität und deinem Schreibstil treu :)
In der Favoliste hab ich sie auf alle Fälle drin das ist schon wieder ein MUSS ;D
Danke dir auch fürs hochladen
(Ich weiß jetzt nicht ob du noch ENS verschickst falls doch würds mich riesig freuen wenn ich auch eine Benachrichtigung bekommen könnte)
Freu mich schon aufs nächste Kapi
GLG sasunarufangirl
Von: abgemeldet
2010-08-21T22:57:41+00:00 22.08.2010 00:57
Guten Abend!

Ich bin begeistert von deiner Geschichte! Ich finde es großartig, wie du die eigentliche Geschichte mit deiner eigenen Interpretation verbindest. Den Plot mit einem noch bestehenden Uchiha-Clan zu versetzen und Sasuke mit Itachi mitgehen zu lassen finde ich sogar fast noch besser als das Original. (Dazu muss ich sagen, dass ich es mir einfach nicht vorstellen kann, dass jemand, der seinen Bruder so liebt wie Itachi, seine Eltern und seinen ganzen Clan für das Wohl seines Dorfes töten konnte, aber das ist mein persönliches Problem ^^)
Von den Akatsuki großgezogen? Der Gedanke ist so bizarr wie genial!
Ich finde es auch gut, dass Sasuke nicht ganz so kalt und abweisend ist wie im Manga (und nicht in Orochimarus Hände gefallen ist! Yes!!) und auch normale Gespräche zulässt, das macht ihn noch eine Ecke liebenswerter.
Das einzige Problem habe ich mit Sasukes Beziehung zu seiner Mutter, es kommt von beiden weniger, als ich es erwartet hätte, ich meine jeder vermisst doch seine Mami und ich würde als Mutter einfach alles für mein Kind geben, egal was war oder noch kommt... Das ist aber auch einfach ein persönliches Problem meinerseits :)
Es ist so wundervoll unschuldig und süß, wie Naruto und Sasuke in diesen ruhigen Momenten zu zweit miteinander umgehen, ich muss jedes Mal lächeln, wenn ich das lese...
So, genug gequatscht,
Quintessenz: Kino!
Favo meinerseits.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel!

la li lu

Loki
Von:  SharinganWolf
2009-07-11T17:56:15+00:00 11.07.2009 19:56
ohhhhhhh
ich hoffe doch, Sasuke wird ein guter großer Bruder :D
wie er wohl reagiert
tolles Kapi, mach weiter so ;p

>Wenn man liebt, besteht die Möglichkeit, dass Hass entsteht.<
Von:  SharinganWolf
2009-07-04T15:02:13+00:00 04.07.2009 17:02
ja das kann ja noch was werden >.<'
typisch Tsunade, pennt einfach während ihrer Arbeitszeit XD
Sasuke tut mir leid, da sagt er schon mal die Wahrheit und dann glaubt ihm keiner -_- fies

>Wenn man liebt, besteht die Möglichkeit, dass Has entsteht.<
Von:  SharinganWolf
2009-06-29T16:27:07+00:00 29.06.2009 18:27
kawaiiii
voll niedlich die Szene zum Schluss ^^
du hast so einen schönen Schreibstil, ach >.<
mach bloß weiter so ;p

>Wenn man liebt, besteht die Möglichkeit, dass Hass entsteht.<
Von:  SharinganWolf
2009-06-28T14:54:22+00:00 28.06.2009 16:54
=O wow geil
Itachi kann ja mal richtig nett sein XD
dass Sasuke selbst entscheiden darf, ob er mit geht oder nicht ist ne tolle Idee :)

>Wenn man liebt, besteht die Möglichkeit, dass Hass entsteht.<
Von:  Habakuk
2008-08-12T20:46:30+00:00 12.08.2008 22:46
Das Kapitel war einfach wunderschön.
Besonders der Schluss
Aber das mit Deidara und Sasuke war haama XD
Zum Glück kam Itachi noch rechtzeitig, wer weiß was sonst aus Sasu gworden wäre....
Aber die Dorfbewohner haben doch echt ein an der Waffel -.-
Naru ist so ein toller Mensch und die meisten sehen das nicht *alle, die in ihm das Monster sehen in Grund und Boden hau*
Aber zum Glück hat naru ja seine Freunde und Sasu^^
Echt toll von Sakura, dass sie sich für Naru einsetzt.
VLG
Habakuk
Von: abgemeldet
2008-04-22T06:58:16+00:00 22.04.2008 08:58
gerade die letzte szene war wunderschön!

Mir gefällt dieser Sasuke, etwas mehr lebedig als der eigentliche was ich sehr schön finde weil man sich so sasuke auch wohl wirklich vorstellen würde, ein gemeiner kerl der leicht ironisch ist und in bestimmten situationen garnicht mehr so gemein ist ^^
ich bin auf jedenfall auf die nächsten teile gespannt!
Mich wundert es sowie so warum ich dieser FF noch nie begegnet bin (dabei habe ich bereits mind. 1 deiner FF gelesen.)

ich bin auf jedenfall gespannt auf weiteres ^^
Von:  sumomo_hioru
2008-03-02T22:13:45+00:00 02.03.2008 23:13
wie jetzt "blumen und bienchen"???
DAS WILL ICH MIR GAR NICHT BILDLICH VORSTELLEN!!!^^
das kap war aber trotzdem toll...
hoffendlich wird das mit den beiden jetzt endlich mal was...
schreib ganz schnell weiter ja?
Von:  bu
2008-03-02T21:16:03+00:00 02.03.2008 22:16
WoW! Was für ein dolles Kapitel ><!
Es geht vorran! *freu*
ich ahne schon schlimmes <;> Sasukes Vater wird "sehr" begestert sein...
Ich frag mich schon die ganze Zeit wann Sasuke endlich rausfindet das Naruto den 9 schwänzigen in sich trägt o.O
war ja in diesem Kapitel so ne Andeutung darauf.
Ich bewundere deinen dollen Schreibstiel >,< mach weiter so *freu


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