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sense/sensibility

[zorobin][one-shots] 2. OS "bare" online
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(verspäterter) Auftakt für die ZoRobin-Woche 2023! Aber, nein: ein täglicher Post ist nicht zu erwarten und die Geschichte entspricht auch keinem der angegebenen Prompts, die man auf diversen ZoRobin-Plattformen finden kann. Alles, was ich bezwecke, ist, ein wenig ZoRobin-Love zu verbreiten. <3 Enjoy. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Dies ist k/eine Songfic! Aber vielleicht lohnt es sich trotzdem mal rein zu hören oder die Lyrics zu lesen, denn einige eigentümliche Formulierungen hier stammen direkt aus dem Lied.
Der Vibe in diesem OS ist gedrückt und angsty, ein bisschen so wie ich den Song empfinde, und deswegen vielleicht für manch einen Geschmack auch zu wehleidig.

Ursprünglich hätte ich das gerne zu ZoRobin-Tag gepostet, aber es passt irgendwie auch zur Stimmung, dass es ein Tag zu spät kommt. (ehehehe... beste Ausrede 🙈)

Fun fact: Von dieser Geschichte gibt es zwei, drei (ja, vielleicht auch vier) weitere alternative Versionen. :D Das Rezept dafür ist nämlich super einfach und ich wollte sie am Schluss noch mit euch teilen, um die ZoRobin-Liebe frei fließen zu lassen! ♥️

Letztendlich bin ich dennoch froh, dass sich diese Version durchgesetzt hat. Komplett anzeigen

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'the drill' oder: (k)ein neues Spiel.


 

Da! Schon wieder: Das unverkennbare

Gefühl von Augen auf mir. Ich versuche vergebens den Schauer zu unterdrücken, der eine Gänsehaut meine Arme emporjagen lässt und es kostet mich, nicht selbstspottend aufzulachen. Ich bezweifle, dass man Gänsehaut überhaupt unterdrücken kann. Doch während ich durch die Parallelstraße der Marktstände laufe, um den Menschenmassen aus dem Weg zu gehen, entspanne ich meine verkrampften Muskeln und hole einen ruhigen Atemzug ein. Ein paar Schritte warte ich noch, bis ich scharf abbiege und mich ins Getümmel schmeiße.
 

Leichtfüßig schlängele ich mich umgehend durch die Menschentraube, mein Schritt sicher und stetig, möchte ich schließlich nicht auffallen. Eine Weile lang folge ich dem regen Fluss bis ich zwischen zwei Ständen kurze Zuflucht finde, um meine Lage zu checken. Zügig bewege ich mich im hinteren Bereich der Läden fort, ignoriere dabei den ein oder anderen argwöhnischen Blick, den mir Verkäufer:innen zuwerfen, bis ich einen schmalen Durchgang zwischen zwei eher tiefliegenden Häuserreihen finde. Dort steige ich unbeirrt auf eine hölzerne Warenkiste, hüpfe mit Antrieb auf ein Fenstersims, um von dort einen energischen Sprung auf einen von vier, aus der Decke rausragenden, Holzbalken zu machen. Meine Hände umfassen das von der heißen Mittagssonne angenehm erwärmte Material und ich muss die Nägel in das polierte Holz krallen, um den passenden Halt zu finden. Mit einer langen Exhalation stabilisiere ich meinen Atem.
 

Easy.
 

Ein paar Mal wippe ich die Beine vor und zurück, halte die Zehenspitzen dafür steif, bis ich den nötigen Impuls erreiche, um mich auf das flache Dach zu befördern. Bei dem Überschlag halte ich die Beine gerade und auseinandergestreckt, halte mir mit einer Hand den dunklen Hut auf den Kopf und komme wie nach einem Radschlag schwungvoll, mit nacheinander folgenden Beinen, auf den Boden auf. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, während ich durch die Terrasse des Hauses laufe und beginne, mich durch die Dächer vom Markt zu entfernen.
 


 

Nach einer scheinbaren Ewigkeit fühlt

sich mein Auge so trocken an, dass ich endlich blinzle. Drei familiäre Gestalten ziehen meine Aufmerksamkeit auf sich, während sie den Durchgang, zu dem mein Fensterplatz ausgerichtet ist, kurz prüfend mustern. Ich lehne mich hastig zurück, um der Blicklinie meiner Crewkameraden auszuweichen, obwohl ich mich ein halbes Stockwerk über ihnen befinde und sie bewusst rauf schauen müssten, um mich zu sehen. Als ich es wieder wage aus dem offenen Fenster zu schielen, sehe ich sie die Marktstraße weiter rauf folgen. Es wundert mich nicht, dass Nami diejenige ist, die sie anführt.

Ein weiteres Blinzeln. Ich lehne mich weiter raus, zeichne mit dem Auge die Linie der benachbarten Häuserreihe nach. Robin ist schon längst nicht mehr zu sehen.
 

Mit einem lauten Ruck stehe ich auf, schrecke dabei den einzig anderen Gast in dieser Spelunke wach, und hüpfe hinaus auf die schmale Passage.

Für einen Augenblick bleibe ich auf diesem Platz kleben, wäge meine Optionen ab. Meine beste Chance ist, zu hoffen, dass ich sie aus der Ferne erkenne. Deswegen hole ich ein wenig aus und habe es mit einem Sprung gegen die Wand des Gasthauses auf die Terrasse geschafft, auf die sie vor wenigen Minuten... geklettert war?
 

Ich weiß zwar nicht, wie ich das, was Robin vorhin gemacht hat, nennen soll, aber ‚klettern‘ sieht für mich eigentlich sehr anders aus.
 

Dort angekommen spähe ich ungeduldig in jede Richtung und bin erleichtert, als ich sie tatsächlich sehe. Die Archäologin hat bereits eine beachtliche Distanz zwischen sich und ihren Verfolgern geschaffen, deswegen sprinte ich ihr sofort hinterher, ehe ich sie aus der Sicht verlieren kann – so dicht und identisch, wie die ganzen Häuser hier gebaut sind, verläuft sie sich noch.
 

Bald liegen nur noch drei Dächer zwischen uns, ich lege noch einmal den Gang zu und springe mit Wucht auf das Nächste. Robins Kopf zuckt Millimeter nach hinten, bevor ich sie mit vier großen Schritten eingeholt habe. Ich überlege, wie ich sie richtig auffangen kann sobald ich sie ergreife und schmeiße mich auf sie: Die Kuppen meiner rechten Hand streichen über den Stoff ihres knappen Oberteils, ich sehe ihren lilanen Cowboyhut in die Luft fliegen und rolle bei der beutelosen Landung ein paar Mal über den Boden, bevor ich mich kurz vor der Kante des Gebäudes fangen kann.
 

Als ich nach Robin schaue, schwebt sie kopfüber und mitten in der Luft. Alle vier Extremitäten hält sie in kontrollierter Spannung weit ausgetreckt. Der Kontrast den ihr kurzer, dunkelvioletter Raulederrock mit der hellen Spitze ihrer Unterhose formt, blitzt mir für eine Millisekunde entgegen, aber etwas in mir weiß, dass sich dieses Bild auf Ewig in mein Hirn gebrannt hat. Ein Wimpernschlag später ist sie geübt auf das gegenüberliegende Dach gelandet. Es kostet sie keinen Augenblick länger, um sich gerade aufzurichten und mich mit ihren Augen zu fixieren.
 


 

Wieder fühle ich jenes subtil

kratzende Gefühl an der Seite meines Nackens, noch bevor ich Schritte hinter mir vernehme. Sie kommen aus dem Nichts und es kostet mich einen Moment zu lang, um zu realisieren, dass sie auf mich zu rasen. Meine Haare stellen sich auf, ich halte den Atem und bücke mich, während ich mich jäh zur Seite werfe.
 

Keinen Augenblick zu früh.
 

Finger streichen noch an der Seite meines Tops, während ich den Schwung nutze, um mich kraftvoll mit den Händen vom Boden zu stemmen und ich schleudere mich auf die andere Seite des inzwischen etwas breiter gewordenen Durchgangs. Bereits beim Absprung erhasche ich das charakteristische Grün seiner Haare, aber die Abruptheit dieser ganzen Aktion büßt mit meiner Körperbeherrschung. Mehrere Meter rutsche ich rückwärts, sobald meine Stiefel mit dem Boden Kontakt gemacht haben, und ich muss mich nach vorne lehnen, eine Hand über den kratzigen Boden ziehen, um mir zusätzliche Stabilität zu verschaffen. Ich richte mich auf. Zorros Auge durchdringt mich bereits. Ich schenke ihm ein rares, aber aufrichtiges Lächeln; eins, das ich mir sonst für würdige Gegner:innen aufhebe. Ein Lächeln, das er gut kennt.
 


 

„Du hast mich überrascht, Kenshi-san.“
 

Ich kann nicht anders als ihr mit einem breiten Grinsen und zu antworten, mit mehrdeutiger Intention die Brauen zu zucken. Dieser Name dient Robin schon seit Jahren nicht mehr zur emotionalen Distanzierung. Mit allen anderen hat sie diese Gewohnheit auch schon längst aufgegeben. Doch meinen benutzt sie, um mich zu provozieren. Fordert mich auf, ihr näher zu kommen, während ihre Augen mir zulachen – ‚wenn du dich traust‘. Sie hat keine verdammte Ahnung.
 

„Du bist aus heiterem Himmel aufgetaucht. Noch vorhin habe ich Nami und ihre Fänge abhängen können... hast du sie etwa nicht gesehen?“
 

Robin fragt mich eigentlich, warum ich nicht der größeren Beute nachlaufe, ihre Stimme dabei so glatt und geduldig wie immer. Aber die unterschwellige Herausforderung und die Erinnerung von vorhin – wie sie sich in völliger Ruhe und diszipliniertem Fokus auf das Dach geschwungen hatte – stoßen drastisch aufeinander, um mich hart zu überfallen. Ich habe immer gewusst, dass Robin eine geschickte Überlebenskünstlerin ist und die ein oder andere Erfahrung mit ihr hat mir auch das Ausmaß ihrer Kontrolle vorgeführt. Natürlich muss diese Kontrolle, so gesehen, auch ihre Körperbeherrschung umfassen. Natürlich! Aber es ist das erste Mal, dass ich diese Veranlagung von ihr auf diese Weise zur Schau gestellt bekomme.

Wahrscheinlich wäre das Ganze für sie um einiges leichter, wenn sie einfach ihre Teufelskräfte einsetzen würde, allerdings weiß sie wohl, dass diese mit Haki einfacher detektiert werden können. Folglich der Rückgriff auf die grundlegenden Fähigkeiten ihres Körpers. Das Nächste, was diesem Erlebnis gleichkommt, ist Robin beim Tanzen zuzusehen, nur... aufregender.
 


 

„Kleiner Tipp?“
 

Der Grünhaarige bückt sich dabei runter, zieht vom Boden meinen Hut hervor. Er klopft und bläst ein wenig Staub weg, flickt ihn mir dann präzise in die Hände zu. Ich setze ihn auf.

Hinter seinem zahnigen Grinsen ist Zorros mörderische Essenz sichtbar. Sein Jagdinstinkt. Er macht zwei weite Schritte zurück, lässt sein Auge dabei nie von mir ab und verkündet: „Renn, Nico Robin.“
 

Mein Atem stockt und als ich ausatme ist er wackelig. Ich frage mich, ob mein Vize das gemerkt hat.
 

Ich will ihn darauf hinweisen, dass er sich damit jede Chance, mich zu fangen, endgültig versaut (ohne ihm dabei ins Gesicht sagen zu müssen, dass er sich nur fürchterlich verirren wird), doch er verlagert das Gewicht schon bedrohlich tief. Alles, was ich tun kann, ist, mich abzuwenden und – so schnell wie ich es nur schaffe – loszulaufen.

Mein Gehirn beginnt, auf ihre so typisch akribische Weise, sich an jegliche Information in meiner Umgebung zu haften und in einem elektrischen Rausch zu verarbeiten. Erst nachdem ich mehrere Häuser überbrückt habe, springe ich an einer passenden Stelle auf die Straße hinab. Bald darauf höre ich seine kräftige Statur und schweren Stiefel hinter mir auf den Boden aufkommen.
 

„Verdammte Scheiße…!“, zerrt seine raue Stimme durch den plötzlichen Lärm bis in meine Ohren.
 

Mein Herz wandert mit jedem Schritt höher in meinen Hals, mein Atem ist fast unbändig. Die Tatsache, dass Zorro offenbar jegliche Diskretion in den Wind geschickt hat, beunruhigt mich. Doch meine Wahl von Fluchtpunkt ist äußerst glücklich getroffen und ich sehe am anderen Ende des Platzes auch, wo ich den orientierungslosen Kämpfer abschütteln kann. Ich presse mich zielstrebig, und ohne mich nur einmal zu ihn umzudrehen, voran.
 


 

Noch ehe ich losgerannt bin

und in einem einzigen Satz die andere Seite des gegenüberliegenden Gebäudes erreicht habe, ist sie vom benachbarten Haus weitergesprungen. Robin ist schnell, aber nicht schneller als ich. Es dauert nicht lange, bis ich sie so weit eingeholt habe, dass wir uns auf demselben Dach befinden. Doch gerade dann springt sie unerwartet auf eines des Holzbalken, die die Dächer dieser Art Behausung stützt, und manövriert sich in geschmeidiger Eleganz auf die Straße runter. Mich durchfährt ein eiskalter Schauer, ehe mein Herzschlag zunimmt. Aber ich fluche verbissen, sobald ich ebenfalls dort lande: Einer der lokalen Wäscheplätze.
 

In der Mitte des Platzes, das sich auf vier langen, flachen Stufen erhebt, sind eine Reihe an Brunnen installiert und überall sind große Laken auf praktisch unsichtbaren Wäscheleinen gehängt. Überall hockt jemand über eine Wanne und schrubbt an Kleidung, überall wird schweren Tüchern, Decken, Teppichen in Paararbeit das Wasser ausgewrungen, überall ist der Pflasterboden vom gebrauchten Seifenwasser nass und rutschig.
 

Mein Hunger macht mich grob fahrlässig. Ihr schnell genug nachzugehen, ohne alles, was mir im Weg liegt, zu Splitter zu verarbeiten, ist schwieriger als gedacht. Und das, obwohl sie in einem Meer von Weiß eigentlich einen sichtbaren, dunklen Punkt malt. Als ich umständlich über die Kübel von fleißigen Mütterchen steigen, das ein oder andere sperrige Bettlaken hastig aus dem Weg schieben muss und spätestens nachdem mir eine übermütige Rotznase ein empörtes „He!!“ zuruft und mir gegen das Schienbein tritt, kapiere ich, dass Robin ihren Fluchtweg sehr bewusst zeichnet. Der patzigen Göre grummle ich ein Tschuldigung entgegen, doch die geschickte Archäologin ist bereits am Rande des Platzes gelangt. Fuck!
 

Sobald sie zwischen den Gebäudefassaden tretet kann mir gar nichts mehr garantieren, dass sie sich nicht in Luft auflösen wird. Diese Einsicht hinterlässt einen Stich, doch das Verlangen in mir ist zu groß, um sie mir nicht einzugestehen. Zu versessen die Vorstellung, meine Hand um Robins trainierten Arm zu schlingen, sie grob zu mir zu ziehen und dadurch zu zwingen, sich zu mir zu drehen, damit sie den Zusammenprall mit einer Hand gegen meine Brust vermeiden kann... Es erfordert konzentriertesten Fokus, um den Abstand zu ihr präzise, aber zügig zu überbrücken.
 


 

Kaum, dass ich in die

Gasse entlang der dort befindlichen Kirche getreten bin, reguliert sich mein Herzschlag zumindest so sehr, dass mir das Blut nicht mehr in den Ohren rauscht. In Sicherheit wäge ich mich trotzdem nicht. Hektisch visiere ich die erste Abbiegung an und eine intensive Unruhe packt mich, während ich den Abstand kalkuliere. Ich renne los. Hinter mir tun erstaunlich leichte Schritte dasselbe. Doch ich schaffe es und sehe erleichtert, dass die nächste Seitengasse schnell erreicht ist.
 

Die ersten paar Ausweichmanöver sind noch von einer mir inzwischen ungewohnten Schnelligkeit und nervösen Aufregung geprägt, die manchmal zu nahe an Angst streift. Nach etwa fünf Minuten habe ich meine Nerven jedoch wieder im Griff, obwohl es mich ehrlich überrascht, dass Zorro nicht schon zur Hälfte am anderen Ende der Stadt gelangt ist, sondern meine Wege kritisch nahe nachläuft. Vor allem aber ringe ich in dieser Zeit immer wieder mit dem Bedürfnis ihn mich finden zu lassen. Erst recht als er so knapp an mir vorbeieilt, dass die schwächste Spur seines Geruchs mir in die Nase steigt. Ich will mich räuspern, einen Absatz laut gegen den Boden klacken lassen, um ihn zu mir zurückzuführen. Seinen penetrierenden Blick auf meinem Gesicht fühlen, während er dringlich und gedankenlos auf mich zukommt. Ich will mich ergeben. Mich von ihm, hier und jetzt, gegen diese staubige Wand—
 

Ich schmunzle.
 

Verlockend. Aber nicht das Ziel dieses Ausflugs. Ich lasse es mir sicherlich nicht nehmen, diesem notorischen Jäger entkommen zu sein. Auch nicht während mir das Blut nun durch ganz andere Stellen meiner Anatomie rauscht und sich eine bittersüße Ungeduld in mir ausbreitet. Ich warte ein paar tiefe Atemzüge lang, konzentriert auf die Entfernung seines leisen, bedachten Ganges und eile zum Wäscheplatz zurück, als ich sie für groß genug empfinde. Ich habe ihn abgehängt.
 


 

Ich. Bin. Angepisst! Zumindest an

der Oberfläche. Aber mit Demütigung gehe ich ungern anders um. Andererseits, und wenn ich meine Erinnerung an diese Niederlage weiter zu vertiefen schaffe, mischt sich immer auch ein anderer Eindruck rein, der mich zum Grinsen verlocken will. Ich verbiete es mir ausdrücklich.
 

Der Himmel ist zu einem schwachen Dämmerlicht verdunkelt, das durch die ersten, angezündeten Straßenlampen unterschwellig verdrängt wird. Ich hasse diese aller letzten und aller ersten Minuten Vorführung der Sonne. Hasse die befremdende Mischung aus natürlichem und künstlichem Licht, die die Umgebung in mir unangenehme Farben tränkt und entschließe mich irgendwann die geballte Zivilisation zu verlassen.

Seit über einer Stunde laufe ich den Strand entlang, denke, dass ich ja so irgendwann wieder auf die Sunny treffen sollte. Bilder der kurzen, aber intensiven Verfolgungsjagd durchfluten mich und ich werde abrupt von meinen Gedanken gerissen als ich ein lautes, unnatürliches Blubbern aus dem Wasser vernehme. Die See ist an dieser mondlosen Nacht eine schwarze, unebene Masse und ich schalte auf Alarmbereitschaft.
 

„Zorro!“
 

Die volle, kräftige Stimme Jimbeis löst mich von meiner kurzzeitigen Anspannung und ich habe Mühen, mir meine tiefe Erleichterung nicht zu offen anmerken zu lassen. Unser Steuermann tritt aus dem Wasser hervor, nach und nach gewinnt seine imposante Statur an Kontur, bis ich in sein grinsendes Gesicht blicke und er mir eine feste Hand auf die Schulter klopft.
 

„Du bist längst disqualifiziert, Junge!“
 

Ich schnaufe und schüttle seine Hand mit einem Zucken wieder weg. Ein bisschen Anstand dürfte ja noch zu retten sein.
 

„Endlich“, zische ich missgelaunt, aber meine es auch.
 

Jimbei stößt ein herzliches Lachen aus und beginnt in die Richtung, der ich bislang gefolgt war, weiter zu laufen. Wenigstens war ich auf dem richtigen Weg.
 

„Wie ist’s ausgegangen?“, frage ich ihn nach mehreren Momenten des Schweigens. Der Kaikyou selbst hat nämlich nicht mitgespielt, sondern vom höchstgelegensten Punkt der Stadt, einem Glockenturm, das Spektakel verfolgt.

„Nami-san hat alle außer den Käpt’n und die Archäologin erwischt“, erzählt der Fischmensch gut gelaunt, „Wobei Ruffy schlussendlich die Navigatorin überwältigt hat. Robin hatte er schon kurz zuvor gefasst.“

Ich lache auf: „Das wird Nami nicht gut bekommen sein.“

„Nein, das hat es durchaus nicht“, lacht auch er, „Sie besteht darauf, dass er das niemals geschafft hätte, wenn die große Gruppe, die sie gefangen hat, nicht so viel Aufmerksamkeit auf sie gezogen hätte.“
 

Bei dieser verkehrten Logik schüttle ich verwirrt den Kopf. Seit wann nutzt sie ihre Macht über andere denn nicht zu ihrem Vorteil? Oder ihren Vorteil für die Macht über andere? Das ist doch sonst ihre Spezialität.
 

„Ich dachte das sei das Ziel?“, meine ich deshalb.

„Ah“, Jimbei wirft mir ein schiefes, wissendes Grinsen zu, „aber ‚das haben wir in den Regeln ja nie klar ausgemacht‘.“
 

Ich atme ungläubig aus und rolle das Auge.
 

„Tzz, war ja klar. Und jetzt darf Ruffy ihr, was, tausend Berry Strafe zahlen? Er hat ja auf das dumme Spiel bestanden...“

„Fünftausend“, nickt er.

Ich lache amüsiert, aber Jimbei unterbindet kopfschüttelnd meine dezente Schadenfreude: „Ich habe Nami etwas von zehntausend sagen hören, sobald du die Crew drei Stunden auf dich warten lässt.“
 

ZEHNTAU—?!
 

„Wohl nicht an mich??“ Diese durchtriebene, unverschämte Hexe!

„Und nichts für Ungut“, fährt der Steuermann nur fort, „aber in etwa zehn Minuten wäre die Drei-Stunden-Marke erreicht...“

Das Entsetzen in meinem Gesicht lässt sich nicht mehr verstecken und ich brülle: „Warum sagst du mir das erst JETZT, verdammt?!!“
 


 

Als ich vor fast drei

Jahren die Entscheidung traf, mich uneingeladen unter die Mugiwaras zu mischen, hatte ich bereits geahnt, womöglich gehofft, dass die Bereitschaft der jungen Navigatorin, mir Solidarität entgegenzubringen – denn die weibliche Erfahrung eines Lebens auf See erfordert diese nun mal häufiger –, mit einer kostbaren Mitgift untermauert werden konnte. Und in dem Moment, als meine Berechnung aufging, hatte ich gleichzeitig erkannt, dass ich mir niemals, unter gar keinen Umständen, Schulden bei ihr aufbrummen dürfte.
 

Zu dieser Entscheidung stehe ich bis heute. Nur bringt sie mich zum ersten Mal in eine etwas unangenehme Position. Denn eigentlich hätte ich ihr von dem kürzlichen... Wettlauf zwischen mir und dem Vize erzählen können, immerhin ist sie seit ein paar Wochen (wenn auch unbeabsichtigt) in unserem Verhältnis eingeweiht. Sie wäre dann womöglich nachsichtiger mit der katastrophalen Orientierungslosigkeit des Grünhaarigen umgegangen. Nami hat mir – uns beiden – seither nämlich eigentlich nur leise Unterstützung geboten.

Und doch: Was wäre eine Nico ohne ihre Prinzipien?
 

Deshalb begebe ich mich nach dem Abwasch ins Jungenzimmer, in das Zorro gleich nach dem Abendessen verschwunden ist. Bei ihm ist mein ‚Schaden‘ zu begleichen. Seit unserer unverhofften Begegnung (und Trennung) während des heutigen Drills hatten wir keine Gelegenheit die Luft zu klären. Dass ihm nach diesem Knick auf sein Ego auch noch eine Geldstrafe aufgebrummt wurde, wird ihn nur unwahrscheinlich besser gestimmt haben...

Es tut mir nicht leid, dass sich meine hart gelebte Erfahrung über sein raues Talent durchgesetzt hat. Natürlich nicht; das werde ich ihn auch nicht so leicht vergessen lassen. Aber ich möchte ebenfalls nicht, dass sein Temperament den unerwartet aufregenden Spaß von heute versauert. Zudem würde es mir künftige Sticheleien in dem Bezug nur erschweren.
 

Nach einem unbeantworteten Klopfen am Eingang, mache ich die Tür bedacht auf.
 

„Zorro“, mache ich mich kenntlich, „dürfte ich dich eben stören?“

Der Raum ist still, unordentlich und leer. Dunkel. Nur an einem der oberen Betten, seins, brennt ein schwaches Licht. Ich trete ein, schließe die Tür hinter mir und gehe auf die Kojen zu.
 

Ein überraschter Aufschrei erstickt in meiner Kehle, als sich eine große Hand gegen sie presst und eine andere mich unsanft zu sich nach hinten zieht. Mein Herz macht einen familiären Satz und ich lehne mich schon gleich nach dem anfänglichen Schreck gegen den warmen Körper an meinem Rücken, lasse mich auf den leichten Druck gegen meinen Rachen ein und erschaudere, als Zorros Atem an meinem Ohr kitzelt: „Kommt drauf an... wie denn?“
 

Ich lache stimmlos, doch eine Weile lang genieße ich das sinnliche Potenzial in dieser oberflächlich gewaltsamen Lage und schließe die Augen, um mir seine Nähe zu verinnerlichen. Eine Lage, in die ich mich gerne und schon öfter mit Zorro verliere; eine Lage, die einer unserer frühsten Interaktionsformen entstammt. Dann entweicht mir ein breites Lächeln und ich mache mich ohne größeren Widerstand von ihm frei, um mich zu ihn umzudrehen. Zorro erwidert meine verschmitzte Freude sofort, zieht mich an der Taille harsch zu sich.
 


 

Verdammt, Nico...“
 

Meine Stimme ist rau und leise und ich fühle mich ein bisschen verzweifelt, als ich ihr daraufhin einen langen, hungrigen Kuss auf den Mund drücke. Sie schlingt beide Arme fest um meinen Nacken, schmiegt die köstlich weichen Kurven ihres Körpers ungehemmt gegen meinen. Als wir voneinander ablassen grinsen wir uns stumm und ein wenig verlegen an, die Köpfe aneinander gelehnt.
 

Robin lässt ein zufriedenes Seufzen aus, das mir fast eine Gänsehaut verursacht, und fragt auf ihre so ungezwungene, sexy Art: „Hat dir gefallen, was du heute gesehen hast?“
 

Ich versenke die Finger tiefer in ihre Hüften, presse den Unterarm demonstrativ gegen ihr Kreuz und brumme ihr eine ernstgemeinte Warnung zu. Denn Robins Provokationen stellen eine reale Gefahr dar, und zwar für mehr als nur einen Mugiwara: Jede Sekunde könnte jemand reinplatzen und vielleicht fragen sich die anderen auch schon, wo wir sind. Sie kichert leise und gibt mir einen sanften, süßen Kuss.
 

„Du bist mir nicht böse?“
 

Die Unschuld in ihrem Ton kann sie zwar wirklich sonst wem andrehen, doch die Aufrichtigkeit hinter ihrer Frage ist trotzdem in ihren Augen vorhanden. Ich atme schwer aus. Wie kann dieses Weibsbild nur glauben, dass ich nach der fesselnden Szene von heute ernsthaft auf sie sauer sein könnte? Dass sie mich dadurch nicht enger an sich gebunden hat, meine Faszination zu ihr nicht größer geworden ist?

Wieder suche ich ihren Mund, ihre Zunge, ihren Geschmack. Streiche ihr intuitiv durch die volle, blumig-duftende Haarpracht, während sie mich umarmt und mir dreist am Hintern packt. Ich muss in den Kuss hineingrinsen und wir ziehen uns lächelnd zurück, suchen den Blick des anderen.
 

„Das hab‘ ich noch nicht entschieden“, antworte ich schließlich, lecke mir dabei die Reste des Kusses von den Lippen, „Du hast mich heute immerhin zehntausend Berry gekostet.“

„Zuzüglich Zinsen“, ergänzt sie unverbesserlich, sodass ich gereizt die Zunge schnalze.
 

Robin tippt einen filigranen Finger gegen das Kinn und summt überlegend. Verfluchte Saddistin! Was auch immer jetzt kommen könnte wird mich nur in eine schon vertraute Zwiespältigkeit zwischen Ärger und Lust schmeißen. Deswegen knurre ich einmal missmutig, stoße sie in Richtung Tür und gönne mir einen Klaps auf ihren (wohlgeformten, durchweg glorreichen Ar--) Po: „Verschwinde, bevor ich mich auf eine manipulative Wette einlasse und die anderen sich fragen, wo du bleibst!“, flehe ich so befehlerisch ich nur kann.
 

Ihr wunderbares Lachen ertönt, aber der leichte Spott in ihren Worten nagt an mir, als sie behauptet: „Ich glaube die einzige Wahrscheinlichkeit, für die es sich zu ‚wetten‘ lohnt, ist, dass das Ergebnis bei einer Revanche ähnlich ausfallen würde.“
 


 

Ich erreiche die Tür und

drehe mich wieder zum Schwertkämpfer um, beobachte die Wirkung meiner Provokation auf seinem Gesicht. Es mag ein wenig gemein sein, aber ich liebe es seinen inneren Konflikt dort – wenn sich jegliche Kränkung, immer wieder auf Neue, seiner Zuneigung zu mir unterordnet – zu lokalisieren. Als sein existentieller Kampf überwunden ist, grinst er mich jedoch schelmisch an. Sein Ausdruck erinnert mich etwas zu sehr an jenen von vor ein paar Stunden und eine leichte Nervosität steigt in mir auf.
 

„Tja. Dumm nur, dass du weder weißt, wann noch wie diese Revanche sich gestalten wird.“
 

Ich lächle trotz der aufkommenden Aufregung in mir, aber stocke, als ich kurz davorstehe die Tür zu öffnen. Ich wende mich zu ihm. „Ich habe heute einen kleinen Durchbruch mit dir gehabt, weißt du?“

„Ach ja?“

Ich nicke. „Habe was überaus Interessantes über dich gelernt“, erkläre ich, ehe ich die Stirn in Falten lege „Nur weiß ich nicht, ob du dir dessen ebenfalls bewusst bist und ob es nicht ohnehin besser wäre, diese Erkenntnis für mich zu behalten.“

Zorro sieht mich gänzlich irritiert an. „Erpresst du mich jetzt etwa mit deinen Eindrücken über mich?!“

Ich lache: „Wer sagt denn was von Erpressung?“

„Scheiße, Robin, du kannst jemandem doch nicht sagen, dass du etwas weißt, nur um sie dann nicht darin einzuweihen!!“ ruft er aufgebracht, hat in wenigen Schritten die Distanz zwischen uns geschlossen, seine Hand über meine gelegt, die noch immer die Türklinke greift, „Diese Kinderkacke lernt man schon im Schulalter, du Frauenzimmer!“
 

Dass er recht hat wird mir ein wenig unangenehm bewusst und ich kompensiere das mit einer aufrechten Haltung und einem entschlossenen Blick in seine Augen. Wahrscheinlich hätte ich mir die Bemerkung wirklich sparen sollen. Nur ist mir besagte Erkenntnis gerade dann erst wieder in den Sinn gekommen, sodass ich sie unüberlegt angeschnitten habe.
 

Ich räuspere mich, eine vage und doch wahrheitsgemäße Antwort bereits im Kopf formuliert: „Nun gut: Mir ist aufgefallen, dass dein Instinkt bis zu deinem Orientierungssinn durchgreift.“
 

Zorros Auge flackert über mein Gesicht, eine vertikale Linie zwischen seinen Brauen gezeichnet, sucht dort nach einer eindeutigeren Antwort. „Was—!“ Aber er seufzt nur resigniert, küsst mich ein letztes Mal und wischt mir dabei die Haare von der Schulter, bevor er die Tür endlich einen Spalt weit öffnet.
 

„Raus mit dir“, fordert er mit einer Kopfbewegung trocken.
 

Ich schmunzle, um mir ein Lachen zu unterdrücken.
 

„Ich meine ja nur“, verteidige ich mich, ehe ich zwinkernd aus dem Schlafzimmer schreite, „Vielleicht hast du das bis zum nächsten Mal bereits ausgebrütet, Kenshi-san.“

'bare' oder: nackt.

Er wird sauer. Stinksauer. Und wenn ihn jemand wütend macht, lässt er das die Person klipp und klar wissen. Für Gewöhnlich. Denn ihr gegenüber schafft er das des Öfteren nicht, schon gar nicht hier. Hier: Nicht das Krähennest der Thousand Sunny, sondern die Situation. Diese Situation, in der sie sich beide seit über einem Jahr immer wieder aufs Neue befinden und die er langsam endgültig satt hat.
 

„Oi!“, ruft er ihr vom Boden aus hinterher, den Oberkörper an seinen Ellenbogen leicht aufgerichtet. Sie hockt bereits über die Öffnung hin zum Deck, aber augenblicklich krachen ihre tiefblauen Augen auf ihn und sein Puls schießt in die Höhe.
 

Am liebsten will er, ganz langsam, auf sie zugehen, nur um sie unerwartet gegen die harte Holzwand zu stoßen und ihr gehörig seine Meinung zu geigen, dem brodelnden Sturm in ihm freien Lauf lassen... Vielleicht den Kontrast seiner massiven, rauen Hand zu ihrer weichen Haut bewundern, die leicht aus den Spalten zwischen seinen Fingern herausquillt, während er unsanft ihr Gesicht packt. Und aus dem ihre azurnen Augen ihn verwildert anschauen. Ihre vollen Lippen kämen dabei rund hervor, benetzt mit einem feinen, feuchten Film Spucke....
 

„Ja?“, reißt ihn ihre ruhige, klare Stimme aus seinen abdriftenden Gedanken. Er sieht ihr ihre interessierte Aufmerksamkeit deutlich an und wird kurzzeitig von einer intensiveren Wutwelle ergriffen. Knurrend rappelt er sich in eine aufrechte Sitzposition auf, zieht eine Hand über das Gesicht und schaut sich gleich in seiner unmittelbaren Umgebung um.
 

Es fällt ihm schwer zu fokussieren: Das Herz pocht ihm schon in der Kehle, seine Sicht ist vertunnelt und verzerrt, sein Atem an der Grenze zur Unkontrollierbarkeit. Schemenhaft erkennt er Textilfetzen um sich, ehe er nach einem kleinen, dunklen Klumpen ein wenig hinter sich greift. Hoffentlich ist das die Unterhose – seine Gedanken rasen im Takt seiner anschwellenden Gefühle und das ist der letzte, den er für eine gute Weile so richtig zu fassen bekommt.
 

Während er sich die Unterwäsche anzieht, bemerkt er aus dem Augenwinkel, dass sie sich ebenfalls erhoben hat und er versucht krampfhaft, sie nicht anzuschauen. Jegliche Verständigkeit, rationale Überlegung, wird von dem wuchernden Frust in ihm überrannt und er weiß nicht, was er eigentlich machen will. Sie zwingen da zu bleiben, um seinem trotzigen Impuls nachzugehen und sie anzubrüllen? Ihr sagen, dass ihm die ganze Scheiße bis zum Hals steht!?
 

Er atmet ein, um sich zu sammeln.
 

Ja. Er hat’s leid. Diese verfluchte Situation leid! Er will ihr sagen, dass sie sich zusammenreißen und verfickt noch mal gehen lassen soll!! Doch als er sie mit seinem harschen Blick erfasst, weiß er sofort wieder, warum er das nicht einfach so kann. Ihre Augen wandern von seinem Schritt zu seinem Gesicht rauf, sobald er sich ihr ganz zugewendet hat. In ihnen scheint sich etwas Dunkles und Bebendes gelegt zu haben und er kämpft wieder darum, sich an seinen Gedanken Halt zu verschaffen. Zur kaum am Riemen gerissenen Wut fügt sich bei ihrem Anblick nämlich etwas anderes, aber ebenfalls brodelnd Heißes.

Ihre Augen gleiten nun offen und eher schamlos über seinen gesamten Körper. Dabei reibt sie die Spitzen einer dünnen Haarsträhne zwischen den Fingern und seine heftigen Reaktionen darauf beschwören Gedanken und Bilder auf, die niemals den Raum zwischen ihnen verlassen sollten. Ihr Blick intensiviert sich mit jedem erwogenen Schritt den er auf sie zu macht. Weiß sie, was er mit ihr machen will?
 

Natürlich. Während er ihr nun gegenübersteht und alles tut, um sich ihren blauen Augen nicht zu ergeben, sieht er das sehr deutlich. Sie weiß, wie er ihr zeigen will, dass er sauer ist. Als sie eine Hand zaghaft nach seiner Brust ausstreckt, schiebt er sie deshalb unfreundlich zur Seite. Er hat’s leid.
 

Lass das“, seine Stimme hat Biss, ist aber gedämpfter als sonst.
 

Stimmt, darum geht es ihm. Er will das nicht mehr mitmachen. Er muss sich jetzt zusammenreißen! Ihre offene Lust ignorieren und auch seine eigene beiseite tun. Es kostet ihn die Welt.

Erst recht, als Robin ihn mal wieder durchschaut hat und daraufhin ihren eigenen Trieb, gekonnt und nebensächlich, erstickt. Eine brennende Sehnsucht steigt in ihm auf, gepaart mit der kochenden Wut, die ihre kontrollierte, kalte Fassung in ihm auslöst. Ein gefährliches Gemisch, das sich nur wegen ihr schon mit erschreckender Regelmäßigkeit wiederholt in ihm zusammenbraut.
 

Ein tiefverankerter Instinkt würde jetzt seine Schwerter zücken, so explosiv ist die Wirkung. So verzweifelt seine Ratlosigkeit darüber, was er mit dieser Situation machen soll.

Alles, was er weiß, ist, dass es so nicht weitergehen kann. Auf den Knien zu leben ist keine Weise für ihn zu existieren. Gänzlich unnatürlich. Eher würde er in einem absoluten Gemetzel untergehen!
 

Doch in einer gleichartigen Intensität will er sie. Und er steht so kurz davor; seit über einem Jahr schon: Eine einzige Wand, die er nicht zu durchdringen schafft.

Es geht ihm auch nicht um Zeit. Die will er ihr geben und er weiß, dass das nicht das Problem ist. Ein Leben zu führen, bei dem jeder Tag der letzte sein könnte, erfordert, dass man ihn lebt, als gäbe es kein Ende.
 

„Warum machst du das?“, fragt er sie, aber merkt sofort, dass das nicht reicht, dass er ausführen muss „Warum sträubst du dich so davor, zu bleiben?“

Ihr Gesicht ist entspannt und ihre Augen verfolgen ihn genau dabei, wie er sich bemüht von ihr abwendet, um seine restliche Kleidung vom Boden aufzuklauben.

Nach einer Pause entgegnet sie: „Ich glaube das haben wir schon besprochen.“

„Ich glaube das haben wir nicht“, seine Stimme hebt sich drastisch und er zerrt sich ruckartig das ärmellose Unterhemd über, „Ich glaube du umgehst die Antwort nur ganz gut.“
 

In der Stille zupft und schüttelt er seine weite Hose zurecht, ehe er sie anzieht und er meidet es stets, seine Kameradin anzusehen. Erst als er sich an ein Ende des Raumes begibt, sich in der Mitte der dort entlangführenden Bank setzt, die Arme über die Brust kreuzt und den Knöchel auf das Knie überschlägt, begegnet er bestimmt ihrem Blick.

Er sieht ihr unverzüglich an, dass sie mit sich ringt. Sie weiß, dass sie nicht gehen kann, ohne etwas dabei schlimmer zu machen; mehr als etwas.

Das will sie jedoch, den Raum verlassen. Das zeigt sich offen, während sie darin zögert sich ihm zu nähern. Stattdessen wendet sie den Körper, mit einem einzigen, seitwärtigen Schritt, zu ihm, aber verweilt immer noch bei der Öffnung.
 

„Ich dachte es sei impliziert gewesen“, ist ihre einzige, knappe Antwort und er ist geplättet davon, dass sie es meint. Er schnaubt. Das sieht ihr wieder ähnlich: Hinter einer mickrigen Aussage endlos verschachteltes Wissen stopfen.
 

„Ich dachte du könntest mehr als nur unnütze Scheiße faseln.“
 

Um ihre Lider erkennt er ihre aufrichtige Überraschung und darauffolgende Defensive. Bedacht geht sie ein paar Schritte in seine Richtung und stützt sich auf halber Höhe mit der Schulter an die Wand, hält ihr rechtes Handgelenk locker fest.
 

„Was soll ich denn jetzt darauf erwidern?“, fragt sie nach einer rasenden Stille.

„Du könntest meine Frage beantworten“, bietet er an.

Sie braucht wieder ein paar Momente, bevor sie sagen kann: „Ich habe geglaubt, dass das irgendwie klar zwischen uns ist.“

In seinem Lachen liegt etwas Bitteres. „Ich wusste auch beim ersten Mal was ‚impliziert‘ bedeutet, Robin. Versuch’s mal mit was Brauchbarem.“
 

Er betrachtet sie genaustens, denn er darf das kleinste Anzeichen von Kontrollverlust in ihr nicht übersehen. Aber sie ist kühl und kalkuliert.
 

„Was genau würde sich deiner Meinung nach ändern, wenn ich hier bliebe?“
 

Die Antwort darauf ist ihm sehr klar, aber nicht, wie er ihr, oder gar sich selbst, das verständigen kann. „Alles“, sagt er deshalb nur rau und weiß das auch.

Wieder hadert sie mit der Frage, ob sie sich auf das Gespräch einlassen, oder vor der Situation flüchten soll.
 

Alles?
 

Dass sie sich in Bewegung setzt, deutet aufs Erstere und sie überquert in einem langsamen, gelassenen Gang die Breite des Raumes, auf die ihr gegenüberliegende Wand zu, um sich mit dem Rücken nun dagegen zu lehnen. Sie ist ihm unmerklich näher gekommen, hat ihre stechenden Augen zu keinem Zeitpunkt von ihm genommen, während sie spricht. „Unsere morgendlichen Joggingrunden auf jeder neuen Insel? Oder das Training vor dem Kaffee, den wir jeden Tag um vier trinken? Unsere Geschichten?“, fragt sie, „Das doppeldeutige Geplänkel? Der Sex?“
 

Wieder ist er sich nicht sicher, ob das ein weiterer Manöver von ihr ist. Sie geht nämlich zwar, über das Körperliche hinaus, auf ihr Verhältnis ein, aber die Erinnerungen, die sie heraufbeschwört, benebeln seinen Verstand wieder mit einem trockenen Durst. Dennoch bleibt ihm nichts wirklich übrig, als zu sehen, wohin sie ihn führt: „Ja.“
 

„Willst du nicht mehr mit mir schlafen?“
 

Seine erste Reaktion ist unangenehm und etwas, das ihm, jenseits von ihr, eigentlich fremd ist. Etwas das er nur zu gern seiner zweiten Reaktion übergibt. Mit dieser ist er immerhin sehr gut vertraut. An ihr hängt sein Überlebensinstinkt und die hat ihm stets gut gedient: Nur zu leicht gibt er sich hier seinem Zorn hin.
 

Aber alles, wozu ihn dieser aufruft, offenbart die zerreißende Widersprüchlichkeit, die diese verschissene Situation in ihm heraufbeschwört. Er will sie angreifen. Sie stürzen. Besiegen!

Doch gleichzeitig will er ihr einfach nur Sicherheit schenken. Geborgenheit und Verlässlichkeit. Will, so intensiv, dass sie diese Sachen in ihrem Leben hat... sie mit ihr teilen. Und erst in dritter Instanz, nach seinem Zorn, ist es, dass er die erste Reaktion benennen kann: eine verunsicherte Kränkung.

Mit seinem Ego hat das, seltsamerweise, wenig zu tun und er hat folglich nicht die leiseste Ahnung, wie er mit diesem Gefühl umgehen soll. Stattdessen ist alles, was dieses Gewirr an konträren Empfindungen aus ihm hervorbringt, ein tiefes, gutturales Grummeln. Gepresst stößt er das einzige aus, das ihm, unter diesen Umständen, am sinnvollsten erscheint: „Nicht so, nein.“
 

Während er sie gebannt betrachtet, steigt jenes unangenehme Gefühl in ihm auf, das sie so häufig verursacht. Überlegt sie jetzt ernsthaft, ob sie es tun soll? Das Ganze, nach all dieser Zeit, einfach so am Keim zu ersticken?

Irgendwas flüstert ihm, dass sie das könnte. Dass davon mal ihre Existenz abgehangen hat.
 

Und nun? Soll ich dich etwa fragen wieso? Ich glaube wir wissen nämlich, dass deine Antwort darauf nichts an deiner Entscheidung ändern würde.“
 

Stille.
 

Ihre Stimme hat ihn harsch in den Moment zurückgezerrt und er ist ehrlich erstaunt. Hat weder den klaren, familiären Klang ihrer Stimme, noch ihre bissigen Worte erwartet. Nicht die Schnelligkeit mit der Letztere kamen oder die hauchende, kaum vernehmbare Gezwungenheit in Ersterem. Jegliche Gefasstheit ist ihm völlig entschwunden, während er sie anstarrt und nur langsam beginnt er, seine Gedanken wieder zu bündeln.
 

„Ich glaube wir wissen eher, dass du meine Antwort einfach nicht hören willst.“
 

Zum ersten Mal, seitdem sie einfach aufgestanden war, um sich ihre zwei einzigen Kleidungsstücke überzustreifen und das Krähennest zu verlassen, ist die Härte in seiner Stimme nicht vorhanden. Das Herz schlägt hart gegen seine Brust, aber es ist diesmal nicht sein Ärger, der dafür verantwortlich ist.

Wieso, wenn sie doch sonst alles zu wissen scheint, kennt sie sich nicht besser in ihm aus? Wieso zwingt sie ihn diese Tortur zu erleiden?! Sie muss es doch tun, um ihn zu quälen. Muss wissen, dass er schier überfordert mit der Situation ist!
 

Aber wieder staunt er, als er ihre Worte vernimmt.

Zorro...“, zum ersten Mal bricht sie von sich aus den Blickkontakt mit ihm und fixiert stattdessen irgendeinen Punkt ihr gegenüber, „Ich kann dir nicht geben, was du forderst.“
 

Jegliche Zweifel sind damit aus ihm beseitigt.
 

Er sieht den Grund für seinen anfänglichen Impuls, sie zu konfrontieren – sie davon abzuhalten, den Raum, den sie nur kürzeste Zeit zuvor intimst geteilt hatten, so nonchalant und unbewegt zu verlassen – kristallklar vor sich. Ja. Sie quält ihn! Sie quält ihn mit ihrer eigenen Verunsicherung, ihrer Angst.

Das kann er ihr nicht vorwerfen. Oder?
 

Natürlich nicht. Zu oft und viel zu früh hat Angst ihr das Leben gerettet. Es geht ihm ja auch nicht um Zeit, die will er ihr geben...

Worum dann? Warum macht sie aus seinen Emotionen eine derart unbändige Gewalt? Seine Gefühle, Reaktionen, Instinkte – sie sind altvertraute, verlässliche Gefährten. Aber in dieser Situation ist es meist so, als würden sie sich plötzlich gegen ihn wenden.

Sein Griff um seinen Oberarm verstärkt sich, ohne das zu beabsichtigen.
 

„Sag mir, was ich fordere.“
 

Etwas in ihrem Ausdruck verändert sich, als Robin ihn anstarrt und sich ihre Lippen unmerklich aneinanderpressen. Zorro realisiert, dass er ihre Geduld mit einem Schlag überspannt hat. Gereizt drückt sie sich an den Schulterblättern von der Wand weg und vergrößert in ein paar kalkulierten Schritten die Distanz zwischen ihnen. Sie hat ihm den Rücken gekehrt und der Kämpfer spürt, wie sich etwas in ihm zusammenzieht.
 

„Lassen wir das Spiel und sag mir einfach, was du möchtest“, sagt sie trocken, hat ihre Stimme dabei eine Spur gesenkt. Sie dreht sich endlich wieder zu ihn um, steht mit verschränkten Armen mehrere Schritte entfernt, ihm genau gegenüber. Die Härte, die so plötzlich von ihm gewichen ist, scheint sich nun auf sie gelegt zu haben, aber deren Hitze droht Robins frostige Kälte sprunghaft zu zersplittern.
 

„Ich möchte, dass du mir antwortest.“

„Und was bringt dir das?“

Er zögert. „Das würde ich gerne rausfinden.“

Ihre Nase zuckt, während sie einen zittrigen Atemzug macht: „Es gibt nichts zu finden, Zorro. ... Das war’s! Und ehrlichgesagt: Findest du es denn nicht genug?“

„NATÜRLICH!!“, bellt er ungläubig und krallt sich an die Bank unter ihm fest, um nicht aufzuspringen, „Natürlich finde ich das genug, Robin, aber DU nicht!“
 

Ihr spottendes Lachen erklingt überdeutlich und sie beginnt sich im Raum zu verteilen, schüttelt abweisend den Kopf: „Du willst mir nicht ernsthaft eine Lebensweisheit erteilen...!“

Er knirscht die Zähne zusammen, um seine Reflexe zu dämmen. „Und wenn schon, alte Frau! Gefühle haben keine Altersbegrenzung und ich kenne weinerliche Teens, die ihre besser benennen können als du. Also komm mir bloß nicht mit deiner ‚du bist so jung und ich nicht‘-Kacke!“
 

Ihre Impulse sind verstreut und sie weiß nicht, welchem sie nachgehen soll. Ein knapper Schritt in die eine Richtung verrät ihm, dass sie auf ihn losgehen will – verbal oder gar anderweitig. Zwei in eine andere, dass sie den Sinn dahinter nicht mehr sehen und von dort verschwinden möchte. Die anschwellenden Sehnen an ihrem Hals – der Grund weshalb sie letztlich doch noch stehen bleibt und ihn mustert –, dass sie seine Beleidigung bis zu einem gewissen Grad witzig fand.
 

Scheiße auch. Wie kann es eigentlich eine Frau wie sie geben?
 

Er tut ihr den Gefallen und ergreift wieder das Wort, denn sie bringt es wohl einfach nicht zustande: „Was ist, sagst du’s mir jetzt?“

Doch sie weicht wiedermals aus: „Und wenn ich mich weigere?“
 

Zorro seufzt. Ja, was dann? Dann war’s das. Er weiß, dass er ein Anspruch hat, endlich über diese unmögliche Situation zu sprechen. Ein Anspruch ihr zu sagen, was er verdammt noch mal will. Zu verstehen, was sie will. Aber er kann sie nicht dazu zwingen.
 

„Das weiß ich nicht. Aber dann machst du dir selbst was vor. Und“, der Schwertkämpfer schluckt, macht sich gefasst auf die Verletzlichkeit, die er ihr nun offenbaren muss, wenn das Ganze irgendetwas gebracht haben soll, „du lässt mich hängen.“
 

Robin sieht ihn ausdruckslos an und würde er nicht gemerkt haben, dass sie dabei kein einziges Mal blinzelt, wüsste er nicht, dass sie tatsächlich getroffen ist. Als sie sich wieder erholt ist es offensichtlich, dass sie ihm, wenn auch widerwillig, aufrichtig antworten will.
 

„Du willst… eine Frau.“

Er schnaubt: „Und was sollst du in diesem alternativen Universum sonst sein? Etwa ein Stock?“

„Ich bin der beste Fick deines Lebens, Zorro, verwechsle das nicht“, zischt sie schnippisch, „Doch davon abgesehen, wirst du noch genügend solche finden, wenn du es denn zulässt.“
 

Er ist überrascht über die vulgäre Wortwahl, die Robin eigentlich gar nicht auszeichnet, aber eben deshalb weiß er, dass es ihr um die Wirkung geht.
 

„Von bloßem Ficken kann seit ‘nem Jahr nicht mehr die Rede sein und das weißt du“, entgegnet er streng, ignoriert dabei bewusst die implizite Aufforderung, die sie ihm gemacht hat.
 

„So ist es aber, versteh das doch! Du sprichst von-- Nähe. Und Wärme. Und die glaubst du bei mir bekommen zu können, bloß, weil du dich törichterweise in mich verschossen hast.“
 

Er muss sie ein paar Momente lang offen betrachten, nach etwas suchen, das ihm Halt gibt, bevor er ihre bodenlose Vorwürfe an sich abprallen lassen kann. Es dauert nicht lange.
 

„Auch von bloßer Schwärmerei ist schon längst nicht mehr die Rede und auch das weißt du, Robin.“
 

Er weiß wie untypisch sanft er klang und das Gesicht, das sie zieht, die Fassungslosigkeit darin, ist ihm unbezahlbar. Ihre bröckelnde Beherrschung sieht zwar schön aus, aber er lässt sich nicht von der Tatsache ablenken, dass sie genau so gut verschwinden könnte ohne auch nur den geringsten Kratzer auf ihre Anmut zu hinterlassen. Robin kehrt zu ihrem kühlen, berechnenden Selbst zurück. Sie klingt trotzdem erschöpft.
 

„Was willst du von mir hören, Zorro?“
 

Dass sie ihn schätzt. Dass sie das, was sie haben, nicht verlieren möchte. Dass sie seine Nähe genießt; seine Nähe will. Er weiß, dass das zu viel gefragt ist. Aber genauso, dass das so ist. Er weiß es. Und doch... Der Raum. Die Zeit. Ihr Schmerz.
 

„Dass du es… zumindest versuchen wirst“, erklärt er. Es ist ihm egal, dass eine leichte Verzweiflung durchsickert, obwohl seine Stimme fest und eben ist.
 

Er sieht, wie ihr der Atem stockt. Als sie tief ausatmet zeigt ihre gesamte Haltung, dass sie von irgendetwas loslässt und sie schüttelt sanft den Kopf. Sie macht zwei zügige, entschlossene Schritte auf ihn zu. Hält. Lächelt ihn schwach an.
 

Sie geht.
 


 

Die nächsten vierundzwanzig Stunden vergehen wie in einem fieberhaften Delirium. Es gibt Momente – wie das erste Wiedersehen am Frühstücktisch, inmitten ihrer lauten, unbändigen Mannschaft, oder Choppers besorgte Frage, ob er denn nicht auch fände, dass Robin heute abwesend erscheine – an denen ihm brutal bewusst wird, weshalb Beziehungen innerhalb einer Crew schlicht unratsam sind. Der hirnrissigste Scheißeinfall dem er jemals nachgegangen ist!
 

Momente, an denen er mit gewaltsamer Aufrichtigkeit spürt, dass er die räumliche Nähe der Sunny nicht mehr mit ihr teilen kann. Beschämende, schwindelerregende Sekunden, in denen sie seinen Lebenstraum, seine verbissene Loyalität zu Ruffy, einfach so zerstört.

Und jedes Mal muss er sich, so gut es für ihn eben möglich ist (nicht sonderlich), darauf besinnen – blind daran glauben –, dass diese Gefühle nicht für immer in ihm wohnen werden. Ganz egal wie stark sie sich gerade in ihm manifestieren.
 

Robin hat sich für den Großteil des Tages in die Bibliothek zurückgezogen. Er trainiert wie ein Besessener im Krähennest und findet darin kein bisschen Erlösung. Zorro lässt das Mittagessen ausfallen, sie das Abendbrot. Er kann sich nicht dazu bringen auch nur einmal ihren Blick zu begegnen und sie widmet ihm kein Wort.
 

Als die Üblichen Verdächtigen ein paar Stunden danach ein spontanes Saufgelage in der Küche veranstalten, ist er froh über die Aussicht auf gefährliche Mengen Alkohol und – ganz ehrlich – auf Gesellschaft. Wirklich teilhaben tut er darin jedoch nicht, möchte nur noch nicht mit der Dunkelheit konfrontiert werden. Deswegen ist er schnell darin, sich dazu überreden zu lassen, im Oberdeck ein paar Blätter von einer von Lysops Pflanzen zu sammeln. Eine kurze Auszeit vom regen Treiben in der Kombüse ist ihm willkommen.
 

Durch die Bibliothek gelangt er auf jenen kleinen Platz der Sunny, die Nami, Lysop und Robin größtenteils für sich beansprucht haben. Mit Hingabe und Zuwendung ein Stück Natur pflegen, auf einem Ort, der kein Ort ist. Ein Schiff.

Das brennende Licht im Ausguck zieht sofort seine Aufmerksamkeit auf sich, sobald er rausgetreten ist. Robin hat Wache. Kurzzeitig wird er vom Druck seiner Stimmung erleichtert, als seine wohlvertraute Wut durch ihn fährt. Zorro grummelt zwei, drei Flüche in die stille Nachtluft hinaus und hat schnell erledigt, womit er beauftragt wurde. Schlecht gelaunt knallt er die Tür hinter sich zu, mit der fixen Entscheidung gleich noch seinen letzten Fass Sake zu öffnen. Doch er bleibt versteinert stehen, als er sich plötzlich im selben Raum mit ihr befindet.
 

Sie steht am Fuße der Leiter, die zum Bad führt. Ihre Wangen sind noch vom warmen Wasser gerötet, ihre Haare feucht und über eine Schulter gekämmt. Sie hält ihre zusammengeknüllte Tageskleidung eng gegen die Brust und sieht ihn – mindestens genauso verdattert wie er sie – an.

Es ist lachhaft, dass ausgerechnet sie zwei, die personifizierte Gewalt der Stohhutbande, kein Laut und keine Regung wagen können. Ewig. Und auf Einem bewegt sich alles, während er verbissen auf den Ausgang zuschreitet und sie ungeniert ihre Klamotten auf eine Stuhllehne ablegt, um ihm dann den Weg zu versperren. Er bleibt abrupt stehen, seine verletzte Wut deutlich in seinen Zügen gezeichnet. Robin tritt ihm nur näher.
 

Es überrascht ihn ihr dabei zuzusehen, wie sehr sie darin zögert – nein, wortwörtlich mit sich kämpft – ihn zu berühren. Dann brennt diese Erkenntnis wie Alkohol auf einer blutig geschürften Wunde und sticht so sehr, dass er sie erlösen, sich davor wegziehen und einfach vepissen will. Denn was für einen gottverdammten Sinn hat das alles, wenn sie sich so quälen muss!!?
 

Aber sie greift schon nach der Falte seines weiten Kragens. Krallt sich dran, als würden die Tiefen der Erde sie andernfalls runterreißen. Der stramm gespannte Stoff zieht ihn unmerklich vor und sie schafft es ihre freie Hand auf seine Schulter zu legen. Ihr Blick flimmert über sein Gesicht, rastlos und nervös. Sie fingert unsicher über seinen Nacken, wandert unruhig, zappelig, zu seinem Hinterkopf.

Er starrt sie blank an. Sie hat ihre Atmung nicht im Griff.

Alles in ihrem Ausdruck, in ihren abgehackten Bewegungen, scheint aus einer überfordernden Dringlichkeit heraus zu kommen. Er sieht sie mehrmals zum Sprechen ansetzen – aber sie tut’s nicht. Das verwundert ihn, denn: Im Falle des Falles, und obwohl sie nicht die redseligste Person ist, schafft sie es immer sich aus ihren Emotionslagen rauszureden; sie zu relativieren.
 

Er spürt ihre Finger an seiner Haut; Schlüsselbein und Haare. Dann erst kann er den Blick ihrer geweiteten, hellen Augen deuten und die hilflose Bitte in ihnen erkennen. In einem vorsichtigen Schritt, einer Hand an ihrem Kreuz, hat er die kleine Distanz zwischen ihnen aufgelöst und Robins Umarmung legt sich zart, warm und angenehm riechend über ihn.

Sein Gesicht presst sich augenblicklich gegen ihre Halsbeuge und er kann sich in dem Geruch ihrer frischen Haut verlieren, sie mit zwei leichten Händen am Rücken an sich drücken. Obwohl er ihren rasenden Puls gegen seine Wange pochen spürt, lässt sie sich von ihm einnehmen, streichelt seine Haare und lehnt ihre Schläfe an seine Schulter, entblößt ihm ihren langen, eleganten Hals. Seine Lippen streifen entlang der empfindlichen Haut, bis sie sich gegen ihren Kiefer pressen. Er wartet. Das berauschende Gefühl eines erfüllten Wunsches überkommt ihn, als Robin – langsam zwar, und überaus vorsichtig – den Kopf dreht und ihm einen sanften Kuss schenkt.

Er dauert nicht lange und sie zieht sich daraufhin von ihm weg, aber Zorro versteht, wie so oft, was alles hinter dieser zögerlichen Annäherung liegt. Dass sie sich absichtlich ihre Worte gespart hat – ihre womöglich stärkste Waffe –, um stattdessen ihre Taten sprechen zu lassen: Wiederum etwas, das er instinktiv beherrscht. Deswegen ist er froh, und erleichtert, als sie seine Hand umfasst und kurz drückt. Ein paar Fleur-Arme überreichen ihm die achtlos auf den Boden geworfenen Blätter. Stumm und wortlos.
 

Er dankt ihr, indem er sie zuerst gehen lässt.
 

Es mag nicht nach viel aussehen: Jede ihrer Berührungen so uncharakteristisch fragil und unsicher, die plötzliche Instanz von Nähe zwischen ihnen so kurz, dass sie von außen vielleicht sogar kalt erschienen hätten.

Und er weiß, dass es keine Garantie für Glück ist, keine definitive Freiheit aus seinem Zustand. Lediglich ein wenig Freude für einen vielleicht wenig fröhlichen Mann. Eine Verschiebung dieser armseligen Situation, die ihm viel zu oft eine Höllenangst eingejagt hat. Der Grünhaarige lässt einen heißen, erschöpften Schnauf raus und macht sich auf den Weg zurück zu den anderen. Er entschließt, sich nach getaner Aufgabe schlafen zu legen.
 

Obwohl ihm die Einsicht kommt, dass er es vielleicht ist, der sich besser in ihr auskennen sollte, entscheidet er (muss es tun), dass ihm Robins vorsichtige Zusage reicht.
 

Was zurückbleibt, ist nackte Zuversicht.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieser OS ist eigentlich aus dem bloßen Bedürfnis entstanden, eine etwas 'Action-geladenere' Szene zu schreiben, denn mit diesen tue ich mich unheimlich schwer. Es ist erstaunlich schnell gegangen, ich habe mich von der Dynamik regelrecht hinreißen lassen... und drei Mal dürft ihr raten bis wo hin. :D Ich glaube nämlich, dass es einen eindeutigen Cut in der Erzählung und Erzählweise gibt. Ich hoffe ihr habt dennoch Spaß beim Lesen gehabt! :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
💜 PPs Rezept für angsty ZoRobin – Probiert’s gerne aus!

Man nehme einen Grundstock an Robins Trauma und emotionaler Unterdrückung, füge einen in offener Kommunikation ebenso un-versierten Zorro bei und mische das Ganze in eine körperliche Beziehung, bis es zu einem zähen, aber klaren Potenzial für romantische Intimität verkocht ist.
Den dabei abgelagerten Frust verarbeite man anschließend in Roronoa-Manière mit zwei bis zweihundert EL Wut, Zorn und/oder Ärger, werfe zum Schluss noch einen ordentlichen Klacks introspektiver Grübelei à la Nico rein (ob kühl oder eiskalt ist einem und einer ganz selbst überlassen) und – ✨️voilà!!✨️

Anm.: Mit den zwei letzten Schritten kann man natürlich wild umherexperimentieren (wie gesagt: vier bis fünf Versionen...) und der Kreativität freien Lauf lassen!🫠

Mahlzeit und danke fürs Vorbeischauen. 💜 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Stoechbiene
2023-11-26T12:56:57+00:00 26.11.2023 13:56
Man, du haust ja eine Idee nach der anderen raus. Das ist für alle ZoxRo-Fans natürlich der Himmel auf Erden!

Man kann in diesem OS schon ein wenig Mitleid mit dem guten Zorro haben, der Robin's Intellekt in keiner Weise gewachsen ist. Allerdings entspricht das nun mal auch der Realität und er ist sich dessen auch bewusst und hat sich damit abgefunden. Er weiß wo sein Platz in dieser Crew ist und auch, dass er dennoch Robin's Anerkennung genießt. Gerade die beiden Frauen in der Crew wissen wie wertvoll Freunde sind, für die das Wort Loyalität nicht nur eine Worthülse ist.

Aber auch Robin weiß, dass Zorro nicht dumm ist und dass man seine schroffe Art nicht mit Desinteresse oder Unwissenheit gleichsetzen darf. Er hat seine ganz eigene Art mit den Dingen des Lebens umzugehen, weshalb nicht jeder erkennt, welch Geist in ihm wohnt.
Sicherlich eine Charaktereigenschaft an ihm, die gerade eine Frau wie Robin provoziert und fasziniert.

All das konnte man zum Genuss in deinem OS wiederfinden :)

Allerdings gibt es in deinem Text eine Stelle, wo der zuvor gelöschte Text durchgestrichen eingeblendet wird. Du wolltest statt Po also Arsch schreiben ;)

Liebe Grüße
Antwort von:  PurplePassion
01.12.2023 11:42
Hahahaha Stoechbiene! Du hast mich zum Lachen gebracht. :'D Ja ähem... HUCH!! Wie hat sich dieser schmutzige Gedanke bloß in die Endfassung geschlichen?? *g*

Danke jedenfalls für deinen Kommi, es freut mich immer zu lesen was fellow ZoRo-Shippers so an das Pairing bindet. <3
Ich stimme dir natürlich zu! Ich weiß nicht wo ich das mal gelesen habe (vllt sogar bei einer deiner FFs?), aber irgendwer meinte in der Geschichte über Zorro und Robin so was wie "Ich glaube die zwei haben eine ganz andere Weise die Welt zu sehen". Das finde ich treffend und ist auch ein wiederkehrendes Motiv bei dem Pairing. Hat halt einen Reiz der sich in der Subtilität ihrer Interaktionen spiegeln kann. *-*

Dass du Nami und Robins Gemeinsamkeit in puncto Gemeinschaft ansprichst, finde ich cool. :) Ihre Erfahrungen sind diesbezüglich ja doch irgendwo ähnlich und obwohl sie in der Crew als Frauen nur zu zweit sind, finde ich den Gedanken toll, dass sie der Weg zum One Piece, also zu Ruffys Traum, sind (Navigation und Poneglyphe).

Habe ganz lieben Dank noch mal! Und ein schönes Wochenende wünsche ich dir. :)


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