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Die Geschichte einer Kämpferin

von

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Prolog

„Du wirst niemals ein Jo-Nin!“ Der weißhaarige Junge auf dem Baum schaute überheblich auf das junge Mädchen unter ihm hinab. Wie konnte er es wagen? Wütend stemmte sie ihre Hände in die Hüften.

Natürlich werde ich ein Jo-Nin! Ich werde sogar Hokage, genau wie mein Bruder vor mir!“, entgegnete sie lautstark und der Junge lachte unter seiner schwarzen Maske. Wütend prustete die Braunhaarige die Luft aus. Was war das für ein seltsamer Junge?

Und was bist du jetzt? Wahrscheinlich ein kleiner Schüler auf der Ninja-Akademie!“, hänselte er sie und es kam ihr so vor, als würde er seine Position hoch über ihr ausnutzen wollen.

Ich bin schon Ge-Nin!“ - Stolz schwoll meine Brust an - „Und bald werde ich auch ein Chu-Nin werden.“ Mit gehobenden Augenbrauen starrte sie zu ihm hinauf mit einem Blick der eindeutig Und-was-sagst-du-nun? sagte.

Ich bin bereits Chu-Nin.“, antwortete er ihrem Blick nur und sie ließ doch etwas resigniert ihre Schultern wieder sinken.

Willst du wetten?“, rief sie aufgebracht: „Ich wette, dass ich es zum Jo-Nin schaffe und eines Tages viel stärker sein werde als du.“ Der Junge oben zwischen den Blättern lachte abermals und beugte sich ein Stück nach vorne, sodass er das Mädchen besser betrachten konnte. Seine zwei schwarzen Augen musterten sie belustigt.

Du willst dich mit mir anlegen, Kleine?“, fragte er amüsiert und sie streckte ihm die Zunge heraus.

In Ordnung.“ - er hob einen Zeigefinger in ihre Richtung - „Wenn du es nicht schaffst Jo-Nin zu werden, habe ich einen Wunsch bei dir frei.“

Sie dachte kurz nach. Wäre es falsch auf diese Wette einzugehen? Sie war sich sicher, dass es bestimmt nicht einfach werden würde Jo-Nin zu werden, aber gegenüber diesem aufgeblasenden Dickschädel wollte sie nicht wie ein Schwächling dastehen.

In Ordnung!“, fauchte sie und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust: „Aber wenn ich es schaffe Jo-Nin zu werden, dann habe ich einen Wunsch frei!“

Alles klar.“, erwiderte er und mit einem Satz war er zwischen den Bäumen verschwunden. Was für ein fürchterlicher Junge, gegen ihn würde sie niemals verlieren.

 

Schlamm spritzte an ihren Beinen hinauf, als sie gegen den Sturm anlief. Kalter Regen peitschte in ihr Gesicht und der scharfe Wind drückte sie zurück. Sie fror und zog ihren dunklen Umhang enger um sich und ihre Kapuze tiefer. Sie verdeckte fast ihr ganzes Gesicht, die langen braunen Haare und die strahlenden blauen Augen, die sie von ihrem Bruder geerbt hatte. Sie musste sich beeilen, egal wie anstrengend es auch war.

 

„Du hast mir mein Leben gerettet!“ Mit weit aufgerissenen Augen sah die junge Frau ihn an. Der Geruch von Blut war noch immer in der Luft und ihr Atem ging schwer. Sie hatte fest damit gerechnet diesen Kampf nicht zu überleben.

Du solltest hier noch nicht sterben, du hast noch eine Chance in ein normales Leben zurückzukehren.“, sagte er ohne sich zu ihr umzudrehen. Sie starrte regelrecht auf seinen Rücken, auf seine zerzausten schwarzen Haare, die leicht im Wind hin und her wackelten. Würde er sich zu ihr umwenden, würde sie seine roten Augen sehen können. Das Sharingan, fast hatte sie vergessen wie es aussah.

Ich will nicht zurück in ein normales Leben, ich war noch nie so stark, wie ich es jetzt bin!“, entgegnete die Frau und stand langsam auf. Ihr Bein schmerzte, es war ein tiefer Schnitt, den das Schwert in ihrem Oberschenkel hinterlassen hatte, der fürchterlich blutete. Sie fluchte laut.

Das ist dein Juin.“ Der Uchiha vor ihr blieb ruhig und rührte sich nicht: „Orochimaru hat es extra für dich konstruiert. Es verschließt deine Gefühle.“

Nur Weicheier brauchen Gefühle, ich bin stark genug ohne sie.“, entgegnete sie wütend und machte einige Schritte auf ihn zu.

Erinnerst du dich nicht an deine Zeit in Konoha?“ Er wirbelte herum und seine roten Augen fixierten die ihren.

Willst du nicht wieder zu deinen Freunden zurückkehren, willst du für immer alleine bleiben?“, fuhr er sie an und ihre Beine erstarrten.

Er würde mich niemals gehen lassen!“, erwiderte sie, allerdings weniger wütend und aufbrausend als sie es gewollt hatte.

Lass es mich versiegeln.“, sagte der Schwarzhaarige daraufhin nur und sah sie wartend an: „Ich könnte dir deine Gefühle und Erinnerungen zurückgeben.“

 

Neben ihr krachte ein Ast auf die Erde und nur durch einen gewaltigen Satz konnte sie ihr Leben retten. Er schlug nur wenige Meter neben ihr auf dem Boden ein und brachte eine große Matschwelle mit sich, die sich mit all ihrer Kälte über ihre Füßen ausbreitete. Doch sie hatte keine Zeit. Sie sah die Felsen schon in der Ferne, aber sie sah auch schon die Sonne, die sich den Weg an den Himmel bahnte. Nicht mehr lange und sie würde zu spät sein.

 

Mit voller Wucht hieb sie gegen einen Holzklotz. Würde sie einmal nicht trainieren und würde ihr Körper schwach werden, so wäre alle Arbeit umsonst gewesen. Es war Orochimaru gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass sie niemals schwach werden würde. Sie erinnerte sich an seine Worte. Würde ihr Juin jemals die Oberhand über ihren Körper gewinnen, würde es sie nach und nach vernichten, bis zu ihrem Tod, hatte er gesagt und kaltherzig gelacht. Seit er einen neuen Liebling hatte, war sie nichts weiter als ein Spielzeug für ihn. Doch irgendwann würde sein Spielzeug ihn vernichten und dann würde sie bereit sein. Wie lange hatte sie an ihrem neuen Jutsu gesessen. Die Jahrelange Forschung ihres Meisters ausgenutzt, um letztendlich das zu retten, was er immer gehasst hatte. Ihren besten Freund, denjenigen, der sie aus ihrem dunklen Albtraum befreit hatte.

Kyoko!“ Die Stimme, die sie rief war kalt und gleichenteils arrogant.

Was ist, Sasuke?“, erwiderte sie ohne sich von ihrem Holzstamm abzuwenden.

Orochimaru schickt mich.“, erklärte der junge Uchiha und sie stoppte ihre Versuche das Holz dem Erdboden gleichzumachen.

Was will er?“, entgegnete sie und drehte sich zu ihm um. Er sah seinem Bruder so unglaublich ähnlich, hatte das gleiche Haar und die gleichen stechenden roten Augen.

Er meinte, es ist Zeit, dass du mich wieder in Nin-jutsu unterrichtest.“, erklärte der junge Uchiha und stemmte lässig seine Hände in die Hüfte.

Hat er es immer noch nicht aufgegeben? Kann er die Drecksarbeit nicht einmal alleine übernehmen?“, stöhnte sie und schritt auf Sasuke zu. Dieser zuckte nur gelangweilt mit den Schultern und lächelte leicht.

 

Mit einigen Sprüngen erklomm sie die hohen Felsen. Durch ihr Chakra konnte sie höher springen, sodass sie schnell den Felsvorsprung erreichte, der den Eingang zu einer kleinen Höhle bildete. Doch bereits draußen traf sie auf die Person, die sie gesucht hatte. Er stand im Regen, sein schwarzes Haar klebte an seinem Kopf. Sie sah ihn einfach nur an, wie er mit leeren Blick in die Ferne blickte.

„Ich werde nicht zulassen, dass du dich umbringst!“, flüsterte sie und, als würde er grade erst realisieren, dass sie da war, drehte sich sein Kopf zu ihr herum und seine roten Augen fixierten die ihren.

„Ich hab es fertig.“, fügte sie noch hinzu und er schüttelte lächelnd den Kopf.

„Was hätte ich auch anderes von dir erwartet?“, sagte er mit leiser, schwacher Stimme und blickte sie mit freundlichem Blick an.

Abschiedsworte

„Du wirst immer schwächer.“, hauchte die junge Frau leise und zog die schwarze Kapuze von ihrem Kopf um den Uchiha vor ihr anzusehen. Er war noch blasser als bei ihrem letzten Treffen und sie merkte, dass seine Hand zitterte.

„Ich weiß, ich bin selbst schuld daran.“, antwortete er ihr und drehte sich von ihr weg. Durch den Regen klebten ihm seine Haare nass am Kopf und es sah aus als würde er weinen.

„Das hier war also ein einziger Selbstmordversuch?“, fuhr sie ihn an und trat einige Schritte auf ihn zu. Sie wusste nicht genau, was sie gedacht hatte, schließlich wusste sie seit langem, dass es mit ihm Berg ab ging, aber es machte sie wütend zu wissen, dass er sich einfach umbringen wollte.

„Was hattest du denn gedacht?“ Langsam drehte er seinen Kopf zu ihr herum und sah sie gutmütig an. Sie prustete und verschränkte trotzig die Arme vor ihrer Brust. Ja, was hatte sie nur gedacht. Dass ihr bester Freund nicht einfach so sterben würde? Dass er tatsächlich seinen Bruder besiegen und töten würde? An sich hatte sie doch immer gewusst, dass er sterben wollte, weshalb hatte sie sonst dieses fürchterlich komplizierte Jutsu entwickelt?!

„Aber jetzt musst du ja nicht sterben.“, erwiderte sie hastig um das Thema zu wechseln: „Ich werde dich retten, dann stehe ich auch endlich nicht mehr in deiner Schuld, wurde langsam wirklich ziemlich lästig.“

Itachi lachte leise und schwach.

„Du standest nie in meiner Schuld.“, erwiderte er und wandte sich um, um in die Höhle zu gehen. Sie folgte ihm automatisch, öffnete im gehen ihren Umhang und streifte das nasse Stück Stoff von ihren Schultern. In der Höhle hallte der Regen laut und das Rauschen umfing sie tröstend und sie schloss die Augen. Sie war müde, die Reise war beschwerlich gewesen und sie hatte nicht die Zeit gehabt eine Pause einzulegen.
 

Es war weniger als ein Zischen, das sie aufhorchen ließ. Ein Krachen und sie spürte wie ihr Atem sich beschleunigte. Ob es endlich soweit war? Sie griff nach ihrer Waffe: Ein Stock mit zwei sensenähnlichen Klingen und öffnete vorsichtig die Tür. Es war niemand auf dem Gang, es war beunruhigend ruhig geworden. Mit schnellen, langen Schritten eilte sie den Gang entlang ohne zu rennen. Es waren nur wenige Kurven, zweimal rechts, dann wieder links und dann noch einmal rechts, schon stand sie vor der Tür, die sie gesucht hatte. Sie war einen bedrohlichen Spalt weit geöffnet und ein wenig Licht schien heraus. Es stank ein wenig. Sie zog die Nase kraus, als sie realisierte, was sie da roch: Blut. Sie atmete tief durch um ihren Herzschlag zu beruhigen. War es wirklich soweit? Hatte der Schüler endlich seinen Meister übertroffen? Mit einer schnellen Bewegung stieß sie die Tür auf und trat ein. Sie erschrak. Vieles hatte sie erwartet, aber nicht diesen Anblick, nicht Meister Orochimaru in dieser Form.

„Sasuke..“, ihre Stimme versagte als sich der Angesprochene zu ihr umwandte und sie mit gefühlslosen roten Augen ansah. Er betrachtete kurz ihr überraschtes Gesicht und sagte dann: „Du bist spät, Kyoko. Hattest es wohl nicht eilig deinen Meister tot zu sehen. War das nicht dein Wunsch?“ Ein grausames Grinsen schlich sich in sein Gesicht und mit einem Klirren verstaute er seine Klinge.

„Ich hatte nicht gehofft, dass du es sein würdest, der mir diesen Wunsch erfüllt.“ Tatsächlich schlich sich in ihre Freude darüber, endlich diesen Ort verlassen zu dürfen erstaunlich viel Trauer und Mitgefühl für ihren Schüler. Sie hatte es immer vermutet, dass er diese Last tragen müssen würde, allerdings hatte sie immer gehofft, dass er verschont werden würde. Nun waren alle ihre Hoffnungen zunichte gemacht worden.

„Ich habe nicht dir deinen Wunsch erfüllt, sondern das erledigt, für das du zu schwach warst.“, spuckte er aus und machte einige Schritte auf sie zu und wollte an ihr vorbei gehen, doch sie hielt ihn an der Schulter fest. Er hätte sich ihr leicht entreißen können, doch er hielt an und drehte seinen Kopf zu ihr um.

„Du weißt, was dich diese Aktion gekostet hat?“, wollte sie wissen und war zu ihrem Erstaunen besorgt um Sasuke Uchiha.

„Gekostet?“ - mit seinen schwarzen Augen starrte er sie an - „Das Chakra Orochimarus hat mich nur noch stärker gemacht.“ Er hob seine Mundwinkel und lächelte. Ohne Freude, ohne Spaß, er lächelte einfach, doch seine Augen blieben kalt.

„Er wird deinen Körper nach und nach verspeisen.“, versuchte sie ihn zu warnen, doch mit einer schnellen Bewegung, gerade so, als würde er Staub von seiner Schulter streichen, entfernte er ihre Hand.

„Ich bin bereits stärker als er.“, erwiderte er schlicht und wandte sich abermals zum Gehen: „Er wurde von mir vernichtet, das einzige, was ich mir von ihm erhalte, ist sein Chakra.“ Dann verschwand er aus der Tür. Sie schüttelte den Kopf über seinen Leichtsinn. Seit er bei Orochimaru war hatte er sich stetig verändert, fast hatte man ihm dabei zusehen können, wie ihn die Dunkelheit immer mehr verspeiste. Am Anfang hatte sie es unterstützt, hatte ihm auf Orochimarus Befehl hin alles beigebracht, was sie ihn lehren konnte, doch nach einiger Zeit hatte sich das Leben hier verändert. Sie hatte ihre Gefühle dank Itachi zurückbekommen und es schien als hätte Sasuke seine in dieser Zeit verloren. Er war kalt geworden, kälter als er je gewesen war und hatte sich voll auf Itachi fixiert. Erst hatte sie ihn davon abhalten wollen, hatte versucht ihn zu überzeugen, dass Wut nicht die richtige Kraft war, doch schnell war ihr klar geworden, dass sie keine Chance gegen seinen Hass hatte. Es gab eine Zeit, in der sie die Vermutung aufgestellt hatte, dass auch er ein Juin trug, das seine Gefühle unterdrückte, doch Orochimaru hatte ihr rein zufällig diesen Gedanken genommen, als er sie vor Sasuke damit aufzog, dass sie im Gegensatz zu seinem Lieblingsschüler seine Hilfe gebraucht hatte, um sich von ihren Gefühlen zu lösen. Sasuke hatte es als „Typisch Mädchen“ bezeichnet und ihr lediglich einen kalten, überheblichen Blick zugeworfen und sie war gegangen. Es war schwerer geworden in der Höhle der Schlange, seit sie die Gunst Orochimarus verloren hatte. Nicht, dass es sie gestört hatte. Sie war froh aus seiner Schusslinie geraten zu sein, sodass er nicht bemerken konnte, dass ihr Juin bereits versiegelt worden war und sie nur auf den richtigen Moment wartete, um sich seinen Klauen zu entziehen.
 

Sie stellte sich an das kleine Feuer, das Itachi in der Höhle entzündet hatte und hob ihre Hände nah an die orangen Flammen um sich zu wärmen.

„Wie war deine Reise?“ Sie prustete belustigt, als Itachi seine Frage stellte und sich zu ihr gesellte.

„Ach, sie war wirklich gut.“, antwortete sie ihm mit sarkastischem Unterton und fügte hinzu: „Es hat gestürmt und gewittert, ich bin bis auf die Knochen nass geworden und habe seit drei Tagen nicht richtig geschlafen, um auf jeden Fall vor Sasuke da zu sein. Ja, es war eine wirklich angenehme Reise.“ SIe sah zu Itachis Gesicht hinauf, doch nichts war in seinen Zügen zu lesen. Das war eine Eigenschaft, für die sie ihn bewunderte. Er war unglaublich selbstbeherrscht und schwerer zu durchschauen, als jede andere Person, die sie je kennen gelernt hatte. Er hatte seine Züge immer im Griff, etwas, das er nicht selten dazu nutzte um seine Gegner erfolgreich zu verunsichern.

„Itachi?“, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, zu groß war ihre Sorge, dass sie einen wichtigen Gedankengang seinerseits unterbrechen könnte. Er wandte sich ihr zu und nickte leicht, ein Zeichen dafür, dass sie ruhig sprechen konnte.

„Sasuke hat Orochimarus Chakra aufgenommen. Du musst es schaffen ihn davon zu befreien.“ Sie hatte nicht vorgehabt Itachi von der Last seines Bruders erzählen, aus dem egoistischen Wunsch heraus, dass er nichts riskieren würde. SIe hatte Sorge gehabt, dass er vielleicht ihr Jutsu ablehnen könnte, das einiges an Chakra von ihm verlangen und ihn noch mehr schwächen würde, als er eh schon war. Umso mehr überraschte sie seine Antwort: „Das habe ich bereits vermutet.“ Verwundert hob sie eine Augenbraue und ein schwaches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

„Auch ich habe meine Quellen.“, erklärte er schlicht und sie beließ es dabei. Er war nie ein Mann großer und vor allem vieler Worte gewesen und etwas aus ihm heraus zu bekommen war schier unmöglich.

„Hast du auch einen Plan?“, fragte sie ihn besorgt. Noch, hatte sie ihm nicht offenbart, welch einen Einsatz ihr Jutsu von ihm verlangen würde und je weiter ihr Gespräch verlief, desto weiter wuchs ihre Unruhe.

„Ich werde ihn so lange reizen müssen, bis er Orochimaru nicht mehr zurückhalten kann. Mit Susanoo kann ich ihn dann versiegeln.“ Es war kein ausgereifter Plan, aber ein Plan, der zu der Situation passte. Itachi würde alles geben, wirklich alles, um seinen kleinen Bruder vor der hinterhältigen Schlange zu befreien. Und er würde sterben, zwangsläufig, schließlich war sein Körper schon lange krank und es war nur eine Frage der Zeit bis der Tod ihn einholen würde. Er hatte es sich damals zur Aufgabe gemacht seinen kleinen Bruder zu beschützen und auch jetzt würde er nur dieser Aufgabe nachgehen.

„Wirst du ein Auge auf Sasuke haben, wenn der Kampf vorbei ist?“ Seine Frage riss sie aus ihren Gedanken. Traurig sah sie ihm in seine roten Sharinganaugen.

„Du weißt selbst, dass er ungern auf mich hört.“, flüsterte sie entschuldigend und ließ unbewusst die Schultern hängen.

„Hab nur ein Auge auf ihn. Er hat Respekt vor dir, auch wenn er es zu verstecken versucht, doch letztendlich warst du sein Sensei.“, bat er sie weiterhin und nach einem kurzen Zögern nickte sie. Auch wenn sie nie zu Sasuke durchgedrungen war, würde sie ihn nie im Stich lassen. Schon alleine Itachi zuliebe würde sie alles  mögliche tun, um den hasserfüllten Uchiha auf den rechten Weg zu bringen.

„Aber jetzt zu einem freudigeren Thema.“, fing sie an und zog unter ihrem schwarzen Top ein kleines silbernes Amulett hervor. Es hatte die Form eines Herzens mit kleinen Schnörkeln darauf und ein Foto mit ihr und ihrer Familie in seinem Inneren.

„Wir müssen mein Jutsu vorbereiten.“, fuhr sie fort und wedelte hektisch mit der Kette vor Itachis Gesicht herum, bis er sie schließlich mit einem Seufzen entgegennahm.

„Bist du dir sicher?“ Sie spürte, dass er noch nicht überzeugt war und sein Misstrauen kränkte sie.

„Na sicher bin ich mir sicher.“, sagte sie etwas zu lautstark und er griff besänftigend nach ihrem Arm.

„Tut mir Leid, ich wollte dich nicht kränken.“ Sie spürte wie ihr die Röte in die Wangen schoss. Das passierte ihr häufig und sie hasste diese Reaktion ihres Körpers, doch sie konnte nichts dagegen tun. Lange hatte sie versucht dagegen anzukämpfen, doch letztendlich hatte sie diesen Kampf verloren.

Beschämt, dass sie schon wieder rot wurde wandte sie ihren Kopf ab und fing an ungewöhnlich hektisch ihr Jutsu vorzubereiten. Sie platzierte das Amulett auf einem leicht erhöhten Stein nahe dem Feuer, sodass sie falls nötig ein erneutes Rotwerden auf die Hitze schieben konnte.

„Wie funktioniert es?“ Itachi beugte sich neben ihr hinunter zu dem Stein und sah sie interessiert von der Seite an.

„Es ist ganz einfach.“, begann sie zu erklären und merkte bei den letzten zwei Worten bereits selbst, dass sie nicht besonders überzeugend war: „Es gibt einige Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Jutsu wie dieses funktionieren kann. Der erste Schritt hängt von dir ab. Ich brauche einiges von deinem Chakra, du musst es auf dieses Amulett übertragen, damit später einiges deiner Energie den Weg in diese Kette findet.“

„Wieso diese Kette?“, unterbrach er sie und betrachtete das Schmuckstück aufmerksam.

„Nun ja, ich trage sie immer bei mir. Ein Gegenstand, den ich aus den Augen lassen müsste, wäre mir zu riskant.“, antwortete sie ihm wahrheitsgemäß und mit einem Nicken zeigte er ihr, dass er mit der Antwort zufrieden war und sie fortfahren konnte: „Nachdem die Kette dann mit deinem Chakra aufgeladen ist, ist die zweite Bedingung, dass ich im Zeitpunkt deines Todes bei dir sein muss. Deine Lebensenergie wird sich in diesem Moment verflüchtigen und ein Teil davon sich an dein Chakra heften, sodass ich es in der Kette versiegeln kann. Die letzte Bedingung, ohne die es nicht funktionieren kann, ist, dass ich die Lebensenergie ausschließlich deinem Körper wieder zuführen kann. Es geht nicht wie das Edo Tensei Orochimarus mit jedem Körper, sondern ausschließlich mit dem deinen.“ Sie sah wie Itachis Blick weiter auf ihr ruhte. Hatte er etwas gegen ihr Jutsu, hatte er eine Schwachstelle erkannt oder vertraute er ihr nicht genug? Sie wollte gerade dazu ansetzen sich weiter zu erklären, als sie seine Stimme vernahm: „Wie viel Chakra brauchst du von mir?“ Ihre Augen weiteten sich überrascht. Hatte sie eben noch vermutet, dass er an ihrem Plan etwas auszusetzen hatte, bewies er ihr nun das Gegenteil.

„So viel wie möglich.“, erwiderte sie rasch und verhaspelte sich fast dabei. Er nickte schlicht und griff ohne ein weiteres Wort nach der Kette und schloss sie zwischen seinen Fingern ein. Überrascht beobachtete sie, wie seine Hände zu glühen begannen und spürte Itachis Chakra, das er auf die Kette übertrug. Nach wenigen Sekunden öffneten sich seine Hände und er übergab ihr das Schmuckstück.

„Ist das genug?“ Als ihre Finger das kalte Metall berührten, spürte sie sofort das leichte Kribbeln, das Itachis Chakra auf ihrer Haut verursachte. Die junge Freau nickte leicht, er hatte weit mehr Chakra abgegeben als sie es erwartet hatte.

„Kyoko, du musst langsam gehen.“, sagte Itachi plötzlich leise. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie hell es bereits geworden war, doch die Sonne hatte sich den Weg an den Himmel gebahnt und erleuchtete die kleine Höhle. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Sasuke erscheinen würde und es wäre fatal, wenn er sie hier entdecken würde.

„In Ordnung, Itachi, pass auf dich auf!“ Sie wandte sich dem Höhlenausgang zu und warf ihm noch ein Abschiedslächeln zu. Er hob schwach seine Hand als Gruß. Sie wusste nicht, ob es das letzte Mal sein würde, das sie ihn sehen würde. Ob ihr Jutsu funktionieren und er sie ein weiteres Mal zurechtweisen könnte. Er hatte ihr einmal vor einigen Jahren das Leben gerettet und jetzt war es an ihr das Gleiche für ihn zu tun.

Sie schluckte schwer und ohne sich groß Gedanken zu machen, überbrückte sie die wenigen Meter zwischen sich und ihrem besten Freund und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie drückte sich an seine viel zu knochige Brust und vergrub ihr trauriges Gesicht an seiner Schulter.

„Wir werden uns bald wiedersehen, Kyoko.“ Sie spürte wie sich seine Arme leicht an ihren Rücken legten und sie nickte kaum merklich.

„Ich weiß, es ist trotzdem schwer dich zurückzulassen in dem Wissen, dass du in deinen eigenen Tod rennst.“ Sie entfernte ihr Gesicht von ihm und löste sich ein Stück von seiner Brust, ließ ihre Hände jedoch auf seinen Schultern liegen.

„Ich glaube an dich. Du wirst dein Versprechen halten können.“, sagte er gutmütig und lächelte sie leicht an.

„Was wenn ich es nicht schaffe?“, fragte sie unsicher und traurig. Sie wusste nicht woher diese plötzlichen Zweifel kamen, doch sie spürte, wie sie sie erdrücken wollten und ihr die Kraft nahmen den Uchiha allein zu lassen.

„Dann hatte ich ein wunderbares Leben. Ich habe zwar einige Fehler gemacht, doch ich weiß, dass ich das beschützen konnte, was mir am wichtigsten ist. Mein Bruder wird endlich Frieden finden können und die stärkste Kunoichi, die ich kenne, wird endlich in ihre Heimat zurückkehren können.“, erklärte er ihr und nahm behutsam ihre Hände von seinen Schultern. Sie hatte gar nicht wahr genommen wie sehr sie sich an ihn geklammert hatte.

„Es ist keine Rückkehr ohne dich.“, entgegnete sie und er lachte schwach.

„Auch wenn dein Jutsu nicht funktioniert, werde ich immer bei dir sein, Kyoko.“ Auf ihren fragenden Blick hin deutete er auf das Amulett und  sie verstand. Fest schloss sie es in ihre Hände und nickte ergeben. Nichts würde ihn davon abhalten seinen Bruder zu befreien.

„Auf Wiedersehen, Itachi. Ich werde mein Bestes geben, um dich eines Tages wiedersehen zu können.“

Schnell drehte sie sich um und ging mit langen Schritten aus der Höhle und ließ ihren besten Freund hinter ihr. Sie schaute nicht zurück, das hätte ihren Entschluss nur ins Straucheln gebracht.

„Auf Wiedersehen, Kyoko! Ich freue mich darauf.“

Wenn Tote wieder lebendig werden

Unaufhaltsam flossen ihr die Tränen aus den Augen und mischten sich mit dem Schweiß, der von ihrer Schläfe tropfte. Sie wusste nicht was sie fühlen oder was sie denken sollte. Angst, Furcht, Wut, Verzweiflung, es war ein Wirrwarr aus Gefühlen, der in ihrer Brust tobte, als sie den Kampf zwischen Sasuke und Itachi aus ihrem Versteck beobachtete. Das Verlangen einzuschreiten und diesen sinnlosen Krieg zwischen den Brüdern zu beenden wuchs und wuchs und doch wusste sie, dass es nicht ihre Aufgabe war, diesen Kampf zu verhindern. Ihre Aufgabe war es ihren besten Freund sterben zu sehen, um sein Leben zu retten.

Seit Beginn des Kampfes hielt sie das Amulett fest in ihren Händen. Sie hatte sofort mit ihrem Jutsu begonnen, für den Fall, dass das Aufeinandertreffen der Uchiha schneller vorübergehen sollte, als es geplant war. Bei Itachi konnte man es nicht wissen, sein Zustand war nicht zu unterschätzen. Er kämpfte nicht mehr wie früher. Er war langsamer, unsicherer in seinen Bewegung und trotzdem konnte er sich Sasuke mühelos vom Hals halten und immer weiter provozieren. Nicht mehr lange und Orochimaru würde zum Vorschein kommen.

Kyoko konnte nicht einschätzen, wie sie reagieren würde, wenn Orochimaru plötzlich autauchte. Würde sie in Panik verfallen und Angst bekommen, oder würde sie ruhig bleiben. Sie hasste die Schlange. Hasste sie seit dem Tag, an dem sie sie von ihrem Bruder und allen ihren Freunden getrennt hatte. Hasste sie für das, was sie ihr und all den anderen Experimenten angetan hatte und füchrtete sie trotz dem ganzen Hass, den sie in sich trug. Doch egal, was sie fühlen würde, wenn ihr ehemaliger Meister erschien, sie musste sich auf ihr Jutsu konzentrieren. SIe spürte bereits, wie sie an ihre Grenzen kam, denn ihr Jutsu verbrauchte Unmengen an Chakra. Mehr Chakra, als die meisten Shinobi hätten aufbringen können und – auch wenn es ihr widerstrebte – musste sie Orochimaru dafür danken, dass er ihr die Möglichkeit geschenkt hatte mehr Chakra zu nutzen als die meisten Shinobi es konnten. Wenn er gewusst hätte, dass sie es dazu verwenden würde, seinen größten Rivalen zu retten, hätte er sie wahrscheinlich einfach sofort getötet.
 

Der Kampf zwischen den Uchihas dauerte lange und Kyoko kam nicht umhin ein wenig neidisch zu sein auf die Fähigkeiten der Brüder. Sie waren beide gute Ninja, hatten herausragende Erbanlagen und setzten diese hervorragend ein. Sie wären ein grandioses, kaum besiegbares Team gewesen, wenn zwischen ihnen nicht diese Wut stehen würde.

Zum Ende des Kampfes fiel es ihr schwer die Augen offen zu halten. Sie war über ihre Grenzen hinaus gegangen und es gab nicht einen Knochen in ihrem Körper, der ihr nicht schmerzte. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft zu weinen, als ihr bester Freund mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen seinem Bruder an die Stirn packte und langsam nach vorne sackte. Er war zufrieden, er hatte seinen Frieden damit geschlossen zu sterben und hätte kein Problem, wenn ihr Jutsu nicht funktionieren würde. Doch Kyoko würde verzweifeln.

Mit ihrer letzten Kraft und dem kompletten Rest Chakra, den sie noch irgendwo in den Tiefen ihres Körpers verborgen hatte, band sie so viel Lebensenergie wie möglich an die Kette. Es schmerzte, es nahm ihr die Luft zum Atmen, aber sie konnte nicht aufgeben, bevor sie nicht zumindest ein wenig seiner Energie versiegelt hatte. Es gab nicht die Option aufzugeben.

Die Welt um sie herum wurde nach und nach schwärzer. Die Umrisse der zerstörten Felsen verschwammen und sie musste blinzeln um ausmachen zu können, wo sie war. Nur undeutlich konnte sie erkennen, dass auch Sasuke auf die Knie gesackt war. Kyoko wollte zu ihm, wollte ihm helfen, doch ihre Beine verweigerten ihr jeden weiteren Dienst. Auch ihre Hände regten sich nicht mehr und mit jeder Sekunde spürte sie ihre Glieder weniger, bis sie letztendlich vollständig taub waren. Ohne es verhindern zu können fiel sie nach vorne, doch den Aufprall auf dem Fels bekam sie schon nicht mehr mit. Dann war sie nicht mehr bei Bewusstsein.
 

Es war ein penetrantes Piepen, dass zu ihr in die angenehme Dunkelheit drang. Sie wollte es verscheuchen, , wollte die Hand heben, als wäre es eine lästige Fliege, doch mit jedem Versuch es los zu werden, wurde es nur ein wenig lauter. Kyoko kniff die Augen zusammen, als plötzlich auch die Dunkelheit verschwand und einem kalten, weißen Licht Platz machte, das unbarmherzig in ihre Augen strahlte. Ihre Hand, sie wollte sie vor ihre Augen legen, doch sie konnte sie nicht spüren. Sie versuchte ihr Bein zu bewegen, doch es schien als hätte sie vergessen, wie es ging. Als wäre sie ein Kind, das gerade laufen lernte.

„Sie wacht auf.“ Eine Stimme drang neben dem Pieptönen zu ihr. Eine angenehme Stimme, eine Stimme die besorgt und neugierig klang. Sie wollte ihren Kopf drehen um zu sehen, woher die Stimme kam, doch selbst diese kleine Bewegung war mit mehr Anstrengung verbunden, als jede Trainingseinheit, die sie je hinter sich gebracht hatte.

Als sie es schließlich geschafft hatte, ihren Kopf ein wenig zu bewegen, sah sie in das Gesicht eines blonden Jungen. Er hatte strahlende blaue Augen und grinste sie fröhlich an.

„Freut mich, dass es dir besser geht, echt jetzt.“, sagte er und zeigte mit einen Daumen nach oben. Er verwirte sie. Wer war er? Wo war sie? Und wieso war sie hier?

Sie konnte sich nur noch entfernt daran erinnern, was geschehen war, bevor sie das Bewusstsein verloren hatte. Einige Sekunden musste sie in meinen Erinnerungen kramen, bevor sie verstand.

„Mein Medaillion! Wo ist es?“, keuchte Kyoko und erschrak vor ihrer eigenen Stimme. Sie klang rau und trocken, so als hätte sie seit Wochen keinen Tropfen Wasser mehr getrunken. Angespannt wartete sie auf eine Antwort.

„Die doofe Kette?“ Der Blonde sah sie verwundert an und griff dann nach etwas, das außerhalb ihres Sichtfelds lag. „Hier. Sie lag neben dir, als wir dich gefunden haben.“ Kyoko atmete tief durch und entspannte sich wieder ein wenig. Er hielt ihre Kette in den Händen und ließ sie langsam vor ihrem Gesicht baumeln.

„Danke.“ Sie wollte die Hand nach der Kette ausstrecken, doch es gelang ihr nicht und so blieb sie steif auf dem Rücken liegen. „Kannst du mir sagen, wo ich bin?“

„Du bist in Konoha.“, erklärte ihr ihr Gegenüber und sie kam nicht umhin ihre Augen aufzureißen. Sie war in Konoha? SIe war tatsächlich in Konoha? Kyoko spürte, wie ihre Augen langsam feucht wurden. Nach so vielen Jahren hatte sie es tatsächlich geschafft zurück in ihre Heimat zu kommen.

„Alles okay?“ Der junge Mann hatte besorgt seinen Kopf auf die Seite gelegt und betrachtete sie durchdringend mit seinen strahlenden Augen. Fast so strahlend wie die ihren.

„Ja, ich war nur schon sehr lange nicht mehr hier.“, erklärte sie und verfluchte ihren Körper dafür, dass er ihr verwehrte ihre die Tränen wegzuwischen.

„Wieso nicht? Kommst du von sehr weit weg?“ Kyoko lachte leicht, merkte jedoch schnell, dass es ihr in der Kehle brannte und stoppte sofort.

„Ich komme auf Konoha.“, erzählte sie: „Doch leider hatte ich nicht die Möglichkeit in den letzten Jahren zurückzukommen.“ Man sah dem Jungen an, dass er nicht verstand. „Wieso das nicht?“ Sie seufzte und suchte nach den richtigen Worten. Sie konnte nicht jedem einfach so ihre Lebensgeschichte erzählen, das würde die Meisten misstrauisch machen. Vor allem, was sollte sie denn sagen. Sie wurde in einem Alter von zehn von Orochimaru entführt, der sie als eines seiner Experimente nutzte, doch glücklicherweise überlebte sie. Dann verpasste er ihr ein Juin, das ihre Gefühle ausschaltete und sie unterstützte ihn dabei unschuldige Menschen zu töten. Dann hat sie mich aber mit einem Nuke-Nin angefreundet, der ihr Juin versiegelte und jetzt war sie hier, weil sie sein Leben retten wollte. Das klang selbst in ihren Gedanken nach einer unglaubwürdigen Geschichte.

„Ich war verhindert.“, sagte Kyoko somit nur und sah dem Jungen an, dass er weiter nachfragen wollte, doch in dem Moment wurde die Tür geöffnet und drei Personen traten ein. Eine von ihnen erkannte sie sofort. Es war einer der drei legendären San-Nin: Tsunade. Sie hatte Orochimaru sagen hören, dass sie nun der Hokage in Konoha war.

Auch eine zweite Person kam ihr durchaus bekannt vor, auch wenn es lange her war, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Es war ein Mann, der etwas älter als sie war mit abstehenden, weißen Haaren. Er war wirklich ordentlich gewachsen und ein stattlicher Shinobi geworden, musste sie feststellen.

Das Mädchen, das mit Kakashi und Tsunade eintrat, hatte Kyoko jedoch noch nie gesehen. Sie hatte rosa Haare und sah den blonden Jungen mit einem giftigen Seitenblick an, als jener aufsprang.

„Sie kommt auch aus Konoha, ist das nicht cool.“, sagte er dabei begeistert und deutete mit einem Finger auf die Kunoichi im Krankenbett, die das Ganze nur mit einem Lächeln quittierte.

„Es ist lange her.“, warf sie ein und betrachtete Kakashi und Tsunade. Sie hatten sich so sehr verändert, seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte.

„Hast du sie etwa ausgefragt?“, wollte das rosahaarige Mädchen wissen und stemmte wütend die Hände in die Hüften: „Ich habe dir doch gesagt, dass du sie in Ruhe lassen sollst. Sie ist schließlich noch sehr schwach.“

„Ist schon in Ordnung. Er war sehr höflich.“, versuchte Kyoko sie zu besänftigen und tatsächlich wandte sie sich mit einem letzten bösen Blick von dem Blondchen ab.

„Wie geht es dir?“, wollte nun Tsunade wissen, trat vor und bückte sich leicht über das Bett.

„Ich kann weder meine Arme, noch meine Beine spüren, aber ansonsten geht es mir gut. Danke, Tsunade.“, antwortete Kyoko ihr und sie nickte verstehend. Aufmerksam betrachtete sie die Arme und Beine der Patientin und betastete sie sanft mit ihren Finger bis sie auf einmal mitten in der Bewegung inne hielt und ihr Blick sich wieder auf ihr Gesicht richtete.

„Wir kennen uns?“, fragte sie mit hochgezogender Augenbraue.

„Wie gesagt, es ist schon länger her. Ich erwarte nicht, dass ihr mich wiedererkennt.“ Die Stimme, der Braunhaarigen Patiention war noch immer schwach und jedes Wort eine einzige Qual. „Ich bin Kyoko Namikaze.“

Die Ungläubigkeit war der Hokage förmlich auf die Stirn geschrieben und auch Kakashi war mit einigen Schritten zu ihrem Bett herangetreten und starrte sie an.

„Kyoko ist auf einer Mission gestorben.“, meinte er und schien fast ein wenig wütend. Er glaubte ihr nicht, dass sah man ihm an der Nasenspitze an, wobei diese unter seinem seltsamen Tuch versteckt war.

„Soll das heißen, du bist tot?“, mischte sich der blonde Junge wieder ein und Kyoko war kurz geneigt wieder zu lachen.

„Nein, ich bin damals nicht gestorben.“

Sasuke Uchiha

Die Stille, die in dem Patientenzimmer herrschte, war nahezu erdrückend. Niemand wagte es auch nur zu atmen und lediglich das penetrante Piepen der Maschinen drang an Kakashis Ohren. In seinem Kopf herrschte gähnende Lehre.

Ich bin damals nicht gestorben.

...Nicht gestorben.

Immer wieder wiederholten sich die Worte der jungen Frau in seinem Kopf. War es wahr? Lag hier vor ihm wirklich die kleine Schwester seines ehemaligen Senseis? Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er sie zu erkennen. Es war Jahre her, dass sie auf einer Mission verschwunden war. Man hatte Monate nach ihr gesucht, doch nachdem man ihr ganzes Team tot aufgefunden hatte, musste selbst ihr Bruder Minato Namikaze die Hoffnung irgendwann aufgeben. Es war zur Zeit des Ninja-Weltkrieges. Dass sie alleine überlebt hatte, war so unwahrscheinlich gewesen.

Seine Augen wanderten über das Gesicht der jungen Frau. Ihre Züge hatten eindeutig Ähnlichkeiten mit dem Mädchen, das damals verschwunden war, aber wie konnten sie sicher sein?

Es war der Moment, in dem sie zu ihm aufschaute, der sein Herz kurz aussetzen ließ. Seine schwarzen Augen trafen auf die ihren. Ein leuchtendes, strahlendes Blau, genau die Augen, die auch sein Sensei besessen hatte. Ein unterschwelliges, schmerzhaftes Ziehen breitete sich in ihm aus, das brachten die alten Erinnerungen immer mit sich.

„Sie sagt die Wahrheit. Das hier ist eindeutig Kyoko.“, sprach er seine Gedanken aus und es bildete sich ein seichtes Lächeln auf seinen Lippen.
 

Auch Kyoko musste nach seinen Worten lächeln. Sie war ungemein erleichtert, dass er sie noch erkannte.

„Moment mal.“ Der blonde Junge an ihrem Bett kratzte sich verwirrt am Kopf. „Du warst tot, aber bist doch nicht tot, wie ist das möglich?“

„Das würde ich allerdings auch gerne wissen.“, stimmte auch die Hokage zu, die misstrauisch eine Augenbraue in die Höhe gezogen hatte. Kyoko seufzte. Sie hatte immer noch nicht beschlossen, was genau sie alles über ihre Vergangenheit erzählen konnte, ohne direkt wieder dem Dorf verwiesen zu werden. Sie musste schlucken. Der Gedanke wieder gehen zu müssen, machte ihr Angst. Endlich war sie wieder zuhause, sie wollte nicht wieder gehen müssen.

„Ich wurde damals gefangen genommen.“, begann sie ihre Geschichte zögerlich und fuhr fort, als niemand sie unterbrach: „Ich wurde von Orochimaru entführt und lange Zeit als eines seiner Experimente missbraucht. Ich weiß selbst nicht wie ich das überleben konnte, aber..“ Sie wollte noch weiterreden, doch der blonde Junge neben ihr war plötzlich aufgesprungen und hatte schwungvoll mit den Händen auf ihr Bett geschlagen. Mit großen Augen sah er sie an.

„DU WARST BEI OROCHIMARU?“, schrie er hektisch und Kyoko zuckte erschreckt zusammen.

„NARUTO!“ Die Rosahaarige hatte den Jungen namens Naruto am Kragen gepackt und ihn mit voller Wucht wieder auf seinen Stuhl gezogen: „REIß DICH ZUSAMMEN!“ Eingeschüchtert sackte Naruto auf seinem Stuhl zusammen und blickte kurz verängstigt zu dem Mädchen hoch bevor er einmal schluckte und sich, nun erheblich leiser und ruhiger, wieder Kyoko zuwandte.

„Ich meinte nur, du warst ja bei Orochimaru. Kennst du einen Sasuke Uchiha?“, fragte er jetzt und sah sie hoffnungsvoll an. Kyoko war verwirrt. Was hatte er mit ihrem Schüler zu tun? Sie wollte gerade antworten, als Kakashi sie unterbrach. Mitleid schwang in seiner Stimme mit, als er einige Schritte an ihr Bett herantrat und sich Naruto zuwandte: „Naruto, Orochimaru hat so viele Verstecke, es ist unwahrscheinlich, dass Kyoko Sasuke je nur zu Gesicht bekommen hat.“ Narutos Gesicht änderte sich schlagartig und seine Augenbrauen zogen sich missmutig zusammen. Kyoko räusperte sich.

„Ähm, ich weiß zwar nicht genau was ihr mit Sasuke zu tun habt.“ - Kyoko blickte unsicher zwischen den anwesenden Shinobi hin und her - „Aber ich kenne Sasuke. Ziemlich gut sogar. Er war lange Zeit mein Schüler.“ Nun war es nicht nur an Naruto sie mit großen Augen anzustarren. Selbst Kakashis Augen weiteten sich unmerklich.

„Wie geht es ihm? Wo ist er? Was macht er?“ Es war die Rosahaarige, die jetzt an Kyokos Bett heranstürzte, gerade so wie sie es Naruto eben noch verboten hatte. Man sah Kyoko die Überforderung an, als sie so mit Fragen überhäuft wurde.

„Ich weiß nicht wie es ihm geht.“

Und plötzlich waren da wieder alle Erinnerungen. Itachi, wie er tot zusammengebrochen war und Sasuke wie er vor Erschöpfung ebenfalls zu Boden gegangen war. Sie, wie sie zu schwach gewesen war einem der Uchiha zu helfen.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich bis ins Unermessliche und Kyokos Gehirn begann zu rasen. Wenn die Konoha Ninja sie gefunden haben, wieso hatten sie Sasuke nicht gesehen? Was war mit ihm geschehen? War er überhaupt noch am Leben?

„Ihr habt ihn nicht gesehen als ihr mich gefunden habt? Ihn oder Itachi?“ Sie hatte Probleme damit zu sprechen. Ihre Stimme war noch immer schwach und ihr Atem ging derart hektisch, dass sie kaum ein Wort über die Lippen brachte. Auch Naruto hatte sich wieder erhoben und war an Kyokos Bett herangetreten. Seine Muskeln zum Zerreißen gespannt.

„Nein, nein, da warst nur du. Wieso? Hätte er da sein müssen? Was ist passiert?“ Er brachte dies alles in solch einer Geschwindigkeit hervor, dass Kyoko Probleme hatten seinen Worten zu folgen. Was war nur passiert? Panisch beschleunigte sich ihr Herzschlag noch weiter und kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. Hatte sie versagt? Hatte sie beide Uchihas verloren? Tränen sammelten sich in ihre Augen und sie konnte nichts dagegen tun. Sie hatte die Kontrolle über ihren Körper komplett verloren.

„Was ist mit Sasuke passiert?“, die Rosahaarige beugte sie ebenso wie Naruto näher zu ihr herunter und sah sie so unglaublich hoffnungsvoll an. Kyoko wollte ihnen so gerne sagen, dass alles gut werden würde, doch ihr liefen lediglich weiter die Tränen über die Wangen.

„Ich habe versagt.“, flüsterte sie immer und immer wieder, bevor kleine schwarze Punkte vor ihren Augen tanzen zu begannen. Nur am Rand bekam sie mit, wie Tsunade wutentbrannt Naruto und Sakura dem Zimmer verwies und nur verschwommen sah sie Kakashi, der sich mit besorgtem Gesicht über sie lehnte. Wieso hatte er eigentlich sein eines Auge abgeschirmt? Kyoko wollte es ihn fragen, doch kein Wort kam über ihre Lippen und dann wurde ihr schwarz vor Augen.

Das Verhör

Kyoko war bereits seit einigen Stunden bewusstlos. Die Nacht war eingebrochen und Kakashi stand einsam am Fenster ihres Krankenzimmers und blickte gedankenversunken in die Dunkelheit. Er hatte mit Tsunade abgesprochen, dass er hier bleiben sollte. Kyoko kannte ihn. Vielleicht würde sie ihm erzählen können, was ihr passiert war.

Er seufzte. In der Stille des Zimmers kam es ihm unerträglich laut vor. Selbst die Maschinen waren abgeschaltet worden und lediglich das leichte Atmen Kyokos war zu hören.

Er ließ seine Hände in seine Hosentaschen sinken, wandte sich dem Bett zu und ließ sich auf den Stuhl sinken, auf dem vor einigen Stunden noch Naruto gesessen hatte. Er bereute es, nicht verhindert zu haben, dass Sakura und Naruto Kyoko so mit Fragen bedrängten, aber nach ihrer Offenbarung, dass sie Sasukes Lehrmeisterin gewesen sei, war er selbst derart perplex gewesen, dass er nicht hatte reagieren können. Und dann war alles ganz schnell gegangen.

Ohne es wirklich zu merken betrachtete er die junge Kunoichi vor sich. Er hätte niemals damit gerechnet sie wieder zu sehen. Es löste schmerzhafte Erinnerungen aus sie zu betrachten. Erinnerungen an die Vergangenheit, an seinen Sensei und auch an Rin und Obito. Erinnerungen an alle, die sie damals im Krieg verloren hatten. Es war wirklich ein Wunder, dass sie jetzt hier vor ihm lag.

Erschöpft wischte er sich mit der Hand über die Augen, gerade so als wollte er sich Tränen wegwischen, doch er hatte schon lange nicht mehr geweint. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal Tränen vergossen hatte. Vielleicht als sein Vater gestorben war.

Er seufzte abermals. Alle diese Erinnerungen, die Kyoko mit sich gebracht hatte. Er wollte nicht, dass sie alle zurückkamen.
 

Ein leises Stöhnen riss ihn aus seinen Gedanken und er bemerkte, dass er Kyoko angestarrt hatte, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Sie bewegte ihren Kopf leicht und langsam öffnete sie ihre Augen. Sie schien für einen kurzen Moment verwirrt, bevor sie ihn erkannte und sich anscheinend erinnerte. Sie lächelte, bevor ihre Augen einen anderen Ausdruck annahmen. Sie schien sich schuldig zu fühlen und überrascht schossen seine Augenbrauen in die Höhe.

„Es tut mir Leid, dass ich euch eure Fragen eben nicht beantworten konnte.“, sagte sie leise und senkte den Blick. Seine Augenbrauen schossen falls möglich noch ein wenig weiter in die Höhe. Es tat ihr Leid?

„Das braucht dir nicht Leid tun. Naruto und Sakura hätten dich nicht so bedrängen dürfen. Du bist noch sehr schwach.“, erklärte er ihr freundlich und beobachtete sie dabei, wie sie vorsichtig einen Arm hob: „Wie geht es dir?“

Kyoko brauchte einen Moment, bevor sie antwortete: „Ganz gut, ich kann mich wieder bewegen, allerdings schmerzt mein ganzer Körper. Ich muss wieder trainieren.“ Sie streckte ihren Arm zu einem Wasserglas auf ihrem Nachtisch, da es Kakashi jedoch unangebracht schien, dass sie das alleine machen musste, beugte er sich über sie und reichte ihr das Glas mit einem genuschelten „Bitteschön.“

„Du kannst aber jetzt noch nicht wieder trainieren.“, entgegnete er, als er sich wieder angelehnt hatte: „Du bist viel zu schwach, das würde dein Körper nicht mitmachen. Außerdem musst du einiges an Chakra regenerieren. Es war recht schwer deine Reserven wieder zu füllen, hat Tsunade gesagt.“

Kyoko nickte verstehend, während sie einen Schluck aus dem Glas tat. Es fühlte sich wunderbar an, ihr Hals war wie ausgetrocknet gewesen.

„Ich muss trainieren. Wenn mein Körper zu schwach wird, werde ich sterben.“ Kakashis Augen weiteten sich.

„Sterben?“, wiederholte er und sie schien verunsichert. Es schien ihm, als wüsste sie nicht was sie sagen sollte.

„Es liegt an Orochimaru. Er hat mit einem Juin dafür gesorgt, dass ich niemals schwach werde.“, erklärte sie dann kurz, rief dadurch aber noch mehr Fragen in Kakashi hervor, als sie beantwortete. Er bemerkte, dass er sie schon wieder anstarrte und wandte den Blick ab. Wieso war es so als würde er plötzlich wieder in der Vergangenheit sein, wenn sie so vor ihm saß und ihn aus den Augen ihres Bruders ansah. Sie hatte sich äußerlich sehr verändert, aber ihre Augen waren gleich geblieben.

„Wie geht es allen so?“

Die Frage war Kakashi unangenehm und er musste schlucken. Wusste sie, dass ihr Bruder dem Kyuubi zum Opfer gefallen war? Wusste sie, dass Obito und Rin bereits gestorben waren?
 

Kyoko erschrak, als sie bemerkte wie traurig Kakashis Gesicht geworden war. Das hatte sie nicht gewollt, sie hatte nur das Thema ändern wollen.

„Du .. weißt.. das von deinem Bruder?“ Niedergeschlagen sah er sie an und sofort senkte sich traurig ihr Blick. Sie nickte schwach.

„Ich habe es gehört.“, erwiderte sie schlicht. Auch ihr Bruder war kein Thema, über das sie nun reden wollte, denn es brachte sie fast um den Verstand, dass sie ihn nie wieder sehen würde.

„Was macht der Rest deines Teams?“, fragte sie somit, um nicht weiter über Minato sprechen zu müssen. Sie hatte sein Team selbstverständlich gekannt. Nicht selten waren Obito, Rin und Kakashi bei ihnen zu Hause gewesen und regelmäßig hatte sie bei dem Training des Teams zugesehen und manchmal hatte sie sogar teilnehmen dürfen. Bei dieser Erinnerung musste sie lächeln. Besonders Rin hatte sie immer sehr gemocht und mit Obito hatte man auch immer Spaß gemacht. Lediglich zu Kakashi hatte sie nie einen besonders guten Draht gehabt, aber sie hatte ihn für sein Können respektiert. Und sie hatte immer versucht ihn zu übertreffen.
 

In Gedanken versunken merkte Kyoko nicht wie sich Kakashis Hand in seine Hose gekrallt hatte. Wie sollte er es ihr sagen? Sie sollte sich in diesem Zustand nicht zu sehr aufregen. Und er wollte es nicht sagen. Er wollte nicht derjenige sein, der diese Nachricht überbrachte. Und er wollte es nicht schon wieder aussprechen müssen.

Aber er sollte sie nicht belügen.

„Sie sind tot.“ Schlichte drei Worte. Worte, die er schon so oft gesagt hatte und trotzdem wurde ihm seltsam schwer um sein Herz. Er wollte nicht aufsehen, nicht sehen was es mit Kyoko anstellte diese Nachricht zu hören, nicht sehen für welchen Schmerz er verantwortlich war. Aber er ließ sich nichts anmerken und hielt den Blick auf das Gesicht der braunhaarigen Kunoichi gerichtet.

Sie brauchte einen kurzen Moment bis sie verstand, dann wich ihr ein leises „Oh.“ über die Lippen und sie wandte ihr Gesicht ab. Sie starrte gegen die Wand, doch er konnte ihrem Gesicht keine wirkliche Regung entnehmen. Es war vollkommen starr.

„Das wusste ich nicht. Es tut mir Leid.“ sagte sie leise nach ein paar Sekunden und blickte ihn an. Er erkannte, dass sie ihren Schmerz zu verbergen versuchte, so wie es für einen Shinobi typisch war, doch er bemerkte die Trauer in ihren Augen. Er nickte, wusste nicht, was er darauf sagen wollte, das Thema wollte er ungern weiter vertiefen.

Und Kyoko schien das zu merken, denn sie fragte nicht weiter nach.
 

Seufzend stand Kakashi auf, seine Hände immer noch in den Taschen vergraben und entfernte sich ein wenig von dem Bett.

„Wenn du willst, kann ich jetzt gehen.“, sagte er zu Kyoko: „Du solltest noch etwas schlafen.“ Eigentlich wollte er nur keine weiteren Fragen beantworten müssen.

„Nein, ich bin nicht müde.“, erwiderte sie und setzte sich ein wenig in ihrem Bett auf: „Müsstest du mich nicht eigentlich verhören?“

Er zuckte mit den Schultern und blickte wieder aus dem Fenster. Ja, an sich musste er sie verhören, doch er wollte nicht wieder auf seine toten Kameraden zu sprechen kommen.

„Ich fühle mich jetzt fit genug, um dir ein paar Fragen zu beantworten.“, ergriff Kyoko dann die Initiative und entlockte dem Kopierninja ein Lachen. Auch wenn die beiden nie viel zu tun gehabt hatten und sie mehr eine Rivalität als Freundschaft verband erinnerte er sich gut daran zurück, dass Kyoko schon in jungen Jahren ein extrovertiertes, ruheloses Mädchen gewesen war.

„In Ordnung. Sei bitte ehrlich.“ Kakashi wandte sich von dem Fenster und ließ sich abermals auf den Stuhl an Kyokos Bett sinken. Sie nickte eifrig und Kakashi stellte fest, dass sie bereits ziemlich fit wirkte, dafür, dass sie derart viel Chakra verloren hatte.

„Was ist damals passiert, als du verschwunden bist?“, stellte er seine erste Frage und beobachtete sie neugierig. Kyoko antwortete ihm ohne zu zögern, unterbrach sich lediglich zwischenzeitlich selbst, um kurz darüber nachzudenken, welche Worte sie wählen sollte: „Wir wurden damals auf Mission geschickt. Zwei 4er Teams bestehend aus sechs Chu-Nin und zwei Jo-Nin. Wir hatten keine besonders schwierige Mission, zumindest sah es danach aus. Wir sollten einem Dorf zu Hilfe eilen, das von ein paar Banditen angegriffen wurde, doch als wir dort ankamen, bot sich ein furchtbares Bild. Sie waren bereits alle getötet worden. Schnell fiel uns auf, dass das nicht das Werk gewöhnlicher Banditen war und da wir nicht die Möglichkeit hatten noch irgendwem zu helfen, machten wir uns schnell auf den Heimweg. Uns wurde schnell klar, dass wir einen Verräter unter uns haben mussten. Anders hätten die Mörder nicht von uns wissen können und hätten nicht alle Informationsquellen vernichtet. Mitten in der Nacht überwältigte uns der Verräter. Ich konnte entkommen, doch Orochimaru stellte sich mir in den Weg. Ich wehrte mich so gut ich es damals konnte, doch ich hatte keine Chance und er nahm mich mit. Ich hatte den Tod einige Teammitglieder ansehen müssen, die anderen traf ich nie wieder. Ich gehe davon aus, dass er sie alle getötet hat.“ Wütend ballte Kyoko ihre Hand zu einer Faust und Kakashi verstand sofort wie sie sich fühlte. Sie wünschte, sie hätte sie alle retten können.

„In Ordnung. Was geschah dann?“, fuhr Kakashi fort. Er wollte nicht, dass sie sich in ihrem Schmerz verrannte, es war sinnvoller für das Verhör, wenn sie es schnell hinter sich brachten.

„Ich kann mich kaum noch an das erinnern, was danach geschah. Es war wie im Krankenhaus, nur schmerzhafter. Ich wurde für seine Experimente verwendet, dachte schon ich würde sterben, so wie die meisten seiner Versuchskaninchen, aber irgendwie habe ich überlebt. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, bis er seine Experimente an mir beendete, auf jeden Fall war ich danach anders. Er legte mir ein Juin auf, das meine Gefühle verschloss.“ Zu Kakashis Überraschung beugte sie sich nach vorne, zog ihr weißes Krankenhaushemd ein Stück nach unten und gab dadurch den Blick auf ihr rechtes Schulterblatt frei. Kakashi sog scharf die Luft ein. Dort war das Juin, von dem sie gesprochen hatte. Allerdings war da etwas, das ihn misstrauisch machte.

„Es ist bereits versiegelt?“, wollte er wissen und brachte Kyoko zum Stocken. Er sah, wie sie kurz nachdachte, eine Entscheidung traf und sich dann wieder in die Kissen sinken ließ.

„Zum Teil.“, antwortete sie und fügte hinzu: „Ich habe meine Gefühle wieder, allerdings kann es mich noch immer töten.“ Kakashi zog eine Augenbraue hoch: „Dich töten?“ Sie nickte: „Wie gesagt, wenn mein Körper zu schwach wird, dann wird mich dieses Juin umbringen. Deswegen muss ich auch dringend trainieren. Ich spüre bereits wie das Juin dabei ist mich zu vernichten.“ Auch Kakashi nickte, war jedoch noch nicht 100% überzeugt. Allerdings wollte er lieber weiter fortfahren, als mit Kyoko über ihr Juin zu reden.

„Und dann kam Sasuke?“ Es war die Frage gewesen, die er eigentlich bereits zu Beginn hatte stellen wollen, allerdings war er professionell genug sich an die gängigen Verhörregeln zu halten. Allerdings war Sasuke auch sein Schüler gewesen und auch er machte sich Sorgen um seinen Schützling.

„Ja.“, hauchte Kyoko und wirkte abermals sehr niedergeschlagen: „Ich hatte bereits einige Zeit mit Orochimaru zusammengearbeitet, war sogar von ihm trainiert worden, als der junge Uchiha zu uns stieß. Ich wurde von Ororchimaru zu seiner Lehrmeisterin ernannt und brachte ihm alles bei, was ich gelernt hatte. Bis mein Juin versiegelt wurde und ich meine Gefühle zurück erlangte. Ich habe ihn darin unterstützt, sich von seinen Bindungen zu lösen und sich ganz auf seinen Hass zu konzentrieren. Ich schäme mich so sehr, für das was ich in dieser Zeit getan habe, Kakashi.“ Sie vergrub das Gesicht verzweifelt in ihren Händen und atmete tief durch. Kakashi war wie eingefroren. Er wusste nicht wie er reagieren sollte. Sollte er weiter nachfragen oder doch lieber versuchen, Kyoko ein wenig Trost zu spenden?

Sie nahm ihm die Entscheidung ab, indem sie sich wieder aufrichtete und fortfuhr: „Ich hatte durch Sasukes Ankunft das Interesse von Orochimaru verloren, war lediglich noch gut genug dafür ihn zu unterrichten. Allerdings war das kein Problem für mich, schließlich hatte ich anderes zu tun, nachdem ich meine Gefühle wieder hatte. Ich trainierte und wurde stärker in der Hoffnung Orochimarus Fängen irgendwann zu entkommen.“

„Wie?“, flüsterte er, doch er konnte ihre Antwort bereits erahnen.

„Sasuke hat Orochimaru getötet.“ Nach ihren Worten herrschte Schweigen. Das Gerücht, das Sasuke wirklich einen der legendären San-Nin getötet hatte, hatte Konoha bereits erreicht, doch trotzdem war es noch mal etwas anderes es aus dem Mund einer Zeugin zu hören.

„Ich wünschte, ich hätte es verhindern können. Ich wünschte ich wäre es gewesen.“ Kyoko sprach so leise, dass Kakashi sie kaum verstand und trotzdem waren ihre Worte unheimlich deutlich. Er spürte ihren Schmerz, dass sie den jungen Uchiha nicht vor dem hatte bewahren können.

„Was ist denn dann passiert?“

„Ich wollte den Kampf zwischen Sasuke und seinem Bruder verhindern.“, erklärte sie und machte eine kurze Pause: „Allerdings habe ich es nicht geschafft und bin letztendlich aufgrund meines Chakraverlustes zusammengebrochen.“ Er wurde das ungute Gefühl nicht los, dass sie ihm in diesem Punkte etwas verschwiegen hatte, aber Kyoko hatte sich bereits von ihm abgewandt und starrte gedankenversunken auf die Kette auf ihrem Nachttisch.

Schöne Erinnerungen

Es dauerte nicht lange und Kakashi ließ sie allein. Er musste Tsunade Bericht erstatten und sie verstand. Es kam niemand als Ersatz, woraus sie schloss, dass er ihre Geschichte geglaubt hatte und nicht dachte, dass sie eine Gefahr darstellte. Lächelnd verschränkte sie ihre Arme hinter dem Kopf. Dieser Vertrauensbeweis bereitete ihr ein wohliges Gefühl, es freute sie sehr, dass ihr Heimatdorf ihr so sehr entgegenkam.

Zufrieden schloss sie die Augen. Dass sie direkt an ihrem ersten Tag auf Kakashi getroffen war, machte sie glücklich. Ein vertrautes Gesicht, wie lange hatte sie darauf gewartet? Es war so anders hier als in den letzten Jahren. In Orochimarus Versteck waren immer alle kalt und gefühllos gewesen und niemand hatte sie wie einen Menschen behandelt. Sie war mehr eine Maschine gewesen, die funktionieren musste und falls sie einmal nicht funktionierte, wurde sie ausrangiert. Hier war es anders. Hier machte man sich Sorgen um sie. Es war wie früher.
 

Sie wusste nicht wie lange sie so dagesessen und ihren Gedanken nachgegangen war, doch irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Der Himmel war bereits heller geworden und wie sie Kakashi erzählt hatte, musste sie trainieren gehen. Eigentlich hatte sie vorgehabt zu warten bis irgendjemand ihr die Erlaubnis erteilte sich frei in Konoha zu bewegen, doch da sie bereits seit Stunden wartete, schwang zu schließlich einfach ihre Beine aus dem Bett. Es fröstelte sie. Es war eindeutig frisch draußen. Als ihre Füße den Boden berührten, sah sie sich um. Irgendwo hatte man sicherlich ihre Klamotten hingelegt, in einem Nachthemd konnte sie schließlich schlecht trainieren. Und tatsächlich erblickte sie ohne Umschweife den kleinen Haufen Klamotten der auf einer schmalen Kommode am Fenstersims lag. Ohne zu Zögern strich sie sich das weiße Hemd von den Schultern, das sich raschelnd um ihre Füße ausbreitete. Selbstssicher griff sie nach dem dunkelblauen Stoff auf der Kommode und stellte rasch fest, dass es sich wirklich um ihre Kleider handelte. Aus dem Augenwinkel sah sie sogar ihre Waffe, die in einer Ecke an die Wand gelehnt war. Sie grinste. Zum Glück hatten die Konoha Ninja sie mitgenommen, sie hing wirklich an dieser Waffe, auch wenn sie nur in den seltesten Fällen zum Einsatz kam. Es war schlicht und ergreifend eine Erinnerung an ihre Konoha Zeit.

Sie wollte gerade nach ihren ebenso dunkelblauen Shorts greifen, als sie hinter sich ein Klacken hörte. Die Türklinge wurde heruntergedrückt und die Tür schwang auf. Sie drehte sich nicht herum, schließlich trug sie kaum mehr als ihre Unterwäsche, warf jedoch einen genervten Blick über die Schulter und stemmte ihre Hände in die Hüften.

„Nächstes Mal bitte anklopfen.“, pampte sie etwas wütender, als es ihre Absicht gewesen war.

„Oh.“ Sie erkannte Kakashi, der den Blick von seinem Buch hob, kurz brauchte um die Situation zu realisieren und dann wie angewurzelt stehen blieb. Sein Blick wandelte sich von überrascht, zu geschockt, zu unsicher und trotzdem hörte er nicht auf Kyoko anzustarren.

Sie lachte und machte sich daran in ihre Shorts zu schlüpfen.

„Es wäre nett, wenn du mich nicht ganz so schockiert anstarren würdest. Man könnte meinen du hättest einen saltoschlagenen Nuke-Nin gesehen.“

Schnell schlüpfte sie auch in ihr kurzes Top und wandte sich dann zu Kakashi um, der nun wie gebannt auf den Boden starrte. Mit einem gut gelaunten „Fertig.“ löste sie ihn aus dieser Starre und blickte ihn grinsend an. Er schien noch ein wenig überfordert von der Situation, Kyoko hingegen, fand es eher belustigend ihn so zu sehen. Gemütlich setzte sie sich auf das Krankenbett und schlüpfte in ihre schwarzen Ninja-Sandalen, während Kakashi endlich seine Stimme erhob: „Ich habe mit Tsunade gesprochen. Sie meint, sie glaubt dir deine Geschichte, will dich die nächsten Tage aber nicht alleine durch das Dorf laufen lassen. Die Gefahr, dass du gelogen hast, ist zu groß. Ich bin für dich verantwortlich bis sie sich überlegt hat, was genau mit dir passieren soll.“

Kyoko schluckte, hielt kurz in ihrer Bewegung inne und blickte dann auf zu Kakashi: „Meinst du, dass die Chance besteht hier wieder als Ninja arbeiten zu können? Wie du weißt war das immer mein Traum.“ Er strich sich nachdenklich das Kinn entlang, ehe er antwortete: „Ich denke schon, dass diese Chance besteht. Selbstverständlich müsste man erst einen Test machen, um dich ordentlich einzustufen, aber wir können momentan jede helfende Hand gebrauchen.“ Kyoko lächelte ihn an. Es war schön zu hören, dass sie ihrem Ziel wahrscheinlich weiter folgen konnte.

Als sie sich auch die metallenen Armschützer und die Handschuhe angezogen hatte, erhob sie sich. Schnell griff sie nach ihrem Herzamulett und band es sich um den Hals.

„Ich würde jetzt gerne trainieren gehen.“, meinte sie dann und machte sich auf den Weg Richtung Tür: „Also es wäre wirklich super, wenn du dein Buch einfach dort weiterlesen könntest.“ Sie wollte gerade die Hand nach der Türklinke ausstrecken, als mit einer plötzlichen Bewegung Kakashis Arm in die Höhe schnellte und ihr den Weg versperrte. Fragend hob sie eine Augenbraue.

„Du solltest noch nicht trainieren gehen. Ich werde nicht die Verantwortung dafür tragen, wenn du dich überanstrengst.“ Er sah sie streng aus seinem tiefschwarzen Auge an, doch die Braunhaarige zuckte lediglich mit den Schultern.

„Mittlerweile bin ich alt genug, um meinen Körper alleine einzuschätzen.“
 

Es war einer der seltenen Tage, an denen Kyoko mit dem Team ihres Bruders hatte trainieren können. Im Normalfall war sie selbst zu beschäftigt oder ihr Bruder trainierte sie allein, aber heute hatten sie alle Zeit gefunden. Ihr Bruder hatte sie in 2er Teams aufgeteilt, in denen sie gegeneinander antreten sollten. Kakashi und sie gegen Rin und Obito gegen Minato, der auch ebenso gut alleine kämpfen konnte. Er war eh stärker als sie.

Sie kämpften schon eine Weile, die Sonne war bereits am Untergehen und hüllte alles in ein rotes Licht.

Kakashi und sie hatten sich gerade auf einen Baum zurückgezogen. In der Hoffnung, dass Minato eingreifen würde, hatten sie Rin und Obito in einen Kampf auf offener Fläche verwickelt und ihr Plan war geglückt, sodass sie eine kurze Verschnaufpause einlegen konnten.

Kyoko keuchte bereits und Schweiß tropfte von ihrer Stirn. Ihr Bruder hatte sie bereits zu Beginn des Kampfes unglücklich mit einem Tritt erwischt und sie gegen einen Baum geschleudert.

Kakashi hingegen stand mit verschränkten Armen über ihr und blickte auf sie hinab.

„Du bist ein ziemlicher Klotz am Bein, würde ich alleine kämpfen, hätte ich Rin und Obito sicherlich bereits ausgeschaltet.“, sagte er irgendwann kalt und blickte auf das schnaufende Mädchen hinab. Kyoko wollte etwas erwidern und sich gegen diese Anschuldigung wehren, doch ihr Atem ging bereits derart ungleichmäßig, dass sich sich ihre Antwort verkniff.

„Kannst du noch kämpfen?“, wollte der Silberhaarige dann wissen und der überhebliche Blick aus seinen schwarzen Augen, machte Kyoko wütend. Wieso war er nur immer so... arrogant. Mit funkelnden Augen stemmte sie ihre Hände in die Hüften und richtete sich auf. Ihr Körper schmerzte und sie war bereits ordentlich ausgepowert, aber gegen diesen Idioten würde sie nicht eine Sekunde länger verlieren.

„Natürlich! Ich bin schließlich ein Shinobi.“ Kakashi fuhr sich durch die Haare und deutete auf den Kampf unter ihnen. Sie hatte noch keinen Blick darauf geworfen, doch mit leicht geweiteten Augen erkannte sie, dass Rin und Obito wohl besiegt waren.

„Das ist unsere Chance.“

Kyoko verstand und folgte Kakashi, der mit einem gewaltigen Satz von dem Ast gesprungen war. Als sie auf den Boden aufkam, knickten ihre Beine ein. Verdammt, sie hatte sich wohl doch ein wenig überschätzt, aber gegenüber von Kakashi würde sie sich auf keinen Fall mehr eine Schwäche leisten.

„Verdammt!“, hörte sie ihn flüstern, als er ihr Straucheln aus dem Augenwinkel gesehen und ihr einen finsteren Blick zugeworfen hatte. Doch er hatte keine Zeit sich lange auf Kyoko zu konzentrieren, denn schon stand Minato vor ihnen und verwickelte Kakashi in einen Nahkampf.

Kyoko kam nicht umhin die Augen ein wenig zu weiten als sie da auf dem Boden vor den kämpfenden

Shinobi hockte. Beide waren grandios, sie hatte Probleme ihren Bewegungen zu folgen und sie war noch nicht einmal direkt am Kampf beteiligt. Aber das musste sie dringend ändern, denn ihr Teampartner wurde von Minato immer weiter zurückgedrängt. Alleine würde er ihn nicht besiegen können. Sie zog ihre Waffe von ihrem Rücken, den Stab mit den zwei sensenartigen Klingen, die sie von Jiraiya erhalten hatte, als sie an der Ninja-Akademie angenommen wurde und stürzte zu ihrem Bruder.

Sie fühlte wie es ihr die Kraft entzog ihr Chakra zu aktivieren und in ihren Füßen zu sammeln, um standfester zu sein und sie fühlte, wie sie abermals kurz strauchelte. Doch sie durfte nicht schwach sein. Als ihr Bruder ihr einen Seitenblick zuwarf, war klar, dass er sie bemerkt hatte, doch diese kurze Unachtsamkeit gab Kakashi die Chance aus seiner misslichen Lage zu entkommen und wieder anzugreifen. Sie grinste als sie Minatos überraschten Blick sah und machte schnell einige Fingerzeichen um Kakashi zu unterstützen.

Doch plötzlich fiel sie. Ihre Beine knickten ein und sie spürte wie ihr schwarz vor Augen wurde. Sie keuchte. Verdammt, sie hatte viel zu viel Chakra verbraucht und es nicht einmal bemerkt. Erschreckt riss sie noch einmal die Augen auf, wollte sich mit den Händen abfangen, doch die Dunkelheit umfing sie.
 

Kakashi hatte Kyoko nur widerwillig zugestimmt zu trainieren, doch letztendlich hatte sie gewonnen. Sie war mittlerweile wirklich alt genug um für sich selbst zu entscheiden. Sie hatte sich gewünscht auf Trainingsplatz 7 zu gehen.

„Wie in alten Zeiten.“, hatte sie gesagt und Kakashi hatte kurz lächeln müssen, so glücklich sah ihn an. Ja, es waren wirklich gute Zeiten gewesen. Und so führte er sie durch die Gassen Konohas und obwohl sie eigentlich kaum mehr als 5 Minuten gebraucht hätten, zog sich ihr Weg bis zu einer halben Stunde hin, denn Kyoko entdeckte an jeder Ecke neue Dinge, an die sie sich erinnern konnte und war kaum mehr zu halten. Sie strahlte und Kakashi war froh sie so fröhlich zu sehen.

„Schau Kakashi, da hat mein Bruder früher immer die Blumen für Kushina gekauft.“, rief sie gerade aus und deutete in Richtung des Blumenladens der Yamanakas. Sie grinste breit und drehte sich um.

„Kaufst du hier auch immer Blumen?“, fragte sie dann unverhofft, beugte sich nach vorne und sah ihn mit schelmischen Blick an. Kakashi war etwas überrumpelt von dieser Frage und verschluckte sich überrascht, bevor er sich durch die Haare strich.

„Nein. Blumen sind nicht so mein Gebiet.“, erklärte er und Kyoko zog einen Schmollmund.

„Da war ich schon so lange weg und du hast dir immer noch keine deiner Verehrerinnen geangelt:“, schimpfte sie spielerisch und grinste dabei. Das brachte Kakashi ebenfalls zum Lachen. Sie hatte sich nicht verändert, frech und vorlaut wie auch früher.
 

Als sie den Trainingsplatz schließlich erreichten, wurde Kyoko still. Verwirrt sah Kakashi sie von der Seite an. Sie war eben noch fröhlich und glücklich gewesen, doch jetzt bereitete sich Trauer auf ihrem Gesicht aus.

„Kyoko?“ Er hob seine Hand und wollte sie auf ihre Schulter legen um sie aufzubauen, überlegte es sich jedoch auf dem Weg anders und ließ sie wieder sinken. Sie war erst seit einem Tag wieder hier und er wollte nicht direkt aufdringlich wirken. Das war schon immer eher ihr Ding gewesen.

„Es ist alles wie früher.“, flüsterte sie dann und er konnte ein Lächeln auf ihren Lippen erkennen. Er folgte ihrem Blick. Sie hatte Recht. Die Wiese, die nur von einem kleinen Wald von dem nächsten Platz abgegrenzt war. Die drei Baumstämme, vor denen sie so oft ihr Mittagsessen gegessen hatten, wenn sie eine Pause gemacht hatten und der kleine Fluss, in dem sie im Sommer immer hatten schwimmen müssen. Er lächelte und senkte den Blick. Es gab wirklich viele schöne Erinnerungen hier, das war ihm schon sehr lange nicht mehr aufgefallen.

„Erinnerst du dich noch an das eine Mal, als ich hier mit euch trainiert habe?“ Mit strahlend blauen Augen sah sie zu ihm hinauf und kicherte. Er hob fragend die Augenbraue und nachdem sie noch einmal gelacht hatte, fuhr sie fort: „Damals als ich meine Waffe geschenkt bekommen habe.“ - sie deutete auf die Waffe, die sie an ihrem Rücken befestigt hatte - „Und dann wollte mir Minato zeigen, wie ich damit umgehen muss und gerade wollte er so eine extra besondere Attacke vorführen und dann ist er über den Stab der Waffe gefallen?“ Sie lachte abermals und hielt sich den Bauch. Kakashi grinste. Das hatte er ja schon fast vergessen.
 

Mit verschränkten Armen stand er an der Seite. Es störte ihn nicht unbedingt, dass Kyoko schon wieder an ihrem Gruppentraining teilnahm, schließlich war sie die kleine Schwester ihres Senseis, aber dass er sich nun schon so lange nur mit ihr beschäftigte, war doch etwas nervig. Es ging von seiner Trainingszeit ab und davon hatte er eh schon nicht genug. Er runzelte die Stirn, während er seinem Sensei dabei zusah wie er die Waffe seiner kleinen Schwester schwang. Diese sah ihn begeistert mit großen Augen an und selbst Rin und Obito schienen total gefesselt. Wie kindisch, dass man sie mit so etwas simplen begeistern konnte. Die Waffe war eh viel zu groß für die kleine Kyoko, es war absolut lächerlich damit mit ihr zu trainieren. Die ganze Situation war lächerlich, er hatte eindeutig Besseres mit seiner Zeit zu tun.

„Das war großartig, Bruderherz.“, jubelte die kleine Kyoko, als Minato vor ihr zum Stehen kam. Auch Rin und Obito klatschten in die Hände und seinen Sensei schien diese Begeisterung zu beflügeln. Er grinste seine Schüler selbstbewusst an und ließ lässig den Stab mit den zwei Klingen in der Hand kreisen. Er würde noch abheben, wenn er weiter so bewundert wurde.

„Können wir dann jetzt mit dem Training anfangen?“, unterbrach Kakashi das Gejubel. Er hatte nun wirklich keine Lust mehr zu warten. Minato sah ihn überrascht an. Er schien gar nicht bemerkt zu haben, dass Kakashi da war.

„Ja, … ich.. äh, zeig euch nur noch einen Angriff.“, meinte er auf seine Worte hin und lächelte nach dem kurzen Moment der Überraschung wieder. Kakashi musste seufzen. Das war ja wieder ein ganz großartiger Tag, warum konnte denn nicht einmal etwas nach Plan laufen?

Mit missmutiger Miene blickte er zu seinem Sensei, der mit einigen Sätzen nach hinten gesprungen war und bereits begann den Stab in seiner Hand kreisen zu lassen. Plötzlich, schneller als eigentlich möglich, sprang er nach vorne, wechselte währenddessen unter seinem Körper die Waffenhand, ohne dass sich diese aufhörte zu drehen. Er fuhr nach links, griff an, während er auf seiner linken Seite abwehrte und wollte sich gerade um die eigene Achse drehen, die Waffe unter sich hindurchführen und einen Tritt in die andere Richtung ausführen als sein Fuß plötzlich an der Stange der Waffe hängen blieb. Er strauchelte. Ruderte kurz mit den Armen und schlug der Länge nach auf den Boden.

Kyoko, Rin und Obito brachen nach Sekunden in schallendes Gelächter auf, während Minato rot anlief. Das kam davon, wenn man vor seinen Schülern ein bisschen angeben wollte und sich nicht richtig konzentrierte.

Doch auch Kakashi musste unter seiner Maske leise grinsen.
 

Kakashi ließ sich auf den Boden nieder und zog sein Buch aus der Gesäßtasche, während Kyoko noch immer leise lachend zu den Holzstämmen sprang. Sie hatte ihm mitgeteilt, dass sie sich lediglich um ihre Taijutsu kümmern wollte, war dann jedoch direkt rüber gegangen ohne eine Antwort seinerseits abzuwarten. Er hätte allerdings wohl eh nichts dazu sagen können.

Mittlerweile hatte Kyoko bereits begonnen, die Holzpflöcke zu bearbeiten und er schlug sein Buch auf. Er hatte nicht wirklich vorgehabt zu lesen, dafür war er viel zu neugierig auf die Fähigkeiten der Namikaze, doch das Buch bot ihm eine gute Tarnung um sie nicht auffällig anzustarren. Über die beschriebenen Seiten hinweg beobachtete er unauffällig ihre Bewegungen. Er musste zugeben, dass sie eindeutig um einiges schneller geworden war, auch ihre Tritte und Schläge führte sie sehr viel präziser aus als früher. Sie war sich in ihren Bewegungen sehr sicherer, das konnte er erkennen, was hieß, dass sie viel trainiert haben musste. Anders kam nicht so viel Routine in ein Taijutsu. Sie schien generell gut durchtrainiert, die ersten Schweißperlen auf ihrer Stirn bemerkte er es weitaus später, als er es erwartet hätte. Das hier war lange nicht mehr das Mädchen, das damals Konoha verlassen hatte.

Er runzelte die Stirn, während er sie dabei betrachtete. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass ihr gesamtes Outfit an eine Anbuuniform erinnerte, die Armschoner mit den Handschuhen darunter, das dunkelblaue Top, über das sie normalerweise eine Art Brustplatte trug und die ebenso dunkelblaue Shorts, die in Verbindung mit den hohen Stiefeln fast wie eine der Anbu-Hosen wirkte. Er wusste, dass Kyoko damals immer hatte ein Anbu werde wollen. „Das ist der beste Weg um das Dorf und alle meine Freunde zu schützen.“, hatte sie immer gesagt und sogar eine Maske hatte sie sich schon ausgesucht. Immer wieder hatte sie sich damit gemalt, hatte Kakashi damals feststellen müssen, als er einmal bei den Namikazes Zuhause gewesen war und der ganze Kühlschrank mit Bildern eben jener Masken übersät war. Wenn er so nachdachte, hätte es wirklich sein können, dass sie und er damals hätten gemeinsam zu den Anbu kommen können, denn auch wenn er sich damals gut und gerne darüber aufgeregt hatte, warum so ein junges Mädchen, das weit hinter ihm zurückstand, mit ihnen trainieren durfte, so musste er im Nachhinein zugeben, dass er ihr nie eine Chance gelassen hatte, obwohl sie einige Jahre jünger gewesen war. Er hatte es nie wirklich geglaubt, wenn sich die anderen Dorfbewohner darüber gefreut hatten, dass sie ebenso talentiert wie ihr großer Bruder war und eines Tages eine gute Shinobi werden würde und jetzt tat es ihm irgendwie Leid, dass er sie immer so schlecht behandelt hatte. Aber er war damals ein anderer Mensch gewesen. Ein Mensch,der er nie wieder werden wollte. Kyoko, im Gegenzug zu ihm, hatte sich kaum geändert. Das gleiche Grinsen, die gleiche fröhliche, wenn auch aufdringliche Art und er fragte sich ehrlich, wie sie es nach all dem Erlebten und den Verlusten geschafft hatte sie selbst zu bleiben. Wobei er sich selbst eingestehen musste, dass es bei ihm kaum etwas gutes gehabt hätte, wenn er er selbst geblieben wäre. Aber sie, sie schien so froh zu sein in das Dorf zurückzukehren, in dem sie so viel verloren hatte. Das sie an jeder Ecke an ihren toten Bruder erinnern würde, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, ob es sie mit offenen Armen empfangen würde.
 

Sie war einfach zurückgekommen und er hatte so oft gehen wollen.

Schlechte Erinnerungen

„Ich würde gerne so viele Leute wie möglich wieder sehen.“

Sie warf sich ein schwarzes schlichtes T-Shirt über und schlüpfte in ihre Hose. Es war bereits Abend geworden, bis sie den Trainingsplatz verlassen hatten. Es war ihr normaler Rhythmus den ganzen Tag zu trainieren und so hatte sie kaum bemerkt wie schnell die Zeit verging. Kakashi hatte sie die ganze Zeit beobachtet, wie sie hatte feststellen müssen, nachdem er so Gedanken verloren war, dass er vergessen hatte die Seiten seines Buches umzublättern. Aber es hatte sie nicht gestört. Lediglich verwundert. Er hatte früher nie besonders viel Interesse für andere gezeigt, doch sie hatte bereits feststellen müssen, dass er sich sehr verändert hatte. Er war nicht mehr so steif und regelfixiert und generell viel freundlich und offener. Das freute sie. Vielleicht würden sie sich ja eines Tages doch noch gut verstehen.

Nachdem sie in ihrem Krankenzimmer angekommen waren, war sie schnell Duschen gegangen. Sie hatte noch keine eigene Wohnung und so musste sie wohl leider noch ein paar Tage hier bleiben. Zu ihrem Leidwesen. Sie mochte keine Krankenhäuser. Sie rochen komisch und überall war weiß. Nichts als weiß.

Als sie sich in ihrem Krankenzimmer umsah, musste sie seufzen. Auch hier war alles nur weiß. Das Bett, die Wände, die Kommode, alles weiß. Sie mochte kein weiß. Es war irgendwie so eine aufdringliche Farbe, die in den Augen blendete.

Das einzige in dem Zimmer, das nicht weiß war, war Kakashi, der mit dem Rücken zu ihr stand und aus dem Fenster blickte. Mit einigen schnellen Schritten stellte sie sich neben ihn und tat es ihm gleich.

Sie hatte wirklich ein Zimmer mit einem schönen Ausblick bekommen. Direkt über dem Eingang, wo man die ganzen Leute umher rennen sehen konnte. Selbst jetzt herrschte da unten noch keine Ruhe und Kyoko konnte die Menschen sehen, die die letzten Sonnenstrahlen ausnutzten, um noch ein paar Dinge zu erledigen. Es wurde mittlerweile schon recht früh dunkel und auch ziemlich kalt draußen, sodass sich alle in ihre dicken Jacken wickelten. Kyoko hatte noch nie etwas gegen die Kälte gehabt. Sie liebte den Herbst und den Winter, wenn sich alle Blätter bunt färbten und dann von den weichen Schneeflocken bedeckt wurden. Auch jetzt konnte sie schon die orange-roten Flecken auf den Blättern am Baum vor ihrem Fenster erkennen.

„Wie wäre es wenn du heute Abend mit mir kommst. Ich treffe mich mit ein paar Freunden in einer beliebten Kneipe. Dort triffst du sicherlich viele Leute wieder, die du kennst.“

Kyoko war gar nicht aufgefallen, dass Kakashi schon lange nicht mehr aus dem Fenster, sondern direkt in ihre Richtung blickte, so sehr war sie fasziniert gewesen von den bunten Kunstwerken, die der Herbst erschaffen hatte. So schreckte sie kurz zusammen, nickte dann aber erfreut: „Das würde mich wirklich sehr freuen.“ Er lächelte unter seiner Maske und Kyoko sah ihn fasziniert an.

„Früher hast du nie gelächelt.“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund. Das hatte sie doch gar nicht aussprechen wollen. „Tut mir Leid.“, versuchte sie es richtig zu stellen und merkte wie ihr Gesicht rot anlief. Das konnte doch nun wirklich nicht wahr sein. Immer in den unpassendsten Momenten.

„Stimmt wohl.“, antwortete ihr Kakashi nachdenklich. Er schien nicht darauf einzugehen, dass sie rot geworden war und das beruhigte Kyoko ungemein. Es gehörte sich nicht für einen Shinobi seinen Körper nicht unter Kontrolle zu haben.

„Lass uns gehen!“
 

Gemeinsam gingen sie abermals die Gassen Konohas entlang, doch es war alles anders. Es war schon ganz leer, nur wenige Menschen liefen hier jetzt noch durch die Gegend. Auch Kyoko war ruhiger. Hatte sie eben noch bei jeder einzelnen Ecke freudige Erinnerungen gesehen, so waren es jetzt nur die traurigen. Die Nacht brachte das immer mit sich bei ihr. Die Dunkelheit brachte immer auch die Traurigkeit. Sie war froh, dass Kakashi bei ihr war. Zwar war sie ein Shinobi, doch in der Dunkelheit fühlte sie sich nach wie vor unbehaglich. Sie mochte es nicht, nicht sehen zu können und so war sie sehr erleichtert, als sie vor der Kneipe ankamen und Kakashi stehen blieb. Es war eine hübsche Kneipe, stellte Kyoko fest, die warmes, angenehmes Licht ausstrahlte und mit einigen Verzierungen verschönert war. Doch was Kyoko schon immer am meisten an Kneipen gemocht hatte, waren die Geräusche. Besonders das Lachen, denn niemand in einer Kneipe war unglücklich. Und so verdrängte auch sie ihre traurigen Gedanken und strahlte Kakashi an, der jedoch weit weniger glücklich aussah. Eher wirkte er so, als müsse er grad in eine saure Zitrone beißen.

„Kein Fan?“ Sie nickte mit dem Kopf Richtung Kneipe und er verstand.

„Manchmal muss es sein.“
 

Gemeinsam betraten sie die Bar und sofort umfing Kyoko der Geruch von Sake und das gemütliche schwummrige Licht. Sie atmete tief durch. Sie wusste selbst nicht, was sie an Kneipen so fand, aber hier fühlte sie sich glücklich und zufrieden. Sie merkte kaum, dass sie stehen geblieben war, doch als sie auf einmal spürte, dass Kakashi bereits weiter gegangen war, schreckte sie auf. Schnell huschte sie um die Tische, um dem Silberhaarigen zu folgen, denn dieser hatte sich bereits an einer Tischgruppe niedergelassen. Als sie näher herantrat, erkannte sie eine der Personen. Maito Gai. Er hatte schon früher mit Kakashi zu tun gehabt.

„Na wenn das mal nicht die kleine Kyoko ist.“ Er war motiviert aufgesprungen und grinste sie breit an. „Das Feuer der Jugend, es brennt noch immer in dir, ich sehe es.“ Kyoko musste lachen. Dieser seltsame Mann hatte sich wirklich kein bisschen verändert.

„Mich freut es auch, Gai.“, begrüßte sie ihn ebenfalls, wenn vielleicht auch nicht ganz so überschwänglich und sah Kakashi aus dem Augenwinkel grinsen. Ebenfalls lächelnd ließ sie sich den beiden Männern gegenüber nieder.

„Sag, wie geht es dir so, Gai?“, wollte sie dann wissen, während eine Bedienerin die Bestellung aufnahm. Kakashi bestellte eine Runde Sake für alle.

„Wunderbar. Das Feuer der Jugend in mir ist so stark wie nie.“, freute sich der Taijutsuexperte und zeigte mit dem Daumen nach oben. Kyoko musste abermals lachen.

„Das kann ich sehen.“

Gai wollte gerade abermals losreden, als er unterbrochen wurde, weil ein weiterer Mann an den Tisch herantrat und mit beiden Fäusten auf den Tisch schlug.

„Na, habt ihr mich vermisst?“ Erschreckt blickte Kyoko auf und starrte den Mann an. Er hatte bräunliche, leicht wuschelige Haare und tiefbraune Augen. Er grinste breit, als er von Gai mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter begrüßt wurde und nickte Kakashi leicht zu. Die beiden schienen sich ja nicht sonderlich gut zu verstehen. Dann wandte er sich ihr zu und auf einmal weiteten sich seine Augen.

„Kyoko?“ Mehr brachte er nicht über die Lippen und starrte die Braunhaarige lediglich an. Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.

„Baku!“, schrie sie schon fast und fiel ihrem ehemaligen Teammitglied um den Hals. Tränen traten in ihre Augen, so froh war sie ihn zusehen.

„Na na, du wirst mich ja wohl nicht zerquetschen. Du bist ein bisschen größer geworden, merk dir das.“, lachte er und auch sie musste erleichtert lachen. Es lebte doch noch jemand, dem sie nahe gestanden hatte. Widerwillig ließ sie ihn los und blickte ihn mit Tränen verschleierten Blick an.

„Du bist ziemlich groß geworden, damals warst du so klein.“, lachte sie glücklich und er fuhr sich selbstbewusst durch die Haare. Er war wirklich sehr groß geworden. Damals als sie ein Jahr lang, direkt nach dem Abschluss der Ninja-Akademie ein Team gewesen waren, war er ein ganzes Stück kleines als Kyoko gewesen, doch heute war er sicherlich einen Kopf größer.

„Ist ja auch schon ein Weilchen her. Heute kann ich dir auf den Kopf spucken, Kleine.“ Sie machte einen Schmollmund und streckte ihm die Zunge heraus: „So klein bin ich aber auch nicht.“
 

Es wurde ein schöner Abend, sie hatte so viel mit Baku zu besprechen. Er war Anbu geworden und Kyoko war so unglaublich stolz auf ihn. Sie waren damals nur kurz in einem Team gewesen, weil Kyoko Chu-Nin und Isamu, ihr letzter Teamkamerad verstorben war, aber sie hatten den Kontakt nicht ganz verloren. Und auch heute verstanden sie sich auf Anhieb, denn Baku war ein netter Zeitgenosse. Er war immer fröhlich und hatte einen flotten Spruch auf den Lippen und vor allem brachte er immer jeden zum Lachen. Sie tranken Sake, bis sich Kyoko schon ganz beschwipst fühlte und ihr ganz schwummrig war.

Doch irgendwann war der Abend vorbei, denn Kakashi erhob sich und wollte aufbrechen und da Kakashi ihr Aufpasser war, musste auch sie gehen. Sie grinste als sie sich erhob.

„Auf Wiedersehen ihr beiden.“, verabschiedete sie sich fröhlich winkend von Gai und Baku und war sich nicht ganz sicher, ob sie schon lallte. Grinsend schlug sie sich eine Hand vor den Mund und brachte die beiden damit zum Lachen. Ja, sie hatte definitiv einen Sake über den Durst getrunken und sie war froh, dass der Alkohol sie nicht zu emotional gemacht hatte, wie er es normalerweise immer tat.
 

Der Mond stand an seinem höchsten Punkt und hüllte ganz Konoha in ein angenehmes silbernes Licht, als Kakashi durch die Gassen schlenderte. Er hatte seine Hände in den Taschen und blickte nachdenklich in den sternenklaren Himmel. Dieser Abend hatte ihn nachdenklich gemacht. Kyoko wie sie mit Baku alberne Witze riss und Gai, der einen Sake zu viel trank und ihn zu unzähligen lächerlichen Duellen herausforderte. Er lächelte. Sie hatten einen schönen Abend gehabt, obwohl er normalerweise gar nicht gerne in Kneipen ging.

Er wanderte noch eine Weile durch Konoha. Er war noch nicht müde, er schlief generell nicht viel. Im Nachhinein wusste er selbst nicht genau warum er so plötzlich hatte gehen wollen. Vielleicht waren es einfach nur zu viele Erinnerungen gewesen. Seufzend wendete er den Kopf vom Firmament ab und wandte sich nach links. Er wollte noch einmal kurz bei den Gedenksteinen vorbeisehen, bevor er nach Hause ging, denn er hatte sie bereits viel zu lange nicht mehr besucht. Normalerweise besuchte er sie täglich, doch in den letzten Tagen hatte er einfach keine Zeit dafür gehabt und dabei gab es doch so viel zu erzählen. Entspannt schloss er die Augen und atmete tief durch. Die kühle Nachtluft und die Dunkelheit ließen ihn immer zur Ruhe kommen. Aus diesem Grund liebte er seine Nachtspaziergänge, es gab keinen Zeitpunkt an dem er seine Gedanken besser ordnen konnte. Das regelmäßige Zirpen der Grillen, das der einzige Laut war, der die Stille durchbrach begleitete ihn, als er durch das hohe Gras auf dem Friedhof schritt. Es war leicht feucht, das spürte er durch seine Sandalen, doch es störte ihn nicht. Er dachte an das, was die letzten Tage passiert war. Wie sehr sich alles verändert hatte und wie ihn plötzlich seine Vergangenheit wieder einholte. Wie er plötzlich wieder an Dinge erinnert wurde, die er längst verdrängt hatte. Er fragte sich wie es Kyoko wohl mit alledem ging. Sie hatte ebenso wichtige Menschen verloren und hier musste doch alles wie verrückt auf sie einprasseln. Doch sie schien eben so glücklich gewesen zu sein, gerade so als wären alle die schlimmen Zeiten niemals geschehen. Lediglich als er sie da in ihrem Krankenzimmer zurückgelassen hatte, schien sie ein wenig traurig. Doch auch ihr stand diese Trauer zu. Sie musste besser damit umgehen können als er es damals konnte.

Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er verstand es einfach nicht, wie sie so locker mit all den Eindrücken umgehen konnte.

Vor dem Gedenkstein Obitos kam er schließlich zum Stehen. Er war wirklich zu lange nicht mehr hier gewesen und er spürte Reue seinen Freund so lange nicht besucht zu haben.

„Es tut mir Leid, Obito.“ Sanft strich er über den kalten Stein und und fühlte die schwachen Einkerbungen, die die Namen hinterlassen hatten. Er konnte die Buchstaben bereits blind ertasten so oft hatte er bereits darüber gestrichen. Es tat immer noch weh hier zu sein. Jedes Mal auf's Neue.
 

Ein lautes Klirren und eine Bewegung knapp neben ihm ließ ihn plötzlich wieder aufschrecken und mit angespannten Muskel fuhr herum, bereit für den Kampf.
 

Kyoko streckte ihre Hand aus und griff wackelig nach einer Flasche, die ihr aus der Hand gefallen war. Sie hatte gesehen, dass sie fast einen Schmetterling getroffen hatte, doch was wagte er es auch, sich hier hinzusetzen. Als ihre Finger den kalten Flaschenhals umgriffen, spürte sie wie klebrig eben dieser war. Sie verzog angewidert ihr Gesicht und ließ sich, im Anfall eines erneuten Schwindels, auf den Po fallen. Die Tränen traten ihr in die Augen und sie schmiss die eklige Flasche in das Gras, ein wenig entfernt von ihr. Zitternd legte sie den Kopf auf den kalten Stein vor ihr. Sie schluchzte laut und strich mit ihren feinen Fingern über die Inschrift, die sie seit einiger Zeit beobachtete. So als würde sie sie auslöschen können.

Hier ruht Minato Namikaze, Vierter Hokage von Konoha.

„Wie konntest du nur?“, flüsterte sie leise und die Tränen liefen heiß über ihre Wange hinab und tropften auf den Stein. Sie griff nach einer anderen Flasche, verfehlte sie erst, bekam sie dann aber doch zu greifen und hielt sie sich vor die Nase. Gefährlich blitzte die klare Flüssigkeit in der Flasche im Licht des Mondes und verführte Kyoko gradezu dazu, sie an ihre Lippen zu setzen. Gierig trank sie einen Schluck und spürte, wie ihr die Flüssigkeit den Hals verbrannte. Es war bereits die vierte Flasche Sake die sie angefangen hatte, nachdem Kakashi sie in dem Krankenzimmer abgesetzt hatte. Es war bereits auf dem Weg gewesen, dass die schlechten Erinnerungen zu ihr zurück gekommen waren und nachdem er sie allein in der Totenstille des Zimmers zurückgelassen hatte, waren sie alle auf sie eingeschlagen. Gerade so als hätten sie einen Moment ihrer Schwäche abgewartet. Als wären es wilde Tiere, die nur darauf gewartet hatten sie zu zerreißen und zu fressen.

Es tat ihr gut, etwas zu trinken, denn es wärmte sie von innen heraus und half ihr zu vergessen.

Sie schluchzte ein weiteres Mal laut und drehte sich auf den Rücken. Sie starrte in die Sterne, versuchte zu ignorieren, dass sie sich alle drehten und das aufkommende Gefühl des Übergebens noch verstärkten.

„Wie konntest du nur?“, rief sie abermals aus, dieses Mal um einiges lauter. Mit einem Anfall von Wut zerschlug sie die Flasche neben sich und Sake spritzte heraus. Sie spürte kaum einen Schmerz, als sich die Scherben in ihre Hand gruben und leise das Blut aus den Wunden tropfte und sich mit dem Alkohol vermischte.

„Wie konntest du mich nur alleine lassen?“, schrie sie und noch mehr Tränen liefen ihre Wangen hinab.

„Ich brauche dich doch hier.“, fügte sie flüsternd hinzu und schloss kurz die Augen. Da war es wieder, sein lächelndes Gesicht, das ihr sagte, dass alles gut werden würde. Aber nichts würde wieder gut werden, das hatte sie endlich realisiert. Sie alle waren tot. Ein kurzes Heulen entwich ihrem Mund, dann setzte sie sich auf. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen, dann streckten sich ihre Finger nach einer weiteren Flasche und hoben sie an ihre Lippen. Sie leerte die Flasche in einem Zug, grade so als wollte sie mit jedem Schluck ein wenig mehr vergessen.

„Was tust du hier?“

Mit einem traurigen Kichern ließ sie die Flasche fallen und hob den Blick von ihren dreckigen Knien.

„Das gleiche könnte ich dich fragen“, gab sie zurück und setzte sich vorsichtig auf den immer kälter werdenden Grabstein. Mit einem verwirrten Grinsen auf den Lippen sah sie Kakashi direkt in das Auge. Sie griff nach einer weiteren Flasche, doch Kakashi ging mit einer schnellen Bewegung dazwischen. Überrascht blickte Kyoko ihn an. Das hatte sie nicht kommen sehen. Sie kicherte abermals und strich mit einer unsicheren Bewegung ihre braunen Haare von ihrer Stirn. Sie waren verklebt von Sake und sie war sich sicher, dass sie keinen schönen Anblick abgab.

„Beantwortest du mir jetzt meine Frage?“, wollte Kakashi wissen und blickte zu ihr hinab. Er begutachtete kurz das Chaos, das sie hier angerichtet hatte und ging dann vor ihr in die Hocke, sodass seine mit ihren Augen auf einer Höhe waren.

„Geht es dir gut?“, fragte er nun und sah sie ernst an. Sie kicherte abermals.

„Mir ging es nie besser.“, lallte sie und ließ sich nach hinten fallen. Wieder blickte sie in den Himmel und es war, als würde er sie von dort heraus ansehen, den jeder der funkelnden Sterne erinnerte sie an Minatos freundliche blaue Augen. Wieder traten Tränen in ihre Augen und sie konnte nicht verhindern, dass sie wieder anfing zu schluchzen.

„Es ist allein meine Schuld.“, flüsterte sie mit zitternder Stimme und umgriff mit ihren Händen krampfhaft die Seiten des Steines.

„Was ist deine Schuld?“, hörte sie Kakashi fragen und schüttelte den Kopf. Ihr war schlecht, sie wollte ihre Ruhe und jetzt verstand er noch nicht einmal.

„Alles.“, hauchte sie und musste mit Gewalt den Kloß in ihrem Hals herunter schlucken: „Wenn ich hier gewesen wäre, könnte er noch am Leben sein.“ Sie löste den krampfhaften Griff um den Stein und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Eine leichte Blutspur hinterließ ihre Hand auf ihrer Wange.

„Hätte ich mehr gekämpft“, fluchte sie so laut sie konnte: „dann hätte ich ihn beschützen können. Wenn ich mich gegen Orochimaru gewehrt hätte, dann wäre mein Bruder noch am Leben.“

Nach ihren Worten herrschte kurzes Schweigen.

„Darf ich jetzt meinen Sake wieder haben?“ Kyoko richtete sich auf, vorsichtiger dieses Mal, damit ihr nicht wieder schlecht wurde. Sie sah, dass Kakashi noch immer dort hockte. Er hatte sich keinen Millimeter bewegt, beobachtete sie nur. Auf ihre Frage hin schüttelte er den Kopf: „Ich glaube, du hast genug.“ Wut stahl sich in ihre schönen blauen Augen und sie streckte sich, um ihm den Sake einfach zu entreißen. Er lehnte sich zur Seite und sie griff an ihm vorbei. Mit steigendem Alkoholpegel, waren ihre Reflexe wohl zurückgegangen.

„Es bringt nichts, sich zu betrinken.“, tadelte er sie und erhob sich. Sie wollte es ihm gleich tun, doch merkte auf halben Weg, das das wohl keine gute Idee war und setzte sich schnell wieder.

„Was weißt du denn davon?“, fauchte sie und fing abermals an zu weinen. Die Wut ließ sie zittern und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, sodass feine Adern hervortraten: „Du konntest es wenigstens versuchen sie zu beschützen. Und ich? Ich hatte aufgegeben und mich Orochimaru hingegeben. Ich habe meinen eigenen Bruder gegen Kraft eingetauscht. Ich hätte ihn retten können, ich hätte ihn retten müssen, er war meine ganze Familie.“ Langsam drehte er sich wieder zu ihr um und nahm seine Position wieder ein, indem er sich wieder vor sie hockte.

„Er ist ein Held.“, versuchte er sie zu beschwichtigen: „Du hättest nichts tun können, sie sind gestorben, um das Dorf und seine Bewohner zu retten.“ Er merkte sofort, welche Auswirkung seine Worte auf Kyoko hatten. Sie ließ den Kopf sinken und er sah, wie ihre Tränen den Boden benetzten.

„Wieso sterben sie nur alle?“, fragte sie nun schluchzend und stützte ihren Kopf auf die Hände: „Rin, Obito, Kushina, Minato, wieso verlassen sie uns alle nur?“ Schon sah Kakashi, dass sie wieder anfing zu zittern und ihr Körper anfing ihr zu entgleisen.

„Möchtest du reden?“, fragte Kakashi vorsichtig und setzte sich neben sie auf den Grabstein seines Senseis.  Er wusste nicht genau wieso er ihr vorgeschlagen hatte zu reden. Er redete nicht gern. Doch als er sie in diesem Zustand hier gefunden hatte, war sein Herz schwer geworden. Er hatte sich zwar gewundert, wie sie mit all dem so gut umgehen konnte, doch dass sie so schwer verletzt war, hatte er sich nicht vorstellen können. Und wenn sie erst Sake trinken musste um ihren Gefühlen Luft machen musste, dann war das in Ordnung. Besser als wenn sie es noch länger unterdrückte. Sie sollte niemals so werden wie er. Denn er verstand sie, besser als sie sich wahrscheinlich vorstellen konnte. Es war doch sie, die den gleichen Schmerz wieder in ihm hervorrief, mit ihren Augen, die denen von Minato nicht hätten ähnlicher sein können. Es war, als hätte man ihn in der Zeit zurück gesetzt, zu einer Stelle, an der er noch mit einem kleinen Mädchen, dessen Namen er nicht einmal wusste, darüber diskutierte was das Gute an Shinobis war. Zu einer Zeit, als er mit der Schwester des Gelben Blitzes wettete, dass sie es niemals zu einem Jo-Nin bringen würde. Zu einer Zeit, in der sie alle noch lebten.

Er blickte zu der weinenden Kyoko hinab und dachte nach. Vielleicht würde sie es nie schaffen, den Schmerz zu überwinden, der sich in ihr aufgestaut hatte, doch jetzt wo sie wieder in Konoha war, hatte sie viele ihrer alten Freunde an ihrer Seite, die ihr dabei helfen konnte.

Das Glöckchenspiel

Am nächsten Tag sprach Kakashi Kyoko nicht auf die letzte Nacht an. Er konnte ihrem hochroten Kopf entnehmen, dass es ihr unglaublich peinlich sein musste und er wollte nicht, dass sie sich noch unwohler fühlte. Natürlich, sie hatte nicht besonders intelligent gehandelt, aber er hatte sie verstehen können. Vielleicht hätte er früher mit ihr über alles reden müssen. Dann hätte er erkennen können, wie sie sich wirklich fühlte und ihr den Abend ersparen können, der ihr einiges an Kopfschmerzen und Übelkeit beschert hatte. Und irgendwie fühlte er sich schon für sie verantwortlich. Nicht nur, dass Tsunade ihm aufgetragen hatte sich um sie zu kümmern, sondern auch, weil sie die kleine Schwester von Minato und der letzte Mensch aus seinem alten Leben war, den er noch beschützen konnte.

Er blickte auf sie hinab und musste bei ihrem Anblick leise schmunzeln. Sie hatte den Arm über die Augen gelegt, um sich von der Sonne abzuschirmen und stöhnte vor sich hin. Ihre Kopfschmerzen schienen wirklich stark, doch er wollte ihr kein Schmerzmittel bringen, aus Fehlern musste man schließlich lernen.

„Kakashi, du bist wirklich ein gemeiner Aufpasser.“, meckerte sie gerade mit gequälter Stimme und hob ihren Arm ein wenig an, um ihn zumindest zum Teil anzusehen.

„Wer trinken kann, muss auch mit dem Kater leben können.“, entgegnete er schlicht und zuckte mit den Schultern. Das hier war nicht tödlich, sondern ihre eigene Schuld. Sie stöhnte abermals und schlug sich den Arm wieder vor die Augen.

„Sag mal Kakashi.“ - nuschelte sie mit gedämpfter Stimme, denn auch ihr Mund wurde von ihrem Arm bedeckt - „Was ich mich schon seit einer Weile frage: Warum verdeckst du eigentlich dein Gesicht? Also ich meine dein Auge, das mit der Maske war ja schon immer so ein Tick von dir.“ Er sah sie grinsen, doch ihm selbst war gar nicht danach. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihm diese Frage stellen würde, doch er wollte nicht antworten. Diese Geschichte hatte er kaum jemandem erzählt. Doch in der letzten Nacht, als sie sich ihm geöffnet hatte und ihren Schmerz gezeigt hatte, hatte er ihr versprochen mit ihr zu reden und somit fühlte er sich verpflichtet ihr diese Geschichte zu erzählen. Und außerdem hatte sie ein Recht darauf es zu erfahren. Sie hatte ihn schließlich gut gekannt.

Er seufzte und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Kurz blickte er in die Luft und ging seinen Gedanken nach. Er erinnerte sich noch immer so, als wäre es erst gestern gewesen.

„Kakashi?“ Kyoko hatte sich in ihrem Bett aufgerichtet und sah ihn besorgt an. Anscheinend hatte er länger vor sich hingestarrt, als er angenommen hatte. Verdammt, diese ganzen Erinnerungen machten ihn unannehmbar unaufmerksam. Er räusperte sich, bevor er ihr antwortete: „Obito hat mir vor seinem Tod ein Sharingan geschenkt.“ Er hörte wie ihr der Atem stockte. Sie schien nicht damit gerechnet zu haben. Wie auch, diese Geschichte war nicht wirklich bekannt.

„Also hat er es doch noch erweckt, wie er immer gesagt hat.“ Sie lächelte glücklich und brachte dadurch auch Kakashi zum Lächeln. Ja, Obito hatte alles gehalten, was er versprochen hatte.

„Es hilft dir sehr, oder?“, wollte sie nun wissen und er nickte schlicht.

„Das freut mich.“
 

Den Rest des Tages schwiegen sie. Kyoko erklärte ihm, dass ihr derartig schlecht war, dass sie sich wohl oder übel übergeben müsse, wenn sie noch einmal den Mund öffnete und er hatte kein Problem damit einfach sein Buch weiterzulesen. Sie hatte ihm angeboten, das Krankenzimmer doch zu verlassen, da sie heute wohl eh nicht in der Lage sei zu fliehen oder Konoha zu zerstören, doch es war sein Auftrag an ihrer Seite zu bleiben und so war er geblieben. Kyoko hatte dies augenverdrehend hingenommen und sich wieder einen Arm über die Augen gelegt und war irgendwann einfach eingeschlafen.
 

Als Kyoko das nächste Mal die Augen aufschlug, waren ihre Kopfschmerzen verschwunden. Erleichterung durchströmte sie, als sie sich ohne das permanente durchdringend Dröhnen in ihrem Schädel aufrichten konnte und auch nicht das Gefühl hatte sich gleich auf den weißen Krankenhausboden übergeben zu müssen. Das war doch schon mal ein guter Start in den Tag, befand sie und richtete sich zur Gänze auf. Zu ihrer Überraschung musste sie feststellen, dass Kakashi anscheinend nicht mehr in ihrem Zimmer saß. Tatsächlich war sie recht froh darüber. Nicht, dass sie den neuen Kakashi nicht mochte, aber es war auch ein schönes Gefühl keinen Aufpasser zu haben. Schließlich war auch das ein neuer Vertrauensbeweis in sie. Grinsend streckte sie sich und ließ ihre Knochen knacken. Irgendwie hatte ihr Körper die dumme Angewohnheit sich immer irgendwo zu verspannen und auszurenken. Während sie gähnte und auch ihr letzter Wirbel wieder in seine ursprüngliche Position sprang, bemerkte sie einen kleinen Zettel auf ihrem Nachtisch. Neugierig nahm sie ihn in die Hand und überflog schnell die wenigen Zeilen, die dort geschrieben standen.
 

Komm zum Trainingsplatz 7, dein Einstufungstest findet heute statt.
 

Keine Uhrzeit, anscheinend sollte sie sich einfach auf den Weg machen, wenn sie aufgewacht war. Glücklich darüber, dass sie heute einen Shinobi-Rang erhalten sollte und dass es folglich auch nicht mehr lange dauern konnte, bis sie wieder arbeiten durfte, sprang sie beschwingt aus dem Bett und schlüpft in ihre Kleidung. Sorgsam band sie sich die Rüstungsteile ordentlich fest, sodass sie bei einer Kampfprüfung nicht abfallen würde.

Summend stellte sie sich auf den Fenstersims, als sie ihre Kleidung angelegt hatte und sprang dann mit einem gewaltigen Satz auf den Boden. Die entsetzten Gesichter der Krankenhausbesucher ignorierte sie gekonnt, viel zu beschwingt machte sie sich auf den Weg zum Trainingsplatz. Die Sonne lachte vom Himmel und es war noch einmal ein wirklich schöner Tag geworden. Wie gemacht für einen kleinen Einstufungstest.

Leise summend marschierte sie durch Konoha und beobachtete die fröhlichen Gesichter der Dorfbewohner, die einen der letzten schönen Tage nutzten, um die Stadt zu besuchen.

So traurig sie auch war, dass Minato nicht mehr hier war und so wütend sie auch war, dass sie ihn nicht hatte beschützen können, musste sie zugeben das dies ein unglaublich schöner Anblick war. All die glücklichen Gesichter um sie herum. Doch auch sie fühlte sich besser seit der Nacht. Es war gut gewesen einmal all ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Zwar schämte sie sich dafür, dass Kakashi sie so gesehen hatte, doch sie war wirklich froh sich endlich einmal damit auseinander gesetzt zu haben. Es hatte ihr geholfen, sie fühlte sich befreit und viel lebendiger. Und vor allem fühlte sie sich bereit nach vorne zu sehen.
 

Noch bevor sie den Trainingsplatz sehen konnte, hörte sie bereits den Lärm. Ein lautes Krachen und ein darauffolgendes Beben ließen sie alarmiert die Muskeln anspannen und mit einigen schnellen Schritten erreichte sie die offene Wiese. Überrascht überblickte sie die Situation und bemerkte kaum wie ihr langsam der Mund aufklappte. Ein riesiger Krater durchbrach das sonst so idyllische Landschaftsbild und sie kam kaum umhin zu staunen. Wenn dieser Krater in einem Kampf entstanden war, musste sich hier jemand mit unglaublicher Kraft befinden.

„Erschreckend, nicht wahr?“ Sie zuckte zusammen und ärgerte sich direkt darauf. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Kakashi hinter ihr gestanden hatte, so abgelenkt war sie von diesem riesigen Loch gewesen.

„Wer war das?“

Mit einem Nicken deutete er zu dem rosahaarigen Mädchen, das sie auch im Krankenhaus bereits gesehen hatte. Sie stand ein wenig abseits, zusammen mit dem blonden Jungen namens Naruto, der ihrem Bruder so ähnlich sah. „Sakura.“, begleitete Kakashi sein Nicken mit einem Wort. Anerkennend bewegte ich meinen Kopf.

„Sie hat ordentlich Power.“, anerkannte Kyoko und sah ihr dabei zu wie sie ihre Handschuhe zurecht rückte und mit Naruto sprach. Sie schien nicht mal einen Kratzer abbekommen zu haben.

„Sie war Tsunades Schülerin.“

Seine Worte brachten sie zum Lachen. Dann war ja alles klar. Wie oft hatte sie miterlebt, dass Jiraiya mit blauen Flecken und Kratzern zu ihnen nach hause gekommen war, weil er sich mit Tsunade angelegt hatte. Und wenn Sakura wirklich ihre Schülerin war, war dieser Krater eindeutig verständlich.

In diesem Moment schienen Sakura und Naruto die beiden zu bemerken. Winkend traten die beiden zu ihnen heran.

„Sensei Kakashi, du hast gar nicht erzählt, dass Kyoko heute zum Training kommt.“, meckerte Naruto und zog einen Schmollmund. Kyokos Augenbrauen schossen in die Höhe: „Sensei Kakashi?“ Überrascht und gleichenteils belustigt sah sie den Silberhaarigen an. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Kakashi als Sensei. Das hatte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen können. Doch jetzt nach seiner Veränderung, vielleicht hatte sie sich ja in ihm getäuscht.

Er zuckte lediglich beiläufig mit den Schultern.

„Wir wollten uns übrigens noch entschuldigen. Für das, das da im Krankenhaus passiert ist.“ Entschuldigend lächelnd sah Sakura sie an, doch Kyoko winkte ab. „Dafür braucht ihr euch nun wirklich nicht entschuldigen. Ihr konntet ja nicht ahnen, dass ich so reagieren würde. Ich selbst habe nicht mal damit gerechnet.“ Sie nickte erleichtert, während Naruto sich durch die blonden Haare fuhr.

„Es ist nur so.“, sagte er, während er in der gleichen Bewegung noch einige Schweißperlen von seiner Stirn wischte: „Er war mal eines unserer Teammitglieder.“ Ich nickte verstehend. Daher wehte also der Wind, das hier war das Team, das Sasuke damals verlassen hatte.

„Aber ich bring ihn schon sicher zurück.“ Ein selbstbewusstes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, das auch Kyoko zum schmunzeln brachte. Dieser Junge hatte wirklich eine unglaublich positive Ausstrahlung, so wie sie es zuletzt bei Kushina gesehen hatte.

„Aus welchem Grund bist du eigentlich hier?“, wollte er dann wissen und sie wollte gerade antworten, als Kakashi die Stimme erhob: „Sie wird gegen mich kämpfen.“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. Ihr Einstufungstest war ein Kampf gegen Kakashi.

„Genau.“ Tsunade betrat den Trainingsplatz und Sakura begrüßte sie fröhlich, bevor sie weitersprach: „Es wird ihr Einstufungstest, wonach entschieden wird, welchen Ninja-Rang sie zukünftig inne haben wird.“ Ninja-Rang, das klang wie Musik in ihren Ohren.

„Oma Tsunade, wieso muss sie denn keine Prüfung ablegen? Ich würde auch gerne gegen Sensei Kakashi kämpfen um endlich im Rang aufzusteigen, aber du meintest immer sowas ginge nicht.“ Naruto schmollte.

„Kyoko war bereits im Alter von 9 Jahren Chu-Nin, sie hat diese Prüfung also bereits hinter sich.“ Beleidigt verschränkte Naruto die Arme vor der Brust, schien jedoch still zu bleiben, sodass die Hokage sich dem Silberhaarigen zuwandte.

„Was hast du dir ausgedacht?“, wollte sie wissen und Kakashi schmunzelte: „Etwas, das Kyoko sehr gut kennt.“ Mit einer schnellen Bewegung zog er zwei Glöckchen aus seiner Tasche und blickte Kyoko erwartungsvoll an, die breit anfing zu grinsen. Diese Übung kannte sie wahrlich, sie hatte sie unzählige Male mit ihrem Bruder durchgeführt. Fröhlich nahm sie das Glöckchen entgegen, dass Kakashi ihr reichte.

„Warte, wieso bekommt sie auch ein Glöckchen?“, wollte Naruto nun verdutzt wissen und sah zwischen Kakashi und ihr hin und her: „Normalerweise müsste sie doch nur ein Glöckchen von dir erkämpfen, Sensei Kakashi.“

Kakashi seufzte, ließ seine Hände wieder in die Taschen gleiten und antwortete ihm: „Die Übung ist etwas anders als die, die wir gemacht haben. Bei Kyoko und mir geht es darum jeweils das Glöckchen des anderen zu bekommen.“

„So habe ich es früher auch immer mit meinem Bruder gemacht.“, ergänzte sieund kontrollierte mit einem kurzen Hüpfer, ob siedas Glöckchen auch fest genug befestigt hatte. Es hielt und ließ lediglich ein angenehmes Klingen hören.

„Du hast verstanden, dass es sich bei dieser Übung um einen Einstufungstest handelt?“, wandte sich Tsunade sich noch einmal direkt an Kyoko und sie nickte.
 

Gemeinsam mit Kyoko schritt Kakashi in die Mitte des Trainingsplatz.

„Ich werde es dir nicht leicht machen.“, flüsterte er ihr im Gehen zu und sah sie selbstbewusst grinsen.

„Gib ruhig dein Bestes. Das werde ich auch tun.“, erwiderte sie und bog nach rechts um sich Kakashi gegenüber jeweils am Rand von Sakuras Krater aufzustellen.

Kakashi hatte sich gefreut, als Tsunade ihm mitgeteilt hatte, dass er eine Prüfung für ihren Einstufungstest aussuchen sollte. Er wollt gerne gegen sie kämpfen, ihr Fortschritt interessierte ihn. War sie bereits so gut wie er oder hatte sie es vielleicht sogar geschafft ihn zu übertreffen, wie sie immer gesagt hatte?

Seine Mundwinkel zogen sich nach oben, als er Kyoko dabei beobachtete, wie sie sich ihre langen Haare zu einem hohen Zopf band. Bis jetzt hatte er sie nur mit offenen Haaren erlebt, auch als sie trainiert hatte.

„Da ich davon ausgehe, dass du ein ernstzunehmender Gegner bist, sollten sie mir lieber nicht im Weg sein, was?“, kommentierte sie seinen Blick und dehnte sich kurz in alle Richtungen.

Da auch er davon ausging, dass sie eine ernstzunehmende Gegner sein würde, schob er langsam sein Stirnband nach oben. Er wollte von Beginn an ernst machen und dazu gehörte auch sein Sharingan. Er bemerkte wie sie kurz in der Bewegung stoppte, ihre Lippen formten unbewusst das Wort „Obito“, bevor sie den Kopf schüttelte und mit ihrem Aufwärmprogramm fortfuhr. Er war froh, dass sie nichts zu seinem Sharingan gesagt hatte, jetzt wo sie wusste, woher er es hatte.

Auch er streckte sich einmal kurz in die Höhe und ließ seine Schultergelenke knacken. Er war die letzten Tage ein wenig eingerostet. Dann fixierte er sie mit seinem Sharingan.

Er wusste nicht genau was er zu sehen erwartet hatte, doch jedenfalls nicht das, was sich ihm da offenbarte. Ihr Chakra, es war anders als alle Chakren, die er je zuvor gesehen hatte. Unbewusst klappte ihm der Mund ein wenig auf. Und es war unglaublich viel. Es schien ihm fast so, als wäre es nicht nur ein Chakra, sondern mehrere. Die unterschiedlichen Farbtöne waren Hinweis darauf, dass es sich nicht nur um ihr eigenes handeln konnte und auch nur eines, folgte dem üblichen Chakrafluss eines Körpers. Als er sich darauf konzentrierte, erkannte er, dass es sich bei diesem Chakra wohl um ihr eigenes handeln musste, doch woher kamen all diese anderen Chakraströme? Fragend hob er eine Augenbraue und doch stahl sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Er konnte es nicht erwarten herauszufinden, was dahinter steckte.
 

„Bereit?“, fragte er.
 

„Bereit!“
 

Kakashi erschrak fast, als Kyoko direkt nach ihrem Ausruf einige Kunai auf ihn warf und diesen direkt folgte und einen gewaltigen Satz nach vorne machte. Er war gezwungen, die Kunai abzuwehren, die ihn sonst sicherlich getroffen hätten und direkt danach einen Tritt auf seiner linken Seite auszuweichen, nur um dann einen Schlag von oben zu parieren. Sie war definitiv eine Offensivkämpferin stellte sich bereits jetzt heraus, denn bereits in den ersten Sekunden hatte sie ihn in die Defensive gezwungen. Wieder musste er einem Tritt von ihr ausweichen, was dank seiner Sharingans kein Problem darstellte, aber sie bewegte sich schnell genug, um ihm nicht die Möglichkeit zu geben selbst in den Angriff überzugehen. Als sie eine weitere Kombination begann, rollte er sich nach rechts und brachte so ein wenig Abstand zwischen sie beide. Er bemerkte, dass sie ohne es zu merken leicht lächelte, ihr schien der Kampf zu gefallen.

Schnell machte er einige Fingerzeichen und mit einem leisen Plopp erschienen vor ihm vier seiner Schattendoppelgänger, die Kyoko abwehrten, sodass er abermals einige Sätze nach hinten machen konnte. Doch das Ganze hatte ihm weniger Zeit gebracht, als gedacht, denn seine Doppelgänger lösten sich bereits in weißen Rauch auf und er sah, wie Kyoko wieder auf ihn zusprintete.

Wieder machte er einige Fingerzeichen und eine Erdmauer schoss vor ihm aus der Erde, an der Kyokos tritt abprallte bevor ihr Fuß seinen Körper erreichen konnte. Das war seine Chance. Er sammelte Chakra in seinen Füßen und sprang über die Mauer. Schnell erblickte er die Braunhaarige, die leicht aus dem Gleichgewicht gekommen war und sich somit nicht schnell genug drehen konnte, um seinen Tritt von oben abzuwehren. Mit voller Wucht traf er sie an der Schulter und sie wurde nach hinten geschleudert. Er hörte sie laut fluchen, während sie über den Boden schlitterte und sich mit der Hand die Stelle hielt, die er getroffen hatte. Doch er würde ihr keine Zeit lassen. So schnell er konnte, rannte er auf sie zu. Sein Sharingan fixierte ihre Schwachstelle. Ihre linke Seite, dort wo er sie eben getroffen hatte.

Sie machte einige Fingerzeichen. Er analysierte sie. Ein Jutsu des Windverstecks, stellte er fest, doch da traf in bereits die gewaltige Sturmböe und drückte ihn zurück. Er spürte seinen Erdwall in seinem Rücken, doch er registrierte ihn kaum. Viel mehr war er verwirrt. Er hatte mit seinem Sharingan sehen können, wie Kyoko ihr Chakra für das Jutsu gesammelt hatte, doch sie hatte nur einen der Chakraströme in ihrem Inneren verwendet und es war nicht ihr eigener gewesen.

Er beobachtete sie dabei, wie sie abermals Fingerzeichen formte und er stellte fest, dass sie sich wieder an einem anderen Chakrastrom bediente. So war das also, schlussfolgerte er, während er mit einem schnellen Überschlag einigen Feuerkugeln auswich, jeder dieser Chakraströme ließ sie ein anderes Element verwenden.

Kyoko, die noch immer Feuerkugeln auf ihn schoss, hatte genug davon, dass er ihr nur auswich und stürmte wieder auf ihn zu. Er war bereits bei dem kleinen Fluss angelangt, bemerkte er und sah ebenfalls, wie Kyoko einige Fingerzeichen machte, während sie weiterhin mit rasender Geschwindigkeit den Abstand zwischen ihnen verkleinerte. Er folgte ihren Bewegungen. Kopierte sie mit seinem Sharingan.

„Jutsu der Wasserklinge.“, rief sie aus und durchtrennte ihm Laufen die Wasseroberfläche. Er tat es ihr gleich und spürte wie sie in seiner Hand eine Klinge aus dem Flusswasser bildete. Er riss sie aus dem Wasser, als Kyoko ihn erreicht hatte und ihre Klingen prallten mit einem lauten Klirren aufeinander. Sie grinste noch immer.

Schnell machte sie einen Satz zurück, nur um wieder anzugreifen. Sie zielte mit dem Schwert auf das kleine Glöckchen an Kakashis Gürtel, das war schließlich immer noch das Ziel der ganzen Mission, doch er parierte den Schlag. Sie ließ ihr Schwert nach links sausen, jetzt hatte sie es auf seinen Gürtel abgesehen, doch wieder konnte er ihren Schlag abwehren.

Einer plötzlichen Eingebung nach folgend löste Kyoko ihr Jutsu plötzlich auf, sodass Kakashi, der seine Klinge noch immer gegen die ihre gedrückt hatte, einen Schritt nach vorne machte und Kyoko nutzte dieses kurze Straucheln um nach der Glocke zu greifen. Ihre Fingerspitze berührte sie fast, erst im letzten Moment schaffte es Kakashi es sich zur Seite zu drehen, sodass sie nur seinen Rücken erwischen konnte.

„Verdammt.“, fluchte sie abermals und duckte sich unter einem Schlag von Kakashi hindurch, der nun seinerseits die Chance hatte nach ihrem Glöckchen zu greifen, jedoch von Kyoko daran gehindert wurde, die sich mit ihrem gesamten Körpergewicht gegen ihn warf. Er keuchte, als es ihm kurz die Luft aus den Lungen trieb, doch er vernahm auch ein Stöhnen von Kyoko als diese vor ihm auf ihre angeschlagene Schulter fiel. Aber schnell standen die beiden wieder auf den Beinen. Mit einem Rückwärtssalto brachte Kyoko plötzlich Abstand zwischen sich und Kakashi. Was würde jetzt kommen? Er hatte fest damit gerechnet, dass sie ihn wieder direkt angreifen würde, doch sie schien einen anderen Plan zu verfolgen.

Sein Sharingan folgte aufmerksam ihren Fingerzeichen, doch seine Augen weiteten sich, als er sie beobachtete. Das war keine Abfolge, die er kannte. Sie dürfte nicht einmal funktionieren. Es war eine komische Mischung aus zweierlei Jutsu, eine Kombination aus Raiton und Doton Jutsus, aber das war doch unmöglich. Doch dann, als er bemerkte, wie sie zwei Chakraströme in ihrem Inneren aktivierte, wurde ihm schlagartig bewusst, dass das vielleicht doch nicht so unmöglich war. Und just in dem Moment, wo sie ihr gesammeltes Chakra mit der Handfläche auf den Boden schlug, rettete er sich mit letzter Sekunde auf einen Baum. Ranken streckten sich aus dem Boden, die nur darauf warteten seine Knöchel zu umschließen. Sie zuckten und ließen Funken sprühen. Waren sie etwa elektrisch geladen? Er sah zu ihr hinab und erwiderte ihr grinsen. Jetzt hatte sie also ihre vollständigen Fähigkeiten offenbart.

„War das schon alles?“, rief sie nach oben und stemmte die Hände in die Hüften. Da stand sie vollkommen verstaubt mit Schrammen an der Wange und einer Schulter, die bereits blau anlief und wartete darauf, dass er wieder hinunter kam.

Er jedoch verfolgte einen anderen Plan. Mit einer raschen Bewegung verschwand er zwischen den Blättern, formte einige Fingerzeichen und verbarg dann gewissenhaft sein Chakra. Ein Doppelgänger sprang aus den Blättern hervor und stürzte sich, ein Kunai in der Hand, auf Kyoko hinab. Sie konnte es nicht bemerkt haben, dass er getauscht hatte. Dafür war es viel zu schnell gewesen.

Er sah, wie sie, erschreckt davon, dass er ihrem Aufruf einfach so Folge geleistet hat, zu langsam war um selbst ein Kunai aus ihrer Tasche zu ziehen und so den Angriff mit den Rüstungsteilen an ihrem Arm abwehren zu versuchte. Ihr Gesicht verzog sich, als das Kunai an dem Metall vorbei in ihr Fleisch schnitt und Blut auf den Boden tropfte. Zielsicher wehrte sie sich mit einem Tritt in die Bauchgegend des Kakashi Doppelgängers, der dadurch nach hinten geschleudert wurde und sich in Luft auflöste. Kurzzeitig verwirrt blickte sie sich um und Kakashi nutzte die Zeit um drei Weitere Doppelgänger zu ihr zu schicken und selbst seine Position zu verlassen. Heimlich positionierte er sich hinter ihr und lief so schnell und leise wie möglich auf sie zu. Er fixierte das Glöckchen, fast konnte er es greifen. Im letzten Moment ging Kyoko in die Knie und fing seine Hand auf. Einen kurzen Moment drückte er gegen ihre Hand an, bis er einsah, dass sie nicht nachgeben würde. Sie beide machten einen Satz zurück und brachten wieder etwas Platz zwischen sich. Er sah, wie sie einen Moment das Gesicht verzog, als sie sich mit ihrem verletzten Arm abstütze und ihm war klar, dass es nun der Moment war, um sie anzugreifen. Er setzte sich wieder in Bewegung, doch ein plötzliches Zischen hinter ihm ließ ihn schlagartig innen halten.

Dieses Jutsu?

Er hörte ein leichtes Klimpern, doch es war zu spät. Sie hatte das Glöckchen bekommen.

Er drehte sich um und sah sie vor sich stehen. Breit grinsend ließ sie das Glöckchen vor seinem Gesicht baumeln. Sie war verschwitzt und komplett verstaubt, aber sie schien zufrieden. Kakashi seufzte resigniert. Er hatte tatsächlich verloren, weil er sich so hatte aus der Fassung bringen lassen.

„Hab gewonnen.“, meinte sie und ließ die Glocke klimpern. Er lächelte und zuckte mit den Schultern.

„Nur weil ich darauf nicht vorbereitet war. Nächstes Mal wirst du keine Chance haben.“, entgegnete er und sie beide wandten sich ihren Zuschauern zu, die noch immer am Rand standen.

„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du die Teleportationstechnik deines Bruder meistern würdest.“, gab er beiläufig zu und Kyoko prustete resigniert.

„Wenn sie mal nur ansatzweise so gut wäre. Ich kann die Markierungen nur mit der Hand setzten, mit Kunais funktioniert es gar nicht. Irgendwas muss er anders gemacht haben, aber ich komme einfach nicht drauf. Ich wünschte ich könnte mal eines seiner Kunais genauer analysieren.“ Nachdenklich wollte sie ihre Arme hinter dem Kopf verschränken, zuckte jedoch zusammen, als sie den Schmerz in ihrer Schulter spürte. Er hatte sie wohl doch etwas doller getroffen, als er gewollt hatte.

„Du hättest übrigens gewonnen, wenn du nicht so abrupt stehen geblieben wärst.“, meinte sie dann aus heiterem Himmel nachdenklich und sah zu ihm auf: „Ich verliere durch die Teleportation das Gleichgewicht, du hättest dich nur umdrehen müssen, um das Glöckchen zu greifen.“
 

„Du hast Sensei Kakashi besiegt.“, rief Naruto schon von weitem aus, bevor die beiden Kämpfer zu der dreiköpfigen Gruppe gestoßen waren.

„Dafür hab ich mehr eingesteckt.“, erwiderte Kyoko und deutete unglücklich auf ihre Schulter, die mittlerweile nicht mehr nur blau sondern auch bereits geschwollen war. Sakura eilte ihr zur Hilfe und begann die Verletzung zu heilen. „Guter Kampf.“, sagte sie, bevor das wohltuende Chakra ihr die Schmerzen nahm und die blaue Verfärbung langsam zurückwich. Kyoko atmete zufrieden ein.

„Danke, Sakura.“

„Du hast interessante Fähigkeiten.“, meinte dann Tsunade und Kyoko, die ihre Augen entspannt geschlossen hatte, öffnete sie wieder und sah die Hokage an.

„Ihr könnt euch bei Ororchimaru bedanken. Er hat mir das ganze Chakra eingeflößt.“ Dadurch kamen also die unterschiedlichen Chakraflüsse in ihrem Körper. „Es hat aber auch einige Nachteile. Ich bin nicht fähig mein Chakra besonders genau zu schmieden, sodass ich immer ein wenig davon verschwende, außerdem kann ich es auch nicht komplett verbergen. Und gegen Gen-Jutsus bin ich sehr anfällig, da ich mein Chakra nicht besonders gut kontrollieren kann und so darauf angewiesen bin, dass jemand anders mich aus eben diesen befreit. Ich selbst kann sie nicht lösen. Ganz zu schweigen von Medizinischen Jutsus.“ Sie grinste Sakura an, die gerade dabei war den Schnitt an ihrem Unterarm zu verschließen.

Tsunade nickte verstehend.

„Du kennst deine Schwächen.“, stellte sie sachlich fest und fuhr sich gedankenverloren an ihrem Kinn entlang: „Du musst verstehen, du bist ohne Zweifel auf dem Niveau eines Jo-Nin, schließlich hast du Kakashi geschlagen, wenn er auch vielleicht ein wenig abgelenkt war, aber eines muss dir bewusst sein. Ich werde dir nicht so einfach ein Team anvertrauen. Deine Geschichte ist glaubwürdig, trotzdem können wir nicht einfach vergessen, dass du viele Shinobi auf dem Gewissen hast. Auch aus Konoha. Ich kann dir nicht von heute auf morgen Menschenleben anvertrauen.“ Kyoko nickte verständnisvoll, doch Kakashi erkannte noch etwas anderes in ihren Augen. War er Angst?

„Allerdings..“, fuhr die Hokage fort ohne weiter darauf zu achten: „können wir deine Fähigkeiten hier im Dorf gut gebrauchen. Bei deinen ersten Missionen werde ich dir Kakashi zur Seite stellen. Ich habe die Hoffnung, dass er dich in Zaum halten kann, falls du etwas Dummes anstellst. Falls er sich nicht wieder von deinem Teleportationsjutsu ablenken lässt.“ Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick und er fühlte sich sofort leicht unbehaglich. Es war nicht seine Art, dass ihm solche Fehler unterliefen.

Doch er kam nicht dazu sich weiter unbehaglich zu fühlen, denn Kyoko riss ihn an seiner Schulter herum.

„Hast du das gehört, Kakashi?“ Ihre Augen strahlten so unglaublich glücklich, dass er lächeln musste. „Wir werden gemeinsam auf Mission gehen, ich bin wieder ein Shinobi von Konoha.“ Strahlend schüttelte sie ihn an seiner Schulter hin und her und entlockte ihm ein Lachen. Sie benahm sich wie ein Kleinkind, das gerade auf der Ninja-Akademie aufgenommen wurde. Doch es gefiel ihm sie so zufrieden zu sehen. So ganz ohne Sorgen.

So, wie Minato es sich immer für sie gewünscht hatte.

Zuhause

Glücklich hielt sie ihr Konoha-Stirnband in den Händen und wandte den Blick kaum noch davon ab. Wie lange hatte sie darauf gewartet es endlich wieder in den Händen zu halten und jetzt würde sie es nicht mehr aus den Augen lassen. Es bedeutete ihr viel endlich wieder ein Teil ihrer Heimat zu sein.

Mit dem Daumen strich sie über das kalte Metall und beobachtete wie sich der Himmel darin spiegelte. Es würde selten so sauber sein wie jetzt, sie sollte sich den Anblick einprägen. Sie fuhr mit ihrem Finger weiter und schnell stieß er auf das dunkelblaue Stoffband. Es war lang, die meisten Ninja ließen es kürzen, doch sie hatte es schon früher so gelassen. Sie mochte es, wenn die Bänder sich im Wind wiegten, wenn sie sich bewegte. Ähnlich ging es ihr mit ihren Haaren. Sie waren nie besonders praktisch, wenn es darum ging zu kämpfen, doch das Gefühl, wenn sie im Wind stand und er ihre Haare ergriff, war ihr diesen Nachteil wert. Es gab nichts, was in ihr mehr ein Gefühl von Freiheit hervor rief als der Wind.

Wie als hätte er ihre Gedanken lesen können, fuhr eine leichte Böe durch die Gassen von Konoha, hob die Mäntel der Passanten an und klaute ihnen ihre Hüte vom Kopf. Kyoko blieb stehen und schloss die Augen. Genüsslich ließ sie sich den sanften Wind durch ihre Haare wehen und genoss diesen kurzen Moment purer Zufriedenheit.

Als sie die Augen wieder öffnete, bemerkte sie, dass Kakashi sie beobachtete. Er hatte mitkommen wollen, nachdem sie auf dem Trainingsplatz verkündet hatte, sich eine Wohnung suchen zu wollen. Erst war sie überrascht gewesen, viel eher hatte sie damit gerechnet, dass er wütend war den Kampf verloren zu haben, doch dem war nicht so gewesen. Er schien bester Laune. Und so hatte sie ihm fröhlich zugestimmt, denn es hatte sie gefreut, dass Kakashi mit ihr Zeit verbringen wollte. So schlecht sie sich auch früher verstanden hatten, nach ihrer Rückkehr war es sofort anders gewesen. Er war anders gewesen und vielleicht hatte ja auch sie sich ein wenig geändert.

Mit einem Lächeln auf den Lippen blickte sie zu ihm auf. Ihr war gar nicht aufgefallen wie groß er eigentlich geworden war. Früher waren sie immer auf einer Höhe gewesen, doch heute musste er mindestens 1,80 m groß sein und seine seltsame silberne Sturmfrisur, die schon immer genau so ausgesehen hatte wie heute, ließen ihn noch mal ein ganzes Stück größer wirken. Auch der Ausdruck seines schwarzen Auges hatte sich grundlegend verändert. Früher war es kalt und arrogant gewesen, doch es war sanft geworden und strahlte eine ungemeine Wärme aus. Und dann war da noch das Sharingan. Eben, kurz vor Beginn des Kampfes, hatte sie an Obito denken müssen und war abgelenkt gewesen. Er war jetzt ein Teil von Kakashi und dieser beherrschte das wundersame Auge so, als wäre es schon immer seines gewesen.

„Kakashi, habe ich jetzt eigentlich die Wette gewonnen?“, durchbrach sie schließlich die Stimme. Es war ihr unangenehm gewesen, dass er sie so durchleuchtet hatte mit seinem Blick und auch sie hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen ihn so angestarrt zu haben.

„Sieht ganz so aus.“, erwiderte er und wandte den Blick ab, nur um seine Hände wieder in die Gesäßtaschen gleiten zu lassen und sich wieder in Bewegung zu setzen.

„Das heißt ich habe einen Wunsch bei dir frei.“ Sie musste einige schnelle Schritte machen, um wieder zu ihm aufzuholen und sah ihn nicken.

„Du hast schließlich gewonnen.“ Sie begann zu grinsen. Da würde ihr sicherlich was Gutes einfallen, um diesen Wunsch umfassend zu nutzen. Etwas eingeschüchtert von ihrem breiten Grinsen hob Kakashi fragend eine Augenbraue, bis sie fast unter seinem silbernen Haar verschwand.

„Lass dich überraschen.“, erwiderte sie nur, doch das Grinsen wich nicht von ihrem Gesicht. Sie wollte sich Zeit lassen, um ja gut darüber nachzudenken, was sie sich wünschen sollte. Solch eine Chance gab es nicht jeden Tag. Außerdem hatte Tsunade ihnen angekündigt, dass sie morgen auf eine Mission geschickt würden und davor blieb nicht mehr viel Zeit ihren Wunsch einzulösen. Und überdies hinaus war sie auch noch unglaublich nervös, was diese Mission anging. Über zehn Jahre lang hatte sie nicht mehr in einem Team gekämpft und war auf sich allein gestellt gewesen. So richtig wusste sie gar nicht mehr wie man in einem Team agierte. Dass sie nicht auf Anhieb Teamführerin werden sollte, war somit eher eine Erleichterung als ein Ärgernis gewesen.

„Kyoko, hast du schon eine Vorstellung wo du nach einer Wohnung schauen willst?“, unterbrach Kakashi ihre Gedanken als sie an einer Kreuzung ankam, die in die verschiedenen Viertel Konohas führte. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie schon so weit gekommen waren, so sehr waren ihre Gedanken abgedriftet.

„Ich wollte mir gerne Minatos und Kushinas alte Wohnung anschauen. Ich bin dort aufgewachsen, wenn dort niemand wohnt, würde ich gerne dorthin zurückkehren.“, erklärte sie ihm und seine Augen weiteten sich kaum merklich. Er verstand nicht, wieso sie an einen Ort zurückkehren wollte, der sie an so viele Dinge erinnerte.

„Du brauchst nicht dorthin zu gehen. Es gibt auch viele freistehende Wohnungen, die du mieten könntest.“, schlug er ihr somit vor, doch sie schüttelte entschlossen den Kopf.

„Ich möchte aber gerne wieder dort wohnen. Ich möchte dort leben, wo ich die beste Zeit meines Lebens verbracht habe, wo ich umgeben bin von positiven Erinnerungen und wo ich an ihn denken kann. Wo ich an sie alle denken kann, ohne direkt wieder in Tränen auszubrechen.“, erläuterte sie ihm mit einem Lächeln und er nickte schlicht.

Gemeinsam wandten sie sich nach links. Auch wenn die Wohnung etwas außerhalb der Stadtmitte lag, befand sie sich in einem der beliebtesten Viertel Konohas. Auch seine Wohnung war dort, sowie die der meisten Ninja.

„Du hast wirklich Glück.“, erhob er seine Stimme und erhaschte so wieder ihre Aufmerksamkeit: „Sie wurde bei dem Angriff des Kyubis kaum zerstört und direkt danach wieder als Andenken an Sensei Minato wieder aufgebaut. Allerdings hat nie jemand verlauten lassen dort wohnen zu wollen. Sie war immer die des ehemaligen Hokagen.“ Natürlich hatte nie jemand dort einziehen wollen. Auch sie hatte lange überlegt, ob sie damit die Missachtung der Leute auf sich ziehen würde, doch letztendlich gehörte diese Wohnung ihr. Sie war die letzte lebende Verwandte von Minato.

In dieser Gegend von Konoha hatte sich kaum etwas verändert. Der Bäcker, an dem Minato immer Törtchen gekauft hatte war noch immer auf der gleichen Ecke, genau wie der Park, in dem sie als Kind immer gespielt hatte. Es schien als wäre hier die Welt angehalten worden und als sie gemeinsam mit Kakashi die wenigen Stufen zu der Wohnungstür hinaufschritt, war es fast so als würde sie Minato und Kushina aus dem Inneren lachen hören. Als würden sie ihr gleich die Tür öffnen, in den Arm nehmen und sie von dem heutigen Akademie-Tag berichten lassen. Sie lächelte schwach. Mit einer leichten Bewegung stieß sie die Tür auf. Sie war nicht verschlossen, denn niemand würde es wagen sie zu betreten.

Sie wurden von einer gewaltigen Staubwolke begrüßt, die ihnen in das Gesicht geblasen wurde und Kyoko kurz zum husten brachte. Aufgeräumt hatte hier wohl niemand. Vorsichtig trat sie einen Schritt in die Wohnung und wurde von Dunkelheit umfangen. Zielstrebig tastete sie nach dem Lichtschalter links neben der Tür und mit einem leisen Zischen wurde das Zimmer in ein gemütliches gelbliches Licht gehüllt. Es war alles so wie sie es in Erinnerung gehabt hatte. Der kleine Flur, der in den gemütlichen Essraum mit angrenzender Küche führte, in der Kushina immer versucht hatte Nudelsuppe zu kochen nur um dann doch welche von Ichirakus zu holen, bevor es irgendjemand merkte. Das kleine Wohnzimmer, das an der Küche grenzte und in dem noch immer die rote Couch stand, auf der sie damals so oft eingeschlafen war und die jetzt mit einer dicken Staubschicht überzogen war, die ihre Farbe kaum noch erkennen ließ. Die schmale Treppe, die hoch zu den beiden Schlafzimmern führte und die sie in der Vergangenheit gut und gerne einmal heruntergefallen war, wenn sie wieder zu übermütig gewesen war.

Tränen traten ihr in die Augen, während sie gemeinsam mit Kakashi die Stufen in die obere Etage erklomm. Ehrfürchtig strich sie mit dem Finger über die Bilder, die sie mit Minato zusammen an der Wand an der Treppe aufgehängt hatte und von denen sie von glücklichen Gesichtern angelächelt wurde. Selbst die vorletzte Stufe am Ende der Treppe knarzte noch, so wie sie es damals getan hatte, als Kyoko sich hatte aus dem Haus schleichen wollen.

Sie spürte kaum wie ihr die Tränen an der Wange hinab liefen als sie die Tür zu ihrer linken aufstieß. Nichts hatte sich verändert, ihr Zimmer war genauso geblieben, wie es war, als Orochimaru sie mitgenommen hatte.

„Sie haben nicht aufgehört zu hoffen.“, erklärte ihr Kakashi mit sanfter Stimme und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie war unglaublich gerührt. Sie hatten nie aufgehört sie zu suchen und auf sie zu warten. Mit einem leichten Lächeln strich sie über das verstaubte, dreckige Bett. Es war ihr Lieblingsbettbezug, der aufgezogen war. Sie erinnerte sich gut daran, wie Kushina ihr damals nicht hatte erlauben wollen ihn zu kaufen, da der blaue Stoff mit Shuriken und Kunais verziert war und sie nicht gewollt hatte, dass sie so etwas vor dem Einschlafen als letztes sah, doch sie hatte sich auf Anhieb in ihn verliebt und nicht nachgegeben.

Ihre Hand griff nach einem Buch auf dem Nachttisch.
 

Die Legende des mutigen Ninjas
 

Ein ersticktes Lachen brach über ihre Lippen. Wie sehr sie dieses Buch geliebt hat. Minato hatte ihr stundenlang daraus vorlesen können und sie hatte an seinen Lippen gehangen. Sie hatte immer genauso werden wollen wie die Hauptfigur aus diesem Buch. Sanft fuhr sie mit der Hand über den staubigen Titel und sah, wie einige Tränen auf den braunen Bucheinband fielen. Jiraiya, ein weiterer wichtiger Mensch in ihrem Leben, den sie niemals wieder sehen würde.

„Kennst du es?“, wandte sie sich mit erstickter Stimme zu ihrem Begleiter und hielt es ihm entgegen. Er schüttelte den Kopf. Auch ihn schien es nicht kalt zu lassen das Haus seines ehemaligen Senseis betreten zu haben.

„Du solltest es lesen. Es ist großartig.“
 

Als sie vor der letzten Tür im Haus standen, zögerte Kyoko. Es war das Schlafzimmer ihres Bruders gewesen, dass sich dahinter befand und sie hatte Angst vor dem, was sie dort finden würde. Es war fast so als würde er noch dahinter stehen und wenn sie gleich die Tür öffnete, würde er sie von seinem Schreibtisch aus ansehen und ihr ein Lächeln schenken, bevor er mit seinen Berichten fortfuhr. Doch wenn sie die Tür dieses Mal öffnen würde, würde dort kein lachender Minato sein. Niemand würde dort auf sie warten.

Ein Schluchzen entwich ihrer Kehle und abermals spürte sie eine Hand, die sich vorsichtig auf ihre Schulter legte. Es spendete ihr Trost, dass er dabei war. Er zeigte ihr, dass sie doch nicht ganz alleine war.

Zögerlich legte sie ihre Hand auf die Türklinke und mit einem schwachen Klicken schwang die Tür auf und gab den Blick frei. Dort stand er, der Schreibtisch, an dem ihr Bruder zu viel Zeit verbracht hatte und auch das gemütliche Doppelbett hatte sich kaum bewegt.

Unter all den Tränen schlich sich wieder ein Lächeln auf Kyokos Lippen. Es war als wäre das ganze Haus von Minato und all den anderen erfüllt. Fast war es ihr so als wären sie noch immer hier, nur dass sie sie nicht sehen oder mit ihnen kommunizieren konnte, aber wenn sie die Augen schloss, spürte sie sie ganz nah an ihrer Seite.

Sie schluchzte abermals.
 

Sie war endlich zuhause.
 

„Weißt du noch, wie Kushina Obito immer um den Tisch gejagt hat?“, fragte sie lächelnd, nachdem Kakashi und sie wieder nach unten gegangen waren. Gemeinsam hatten sie das Sofa von Staub befreit und sich darauf niedergelassen.

Er nickte. Natürlich erinnerte er sich daran.

Kakashi hatte sich kurz Sorgen gemacht, als Kyoko in das Haus ihres Bruder zurück ziehen wollte. Es sprach nichts dagegen, schließlich stand es frei und es gehörte ihr, doch er hatte befürchtet, dass sie wieder zusammenbrechen würde, wie sie es an seinem Grab getan hatte. Als sich ihr Ausdruck verändert hatte, hatte er kurz die Luft angehalten und als ihr dann unaufhaltsam die Tränen von den Wangen gelaufen waren, fühlte er sich kurz überfordert. Doch bald stellte sich für den Kopierninja heraus, dass diese Tränen ganz anders waren, als die die sie damals an dem Grab vergossen hatte. Es war die richtige Entscheidung gewesen, das sah er ihr an und so hatte er sich darauf beschränkt ihr leise zu folgen und Trost zu spenden, wenn er das Gefühl hatte, dass sie diesen brauchte.

Das ihn das Betreten des Hauses selbst keinesfalls kalt gelassen hatte, war ihm schnell aufgefallen. Allerdings fühlte es sich nicht schlecht an, wie sonst, wenn er sich zurückerinnerte. Es war anders. Es war anders geworden, seit Kyoko plötzlich in dem Dorf aufgetaucht war und anscheinend keinerlei Probleme hatte sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. Es waren so viele schöne Erinnerungen wiedergekommen, von deren Existenz er gar nicht mehr gewusst hatte und diese Erinnerungen taten nicht weh. Sie machten ihn wehmütig.

„Ja, er hat sich immer mit ihr angelegt.“, erwiderte er und trug ebenfalls ein Lächeln unter seiner Maske. Es fühlte sich fast so an, als wäre es gestern gewesen.

„Mit Kushina durfte man sich einfach nicht anlegen, sie war immer so temperamentvoll und leicht zu reizen.“ Sie lachte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ihre Augen waren gerötet, doch zumindest waren ihre Tränen versiegt. Sie wischte sich mit dem Arm über die Augen.

„Ich bin übrigens sehr froh, dass du hier bist, Kakashi. Ich weiß nicht, ob ich das alleine über mich gebracht hätte.“ Sie lächelte ihn an und ihr Lächeln war derartig ehrlich, dass es ihn kurz ins Stocken brachte.
 

Sie hatten lange noch so dagesessen. Er hatte eigentlich nicht so lange bleiben wollen, doch sie hatte in Erinnerungen geschwelgt und er hatte ihr zugehört. Hatte einfach nur ihrer Stimme gelauscht, wie sie Erinnerungen in ihm zurück brachte, die er schon lange für vergessen hielt. Es hatte sie nicht gestört, dass er kaum geredet hatte, sie schien es einfach so hingenommen zu haben.

Als es ihm schließlich zu viel geworden war, hatte er sich ruckartig erhoben. Kurz war Kyoko zusammen geschreckt, die dabei war laut aus dem Buch 'Die Legende des mutigen Ninjas' zu lesen, hatte dann aber verstehend gelächelt und ihn zur Tür gebracht. Er hatte nichts gesagt und zum Abschied lediglich die Hand gehoben. Der Tag hatte ihn aufgewühlt und er wusste selbst nicht, was jetzt in ihm vorging.

Langsam, in Gedanken versunken, schritt er die Stufen hinab und ließ die Braunhaarige in der Tür zurück. Als er einen Fuß auf den staubigen Boden setzte, spürte er einen Tropfen auf sein Gesicht fallen. Es fing an zu regnen, das passte.
 

„Weißt du was, Kakashi?“, hörte er sie dann ganz leise hinter sich sagen, ihre Stimme von Reue und Trauer erfüllt: „Wir sollten endlich aufhören uns die Schuld für alles zu geben. Das hätten sie nicht gewollt.“

Plötzlich Tante

Ausgeschlafen und zufrieden schlenderte Kyoko am nächsten Tag durch Konoha. Es nieselte leicht, aber sie hatte Regen schon immer geliebt und so wandte sie lediglich ihr Gesicht gen Himmel und lies die nassen Tropfen auf ihr Gesicht prasseln.

Sie hatte unglaublich gut geschlafen die Nacht. Erst hatte sie nicht damit gerechnet, denn nachdem Kakashi gegangen war, hatte sie sich auf einmal unglaublich einsam gefühlt. Ohne darüber nachzudenken hatte sie sich in Minatos Bett gelegt, ohne daran zu denken es irgendwie von Staub zu befreien und hatte seinen Duft eingeatmet. Er haftete noch immer an dem alten Stoff und sie hatte sich schlagartig geborgen gefühlt. Sie hatte die Augen geschlossen und, obwohl sie wusste, dass das nicht möglich war, hatte sie den Arm ihres Bruders gespürt, der sich um sie gelegt hatte. Fest hatte sie sich in die Decken gekuschelt und war lächelnd eingeschlafen.

Heute sollte ihre erste Mission stattfinden. Lediglich Kakashi wusste, was ihr genauer Auftrag sein würde, allerdings hatte sie bereits gestern erfahren, dass Naruto und Sakura sie begleiten würden. Es hatte sie gefreut, dass es sich genau um die beiden handeln würde, denn sie hatte einige Fragen, die sie dem blonden Chaoten stellen wollte. Ihr war die Ähnlichkeit zu ihrem Bruder nicht entgangen und sie musste einfach wissen, ob irgendeine Verwandtschaft zwischen ihnen bestand.

Seufzend verschränkte sie die Arme hinter ihrem Kopf. Sie hatte noch eine Stunde Zeit bevor sie sich am großen Eingangstor treffen wollten, um aufzubrechen. Ihre Einkäufe hatte sie auch schon alle erledigt und war nun für die Mission ausreichen ausgestattet. Was sollte sie also jetzt noch tun? Ziellos in Konoha umherzuwandern, wurde ihr auf Dauer etwas langweilig.

Eine laute Stimme riss sie aus ihren Überlegungen: „KYOKO?!“ Neugierig ließ sie ihren Blick in die Richtung schweifen, aus der sie die Stimme vernommen hatte und sofort erkannte sie Naruto, der fröhlich winkend und breit grinsend auf sie zugerannt kam.

„Was machst du denn hier? Es ist doch noch Zeit, bis wir aufbrechen müssen.“, fragte er sie, als er zu ihr aufgeschlossen hatte und strahlte sie an. Sie sah ihn an, er war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.

„Ich hatte noch einige Einkäufe zu erledigen.“, erklärte sie ihm nach einer kurzen Pause: „Ich brauchte noch ein paar Dinge für die Mission wie Nahrungspillen und neue Shuriken.“ Naruto nickte verstehend und die beiden setzten sich wieder in Bewegung.

„Und was machst du hier?“ Naruto grinste, hob den Arm und deutete auf einen kleinen Laden an der nächsten Straßenecke.

„Ich wollte noch eine Nudelsuppe essen, bevor wir später aufbrechen. Da wir noch nicht wissen, wie lange wir unterwegs sind, wollte ich mir das auf keinen Fall entgehen lassen.“, erläuterte er munter und Kyokos Blick folgte seinem Finger. Sie musste lächeln. Ichirakus Nudelsuppen hatte sie auch immer gerne gegessen.

„Hast du was dagegen, wenn ich dich begleite?“

Fröhlich schüttelte der Blonde den Kopf und mit den Worten „Ganz und gar nicht.“ traten sie zusammen in den Laden. Auch hier hatte sich recht wenig verändert. Die lange Theke mit den Hockern und die ganzen Tische, an denen bereits um diese Uhrzeit einige Dorfbewohner saßen und ihr Mittagessen genossen, waren noch genau wie damals. Naruto stürmte überschwänglich nach vorne und begann munter mit dem Mann hinter der Theke zu diskutieren. Sie sah Minato vor sich, wie er dort stand und sich sein Essen bestellte. Kyoko musste blinzeln und schüttelte den Kopf. Ihr Verstand hatte ihr einen Streich gespielt und als sie wieder aufsah, war dort kein Minato mehr, sondern lediglich Naruto, der sich auf einen der Hocker niedergelassen hatte und sie abwartend angrinste.

Seufzend ließ sie sich neben ihn nieder und betrachtete ihn. Sie musste unbedingt diese Verwandtschaftsfrage klären, bevor sie auf Mission gingen. Es lenkte sie viel zu sehr ab.

„Habe ich etwas im Gesicht?“ Sie hatte nicht einmal bemerkt wie sie ihn angestarrt hatte. Kopfschüttelnd verneinte sie die Frage und wandte den Blick ab, um sich eine Nudelsuppe zu bestellen.

„Sag mal, Kyoko.“, wandte sich der Blonde dann wieder an sie, während die beiden auf ihr Suppen warteten: „Du kanntest Kakashi von früher?“ Sie lächelte: „Ja, er war in dem Team meines Bruder, dadurch habe ich ihn kennen gelernt.“ Nachdenklich fuhr er sich durch die Haare: „Und ihr ward Freunde?“ Diese Frage brachte sie zum Lachen.

„Nein, ganz und gar nicht. Ich habe ihn überhaupt nicht leiden können. Er war so unglaublich ernst und hat jede Gelegenheit genutzt, um mich zurechtzuweisen. Es gab nichts, das ihm wichtiger war als seine ganzen Regeln.“, erzählte sie ihm und seine Augen wurden groß.

„Das klingt aber echt gar nicht nach Sensei Kakashi.“, meinte er nachdenklich und fuhr sich das Kinn entlang: „Er ist immer so nett und außerdem kommt er andauernd zu spät.“ Überrascht schossen ihre Augenbrauen in die Höhe. Kakashi kam zu spät? Das konnte sie kaum glauben.

„Früher kam er nie zu spät. Es gab kaum etwas, das er mehr hasste als Unpünktlichkeit.“, erzählte sie ihm lächelnd bis ihre Aufmerksamkeit von dem Mann hinter der Theke in Beschlag genommen wurde, der ihnen ihre Suppen überreichte.

„Danke!“, bedankte sich Naruto bei ihm und fing auf der Stelle an sich die Nudeln in den Mund zu schaufeln. Er schien einen ordentlichen Appetit zu haben.

„Naruto?“, sprach sie ihn schließlich an, nachdem auch sie sich bedankt und begonnen hatte mit ihren Essstäbchen in der Suppe herumzustochern. Sie musste ihn endlich darauf ansprechen.

„Hm?“ Er blickte zu ihr und Kyoko konnte nicht anders als zu schmunzeln, als er erwartungsvoll zu ihr sah und ihm noch immer die halbe Nudelsuppe aus dem Mund hing.

„Wer sind deine Eltern?“ Und da war die Frage auch schon ausgesprochen. Unwillkürlich spannten sich ihre Muskeln an und ihr Herz schlug schneller. Sie wusste nicht, was sie zu erwarten hatte.

Mit einem lauten Schlürfen zog er die Nudeln in seinen Mund und kaute sie schmatzend, bevor er ihr antwortete: „Das weiß ich nicht. Ich hatte nie Eltern, aber Sensei Iruka ist wie ein Vater für mich und auch Sensei Kakashi und Sakura und Sasuke und alle hier im Dorf sind wie meine große Familie.“ Er strahlte sie ehrlich an und ihr wurde warm um das Herz. Obwohl er seine Familie nicht kannte, war er so ein positiver Junge.

„Weißt du, du siehst meinem Bruder Minato Namikaze sehr ähnlich.“ Sein Grinsen wurde wenn möglich noch breiter und zauberte auch ihr ein herzliches Lächeln auf die Lippen. Sie mochte Naruto und sie verbrachte gerne Zeit mit ihm.

„Danke, echt jetzt.“, sagte er und stopfte sich eine weitere Ladung Nudeln in den Mund, bevor er sich wieder an sie wandte: „Aber ich heiße Uzumaki und nicht Namikaze wie der vierte Hokage.“ Schlagartig setzte ihr Herz aus und ihr stockte der Atem. Uzumaki. Kushina Uzumaki.

Er schien nicht bemerkt zu haben, was er in ihr ausgelöst hatte, sondern fing lediglich wieder damit an sich in rasendem Tempo Nudelsuppe in den Mund zu schaufeln.

Kyoko jedoch schaffte es nicht auch nur einen Finger zu rühren, immer wieder hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf. „Mein Name ist Uzumaki“ War es wirklich wahr? Konnte Naruto wirklich der Sohn ihres Bruder und Kushina sein? Die Ähnlichkeit war wirklich verblüffend. Aber wieso hätte ihm niemand etwas sagen sollen? Welchen Zweck hätte es verfolgt ihn in Unwissenheit zu lassen, obwohl er doch so großartige Eltern gehabt hatte. Sie schluckte. Minato, hattest du wirklich einen Sohn?

Ein leises, wehmütiges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. War sie vielleicht doch nicht allein? War sie wirklich Tante?

Sie lachte leise und spürte wie ihre Augen feucht wurden. Minato und Kushina wären so stolz auf ihn gewesen, wenn sie ihn jetzt sehen könnten. Sie hätten diesen fröhlichen, positiven Jungen über alles geliebt, da war sie sich sicher. Langsam bahnte sich eine Träne den Weg über ihre Wange. Er hätte ein wunderbares Leben bei ihnen gehabt, wenn sie noch leben würden. Und auch jetzt war er nicht allein. Er hatte ganz Konoha auf seiner Seite und auch sie würde ihr bestes geben, um seine Eltern zu ersetzen.

„Alles okay?“ Naruto hatte innegehalten und sah sie besorgt an. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie weinte. Verdammt, das passierte viel zu oft in letzter Zeit, tadelte sie sich, denn ein Shinobi zeigte normalerweise keine Gefühle.

„Ja, ich bin nur sehr glücklich.“ Strahlend lächelte sie ihm entgegen und auch sein besorgter Gesichtsausdruck wich dem Grinsen, dass er zuvor auf den Lippen getragen hatte. Sie wusste nicht, wieso man ihm verschwiegen hatte, wer seine Eltern waren, doch bevor sie nicht aufgeklärt worden war, würde sie ihm nichts davon erzählen. Vielleicht hatte es ja einen guten Grund gegeben, ihm nichts zu sagen.

„Ich bin auch sehr glücklich. Die Nudelsuppe von Ichirakus ist so gut, da kann man nur glücklich werden.“ Ein Lachen entwich ihrenLippen und motiviert griff auch sie endlich zu, damit die Suppe nicht kalt wurde. Sie war tatsächlich Tante. Sie hätte in dem Moment nicht glücklicher sein können.
 

Als sie nur wenige Zeit später gemeinsam mit Sakura und Naruto an dem großen Tor stand, hatte das Lächeln ihre Lippen noch immer nicht verlassen. Heute fühlte sie sich so, als könnte sie alles schaffen.

Nur am Rande bekam sie mit, wie Naruto sich darüber beschwerte, dass Kakashi schon wieder zu spät kam und Sakura ihm verstimmt zunickte.

Sie hatte nicht ganz glauben wollen, dass Kakashi sich wirklich derart geändert hatte, doch nachdem sie bereits eine halbe Stunde gewartet hatten, konnte auch Kyoko die Tatsache nicht mehr leugnen, dass er diesbezüglich wohl einen kleinen Tick entwickelt hatte. Aber auch das konnte ihr ihre gute Laune nicht nehmen.

„Sensei Kakashi. Na endlich!“, rief Naruto aus, als der Silberhaarige schließlich entspannt die Straße zum Haupttor entlang gegangen kam. Lässig hatte er seine Hände in den Taschen versenkt und schien keinerlei schlechtes Gewissen zu haben.

„Tut mir Leid, aber ich musste ein paar Kindern helfen den Weg nach Hause zu finden.“, redete er sich nur beiläufig heraus und zuckte mit den Schultern. Dass ihm das niemand abkaufen würde, war ihm anscheinend klar. Er wartete nicht ab, ob jemand widersprechen würde, sondern erhob abermals selbst die Stimme, um ihnen die Mission zu erklären: „Wir haben von Tsunade den Auftrag bekommen eine Schriftrolle wiederzubeschaffen, die vor ein paar Tagen von einer Bande von Banditen gestohlen worden ist. Sie halten sich in den Wäldern auf, circa einen Zweitagesmarsch von hier. Falls möglich sollen wir eine Konfrontation vermeiden.“ Das restliche Team nickte. Sie hatten verstanden.
 

Schweigend sprangen sie von Baum zu Baum. Sie wollten so viel Strecke wie möglich hinter sich bringen und so rannten sie bereits seit Stunden. Kakashi ganz vorne, denn er schien als einziger der Weg zu kennen. Sakura und Naruto folgten ihm und hielten den Abstand konstant, während Kyoko das Schlusslicht bildete. Es fühlte sich ungewohnt an in einem Team unterwegs zu sein. Sie war es nicht gewohnt sich an das Tempo anderer Personen anzupassen und schon gar nicht, nicht selbst zu wissen wo es hinging. Aber es fühlte sich auch gut an, nicht mehr alleine unterwegs zu sein und es löste ein wohliges Gefühl in ihr aus die Hinterköpfe ihrer Teamkollegen zu betrachten.
 

Als es dunkel wurde, wurde Kakashi langsamer und blieb schließlich ruckartig stehen. Mit einem gewaltigen Satz sprang er den Baum herunter und der Rest des Teams folgte ihm auf den Fuß. Sie landeten auf einer kleinen Lichtung, die gut geschützt zwischen hohen Tannen lag.

„Wir bleiben heute Nacht hier.“, wies er das Team an und fing sofort damit an Holz für ein kleines Lagerfeuer zu suchen. Kyoko streckte sich und gähnte. Vorsichtig ließ sie ihre Tasche auf den Boden fallen und tat es Kakashi gleich.

Gemeinsam hatten sie schnell ein gemütliches Lagerfeuer entzündet und zufrieden wärmte sie ihre Hände an den tanzenden Flammen. Sie waren alle nah an das Feuer gerückt, um der Kälte zu entkommen, die mit ansteigender Dunkelheit stärker geworden war. Naruto und Sakura hatten sich bereits in ihre Decken gewickelt, während sie ihre Nahrungspillen aßen. Kyoko war kein großer Fan von diesen seltsamen Kugeln, aber sie erfüllten ihren Zweck, wenn sie auch nicht besonders schmeckten.

Missmutig kaute sie auf der staubigen Nahrungspille herum, als Kakashi auch schon seine Stimme erhob: „Ich übernehme die erste Wache. Wir tauschen in einem Abstand von zwei Stunden, sodass jeder ein wenig Schlaf bekommt.“

Kyoko nickte, während die anderen seine Worte lediglich mit einem erschöpften Gähnen quittierten und sich noch ein wenig enger in die Decken kuschelten.

„Ich kann die zweite Wache übernehmen, weck mich einfach.“ Sie hatte leiser gesprochen, um die beiden anderen nicht zu stören, die ihre Augen bereits geschlossen hatten, um schnellstmöglich einzuschlafen. Kakashi nickte mit einem Lächeln auf den Lippen. Er hatte sich neben sie gesetzt und betrachtete nachdenklich die rot orangen Flammen vor ihm. Ein Gähnen entwich Kyokos Lippen und sie hielt sich eine Hand vor den Mund. Sie war auch ziemlich müde und so griff sie sich ebenfalls ihre Decke und legte sich in das Gras. Am Feuer war es gemütlich warm und so dauerte es nicht lange bis auch sie schließlich von einem leichten Schlaf übermannt wurde.
 

Es war noch immer dunkel, als sie erwachte. Kurz war sie irritiert, wusste nicht genau, wo sie sich befand, doch schnell erinnerte sie sich. Reflexartig rieb sie sich die Augen, bevor sie sich langsam aufrichtete und einen Blick in den Himmel warf. Der Mond war bereits einiges gewandert, sie hatte bestimmt fünf Stunden geschlafen. Verwirrt richtete sie sich zur Gänze auf und erblickte Kakashi, der etwas abseits an einen Baum gelehnt saß und gedankenverloren auf ein Buch starrte. Mit wenigen Schritten hatte sie den Abstand zwischen sich überbrückt und ließ sich ihm gegenüber in das Gras fallen.

„Wieso hast du mich nicht geweckt?“, wollte sie mit hochgezogenener Augenbraue wissen und Kakashi wandte sein schwarzes Auge von dem Buch ab und sah sie an.

„Du schienst mir müde zu sein, ich wollte dich nicht wecken.“, erklärte er ihr und sie spürte wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Es war ihr unangenehm, dass er auf sie Rücksicht genommen hatte, schließlich war sie mittlerweile erwachsen und ein Jo-Nin.

„Kakashi, du musst doch auch ein wenig schlafen.“, warf sie seufzend ein und beobachtete ihn dabei, wie er das Buch wieder in seiner Hosentasche verstaute. Erst jetzt erkannte sie den Titel. Die Legende des mutigen Ninja.

„Es ist wirklich ein sehr gutes Buch.“ Er hatte ihren Blick verfolgt und es schien ihr fast so, als könne sie ein kleines Schmunzeln aus seiner Stimme entnehmen. Bei den jetzigen Lichtverhältnissen konnte sie leider nur erahnen, wie sich sein Mund unter der Maske bewegte.

„Ich bin übrigens nicht müde, du kannst also gerne weiterschlafen.“, fuhr er dann fort, doch Kyoko stützte lediglich die Hände auf den feuchten Boden hinter sich und blickte in den Himmel. Einige Wolken verdeckten die zahlreichen Sterne, doch der volle Monat, durchbrach sie und hüllte den ganzen Wald in ein angenehmes silbernes Licht.

„Ich bin auch nicht mehr müde.“ Und das entsprach der Wahrheit.

Nach ihren Worten herrschte Stille. Kakashi hatte es ihr gleich getan und seinen Blick ebenfalls gen Himmel gerichtet und schien, genau wie sie, nachzudenken.

„Ist Naruto Minatos Sohn?“ Sie hatte gar nicht so direkt fragen wollen, doch ohne es verhindern zu können, waren ihr die Worte über die Lippen gepurzelt. Obwohl sie sich so sicher war, braucht sie die Bestätigung.

Vorsichtig sah sie zu dem Jo-Nin herüber, der den Blick von den Sternen abgewandt hatte. Sie war besorgt. Würde er böse sein über ihre Frage oder würde er wohl möglich wieder diesen unglaublich traurigen Gesichtsausdruck bekommen? Er redete nicht gerne über die Vergangenheit. Sein Auge waren immer so erfüllt von Schmerz, wenn sie begann davon zu sprechen. Er muss unglaublich schlechte Dinge erlebt haben, wenn schon alleine der Gedanke so eine Reaktion bei ihm auslöste.

Doch heute sah er weder böse noch traurig aus, eher nachdenklich und vielleicht ein wenig erleichtert.

„Du hast es also rausgefunden?“ Ein schwaches Lächeln schlich sich unter seine Maske und Kyoko schluckte schwer. Es war also wahr.

„Er sieht ihm so unglaublich ähnlich.“, sagte sie ohne wirklich auf seine Frage einzugehen. Er nickte sacht und sie folgte seinem Blick zu dem blonden Shinobi, der leise schnarchend das Gesicht zu ihnen gewandt hatte.

„Wieso hat ihm nie jemand etwas darüber erzählt?“ Kakashi zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht genau. Es soll zu seinem Schutz sein, der Hokage selbst hat es so angeordnet.“ Kyoko atmete hörbar aus. Es gefiel ihr nicht, Naruto solche Informationen vor zu enthalten.

„Aber er sollte doch wissen wer seine Eltern sind. Er sollte wissen, was für großartige Menschen es waren und er sollte wissen, dass er nicht mehr alleine ist. Er hat jetzt mich, seine Tante.“ Es war immer noch seltsam das Wort auszusprechen. Tante..

Kakashi lachte leise und eine angenehme Gänsehaut zog sich über ihren Körper. Früher hatte er so selten gelacht.

„Es ist alles anders, seit du wieder hier bist, Kyoko. Rede mit dem Hokagen darüber, vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit.“ Sie nickte motiviert. Ja, sie würde seinem Rat folgen und mit Tsunade darüber reden. Sie wollte ihn nicht länger anlügen müssen als nötig.

„Danke Kakashi.“ Sie strahlte ihn an und entlockte ihm ein weiteres Lachen.

„Nicht dafür.“
 

Am nächsten Morgen brach die Gruppe früh wieder auf. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, als die beiden Jo-Nin Sakura und Naruto weckten und sie brauchten nur wenige Minuten, um sich wieder in Bewegung zu setzen. Sie wollten die Banditen diesen Abend erreichen, um bestenfalls im Schutze der Dunkelheit agieren zu können.

Kyoko und Kakashi hatten diese Nacht nicht mehr geschlafen, sondern sich vielmehr leise unterhalten. Tatsächlich überraschte es die Kunoichi, dass sie sich derart gut mit dem Kopierninja verstand. Ihre Unterhaltungen wurden mittlerweile immer ungezwungener. Sie hatte ihn über Naruto ausgefragt und auch wenn er sonst kein Mensch der vielen Worte zu sein schien, hatte er ihr einiges erzählen können, denn sie hatte ihm keine Chance gelassen, sich ihren Fragen zu entziehen. So hatte sie einiges über ihren Neffen erfahren. Sie wusste nun, dass er keine einfache Kindheit gehabt hatte und wegen des Kyuubis in ihm sehr schlecht behandelt worden war. Doch er hatte nie aufgegeben und mittlerweile hatte er viele Freunde gefunden. Kakashi hatte davon berichtet, wie er in sein Team gekommen war und wie kompliziert es gewesen war mit den ganzen Streitereien zwischen ihm und Sasuke. Dass Naruto der schlechteste in der Akademie gewesen war, aber mittlerweile zu einem unglaublich starken Ninja herangereift war. Kyoko hatte ihm aufmerksam zugehört und jede Information in sich aufgesogen, sie wollte so viel wie möglich über ihn erfahren.
 

Kakashi war voll und ganz auf die Mission fixiert. Er wollte sich keinen Fehler leisten, der das Team in Gefahr brachte und so betrachtete er aufmerksam die Umgebung und versuchte fremdes Chakra zu spüren. Sie waren bereits in der Nähe des Ortes, an dem sich die gesuchten Banditen aufhalten sollten und er wollte sie kommen sehen, für den Fall, dass sie angreifen würden.

Er hatte die letzte Nacht sehr lange mit Kyoko geredet und bei dem Gedanken musste er schmunzeln. Es hatte ihn amüsiert wie begeistert sie ihn über Naruto ausgefragt hatte und jedes Detail über ihn mit strahlenden Augen aufgesogen hatte. Und er hatte ihr gerne alles erzählt, was er wusste, nur um weiterhin das Strahlen in ihren blauen Augen betrachten zu können.

Urplötzlich stoppte er und hob eine Hand, um den anderen zu bedeuten das selbe zu tun. Verdammt, so in Gedanken versunken hatte er nicht gut genug aufgepasst und jetzt spürte er das gegnerische Chakra schon ganz nah bei ihnen.

„Was ist los, Sensei Kakashi?“, wollte der blonde Wirbelwind natürlich sofort wissen, als sie alle hinter ihm zum Stehen gekommen waren. Er hob lediglich einen Finger zu den Lippen und bedeutete ihnen still zu sein. In der Ferne konnte er bereits Geräusche vernehmen. Ein Lachen drang zu seinen Ohren und er konzentrierte sich. Er musste herausfinden wie viele Gegner sie haben würden.

Nachdem er die ganze Gegend abgesucht hatte, hatte er zwölf Chakren aufspüren können. Sein Team war also deutlich in der Unterzahl, eine direkt Konfrontation wäre folglich nicht besonders intelligent. Grübelnd fuhr er sich am Kinn entlang. Sie mussten näher an das Lager heran.

Mit einer kleinen Handbewegung bedeutete er seinem Team ihm lautlos zu folgen und mit einem großen Satz war er schon auf den nächsten Ast gesprungen. Sein Chakra unterdrückte er gekonnt, sodass sie ihn nicht kommen sehen würden. Auf leisen Sohlen bahnte er sich seinen Weg durch das Dickicht und verringerte so den Abstand zwischen sich und den Banditen immer weiter. Ein Rascheln hinter ihm bestätigte, dass sein Team ihm folgte.

Der warme Lichtschimmer eines Lagerfeuers erhellte die Bäume und er verbarg sich im Schatten. So konnte er auf die Lichtung sehen, er selbst war aber völlig unsichtbar. Er betrachtete die Situation unter ihm. Die zwölfköpfige Gruppe hatten sich auf einer Lichtung niedergelassen und dort ein Feuer entzündet. Keiner von ihnen schlief, vielmehr saßen sie um die Wärmequelle herum und aßen aus klobigen Holzschüsseln. Sie unterhielten sich lautstark, schienen jedoch nicht besonders aufmerksam. Sein Blick wanderte weiter, weg von der gegnerischen Gruppe und landete bei einem Karren, der beladen war mit einigen Kisten und Fässern. Irgendwo dort musste sich auch die Schriftrolle befinden, die das Ziel der Mission war, aber erkennen konnte er sie noch nicht. Es wäre sinnvoll zu warten, bis die Männer schlafen gehen würden. Dann konnten sie eventuell heimlich einen Blick auf diesen Karren werfen.

„Kakashi.“ Kyokos leise Stimme direkt neben ihm, ließen ihn kurz zusammenfahren. Er hatte gar nicht darauf geachtet, dass sie so nah bei ihm stand.

„Es sind nur elf.“ Ihrer Anmerkung Folge leistend huschte sein Blick wieder zu der Gruppe und zählte die Köpfe. Sie hatte Recht, es waren nur elf, doch er hatte sicherlich ein zwölftes Chakra spüren können. Und so streckte er seine Fühler wieder aus. Wo war der zwölfte Mann verschwunden?

Und ganz plötzlich spürte er das vermisste Chakra.

„VORSICHT!“, rief er und stieß die überraschte Kunoichi aus dem Weg, als auch schon zischend ein Kunai genau dort landete, wo sie vorher gestanden hatte.

„Verdammt.“, murmelte sie und rappelte sich auf. Kampfbereit.

Er fluchte innerlich und brachte sich ebenfalls in Position. Das war es dann wohl mit seinem gut durchdachten Überraschungsangriff.

Wieder flogen einige Kunais auf sie zu und die Gruppe war gezwungen ihr Versteck im Schatten aufzugeben. Schnell bemerkten auch die Männer unter ihnen, dass sie nicht allein waren und früher als ihm lieb war, erreichten sie sein Team.

Angst

Ein lautes Klirren. Metall schlug an Metall.

Ihr Gesicht verzog sich zu einer wütenden Maske, als der erste Gegner sie erreichte und sie mit einem länglichen Schwert attackierte. Sie hatte den Schlag mit einem Kunai parieren können, hatte jedoch keine Zeit selbst einen Angriff zu starten, da sie direkt von einem weiteren Gegner in Beschlag genommen wurde.

Verdammt! Das war nicht die Lage, in die sie hatten kommen wollen.

Mit einem schnellen Tritt beförderte sie einen der Gegner von sich fort und traf den großen mit dem Schwert mit ihrer Faust hart am Auge, sodass er zurücktorkelte. So bekam sie einen kleinen Moment Zeit und konnte ihre Teammitglieder lokalisieren. Sie sah Kakashi, der bereits zwei der Banditen ausgeschaltet hatte, während Sakura auf seine Anweisung hin den Karren unter die Lupe nahm. Naruto gab ihr Rückendeckung.

Doch sie hatte keine Zeit sich um ihr Team zu kümmern, denn ihre Aufmerksamkeit wurde direkt wieder in Beschlag genommen, als der Mann mit dem seltsamen Schwert wieder vor ihr stand und es auf ihren Kopf niedersausen ließ. Mit einer flüssigen Bewegung zog sie ihre Waffe von ihrem Rücken. Ein Ruck durchfuhr ihren Körper als die Schwertklinge auf den dunklen Stab knallte und sie dadurch fast in die Knie zwang. Verdammt, der Typ war stark.

Schnell zog ihr Gegner sein Schwert zurück und gab Kyoko so unbewusst die Chance ihre Waffe zum Einsatz zu bringen. Routiniert begann sie, sie kreisen zu lassen, sodass die beiden Klingen einen gefährlichen Kreis um sie bildeten. Und dann ging sie auf ihn los. Notdürftig parierte er die Klingen, die sich mittlerweile so schnell bewegten, dass man nicht mehr sagen konnte, wo sie begannen und aufhörten. Dafür mochte sie ihre Waffe. Ließ man ihren Einsatz zu, war es fast unmöglich sie ordentlich abzuwehren.

Mit einem schmatzenden Geräusch durchschnitt sie schließlich die Brust ihres Gegners. Weit riss er seine entsetzten Augen auf und fiel auf die Knie, bevor er letztendlich nach vorne sackte und regungslos liegen blieb. Gut, einer weniger.

Schlagartig wandte sie sich um. Sie hatte nur einen Gegner gehabt, also musste sie davon ausgehen, dass der Rest ihres Teams es wohl mit weitaus mehr Männern zu tun haben musste. Und wirklich. Kakashi setzte sich gleichzeitig gegen vier der Banditen zur Wehr während Naruto es sogar mit fünf von ihnen aufnehmen musste, um Sakura zu schützen. Sie wollte ihm zur Hilfe eilen, als einer von Narutos Gegnern sie zu bemerken schien und sich zwischen sie stellte. Ein knurrender Laut wich über ihre Lippen. Er würde sie sicherlich nicht davon abhalten ihren Neffen zu beschützen. Kurz betrachtete sie ihn. Er machte keine Anstalten sich ihr zu näheren und sie anzugreifen und so war sie es, die den ersten Schritt machte. Mit einem Aufschrei ließ sie ein Ende ihrer Waffe auf ihn niedersausen und viel eher als sie gedacht hatte, drang die Klinge in Fleisch. Ihr Gegner hatte gar nicht versucht aufzuweichen. Überrascht spürte sie das warme Blut, dass ihr entgegen spritzte und ihre schimmernde Metallschoner rot färbte. Sie hasste den Geruch von Blut.

Aber plötzlich änderte sich die Situation. Die Kampfgeräusche wurden leiser bis sie schließlich komplett verschwunden waren und als sie den Blick hob, war sie alleine auf der Lichtung. Verwirrt hob sie eine Augenbraue. Was war das? Mit einem Zischen löste sich der Bandit vor ihr auf, in dem noch immer ihre Waffe steckte und überrascht über den verschwundenen Widerstand stolperte sie nach vorne. Was passierte hier?

Verwirrt schnallte sie sich ihre Waffe auf den Rücken und sah sich um. All diese Leute konnten doch nicht einfach so verschwinden. Sie zog ein Kunai hervor. Ihre Waffe war zwar nützlich gegen Schwerter und dergleichen, aber da sie nicht wusste, was jetzt auf sie zukommen würde, verließ sie sich lieber auf ihre bevorzugte Kampfart.

Suchend sah sie sich um. Sie war ohne Frage auf der gleichen Lichtung. Sie sah den Wagen und selbst das Feuer prasselte in ihrem Rücken, aber die plötzliche Stille war einfach nicht richtig.

Ein plötzliches Flackern in ihrem Rücken ließ sie herumfahren. Das eben noch so gemütliche Lagerfeuer hatte seine Form verändert, war in die Höhe geschossen und bildete nun einen gewaltigen Löwen. Er öffnete sein Maul und stürzte sich mit rasender Geschwindigkeit auf die Kunoichi hinab, die es gerade noch so schaffte mit einem Satz aus dem Weg zu zu springen. Das war doch unmöglich.

Und da viel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie fluchte. Sie war so dämlich. Ein Genjutsu, natürlich.

Abermals musste sie dem flammenden Löwen ausweichen, der ruckartig die Richtung geändert hatte, als seine Feuerzungen sie nicht erreicht hatten.

Sie war gefangen.

Mit einem schnellen Salto entging sie dem Angriff ein weiteres Mal und der Löwe preschte unter ihr hindurch und lediglich seine Hitze berührte ihre Beine.

Sie war dem Jutsu komplett ausgeliefert, sie konnte es nicht auflösen.

Kyoko machte sich gerade darauf gefasst einem weiteren Angriff auszuweichen, als der Löwe sich plötzlich in Luft auflöste. Hektisch sah sie sich um, was geschah jetzt?

„Kyoko Namikaze.“

Sie erstarrte. Die Stimme war kaum mehr als ein Zischen gewesen. Wie eine Schlange.

Sie wagte es nicht sich umzudrehen. Das war nicht möglich. Er konnte nicht hier sein. Es war nur ein Genjutsu.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich panisch und sie hatte das Gefühl es würde ihr aus der Brust springen wollen. Schweiß trat auf ihre Stirn ohne dass sie sich dafür regen musste. Ihr Atem war hektisch.

Alles nur nicht er.

„Es freut mich dich wieder zu sehen.“

Nein. Er war tot. Das war lediglich eine Illusion.

Immer wieder wiederholte sie sich. Nur eine Illusion. Nur eine Illusion...

Ein Zittern breitete sich langsam in ihrem Körper aus.

Nur eine Illusion.

Angespannt biss sie sich auf die Lippe, als das Zittern ihre Schultern erreichte. Ihr ganzer Körper bebte nun.

Nur eine Illusion!

Langsam, wie in Zeitlupe drehte sie sich um.

Nur eine Illusion. Nur eine Illusion.

Scharf sog sie die Luft ein und panisch weiteten sich ihre Augen, als sie ihn sah. Seine gelben schlangenartigen Augen fixierten sie und ein gemeines Lächeln stahl sich auf seine dünnen Lippen, als er ihre Angst sah.

Nur eine Illusion.

Kyoko verlor die Kontrolle über ihren Körper, als der San-Nin sich bewegte. Er machte einen langsamen Schritt zu ihr und schien ihre Panik zu genießen. Sie stolperte rückwärts. Mit dem Fuß blieb sie an einem Ast hängen und fiel. Unbewusst streckte sie ihre Hände aus, um sich abzufangen. Sie konnte den Blick nicht von ihrem ehemaligen Meister abwenden.

„Du bist beklagenswert, kleine Kyoko. Ich habe dir Kraft gegeben und doch sitzt du jetzt hier vor mir.“

Er kam immer näher. Hektisch rutschte sie zurück, doch ihre Glieder bekamen keinen Halt auf dem Boden. Noch immer sah sie zu ihm auf.

Nur eine Illusion.

„Du bist ein niemand. Nicht einmal mit meiner Kraft, bist du ein wahrer Shinobi.“

Sie versuchte weiter zurück zu krabbeln, doch ihr Fuß sackte ein. Wie? Endlich schaffte sie es den Blick von Orochimaru abzuwenden und sah hinunter. Das Gras war verschwunden, an seiner Stelle war ein komischer roter Schleim getreten, der sich fest um Kyokos Knöchel und Handgelenke gelegt hatte. Sie zerrte daran, doch er hatte sie fest im Griff. Sie konnte nicht mehr zurückweichen.

Noch immer spürte sie ihr Herz in der Brust. Es hatte nie so doll geschlagen wie jetzt. Sie wagte es nicht den Blick anzuheben. Wenn sie es tun würde, wäre er direkt vor ihr, da war sie sich sicher. Es war nun egal, ob er nur eine Illusion war oder nicht. Wenn er sie hier töten würde, dann war es endgültig vorbei.

„Sieh mich an!“

Automatisch folgte sie seinem Befehl, so wie sie es immer getan hatte.

Sie hätte nur die Hand ausstrecken müssen, um ihn zu berühren so nah stand er bereits vor ihr. Sie konnte fast seinen kalten Atem auf ihrer erhitzten Haut fühlen und eine unangenehme Gänsehaut breitete sich darauf aus.

Würde sie nun sterben?

„Du bist eine Enttäuschung! Du verdienst nichts anderes als den Tod.“

Er hielt ein Schwert in der Hand. Die Klinge war lang und schmal und blitzte gefährlich. Woher kam es? Hatte er es schon die ganze Zeit dabei gehabt? Egal.

Er hob es an.

„Ich hätte dich sofort töten sollen. Du warst nie würdig eines meiner Experimente zu sein.“

Wie hypnotisiert folgten ihre Augen dem kalten Metall. So würde es also zuende gehen. Sie hatte Angst. Furchtbare Angst, die ihr die Luft zum Atmen nahm. Es durfte noch nicht zuende sein. Nicht so. Nicht durch seine Hand. Nicht nachdem sie endlich zuhause war.

Ein grausames Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit und ohne ein weiteres Wort, ließ er das Schwert auf sie hinab schießen.

Ein stechender Schmerz durchfuhr ihre Schulter. Ein Keuchen entwich ihren Lippen, als sich der Schmerz schlagartig in ihrem gesamten Körper ausbreitete. Es war als stünde sie in Flammen. Reflexartig biss sie sich auf die Unterlippe, um einen weiteren Laut zu unterdrücken. Schnell schmeckte sie Blut. Sie hasste den Geschmack von Blut. Zäh und warm breitete sich eben jenes auch an ihrem Körper aus. Nur aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich ihr Arm rot färbte und nur dumpf vernahm sie das leise Tropfen. Plopp. Plopp. Plopp.

Angestrengt kniff sie die Augen zusammen. Schwarze Punkte tanzten vor ihrem Gesicht und verschleierten ihr die Sicht. Die Schmerzen trieben sie beinahe in die Bewusstlosigkeit.

Ein unschöner Windzug zu ihrer linken kündigte weitere Schmerzen an und als sich das scharfe Metall in ihr Fleisch bohrte, konnte sie einen Schrei nicht mehr unterdrücken.

Schwach ließ sie den Kopf hängen. Sie kämpfte nicht mehr gegen ihre Fesseln an. Er hatte sie gebrochen.

Sie spürte wie ihr Herz in ihrer Brust zerreißen wollte. Sie wollte schreien und weinen, doch kein Laut drang mehr über ihre Lippen. Ihr ganzer Körper war erfüllt von Schmerzen. So fühlte sich also sterben an? Ein ergebenes Lächeln schlich sich auf ihre blutigen Lippen. Wenn das ihr Schicksal war.

Sie schloss die Augen. Sie wollte nicht noch mal in die Augen des San-Nin sehen. Er sollte nicht das letzte sein, das sie zu Gesicht bekam.

Sie vernahm ein erneutes Zischen. So endete es also.
 

Doch der Schmerz blieb aus.
 

„Kyoko, Kyoko?“ Eine besorgte Stimme ließ sie die Augen aufreißen. Das war nicht Orochimaru, sondern eine Stimme, die sie nie mehr zu hören geglaubt hatte. Sie sah direkt in Kakashis schwarzes Auge. Er stand vor ihr, hatte sich zu ihr heruntergebeugt und sie aus dem Genjutsu erlöst.

„Bleib still!“, war seine schlichte Anweisung, als er sanft eine Hand auf ihren Rücken legte und sie stützte. Der Schmerz war noch immer allgegenwärtig, sie konnte sich nicht bewegen.
 

Besorgt betrachtete Kakashi Kyokos Verletzungen. Zwei tiefe Schnitte in ihren Schultern, die sogar den Blick auf ihre Knochen freilegten. Er zog scharf die Luft ein. Das sah schmerzhaft aus. Seine Hand, die noch immer auf ihrem Rücken lag, hatte sich bereits blutrot gefärbt. Sie war komplett von dem roten Nass umhüllt.

„Sakura wird sich gleich um dich kümmern.“, sagte er mit sanfter Stimme in der Hoffnung es würde sie beruhigen, doch sie schien ihn kaum zu hören. Panisch starrte sie in die Luft, schien etwas zu sehen, das überhaupt nicht da war. Er fuhr sich mit der freien Hand durch sein Haar. Was hatte sie nur gesehen?
 

Er war zu spät gewesen, um sie vor den Schmerzen zu bewahren. Untätig hatte er dabei zusehen müssen, wie einer der Männer sie mit seinem Schwert traf. Er war davon ausgegangen, dass sie sich wehren würde. Viel zu spät hatte er realisiert, dass sie in einem Genjutsu gefangen war. Ihr Schwachpunkt.
 

Naruto und er hatten es geschafft alle der Banditen zu besiegen. Er hatte sich einen tiefen Schnitt in seinem Oberschenkel zugezogen und einige unangenehme Kratzer am Rücken, doch es war nichts lebensbedrohliches. Auch Naruto war nicht unbeschadet aus dem Kampf davon gekommen, allerdings war Sakura bereits dabei seine Wunden zu heilen, bevor sie zu ihnen kommen würde.

Noch immer sah er in Kyokos schmerzverzerrtes, panisches Gesicht und beobachtete sie dabei, wie sie versuchte ihren Atem zu normalisieren.

„Ich habe Ororchimaru gesehen.“ Es war kaum mehr als ein Hauchen, das über ihre aufgeplatzten Lippen kam, als sie den Blick zu ihm hob. Er sah die Angst darin. Sie war fast greifbar. Ihre Lippe zitterte.

„Es war ein Genjutsu, er ist tot, du bist in Sicherheit.“, versuchte er die junge Frau zu beruhigen, deren Augenbrauen sich über ihren Augen zusammenzogen.

„Ich hatte solche Angst.“ Wieder war ihre Stimme kaum zu vernehmen und ihre Augenbrauen zogen sich falls möglich noch weiter zusammen. Aus Angst wurde Wut.

„Was bin ich für eine Idiotin. Wenn ihr nicht gewesen wärt...“ Sie beendete den Satz nicht, schluckte lediglich schwer, doch er verstand. Sie durfte sich nicht so aus der Fassung bringen lassen, es war gefährlich. Beiläufig kaute sie auf ihrer Lippe herum, die bereits ganz aufgerissen war und schien nachzudenken. Er war froh, dass ihr nichts passiert war. Er hätte es nicht verkraftet schon wieder jemanden zu verlieren. Sie war die letzte Person, die ihm noch blieb. Und beinahe hätte er versagt. Er hatte es schon vor seinen Augen gesehen, wie das Leben aus ihren Augen erlosch und er hatte Minatos Blick auf sich gespürt. Er musste auf sie aufpassen. Für ihn. Und für Naruto.

„Kakashi, es tut mir Leid, es wird nicht wieder vorkommen.“ Und ihr Blick war ernst. Derartig ernst, dass er ihr glaubte. Es würde nicht wieder vorkommen.

Tage später

„Was bin ich eigentlich für eine verdammte Idiotin?“ Sie schnaufte, bevor sie sich ein großes Stück gegrilltes Hähnchen in den Mund schob und mit wütender Miene und aggressiver als nötig darauf herum kaute. Sie war gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden und war direkt vor dem Eingang auf Baku gestoßen, der sie dann dazu überredet hatte mit ihm essen zu gehen. Sie hatte aufgrund ihrer schlechten Laune eigentlich erst verneinen wollen, doch ein lautes Knurren seitens ihres Bauches war ihrem ehemaligen Teamkollegen Antwort genug gewesen.

„Da trainiert man schon jahrelang und wenn man sich dann einmal auf seine Fähigkeiten verlassen können sollte, ist man auf einmal vor Angst erstarrt. Lächerlich!“ Wütend griff sie nach ihrem Glas und zuckte zusammen. Ihre Schultern taten noch immer höllisch weh, doch sie weigerte sich irgendwelche Schmerzmittel dagegen zu nehmen. Man konnte es als dumm erachten, für sie war es aber lediglich eine Strafe für ihr Versagen. Die Schmerzen sollten sie noch eine Weile daran erinnern, dass ihr Verhalten nicht annehmbar war.

„Jetzt mal im ernst, Kyoko. Das hätte jedem passieren können. Klar, es war nicht unbedingt hilfreich, aber absolut nachvollziehbar.“, sagte Baku, der ihr die ganze Zeit schweigend zugehört hatte, obwohl das eigentlich gar nicht seine Art war. Er hatte wohl gemerkt, dass sie ihrem Ärger unbedingt Luft machen musste.

„Es ist gerade nicht nachvollziehbar. Ich hasse diesen Mann mehr als alles andere auf der Welt und dann breche ich bei seinem Anblick fast in Tränen aus. Das ist ja mal mehr als peinlich.“, schimpfte sie weiter und stocherte in ihrem Essen herum. Auf ihrem Teller sah es bereits aus wie auf einem Schlachtfeld.

„Vielleicht ein bisschen peinlich.“ Er zuckte mit den Schultern und ihre Augen weiteten sich, bevor sich ihre Miene weiter verdüsterte.

„Na danke auch.“, knurrte sie: „Was sollen Kakashi und Naruto denn jetzt von mir denken?“ Sie seufzte und Bakus Augenbrauen schossen in die Höhe, während sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete.

„Die beiden haben es dir also angetan?“

Schlagartig wurde sie knallrot und senkte schnell den Blick auf ihr Essen.

„So ist das nicht.“, nuschelte sie kaum vernehmlich und entlockte ihm so ein lautes Lachen.

„Wie ist es denn dann?“ Unter dem neugierigen Blick Bakus pustete sie sich eine widerspenstige braune Strähne aus dem Gesicht. Egal was sie sagen würde, Baku würde es sicherlich aus Prinzip falsch verstehen.

„Geht dich gar nichts an.“, erwiderte sie deswegen nur und aß schnell weiter, um nicht noch weitere Fragen beantworten zu müssen. Er lachte abermals, schien sich aber für's erste zufrieden zu geben. Dass das letzte Worte hier wohl noch nicht gesprochen war, war ihr bereits klar.

„Baku, kannst du mir eigentlich ein bisschen was erzählen über die Zeit, die ich nicht hier war?“, wandte sie sich wieder an ihn, als ihr Kopf wieder seine ursprüngliche Farbe angenommen hatte: „Ich würde so gern wissen, was ich alles verpasst habe. Wie bist du zum Beispiel Anbu geworden? Was ist mit den ganzen anderen aus unserem Jahrgang geschehen?“ Sie lächelte ihn an und nach einem kurzen Moment der Überraschung erwiderte er ihr Lächeln und begann zu erzählen. Erzählte wie er ganz unerwartet zu einem Jo-Nin ernannt wurde und dann eine Mission so vorbildlich gemeistert hatte, dass er zu einem Anbu befördert wurde. Er berichtete ihr davon, wie er das Mädchen, das er schon in der Akademie toll gefunden hatte zu einem Date eingeladen hat, aber schnell feststellen musste, dass sie nicht die Richtige für ihn war. Dass er dann eine andere tolle Frau getroffen hatte, mit der er noch immer ausging und bei der er ein gutes Gefühl hatte. Doch er erzählte auch von den weniger schönen Dingen. Dem Angriff des Kyubis, bei dem auch sein alter Vater umgekommen war und dem Tod einiger Klassenkameraden, die nicht mehr von ihrem Missionen zurückgekehrt waren.

Kyoko lauschte aufmerksam. Sie war froh, dass sie jemanden hatte finden können, der ihr von dem Vergangenen erzählen konnte, ohne von Schmerz und Trauer erfüllt zu werden.

Und irgendwann erzählte Baku auch von Kakashi. Wie er einen Verlust nach dem anderen erleben musste und sich immer weiter hinter einer Maske aus Kälte und Gefühllosigkeit versteckte. Und wie er schließlich sogar eine richtige Maske bei den Anbus bekam, denen er eine Weile sein ganzes Leben widmete und sich so in der ganzen Welt den Ruf des berüchtigten Kopierninjas erarbeitete.

„Ich bekomme langsam wirklich das Gefühl, du möchtest mich gerne verkuppeln.“, lachte sie nachdem Baku mit seinen besonders ausführlichen Erzählungen über Kakashi geendet hatte und er zuckte grinsend die Schultern.

„Ich kann es einfach nicht ertragen dich so alleine zu sehen.“ Kichernd schob Kyoko den leeren Teller von sich und betrachtete ihn gut gelaunt.

„So einsam bin ich ja nun auch nicht.“, erwiderte sie: „Außerdem hatte ich bis jetzt nicht das Gefühl, dass du Kakashi besonders gern hast.“ Er zog nur abermals beiläufig die Schultern in die Höhe.

„Er ist ein Idiot, aber du würdest ihm schon ordentlich Feuer unter'm Hintern machen.“ Er zwinkerte ihr zu und entlockte ihr ein weiteres herzliches Lachen.

„So denkst du also von mir?!“

„Ich habe dein Temperament noch gut in Erinnerung, Kleine.“
 

Sie verstand sich einfach gut mit Baku. Er behandelte sie, als wäre sie niemals weg gewesen und es tat unglaublich gut sich mit ihm zu unterhalten. Er führte sie herum und sorgte dafür, dass sie alle Menschen wiedertreffen konnte, die sie damals zurückgelassen hatte. Und er tat all dies gut gelaunt und machte es so für die junge Kunoichi sehr viel leichter.

Die nächsten Tage trainierte er auch mit ihr. Er war dafür bekannt gut mit Genjutsus umgehen zu können und war folglich der beste Gegner, den sie hätte finden können. Dass sie beide nicht auf Mission geschickt wurden, passte ihnen somit ganz gut.

Auch mit Naruto versuchte sie so viel Zeit wie möglich zu verbringen. Sie lud ihn zur Nudelsuppe ein und zeigte ihm ihr Haus, in dem er hätte auswachsen sollen, natürlich ohne ihm den Grund zu verraten. Sie hatte es nicht geschafft sich mit Tsunade auseinander zu setzen, die momentan gar keine Zeit hatte. Es schien immer gefährlicher und unsicherer draußen zu werden und sie hatte alle Hände voll zu tun. Sie hatte Kyoko auch nicht auf das angesprochen, was auf der Mission passiert war und so ging die Kunoichi davon aus, dass Kakashi diesen Punkt in seinem Bericht wohl ausgelassen hatte. Und sie war ihm sehr dankbar dafür, dass er es für sich behalten hatte. Sie hatte ihr Ninja-Stirnband gerade erst erhalten und sie wollte es gerne noch eine Weile behalten.

Auch mit Kakashi verstand sie sich immer besser, was sie ungemein erstaunte. Dass gerade sie und der Kopierninja irgendwann einmal Freunde werden würden, hätte sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen könne. Aber irgendwie funktionierte es. Es war wohl größtenteils Narutos Schuld, der sie immer wieder mit zum Training schleppte und Kakashi dort keine Möglichkeit hatte ihr auszuweichen. Und ihr war es ganz lieb so.
 

Lange Zeit verhielt es sich ruhig. Es wurde kälter und dunkler draußen und der Herbst zog ein in ganz Konoha. Es würde nur noch wenige Tage dauern, bis ein großes Stadtfest stattfinden sollte und als Kyoko durch die Gassen von Konoha schlenderte, konnte sie bereits die Buden sehen, die aufgebaut wurden. Sie freute sich auf das Fest. Früher hatte sie es immer mit ihrem Bruder besucht und sie erinnerte sich daran, als wäre es erst gestern gewesen. Hektisch war sie zwischen den Buden hin und her gerannt, hatte all die ungewöhnlichen Verkaufsgegenstände angesehen und sich den Bauch vollgeschlagen bis ihr schlecht gewesen war. Minato hatte ihr an diesen Tagen immer alle Wünsche erfüllt, denn er wusste, wie viel ihr solche Festlichkeiten bedeuteten.

Sie sah zur Seite und beobachtete eine ältere Frau, die einige Holzbalken zusammenschraubte und ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Dieses Fest dauerte eine ganze Woche. Es wurde gefeiert, dass der Winter Einzug nehmen würde und in der Vergangenheit diente diese Veranstaltung dazu sich mit Vorräten auszustatten, um die kalte Jahreszeit zu überstehen. Außerdem sollten die ganzen Laternen Licht in die dunklen Tage bringen.

Als plötzlich eine Gestalt zu ihrer linken auftauchte, fuhr sie zusammen. Ein Anbu, männlich und mindestens einen Kopf größer als sie war erschienen und sah sie durch seine löwenähnliche Maske ausdruckslos an.

„Der Hokage möchte dich sehen.“, sagte er monoton und verschwand, sobald sich Kyoko ein leichtes Nicken abgerungen hatte. Fasziniert sah sie an die Stelle, auf der der Mann eben noch gestanden hatte und ein unangenehmes Ziehen breitete sich in ihr aus. Immer wenn sie einen Anbu sah, spürte sie den Neid in sich. Es war immer ihr Traum gewesen eines Tages zu dieser Eliteeinheit zu gehören. Doch im Moment war daran kaum zu denken. Erst einmal musste sie das Vertrauen des Dorfes zurückgewinnen.
 

Schnellen Schrittes machte sie sich auf den Weg zu Tsunade. Sie wusste, dass es keine gute Idee war sie warten zu lassen und somit dauerte es nur Minuten, bis sie die steilen Treppen zum Hokageturm hinaufstieg. Sie wusste genau hinter welcher Tür sich die blonde San-Nin befand und als sie vor der massiven Holztür zum Stehen kam, zögerte sie keinen Moment ihre Hand zu heben und leicht anzuklopfen.

„Herein!“

Mit leichtem Druck öffnete sie die Tür und erblickte sofort die Hokage, die mit tiefen Augenringen hinter dem breiten Schreibtisch saß. Er war komplett gefüllt mit Dokumenten, lediglich eine kleine Fläche vor ihr bot ihr noch einen Platz zum Arbeiten.

Außer ihr befand sich noch ein anderer Mann in dem Zimmer. Sie hatte ihn noch nie gesehen und so betrachtete sie ihn aufmerksam. Er hatte rote, sehr kurze Haare und stechende schwarze Augen. Sie erinnerten sie an die von Kakashi so wie sie früher gewesen waren. Sein durchdringender und ebenso analytischer Blick erschuf eine unangenehme Gänsehaut auf ihrem Körper und ein Zittern durchfuhr sie. Dieser Mann war eindeutig gefährlich, wobei seine sonst eher schlaksige Figur kaum Hinweise darauf gab.

„Ah, Kyoko, schön, dass du so schnell kommen konntest.“ Die Stimme Tsunades war schwach und müde. Sie schien nicht viel Schlaf zu bekommen in der letzten Zeit. „Dann müssen wir ja nur noch auf Kakashi warten.“ Sie seufzte. Da hätte sie sich ja doch nicht so beeilen müssen, Kakashi würde sicherlich nicht in den nächsten 15 Minuten auftauchen.
 

Tatsächlich dauerte es ganze 25 Minuten bis der silberne Haarschopf des Jo-Nin am Fenster erschien. Mit einer beiläufigen Ausrede betrat er den Raum, der bis zu seiner Ankunft in Schweigen gehüllt war, nun jedoch wieder von Regung erfüllt wurde.

„Na endlich.“, begrüßte ihn die verstimmte Tsunade, die mit grimmigen Blick von ihrer Schriftrolle aufsah und den Shinobi mit ihren Augen fast zu töten schien. Tief atmete sie durch und der bösartige Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand.

„Da nun alle versammelt sind, ich habe eine Mission für euch.“, begann sie und fuhr sich durch die Haare: „Es ist eine A-Rang Mission, weswegen ich auch drei Jo-Nin dafür einteile. Ich vertraue euch, dass ihr sie zu meiner kompletten Zufriedenheit erfüllen werdet.“

Sie nickten und Tsunade fuhr fort: „Ihr werdet eine junge Tempeldienerin nach hause begleiten, die aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten eine Weile in Konoha verbracht hat. Bereits bei ihrer Anreise ist es zu Übergriffen gekommen, wir müssen also davon ausgehen, dass ihr auch auf dem Rückweg mit Konfrontationen rechnen müsst. Ihr brecht in drei Tagen bei Sonnenaufgang am Nordtor auf. Bereitet euch ausreichend vor, ihr Leben liegt in euren Händen.“

Wieder nickte das ganze Team und mit einer Handbewegung bedeutete sie ihnen, dass sie nichts weiter zu sagen hatte.

Kyoko freute sich endlich wieder eine anspruchsvolle Mission zugeteilt zu kriegen, bei der sie endlich ihr Können unter Beweis stellen konnte. Tatsächlich hatte sie das Gefühl, dass Tsunade ihr langsam vertraute. Nicht umsonst hatte sie in der letzten Woche einen ganzen Tag damit verbracht ihr alles zu erzählen, was sie über Orochimaru, Akatsuki und all die anderen Nuke-Nins wusste, die sie in ihrer Zeit als Orochimarus Schoßhündchen kennen gelernt hatte.
 

„Kennst du diesen unfreundlichen Rothaarigen, der noch mit im Team ist.“, sprach Kyoko Kakashi an, der neben ihr die Treppen des hohen Turmes wieder hinabstieg.

„Ich habe ihn schon ein- oder zweimal gesehen, aber noch nicht mit ihm zusammengearbeitet.“, erwiderte jener mit einem Schulterzucken und trat aus der Tür. Die Sonne schien ausnahmsweise noch einmal, schaffte es aber nicht die kühle Luft zu erwärmen.

„Ich mag ihn nicht.“, teilte sie schlicht mit und genoss die kühle Brise, die ihre Haare anhob. Dieser komische Mann war ihr von Beginn an unsympathisch gewesen, mit seinen gefühllosen Augen.

„Du musst ihn auch nicht mögen, sondern lediglich mit ihm zusammenarbeiten.“

Lautstark prustete sie die Luft aus.

„Mit Idioten arbeitet es sich schlecht zusammen.“ Ihre Aussage entlockte dem Silberhaarigen ein belustigtes Lachen.

„Du wirst kaum etwas daran ändern können, Tsunade wird schon ihre Gründe gehabt haben ihn in das Team eingeteilt zu haben.“ Genervt davon, mit einem unfreundlichen Fremden die nächste Zeit verbringen zu müssen, verschränkte sie die Arme hinter dem Kopf. „Was sie sich dabei gedacht hat, erschließt sich mir aber noch nicht.“

Schweigend betrachtete die beiden Shinobi die Aufbauarbeiten des Festes. Sie hatten Glück. Morgen würde es beginnen und da sie erst in drei Tagen auf ihre Reise aufbrechen würden, hatten sie die Chance es noch zu besuchen.
 

Kakashi betrachtete Kyoko unauffällig von der Seite. Ihr schien die Wahl ihres Teamkameraden wirklich nicht zu gefallen und zugegeben hatte auch er den jungen Mann nicht besonders sympathisch gefunden. Es störte ihn zwar nicht so sehr wie die Namikaze, aber er würde auch auf ihn verzichten können.

„Sag mal, Kakashi, gehst du eigentlich auf das Stadtfest?“, vernahm er irgendwann ihre angenehme Stimme und sah sie fröhlich, mit strahlenden Augen zu ihm aufblicken. Überrascht über die Frage und ihren plötzlichen Sinneswandel stockte er einen Moment bevor er ihr ein schlichtes „Nein.“ antwortete. Er war wirklich lange nicht mehr auf so einem Fest gewesen. Die Erinnerungen waren einfach immer zu schmerzhaft gewesen. Das letzte Mal, das er einen Fuß auf so ein Fest gesetzt hatte, war mit seinem alten Team gewesen und er sah sie noch heute jedes Mal. Obito, wie er sich stapelweise Essen in den Mund stopfte, Rin, wie sie begeistert die feinen Steinketten betrachtete und Minato, wie er einfach nur zufrieden auf die Chaotentruppe hinabblickte.

Einen kurzen Moment schloss er schmerzerfüllt sein Auge. Selbst jetzt tat es bereits weh.

„Wieso nicht?“ Neugierig beobachtete die Brünette den Kopierninja und versuchte aus seinem Gesicht zu lesen, was ihn beschäftigte. Ihm war aufgefallen, dass sie ihn nur noch selten mit Fragen zu der Vergangenheit löcherte. Sie schien bemerkt zu haben, dass es ihm nicht leicht fiel darüber zu reden und so beließ sie es dabei ihn lediglich von Zeit zu Zeit an ein paar kleinen Erinnerungsfetzen teilhaben zu lassen. Und so fühlte es sich nicht schlecht an. Sie gab ihm die Zeit sich an die Situation zu gewöhnen, auch wenn er ihr immer wieder anmerkte, dass sie gerne weiter nachfragen wollte. Und auch die Erinnerungsbruchstücke, die sie mit ihm teilte, fühlten sich im Gegensatz zu seiner Erwartung nicht schlecht an. Schon damals, als er sie in ihre Wohnung begleitet hatte, hatte er bemerkt, dass es ihm sogar gut tat sich an einige positive Dinge zu erinnern.

„Ich kann nicht.“ Es war eine ehrliche, wenn auch nicht besonders ausführliche Antwort und er konnte genau sehen, wie Kyoko darüber nachdachte. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, sicherlich würde sie noch einmal nachhaken.

„Das ist doch dumm.“, sagte sie schließlich und seine Augenbraue schoss belustigt in die Höhe: „Natürlich kannst du, du traust dich nur nicht.“ Sein Mund öffnete sich überrascht als er ihre Worte auf sich wirken ließ. Er traute sich nicht? Vielleicht hatte sie tatsächlich recht, doch das änderte nichts für ihn.

„So oder so werde ich nicht hingehen. Ich muss mich auch noch auf die Mission vorbereiten, für dieses Stadtfest habe ich also keine Zeit.“, erklärte er ihr schulterzuckend und versuchte etwas aus ihrem grübelnden Gesicht zu lesen. Sie schien angestrengt nachzudenken und als sich plötzlich ein breites, hinterhältiges Grinsen auf ihr Gesicht schlich, bekam der sonst so selbstsichere Jo-Nin es doch ein wenig mit der Angst zu tun.
 

Kyoko Namikaze, was um Himmels Willen hast du nur vor.

Willkommen Winter

Schnee. Still und leise fiel er vom dunklen Nachthimmel und hüllte ganz Konoha in einen weißen Mantel. Unschuldig bedeckte er die staubigen Straßen und änderte die Stimmung aller Dorfbewohner. Den ganzen Tag hatte Kakashi das laute Kinderlachen hören können und viel zu lange hatte er an seinem Fenster gestanden und ihnen zugesehen, wie sie eine Schneeballschlacht gemacht und einen Schneemann gebaut hatten. Er hatte so etwas nie getan. Erst war er zu jung gewesen und dann plötzlich hatte er erwachsen werden müssen.

Wehmütig blickte er durch die vereiste Scheibe und betrachtete noch immer den Schneemann in seiner Straße, bis er sich endlich davon abwenden konnte. Er streckte sich mit knackenden Knochen und gähnte. Er sollte nicht den ganzen Tag aus dem Fenster starren, tadelte er sich und setzte sich auf seine Couch. Drei Hefter lagen vor ihm, die er noch vor der morgigen Mission lesen musste. Es waren die Ordner über seine Teammitglieder und die Tempeldienerin und er musste sich dringend noch damit auseinandersetzen bevor er die Verantwortung übernehmen und eine Strategie entwickeln konnte. Der Erfolg der Mission konnte davon abhängen, wie sehr er seine Kameraden kannte.

Er griff nach seiner Teetasse und tat einen großen Schluck. Er war schon recht kalt geworden, folglich hatte er wohl noch länger aus dem Fenster gestarrt als er gedacht hatte. Tief atmete er durch und nahm sich dann die erste Mappe. Es war die des rothaarigen Mannes. Ryo war sein Name und wenn er seine Statistik so überflog, konnte er feststellen, dass er durchweg nur erfolgreiche Missionen vorweisen konnte. Er beherrschte sogar eine medizinischen Jutsus und war sonst überwiegend auf den Fernkampf spezialisiert.

„Hm.“ Er passte zu Kyoko und ihm, da sie beide eher Offensivkämpfer waren und er ihnen so ein wenig Rückendeckung gab. Tsunade schien sich wirklich Gedanken gemacht zu haben.

Weiter überflog er die vergilbten Seiten und griff dann nach der nächsten Mappe. Es war die von Kyoko, die er lediglich überflog, da er selbst den Bericht über ihre Fähigkeiten geschrieben hatte und ihn somit kannte. Schließlich hatte er sie sogar selbst überprüft.

Einen Seufzen entwich seinen Lippen und er lehnte sich zurück. Jetzt, wo er die Mappe in der Hand gehabt hatte, musste er wieder an ihren verschmitzten Gesichtsausdruck von gestern denken. Er hatte nichts aus ihr herausbekommen können und sich ehrlich gesagt die ganze Nacht den Kopf darüber zerbrochen, was sie im Schilde führen könnte. Doch er hatte sie den ganzen Tag noch nicht zu Gesicht bekommen und nun war es mittlerweile zu spät, sie würde wahrscheinlich schon auf dem Stadtfest sein. Insgeheim war er ein wenig enttäuscht, dass er ihre Pläne nicht hatte erraten können, denn normalerweise war sie unglaublich schnell zu durchschauen. Ihre Augen verrieten ihre Gefühle, egal wie sehr sie versuchte es zu unterdrücken. Und dann noch die Tatsache, dass sie immer rot wurde, sobald sie peinlich berührt war und zuletzt schließlich einfach der Punkt, dass sie meistens verletzend ehrlich war. Um den heißen Brei herumzureden hatte noch nie ihrem Charakter entsprochen und auch wenn nicht jeder gut damit umgehen konnte, so war es doch eine Eigenschaft, die ihm an ihr gefiel. Es sparte Zeit sich mit jemandem zu unterhalten und nicht die ganze Zeit darüber nachzudenken, ob er log oder nicht.

Ein lautes, lang anhaltendes Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und misstrauisch schoss seine Augenbraue in die Höhe. Er trug zum Glück noch seine Alltagskleidung und war noch nicht in etwas gemütlicheres geschlüpft, wie er eigentlich vorgehabt hatte. Langsam und mit aller Ruhe erhob er sich und schlurfte zur Haustür. Wenn man ihn schon so spät störten, durfte man auch ruhig eine Weile an der Tür warten. Er hatte keinen Besuch erwartet und musste mit einem Blick feststellen, dass er auch gar nicht darauf vorbereitet war. Seine Wohnung war wieder unglaublich unordentlich, da er die letzte Zeit einfach keine Möglichkeit gefunden hatte aufzuräumen, denn nach dem täglichen Training und den Missionen war er immer zu erschöpft gewesen, um noch seine Wohnung zu reinigen.

Vorsichtig, sorgsam darauf bedacht mit seinem Körper möglichst viel seiner Wohnung zu verdecken, öffnete er die Tür und blickte in ein paar strahlende blaue Augen.

„Guten Abend, Kakashi.“, begrüßte ihn Kyoko und ein Grinsen breitete sich auf ihrem zuvor noch unsicheren Gesicht aus. Misstrauisch blickte der Kopierninja auf sie hinab und wurde das Gefühl nicht los, dass er nun erfahren würde, was ihr gestern das hinterhältige Grinsen entlockt hatte.

„Hallo Kyoko.“, begrüßte er sie vorsichtig und es entstand eine kurze Pause, in der er sie lediglich betrachtete. Sie trug eine dunkelblaue Mütze auf ihrem Kopf und zahlreiche kleine Schneekristalle hatten sich in ihren Haaren verfangen. Ihre Gesicht war von Kälte errötet, denn der dicke Schal, bedeckte nur einen kleinen Teil ihrer Haut. Aber sie strahlte, obwohl sie unter ihrem nicht ansatzweise warmen Kimono unglaublich frieren musste. Sofort regte sich ein kleines Fünkchen Mitleid in ihm. Er hatte die Kälte noch nie gemocht.

„Was machst du?“, fragte sie dann und er dachte kurz nach, bevor er seine Stimme erhob: „Ich bereite mich auf die Mission vor.“ Nachdenklich wandte sie kurz den Blick ab und rückte ihre Mütze zurecht. Kakashi wurde einfach nicht schlau aus ihrem Verhalten.
 

Sie hatte das Ganze für eine gute Idee gehalten, war selbstsicher und mutig zu Kakashis Wohnung spaziert und hatte nicht damit gerechnet, dass ihr jetzt doch die Worte fehlten. Sie hatte es für eine Ausrede gehalten, dass Kakashi sich wirklich abends auf die Mission vorbereiten würde und somit war sie von seinen ehrlichen Worten mehr als überrascht. Abbrechen wollte sie ihre Aktion aber trotzdem nicht. Sie wollte mit Kakashi zum Stadtfest, denn sie hatte das Gefühl, dass keiner von beiden alleine gehen konnte. Und sie wollte wirklich unbedingt zum Stadtfest und so würde Kakashi wohl oder übel mitkommen müssen.

„Ich wollte dich abholen. Zum Stadtfest.“, brachte sie es also direkt auf den Punkt und Kakashis erschrecktes Gesicht entlockte ihr ein fröhliches Lachen. Sie hatte fest damit gerechnet, dass er etwas geahnt hatte, nachdem er sie den vorherigen Tag schon ausgefragt hatte, aber offensichtlich war er komplett ahnungslos.

„Ich habe dir doch gestern bereits erzählt, dass ich nie zum Stadtfest gehe.“ Kyoko hatte bereits damit gerechnet, dass er etwas in diese Richtung erwidern würde und so schüttelte sie nur den Kopf und ergriff sein Handgelenk. Er war so überrascht, dass er sich nicht einmal wehrte.

„Und ich hab dir gesagt, dass das dumm ist und du deine besten Tage auch schon hinter dir hast und deswegen dringend mal vor die Tür musst.“ Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt den letzten Teil laut auszuplaudern, doch ihr Mund hatte nicht selten die Angewohnheit schneller zu sein als ihr Kopf und so blieb ihr nichts anderes als Kakashi zu beobachten, wie sich seine Miene von überrascht zu verwirrt und irgendwann zu belustigt wandelte. Er lachte leise.

„Meine besten Tage sind also vorbei?“, wollte er grinsend wissen und griff ohne sich umzudrehen nach einem dicken Umhang hinter sich.

„Na ja.“, versuchte sie sich mit hochrotem Kopf herauszureden: „Du wirst nun mal auch nicht jünger.“ Dass sie fand, dass er eigentlich gerade erst seine besten Jahre erreicht und noch immer unverschämt gut aussah, verschwieg sie gewissenhaft.
 

Gemeinsam schlenderten sie die verschneiten Straßen in die Stadtmitte entlang. Kyoko genoss die Kälte und den Wind, der ihr kontinuierlich kleine Schneeflocken in das Gesicht wehte. Ihr war nicht kalt, zumindest nicht zu kalt, es war angenehm.

Es war alles einfacher gewesen als sie zuvor erwartet hatten und dass Kakashi ohne übermäßig viele Widerworte mitgekommen war, hatte sie gefreut. Ihr Plan war aufgegangen und die gute Laune konnte ihr heute niemand mehr nehmen. Und auch Kakashi schien gut gelaunt, zumindest war er nicht schlecht gelaunt, wenn sie ihn so ansah. Aber seine Miene war immer schwer zu lesen. Wahrscheinlich lag es daran, dass er sein halbes Gesicht verdeckte, aber bis auf Itachi hatte sie nie einen Menschen getroffen, der seine Regungen besser unter Kontrolle hatte. Bei dem Gedanken an Itachi wurde die Kette um ihren Hals schwer. Sie hatte bereits versucht zu recherchieren, wo die Leiche verschwunden war, wusste aber nicht, wo sie ansetzen sollte und wollte ebenso wenig das Vertrauen des Dorfes verlieren. So musste Itachi noch ein bisschen warten. Vielleicht bis man Sasuke gefunden hatte, das wäre wahrscheinlich leichter.

„Ist dir gar nicht kalt?“, durchbrach Kakashi die Stille und Kyoko bemerkte den misstrauischen Blick, den er zu ihrem Kimono warf. Sie zuckte mit den Schultern.

„Nein.“, antwortete sie ihm: „Ich mag die Kälte sehr gern.“

„Hm, mir ist der Sommer lieber.“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. Sie hatte Kakashi nicht unbedingt für einen typischen Sommermenschen gehalten.

„Aber Kakashi, der Sommer ist warm und man kann gar nichts machen vor Hitze.“, entgegnete sich ihm und fuhr mit der Hand einen verschneiten Zaun entlang, sodass der Schnee auf die Erde rieselte.

„Und im Winter kannst du so viel machen. Lange Spaziergänge, vor dem Feuer entspannen und natürlich Schneeballschlachten und Schneemänner bauen.“, zählte sie mit erhobenem Finger auf und drückte ohne es wahrzunehmen den Schnee in ihrer Hand zusammen. Wie konnte man keinen Schnee mögen?

„Ich habe noch nie eine Schneeballschlacht gemacht, noch habe ich jemals einen Schneemann gebaut.“ Ruckartig hielt Kyoko in ihrer Bewegung inne und sah zu dem Silberhaarigen auf, der gedankenversunken in die Ferne starrte. Sie konnte sie kaum vorstellen, dass sie richtig gehört hatte.

„Wie bitte?“, brach es auch schon entsetzt über ihre Lippen, bevor sie weiter darüber nachdenken konnte. Bei ihr war es zwar auch schon eine Weile her, aber noch nie eine Schneeballschlacht gemacht zu haben, war kaum denkbar und irgendwie... traurig. War ja klar, dass er den Winter nicht mochte, wenn er seine Vorzüge nicht kannte.
 

„Ich war immer viel zu sehr mit Trainieren beschäftigt. Im Schnee zu spielen war mir immer zu banal und zeitraubend. Außerdem...“ Jäh wurde er in seinen Erzählungen unterbrochen, als ihn etwas Kaltes an seinem Kopf traf. Automatisch spannten sich seine Muskeln an und seine Hand schoss zu seinem Gesicht und tastete die getroffene Stelle ab. War er verletzt? Doch er spürte nichts, fühlte lediglich das kalte Wasser, das an seiner Wange hinablief. Entsetzt sah er zu Kyoko und als eben jene plötzlich in schallendes Gelächter ausbrach, verstand er. Ein Lächeln schlich sich unter seine Maske. Die Namikaze hatte ihm wirklich einen Schneeball an den Kopf geworfen. Mit einer schnellen Bewegung schnappte er sich ein wenig Schnee von dem Zaun neben ihm, drückte ihn zusammen und warf ihn auf das Gesicht der Braunhaarigen. Überrascht erstarb ihr lachen, als er sie genau zwischen den Augen traf und das kalte Nass von ihrer Nase tropfte. Auch Kakashi stockte. Hatte er es zu weit getrieben? Doch als Kyoko wieder in ihr lautstarkes, herzliches Gelächter ausbrach, verschwand dieser Gedanke und auch er lachte. Vielleicht würde er den Winter in Zukunft doch mal eine Chance geben.

„Sensei Kakashi, Kyoko!“ Die laute Stimme Narutos hallte zu ihnen herüber und unterbrach ihr Lachen. Er konnte sehen, dass sich bereits kleine Tränen in ihren Augenwinkeln gebildet hatte und schnell wischte sie mit dem Handrücken darüber. In der Ferne erkannte er Naruto und Sakura, die winkend auf sie zu gelaufen kamen. Der blonde Chaot strahlte ihnen entgegen und selbst Sakura trug ein fröhliches Grinsen auf dem Gesicht.

Platsch.

Kakashis Blick fuhr herum und fixierte die junge Frau neben ihm, die sich mit siegessicherem Grinsen die Hände von Schnee befreite. Hatte sie Naruto wirklich zur Begrüßung einen Schneeball an den Kopf geworfen? Innerlich seufzte er, bereit hinter dem nächsten Baum hinter Deckung zu gehen. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, was folgen würde. Und wirklich, Narutos überraschtes Gesicht wandelte sich schnell in ein ebenso siegessicheres Grinsen und schon hatte er sich eine Hand voll Schnee gegriffen und kam beunruhigend schnell auf sie zu.
 

Kakashi musste ehrlich zugeben, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass der Tag so verlaufen würde. Eben noch hatte er es sich mit einer Tasse Tee bequem gemacht und jetzt stand er frierend im Schnee und musste sich gegen seine Schüler wehren, die ihm und Kyoko keine Chance ließen. Es war ihm ein wenig peinlich, schließlich war er ein erwachsener Mann und ein bekannter Eliteninja, der hier in aller Öffentlichkeit eine Schneeballschlacht veranstaltete, aber er kam nicht umhin Spaß daran zu haben.

Als er und Kyoko letztendlich hatten kapitulieren müssen und den anderen beiden Shinobi nun eine ordentliche Portion Nudelsuppe schuldeten, machten sie sich wieder auf den Weg. Seine komplette Kleidung war nass, sodass der kalte Wind auf seiner geröteten Haut brannte. Aber es war nicht unangenehm. Tatsächlich war ihm sogar ungewöhnlich warm, als er seine drei Begleiter beobachtete, die vor ihm gingen und in eine angeregte Diskussion vertieft waren. Es war so friedlich in diesem Moment und er wünschte sich sehnlichst, dass es immer so bleiben würde.
 

Als sie das Fest erreichten, wich lediglich ein leises „Wow“ über Kyokos Lippen. Es war noch viel schöner, als sie es in Erinnerung hatte und sie konnte sich kaum entscheiden in welche Richtung sie zuerst schauen sollte. Überall gab es kleine Dinge, die sie sehen wollte und so huschte ihr Kopf unermüdlich hin und her, um gierig alle Eindrücke aufzusaugen. So viele Menschen waren hier und alle waren sie am Lachen und glücklich. Sie spürte die Erinnerungen in sich aufsteigen und als Naruto ihr von einem der Stände zuwinkte und sie zu ihm herantrat, war es fast so als sähe sie ihren Bruder vor sich und sofort war sie froh nicht alleine hergekommen zu sein. Sie warf einen kurzen Seitenblick zu Kakashi und erkannte, dass auch er nachdenklich in die Leere starrte. Er schien sich zu erinnern, wie auch sie. Und schon entdeckte sie die Trauer und den Schmerz auf seinem Gesicht.

Einer plötzlichen Eingebung nach, ergriff sie seine behandschuhte Hand und drückte sie leicht. Seinen überraschten Blick erwiderte sie mit einem liebevollen Lächeln.

„Du bist nicht allein.“, flüsterte sie dem verwirrten Kakashi zu, ehe sie sich mit einem weiteren Lächeln wieder Naruto und Sakura zuwandte. Sie wollte nicht, dass er sah, wie sie rot geworden war, nachdem sie realisiert hatte, was sie da tat. Hoffentlich hielt er sie jetzt nicht für aufdringlich.

Sie spürte, wie er sich einen Moment nicht bewegte und dann zu ihnen an den Stand trat. Narutos und Sakuras Gespräch trat in den Hintergrund als sie zu ihm aufsah und ihr Blick auf den seinen traf. Lächelnd nickte er ihr zu und sie war sich sicher ein wenig Dankbarkeit in seinem Auge finden zu können. Schnell wandte sie sich ab. Verdammt, warum wurde sie nur immer so schnell rot.

„Wollen wir nicht etwas essen gehen?“, schlug Naruto dann vor und schien froh zu sein sich dem Streitgespräch mit Sakura zu entziehen. Diese nickte und ließ von der Kette ab, die sie noch eben in der Hand gehalten hatte. Kyoko hatte allerdings keinen Hunger. Ihr Magen fühlte sich seltsam an und in ihr machte sich die Sorge breit, dass sie wohl möglich vor der Mission noch krank werden würde.

„Ich habe keinen Hunger.“, meinte dann auch Kakashi zu seinen beiden Schülern und wie auf ein Komando griff die Rosahaarige Narutos Arm.

„Komm, wir gehen was essen.“, sagte sie nur und schleifte den überraschten Shinobi davon.

„Aber was?“, hörte man ihn noch sagen, dann waren sie zwischen den hell erleuchteten Buden aus ihrem Blickfeld verschwunden und hinterließen zwei sichtlich verwirrte Jo-Nin.
 

Kakashi und Kyoko setzten sich schließlich in Bewegung und schlenderten plaudernd über das Fest. Hin und Wieder musste Kakashi jemanden grüßen, er war mittlerweile viel zu bekannt, um ohne Probleme durch Konoha zu gehen. Kyoko schien dies allerdings nicht zu stören, lieber nutzte sie die Zeit um neugierig die ganzen Buden zu betrachteten und sich angeregt mit den Inhabern zu unterhalten. Sie hatte heute wieder so ein fröhliches Strahlen in den Augen und ihm fiel es wirklich schwer den Blick von ihr abzuwenden, wenn sie so glücklich aussah. Er verstand nicht wieso, aber es war also würde alles einfacher werden, wenn sie fröhlich war. Es schien im fast so, als könnten sie ihm alle ihre Fehler verzeihen, wenn er es nur schaffte, dass sie glücklich war.

„Kakashi?“

Sie hatten den Mittelpunkt des Festes erreicht, einen großen Platz auf dem eine Band spielte. Angenehme Musik waberte zu ihnen hinüber und Kyoko breitete fröhlich die Arme aus und hüpfte ein paar Schritte nach vorne. Sie wandte sich zu ihm um und legte den Kopf auf die Seite, während sie ihn betrachtete. Ein leichter, kühler Windzug ergriff das lockere Ende ihres Kimonos und hob ihn leicht an, während die zahlreichen Schneeflocken, um sie tanzten.

„Würdest du mit mir tanzen?“ Sie streckte eine Hand nach ihm aus, doch er bewegte sich nicht. Er war erstarrt, viel zu überrascht war er von ihrer direkten Frage. Er tanzte nie.

Sie machte, ohne ihren Blickkontakt abzubrechen, einen Schritt zu ihm und griff mit beiden Händen seine Handgelenke. Sanft, aber bestimmt zog sie ihn in Richtung der Tanzfläche, wo sich bereits einige andere Dorfbewohner im Takt der Musik bewegten. Er verstand nicht, wieso er sich nicht wehrte. Es wäre ihm ein leichtes gewesen sich ihrem Griff zu entwinden, doch er wollte sie nicht verletzen. Er wollte nicht, dass das Strahlen aus ihrem Gesicht verschwand, auch wenn das hieß, dass er gegen alle seine Prinzipien verstoßen würde.

Als sie ihre Arme auf seine Schultern legt und und so noch näher an ihn heranrückte, wurde er rot unter seiner Maske. Verdammt, das war ihm noch nie passiert.

Unsicher sah er zu der Kunoichi hinab und legte vorsichtig seine Hände auf ihre Hüften. Sie nickte ihm aufmunternd zu und bedeutete ihm mit einem leichten Druck auf seine Schulter, dass er sich bewegen sollte. Und er tat wie ihm geheißen.

Es fühlte sich seltsam an mit Kyoko zu tanzen. Es war seltsam überhaupt zu tanzen. Und es war seltsam auf dieses Stadtfest gegangen zu sein. Die ganzen letzten Wochen waren seltsam gewesen. Er atmete tief durch. Himmel, alles war seltsam. Aber es war nicht schlecht, vielleicht konnte er sogar gefallen daran finden. Der Gedanke überraschte ihn. Was war nur los mit ihm im Moment? So kannte er sich gar nicht.
 

Was war nur passiert, dass aus dem sonst so selbstsicheren Eliteninja Kakashi Hatake ein unsicherer, rot werdender und vor allem tanzender Junge geworden war?

Im Land des ewigen Eis

Lautes Klirren ließ sie die Augen aufreißen. Ein Schrei. Sein Schrei. Panisch beschleunigte sie ihre Schritte. In dem Sturm und dem strömenden Regen war es schwer etwas zu erkennen, doch in der Ferne konnte sie zwei Personen ausmachen. Feuer traf auf Feuer und die Szene erhellte sich. Er sah so schwach aus.

Sie setzte sich in Bewegung, rutschte im Schlamm aus und fiel fast, bevor sie sich an einem Baum fangen konnte. Wieso war es so schwer voran zu kommen?

Mit aller Kraft kämpfte sie gegen den Wind, doch fast war es ihr als würde jemand sie zurückhalten. Mit jedem Schritt, den sie tat, rückte der Kampf ein wenig weiter in die Entfernung. Aber sie musste ihm doch helfen.

'Itachi!“, wollte sie schreien, doch kein Laut wich über ihre Lippen. Sie durfte ihn nicht sterben lassen, nicht ihn auch noch. Ein Keuchen entwand sich ihren rissigen Lippen. Es war so anstrengend gegen diesen Druck auf ihrer Schulter anzukämpfen.

Ein blonder Haarschopf rechts von ihr erregte ihre Aufmerksamkeit. Er war noch zwischen den dunklen Bäumen im Schatten verborgen, doch ein unangenehmes Gefühl beschlich Kyoko. Sie kannte diese Haare.

Das leise Platschen, das die Person auf dem durchnässten Boden hinterließ, war ungleichmäßig. Sie musste humpeln, wenn nicht sogar schlimmeres. Ein Stöhnen drang an ihre Ohren, als sich die Person mit letzter Kraft auf den Weg schleppte. Gestützt an einen Baum, fiel sie schließlich auf die Knie und Kyoko stockte der Atem und Tränen traten ihr in die Augen.

„Minato.“, kaum mehr als ein Flüstern entwich ihrer geschundenen Kehle. Er blickte zu ihr auf, seine Augen waren ausdruckslos. Er war so schwer verletzt. Aus seinem Körper ragten Klingen und sein ganzer Mantel war rot von Blut. Wer hatte ihm das angetan?

Sie wollte zu ihm rennen und ihm helfen, doch wieder hielt sie eine Kraft an der Schulter zurück. Sie schlug um sich, kämpfte dagegen an, doch es nützte alles nichts. Und so musste sie dabei zusehen, wie Minatos Atem immer schwacher wurde und sein Kopf schließlich kraftlos auf seine Brust sank.

„Wieso hast du mich nicht gerettet?“, hallte seine Stimme zu ihr hinüber und sie sank auf die Knie, während sie ihn verzweifelt ansah. Wieso hatte sie ihn nur nicht gerettet?

Wie aus dem Nichts erschien Itachi auf der Lichtung. Blut lief ihm aus dem Mund und er griff sich an sein Herz. Seine Augenbrauen waren wütend über seinen Augen zusammengezogen, die er kaum noch offen halten konnte, während er schließlich neben Minato zusammenbrach. Er hustete und Blut spritzte auf den Boden.

„Du hast versagt. Du hast uns alle enttäuscht.“, brach Itachis schwache Stimme durch den Sturm.

Tränen rannen ihr die Wangen hinab und der Schlamm sog sich von ihren Knien in die Kleidung, doch sie spürte es kaum. Sie spürte nur den Schmerz.

Ich will euch doch helfen, dachte sie bei sich, aber ich kann es nicht.

Plötzlich traten noch mehr Menschen aus dem Schatten der Bäume hervor. Schwer verwundet, schleppten sie sich durch den Sturm.

Ein entsetztes Keuchen entwich ihren Lippen, als sie Naruto, Jiraiya und Kakashi erkannte, die es kaum noch schafften ihren Blick zu heben. Mit schwachem Atem taten sie einen unsicheren Schritt nach dem anderen, bevor auch ihre Beine die Arbeit versagten und sie nach vorne kippen ließen.

„Nein!“. Wieder war es kaum mehr als ein Flüstern.

Der Druck auf ihrer Schulter wurde stärker und es dauerte einen Moment bis sie die Finger erkannte, die sich in ihr Fleisch gruben.

„Es ist alles deine Schuld.“, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr und ihr Kopf schoss herum. Zwei schlangenartige Augen sahen sie an und ein erstickter Schrei entwich ihrer Kehle. Orochimaru.
 

Sie fuhr hoch. Ihr Atem ging schnell und sie spürte den Schweiß auf ihrer Stirn. Sie musste ein paar Mal blinzeln, bevor sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Aufrecht saß sie in dem breiten Bett, dem Brett ihres Bruders.

Seufzend fiel die Anspannung von ihren Knochen und sie ließ sich zurück in die Kissen sinken. Es war nur ein Traum, doch die Bilder waren geblieben. Mit einem Seufzen zog sie die Decke zu ihrer Nase hoch und zog die Knie an ihren Körper. Schmerzerfüllt kniff sie die Augen zusammen und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr aufstiegen. Die Dunkelheit und die Einsamkeit machten sie schwach. Seit Monaten wurde sie von Albträumen verfolgt, sobald die Stille sie umschlang. Was war sie nur für ein Schwächling? Sie ballte ihre Hand zu einer Faust, als die erste Träne unter ihrem Lid hervortrat. Tief gruben sich ihre Fingernägel in ihre Haut und sie zog ihre Beine noch näher an ihren Körper.

Das war doch lächerlich.

Sie grub das Gesicht in die Kissen und atmete seinen Duft ein. Wieso wurde es nicht besser? Wieso ging es ihr tagsüber so gut und nachts holte sie alles wieder ein.

Wütend schlug sie auf die Matratze und Staub wirbelte auf.

Es gab Momente da wünschte sie sich, dass Itachi ihr Fluchmal nicht versiegelt hätte.
 

Etwas müde erreichte sie am nächsten Tag das Haupttor Konohas und sah bereits von weitem Tsunade, den rothaarigen Ninja und zu ihrer Verwunderung auch Naruto und Sakura. Was wollte er denn hier, überlegte sie und fing einige Gesprächsfetzen zwischen ihm und der Hokage auf, wurde daraus aber auch nicht wirklich schlau.

„Naruto, begleitest du uns?“, fragte sie den Blonden als sie zu ihnen aufgeschlossen hatte und sich zu ihm und Tsunade gesellt hatte.

„Nein.“, erwiderte er und schüttelte grinsend den Kopf: „Ich werde zum Myouboku-Berg reisen und dort hart trainieren, um ein ebenso guter Shinobi wie Sensei Jiraiya zu werden.“

Kyoko lächelte und fuhr ihrem Neffen mit der Hand durch die Haare. Sie hatte in der letzten Zeit mitbekommen, wie sehr der junge Mann unter dem Verlust seines Meisters gelitten hatte, hatte ihm aber leider keine wirkliche Hilfe sein können.

„Was soll denn das?“, beschwerte er sich und versuchte seine Frisur wieder zu richten. Sie grinste ihn an.

„Ich bin so stolz auf dich. Sensei Jiraiya hätte sich keinen besseren Schüler wünschen können.“

Verwirrung schlich sich auf sein Gesicht, bevor der Audruck Freude Platz macht und mit dem Daumen nach oben zeigte.

„Danke, echt jetzt.“, sagte er glücklich, wandte sich ab und ging mit einer kleinen Kröte die Straße entlang. Von weitem vernahm sie noch ein: „Und wo lang geht es zum  Myouboku-Berg?“ und Kyoko schlug sich lachend die flache Hand vor die Stirn, bevor ihre Aufmerksamkeit von Kakashi in Beschlag genommen wurde, der heute ungewohnt pünktlich beim Treffpunkt eintrat. Lediglich eine Verspätung von zehn Minuten waren wirklich ein Wunder.

Er war in Begleitung und erst spät fiel Kyoko ein, dass es sich bei der jungen Frau, die lieb lächelnd neben dem Kopierninja herging, wohl um ihre Auftraggeberin handeln musste. Schlechtgelaunt musste sie feststellen, dass es sich bei der Frau um eine wahre Schönheit handelte. Die langen blonden Haare, die vorne zu einen Pony geschnitten waren, lagen perfekt um ihr schönes, wohlgeformtes Gesicht mit den unschuldigen tiefblauen Augen und den rosigen Wangen. Perlen verzierten sowohl den kleinen Zopf an ihrem Hinterkopf, als auch ihre rosa Kleidung, die aussah, als hätte sie ein Vermögen gekostet. Sie sah aus wie eine kleine Prinzessin, doch dieses unschuldige Getue würde sie ihr schon mal gar nicht abkaufen. Schnaubend verschränkte sie die Arme von der Brust. Sie schob ihre schlechte Laune mal lieber auf den Schlafmangel.

„Kyoko, Ryo, das ist Misuki Yui, ein Mädchen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Es ist eure Aufgabe sie zu beschützen.“, erklärte Tsunade mit ernster Stimme, als Kakashi und Misuki die Gruppe erreicht hatten. Ryo nickte lediglich verstehend, doch Kyoko war misstrauisch . Wenn sie doch so großartige Fähigkeiten hatte, sollte sie den Weg doch alleine erledigen.

„Gibt es ein Problem, Kyoko?“ Erschreckt fuhr die Braunhaarige zusammen und brachte ihre Züge schnell unter Kontrolle, bevor sie hastig nickte. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie finster sie geschaut hatte. Sie benahm sich wirklich wie ein kleines Kind.
 

Ohne weitere Verzögerungen war die Gruppe aufgebrochen. Es ging ins Land des ewigen Eis und allen vier war klar, dass es eine Weile dauern würde, bis sie ihr Ziel erreichen würde. Diese Misuki war Kyoko nicht sympathischer geworden und so ging sie ein Stück hinter den anderen. Die beiden Männer schienen sich wirklich ausgezeichnet mit Madame zu unterhalten und auch wenn es sich um eine Mission handelte, zu der sie zwangsweise eingeteilt worden waren, fühlte sie sich wie das fünfte Rad am Wagen. Wenigstens hatte sie noch Zeit sich auf die Umgebung zu konzentrieren und wurde nicht komplett von dem Schönchen in Beschlag genommen.

Sie seufzte.

So ganz verstand sie ihren Hass auf das Mädchen, das eigentlich gar nichts falsch gemacht hatte auch nicht. Sie spürte ihn nur ganz tief in sich lodern und immer wieder versetzte er ihr kleine schmerzhafte Stiche. Dabei war das doch normalerweise gar nicht ihre Art. Vielleicht wurde sie ja krank oder so.
 

Es dauerte fast zwei Tage bis sie die Grenze des Landes des ewigen Eises überschritten und fast schlagartig setzte der Schneefall ein. Die Temperaturen sanken fast schlagartig unter null und schnell stellte sich heraus, dass dieser Teil der Reise nicht besonders angenehm werden würde. Der Wind war stark und es gab kaum Bäume oder Felsen, von denen er abgeschirmt werden konnte, sodass er hart in die Haut schnitt und das gefrorene Wasser wie kleine Shuriken auf sie schleuderte. Selbst Kyoko fror und das obwohl sie die Kälte liebte. Aber das hier war keine normale Kälte mehr, das war Folter.

Zitternd zog sie den Umhang enger um sich. Man hätte sie auch mal vorwarnen können, dann... ja, was hätte sie dann gemacht? Eigentlich hätte sich gar nichts geändert, schließlich handelte es sich um eine Mission.

Lediglich Misuki schien keinerlei Probleme mit dem Wetter zu haben. Sie war hier aufgewachsen und an den ständigen Schneefall gewöhnt und immer mehr erschien sie Kyoko wie eine komische Porzellanpuppe, denn sie war die einzige die auf ihrer blassen Haut keine kleinen Schnitte von dem Eis im Wind trug. Vielleicht war sie ja gar kein Mensch, schoss es der Kunoichi durch den Kopf, doch so gut es ging verdrängte sie den Gedanken. Ihre schlechte Laune hatte keinesfalls nachgelassen, aber sie versuchte solche Gedanken so professionell wie möglich in den Hintergrund zu drängen. Im Moment gab es andere Probleme. Ryo schien sich eine Erkältung eingefangen zu haben und hustete bereits seit einem Tag fast durchgehend. Er war sehr blass geworden und auch wenn er es nicht zugab, merkte man ihm an, dass er schwach war und es ihm nicht gut ging. Auch, dass es noch keine Zwischenfälle gegeben hatte, trug nicht unbedingt zur Beruhigung bei, denn sie waren sicher davon ausgegangen aufgehalten zu werden. Dass es so still um sie war, schien eher ein Vorbote von einer zukünftigen Katastrophe.
 

Doch entgegen all ihrer Vermutungen erreichten sie den Tempel, der auf der Spitze einen verschneiten  Berges lag ohne weitere Zwischenfälle. Lediglich Ryos Gesundheitszustand hatte sich rapide verschlechtert und auch Kakashi hatte zu husten begonnen. Als sie also die Hohen Mauern, die um den traditionellen Tempel gebaut waren, passierten, überfiel Kyoko Erleichterung. Sie hatten es geschafft. Der Gedanke an einen warmen Tee und  ein gemütliches Bett hob zum ersten Mal seit Tagen ihre Laune.

Neugierig betrachtete sie den hübschen Garten, der zwischen Mauer und Tempel angelegt worden war. Die verschneiten Bäume, der weiße Kiesweg und ein zugefrorener See erweckten in ihr ein angenehmes Gefühl von Harmonie. Endlich würden sie das Püppchen loswerden.
 

„Prinzessin Misuki!“

Eine laute, männliche Stimme riss sie aus ihren Gedanken und schnell wandte sie den Blick zu dem Mann, der aus dem Tempel gerannt kam. Er hatte einen besorgten Gesichtsausdruck und sie sah, dass er verletzt war. Er konnte nicht richtig auftreten und an seinem Arm und seiner Stirn konnte sie frische Verbände erkennen.

„Ich bin so froh, dass Euch nichts passiert ist.“, sagte er, als er keuchend vor der Blonden zum stehen gekommen und sich vor ihr verbeugt hatte. Das Misuki hier einen derart hohen Rang hatte, vor Kyoko gar nicht bewusst gewesen.

„Was ist passiert?“ Man sah der Blonden an, dass sie schockiert war von dem Erscheinen des Mannes und legte ihm behutsam eine Hand auf die Schulter, die sich aufgrund seines hektischen Atems unregelmäßig auf und ab senkte.

„Es..“, er brach ab und schloss einen Moment traurig die Augen: „Wir wurden angegriffen. Es ist diese Gruppe, die Euch bereits auf dem Weg nach Konoha Unannehmlichkeiten bereitet haben. Sie sind noch immer hinter Eurer Kraft her.“ Kyoko sah, wie Misuki der Atem stockte und sich ihre gesamte Haltung anspannte.

„Sie werden wiederkommen.“, sagte der Mann mehr zu sich selbst, als zu dem Püppchen, wurde jedoch plötzlich von Kakashi unterbrochen, der zu den beiden vortrat.

„Wir werden euch selbstverständlich unterstützen.“, versprach er, musste allerdings jäh unterbrechen, als er anfing zu husten.

„Ihr solltet euch erst einmal eine Weile ausruhen. Das Wetter scheint euch nicht gut getan zu haben.“, meinte Fräulein Porzellan allerdings besorgt und betrachtete den Kopierninja mit liebevollen Blick. War doch offensichtlich, dass Kakashi und Ryo sich erst einmal ausruhen mussten, da brauchte sie gar nicht so aufgesetzt nett gucken.
 

Kyoko musste bereits am Abend feststellen, dass die Situation noch auswegloser war als gedacht. Die Körpertemperatur ihrer beider Teamkollegen war steil in die Höhe geschossen und mittlerweile musste sie sich nicht nur Sorge, um diese Menschen machen, die den Tempel angreifen wollten, sondern auch um Ryo und Kakashi, die mit Fieberträumen und stapelweise Decken im Tempel untergebracht wurden. Sogar ihre Wut auf Misuki war kurzzeitig verflogen, als sie die leidenden Gesichter der beiden Jo-Nin gesehen hatte und sie war nur noch dankbar gewesen, dass man sich um sie kümmerte. Der Hass war aber recht schnell zurückgekehrt, als sie gesehen hatte, dass das Blondchen selbst unbedingt die Aufgabe hatte übernehmen wollen, den kranken Shinobi die Stirn mit kalten Tüchern abzutupfen. Dabei war es doch ihr Team und nicht dass dieser Möchtegernprinzessin.

Warum sie selbst nicht krank geworden war, konnte sich Kyoko nur dadurch erklären, dass sie generell eine geringe Anfälligkeit für Kälte hatte und sich dieser weitaus mehr aussetzte, als es Ryo und Kakashi taten. Folglich war sie wohl einfach abgehärtet.

Zusätzlich zu ihrer Sorge, um ihre Teamkameraden, die, wie ihr jeder im Tempel bestätigte bei Misuki in guten Händen sein sollten, kam auch noch die Tatsache, dass sie nun Teamführerin war. Zwangsläufig, denn keiner der beiden anderen Jo-Nin war momentan entscheidungsfähig. Und sie musste dringend eine Entscheidung treffen, wie sie weiter vorgehen sollte. Sie hatte lange mit dem Mann geredet, der sie bereits an der großen Mauer begrüßt hatte und den Namen Masakazu trug und in Erfahrung gebracht, dass die jetzige Situation nicht zu ihrem Vorteil war. Die Männer, die den Tempel nur zwei Tage vor ihrem Treffen angegriffen hatten, schienen seltsame Fähigkeiten zu haben und hatte einen Großteil der Tempeldiener besiegt, obwohl sie eine Kampfausbildung hatte. Nachdem sie Misuki nicht angetroffen hatten, hatten sie direkt angekündigt wieder angreifen zu wollen und Kyoko wurde das Gefühl nicht los, dass es nicht mehr lange dauern würde. Das Problem sah Kyoko vor allem darin, dass sie kaum Kämpfer hatte. Ryo und Kakashi würden die nächsten Tage sicher keinen Krieg führen und die meisten der Krieger im Tempel waren verletzt oder tot. Und dass sie alleine die Fremden, deren Kräfte sie nicht ausreichend kannte, besiegen würde, war ähnlich unwahrscheinlich wie dass das Wetter plötzlich warm und sonnig werden würde. Vor allem, wenn sie so viele Menschen um sich hatte, die sie schützen musste.

Auch wenn Masakazu den Aufenthaltsort der Fremden kannte, wäre auch ein Angriff mit so wenigen Streitkräften kaum eine gute Idee und so hatten sie lediglich zwei Krieger in deren Richtung geschickt, um auf dem laufenden zu bleiben und schnellstmöglich von einem geplanten Angriff zu erfahren.
 

Im dunklen saß Kyoko zwischen Ryo und Kakashi auf dem Boden. Vor ihr lag ein leeres Pergament. Sie war froh endlich einmal Zeit bei ihrem Team verbringen zu können, ohne dass das Püppchen übertrieben besorgt daneben saß. Es störte sie auch nicht, dass die beiden Männer schliefen. Das gleichmäßige Atmen beruhigte sie.

Seufzend griff sie nach einer Feder und begann zu schreiben. Sie hatte einen Plan gefasst, der zwar nicht besonders intelligent, aber in ihren Augen der einzige mögliche Weg war. Und sie hatte wirklich lange darüber gegrübelt, doch länger konnte nicht gewartet werden. Erst vor wenigen Stunden waren ihre Spione in den Tempel zurückgekehrt und hatten berichtet, dass die Fremden in zwei Tagen aufbrechen wollen würden. Ein Ein-Tagesmarsch lag zwischen dem Tempel und ihrem Lager und man brauchte mindesten drei Tage von Konoha zu dem Tempel in Land des ewigen Eises. Es würde genau aufgehen, wenn alles nach Plan lief.

Sie beendete ihren Brief und las ihn noch einmal durch. Sie hatte die Wichtigkeit ihrer Forderung an den Hokage auf jeden Fall deutlich gemacht und so erhob sie sich und trat an das kleine Fenster, an dem bereits ein weißer Adler wartet. Ohne zu Zögern band sie die Schriftrolle an seinen Fuß und mit einem leisen Schrei schwang er sich in die Lüfte und verschwand in den Wolken. Eine Weile schaute sie ihm nach. Ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte? Sie war es nicht gewohnt, für andere Menschen entscheiden zu müssen und sie fühlte sich unbehaglich dabei. Sie würde niemals eine gute Teamführerin abgeben.

Instinktiv umgriff sie ihre Kette und fühlte das leichte, angenehme Prickeln von Itachis Chakra in ihrer Handfläche.

„Was hättest du nur gemacht?“, fragte sie den Uchiha flüsternd und schloss erschöpft die Augen. Itachi war immer eine Art Vorbild für sie gewesen, denn er war nicht nur ein ausgezeichneter Shinobi, sondern auch ein beeindruckender Mensch gewesen. Er wüsste, was in dieser Situation die richtige Entscheidung war, da war sie sich sicher. Und wenn sie so darüber nachdachte, konnte sie sich denken, was er tun würde: Die Mission erfüllen und so viele Menschen schützen, wie es möglich war. So war Itachi gewesen, er hätte sich wahrscheinlich für alle geopfert.

„Kyoko?“ Eine leise, heisere Stimme ließ sie aufhorchen und sie drehte sich um. Mit einem leichten Lächeln erkannte sie, dass Kakashi sein Auge geöffnet hatte und sie schwach, mit schweißbenetzter Stirn ansah. Mit einigen wenigen Schritten trat sie zu seinem Futon heran und ließ sich im Schneidersitz neben ihn sinken.

„Wie geht es dir?“, fragte sie ihn sanft und griff in die Schale mit kaltem Wasser neben ihm. Sorgsam darauf bedacht ihm nicht in das Gesicht zu tropfen, nahm sie ein weißes Tuch hinaus und legte es auf seine heiße Stirn.

„Es geht schon.“, antwortete er ihr und seine Stimme war so schwach, wie sie es noch nicht erlebt hatte.

„Wie lange liegen wir schon hier?“, wollte er wissen und blinzelte hektisch, gerade so, als fiele es ihm schwer sein Auge offen zu halten.

„Einen Tag erst.“, erzählte Kyoko ihm beruhigend lächelnd und fügte, nachdem Kakashis Auge abermals zugefallen war, hinzu: „Aber ihr müsst euch noch länger ausruhen. Euer Fieber ist noch sehr hoch.“ Ein Keuchen entwich seinen Lippen als er seinen Körper bewegen wollte und Kyoko drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück auf das Kissen.

„Aber die Mission.“, wollte der Silberhaarige widersprechen, doch Kyoko ließ ihm keine Möglichkeit sich weiter zu rühren.

„Ich habe alles im Griff. Keine Sorge.“ Sie grinste ihn selbstbewusst an und nach einem kurzen nachdenklichen Blick schlich sich ein vorsichtiges Lächeln unter seine schwarze Maske.
 

Sie fühlte sich nicht halb so selbstsicher wie sie getan hatte.

Im Land des ewigen Eis II

Weder der Wind noch der Schnee hatten nachgelassen, als Kyoko am nächsten Abend aus dem Fenster ihres Zimmers stieg, sorgsam darauf bedacht kein Geräusch zu machen. Sie hatte sich in einen weißen Mantel gehüllt, würde sich bei dem ganzen Schnee dadurch unauffällig fortbewegen können.

Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und würde ihren Plan umsetzen. Auch wenn das eventuell heißen könnte, dass sie einiges einstecken und vielleicht sogar sterben würde, doch eigentlich gehörte ihr Tod nicht unbedingt zu den Dingen, die sie geplant hatte.

Auf leisen Sohlen stapfte sie durch den dicken Schnee und versuchte so wenig Geräusche wie möglich zu machen, wenn sie das gefrorene Wasser unter sich zusammendrückte. Es war ein schier unmögliches Unterfangen, doch das Heulen des Sturmes würde jegliches Geräusch überdecken. Es war noch nicht spät. Die Nacht war gerade hereingebrochen und eine Lichter im Tempel brannten noch, sodass sie davon ausgehen musste, dass der größte Teil der Tempeldiener noch nicht zu Bett gegangen war. Sie hatte zwar auf ihrem Weg von dem Zimmer ihrer schlafenden Teammitglieder zu ihrem Raum und raus aus dem Fenster niemanden sehen können, doch man konnte nicht vorsichtig genug sein. Nur Masakazu kannte ihren Plan und sie hatte wenig Lust sich noch vor irgendjemand anderem erklären zu müssen. Zwar war der junge Mann erleichtert gewesen, dass sie etwas gegen den bevorstehenden Angriff unternehmen wollte, doch dies traf keinenfalls auf alle Krieger des Tempels zu, die sie bereits darüber reden gehört hatte, dass sie für die Verstorbenen Rache nehmen wollten. Dazu sollte es bestenfalls nicht kommen. Zumindest nicht in diesem kräftemäßigen Ungleichgewicht, wo sie alle zwangsläufig ihr Leben lassen würden.

Sie zog ihren Umhang enger um sich, als ein besonderes aggressiver Windzug ihn von ihren Schultern riss. Würde sie sich nicht bald in Bewegung setzen, würde sie sicherlich am Boden fest frieren. Himmel Herr Gott noch mal, es war wirklich verdammt kalt.

„Was hast du vor?“ Ein resigniertes Seufzen entwich ihren Lippen. Die Stimme gehörte genau zu der Person, die sie als letztes hatte treffen wollen. Sie versuchte sich an einem aufgesetzten Lächeln und drehte sich zu dem Tempel um. Sofort erkannte sie Misuki, die mit verschränkten Armen im Schnee stand und sie skeptisch betrachtete.

„Spazieren gehen.“, antwortete Kyoko schlicht und weit weniger freundlich als gedacht. Warum hatte ausgerechnet die blonde Porzellanpuppe sie bemerken müssen. Musste sie nicht ihren Schönheitsschlaf halten.

„Ich komme mit!“ und schon hatte sich Misuki in Bewegung gesetzt und mit ernster Miene zu Kyoko aufgeschlossen. Entsetzt sah letztere die Tempelprinzessin an, doch diese war todernst. Nur entfernt erinnerte sie noch an das freundliche junge Ding, das sie die letzten Tage begleitet hatte.

„Nein, ich werde alleine gehen.“, widersprach die Brünette und ihr Blick wurde ebenso ernst. Sie konnte kein Handicap an ihrer Seite brauchen, die ganze Aktion wurde eh schon schwer genug.

„Du hast vor dich mit den Fremden anzulegen, die meine Kraft wollen.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage und Misuki schloss kurz die Augen und atmete tief durch, bevor sie ihre Stimme wieder erhob: „Ich werde dich nicht alleine gehen lassen. Sie sind hinter mir her und haben meine Freunde getötet. Damit werde ich sie nicht durchkommen lassen.“ Mit großen Augen starrte Kyoko die andere an und versuchte schlau aus ihr zu werden. Püppchen war gar kein Püppchen mehr, sondern strahlte Stärke und Stolz aus, so wie sie es noch nie gemacht hatte.

„In Ordnung.“, stimmte Kyoko schließlich zu und setzte sich in Bewegung: „Aber denk ja nicht dran, dass ich dich beschützen werde.“ Dass sie es trotzdem tun würde, schon allein weil es ihr Auftrag war, verschwieg sie. Sollte sich das Blondchen wenigstens selbst bemühen soweit sie konnte. Schweigend schritten sie aus dem Tor hinaus und der Wind wurde direkt noch stärker, jetzt wo er nicht mehr von den hohen Mauern abgewehrt wurde.

„Was ist der Plan?“, wollte sie wissen, während sich Kyoko kurz orientierte. Genervt sah die Brünette herüber und schirmte ihr Gesicht gegen den Sturm ab. Schneeflocken hatten sich bereits in ihren Wimpern verfangen und machten es schwer sehen zu können. Kurz erklärte sie der Prinzessin ihren Plan. Sie berichtete ihr, dass ihre Aufgabe darin bestünde Zeit zu verschaffen. Mit Fallen oder auch mit bloßer Gewalt,Hauptsache sie könnten die Ankunft der Fremden um einen Tag verzögern, sodass die Verstärkung aus Konoha rechtzeitig eintreffen konnte. Misuki nahm den Plan ohne Murren an, nickte lediglich ohne eine Miene zu verziehen und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Sie mussten sich beeilen.
 

Sie waren die ganze Nacht gerannt. Gegen den Wind waren sie langsamer als Kyoko eingeplant hatte, doch wenigstens hielt Misuki mit ihrem Tempo mit. Sie machten keine Pause. Sie hatten keine Zeit zu verlieren, wenn das Unterfangen gelingen sollte und es schien der Blondine nichts auszumachen, was Kyoko zwar verwunderte aber nicht störte. Generell schien sie Misuki unterschätzt zu haben und es tat ihr Leid die ganze Zeit so unfreundlich zu ihr gewesen zu sein, doch jetzt war es zu spät um etwas daran zu ändern.
 

Schließlich kamen sie zum stehen schwer atmend von ihrem Marsch. Der Schneesturm hatte nicht nachgelassen, doch durch das angestrengte Rennen, war Kyoko nicht kalt, sondern unerträglich heiß. Sie sah sich um. Vor ihnen erstreckte sich ein breiter Weg, der durch einen dicht bewachsenen Tannenwald führte. Nach den Angaben von Masakazu mussten die Fremden diesen Weg zwangsläufig passieren, wenn sie sich nicht im Schatten der Bäume verirren wollten.

„Wir werden ihnen hier eine Falle stellen.“, befahl die Braunhaarige und zog aus der Tasche, die sie um die Hüfte gebunden hatte einige Briefbomben und dünne Drähte.

„Wir werden die Briefbomben an den Bäumen befestigen und sie durch gespannte Drähte auslösen lassen. Damit sollten wir zumindest ein paar von ihnen außer Gefecht setzen, den Rest greifen wir aus dem Hinterhalt an.“, fuhr sie fort und warf Misuki ein paar Drähte zu, bevor sie sich selbst daran machte die kleinen Briefbomben zu positionieren. Wenn sie es gut anstellten, würde die gewaltige Explosion bereits ausreichen. Wenn nicht würde sie kämpfen bis genug Zeit gewonnen war.

„Kannst du eigentlich kämpfen?“, fragte Kyoko die Blonde, während sie gemeinsam ein paar der Drähte um die Bäume wickelten und so gut wie möglich im Schnee tarnten. Sie würden außerdem zum Ende des Waldes noch einige Mienen platzieren, in der Hoffnung, dass ihre Gegner darauf hereinfallen würden, doch ihr Hauptaugenmerk lag auf der großen Explosion.

Misuki nickte langsam, sah aber nicht zu der Jo-Nin auf.

„Gut, ich will trotzdem, dass du dich im Hintergrund hältst.“, erwiderte sie mit einer Stimme die eigentlich keine Widerworte zuließ, doch Misuki sah nur mit wütendem Blick zu ihr auf.

„Es ist meine Familie, ich werde sie verteidigen.“, fuhr sie Kyoko böse zischend an und ihre Augenbrauen schossen überrascht in die Höhe. Wo war denn das nette Porzellanpüppchen geblieben?

„Ich kann aber kein Auge auf dich haben, wenn ich mich auf einen Kampf konzentrieren muss.“, fauchte Kyoko ebenso böse zurück.

„Das brauchst du auch nicht, ich kann auf mich selbst aufpassen.“, entgegnete die Blonde: „Und ich entbinde dich hiermit offiziell von der Aufgabe mich zu beschützen.“ Kyoko seufzte und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie hatte nichts mehr zu erwidern, jetzt wo ihre Auftraggeberin die Mission für beendet erklärt hatte, lag es nicht mehr in ihrer Hand.

„Na schön“. Mehr hatte sie nicht entgegenzusetzen und so machten sich die beiden Frauen grimmig daran weiter ihre Fallen zu bauen. Freundinnen würden sie wohl nie werden.
 

Es war abermals dunkel geworden. Der Schneesturm hatte sich ein wenig gelegt, doch noch immer fielen die dicken Flocken vom Himmel. Misuki und Kyoko hatten ihre Position hinter einem Felsen bezogen und noch etwas Ruhe und Kraft gesammelt. Sie hatten alle ihre Fallen mehrfach überprüft, jetzt hieß es warten. Keine von ihnen wagte es die angespannte Stille zwischen ihnen zu durchbrechen, viel zu sehr waren sie auf den Wald konzentriert, aus dem in nicht mehr allzu fernen Zukunft ihre Feinde treten würde. Kyoko schickte bereits Gebete in den Himmel, dass alles funktionieren würde, doch so wirklich an einen Gott geglaubt hatte sie nie. Dafür hatte sie bereits zu viel erlebt.

Misuki hingegen schien sehr wohl zu glauben. Bereits seit Stunden hatte sie die Augen geschlossen und die Hände gefaltet. Ruhelos bewegten sich ihre Lippen, doch kein einziger Laut drang aus ihrem Mund. Fast schien es Kyoko so als wollte sie sich auf ihren Tod vorbereiten, doch wenn es nach der Braunhaarigen ginge, so wäre dieses Ende auf jeden Fall zu vermeiden.
 

Ein lauter Knall und eine gewaltige Stichflamme gaben das Signal. Kurz wurde die Nacht von dem Licht erhellt und die beiden Frauen sahen sich an. Sie nickten sich zu, jetzt wurde es ernst.

Lautlos verließen sie ihr Versteck und analysierten die Lage. Die Explosion hatte einiges an Schaden angerichtet. Noch immer standen einige der Bäume in Flammen und der Schnee hatte sich rabenschwarz gefärbt. Husten drang an ihre Ohren und ein Schreien.

Es dauerte nicht lange, bis einige Männer aus dem brennenden Wald traten. 21 zählte sie an der Zahl. Das war doch besser gelaufen als gedacht.

Mit einer Handbewegung gab sie Misuki das Zeichen zum Angriff, griff sich einige Shuriken aus der Tasche an ihrem Oberschenkel und schleuderte sie mit aller Kraft auf die überraschten Männer. Doch diese schienen nach der Explosion bereits mit einem Angriff gerechnet zu haben. Ohne Probleme hob einer von ihnen ein langes Kusanagi und wehrte in rasender Geschwindigkeit die Klingen ab. Verdammt.

Mit einer flüssigen Bewegung griff Kyoko nach hinten und umfasste automatisch den Griff ihrer Waffe. Mit einem Ruck, zog sie diese von ihrem Rücken und schon prallte Klinge an Klinge. Durch die Kraft des Aufpralls wurde der Kusanaginutzer einen Schritt nach hinten gedrängt und sie löste sich wieder von ihm, nur um im selben Moment einen Schlag auf ihrer Linken zu parieren. Doch es war keine Metallklinge, die an ihr Waffe zerbarst. War es Eis gewesen? Doch ihr blieb keine Zeit um darüber nachzudenken. Ein Zischen in ihrem Rücken kündigte die Kusanagiklinge an, die gefährlich nah an ihrem rechten Arm vorbeischoss, als sie sich zur Seite fallen ließ. Das war knapp gewesen. In der Bewegung wirbelte sie herum, zielte mit ihrem Fuß, auf das Knie des Kusanagibesitzers und traf. Ein Knacken begleitete ihre Bewegung und der Mann sackte nach vorne. Anscheinend hatte sie mit ihrem Tritt etwas gebrochen. Sie spürte eine Hand an ihrem ab und im nächsten Moment verlor sie den Boden unter den Füßen. Ein Aufschrei entwich ihrer Kehle als sie fühlte, wie sie in die Höhe schoss. Ihre Ohren rauschten und so schnell es ihr möglich war, machte sie ein paar Fingerzeichen und ließ ihre Waffe dabei nutzlos hinabfallen. Sie brachte ihr hier nichts, sie musste sich auf ihre anderen Fähigkeiten verlassen. Sie sammelte Chakra an ihren Händen und es dauerte nur Sekunden, bis sie sich entzündeten. Noch immer befand sie sich im freien Fall, doch mit aller Kraft schaffte sie es sich umzuwenden und mit dem Körper herab voran zu stürzen. Sie sah Misuki, die von zu vielen Gegnern umgeben war. Das konnte sie nicht schaffen. So änderte sie sacht ihre Richtung und fixierte einen schwarzhaarigen Mann an, der der Blonden ganz schön zu schaffen machte. Sie holte aus. Mit einem lauten Aufschrei ließ sie sich auf ihn fallen und hieb ihm die noch immer brennenden Hände mit aller Kraft in den Rücken. Mit einem Keuchen brach er vor ihr zusammen, doch Kyoko hatte keine Zeit, denn sie wurde bereits von einem weiteren Mann in Beschlag genommen. Seine blonden, langen Haare hingen unschön an seinem schmalen Gesicht herab und er lächelte finster. Es war der Mann, der sie eben bereits in die Luft befördert hatte. Wieder griff er nach ihr, doch ohne Probleme parierte sie den Schlag. Das war viel zu einfach gewesen. Fest umschlossen seine kalten Finger ihre Handgelenke. Dabei gab er seine Defensive auf und ihre linke Handfläche schoss nach vorne und schlug ihm heftig gegen die Brust. Er stöhnte auf als es ihm die Luft aus den Lungen drückte, doch er ließ sie nicht los. Seine Handfläche wurde immer kälter und es dauerte nicht lange, da brannte sie sich bereits in Kyokos Haut. Überrascht sah sie hinab und ihr Atem stockte. Verdammt. Mit der Faust schlug sie auf seinen Arm und es knackte laut. Sie hatte seinen Unterarmknochen gebrochen und so wurde er gezwungen seine Hand von ihrem Arm zu lösen. Doch noch immer war sein Lächeln nicht aus seinem Gesicht gewichen. Kyoko stolperte ein paar Schritte zurück und betrachtete mit großen Augen ihren Arm. Eis hatte sich um ihre Haut gebildet und breitete sich knackend weiter aus. Nicht mehr lange und es würde ihre Hand erreichen und bewegungsunfähig machen. Ob sie es mit Feuer bekämpfen können würde? Abermals entzündete sie ihre Handflächen und tatsächlich, langsam begann das Eis zu schmelzen. Doch der Umfang ihres Jutsus ließ sie sich nicht ganz von dem Eis befreien. Dafür reichten die Flammen nicht aus. Sie stöhnte als sich das Eis weiter in Richtung ihrer Schulter ausbreitete. Sie musste schnell etwas dagegen unternehmen, sonst würde sie als Eisskulptur enden.

„Misuki, lass dich nicht berühren.“, rief sie der blonden neben sich zu, die hastig nickte und sich weiter mit ihrem hübschen Katana zur Wehr setzte.

Weiter breitete sich das Eis über ihren Arm aus. Sie musste sich kurz zurückziehen, um es tauen zu lassen, während des Kampfes fand sie keine Zeit dazu. Es hatte bereits ihre Schulter erreicht und ihren rechten Arm komplett bewegungsunfähig hinterlassen, sodass Kyoko nun mehr nicht auf Nin-Jutsu zurückgreifen konnte.

„Misuki, schnell.“, schrie sie durch den Kampfeslärm und die Blonde reagierte sofort. Mit einem Satz sprangen sie zwischen die Bäume, doch beide von ihnen spürten, dass die Männer ihnen auf den Fuß folgten.

„Was ist?“ Hektisch ging ihr Atem, als sie Kyoko besorgt von der Seite musterte. Auch sie hatte schon einiges einstecken müssen.

„Sie scheinen ein seltsames Kekkei Genkai zu haben.“, erklärte Kyoko ihr stoßweise, während sie mit ihrer unverletzten Hand einige Shuriken abwehrte: „Er hat mich nur berührt und das verdammt Eis breitet sich auf meinem ganzen Körper aus.“ Sie fluchte als das Eis knarzend ihren Hals erreichte. „Ich kann es auftauen, dafür muss ich mich aber kurz aus dem Kampf zurückziehen.“, fuhr sie fort und die Blonde nickte.

„Ich werde die Rückendeckung geben.“, sagte sie schlicht und blieb stehen. Ruckartig bremste auch Kyoko ab. Das konnte unmöglich ihr ernst sein. Das würde sie zwangsläufig umbringen.

„Misuki!“, schrie Kyoko und hob die Hand nach der Blonden, doch diese warf ihr nur ein selbstsicheres Lächeln über die Schulter zu. Und plötzlich fing sie an zu glühen. Kyokos Augen weiteten sich. Das war also diese besondere Fähigkeit. Chakra breitete sich um die Prinzessin aus und nahm langsam Gestalt an. Ein leuchtender oranger Phoenix, bildete sich um den zierlichen Körper und breitete schützend die Flügel aus. Die Shuriken prallten davon ab und selbst, als der Mann mit seinem Kusanagi angriff, wurde er zurückgeschleudert. Was für eine unglaubliche Fähigkeit.

Schnellstmöglich entzündete Kyoko wieder ihre Hände. Sie konnte nicht einfach dieser wundersamen Gestalt zusehen, sie musste sich dringend von dem lästigen Eis befreien. Misuki musste bei diesem Jutsu ungemein viel Chakra verbrauchen, sie durfte es nicht länger anwenden als nötig.
 

Es dauerte nicht eine Minute, da war Kyoko erlöst. Schnell sprang sie wieder auf die Beine und wie auf ein Kommando verschwand auch der Phoenix. Lächelnd drehte sich Misuki zu ihr um und stand mit einigen wenigen Sätzen hinter der Namikaze. Ein erneuter Schurikenhagel wurde dieses Mal von einer von Kyokos Steinwänden abgewehrt, bevor die Männer wieder auf sie trafen.

Jetzt wo sie wussten mit welch seltsamer Kraft sie es zu tun hatten, konnten sie sich besser darauf konzentrieren. Sie wichen Angriff nach Angriff aus, sorgsam darauf bedacht nicht angefasst und dadurch vereist zu werden. Doch ihre Kräfte ließen langsam nach. Wie vermutet hatte Misuki das Jutsu Unmengen an Energie gekostet, sodass es nun an Kyoko war ihre Feinde zurückzuschlagen. Ihr Körper schmerzte bereits und das Fluchmal an ihrer Schulter pochte. Zahlreiche Schnitte zierten ihren Körper und sie war sich sicher, dass sie sich zwei Rippen gebrochen hatte, als sie an einen Baum geprallt war. Doch trotz all der Verletzungen stand es noch gut um sie, denn auch die Männer ließen immer weiter nach. Sie hatten ihren Trick durchschaut und dadurch, dass sie ihre Vereisung nicht mehr anwenden konnten, waren Misuki und Kyoko durch ihre Fähigkeiten im Vorteil.

Keuchend wich Kyoko einem Kunai aus, das schmerzhaft die Haut an ihrem Hals durchtrennte. Es war nur ein kleiner Kratzer geworden, hätte aber durchaus tödlich enden können, hätte sie sich nicht rechtzeitig zur Seite bewegt. Ein Fluchen entwich ihren Lippen als sie in der Bewegung Misuki zu Boden riss, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sie hatte ihr eben den Rücken freigehalten und nun war es an Kyoko das selbe zu tun.

„Wir müssen uns zurückziehen.“, flüsterte die Namikaze und Misuki nackte schwach.

Ohne von der Blonden abzulassen, griff Kyoko in die Tasche und tastete nur einen kurzen Moment, bevor sie fand, was sie gesucht hatte. Rauchbomben.

Mit Schwung warf sie diese auf den Boden und sofort war die ganze Kampfszene in undurchdringlichen, schwarzen Rauch gehüllt. Sie unterdrückte ein Husten als sie ungewollt ein wenig von dem dicken Qualm einatmete und rannte los. Sie spürte das Gewicht Misukis auf ihrer Seite, doch zum Glück war die junge Frau leicht genug, dass Kyoko sie halten konnte. Schnell überwanden sie so viel Strecke wie möglich und traten aus dem Wald heraus.

Kyoko hob den Kopf. Die Sonne ging auf. Ein warmes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Sie hatten es also geschafft. Sie hatten genug Zeit herausgeschlagen.
 

„Kannst du alleine laufen?“, fragte Kyoko irgendwann, als sie drohte unter dem Gewicht der anderen einzuknicken. Diese nickte und tatsächlich schien sie sich soweit erholt zu haben, dass sie den Rest des Weges alleine hinter sich bringen können würde.

„Wir haben es geschafft oder?“ Lächelnd blickte Misuki zu ihr herüber und Kyoko bestätigte erleichtert. Sie hatten es wirklich geschafft und überlebt. Mit entspannter Miene senkte sie den Kopf. Sie hatte genau das gemacht, was auch Itachi ihr empfohlen hätte und es hatte geklappt. Ihre Mundwinkel zogen sich kaum merklich in die Höhe und instinktiv hob sich ihre Hand zu ihrem Hals um ihr Medaillon zu umfassen.

Ruckartig blieb sie stehen. Dort war kein Medaillon. Hektisch tastete sie ihre Haut ab und schnell stießen ihre Finger auf den blutenden Kratzer an ihrem Hals.

„Nein.“, hauchte sie entsetzt und Panik machte sich in ihr breit. Da musste sie es verloren haben. Itachi.

Wie in Trance wandte sie sich um.

„Was tust du?“ Die geschockte Stimme Misukis riss sie aus ihrem Automatismus und sie warf ihr einen schnellen, überraschten Blick zu. Sie hatte ganz vergessen, das sie mit Püppchen unterwegs war.

„Ich muss zurück. Geh schon mal vor.“, rief sie nur und rannte los.
 

Niemals würde sie ihre einzig Möglichkeit Itachi zu retten zurücklassen.

Im Land des ewigen Eis III

Sie wusste nicht woher sie die Kraft nahm, aber sie spürte die Schmerzen nicht mehr. Spürte nicht die gebrochenen Knochen, die sich tief in ihre Brust drückten und auch nicht die zahlreichen Schrammen. Sie spürte nichts mehr. Nichts, außer Itachi hatte noch Platz in ihrem Kopf. Sie war so eine Idiotin. Wie hatte sie nur die Kette verlieren können...

Mit einer Hand stützte sie sich auf einem Stein ab, als sie seitlich darüber sprang. Sie dachte nicht darüber nach, dass es eine idiotische Idee war zurück zu gehen. Alleine und dann auch noch in diesem Zustand. Aber sie sah nichts anderes als Itachis Gesicht vor Augen. Und sie hörte seine Stimme.

„Du bist schuld.“, wiederholte er sich immer wieder in ihrem Kopf und egal was sie versuchte, sie schaffte es nicht seine Worte auszublenden. Sie hatte es ihm versprochen. Sie hatte ihm ihr Wort gegeben, dass sie ihre Schuld begleichen und ihn zurückholen würde. Und sie würde alles geben, um dieses Versprechen zu halten.

Der Schnee wirbelte um ihre Füße als sie ihre Schritte abermals beschleunigte. Ihre Zähne knirschten leise, als sie sie noch härter aufeinander schlug. Sie würde nicht versagen. Nicht dieses Mal.

Alles um sie herum verschwamm. Sie hatte nur ein einziges Ziel, sie würde ihre Kette zurückbekommen.
 

Ein lauter Schrei entfuhr dem Mann als Kyokos Faust in sein Gesicht traf. Niemand von den Fremden hatte damit gerechnet, dass sie zurückkehren würde und so hatte sie den Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Sie spürte Blut an ihrer Faust, als seine Nase knirschend brach und sie verzog das Gesicht. Doch sie hatte keine Zeit. Mit aller Kraft drückte sie sich auf seiner Brust ab und sprang über die Gegner hinweg. Sich jetzt mit ihnen auseinanderzusetzen, würde sie nur aufhalten. Sie keuchte auf, als sie wieder auf den Boden aufkam und ihre Knie einknickte. Bei ihrem Tunnelblick hatte sie gar nicht bemerkt, wie viel Energie sie der Rückweg gekostet hatte. Sie fluchte, nur von ihrem hektischen Atem unterbrochen und rappelte sich wieder auf. Schwach rutschte sie auf dem feuchten Schnee weg, doch dann rannte sie wieder los.

Aus dem Augenwinkel sah sie, dass drei der Männer ihr folgten, während die anderen sich wieder auf den Weg machten. Die Fremden hatten gut kalkuliert. In ihrem jetzigen Zustand würde sie niemals mehr als zwei ihrer Gegner gleichzeitig beschäftigen können.

Langsam machten sich Zweifel in ihr breit. Sie hatte voreilig gehandelt, nur von ihren Gefühlen geleitet. So etwas gehörte sich nicht für einen Shinobi.

„Verdammt, verdammt, verdammt.“, entwich es ihren Lippen immer wieder, während sie im Zick Zack vor ihren Verfolgern floh, die in regelmäßigen Abständen scharfkantige Eisshuriken auf sie schleuderten. Doch wenigstens konnten sie den Abstand zwischen ihnen nicht verringern, dafür war sie noch immer zu schnell. In der Ferne konnte sie bereits die Umrisse des Waldes erkennen, in dem sie ihr Schmuckstück verloren hatte. Wenn alles nach Plan lief, würde sie sie zwischen den Bäumen vielleicht abhängen können, wenn sie ihre letzten Kraftreserven aktivierte. Und dann musste sie die Kette finden. Falls ihr das überhaupt möglich war, schließlich handelte es sich dabei nur um ein kleines Metallherz, das überall im Schnee vergraben sein konnte.

Ein weiteres „Verdammt!“ schlich sich zwischen Lippen hervor, als eine der Eisshuriken ihre Schulter traf und einen tiefen Schnitt hinterließ. Sie musste dringend besser aufpassen und nicht wie eine Irre gedankenlos vor sich hin laufen. Sie schloss einen kurzen Moment die Augen. Konzentriere dich, tadelte sie sich und schlug ihre Augen wieder auf. Sie hatte den Wald bald erreicht, jetzt hieß es handeln.

Zielsicher fuhr sie mit der Hand in ihre Tasche. Sie ertastete einige Kunai und Shuriken, doch da sie fast ausschließlich Mienen und Briefbomben mitgenommen hatte, waren es weitaus weniger als sie bräuchte. Auch ihr Chakra wollte sie nicht mehr als nötig beanspruchen, sonst würde sie bald nicht mehr fliehen können. Ein resigniertes Seufzen entwich ihr. Sie schien ein Händchen dafür zu haben sich in ausweglose Situationen zu bringen und dieses Mal gab es keinen Uchiha, der sie retten würde.
 

Ein schmerzerfülltes Keuchen entfloh ihren Lippen. Sie hatte kaum noch Luft zu atmen, jeder Schritt schmerzte. Ein Husten schüttelte sie und als sie ihre Hand vor den Mund hielt, fühlte sie die kleinen Tropfen, die ihre Handfläche benetzten. Blut. Die lange Klinge musste sie schwerer getroffen haben, als sie vermutet hatte. Sie versuchte sich an einigen Fingerzeichen, doch sie war ungewohnt langsam und auch das Chakra zu bündeln fiel ihr schwer. Und da war der blauhäutige Mann, mit den seltsam spitzen Zähnen schon wieder bei ihr. Mit einem überlegenen Grinsen sah er in ihre blauen Augen. Ihr stockte der Atem. Kurz verschwamm sein Gesicht vor ihren Augen, dann verlor sie den Boden unter ihren Füßen. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrem Unterkörper aus und durchströmte in rasender Geschwindigkeit auch den Rest, bis schließlich sogar ihr Kopf dröhnte. Sie bekam keine Luft mehr, als sie voller Wucht gegen einen Baum prallte und diesen hinter sich knacken hörte. Er brach entzwei und sie wurde unter den herabfallenden Ästen begraben. Kurz schloss sie die Augen. Was gäbe sie darum einfach liegen zu bleiben.

Mit letzter Kraft richtete sie sich wieder auf. Wackelig stand sie auf ihren Beinen, versuchte zu analysieren, was ihr fehlte. Doch es war viel zu viel um es alles zu lokalisieren. Sie hatte kaum noch Chakra. Sie wusste nicht, wie sie es so schnell hatte verlieren können, gab jedoch dem Schwert des Blauhäutigen die Schuld daran. Immer wenn es sie berührte hatte, hatte sie beinahe dabei zusehen können, wie ihr die Energie entzogen wurde.

„Mein Schwert freut sich schon sehr auf den Rest deines Chakras.“, knurrte der Mann vor ihr mit tiefer Stimme. Auch er war nicht mehr unversehrt, blutete aus einigen Wunden an seinem Oberkörper und auch sein komischer schwarzer Umhang mit den roten Wolken war komplett zerrissen. Doch Kyoko hatte dieses Chakrasaugende Schwert nicht mit einkalkuliert und so war sie es, die sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Und wie auf Kommando knickten ihre Beine ein und sie fiel. Gerade noch schaffte sie es ihre Hände auszustrecken und tief trieb sich das faserige Holz in ihre Handflächen. Ihr Gesicht verzog sich vor Schmerz und abermals verschwamm alles vor ihren Augen. Die Umgebung wurde schwarz. Nicht mehr lange und sie würde das Bewusstsein verlieren. Sie brachte es kaum noch fertig zu atmen. Alles tat so weh. Sie biss die Zähne zusammen und spürte ein weiteres Husten ihre Kehle hinaufkriechen. Blut spritzte auf den Boden und schwach ließ sie den Kopf hängen. Sie konnte einfach nicht mehr.

„Dein Chakra muss außergewöhnlich sein. Samaheda ist ganz außer sich.“ Sie schaffte es nicht den Kopf zu heben und nahm nur entfernt war, dass der Haifischmann sich ihr nährte. Alles war so schwammig um sie herum, es fühlte sich bereits so an, als wäre sie nicht mehr auf dieser Welt.

Mit einem wuchtigen Schlag auf ihren Rücken wurde sie auf den Boden gedrückt. Es trieb ihr alle Luft aus den Lungen und sie konnte nicht anders als lautlos zu schreien. Die Schmerzen ließen ihr Herz rasen und verwirrten ihre Gedanken. Konnte sie überhaupt noch klar denken? Sie kniff die Augen zusammen. Ihr Schädel dröhnte als würde er zerspringen wollen. Fest gruben sich ihre Finger in das Holz unter ihr. So ging es also zuende.

Der Druck auf ihrem Körper ließ nicht nach. Sie wurde nach unten gepresst und der Griff ihrer Hand wurde schwächer. Sie merkte, wie ihr Chakra sie verließ. Doch sie war zu schwach sich zu wehren. Ihr Atem beruhigte sich. Wurde langsamer, so langsam, bis er schließlich kaum noch wahrnehmbar war. Auch der Schmerz ließ nach. Lediglich das Pochen ihres Fluchmals drang noch durch sie hindurch. Ihr restlicher Körper war wie in Watte gepackt. Sie blinzelte. Doch die Welt um sie herum verschwamm und wurde schwarz. Es war also vorbei.
 

Sie blinzelte. Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie war orientierungslos. Sie sah Bäume, den dunklen Himmel, den Mond, ein Feuer, eine Person. Sie stockte. Dort am Feuer saß jemand. Sie stemmte einen Arm auf den Boden, doch mit einem Stöhnen brach sie wieder in sich zusammen. Verdammt, ihr gesamter Körper schmerzte.

„Du solltest liegen bleiben.“ Die leise Stimme, die durch die Dunkelheit zu ihr herüberwabberte, ließ sie aufhorchen. Sie kannte diese Stimme. Sie hatte sie schon einmal gehört, vor wenigen Jahren. Scharf sog sie die Luft ein als sie versuchte den Kopf zu heben, um die Person anzusehen.

„Du scheinst nicht gerne auf andere zu hören.“ Fast war es ihr als könne sie ein Schmunzeln aus der Stimme entnehmen. Raschelnd erhob sie die Person. Ein Mann, eindeutig. Gehüllt war er in einen dieser schwarzen Mäntel mit den roten Wolken, den auch ihr Gegner getragen hatte. Konnte es wirklich sein?

Sanften Schrittes trat der junge Mann zu ihr hinüber bis sie sein Gesicht schließlich erkennen konnte. Die knisternden Flammen erhellten ihre Haut, als sie in zwei rote Augen sah. Itachi.

„Was ist passiert?“, fragte ich mit krächzender Stimme und sah dem Uchiha dabei zu, wie er sich an einen Baum sinken ließ.

„Ich war mit Kisame zusammen unterwegs. Du warst fast tot, als ich euch erreichte.“, meinte er schlicht ohne sie dabei anzusehen: „Du musst vorsichtiger sein. Es war dumm von dir ihn zu unterschätzen.“ Sie seufzte laut, obwohl ihr selbst das Schmerzen bereitete und musste husten.

„Jetzt hast du mir also schon zweimal das Leben gerettet. Langsam wird es peinlich.“, murrte sie schwach ohne auf seine Worte einzugehen. Sein Kopf wanderte zu ihr und seine Sharingan fixierten ihren Blick.

„Kyoko, ich habe dir damals deine Gefühle und Erinnerungen nicht zurück gegeben, damit du stirbst.“, sagte er schlicht aber sehr ernst. Keine Regung zeigte sich in seinem Gesicht.

„Warum hast du es überhaupt getan?“ Diese Frage hatte Kyoko schon immer auf der Seele gebrannt. Seit sie ihn damals verlassen hatte. Er fuhr sich durch die langen schwarzen Haare, ehe er ihr noch immer mit neutraler Stimme antwortete: „Sasuke wird dich noch brauchen. Du bist sein Sensei, vielleicht kannst du ihn wieder auf den rechten Weg zurückbringen.“ Überrascht zog Kyoko ihre Augenbraue in die Höhe? Wieso machte sich der Uchiha Gedanken um seinen Bruder? Hatte er nicht selbst seinen ganzen Clan ausgelöscht und nur Sasuke am Leben gelassen, um ihn leiden zu sehen.

„Ich verstehe nicht. Sasuke hat erzählt...“, begann sie ehrlich, doch Itachi unterbrach sie, obwohl es normalerweise gar nicht seine Art war: „Sasuke kennt nicht die Wahrheit. Er darf sie auch nie erfahren. Aber dir werde ich sie anvertrauen, in der Hoffnung, dass du ihm helfen kannst.“ Sie versuchte sich an einem schwachen Nicken. Und Itachi begann zu erzählen. Er berichtete von dem geplanten Attentat und davon, wie er als Spion arbeiten musste. Davon wie er den Auftrag bekam seinen Clan auszulöschen um einen Krieg zu verhindern und davon, dass er es nicht über sein Herz brachte seinen kleinen Bruder zu töten. Als er endete, wagte sie es nicht ein Wort zu sagen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.

„Versprich mir, dass du ihm nichts verraten wirst. Er soll den Namen Uchiha mit Stolz tragen können.“, fügte der Schwarzhaarige schließlich schwach hinzu und abermals versuchte sie sich an einem Nicken. Sie sah, wie sich ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht schlich. Er schien dankbar.

„Wenn ich tot bin, wird er nicht mehr viele Menschen haben, die ihn unterstützen würden. Ich hoffe sehr, dass ich dir seine Beweggründe näher bringen konnte.“ Er verstummt und mit aller Kraft drehte sich Kyoko auf die Seite, um ihn besser ansehen zu können. Er sah so traurig aus und trotzdem so friedlich.

„Ich verspreche dir, Itachi, ich werde mein Bestes geben, um ihn zu unterstützen.“, versprach sie so überzeugend wie möglich. Ein weiterer Husten schüttele sie. Ihre Lungen brannten.

Er lächelte lediglich und nickte.

„Es ist nicht fair, dass du sterben musst.“, erhob sie wieder die Stimme, nachdem sich ihr Körper von dem Husten beruhigt hatte.

„Es gibt keine andere Möglichkeit. Er muss es tun, anders wird er die Ehre des Clans nie wider herstellen können.“

„Ehre, was ist schon Ehre.“, meinte Kyoko daraufhin so laut es ihr möglich war: „Du darfst ihm nicht diese Bürde auftragen, nur um die Ehre eines Clans wiederherzustellen. Er ist dein Bruder. Er liebt dich.“ Sie wollte trotzig die Arme vor der Brust verschränken, doch sie schaffte es nicht sich zu rühren.

„Es ist zu spät.“ Seine Worte waren leise gesprochen, doch sie schienen so final, so wahr. „Ich habe ihn jahrelang darauf vorbereitet mich zu töten. Selbst wenn er die Wahrheit wüsste, er würde es nicht verstehen. Sein Hass ist zu groß.“ Kyoko schluckte schwer. Sie kannte Sasuke, sie kannte seinen Hass. Itachi hatte ganze Arbeit geleistet.

„Aber wenn er dich erst einmal getötet hat, wird sein Hass Befriedigung finden.“, erwiderte die Namikaze mit trauriger Stimme: „Was wäre, wenn ich ein Jutsu entwickle, mit dem ich dich zurückholen kann, nachdem er seine Rachsucht gestillt hat. Ihr könntet euch aussprechen, ihr könntet gemeinsam ein Leben beginnen. Er braucht dich. Er braucht dich so viel mehr als du es dir nur vorstellen magst. Und ich brauche dich auch. Wer soll mir sonst mein Leben retten, wenn ich mal wieder unaufmerksam bin?“ Sie versuchte sich an einem Lachen, doch ein stechender Schmerz ließ sie inne halten. Sorgen breiteten sich in ihr aus. Hatte sie den Mund wohl möglich zu voll genommen?

„Ein Jutsu, das Menschen wiederbelebt?“ Itachi schien verwundert. Etwas, das Kyoko sehr gut nachvollziehen konnte. Sie selbst war verwundert, aber je länger sie darüber nachdachte, desto deutlicher wurde ihr alles.

„Ja, ich lebe bei Orochimaru, habe Zugänge zu seiner Forschung. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Unsterblichkeit.“, erklärte sie ihm. Ihre Gedanken rasten. Sie sah alles vor sich. Das Labor, die ganzen Menschen, die hatten sterben müssen, um das Leben der Schlange zu verlängern. Sie sah seine Ergebnisse und seine Proben und plötzlich ergab alles einen Sinn.

„Ich habe andere Kräfte als er. Sie sind weitaus umfangreicher, außerdem habe ich viel Chakra. Wenn es jemand schaffen kann, dann ich. Außerdem hast du mir jetzt zweimal den Hintern gerettet. Irgendwie muss ich meine Schuld doch begleichen.“ Ein positives Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, doch im Inneren war sie angespannt. Sie war sich sicher, dass sie es schaffen konnte, doch würde auch der Uchiha ihrem Plan zustimmen. Würde er seinen Plan umwerfen, den er bereits seit frühster Kindheit ausgefeilt hatte. Sie sah ihn an. Er schien nachzudenken, sein Kopf auf eine seiner Hände gestützt.

„Bitte, tu es für deinen Bruder. Er verdient es dich kennen zu lernen, denn kein Mensch kann hassen ohne zu lieben, Itachi. Er braucht dich.“, flehte sie beinahe. Er sollte ihr endlich zustimmen und sich helfen lassen. Er hatte sie schon s oft gerettet, jetzt war sie an der Reihe.

Er seufzte ergeben und hob seinen Blick. Seine Augen schienen sie zu durchleuchten, versuchten zu erkennen, ob es ihr ernst war oder nicht. Angespannt rieb er sich den Nasenrücken, bevor er schließlich seine Hände in den Schoss legte.

„Versuch dein Glück. Es wird schwer, wenn nicht sogar unmöglich ein solches Jutsu zu entwickeln. Ich nehme es dir nicht übel, wenn du es nicht schaffst, ich habe meinen Frieden geschlossen“, erwiderte er dann und Kyokos Miene erhellte sich. Sie würde eine Chance bekommen, das gleiche für ihn zu tun, was er für sie getan hatte.

„Danke Itachi, danke, dass du mir die Chance gibst.“ Und sie meinte es ernst, sie war ihm unendlich dankbar dafür, dass er es sie versuchen ließ. Und auch dafür, dass er ehrlich zu ihr gewesen war und dankbar dafür, dass er sie nie sterben ließ, obwohl sie so oft kurz davor war.

„Aber Itachi, wie kann ich mit dir in Kontakt bleiben. Es kann sein, dass ich etwas von dir brauche. Blut oder ähnliches.“, meinte sie dann nachdenklich, doch Itachi erhob lediglich eine Hand. Es dauerte keine Sekunde, bevor eine anmutige schwarze Krähe auf seiner Handfläche erschien. Die Augen des Tieres waren tiefrot, wie die Itachis. Mit einem lauten Aufschrei breitete der Vogel seine schönen Flügel aus und Kyoko betrachtete mit großen Augen, wie er sich in die Lüfte schwang und im Sturzflug auf sie zukam. Ihre Muskeln spannten sich an. Sie wollte ihm ausweichen, doch noch immer verweigerte ihr Körper jede Regung. Sie schloss die Augen, bereit für den Aufprall. Doch ein Aufprall blieb aus und lediglich ein leichtes Kribbeln ergriff ihre Brust. Vorsichtig blinzelte sie einmal, bevor sie ihre Augen plötzlich überrascht aufriss und nur noch sehen konnte, wie die schwarze Krähe in ihrer Brust verschwand.

„Schick sie zu mir, wenn du mich brauchst und ich werde dich finden.“
 

Sie prallte gegen einen Baum, als ihr Bein einknickte. Verdammt, sie war zu schwach, um ihnen noch lange entkommen zu können. Einen kurzen Moment lehnte sie sich gegen den kalten Stamm und atmete tief durch. Nur einen kurzen Moment Pause, sie musste nachdenken, sie musste sich einen Plan zurecht legen, sonst würde sie innerhalb der nächsten Minuten sterben.
 

“Schick sie zu mir, wenn du mich brauchst und ich werde dich finden.“
 

Sie riss die Augen auf. Fast war es so, als hätte sie Itachis Stimme gehört. Sie hob die Hand, konzentrierte den letzten Rest ihres Chakras auf ihrer Handfläche und sofort kroch die wundersame schwarze Krähe daraus empor. Sie flatterte mit den Flügeln.

„Auch wenn du nicht mehr lebst, Itachi, vielleicht wirst du mich ja trotzdem finden.“, flüsterte sie leise. Die Krähe sah sie einen Moment an, ehe sie mit einem einzigen Flügelschlag zwischen den Bäumen verschwand. Hektisch atmend, stützte sie ihre Hände in die Hüften. Auch wenn es vielleicht doof klang, so hatte sie doch das Gefühl, dass er ihr helfen würde, so wie er es immer getan hatte, wenn sie sich unüberlegt in einen Kampf geworfen hatte, den sich nicht gewinnen konnte. Ein wehmütiges Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Auch wenn er vielleicht nicht lebte, so war sie sich sicher, dass er immer noch auf sie aufpasste. Und auch sie würde nun auf ihn aufpassen, sie würde ihn nicht aufgeben.

Eine letzte Kraftreserve aktivierend stieß sie sich von dem Stamm ab und setzte sich wieder in Bewegung. Sie war langsamer als zuvor, vernahm bereits die Schritte ihrer Gegner hinter sich, aber sie würde es schaffen. Sie folgte den Spuren im Schnee und sie wurden immer dichter. Nicht mehr lange und sie würde den Ort erreichen, an dem sie gekämpft hatten.

Mit einem Keuchen torkelte sie zwischen den Bäumen hervor. Sie sah das Blut auf dem Boden, hier war es gewesen. Sie erkannte den Baum, an dem sie gestanden hatte. Sie stürzte nach vorne. Hier musste sie liegen. Ihre Hände gruben sich in den rot gefärbten Schnee und tasteten hektisch hin und her. Hier musste sie sein. Sie konnte sie nirgends sonst verloren haben. Sie biss sich auf die Lippe. Der kalte Schnee brannte auf ihren malträtierten Händen, doch es störte sie nicht, denn als ihre Finger ein Metallkettchen umschlossen, breitete sich schlagartig Wärme auf ihrer Haut aus. Tränen der Erleichterung traten in ihre Augen. Sie hatte sie gefunden. Schnell hob sie sie vor ihre Augen, schüttelte sie leicht, um sie von dem Blut zu befreien, bevor sie das Amulett wieder um ihren Hals band. Nie wieder würde sie es verlieren, versprach sie sich, denn ohne die feine Kette, fühlte sie sich einfach nicht komplett.

Doch ihre Erleichterung und Freude darüber, das gesuchte Schmuckstück endlich gefunden zu haben, hielt nicht lange, denn schon kündigte ein lautstarkes Knacken die Ankunft ihrer Gegner an. Sie stöhnte leise und ließ sich kraftlos auf den Hintern fallen und lehnte sich an einen Baum. Tief atmete sie aus, als sie zu ihren Gegner herauf blickte.

„Jetzt wäre ein guter Moment, Itachi.“, dachte sie bei sich und ließ erschöpft den Kopf sinken: „Ein wirklich sehr guter Moment.“

Sie hörte die Schritte der Männer vor ihr auf dem Boden, doch sie konnte nicht mehr. Sie war dumm gewesen, dumm und unvorsichtig, aber jetzt war es zu spät. Ihr letzter Rest Kraft war aufgebraucht, sie war kaum noch fähig dazu ihre Augen offen zu halten, so müde war sie. Sie wollte nur noch schlafen.

Ein lautes Krähen ließ sie dann doch noch einmal aufblicken. Sie sah zwei rote Augen in der Dunkelheit.

Itachi?

Die schwarze Krähe schoss zwischen den Bäumen hervor und verschwand mit einem lauten Aufschrei wieder in ihrer Brust. Schwach hob sie die Hand an die Stelle wo der Vogel verschwanden war. Anscheinend hatte sie ihren Besitzer nicht finden können. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht.

„Es tut mir Leid, dass ich mein Versprechen anscheinend doch nicht halten konnte. Ich habe mein Bestes gegeben.“, entschuldigte sich still bei ihrem besten Freund und warf einen kurzen Blick Richtung Himmel. Dieses Mal würde er wohl nicht kommen, um ihr das Leben zu retten.

Irgendwann wandte sie den Blick von dem Firmament ab. Dass sie noch immer nicht angegriffen worden war, verwunderte sie. Die Männer hätten ihr längst den Garaus machen können. Mit halb geöffneten Augen sah sie hinab und ihr Mund klappte auf. Da standen die Männer, doch sie bewegten sich nicht. Es war als hätten unsichtbare Fesseln sich um sie gewickelt, die sie auf Ort und Stelle hielten. Sie wollte sich aufrichten und nachsehen, was ihr da den Hintern gerettet hatte, doch noch immer gehorchte ihr Körper ihr nicht.

Plötzlich trat ein junger Mann aus dem Schatten. Er hatte seine Finger verschränkt, schien für die unsichtbaren Fesseln verantwortlich sein. Unter seinem schwarzen Zopf sah man sein angestrengtes Gesicht. Einen kurzen Moment dauerte es, dann sah sie sein Konoha-Stirnband und sofort entspannte sie sich und schloss abermals die Augen.

„Du, wie geht es dir?“ Eine hohe, weibliche Stimme neben ihr ließen sie ihre Augen ein weiteres Mal kraftlos aufschlagen, sie wollte doch nur schlafen und doch brachte sie ein schwaches Nicken zustande.

„Kein Chakra mehr.“, keuchte sie leise und die junge Frau mit dem langen blonden Zopf nickte verstehend.

„In Ordnung, ich werde deine Wunden heilen.“, sagte sie und sofort spürte Kyoko die angenehme Wärme, die die Hände der Blonden auf ihrem Körper hinterließen. Es war, als entzögen sie ihr all den Schmerz. Sie seufzte wohlig.

„War die Krähe von dir?“, wollte die Blonde dann wissen und überrascht zog sich eine von Kyokos Augenbrauen in die Höhe.

„Die Krähe?“, wiederholte sie, während ihre Augen wieder zu fielen und sie in Dunkelheit hüllte.

„Ja, sie hat uns hierher geführt.“

Ein sanftes Lächeln schlich sich auf Kyokos geschundene Lippen, bevor sie langsam in einen tiefen traumlosen Schlaf driftete.
 

Auf Itachi war selbst nach seinem Tod noch Verlass. Er würde wohl nie damit aufhören, ihr das Leben zu retten.

Eine Mission, nicht der Rede wert (Vergangenheit)

Die Mission klang eigentlich leicht. Das Dorf vor den Nuke-Nin schützen und diese ausschalten, mehr war es nicht. Sie waren zu acht. Zwei Viererteams, genauso wie es üblich war. Ihre Gegner waren laut der Angaben, die ihnen Meister Sarutobi persönlich überbracht hatte, lediglich zu siebt. Eine Kleinigkeit also, eine Mission, die kaum der Rede wert war.
 

Der Schlamm spritzte an ihnen empor, als sie über den durchweichten Boden rannten und besprenkelte ihre Kleidung. Kyoko war bereits völlig durchnässt. Ihre Kleidung hing schwer von ihren Gliedern und die Feuchtigkeit gepaart mit dem kalten Wind ließ sie frieren. Zum Glück war der Weg nicht weit. Es war ein kleines Dorf, nahe Konoha, das Hilfe angefordert hatte und sie hatten bereits ein gutes Stück Weg hinter sich gebracht und sie würden ihr Ziel in den nächsten Minuten erreichen. Das Tempo, das von ihren Kollegen an den Tag gelegt wurde, hatte die junge Kunoichi überrascht. Sie war kaum mehr als eine Woche Chu-Nin und dies war ihre erste Mission in dieser Position und sofort war ihr klar geworden, dass hier ein ganz anderes Niveau herrschte. War sie bei ihren letzten Missionen als Ge-Nin noch herausgestochen mit ihren Leistungen, so musste sie sich hier bereits anstrengen, um lediglich Schritt zu halten mit den anderen Shinobi.
 

Die Shinobi wussten nicht, was sie erwartete. Zwar hatte jeder von ihnen im Stillen spekuliert, aber wahrscheinlich hatte sich niemand etwas so Schreckliches ausgemalte, wie das was sie letztendlich vorfanden. Es war dunkel. Das ganze, kleine Dorf war in schwarzen Rauch gehüllt und verwehrte ihnen jeglichen Blick auf das, was sie erwarten sollte. Es roch nach Feuer und Tod. Es stank nach Blut und Kyoko musste sich die Nase zuhalten, als sie langsam und vorsichtig die ersten Schritte vorbei an der gewaltigen Stadtmauer machten.

„Seid wachsam!“, flüsterte ein Ninja aus Team eins und schritt allen voran. Was sie sahen ließ ihren Atem stocken. So schwer es auch war etwas zu sehen ,so sahen sie doch genug, um sich ein Bild davon machen zu können, was hier geschehen war. Hier hatte ein Massaker stattgefunden. Die toten Körper lagen überall verteilt. Mit verrenkten Gliedern saßen einige von ihnen noch auf Stühlen, andere hatte wohl versucht die Flucht zu ergreifen und waren auf dem Weg ermordet worden.

Direkt vor Kykos Füßen lag ein Mann. Er war vielleicht 25, hatte noch mindestens die Hälfte seines Lebens vor sich gehabt und doch würde er seine Ziele und Träume nicht weiter verfolgen können.

Langsam ließ sie sich neben ihm nieder. Widerwillig betastete sie seinen Hals, versuchte einen Puls zu finden, aber vergeblich. Die Augen des Mannes waren leer und sein Körper war bereits kühl. Dabei sah man ihm die Geschehnisse gar nicht an. Seine Kleidung war zwar staubig, aber nicht blutgetränkt, wie es bei einigen anderen Leichen der Fall war und sein Körper wies keine größeren Verletzungen auf. Nur zwei kleine Einstiche unterhalb seines Kiefers. Gift, vermutete Kyoko. Mit einer vorsichtigen Handbewegung schloss sie dem Mann die ausdruckslosen dunklen Augen. Sie konnte nicht mehr für ihn tun, als seine Augen vor dem Leid zu verschließen.

Langsam kroch sie weiter. Ein junge Frau befand sich neben ihr, den Kopf Richtung Boden gedreht. Sie hockte sich neben sie, hoffte auf ein Lebenszeichen, denn auch sie schien unverletzt. Zögernd legte die Braunhaarige eine Hand auf ihre staubbedeckte Schulter. Ihre Haut war warm. Sie spürte den Unterschied genau. Ein kleiner Funke Hoffnung keimte in ihr auf und mit aller Kraft zog sie die Frau auf den Rücken. Starr blickte sie gen Himmel. Auch ihre Augen war leer und kalt. Auch sie war bereits verstorben. Kyoko seufzte traurig. Wer konnte nur etwas so schreckliches anrichten? Sie glaubte nicht mehr an Überlebende. Die Killer waren zu gründlich gewesen, als das jemand hätte entkommen können. So schloss sie auch der Frau die Augen und blickte sich um. Ihre Teamkollegen suchten ebenfalls nach Überlebenden, aber an ihren Bewegungen erkannte sie, dass auch sie bereits aufgegeben hatten.

Plötzlich hörte Kyoko etwas vor sich. Sofort spannte sich ihr Körper an. Eine Berührung an ihrem Bein und sie wirbelte herum, bereit sich sofort zu verteidigen. Sie zog ein Kunai. Die scharfe Klinge blitzte in dem spärlichen Licht des Mondes, das den dichten Rauch überbrücken vermochte. Sie wollte aufspringen, aber eine plötzliche Bewegung vor ihr hielt sie zurück. Eine Hand umgriff ihr Handgelenk und hielt sie in eisernem Griff. Alle Luft entwich ihren Lungen und sie keuchte vor Schreck. Sie hielt sie fest. Sie, die Frau, die Kyoko vor wenigen Sekunden für tot erklärt hatte. Sie röchelte und ein kleiner Schwall Blut ergoss sich aus ihrem Mund. Sie hustete leise und schwach.

„Sie brauchen Hilfe!“, flüsterte die junge Kunoichi ihr panisch zu und wollte sich ihrem Griff entwinden und erheben.

„Nein..“, krächzte sie. Ihr Stimme war kaum vernehmbar, schwach, so als hätte sie mehrere Wochen nichts getrunken und heiser, als hätte sie monatelang geschrien. Ihr Griff verstärkte sich.

„Sie werden sterben, wenn ich nichts tue!“, entgegnete Kyoko hektisch, darauf bedacht endlich von ihr los zukommen. Die Frau zog sie jedoch näher zu sich heran. Kaum ein Zentimeter Luft ließ sie zwischen ihren Gesichtern. Leise, mit dieser unsäglich überanstrengten Stimme fing sie an zu sprechen und die Braunhaarige drehte ihren Kopf leicht, um ihre Worte besser vernehmen zu können.

„Sie nahmen uns unsere Kinder“, sagte sie: „sie wollten nicht, dass irgendwer erfuhr, wer sie sind... sie warnten uns still zu sein, aber es waren doch unsere Kinder.“ Sie fing an zu weinen. Leicht schüttelten ihre Schluchzer ihren geschundenen Körper und trugen sie ein bisschen weiter fort von hier. „Wir mussten Konoha informieren.. es war doch unsere einzige Chance.“ Traurig sah sie Kyoko an. Elendig und schuldbewusst. Plötzlich wandelte sich ihr Ausdruck. Angst stahl sich in ihre großen, reinen Augen und nahm die Trauer mit sich. „Dann kam er“ Sie kniff ihre Augen zusammen. Grausame Erinnerungen hatten sie in ihren Bann gezogen und hielten ihren Geist gefangen. Sie zitterte. Der Druck auf Kyokos Handgelenk wurde stärker. Als sie auf einmal ihre Augen aufschlug war es anders. Sie sah die Kunoichi an. Sie hatte das erste Mal das Gefühl, dass sie wirklich da war, hier in der Realität. „Wenn er kommt, dann kämpfe nicht, flieh...!“, hauchte sie ihr in das Ohr. Dann hustete sie ein weiteres Mal. Kleine Blutspritzer entsprangen ihren roten Lippen. Sie keuchte. Ihr Körper wand sich auf dem dreckigen Boden. Ein weiteres Keuchen. Schwach schnappte sie nach Luft. Ein Rasseln entwich ihrer ausgedörrten Kehle. Ein Gurgeln. Stille. Schwach fiel ihre eben noch so starke Hand auf den Boden.

Kyoko sog scharf die Luft ein. Sie spürte, wie ihr die Tränen über die Wange liefen, aber es interessierte sie nicht. Mit aller Kraft, die ihr zur Verfügung stand, robbte sie nach hinten. Weg von ihr. Weg von dem ganzen Tod. Mit ihrer Hand stieß sie an etwas hartes. Panisch drehte sie sich um und blickte in ein weiteres leeres Gesicht. Sie schrie, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie wollte das hier nicht mehr sehen. Ihre Hände stanken nach Blut. Erinnerten sie an das Gesicht der Frau, als sie sie mit diesen aufgerissenen Augen angestarrt hatte. Erinnerten sie an ihre Furcht und an ihre Qualen, bis sie letztendlich starb. Aber Kyoko wollte nicht erinnert werden. Übelkeit begann in ihr aufzukeimen und sie musste schlucken um sich nicht sofort zu übergeben. Von überall beobachteten sie sie. Ihr kalten, toten Blicke verfolgten jede ihrer Regungen. Ihre geschundenen Stimmen klagte sie traurig an. Wieso war sie nicht hier gewesen um sie zu retten?

Der Himmel weinte mit ihr. Schwere Tropfen vielen auf ihr Haupt und vermischten sich mit ihre Tränen. Er deckte die Toten zu, reinigte sie von Staub und Blut. Und säuberte sie von all dem Leid, das sie ertragen mussten, um sie rein zu machen für die Reise.

„Die Dreckskerle wussten, das wir kommen und haben alle Informationsquellen beseitigt!“, fluchte ein Mann aus Team eins. Er stampfte fest mit dem Fuß auf den nassen Boden und der Schlamm spritze nur so durch die Luft.

„Das kann nicht sein.“, erwiderte die Blondine aus Kyokos Team ernst: „Woher sollten sie...“ sie stockte. Langsam schüttelte sie ihren Kopf und verzerrte ihr schönes Gesicht zu einer panischen Maske. „Das kann nicht sein!“, wiederholte sie leise, mehr um sich selbst zu überzeugen. Sie alle wussten, dass es keine andere Möglichkeit als diese gab. Fluchend wandte sie sich ab, ging in Richtung Stadtmauer und schlug mit all ihrer Kraft dagegen. Sie schrie. „WER VON EUCH ARSCHLÖCHERN WAR ES?“ Sie hatte begonnen zu weinen. Wutverzerrt blickte sie die anderen Shinobi an. Sie durchleuchtete sie, alle der Reihe nach, um denjenigen zu finden, der Schuld war an all dem Leid um sie herum. „ICH WERDE EUCH ALLE TÖTEN, WENN IHR MIR NICHT SAGT, WER VON EUCH ES WAR!“, fauchte sie die anderen an und zückte bedrohlich ihr Messer.

„Du wirst sterben, bevor du nur einen von uns berührt hast.“, entgegnete der Mann aus Team eins. Sie fluchte noch einmal laut, schien aber zu verstehen. Widerwillig steckte sie ihr Messer ein und beäugte die Teams misstrauisch. Auch Kyoko wagte es aufzusehen. Langsam und aufmerksam betrachtete sie sie alle der Reihe nach.  So uneinig sie sich auch darüber waren wer es getan hatte, so waren sie sich doch einig darüber, dass es jemand getan haben musste. Die Braunhaarige blickte in die starren Gesichter der anderen. Sie wussten genauso wenig wie sie, was sie nun tun sollten. Es gab keine Regeln für diesen Fall und ihnen war klar, dass eine falsche Entscheidung den Tod aller bedeuten konnte. Denn es gab jemanden hier in der Gegend, der es schaffte ein ganzes Dorf auszulöschen und die Shinobi ahnten bereits, dass er auch vor ihnen keinen Halt machen würde. Und was noch viel gefährlicher war: Mitten unter ihnen befand sich eine Person, die anscheinend stetig in Kontakt zu dem Mörder stand und ihn über jeden ihrer Schritte informierte.
 

Schwitzend lehnte sie sich an die kratzige Rinde des großen Baumes hinter ihr. Erschöpft legte sie den Kopf in den Nacken und konzentrierte sich darauf ihre Atmung zu normalisieren. Sie waren lange gerannt. Mindestens zwei Stunden ohne eine einzige Pause. Eine große Fläche hatten sie so bereits abgesucht, aber jetzt brauchte ihr ganzes Team eine Pause, auch wenn sie ihr Soll bei weitem noch nicht erfüllt hatten. Der Plan hatte sich kaum geändert. Die Teams hatten sich getrennt, suchten eigenständig nach den mörderischen Nuke-Nin. So hatte wenigstens ein Team eine Chance. Alle hatten das Risiko auf sich genommen. Das Risiko, dass der Verräter unter ihnen war, sie verriet und sie alle sterben würden. Es war die Pflicht eines Shinobis sein Leben für eine Mission zu geben und doch war niemand überzeugt gewesen von dem Plan, der wahrscheinlich vier von ihnen das Leben kosten würde.

„Iss etwas!“ Kyoko öffnete langsam ihre müden Augenlider und blickte nach rechts. Gou, ein alter Mann aus ihrem Team hatte sich zu ihr gesellt und hielt ihr eine trockene Scheibe Brot hin. Sie nahm sie dankend an und genoss sie als wäre es ein Festmahl, solch einen Hunger hatte sie. Gou beobachtete sie still. Es machte Kyoko ein wenig nervös so durchleuchtet zu werden, aber sie wagte es nicht etwas zu entgegnen, solche Angst hatte sie ihn zu vergraulen.

„Es tut mir Leid für dich, dass du direkt auf solch eine Mission geschickt wurdest.“, sagte er plötzlich: „Du musst wissen, ich habe schon viele Missionen erledigt, aber eine Mission von diesem Ausmaß ist selten.“ Mitleidend lächelte er sie an. Seine müden, alten Augen fixierte die ihren, fesselten ihren Blick und lasen aus ihnen. Sie fragte sich, was sie ihm wohl über sie erzählten, aber sie ging davon aus, dass es nichts schlechtes war.

„Du hast die gleichen Augen, wie dein Bruder.“, meinte er und Kyoko musste unwillkürlich lächeln. Ja, er hatte Recht. Die azurblauen Augen lagen in der Familie. Selbst ihr Vater hatte eben diese gehabt. Kurz schwelgte er in seinen Erinnerungen, dann erhob er sich mit knackenden Knochen.

„Wir halten immer zu zweit Wache.“, rief er den anderen zu: „So ist garantiert, dass wir nicht hinterhältig im Schlaf getötet werden können.“ Er ging zu den anderen, die bereits ihre Schlafplätze hergerichtet hatten. Kyoko folgte ihm widerwillig und tat es ihnen gleich.

„Am besten schlafen das Baby und der Opa.“ Gehässig sah der unheimliche Shinobi mit den schwarzen Augen sie an und lachte. Es machte sie wütend, dass er sie so nannte und sie sog scharf die Luft ein und setzte zu einer Entgegnung an, als sich Gou vor sie stellte.

„In Ordnung.“, erwiderte er nur und die Jüngste des Teams verstand, dass er Recht hatte. Mit einem Seufzer gab sie sich geschlagen. Sie brauchte den Schlaf, um ihren Körper wieder genügend Energie zu Verfügung stellen zu können. Müde kuschelte sie sich in ihre Decken und schloss die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie eigentlich wirklich war. Sie gähnte herzhaft und drehte sich auf die Seite. Dann schlief sie auf der Stelle ein.
 

Sie träumte nicht. Sah lediglich diese große schwarze Fläche, diese Leere, die ihren Körper ergriffen hatte. Doch da war dieser Duft. Er umgab sie und Kyoko sog ihn mit Freude ein. Er war angenehm, erinnerte sie an Freiheit. Er war ihr vertraut und brachte ihr Erinnerungen an Konoha. Sie konnte ihn nicht wirklich zuordnen, aber er gefiel ihr. Er roch männlich, ließ ihr Herz schneller schlagen und sie still lächeln. So viel sie konnte inhalierte sie den Geruch und prägte ihn in jeder Zelle ihres Körpers ein. Er erwärmte sie von innen heraus und nahm ihr einen Teil ihrer anhaltenden Furcht. Er brachte ihr diese Geborgenheit und fast spürte sie leichte Berührungen an ihrem Rücken, die sich langsam zu ihrem Hals tasteten. Plötzlich wurden die Berührungen stärker, wurden unangenehm und brutal. Ein stechender Schmerz ließ sie auffahren. Warmes Blut lief an ihrem Hals hinab und tropfte auf die Erde. Erschrocken wirbelte sie herum und blickte in zwei schwarze Augen.

Der unheimliche Mann lag direkt über ihr. Grausam lächelte er sie an, in seiner rechten Hand blitzte ein scharfes Messer auf. Kyoko spürte seinen angestrengten Atem auf ihrer Haut, fühlte seinen Schweiß, der in kleinen Tropfen von seinem angespannten Körper fiel.

Sie brauchte einige wenige Sekunden, um zu verstehen in was für einer brenzligen Situation sie sich befand. Er war der Verräter. Und jetzt wollte er sie alle umbringen. Sie spannte ihre Muskeln an und mit aller Kraft die sie hatte trat sie dem grausamen Mörder in den Magen. Sie schleuderte ihn von sich und mit einem lauten Aufschrei landete er auf dem Rücken. So schnell ihr Körper es zuließ, sprang sie auf. Mit einer fließenden Bewegung brachte sie sich in Abwehrstellung, grade noch rechtzeitig, schon war er wieder bei ihr. Seine Klinge sauste scharf an ihrem rechten Ohr vorbei und er grinste hämisch. Erschreckt duckte sie sich, ein Fehler wie sich herausstellte. Mit voller Wucht knallte sie gegen einen Baum. Ihr Kopf wurde nach hinten geschleudert, prallte an den Baum und ließ ihr Sternchen vor ihren Augen erscheinen. Ihr wurde schlecht. Kyoko würgte und erbrach sich neben ihren Füßen. Sie keuchte. Immer wieder wurde ihr schwarz vor Augen und alles verschwamm. Nur schemenhaft nahm sie den Shinobi wahr, der auf sie zu kam. Die Kunoichi erkannte nicht einmal das Messer, das er noch immer in der Hand hielt. Ihre Beine wurden weich. Langsam sackte sie zusammen. Sie kämpfte darum bei Bewusstsein zu bleiben, doch immer wieder wurde alles um sie herum schwarz. Sie krallte ihre Hände in die Erde. Sie musste kämpfen, es war ihre Pflicht zu kämpfen. Immer näher kam ihr der unheimliche Shinobi, mit jeder Sekunde, die sie mit sich selbst ringen musste, überbrückte er einige Meter. Sie keuchte. Drückte sich hoch, versuchte auf ihren schwachen Beinen Halt zu finden. Sie zog ein kleines Messer hervor. Zitternd streckte sie es ihm entgegen und grub die Finger ihrer anderen Hand tief in die Rinde des Baumes. Tief atmete sie ein. Nach und nach wurde das Bild wieder klarer, aber die Stärke wollte und wollte einfach nicht in ihren Körper zurückkehren. Sie erblickte einen Körper links. Verrenkt lag er auf dem Boden, umgeben von einigen roten Pfützen.

„Hey..“, keuchte Kyoko in die Richtung des leblosen Körpers. Eigentlich erwartete sie keine Regung, doch der Wunsch nach Rettung war größer, als ihr Sinn für die Realität.

Mit jeder Sekunde, die sie am Leben blieb, wurde ihr Blick wieder klarer und ihre Gedanken ordneten sich langsam. Sie erkannte den Körper. Es war das junge, blonde Mädchen, das dem unheimlichen Mann zum Opfer gefallen war. Sie wendete sich von ihr ab. Sie konnte ihr nicht mehr helfen und sie wusste, dass sie ihre Aufmerksamkeit, ihrem tendenziellen Mörder zuwenden musste. Aber noch immer wollte sich ihr Körper nicht bewegen. Er belächelte sie. Ihr vorgestrecktes Messer stellte für ihn keine Gefahr dar. Seufzend gab Kyoko ihm Recht. Im Moment war es keinerlei Hindernis für ihn.

Sie sah seinem Körper an, dass er sich auf den letzten Angriff vorbereitete. Die Muskeln spannten sich an und in sein Gesicht trat eine unheimliche Mordlust. Sie hatte Angst. Plötzlich sprang er. Mit einem gewaltigen Satz überbrückte er die letzten Meter und riss sein Messer nach vorne. Eine schnelle Handbewegung rettete ihr das Leben. Kyoko drückte sein Messer nach links und es durchdrang ihre Schulter, durchschnitt die Muskeln, aber verfehlte ihr Herz. Der Schmerz durchdrang ihren ganzen Körper. Unbeweglich fiel ihr Arm zur Seite. Blutströme liefen an ihm hinab. Warm tropfte das rote Nass von ihren Fingern und bildete große Pfützen zu ihren Füßen.

„Das war gar nicht mal schlecht.“, fluchte ihr Gegner böse grinsend und entzog sein Messer ihrem Körper. Sie schrie, so stark war der Schmerz, den er hinterließ.

„Wieso .. tust du das?“, brachte Kyoko keuchend, mit brüchiger Stimme hervor. In ihren Augen waren Tränen gestiegen, machten die Umgebung wieder verschwommen.

„Er hat mir Unsterblichkeit versprochen.“, strahlte er sie an. Seine Augen weiteten sich und er starrte sie an. „Unsterblichkeit!“, keuchte er glücklich: „Wer will das nicht?“ Er holte wieder mit seinem Messer aus und sie sah ihm an, dass er bereit war wieder zuzustoßen.

„Er?“, fragte die Braunhaarige verwirrt und er fing an zu lachen. Wissend öffnete er den Mund, setzte zu einer Antwort an, als er plötzlich erstarrte. Seine Augen waren vor Schreck weit geöffnet, sein Mund formte noch immer seine nächsten Worte. Entsetzt starrte sie ihn an. Er ließ sein Messer sinken und dann fiel er vor ihr auf die Knie. Dann sackte er tot in sich zusammen. Vor ihr stand Gou, seine Hand blutbeschmiert.

„Du hast ihn getötet!“, stotterte Kyoko vor sich hin und blickte ihn erleichtert an. Doch mit ihrer Erleichterung kamen auch die Schmerzen. Sie stöhnte und ihre Hand schnellte zu ihrer Wunde um den Blutfluss zu stoppen, doch bald trat die rote Flüssigkeit durch ihre Finger hindurch.

„Geht es dir gut?“, hörte sie die schwache Stimme von Gou über ihr und sie nickte. Es würde gehen, sie war nicht tödlich verletzt worden.

„Ja, ich werde es überleben.“, antwortete sie schlicht mit zusammengebissenen Zähnen nur unterbrochen von ihrem hektischen Atem.

„Gut.“, flüsterte er: „Ich brauche dich nämlich lebendig!“ Langsam, überrascht von seinen Worten blickte Kyoko auf. Sie verstand nicht genau, was geschah, aber bereits nach wenigen Sekunden war ihr klar, dass es sich hierbei um nichts Gutes handeln konnte. Sie erhob sich angestrengt und beobachtete genau, was dort vor ihr passierte. Gou, der liebenswerte Mann, der immer freundlich und gutmütig gewesen war, hatte sich verändert. Grausamkeit prägte sein Gesicht und er grinste auf eine bösartige Art und Weise. Kyoko war verwirrt. Hatte sie ihm nicht vertrauen können? Dann hob Gou eine Hand und führte sie zu seinem Gesicht. Mit einer plötzlichen Bewegung riss er an seiner Haut und sie schrie auf. Langsam löste sich das falsche Gesicht. Die vom Alter geprägten Gesichtszüge schwanden und ein neues Gesicht trat an dessen Stelle. Es war das Gesicht einer Schlange. Ein grausames Gesicht. Ein Gesicht, das jedem in Konoha bekannt war.

Plötzlich machte alles einen Sinn. Die kleinen, punktartigen Verletzungen an den Leichen und die Rede von der Unsterblichkeit. Sie zitterte.

„Wenn er kommt, dann kämpfe nicht, flieh..!“

Langsam und vorsichtig machte sie ein paar Schritte zurück. Dann drehte sie sich um und rannte. Rannte um ihr Leben.
 

Laut und dröhnend hallten ihre schnellen Schritte auf dem Waldboden. Sie hielt ihre verletzte Schulter fest umgriffen, versuchte das Blut zurückzuhalten, das mit jedem Tropfen einen Teil ihrer Energie nahm. Gehetzt blickte sie sich um. Überall um sie herum waren dunkle Bäume und ein klein wenig Nebel umgab sie. Aber es waren nur Nebel und Bäume und das beruhigte sie zutiefst. Nach und nach verlangsamte sie ihre Schritte, schaute sich um, um ja keine Regung zwischen den dichten Blättern zu verpassen. Sie trabte nur noch, doch jede Sekunde war se bereit wieder zu fliehen. Ein leises Knacken neben ihr ließ sie zusammen zucken und an die Seite springen. Sie keuchte und kalter Angstschweiß lief über ihre Stirn und verfing sich letztendlich in ihren verstrubbelten Haaren. Schnell zog sie ein Kunai hervor. Die einzige Waffe, die sie noch bei sich hatte. Der Rest lag noch immer neben ihren Decken in ihrem Lager, wo nun er sich befand. Es gab für sie also keine Möglichkeit mehr an ihre anderen Waffen zu kommen. Er hatte sie nun. Würde sie vielleicht sogar mit ihren eigenen Waffen töten, wenn er sie finden würde. Allein bei dem Gedanken an den Mann ließ ihre Beine zittern. Sie wurden weich und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Verzweifelt lehnte sie sich an einen der Bäume und atmete tief durch. Sie musste sich beruhigen, sonst würde sie eine leichte Beute für die Schlange werden. Die Tränen der Verzweiflung liefen in kleinen Bächen ihre Wangen hinab. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ich war zu jung, um eine Entscheidung zu treffen, die über das Leben vieler entscheiden sollte. Sie war viel zu jung! Sie hätte es wissen müssen und ihr Bruder hätte es auch wissen müssen. So wie alle anderen in Konoha. Sie war nicht reif genug gewesen, um ein Chu-Nin zu werden und jetzt war alles so eingetroffen, wie es alle vermutet hatten. Sie war zu schwach! Zu unreif und nicht klug genug, um mit dieser Situation fertig zu werden. Es hätte nie so weit kommen dürfen.

Langsam sackte sie zusammen. Verzweifelt versteckte sie ihr Gesicht in ihren Armen und weinte. Sie schluchzte und war sich sicher, dass sie hier innerhalb dieses grässlichen Waldes ihr Ende finde würde.

„Minato..“, keuchte sie: „Es tut mir so Leid, Bruderherz..“ Immer schneller liefen ihr die Tränen aus den Augen und vernebelten ihr die eh schon eingeschränkte Sicht.

„Kushina..“, flüsterte sie: „Ich will doch zu euch zurückkommen.. ich liebe euch doch.“ Je mehr sie an sie dachte, desto mehr weinte sie. Sie wollte nicht erkennen, dass sie ihre Familie vielleicht niemals mehr wiedersehen würde.

Doch die Gedanken an die Personen, die sie liebte, ließen ihren Lebenswillen mehr und mehr wachsen. Ja, Kyoko wollte zu ihnen zurück. Egal wie. Langsam und zitternd erhob sie sich. Ihr war schwindelig, ihr Körper war ziemlich angeschlagen. Wieso hatte sie dieser Mistkerl nur so überraschen können? Kyoko fluchte leise als sie ihre ersten Schritte machte. Sie musste fluchen. Brauchte die Wut, die sie nun antreiben und die Angst überdecken konnte. Und sie brauchte die Liebe. Die Gedanken an Kushina, Minato und alle die sie in Konoha kannte, denn nur durch sie hatte die Kunoichi ihren Lebenswillen zurückgewonnen und konnte ihn aufrecht erhalten.

Vorsichtig und bei jedem Schritt darauf bedacht bloß keine Geräusche zu machen bewegte sie sich weiter vorwärts. Starr blickte sie nach vorne, suchte nach irgendwelchen Anzeichen, dass er sich hier befand. Hier, direkt vor ihrer Nase. Der seichte Wind hatte sich gelegt. Sie spürte nichts mehr, bis auf einige Äste, die in unregelmäßigen Abständen an ihren Körper schlugen, während sie sich einen Weg durch die Dunkelheit bahnte. Sie bewegte sich nicht schnell, sparte lieber einen Teil ihrer Energie, die sie sicherlich noch benötigen würde. Er würde sie nicht einfach ziehen lassen, dessen war sie sich bewusst. Bei jedem Schritt den Kyoko machte, erinnerte sie sich selbst daran, dass sie stark sein musste. Würde sie sich jetzt weiter der Verzweiflung und Angst hingeben, hätte sie gar keine Chance mehr. Sie durfte sich nicht benehmen, wie ein dreijähriges Kind, musste sich konzentrieren, sich sammeln und um ihr Leben kämpfen, wie es ihr geliebter Bruder von ihr erwarten würde. Schließlich war er der gelbe Blitz von Konoha und sie seine kleine Schwester.  Und sie war ein Shinobi, ja sogar ein Chu-Nin, sie hatte gefälligst stark und mutig zu sein, wie es alle von ihr erwarteten.

„Schade, dass sie dich so schwach gemacht haben“ Langsam und bedächtig drehte Kyoko sich um. Sie wusste, wer sich dort hinter ihr befand, hatte zuvor bereits seine lautlosen Schritte vernommen. Dort stand er. Kaltherzig hatte er seine schmalen Lippen zu einem gehässigen Lächeln verzogen.

„Ich bin nicht schwach.“, es war kaum mehr als ein Flüstern, was sie über ihre Lippen brachte und doch hatte es sie ihre ganze Überwindung gekostet. Leise lachte er. Es war kein schönes Lachen, ein Lachen ohne jegliche Freude. Er bewegte sich nicht. Sie erwartete, dass er sie angreifen und töten würde, doch er stand einfach nur da und betrachtete sie mit seinen schmalen Augen, die denen einer Schlange so sehr glichen.

„Natürlich bist du schwach, meine liebe, kleine Kyoko.“, zischte er ihr entgegen: „Sie alle haben dich schwach gemacht, mit ihren Erwartungen, die sie an die kleine Schwester des gelben Blitzes, der Legende von Konoha hatten, die Erwartungen, die du nie erfüllen konntest.“ Er war noch immer ruhig, zeigte keinerlei Gefühle, rührte nicht einen seiner kreideweißen Finger. „Immer wieder musste dein Bruder sich einmischen, sonst hättest du rein gar nichts erreichen können.“ Er fing an zu grinsen, entblößte dabei seine spitzen, weißen Zähne. Er machte sie wütend, provozierte sie mit seinen gut gewählten Worten.

„Da hat dieser Mistkerl von Spion ja anscheinend ganze Arbeit geleistet.“, fluchte Kyoko mit zusammengebissenen Zähnen. Ihre Angst war verschwunden. Überdeckt von der Wut, die er in ihr hervorrief. Und doch wusste sie, dass er Recht hatte. Sie hatte immer gewusst, dass sie allein wegen Minato die Akademie so früh hatte abschließen und an den Chu-Nin Auswahlprüfungen hatte teilnehmen dürfen, aber sie würde schon noch allen beweisen, dass sie es verdient hatte. Doch dazu musste sie das hier überleben.

„Du denkst wirklich, dass er es war, der für mich seit Jahren spioniert hat?“, fragte er die Braunhaarige und fing abermals an gehässig zu lachen. Er hielt sie tatsächlich für dumm, zeigte ihr nun, wie unwissend sie doch war. Scharf sog sie die Luft ein. Sie wusste, was dieser eine Satz bedeutete.

„Wer?“, mehr brachte die junge Kunoichi nicht heraus. Wütend und zugleich traurig ließ sie ihren Kopf sinken. Ihre Hände verkrampften sich um ihr einziges Kunai und der harte Griff hinterließ tiefe Schwielen in ihrer Handfläche. Sie erwartete keine Antwort, erwartete nicht einmal, dass er verstanden hatte, was sie eben von sich gegeben hatte.

„Du hast Glück, kleine Kyoko. Ich brauche starke, junge Mädchen, wie dich für meine Experimente! Vielleicht überlebst du ja sogar.“, diese Worte schienen wie ein Startsignal. Plötzlich, wie auf ein geheimes Kommando hin, schossen starke, schwarze Schlangen neben ihr aus der Erde. Wütend blinzelten sie sie mit ihren gelben Augen an, würden keine Rücksicht darauf nehmen, dass Kyoko bereits verletzt war. Mit einem gewaltigen Schrei schlug sie zu. Ihr Kunai sauste nur so durch die Luft und traf die Schlange, die bereits mit vorgestreckten Giftzähnen auf sie zuhielt. Mit einem dumpfen Geräusch fiel ihr abgetrennter Kopf auf den weichen Waldboden und hinterließ dort einige rote Spuren. Schnell drehte Kyoko sich um die eigene Achse. Mit einer kleinen Bewegung hatte sie bald den Kopf einer weiteren Schlange abgetrennt und sah aus dem Augenwinkel, wie er nah dem ersten aufkam. Warmes Blut spritzte über ihre Hand, als sie mit einer ausholenden Armbewegung den Schädel einer dritten Schlange spaltete. Fast neckisch sah sie die Kunoichi an, als ihr Messer ihren Körper durchtrennte und gehässig streckte sie ihr ihre gespaltene Zunge entgegen. Kyoko wirbelte herum zu den weiteren Schlangen, die sich direkt in ihrem Rücken befanden. Aufmerksam wartete sie auf den gedämpften Aufprall des toten Körpers. Wartete lange und wartete vergeblich. Sie enthauptete zwei weitere Feinde, dann wandte sie sich wieder dem zu, was in ihrem Rücken passierte. Wieso hatte es den vermuteten Aufprall nicht gegeben?

Was Kyoko sah, brachte sie kurz aus dem Konzept. Verunsicherte sie auf eine gewisse Weise und brachte ihr das niederschlagende Gefühl, das sie in diesem Kampf keine Chance hatte den Sieg davon zu tragen. Die von ihr in der Mitte gespaltene Schlange hatte sich vor ihr erhoben. Böse zischte sie sie von oben herab an. Die lange Zunge schlängelte sich zwischen den spitzen Zähnen hervor, die ihr aufgerissenes Maul zierten. Sie war nun größer, als zuvor. Aggressiver als sie es gewesen war, bevor Kyoko sie zerschnitten hatte. Es hätte eine komplett neue Schlange sein können, doch ihr wurde schnell klar, dass es sich noch immer um die gleiche handeln musste. Kyoko warf einen flüchtigen Blick nach links. Die beiden enthaupteten Schlangen hatten sich ebenfalls zu voller Größe erhoben. Noch immer lief Blut aus den offenen Wunden wo sich eben noch ihre Köpfe befunden hatten, doch schnell, viel zu schnell, wuchsen ihnen an eben jenen Stellen neue Köpfe. Weitaus gefährlichere. Überall um sie herum blitzten die scharfen, weißen Zähne auf, die sich nur allzu gerne in ihre Haut graben wollten. Und in ihr wuchsen die Zweifel. Wie sollte sie nur einen Gegner besiegen, den man nicht töten konnte? Wie sollte sie einen Gegner besiegen, der jedes Mal, wenn sie ihn enthauptete, auf eine viel stärkere Art und Weise zurück kam? Wie sollte sie einen Gegner besiegen, der unbesiegbar war?

Mit einem gewaltigen Satz brachte Kyoko Abstand zwischen sich und die unbesiegbaren Schlangen, deren einziger Wunsch es war sie mit Haut und Haaren zu verschlingen. Sie folgten ihr sofort. Ließen ihr keine Möglichkeit ihren einzigen Plan zu überdenken. So schnell sie konnte machte isie ihre Fingerzeichen. Sie sammelte ihr Chakra. Sie musste so viel sammeln, wie es ihr möglich war. Dieses Jutsu musste unbedingt stärker werden, als es jemals zuvor gewesen war. Es war alles was ihr blieb in dieser Situation. Ein unbeweglicher Arm, kaum noch Energie, ein San-Nin mit unbesiegbaren Schlangen als Gegner und nur diese eine Idee.

Schnell fing ihr gesamter Körper an zu zittern, so sehr schmerzte er von dem aufgestauten Chakra. Doch dieses Mal reichte es nicht, es nur zu halten. Sie brauchte mehr. Viel mehr. Es war als stünde sie in Flammen, so stark waren die Schmerzen. Es trieb ihr kleine Tränen in die Augen, ließ sie stöhnen und sich winden. Doch sie konnte nicht aufhören. Dieses Mal musste es mehr werden als ein Jutsu der Stufe B. Mit zusammengekniffenen Augen blickte Kyoko auf. Neugierig und interessiert betrachtete er sie, folgte jeder ihrer Bewegungen. Das Timing war das wichtigste an diesem Jutsu. Sie wartete.

Dann, urplötzlich, sprang sie. Obwohl ihr ganzer Körper nur so schmerzte, schaffte sie es die bösartigen Schlangen zu überwinden und sich zwischen ihnen und dem schlangenartigen San-Nin zu positionieren, dessen Interesse an ihr aus jeder Faser seines Körpers strahlte. Erregt leckte er sich mit seiner langen Zunge über die weißen Lippen. Er war gespannt. Jeder Muskel in ihrem Körper war aktiviert, hielt das Chakra genau dort, wo es sein sollte. Es dauerte noch, nur noch kurz, einen kleinen Moment. Er bewegte sich nicht. Nur seine Schlangen schossen wieder auf die Kunoichi zu. Dann war es so weit. Nur noch fünf Meter waren sie von ihr entfernt. Mit einem lauten Schrei, der die erdrückende Stille des Waldes auf unerträgliche Weise durchbrach, entließ sie ihr angestautes Chakra. Die blauen Flammen, die es mit sich brachte, züngelten sich um ihren erschöpften Körper, hinterließen kleine rote Male, die den Schmerz durch ihren Körper jagten. Um sie herum entfachte sich ein unglaublicher Sturm. Stärker, als sie ihn jemals erschaffen hatte. Die scharfen Klingen sausten in jeden nur erdenklichen Winkel, brachten mit lauten Krachen starke Bäume zum fallen, durchtrennten die schwarzen Schlangen in tausende kleine Einzelteile, die mit einem widerlichen Geräusch auf den Boden fielen und kleine Blutspritzer in alle Richtungen schickten. Die gefährlichen Klingen rasten auf den lächelnden San-Nin zu, der es noch immer nicht für nötig hielt sich zu bewegen oder gar auszuweichen. Lediglich seine Zunge schnellte hervor, streichelte genüsslich seine blasse Haut. Dann trafen ihre Klingen ihn, zerschnitten seinen dünnen Körper, zertrennten ihn in alle seine Gliedmaßen. In keiner einzigen Sekunde wich das Lächeln aus seinem Gesicht, nicht als der Kopf auf dem Boden aufschlug und auch nicht, als die Überreste seines Körpers neben diesem zusammenbrachen. Ruhig breitete sich das Blut aus. Lief von seinem Körper hinab und es schien fast als wolle es ihn unbedingt verlassen. Seine vorher noch so lebendigen Augen verfielen der Starre des Todes und jedes bisschen Leben wich aus seinem geschundenen Körper. Kyoko keuchte. Sie hatte gewonnen.

„Orochimaru.“, flüsterte die Braunhaarige, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen: „Ich bin nicht schwach!“ Ihr Sieg hatte sie ihre ganze Energie gekostet. Es fiel ihr schwer sich auf den Beinen zu halten, so viel Chakra hatte sie bei ihrem Jutsu verbraucht. Schwach wischte sie sich den kalten Schweiß von der Stirn. Sie hustete leicht hysterisch, aber glücklich über ihr Entkommen, glücklich darüber am Leben zu sein.

„Ich hätte mehr erwartet.“ Entsetzen durchfuhr Kyokos geschwächten Körper. Alle ihre erschlafften, ausgelaugten Muskeln spannten sich an und langsam, sehr langsam drehte sie sich um. Das konnte nicht sein. Ihr Gehirn überschlug sich regelrecht um eine Lösung zu finden. Ihr Plan war doch erfolgreich gewesen, er konnte gar nicht mehr am Leben sein.

Seine kalten, gelben Augen fixierten die ihren. Wieder lag ihm ein gehässiges Lächeln auf den Lippen. Aber wie konnte er nur vor ihr stehen? Sein Körper war makellos. Es war als hätte nichts von dem, was sie mit aller meiner Kraft unternommen hatte je stattgefunden. Verzweifelt stolperte Kyoko zurück. Sie hatte kaum mehr die Kraft zu stehen geschweige denn weiterzukämpfen.

„Nein..nein..nein..“ Mehr brachte sie nicht heraus. Salzige Tränen liefen ihre verdreckten Wangen hinab und tropften auf die blutverschmierte Erde. Sie bekam kaum noch Luft. Ihr Herz raste, wollte so viel Sauerstoff wie möglich in ihrem Körper verteilen, um ihr die Flucht zu ermöglichen. Sie konnte nicht verstehen. Wie hat er es nur geschafft zu überleben? Langsam streckte er seinen Hals in ihre Richtung. Immer länger wurde er, dehnte sich aus, wurde dem Körper einer Schlange immer ähnlicher. Er öffnete seinen Mund, entblößte zwei lange, spitze Zähne, die denen einer Schlange so ungemein ähnelten. Kyoko wich weiter zurück, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel. Staub wirbelte auf, als sie auf dem weichen Boden landete und Leben in das Blut brachte, das sich eben erst beruhigt hatte. Immer weiter kam er auf sie zu. Streckte ihr seine Zunge entgegen, leckte über ihren erstarrten Hals. Sie wollte fliehen, wollte nicht, dass er sie berührte, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Seiner Zunge folgten seine Zähne. Langsam und genüsslich gruben sie sich in ihr zartes Fleisch und Kyoko schrie auf. Der Schmerz war unerträglich. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas wie dieses gefühlt. Der Schmerz war allumfassend, fing sie in einer Welt, die nur aus Qualen zu bestehen schien. Ihr Körper verkrampfte sich, fiel in einen Zustand der anhaltenden Spannung und hörte auf keinen ihrer Befehle. Ruhig ließ er von der jungen Kunoichi ab. Sie sah seine Zunge, sie genoss noch immer den Geschmack ihrer Haut. Er grinste wieder. Überlegen und siegessicher. Abermals schrie sie. Es war als würde sie brennen. Als würden sich heiße, zerstörerische Flammen in ihren Körper beißen und ihn zerreißen und vernichten. Keuchend stemmte Kyoko sich auf ihre Hände, blickte auf die kalte Erde und sah ihre heißen Tränen auf ihr verdampfen. Sie zitterte. Ihre azurblauen Augen waren weit aufgerissen vor Entsetzen. Entsetzen über das was mit ihr geschah. War das der Tod? Ihre Hand formte sich zu einer Faust, krallte sich in die blutroten Blätter unter ihr, als wollte sie all die Schmerzen an sie übergeben. Ihr wurde kalt. Kalt und schwindelig und sie wurde schwächer und schwächer. Sie sackte langsam auf die Ellenbogen. Orochimarus Blicke inspizierten sie noch immer. Sie war sich sicher, dass er zufrieden war mit dem was er sah. Hatte er doch einen neuen Körper für seine Experimente gefunden.

„Orochimaru Sensei..?“, hörte Kyoko eine leise, weibliche Stimme, die ihr sofort bekannt war.

„Sind sie tot?“, erwiderte Orochimaru nur kalt, ohne jegliches Gefühl.

„Ich habe sie alle getötet!“ Mehr sagte sie nicht und doch wusste Kyoko sofort, wer gestorben war. Sie kam nicht umhin ein wenig um die anderen Shinobi, die ihr Ende nun auch gefunden hatten, zu trauern, aber ihre jetzige Situation ließ es nicht zu ihnen so viel zu gedenken, wie es angebracht gewesen wäre.

„Gut.“ Orochimaru war zufrieden. Alles war an diesem Abend so gelaufen, wie er es gewollt hatte. Und noch mehr, mit ihr hatte er sogar mehr gewonnen, als er sich erhofft hatte.

„Du nimmst sie!“, ein kurzer, schlichter Befehl und sofort setzten sie sich in Bewegung. Kyoko hatte keine Kraft mehr. Mit einem lauten Schluchzen rutschten ihre Arme zur Seite und sie schlug mit dem Gesicht auf der Erde auf. Die Umgebung verschwamm. Sie hörte, wie leise Schritte auf sie zu kamen und spürte, wie sie zarte Hände berührten. Blonde Haare fielen in ihr Blickfeld. Sie war es also die ganze Zeit gewesen, seufzte die Braunhaarige, als die Blonde sie fluchend anhob und über die Schulter warf. Das Tote wieder lebendig wurden, wunderte mich nicht mehr.

„Minato.. Kushina.. es tut mir Leid.. schließlich habe ich wohl doch versagt.“, dachte sie sich und merkte, wie die letzten Tränen ihre Wangen hinab liefen.

Dann wurde sie ohnmächtig.

Töte deine Gefühle

Der Geruch, der in ihre Nase stieg war ebenso penetrant wie ekelig. Er weckte sie und biss ihr in der Nase. Angeekelt kniff Kyoko ihre geschlossenen Augen zusammen und sofort durchzuckte ein stechender Schmerz ihre Schläfe und bereitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Sie stöhnte auf. Wollte sich bewegen, sich strecken, doch wurde ihrem Körper jegliche Bewegung verwehrt. Sie spannte alle ihre Muskeln an, kämpfte gegen die Bewegungslosigkeit aller ihrer Glieder, doch verwehrte ihr etwas jede kleinste Regung. Sie hörte eine leichte Bewegung vor sich, ein Rascheln dann ein Lachen. Mit Mühe öffnete das junge Mädchen ihre Augen. Es war dunkel um sie herum, ihr Kopf schmerzte und ihr war unglaublich schwindelig.

„Oh, das kleine Miststück ist also wach.“, hörte sie eine weibliche Stimme sagen. Sie rief etwas in ihrem Erinnerungen hervor, Kyoko kannte sie.

„Du bist es also gewesen.“, brachte sie keuchend hervor und wieder nahm sie das kalte Lachen wahr.

„Natürlich bin ich es gewesen. Niemand anders wäre klug und stark genug gewesen. Ich war schon wirklich enttäuscht, dass du so einen Schwächling verdächtigt hast, dass er so einen schwierigen und komplizierten Job ausgeführt hat, dabei sind dafür nur wenige, wirklich gute Ninja geeignet.“, erklärte die Blonde ihr. Sie, diejenige, die mehr als fünf Ninja auf dem gewissen hatte, diejenige, die ihre Heimat verraten hatte und diejenige, die Kyoko von ihrem Bruder und allen ihren Freunden getrennt hatte.

Sie trat in Kyokos Blickfeld und der gefühllose Blick ihrer blauen Augen musterte sie abwertig. Die Kunoichi sah sie das erste Mal nach ihrer Entführung und es war der Moment in dem sich ihre Theorie vollends bestätigte. Die blonde Shinobi aus ihrem Team, die Shinobi, die sich so über den Tod der Dorfbewohner aufgeregt hatte, sie war es gewesen. Natürlich hatte Kyoko es nicht wirklich wahrhaben wollen. Wieso auch, schließlich hatten sowohl das ganze Dorf als auch sie ihr vertraut.

Die blonde Shinobi trat einige Schritte zurück, ging zu einem großen Tisch aus kaltem Metall und fing an einige kleine Geräte zu bedienen. Das gab Kyoko die Chance sich umzusehen. Der Raum in dem sie sich befand war klein und sehr dunkel. Allein zwei kleine Kerzen rechts und links neben der großen Holztür erhellten den Raum mit spärlichem Licht. In dem Raum befand sich zwei harte Krankenliegen, auf einer sie angekettet war. Ihre war leicht aufgerichtet, sodass sie den Raum besser ansehen konnte, während die Liege rechts neben ihr sich in der Waagerechten befand. Etwas, nein jemand lag auf der anderen Liege. Eingehüllt in kaputte und dreckige Decken, unbeweglich und regungslos. Ein Tropf stand daneben mit einer bläulich scheinenden, dunklen Flüssigkeit, die dem kleinen Körper eingeflößt wurde.

Ihr gegenüber hingen einige große Monitore an der Wand. Sie zeigten komische Graphiken, die sie nicht verstand, doch der blonden Shinobi schienen sie etwas zu sagen. Immer wieder blickte sie auf zu ihnen und notierte dann etwas in einem kleinen Buch auf dem Tisch, an dem sie stand. Sie schien Kyoko vollends vergessen zu haben, so fixiert war sie auf ihre Arbeit.

Langsam blickte sie an sich hinab. Sie war nackt, hatte zahlreiche kleine und größere Wunden, die ihren Körper zierten. Mehrere metallene Schnallen fixierten ihren Körper an der Bare auf der sie sich befand und verhinderten jede noch so kleine Bewegung, egal wie sehr sie zog und zerrte.

Nach einigen wenigen Minuten gab sie den Versuch sich zu befreien auf. Es war ein Ding der Unmöglichkeit hier allein durch Gewalt herauszukommen. Also dachte sie nach, sann nach einem guten Plan. Die Stille, die sie hier umgab, verschaffte ihr die perfekte Gelegenheit zu überlegen.

Ein plötzliches, schrilles Pfeifen riss Kyoko aus ihren Gedanken. Es bohrte sich in ihren lädierten Schädel und ein lauter Schrei entwich ihren Lippen. Angestrengt kniff sie ihre Augen zusammen, als die Schmerzen auf unerträgliche Weise anschwollen und das laute Geräusch einfach kein Ende nehmen wollte.

Ein leises Huschen, eine kleine Bewegung rechts neben ihr, ein Rascheln, dann stoppte das schrille Pfeifen. Ihre verkrampften Muskeln entspannten sich langsam und sie nahm die Stimmen war, die sich leise miteinander unterhielten.

„Es ist wieder eines tot, Meister.“ Das war die blonde Shinobi, rechts neben ihr an der anderen Liege. Die Kunoichi wandte sich ihr zu und erschrak. Sie war nicht mehr allein. Orochimaru war bei ihr, untersuchte beiläufig den Körper auf der Bare. Einige Sekunden sagte niemand was. Lediglich das Rascheln, das Orochimarus weiße Hände auf dem leblosen Körper hinterließen, war zu vernehmen.

Schließlich blickte er zu ihr. Seine gefühllosen, kalten Augen fixierten ihren nackten Körper und ein kleines Lächeln zog sich über sein Gesicht.

„Schließe die Transfusion an ihr an.“, zischte er leise, drehte sich um und verschwand wieder. Die blonde Shinobi fluchte still: „Und immer bleibt die ganze Arbeit an mir hängen. Nichts kann er selber machen..“ Sie nahm die Transfusion, die neben dem Bett des toten Körpers stand und schob sie mit einer einzigen flüssigen Bewegung an Kyokos Bett. Durch eine weitere kleine Regung ihrer Hand stach sie der Braunhaarigen eine spitze Nadel in den Arm. Überrascht von dem plötzlichen Schmerz, der von der Einstichstelle ausging und ihren ganzen Arm durchzog, biss Kyoko sich auf die Unterlippe und schmeckte sofort das Blut, das sich in ihrem Mund ausbreitete.

„Was um Himmels Willen ist das?“, brachte Kyoko durch zusammengebissene Zähne hervor, als eine schreckliche Taubheit anfing ihren Körper zu befallen.

„Chakra.“, erklärte ihr die blonde Shinobi, während sie die blaue Flüssigkeit beobachtete, die durch die durchsichtigen Schläuche in ihren Arm geleitet wurde: „Meister Orochimaru hat es einigen schwächlichen Ninja genommen, um zu sehen, wie verschiedene Körper auf fremdes Chakra reagieren.“

„Wie reagieren die Körper?“, nuschelte Kyoko, denn es war ihr kaum noch möglich ihre Lippen zu bewegen. Ihre Augen wurden träge, fielen ihr immer wieder zu und alle ihre Glieder wurden unglaublich müde. Sie sah wie die blonde Shinobi anfing zu grinsen.

„Sie sind alle gestorben.“, erwiderte sie nur mit einem kaum merklichen, belustigten Unterton. Dann drehte sie sich um und schritt zur Tür. Kyoko schloss erschöpft die Augen und driftete nach und nach ab. Nur im Hintergrund nahm sie noch wahr, wie die Blonde in der Tür zum Stehen kam und sich zu ihr umdrehte, noch immer mit diesem Lächeln auf dem Gesicht.

„Die erste Infusion haben sie übrigens alle überlebt.“, teilte sie Kyoko gehässig mit: „Du hast also noch eine Stunde zu leben, falls es dich beruhigt.“

Dann verschwand sie aus der Tür hinaus und die junge Kunoichi fiel in einen tiefen Schlaf.
 

Der altbekannte Duft umfing sie. Er erinnerte sie an Konoha, an ihre Familie und Freunde. Sie spürte deren Nähe, diese Geborgenheit, die sie nur bei ihnen empfinden durfte.

„Wer ist da?“, flüsterte sie leise und neugierig. Ein leises Rauschen war die Antwort. Kaum vernehmlich, aber doch klar und deutlich da. Sie sah sich um. Eine alles umschließende Schwärze umgab sie und verschluckte jegliche Bewegung. Ein kleines Zischen schlich sich in ihr Ohr, gefolgt von einem kleinen Lichtblitz direkt vor ihr.

„Ist hier jemand?“, rief Kyoko, dieses Mal um einiges lauter. Das Echo antwortete ihr. Langsam und aufmerksam drehte sie sich um die eigene Achse. Wo befand sie sich? War sie in einem Raum, vielleicht sogar einer Höhle, wenn es hier solch ein Echo gab? Die Dunkelheit verwehrte ihr jegliche Antwort.

Vorsichtig tat sie ein paar Schritte und sofort wurde der Duft wieder stärker. Genüsslich schloss sie die Augen, sog ihn ein und spürte, wie er sich ausbreitete. Immer intensiver wurde er, umfing sie, doch hatte sie nichts dagegen, denn er machte sie glücklich. Kyoko lächelte leise und unbewusst. Es gefiel ihr hier, hier wollte ich bleiben.

Genauso schnell wie der Duft gekommen war, so entschwand er auch wieder und ließ sie in der Schwärze alleine. Sofort bereitete sich die beklemmende Angst aus und Schmerzen fingen an ihren Körper einzunehmen. Sie schrie nach dem Duft, wollte, dass er zu ihr zurückkehrte, doch war die Präsenz gegangen, die sie zuvor wahrgenommen hatte. Sie war allein.

Die Kunoichi schrie weiter, wollte nicht alleine sein und wünschte sich, die Schmerzen nicht einsam ertragen zu müssen, aber alles was an ihrer Seite geblieben war, war das Echo, das jedes ihrer Wort kommentierte.

Die Schmerzen in ihrem Körper nahmen nach und nach zu. Sie breiteten sich in allen ihren Gliedern aus, ausgehend von meinem Arm. Sie schaute zögernd an ihm hinab, wollte schließlich wissen, was die Quelle ihrer Qualen war. Sie sah es sofort. Ein tiefer Schnitt zierte ihren Arm, aus dem das Blut in vollen Bächen hinabfloss und im Dunkeln der Umgebung entschwand. Sie stöhnte, merkte sofort wie ihr schwindelig wurde, als immer mehr ihres Blutes auf den Boden tropfte. Sie ließ sich unkontrolliert auf den Boden sinken und schloss die Augen, um zu entspannen und Kräfte zu sammeln, doch bald übermannte sie die Müdigkeit und sie schlief ein.
 

Kyoko musste ganz schön am Ende gewesen sein. Kaum spürte sie ihre Gliedmaßen und alles was sie wahrnehmen konnte, war diese schreckliche Taubheit, die  anscheinend jede Faser ihres Körpers befallen hatte. Das Atmen fiel ihr schwer, denn selbst ihre Lungen hatten momentan nicht die Kraft ihren Brustkorb anzuheben. Sie versuchte die Augen zu öffnen, aber sie scheiterte bei den ersten Versuchen und war bereits kurz davor aufzugeben und weiter zu schlafen, als sich ihre Lider einen Spalt weit hoben. Das Licht, das durch die entstandene Lücke fiel, weckte ihren geschundenen Körper und brachte ihr Gehirn dazu, seine Arbeit wieder aufzunehmen.

Wieso lebte sie noch?, war das wohl erste was ihr durch den Kopf ging, als sie sich wieder erinnerte. Die Blonde hatte doch gesagt, dass sie sterben würde, also wieso lebte sie noch?

Langsam und vorsichtig richtete Kyoko sich auf und öffnete ihre Augen zur Gänze. Nach und nach gewöhnte sie sich an ihren Körper, und er sich anscheinend an sie, denn die Taubheit verschwand und sie fühlte sich stark und agil. Nur was war mit ihr geschehen? Sie blickte an sich hinab. Ihre Wunden waren sorgsam verbunden worden und sie trug frische Kleidung. Auch wenn es komisch war, aber sie fühlte sich wirklich gut, wenn auch anders als noch vor einigen Tagen oder Stunden. Auch hatte sie keine Schmerzen mehr. Sie wusste nicht, wie so etwas möglich war und war zutiefst verwirrt, aber gleichzeitig zufrieden. Und sie war sich sicher, dass sie stark war.

„Das erste Objekt, das überlebt hat.“ Die kaum merklich begeisterte, ja für seinen Inhaber fast euphorische Stimme schwebte leise zu ihr und Kyoko wandte langsam ihren Kopf zu der Tür. Orochimaru war erschienen, grausam lächelnd, doch mit diesem kleinen Maß an Begeisterung, die auch ein kleines Kind an seinem Geburtstag besaß.

„Was hast du mit mir gemacht?“, stieß Kyoko wütend hervor, doch war sie keinesfalls so sauer, wie sie es scheinen lassen wollte. Langsam und schleichend trat Orochimaru weiter in das Zimmer bis er schließlich neben ihrem Bett stand. Er hob seine weiße, eiskalte Hand und legte sanft seine langen, dünnen Finger auf ihre gerötete Wange.

„Dich stark gemacht, kleine Kyoko. Dir Fähigkeiten gegeben, von denen andere Ninja nur träumen können.“, zischte er ihr ruhig als Antwort entgegen. Sein kalter Atem, der ihr entgegen stieß, ließ sie frösteln und eine Gänsehaut bereitete sich auf ihrem ganzen Körper aus. Ihr kam ein dummer, vielleicht sogar total unrealistischer Gedanke. Wenn Orochimaru sie wirklich so stark gemacht hatte, wie er behauptete, wieso sollte sie ihn nicht einfach töten und nach hause zurück kehren?

„Denk nicht einmal dran.“, sagte er, während sie noch vollkommen in ihren Gedanken versunken war: „Ich bin weitaus stärker als du es jetzt bist und ich habe Vorkehrungen getroffen, die verhindern werden, dass du dich einem meiner Befehle widersetzt. Also entweder du folgst mir oder du stirbst, das liegt allein bei dir.“

Kyoko merkte, dass ihr kaum eine Wahl blieb. Was hatte sie auch von einem San-Nin, wie ihm anderes erwartet. Sie müsste sich etwas weitaus besseres einfallen lassen, um von hier entkommen zu können, wenn es denn überhaupt eine Chance gab.

„Welche Fähigkeiten hast du mir gegeben?“, fragte sie leise nach und mit diesen Worte unterwarf sie sich ihm. Was es für sie hieß, konnte sie bis zu diesem Moment noch nicht ahnen, doch was sie bereits ersann, war, dass es für sie, ihre Zukunft und ihre Freunde eine große Bedeutung haben würde.

Mit einer kleinen schnellen Armbewegung warf er ein schweres Klemmbrett auf ihr Bett.

„Lies selbst.“, kommentierte er seine Tat und schritt langsam wieder zur Tür hinaus: „Ich lasse dir Bücher bringen, mit denen du trainieren wirst. Du musst schnell stark und kalt werden, wenn du hier überleben willst und ich werde dir nur diese eine Möglichkeit geben. Ich erwarte dich in einer Woche.“ Dann verschwand er aus der Tür und ließ die nachdenkliche Kunoichi in dem kleinen, dunklen Raum zurück.

Sofort herrschte Stille. Ihr leiser Atem war das einzige, was sie durchbrach. Es war fast schon unheimlich hier, eine geisterhafte, ungemütliche Atmosphäre. Eine Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper und das Verlangen die Ruhe zu durchbrechen, wuchs in ihr heran. Mit einer hastigen Bewegung zog sie das Klemmbrett zu ihr heran und fing an zu lesen. Wollte sie wirklich eine kleine Möglichkeit haben, hier wieder raus zu kommen, so musste sie ihre neuen Fähigkeiten kennen und beherrschen lernen. Das hatte ihr Orochimaru mehr als deutlich gemacht.

Als Kyoko den fein säuberlich geschriebenen Text überflog, fielen ihr sofort einige Wortfetzen ins Auge, die sich mit voller Wucht in ihr Gehirn brannten: „Chakra verschiedener Shinobi“, „alle Chakranaturen“, „gewaltiger Chakravorrat“, „unendliche Kombinationen“. Bald war ihr klar, was die Fähigkeiten waren, die ihr Orochimaru verliehen hatte. Sie keuchte leise. Es gab sicherlich niemand anderen, der solch eine Kraft besaß.

Orochimaru hatte ihr die Chance gegeben, ihren Bruder und alle anderen Ninja zu übertreffen.
 

Die Tage flogen nur so dahin. Er hatte ihr eine Woche gegeben und sie saß ihr im Nacken und folgte ihr auf Schritt und Tritt. Die Bücher hatte sie bereits alle gelesen. Es war kein Problem gewesen, schnell damit fertig zu werden, schließlich verleiteten sie sie geradewegs dazu ihre Nase zwischen ihre alten Seiten zu stecken. Sie waren schließlich ihre einzige Hoffnung, die letzte Möglichkeit, diesem ganzen Albtraum zu entkommen.

Kyoko hatte das Gefühl für die Zeit verloren. Sie wusste nicht wie viel Zeit ihr noch blieb, doch sie war sich sicher, dass bereits mehrere Tage vergangen waren. Den kleinen Raum hatte sie noch nie verlassen, lediglich einmal hatte sie sich aus der schmalen Tür gewagt und war direkt von der blonden Shinobi zurück geschickt worden.

Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie sie hasste. Vielleicht war sie auch nicht fähig ein anderes Gefühl zu empfinden, doch den Hass den sie der Braunhaarigen entgegenbrachte übertraf niemand.
 

Sie war fast immer allein. Es war still um sie herum und das leise Flackern der Kerzenflammen erhellte die Seiten eines Buches. Sie las es bereits das zweite Mal, aber sie brauchte etwas zu tun, um sich von meinem unsäglichen Heimweh abzulenken. Die ersten Nächte hatte sie nicht schlafen können, doch irgendwann hatte sie die Müdigkeit erdrückt. Seitdem fühlte sie sich schwach. Sie spürte zwar die Kräfte, die durch ihre Adern zogen, doch sie stärkten sie nicht. Sie hatte eher das Gefühl, dass sie ihr noch mehr Energie entzogen.

Langsam öffnete sich die Tür und ein kleiner Lichtspalt blendete die Kunoichi. Ihre Augen hatten sich bereits an das Dunkel gewöhnt, sodass sie ihre Hand von der rauen Seite löste, die sie gerade gehalten hatte und an ihre Stirn hob, damit sie ihre Augen abschirmte. Sie erwartete, dass gleich ein kleiner silberner Teller zwischen Tür und Rahmen in ihr Zimmer geschoben werden würde, doch so sehr sie auch auf die Stelle starrte, nichts geschah. Kyoko war sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte. War die Woche um oder hatte vielleicht jemand nur einen Fehler begangen? Leise schwang sie ihre Beine aus dem Bett. SIe trug keine Schuhe und nur eine kurze schwarze Stoffhose, sodass es keine Geräusche machte, als ihre Sohlen den kalten Boden berührten. Sie erhob sich vorsichtig, sorgsam darauf bedacht die Tür nicht aus den Augen zu lassen. Der helle Spalt war für sie wie eine Einladung ihr dunkles Gefängnis endlich zu verlassen.

Schnell überbrückte sie die wenigen Meter zwischen ihrer Bare und der erleuchteten Holztür und griff hastig nach dem Knauf. Dann hielt sie kurz inne. Sie hatte sich von ihren Gefühlen bis hier hin treiben lassen, doch nun war es daran, den Kopf einzuschalten.

Sie presste ihren Kopf so gegen die Wand, dass sie aus dem schmalen Spalt sehen konnte und nachdem sie nichts hatte erkennen könne, öffnete sie die Tür noch ein Stück und streckte ihren Kopf hinaus. Der Gang vor ihr war unglaublich hell und sie musste einige Male blinzeln bevor sie sicher war, dass sich niemand in ihrer unmittelbaren Gegend befand. Sie öffnete die Tür noch ein Stück und schnell huschte sie hinaus auf den Gang, mit dem Rücken fest an die Wand gepresst.

„Na was haben wir denn hier?“ Kyoko erstarrte und presste sich automatisch noch näher an die Wand. Ihr Kopf zischte herum und ihre Augen verengten sich instinktiv, als sie den Gang hinab starrte. Sie hörte das Rascheln, doch sie konnte nichts erkennen. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen und so verharrte sie in der Position, fest an die Wand gepresst.

„Ich habe von dir gehört. Das Kind, das sein Experiment überlebt hat. Du bist bekannt hier unter uns. Pech für ihn, dass er nicht besser auf dich aufgepasst hat.“ Die eindeutig männliche Stimme war näher als das erste Mal und noch immer konnte Kyoko nichts erkennen, dabei konnte er kaum noch zehn Meter von ihr entfernt sein.

Verwirrt blickte sie sich um.

Die Kunoichi verstand nicht, was sie übersehen hatte. Ihr Herz begann zu rasen und und ihre Hände gruben sich fest in ihre schwarze Stoffhose.

„Hat die Berühmtheit etwa Angst?“ Es folgte ein eiskaltes Lachen, jetzt kaum noch fünf Meter entfernt.

Und wie sie Angst hatte. Die Angst hatte ihr die Beine am Boden festgefroren und sie war kaum mehr fähig einen richtigen Gedanken zu fassen. Sie zitterte, erinnerte sich an nichts von dem, was sie in den Büchern gelesen oder bei ihrer Ninja-Ausbildung gelernt hatte.

Plötzlich spürte sie etwas an ihrem Arm. Es war kalt und sie war mir sicher, dass es sich um eine Klinge handeln musste. Kyoko tat das einzige, was ihr einfiel und riss ihren Arm von der Klinge weg.

Sie konnte noch immer niemanden sehen, lediglich das kalte Lachen erfüllte den ganzen Flur.

Die Bewegung ihres Armes hatte ihre Füße vom Boden gelöst. Vorsichtig tat sie einige Schritte, strauchelte, doch als sie merkte, dass ihr Gegner ihr folgte, rannte sie los.

Sie wusste nicht wohin sie rannte, wusste nicht, ob sie vielleicht einem noch schlimmeren Gegner in die Arme lief, doch ihr blieb keine andere Wahl das Risiko einzugehen.

Sie hörte Schritte, die ihr folgte. Sie hallten von den Wänden wider und den Lärm, den sie und ihr unsichtbarer Gegner machten, wurde auf das zehnfache verstärkt.

Kyoko suchte verzweifelt nach einem Ausweg, denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Gang, in dem sie rannte, irgendwann enden musste und sie in der Falle sitzen würde.

Es waren zahlreiche Türen in der Wand, doch sie ähnelten alle der ihren, sodass sie befürchtete, dass sie wohl nur in ein weiteres kleines Zimmer platzen würde, was ebenfalls ihren Tod bedeuten würde.

Sie warf einen Blick nach oben. Auch die Decke war massiv und lieferte ihr keinen Ausweg.

Plötzlich trat sie mit ihrem Fuß gegen etwas Hartes. Sie strauchelte, wedelte mit letzter Kraft mit ihren Armen, um im Gleichgewicht zu bleiben, doch schon bald hatte sie die Schwerkraft nach vorne gerissen. Sie fiel, spürte wie ihr eigenes Gewicht sie an den Boden drückte und ihre Geschwindigkeit sie über das kalte Holz schlittern ließ. Die Wand stoppte schließlich ihren Sturz und mit einem dumpfen Geräusch knallte ihr Kopf gegen sie. Staub rieselte auf ihr Gesicht und sie musste ihre Augen zu kneifen. Ihr Schädel dröhnte. Und sie musste einmal tief durchatmen, bevor sie sich wieder auf die Beine hievte. Sie war bereit weiter zu flüchten.

Als Kyoko einen Blick auf das warf, was sie zu Fall gebracht hatte, stockte ihr Atem kurz.

„Du solltest aufpassen, wo du hinrennst, Kleine!“

Der Junge, über dessen Bein sie gestolpert war, streckte sich ausgiebig und gähnte laut.

„Kann man hier denn nicht einmal ein ordentliches Nickerchen machen?“

Seine eisblauen Augen, die unter seinen hellblonden Haaren hervorschauten, musterten sie belustigt.

„Da war jemand..“, stotterte die Brünette panisch und wich ein paar Schritte zurück.

„Da war jemand?“, fragte er und lachte sie freundlich an. Mit einem eleganten Satz erhob er sich und schritt auf sie zu. Er sah nicht besonders gefährlich aus, denn er hatte ein freundliches Grinsen auf den Lippen, das ihn von allen unterschied, die Kyoko bis jetzt hier getroffen hatte. Munter reichte er ihr die Hand.

„Ich bin Taiko, freut mich sehr dich kennen zu lernen, Schätzchen. Ich warne dich, das was du jetzt siehst, wird nicht schön sein, aber glaub mir, ich habe keine andere Wahl.“, sagte er und ihr Gesicht versteinerte sich, während auf seinem noch immer das fröhliche Lächeln lag.

Dann wandte er sich um und starrte in die Lehre des Ganges. Die Kunoichi fragte sich, was er wohl vor hatte, als er plötzlich die Stimme erhob. Sie war keinesfalls mehr freundlich, wie vorher zu ihr, sondern kalt und ohne jegliche Gefühle.

„Ey, Arschloch!“, schrie er in den Leeren Flur: „Du wurdest vom Boss gewöhnlich gewarnt die Finger von der Kleinen zu lassen. Du weißt welche Konsequenzen es hat, die Kleine anzufassen! Sie wurde noch nicht freigegeben!“

Kyoko verstand nicht die Hälfte von dem, was Taiko sagte, doch seine Ausstrahlung beunruhigte sie. Sein langer Umhang flatterte bedrohlich um seine dünnen Beine, als er anfing auf etwas zuzurennen. Sie sah nicht, was er vorhatte, doch er orientierte sich mit so einer Sicherheit, dass sie sich sicher war, dass er etwas wahr nahm, was ihr verborgen blieb.

Mitten im Lauf zog Taiko ein kleines Kunais aus seiner Tasche und als er es plötzlich nach vorne stieß, hörte sie einen lauten Aufschrei, von der Stelle, die er getroffen hatte. Mit einigen Sätzen landete er wieder neben ihr.

Das Mädchen starrte auf die Stelle, in die er eben das Kunai gestochen hatte und beobachtete, wie sich die vorher durchsichtige Luft manifestierte und man nach und nach eine Person erkennen konnte. Es war ein Mann mit dunklen, fettigen Haaren. Zwei blutrote Augen blickten sie wütend an und die großen Hände hielten eine tiefe Wunde im rechten Oberschenkel.

„Ich verfluche dich!“, fauchte der Mann, den Taiko verletzt hatte, doch Taiko konnte diese Drohung nur milde belächeln. Er tat einige Fingerzeichen und Kyoko beobachtete neugierig, wie sich die Angst auf das Gesicht seines Gegners stahl. Taiko musste stärker sein, als er aussah.

Der Mann, der eben noch unsichtbar gewesen war, drehte sich auf der Stelle um und rannte davon. Jetzt war er die Beute und nicht mehr sie, wie noch einige Minuten zuvor.

Erschreckt blickte sie zu Taiko. Wollte er den Mann denn nicht verfolgen, aber noch immer lächelte er siegessicher.

Dann geschah alles ganz schnell. Taiko vollendete seine Fingerzeichen und unter einem Verlust von Unmengen an Chakra schoss er tausende kleine Klingen hinter seinem Gegner her. Kurz hörte man ein schmerzerfülltes Schreien, dann herrschte Stille. Lediglich das leise Atmen Taikos lag in der Luft.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Kyoko den Gang hinab. Sie vermutete, wie es etwas gangabwärts aussehen musste, doch sie hatte nicht das Verlangen den Weg zurück zu gehen und nachzusehen.

„Wirst du tatsächlich anfangen zu weinen, Schätzchen?“, fragte Taiko sie mit einem misstrauischen Blick. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sich Tränen in ihre Augen gestohlen hatten.

„Komm mit!“, forderte er sie auf und nahm ihre Hand. Die Braunhaarige bewegte sich jedoch keinen Zentimeter und er begann an ihrem Arm zu zerren. Vehement schüttelte sie den Kopf und stemmte sich gegen seinen Zug.

„Ich will da nicht hin!“, schrie sie und konnte nicht verhindern, dass die Tränen aus ihren Augen liefen. Sie wollte nicht sehen, wie er ihn zugerichtet hatte.

Taiko warf ihr einen genervten Blick zu und verdrehte die Augen.

„Schätzchen,“, sagte er und ging in die Hocke, sodass seine Augen genau auf einer Höhe mit den ihren waren: „Ich bin dafür verantwortlich, dass dir nichts passiert und glaube mir, ich werde nicht immer da sein, um dir deinen süßen kleinen Hintern zu retten. Deswegen kann ich dir nur eines sagen: Wenn du hier überleben willst, dann mache alles das was ich dir sage. Ich werde dir beibringen, wie du dich hier durchkämpfen kannst. Wenn du allerdings sterben möchtest, dann bleib hier stehen. Ich zwinge dich zu nichts.“ Mit diesen Worten erhob er sich und warf ihr ein letztes freundliches Lachen zu. Dann drehte er sich um und ging gemächlich in die Richtung, in die der Mann eben gelaufen war. Überrascht sah Kyoko ihm hinterher. Wollte sie überleben, oder wollte sie lieber sofort aufgeben?

Langsam setzte sie sich in Bewegung. Ihr Bruder hatte ihr beigebracht jede einzige Chance zu nutzen und wenn ihre einzige Chance darin bestand mit einem Killer zusammenzuarbeiten würde sie auch diese Chance ergreifen.

„Taiko!“, rief sie ihm hinterher und er blieb stehen. Freundlich lächelte er sie an, doch sie wollte sich nicht noch einmal von seiner Freundlichkeit täuschen lassen. Sie schloss zu ihm auf und gemeinsam gingen sie den Gang weiter hinunter. Er lachte ununterbrochen, doch Kyoko hatte ihren Blick auf den Boden gesenkt, um ja nicht zu viel sehen zu können. Sie hatte Angst vor dem, was sie erwartete, doch ihm schienen diese Gedanken lediglich Freude zu bereiten.

„Jetzt hebe deinen Blick, Schätzchen!“, befahl er ihr und drückte mit einer seinen dünnen Hände ihr Kinn nach oben.

Der eben noch braune Gang, war nun an allen Seiten blutrot gefärbt. Überall waren Spritzer, die dem ganzen Szenario etwas künstlerisches verliehen. Mittig in dem Gang lag der Mann. Er war auf den Bauch gedreht, seine Gliedmaßen von sich gestreckt. Er lag in einer großen Blutlache, umgeben von den zahlreichen Klingen. Er hatte einige Löcher in seinem geschundenen Körper und es schien, als wären die Klingen einfach durch ihn hindurch geschossen.

Taiko und Kyoko taten noch einige Schritte auf den Leichnam zu und mit jedem Schritt den sie taten, wuchs auch der Gestank. Es roch nach Blut und dieser eisige Geruch trieb ihr noch mehr Tränen in die entsetzten, blauen Augen.

„Na na, wer wird denn weinen?“, fragte Taiko gehässig und grinste sie an: „Er lebt doch schließlich noch.“ Fragend sah sie zu ihm auf.

„Er lebt noch?“, wollte sie wissen und spürte, wie es ihn freute, dass sie diese Frage stellte.

„Ja, Schätzchen, es hätte dir doch nichts gebracht, wenn ich ihn getötet hätte.“, erklärte Taiko ihr und bückte sich zu dem verletzten Mann. Mit einigen flinken Bewegungen setzte er ihn auf, sodass seine leeren Augen das junge Mädchen ansehen konnten. Man merkte, dass Taiko Gefallen fand an dem, was er tat, den seine Augen leuchteten vor Erregung.

„Was.. was hast du vor mit ihm?“, keuchte Kyoko und wich einige Schritte zurück. Sie hatte eine Ahnung, was er tun wollte und wie zur Bestätigung zog er ein weiteres Kunai aus seiner Tasche. Mit einer fließenden Bewegung warf er es in ihre Richtung und sie fing es geschickt auf.

„Na, was habe ich wohl vor, Schätzchen?“, fragte er sie und lachte abermals. Kyoko wich weiter zurück und schüttelte schockiert ihren Kopf, sodass ihre braunen Haare im Wind tanzten.

„Das werde ich nicht tun, ich.., das kann ich nicht.. er ist unbewaffnet!“, plapperte sie und entlockte Taiko so nur ein weiteres Lachen. Fest umklammerte sie das Messer, nicht bereit, damit jemandem Schaden zuzufügen.

„Schätzchen,“, fing er an und schüttelte gelangweilt den Kopf: „ich frage dich jetzt noch einmal: Willst du leben oder willst du sterben?“

Die Kunoichi stockte. Natürlich wollte sie leben, doch wieso sollte der verletzte Man vor ihr nicht auch leben können?

„Natürlich will ich leben, aber...“, fing sie an, wurde jedoch harsch von Taiko unterbrochen.

„Kein aber“, sagte er und schubste den Mann auffordernd zu ihr hin: „Es gibt nur eine einzige Möglichkeit um hier zu überleben. Töte deine Gefühle, Kleine. Hör auf schwach zu sein, hör auf dich von deinen Gefühlen hemmen zu lassen. Nur wenn du bereit bist, alles zu tun, kannst du dich verteidigen, denn nur dann werden sich deine Kräfte vollständig entfalten lassen.“

Sie starrte ihn an und es war als würde sie ihr Ende besiegeln. Sie würde sich nicht mehr an ihren Erinnerungen halten können, wenn sie sie aufgeben würde und wäre dem Untergang geweiht.

„Töte deine Gefühle!“, wiederholte er: „Gib sie auf und erhalte dafür eine unglaubliche Macht.“

Zögerlich machte Kyoko einige Schritte auf Taiko und den Mann zu. Sie war sich noch nicht sicher, was sie tun würde, aber eine innere Stimme sagte ihr, dass sie zwischen sich und diesem Mann entscheiden musste. Entweder würde er leben oder sie.

„Er würde eh im Krankenzimmer sterben.“, flüsterte ihr die Stimme zu: „Oder Taiko würde ihn töten.“

Kyoko merkte gar nicht wie nahe sie ihrem Opfer war. Es war als wäre sie in Trance, als wäre sie nicht in dieser Welt.

„Töte deine Gefühle!“, forderte Taiko sie noch ein letztes Mal auf: „Nur so wirst du irgendwann zurück kehren können.“

„Töte deine Gefühle!“, rief ihr ihre innere Stimme zu: „Mach schon, töte sie!“

Kyoko machte noch einige Schritte und ging in die Knie, sodass sie dem Mann direkt in die Augen sehen konnte. Wimmernd sah er zurück und sie konnte seine Angst fast riechen.

„Bitte“, keuchte er und Tränen liefen über seine blutverschmierten Wangen: „Bitte, töte mich nicht!“

Sie zögerte abermals kurz, als sie das Kunai hob. Und dann war sie so weit. Sie schloss die Augen und mit einer einzigen Bewegung ließ sie ihr Kunai hinuntersausen.

Töte deine Gefühle..

Es gab ein schmatzendes Geräusch und der Kopf des Mannes rollte auf den Boden. Traurig sahen sie seine kalten Augen an, doch das einzige was Kyoko empfand war Genugtuung. Sie hatte aufgehört zu weinen.

„Nun bist du so weit!“ Sie sah zu Taiko auf und merkte, dass er zufrieden war. Er lächelte und sie lächelte zurück. Sie fühlte sich großartig, sie fühlte sich stark, sie fühlte sich überlegen.

Langsam legte er seine Hand auf ihren Nacken und schob ihr T-Shirt ein wenig hinab über ihren Oberarm, sodass es ihr rechtes Schulterblatt preisgab. Dann beugte er sich nach vorne und betrachtete ihre Schulter ausgiebig.

„Es ist da.“, flüsterte er zufrieden zu sich selbst, doch er war ihrem Ohr so nahe, dass sie jeden Ton verstand.

„Was ist da?“, erwiderte Kyoko und fixierte ihn mit ihren blauen Augen.

„Dein Mal!“, erklärte er und löste sich von ihrem Nacken: „Das Mal, das zeigt, dass du endlich stark bist!“ Er lachte und dieses Mal konnte sie nicht anders als in sein Lachen einzustimmen. Sie fragte sich, was sie an ihrem früheren Leben nur gefunden hatte. Damals war sie schwach gewesen und nun spürte sie die gewaltige Energie, die ihr zu Verfügung stand. Es gab rein gar nichts mehr, was sie aufhalten konnte. Sie verstand nicht, was sie an ihrer Vergangenheit fand. Der Vergangenheit mit den ganzen Regeln, den Gefühlen, die einen lediglich gehemmt hatten. Jetzt war sie endlich bereit. Sie war bereit mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und in die Zukunft zu sehen.

Eine Zukunft, die alles für sie bereit hielt, denn alles, was sie hindern könnte, hatte sie in diesem Moment hinter sich gelassen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo und herzlich Willkommen zu meiner neuen FF.
Sie ist ein Remake von einer alten FF von mir und hat bereits 20 Kapitel.
Ich freue mich wirklich über jeden, der hier mitliest oder mir einen Kommentar hinterlässt :)
Ich werde wöchentlich updaten. Immer Freitags oder, falls ich es freitags nicht schaffe, spätestens Samstag. Diese Woche wird außerdem zusätzlich am Mittwoch ein Kapitel kommen :)

Jetzt wünsche ich euch ganz viel Spaß bei dem ersten Kapitel.

Glg Cyu :3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  Kaya_Uzumakii
2017-03-04T20:04:36+00:00 04.03.2017 21:04
Wow tolles kapitel freue mich aufs weiterlesen :)
Von:  Jay-san
2017-01-23T19:56:45+00:00 23.01.2017 20:56
OMG
Oh gott hofentlich findet sie die kette...
Ichhoffe es so sehr!
Tapfer die beiden. Nicht schlecht, wer hätte das gedacht ^^
Sehr gut geschrieben :)
Lg
Jay-san *-*
Von:  Jay-san
2017-01-14T08:27:54+00:00 14.01.2017 09:27
Klasse Kapitel *-*!
Bin schon mega ungeduldig und gespannt wie es weiter geht!
Mach weiter so! :3
Lg
Jay-san :3
Von:  Jay-san
2017-01-07T10:32:25+00:00 07.01.2017 11:32
Omg, das ist ja mega süß ,*-*!
Und richtig romantisch.
Schreib bitte schnell weiter:3
Ein großes Lob von mir!
Lg
Jay-san
Von:  Sunshinera
2016-12-16T07:10:20+00:00 16.12.2016 08:10
Ich frage mich Grad echt warum diese Story so wenig Kommentare hat? Die ist doch ganz toll zu lesen und ich freue mich schon auf ein weiteres Kapitel. Mach weiter so und wir sehen uns beim nächsten Kapitel oder bei anderen naruto Storys. ^^
L.g Sunshinera
Antwort von:  CyuNamikaze
16.12.2016 12:27
Hey,
erst einmal vielen vielen Dank für dein lieben Kommentar, ich hab mich sehr gefreut ihn zu lesen :) Es freut mich, dass du findest, dass die Story gut zu lesen ist, das erleichtert mich ziemlich!
Ich freue mich über jeden Kommentar und so wenige sind es doch auch nicht :) Ich habe die geschichte auch bei fanfiktion.de hochgeladen (bis zum 25 Kapitel sogar schon) und da kriegt man noch weit weniger Reviews von daher bin ich hier eingentlich echt sehr glücklich :)
Noch mal vielen lieben Dank! Ein neues Kapitel ist sogar auch schon online!
Von:  emymoritz
2016-12-09T23:06:12+00:00 10.12.2016 00:06
Aber naru ist doch der Sohn von Minato beläst du es dabei oder ehr weniger weil denn hat der kleine naru ja eine Tante demzufolge
Antwort von:  CyuNamikaze
10.12.2016 09:15
Hey,
dabei belasse ich es. Ich ändere von der 'normalen' Story recht wenig ab und folglich hat er so eine Tante, was jedoch momentan beide noch nicht wissen.
Von:  emymoritz
2016-11-26T17:26:21+00:00 26.11.2016 18:26
Sehr gute Story schade um itachi. ....läßt du Minato in deiner Story auch als Vater gelten
Antwort von:  CyuNamikaze
27.11.2016 17:43
Hey,
vielen Dank für dein Kommentar :)
Minato ist in meiner Story 'nur' der große Bruder. Er musste zwar in einer Art Vater-Rolle schlüpfen, da ihre die Eltern der beiden Geschwister früh gestorben sind, aber richtiger Vater war er nicht.
Von:  Scorbion1984
2016-11-11T14:53:19+00:00 11.11.2016 15:53
Schade das sie Itachi nicht retten konnte ,hätte es ihr(und mir )gewünscht !
Ich mag ihn ,eigentlich hat er nichts von seinem Leben gehabt ist nur für die Interessen anderer geopfert worden !
Darum wäre es schön gewesen wenn sie ihn hätte retten können !
Antwort von:  CyuNamikaze
12.11.2016 16:02
Ich mag Itachi auch sehr gern :) Und vielleicht schafft sie es ja noch ihn zu retten :D Sie hat ja extra ein Jutsu dafür entwickelt, mal schauen, ob es erfolg haben wird.
Vielen Dank für dein Comment :)
Von:  Lady_Shanaee
2016-11-09T14:28:34+00:00 09.11.2016 15:28
Hi Cyu ^^ *wink*

Öööhm, dafür, dass ein Juin ihre Gefühle versiegeln soll, ist die junge Dame aber sehr von ihnen beseelt: Sie ist wütend, genervt und fürsorglich. Sie verabscheiut Orochimaru. Sind das nicht Gefühle?

Ansonsten liest sich der Anfang recht spannend, wenn ich auch ein bisschen Mühe hatte, dem Geschehen zu folgen. Welchen Erzähler wählst Du? (Du bist einmal in die Ich-Perspektive abgerutscht ^^;)

Außerdem noch eine Frage zum Abschluss: Was bedeutet "Juin"? Heißt "Siegel" nicht "Fuin" auf Japanisch?
Antwort von:  CyuNamikaze
09.11.2016 15:45
Hey,
vielen Dank für dein Comment. Wirklich, ich hab mich sehr gefreut :la:

Das mit dem Juin/Fuin habe ich auch lange überlegt und habe dann gegoogelt. Narutopedia meinte dann, dass das Juin heißt und so habe ich dem ganzen einfach mal geglaubt. Kann aber gut sein, dass das da falsch stand, so gaz vertrauen sollte man diesen Seiten ja auch nicht. Juinjutsu sollte aber laut der Seite Fluchsiegeltechnik heißen.

Und ihr Juin wurde zu diesem Zeitpunkt bereits versiegelt :) Es ist ein recht rasanter Anfang, ich weiß, allerdings wird in den nächsten Kapiteln dann alles langsam aufgeklärt. Ich weiß selbst nicht wieso, aber ich starte immer gern recht plötzlich in eine Geschichte ein und kläre alles etwas später auf. Ist eine komische Angewohnheit von mir ^^

Noch mal vielen lieben Dank!
Antwort von:  Lady_Shanaee
09.11.2016 16:02
Hi Cyu ^^
Tja, wieder was gelernt. Wenn das Ding eine Technik ist, ist es nicht gleich das Ergebnis... Hm. Na ja, da muss man anscheinend mal die japanischen Bände (oder Scanlations) bemühen, da steht's dann ganz genau *seufz*
Vielleicht ist das "Juin" ein Fluchsiegel, während das andere ein "normales" Siegel ist?
Was den rasanten Anfang angeht, das stört nicht - aber logisch nachvollziehbar sollte er trotzdem sein. ^^; Da Du schon mehreres geschrieben hast, weißt Du vermutlich, dass jede Geschichte ihren eigenen Anfang braucht und hat, je nach dem was und wie man es erzählen will.

Ich habe ja auch schon weitergelesen und bin gespannt, was Du aus Deiner "alten" FF noch raiusholst...
Antwort von:  CyuNamikaze
09.11.2016 16:18
Ja, wahrscheinlich ist es so wie du sagst :) Ich hatte damals auch explizit nach dem Siegel von Ororchimaru gesucht, da sie es ja von ihm erhalten hat. Ein normales Siegel wird also wahrscheinlich wirklich Fuin heißen und Juin ist lediglich seine Technik.
Ich hoffe sehr, dass das ganze noch logisch nachvollziehbar werden wird :) Als Autor hat man ja immer noch einen ganz anderen Blick auf das Ganze.
Ich würde mich freuen, wenn du dranbleibst. Ich gebe auf jeden Fall mein Bestes, dass die neue Version besser wird als die alte, ein paar weniger logische Fehler sollte ich auf jeden Fall gemacht haben und sie ist bereits komplett durchgeplant :D


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