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The Tale of the Universe travelling Girl

Vorläufiger Titel
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine erste Self-Insert! Ich hoffe, euch allen genug zu erklären, eine tolle FF zu liefern und auch diesesmal mehr Gefühl einzubringen. Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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1.

Erst war dort nur Hitze. Hell glühende, orangefarbene Flammen die sich in alles um sie herum fraßen. Das Holz knisterte und die Dachbalken glühten auf, als ein weiterer herab krachte und zischend zu Asche zerfiel. Die Flammen leckten an allem, fraßen es auf und hinterließen nur Asche. Ich spüre den Boden nicht mehr, alles ist so schrecklich warm und der Kopf benebelt. Vorsichtig krabbele ich einen Schritt nach vorne und suche einen Weg durch die Flammen.

Aussichtslos. Alles versperrt von den hungrigen Flammen. Warum mir? Warum habe ich immer dieses Unglück, das mich nicht loslässt, selbst wenn ich in einem brennenden Haus eingesperrt bin?

Beruhige dich, sage ich zu mir. Alles wird gut. Auch wenn es gerade nicht so aussehen mag, ich habe immer noch eine Chance. Das Atmen fällt mir immer schwerer, ich spüre wie es in meiner Lunge kratzt und sie nach Sauerstoff schreit. Ich möchte hier raus, auf einmal habe ich meinen Lebenswillen wiedergefunden. Vielleicht mag ja alles ein wenig düster aussehen und habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt, zu sterben. Aber jetzt wollte ich einfach nur leben. Mit dem Hemd vor dem Mund versuche ich so wenig ein zu atmen wie ich nur kann und achte auf jeden Schritt den ich mache. Das Holz knirscht gefährlich und die Hitze brennt auf meiner Haut. Bitte, ich verzeihe mir selbst wenn ich hier fort kommen kann!

Gefährlich nah bricht ein Dachbalken herab und zerfällt zu Asche neben mir. Erschrocken weiche ich zurück und spüre die Hitze an meinem linken Bein. Der Weg ist versperrt, ich werde hier elendig verbrennen! Panik macht sich in meiner Brust breit. Das will ich doch, sterben, flüsterte die Stimme in mir. Erschöpft sinke ich auf den Boden und merke den Ruß in meiner Lunge. Dann ist das mein Schicksal, welches ich annehmen werde, sage ich mir.

Aber wenn du heute noch an Wunder glaubst, dann bist du genauso wunderbar wie ich. Es ist wahr, es gibt Wunder. Und genau als ich am tiefsten Punkt bin und beinahe aufgegeben hatte, tut sich etwas zwischen den Flammen. Es flimmert in einem sanften grün, wie ein kleiner Nebel mit glitzernden Sternen. Der Wind roch nach Gräsern, nach etwas wunderbaren was in mir das Gefühl von Geborgenheit gab. Es ist wie etwas, wonach man schon immer gesucht hatte. Vorsichtig krabbele ich zu dem Loch und berühre es. Ein leichter Sog zog an meinen Fingern, als ob es meine Hand nimmt und mich an einen anderen Ort bringen wird. Die Flammen kommen immer näher, dann überkommt mich das Gefühl als würde ich fliegen. Mein Herz ist schwerelos und die Hitze gegen frischen wind getauscht. Um mich herum wirbeln verschiedene Farben und ich fühle mich einfach perfekt. Abrupt hat es ein Ende, ich falle einfach aus dem Himmel. Ja, um mich herum ist alles blau hell und die Wolken sind kühl und flauschig. Der Boden kommt immer näher, das grün rast mir erschreckend schnell entgegen.

Ich schreie nach Hilfe, aber was soll schon passieren? Felder, wie in einem Märchen saftig grün und ein paar Bäume, mehr sehe ich nicht. Und wieder bin ich bei der Sache mit dem Schicksal und den Wundern. Dieses Wunder habe ich so gar nicht erwartet.

“Hab dich!” rief auf einmal eine männliche Stimme von rechts. Jemand packt mich an der Hüfte und wir fliegen immer noch erschreckend schnell dem Boden entgegen.

“Was...ich habe Angst!” Der Wind ist so stark, dass ich den Kopf nicht drehen kann und meinen Retter sehen kann. Wir werden langsamer und schweben sanft auf eine der grünen Wiesen. Meine Beine geben nach und ich lande erschöpft auf dem Gras. Die Luft ist frisch, sie reinigt meine Lungen und der Himmel ist so blau wie ich es noch nie gesehen habe. Es fühlt sich an, als ob ich Himmel wäre und alle meine Sorgen sich in Luft aufgelöst haben. Langsam drehe ich den Kopf zu der Gestalt neben mir um. Mein Kopf und die Lungen fühlen sich wieder klar an.

Seine Haare sind lang und weiß, die Spitzen verfärben sich in einem sanften grün. Auf dem Kopf trägt er einen Zylinder mit silbernen Verzierungen, sein verschmitztes Grinsen ist breit. Ich hebe die Hand vor die Augen, um ihn genauer zu erkennen.

Der Körper ist nicht schlecht trainiert, er sieht einfach aus, als ob er direkt aus meiner Fantasie entsprungen sei. Vielleicht ist er das auch? Und ich bin längst tot? …

“Hallo, du bist schon da oder?” Er winkt vor meinem Gesicht mit einem leichten Grinsen. Ich springe wieder auf, mir wird ein wenig schwindelig.

“Ja, aber eben gerade bin ich noch aus dem Himmel gefallen! Was ist das?” Ich hole tief Luft.

Von einem brennenden Haus hinein in eine Idylle neben einem wirklich hübschen Typen. Das ist technisch unmöglich.

Aber das hier ist nicht diese Welt wie ich sie kenne, also gelten auch nicht die normalen Regeln, oder? Vorsichtig berühre ich seinen Oberkörper. Ist er echt? Die Haut war warm und wirklich weich.

“Oh, meine Lady, dass sie gleich so rangehen müssen!” Er lacht und ich ziehe erschrocken die Hand weg.

“Das ist nicht witzig! Ich habe einfach keine Ahnung, was hier vor sich geht! Ich wollte doch einfach nur testen, ob du auch wirklich bist!” Sofort spüre ich, wie mir die Hitze in die Wangen steigt.

“Also ich finde es wirklich amüsant, so etwas ist mir noch nie passiert. Da mache ich meine Pause, liege entspannt auf der Wiese und mir fällt da ein hübsches Mädchen aus dem Himmel entgegen! Da musste ich einfach helfen, aber du zeigst mir Dankbarkeit aber wirklich großzügig!” Er verschränkt die Arme, eine Strähne fällt ihm ins Gesicht so dass er einen fast rebellischen Eindruck macht.

Ich seufze und wende mich ab. “Wo bin ich hier?”

“Das hier-” er breitet seine Arme aus und schwenkt sie herum, “- das hier ist Glenwood. Dieser hübsche Kontinent hat eine Menge zu bieten. Gerade bist du auf der Seite von Rolance, aber das Highland ist so nicht einfach zu erreichen.”

Die neuen Informationen sauge ich auf wie einen Schwamm. Um mich herum blühen vereinzelt wundervolle Blumen in verschiedenen Farben auf, das Gras ist so grün wie ich es noch nie gesehen habe. Als Dorfkind habe ich jedes Mal auf das neue das Feld vor meiner Tür aufblühen gesehen, aber dieses hier war einfach atemberaubend.

“Darf ich dich nach deinem Namen fragen?” Erschrocken zucke ich zusammen. “Eher würde ich gerne zuerst deinen Namen erfahren.” Er pustet sich die Locke von der Stirn und kommt mir einen Schritt näher.

“Mein Name ist Zaveid. Ich bin ein Seraph und bin älter, als ich aussehe.” Er tippt sich an den Hut. “Ich habe die Welt gesehen, und zwar schon seit knapp 1000 Jahren.”

Das ist ganz schön seltsam. Für mich sind Seraphe engelsartige Wesen, denn dieses Wort bezeichnet auch Engel. Aber er hat keine Flügel, sondern weiße Verzierungen, die sich von Oberkörper bis Rücken ziehen. An der Hüfte baumelt eine Schusswaffe mit einer hübschen Verzierung.

“Mein Name ist Eve. Ich bin werde erst einmal 19 Jahre alt.” Nervös tippele ich von einem Fuß auf den anderen.

Er streckt mir galant seine Hand hin. “Schön dich kennenzulernen. Du erinnerst mich an eine alte Begleiterin aus alten Reisezeiten…” Sein Blick schweift ab in die Ferne. “Na dann, soll ich dich in die nächstgelegene Stadt bringen?” Nur, wie sind hier Städte? Glenwood machte einen netten Eindruck, auch wenn ich bisher nur eine Wiese gesehen habe. Es gibt magische Kräfte, da dieser Typ mich gerettet hatte, indem er flog! Das ist schon ein Traum, seit ich jung bin. Möglicherweise war es doch was Positives, hier gelandet zu sein. Das Warum nagt in mir, aber ich schiebe es einfach beiseite.

“Dann mal los, Mister.” Die langen Lederbänder an seinem Arm schweben hinter ihm her.

Der Wind ist eine sanfte Brise und lässt das Gras hin und her wiegen. Ein paar Felsen ragen mitten aus dem nichts auf, ein großer Baum spendet Schatten für ein paar seltsam verformte Wesen. Sie haben ihre spitzen Köpfe auf die Pfoten gelegt und schlafen. Das ist wahrscheinlich auch besser so. Ich nehme wieder Schritt mit Zaveid auf, der schon ein Stück voraus ist. Mir fällt seine Waffe auf.

“Was ist das, was erschießt du damit?” Ich deute neugierig auf seine Schusswaffe. Zaveid holt sie im Gehen aus dem Halfter. “Das hier ist mein wertvolles Stück, ich hatte sie zeitweise für einen guten Zweck ausgeliehen. Sie hat schon so viel durchgestanden…” fast liebevoll streicht er über das silberne Emblem, das an der Waffe angebracht ist. “Wirklich hübsch, muss ich gestehen. So etwas gibt es bei mir nicht.” kommentiere ich.

“Möchtest du einmal halten?” Er reicht sie mir und ich nehme sie ein wenig ehrfürchtig in die Hände. Leicht, aus einem festen Material gefertigt und liegt gut in der Hand. Mehr als das was ich aus Videospielen gelernt habe, weiß ich nicht.

“Diese hier ist wirklich hübsch, muss ich sagen.” meine ich und reiche sie ihm wieder zurück.

Zaveid sein Blick schweift in die Ferne. “Vor vielen Jahren haben wir damit die Welt gerettet.” Er sieht ein wenig melancholisch aus, also hacke ich nicht weiter nach. Aber die Welt zu retten, das war etwas großes. Doch Zaveid antwortet von selbst.

“Ich bin nur ein einfacher Seraph, doch einst hat eine der mächtigsten Seraphe über diese Erde gewacht. Dann gab es einen großen bösen Mann, ich habe mich dem Trupp zum Welt-Retten angeschlossen und wir haben die Erde gerettet.” Er zuckt mit den Schultern, ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Nachdenklich laufe ich neben ihm her. Eine Welt, in der Seraphe und eine Art von Magie existieren, und mächtige Seraphe, die die Erde beschützen. Das ist einfach eine ganz schön fantastische Sache.

Vor uns liegen Weizenfelder, ein paar Arbeiter gruben gerade die Erde um. Zaveid winkt ihnen zu und einige von ihnen winken zurück.

“Es gab eine unglaublich lange Zeit, da konnten die Menschen uns nicht sehen, uns Seraphe.” Überrascht sehe ich ihn an, sein Blick ist ernst. Er steckt die Hände lässig in die Hosentaschen. “Gehört alles zu der Böser-Typ- Geschichte.” Wir gehen an dem Feld vorbei, sofort meldet sich meine Allergie zurück.

Ich wische an meiner Nase herum und laufe ihm hinterher. Ein wenig gespannt bin ich schon, denn jetzt bin ich hier und muss ja ein Zuhause finden. Doch hatte ich bisher noch keine Ahnung gehabt, wo es mich hinführen würde. Die Sonne geht immer tiefer unter, alles ist in ein angenehmes Orange getaucht.

“Mir gefällt es hier immer besser... murmele ich in mich hinein, als Zaveid auf einmal freudig mit dem Finger in die Ferne zeigt.

“Dort sind die Tore zu Lastobell! Die Stadt ist noch immer in der Fertigstellung nachdem ein Sturm sie teilweise zerstört hat. Aber es dürfte immer noch ein recht hübscher Ort sein.”

“Mann, kannst du mich tragen, meine Beine schmerzen!” Ich hatte noch nie eine gute Ausdauer geschweige denn genug Kraft um so viele Kilometer auf einmal zu laufen. Erschöpft stütze ich mich auf die Knie. Zaveid sah mich kurz an, dann bückt er sich und wendet mir seinen Rücken zu.

“Komm, steig auf Kleines.”

“Ich bin nicht klein!” Er lacht. “Für mich schon, jung und noch so klein im Vergleich zu mir.” Ich seufze und steige auf. Die Arme schlinge ich um seinen Hals. Mit einem Ruck sitze ich ein Stückchen weiter oben und fühle mich wieder wie als ein kleines Kind. Die Aussicht ist einfach hübsch und meine Beine danken es mir sofort. Zaveid legt einen ganzen schönen Zahn zu, der Wind peitscht uns entgegen, als er über die Wiese flitzt. Anscheinend meint er es ernst, mich schnell abzuladen. Die Tore Lastonbells sind sehr hoch und aus dunklem Holz, davor sind auch zu späterer Stunde ein paar Wachen positioniert. Die Mauern der Stadt sind so hoch, dass man sie nicht einmal überklettern kann. Vorsichtig lässt Zaveid mich von den Schultern. Meine Füße berühren endlich wieder Boden.

“Du hast keinen Pass, oder?” Entschuldigend schüttele ich den Kopf. Ich bin gerade erst in dieser anderen Welt angekommen und sollte einen Pass besitzen?

“Lass mich das machen, der Anführer der Garde in Rolance ist gut mit mir bekannt.” Er lässt mich ein paar Meter entfernt stehen und geht lässig auf die Garde zu. Diese strecken sich durch und stellen ihre spitzen Speere gerade neben sich. Eine ganz schöne Arbeit, den ganzen Tag das Dorf zu bewachen...zumindest am Tor zu stehen und nichts zu machen, wäre wirklich nicht meine liebste Tätigkeit. Der Seraph winkt mir zu, ich laufe schnell zu ihm.

“Danke sehr!” er winkt ihnen im gehen noch einmal, dann öffnen sich die großen Tore vor uns. die Stadt ist wirklich wunderschön, im Vergleich zu denen die ich besuchen durfte in meiner Welt. Die Häuser sind klein, ein wenig gedrungen mit passend roten Dächern. Der große Glockenturm fällt mir sofort auf.

“Der ist ja wunderschön!” Überrascht laufe ich zu der kleinen Mauer, die das Gelände an der Kirche abgrenzt. Die Glocken leuchten in einem strahlenden Gold, eine größer als die andere.

“Nun, diese Glocken waren mal echt, jetzt hat man sie gegen automatische ausgewechselt. Aber wir haben hier trotzdem einen Seraph, der auf die Stadt aufpasst.” Zaveid hat die Hände locker in der Hosentasche, er sieht ein wenig so aus, als ob er in alten Erinnerungen schwelgt.

“Was sind diese Seraphe jetzt genau?” Diese Frage liegt mir schon eine ganze Weile auf der Zunge. Zaveid nimmt die Hände aus den Taschen.

“Komm mit rein, dann kann ich es dir zeigen.”

Die Kirche ist klein, mit zwei Reihen Sitzbänken und einem kleinen Altar. Dort sitzt eine hübsche Frau in einem lilafarbenen Kleid.

“Das hier, “ er schiebt sie an den Schultern vor, “Das ist ein Seraph. Früher haben die Menschen an sie geglaubt und mit ihnen zusammengelebt, dann eine Zeit lang nicht mehr und jetzt sind wir wieder in Harmonie miteinander. Sie hat den Segen für diese Stadt gegeben.”

Die hübsche Frau mit dem kurzen dunklen Haar beugt sich vor und berührt meine Stirn.

“Ich kann eindeutig spüren, dass du nicht von hier bist…” flüstert sie und nimmt den kühlen Finger wieder fort.

“Fragen sie mich nicht, aber ich weiß auch nicht wie es dazu kam. Aber hier gefällt es mir, wirklich!” Sie lacht und dabei sieht sie wirklich hübsch aus.

“Von mir hast du meinen Segen. Möge dir nichts schlechtes zustoßen können!” Zaveid verbeugt sich vor ihr, also mache ich es genauso. Wieder vor den Toren der Kirche lacht meine Begleitung auf einmal.

“Was denn?” frage ich überrascht. “Du wunderst dich über Seraphe, aber nicht dass ich dich aus dem Himmel gepflückt habe.”

“Wärst du nicht gekommen, dann wäre ich nicht mehr. Also sehe ich es realistisch.” Das brachte ihn zum überlegen. “Nun, ich habe das Element Wind. Andere können Wasser oder Feuer-Artes nutzen, aber das sind eben andere.”

“Was sind Artes?” frage ich wie belämmert. Er klopft mir grinsend auf die Schultern.

“Das ist eine Art, in der man diese “Magie” beschwört. Nicht jeder kann das und wir Seraphe haben eben unsere speziellen Fähigkeiten.” Mir erklärt es endlich alles, ich kann diese Magie irgendwie in der Luft spüren. Etwas das man nicht greifen kann, aber existiert.

“Keine Sorge, Menschen können Artes lernen, wenn sie wollen!” er zwinkert mich an und geht einfach geradeaus in eine kleinere Gasse. Seufzend folge ich ihm. Anscheinend habe ich nicht einmal einen Hauch einer Ahnung, was es bedeutet, in dieser Welt zu leben. Der Windseraph steht mit verschränkten Armen vor einem kleinen Haus, vor dem eine rote Türkise hängt. Ein kleines Aufklappschild sagt “Gasthaus”, na endlich.

“Morgen müssen wir dir dann erstmal anständige Klamotten besorgen.”

“Warum kümmerst du dich so gut um mich?” stelle ich ihm als Gegenantwort und er zuckt nur mit den Schultern.

“Ich kann es einfach nicht zulassen, dich ganz alleine und hilflos zurück zu lassen. Aber wenn du hier bleiben wirst, dann wirst du dich wie alle anderen hier anpassen.” Langsam lasse ich mir die Sätze durch den Kopf gehen. Wie die anderen werden… ich denke, das ist hier eine bessere Option als in meiner Welt. Gemeinsam gehen wir in das Gasthaus. Ein junger Mann schickt mich in ein Zimmer im hinteren Bereich, in dem zwei Betten stehen und ein kleiner Nachttisch. Erschöpft lasse ich mich auf das Bett fallen. Draußen ist es dunkler geworden, die großen Glocken Lastonbells schimmern im Sternenlicht.

“Schlaf dich aus, ich kümmere mich schon um deine Sachen, wie gesagt.” Ein wenig misstrauisch lehne ich mich in die Kissen, da fallen mir schon bald die Augen zu.
 

Tags darauf wache ich auf, als ob ich einen Schlaf des Jahrtausends gehabt hätte. So gestärkt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Langsam richte ich mich auf und sehe in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Erschrocken fasse ich nach meinen Haaren. Sie sind nicht mehr vollkommen blond, es ist als ob jemand ein wenig lila dazu getan hätte. Bilde ich mir das nur ein? Einerseits war es schon immer ein Wunsch von mir gewesen, lilafarbene Haare zu haben. Auch wenn ich die vielen Blicke der anderen hätte ertragen müssen. Andererseits war es auch ganz schön komisch. An der Bettkante hängt eine dunkle Hose, ein Hemd und ein Paar Stiefel und Handschuhe. Ich ziehe sie an und bewundere mich selbst, ich sehe ein wenig aus wie eine Abenteurerin mit den großen Stiefeln und den lockeren Hosen. Mit einem Lächeln im Gesicht gehe ich hinaus und sehe Zaveid an einen der Tische sitzen. Seine Haltung zeigt, dass er aufbruchsbereit ist. Damit überfällt er mich auch sogleich.

“Nun, du hast jetzt alles. Ich möchte nicht unhöflich wirken, aber ich habe vor, so schnell wie möglich meine Mission zu beenden.” Enttäuschung macht sich in mir breit.

“Aber, wenn ich schon da bin, dann solltest du mich mitnehmen! Es gibt noch so viel zu sehen, und das ist die Möglichkeit!” Zaveid lacht laut. “Aber das hier ist eine besondere Art von Mission.” Ich werde keinen Rückzieher machen, rede ich mir ein.

“Ich komme mit!”

“Du hast doch gar keine Ahnung ,worum es gehen wird!” Sein Blick ist ein wenig entgleist. “Ich muss meinen Freund befreien.”

Ich entgegne “Klingt doch lustig!” und ziehe mir die Handschuhe an. “Er ist ein Drache, und das seit mehr als 1000 Jahren.” eröffnet er mir und ich sehe ihn überrascht an. Zaveid meint es vollkommen ernst.

“Wie soll das Ganze denn funktionieren?” Zaveid erklärt mir, dass er eine besondere Patrone in seiner Schusswaffe geladen hätte, die nur durch eine besondere Mixtur und eines Ereignisses herstellbar war. Und dafür hat er schon lang genug gebraucht.

“Dieser Böse Mann hat mir das ermöglicht, und jetzt sollte ich auch meine Pflicht erfüllen.”

Ein wenig neugierig frage ich nach, “Du hast ihm eine Pflicht versprochen?”

Wir gehen nach draußen, heute sind die Straßen ein wenig mehr belebt.

“Ich habe seine Schwester all die Jahre beschützt. Jetzt wo sie alt genug ist, um auf sich selbst Acht zu gebe, werde ich ihn wieder unter die Seraphe holen.” Er klingt sehr entschlossen, also möchte ich ihm dabei helfen.

“Du kannst ja nicht einmal eine Waffe führen!” Da hatte er mich doch an einem wunden Punkt erwischt. “Wenn man Fantasie hat, dann kann ich auch ein Schwert führen. Gib mir einfach eines, ich habe schon mit einem selbst gebauten herumgespielt.” erkläre ich ihm. Das ist zwar etwas anderes als ein echtes Metall-Schwert, aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Gemeinsam verlassen wir die Stadt, ich mit neuer Ausstattung und einem hübschen Schwert an meiner Hüfte baumeln.

2.

“Nun, hast du vor zu Fuß zu gehen oder eines der Service beanspruchen, die du hast da du mich kennst?” Er stützt die Arme in die Hüfte und grinst.

“Wie weit wird es denn dann sein?” frage ich vorsichtig. “Hinüber zum Highland, dann durch diverse Höhlen und Wälder, könnte ein gewaltiger Marsch sein, bis wir am Falkenkamm sind.”

Das klingt auf jeden Fall nach einem langen Weg, alleine vom Namen.

“Ich werde den Seraph bitten, uns nach Damensee zu schicken.”

Okay, mittlerweile ist mir klar, dass ich auf jeden Fall eine Karte brauche.

“Würdest du versuchen, in Zukunft die Begriffe zu erläutern? Was ist Damensee?” frage ich ein wenig gereizt.

“Beruhige dich, Kleine. Wenn wir dort sind, dann siehst du alles von selbst. Vielleicht gibt uns die werte Prinzessin uns Spenden, dann kannst du dich in aller Ruhe informieren.” Ich seufze. “Damensee ist die Hauptstadt des Hylands,” hing er noch an. In der Kirche wartet der Seraph mit verschränkten Fingern.

“Würdest du uns ausnahmsweise für lau nach Damensee teleportieren?” Da werde ich hellhörig. Teleportieren? So etwas wäre ja mal richtig fantastisch…

Sie sah ihn ein wenig empört an. “Wenn ich das zählen würde und endlich mal Geld verlangen würde für all die Male, die du nicht bezahlt hast wäre ich längst reich.” Ich grinse und stelle mich neben ihm.

“Wenn du jetzt mal bald deine Schulden abarbeiten magst, darfst du es ausnahmsweise.” Sie sieht ihn warnend an. “Du hast jetzt eine Menge vor dir.” Zaveid schluckte und grinste nur ein wenig unbeholfen. Dass er schon so oft die Macht nutzte… Nur wie soll es funktionieren?

Die beiden zeigen es mir. Wir halten uns an den Händen, worauf meine natürlich sofort schwitzig werden. Seine sind so groß, ein wenig rau aber warm. Die langen Finger umklammern meine Hand fest, als es um mich herum heller wird. Der Seraph hat die Augen geschlossen und beschwörte einen Kreis über uns. “Das dort,...” Zaveid zeigte auf den Kreis, “Das ist Artes. Diese kann nur der Seraph eines Landes anbieten.” Über mir leuchtet es immer heller und unter den Füßen erscheint ein lilafarbener, verschnörkelter Beschwörungskreis. Es schließt uns beide ein, dann werden wir in einem Sog durch Zeit und Raum genommen. Diese wenigen Sekunden kann ich einfach nicht beschreiben. Es ist, als ob du einmal blinzelst und von einer Sekunde auf der anderen in einer anderen Umgebung aufwachst. Vor mir liegt eine breite Brücke, gepflastert und mit einem hohen Eingangstor. Der Himmel über der Stadt ist wasserblau und ein paar einzelne Wolken fliegen vorbei. So einen klaren Himmel über einer Stadt gibt es bei mir nicht zu sehen. Das Wasser, das die Insel und das Land voneinander trennt, ist so klar, dass sich alles darin spiegeln kann.

“Tadaa, wir sind angekommen. Das hier ist Damensee.” Stolz blicken wir beide ein paar Sekunden auf die Umrisse der Stadt.

“Du kennst die Prinzessin?” fällt mir eine Frage von vorhin wieder ein.

“Sie war eine Schlüsselrolle in ein paar Ereignissen vor einigen Jahren. Bald ist ihre Krönung zur Königin, auch wenn das eigentlich nur ihr Titel sein wird. Die Regierung ist sehr dem Volk zugewandt.”

“Also ein wenig demokratisch.” Zaveid sieht mich verwundert an. “Ach, vergiss es.” Solche Wörter scheint es hier nicht im normalen Gebrauch zu geben. Auf der Brücke pfeift der Wind so stark, dass es mich fröstelt und mir die Haare ins Gesicht weht. Ich umschlinge meinen Oberkörper und laufe in weiter in Richtung der Stadttore. sie stehen offen und zeigen mir ein paar kleine Häuser in der Innenstadt hinter der Mauer. Hier sind die Bewohner anders gekleidet, ihre Mäntel sind länger und die Gassen sind breiter. Ein kleiner Fluss führt durch die Stadt, ein paar verschieden lange Brücken verbinden die Stadtteile miteinander. An einer höher gelegenen Stelle in der Stadt ragen die Kathedrale und das Schloss auf. Vor Freude springe ich ein paar Schritte die Hauptgasse entlang.

“Hey, pass auf wo du hinläufst! Sonst muss ich dich noch im Aquädukt suchen....” er schüttelte den Kopf. Ich setzte zu einer Frage an, doch er unterbricht mich.

“Die Stadt hat ausgefeilte Wassersysteme, ohne diese würde hier nichts laufen. Da kann es mal passieren, dass man sich im Untergrund, dem Aquädukt verläuft. War echt ne üble Gegend da unten, glaub mir.” Gemeinsam gehen wir durch die Gassen, und ich sehe zum ersten Mal so viele Menschen und Seraphe an einem Ort. Der Marktplatz ist ein großer, belebter Ort vor der Kathedrale.

Die Fenster sind mit Glas verziert und leuchten in verschiedenen Farben und der Schatten, den die Kathedrale warf, spendete vielen Zuflucht vor der warmen Sonne. Auf dem Markt waren die Marktstände in allen Farben, der Geruch verschiedener Waren erfüllt die Luft. Überglücklich spaziere ich hindurch und atme tief ein. So viel verschiedenes, ich ignoriere einfach die Blicke der anderen Menschen auf dem Markt. Zaveid folgt mir nur den Kopf schüttelnd. Mir gefallen die besonders roten, runden Äpfel, die verschieden gefärbten Stoffe und die kleinen Kinder, die zwischen den Ständen hin und her laufen und Spiele spielen.

“Wir müssen dort rechts, hinauf in das Adelsviertel.” deutet Zaveid mir und möchte mich mitziehen. Doch ich schlage ihm die Hand weg und sehe mir den Schmuck an, den eine rundliche Frau anbietet. Ein paar silberne Armreifen haben es mir besonders angetan.

“Und, wie findest du diesen?” ich hebe einen schmalen Armreif von dem Filzpolster hoch und halte ihn ins Licht. Zaveid zuckt mit den Achseln. “Noch muss ich dir ja noch die Sachen bezahlen. aber wenn er dir so gefällt, kannst du ihn haben.”

Überrascht lege ich den Ring zurück und sehe ihn ernst an. “Du möchtest mir ernsthaft diesen Ring bezahlen? Dann bist du wirklich ein Guter.”

Die Dame am Stand poliert den Ring, ehe sie ihn mir gegen Bezahlung aushändigt.

“Jetzt müssen wir aber echt von der Prinzessin unser Almosen abholen, wenn du noch mehr solche Sonderwünsche äußerst.” Gekränkt geht er die breiten Stufen zu einem braunen Tor hinauf. Ich grinse, denn so hübsche Arbeit von einem Armreifen habe ich schon immer haben wollen. Hinter dem Tor sind ein paar breitere Wege angelegt, Mauern trennen die Häuser voneinander ab. Wenn man gerade aus schaut, ist dort der Eingang zu dem wundervollen großen Schloss, welches mir schon beim Hineingehen in die Stadt aufgefallen ist. Das Schwert ist auf Dauer wirklich schwer, wie die Figuren in Fantasy-Geschichten das immer so leicht machen konnten...oder meine Arme sind einfach vom vielen zocken viel zu schwach. Zaveid geht den Weg rechts hinab, neben uns rauscht der Fluss entlang. Im Sonnenlicht glitzert es einfach wunderschön. Ein metallenes Gittertor versperrt uns den Durchgang in einen kleinen Gartenbereich des Schlosses.

Dahinter ist auf einer kleinen Terrasse ein Kaffeetisch angerichtet, mit dampfenden Kannen voll Kaffee und Tee und kleines Gebäck auf Porzellan serviert. Zaveid linst um die Ecke, dann macht er sich am Tor zu schaffen. Bevor ich noch “Piep” sagen kann, fliegt das Gitter auf und er schiebt die Tore auf.

“so etwas dürfen wir doch nicht einfach machen! Und wie hast du…”

Zaveid schüttelt nur missbilligend den Kopf. “Ich bin Windseraph und ich darf das.” Okay, ich gebe auf. “Warte hier auf mich.” Zaveid geht direkt durch die große Tür links von mir und lässt mich hier im Garten stehen. Mit verschränkten Armen warte ich und sehe sehnsüchtig auf das Gebäck. Meine letzte Mahlzeit ist schon ein wenig länger her…Gerade als ich darüber nachdenke, mir einfach einen Keks zu schnappen, fliegt die Tür auf und Zaveid kommt heraus, gefolgt von einer jungen Frau. Ihre Haare sind wirklich hübsch zurechtgemacht, lang, lockig und in einem hellen Braunton. Sie strahlt Würde aus, die Wappen auf ihrer Kleidung scheinen die vom Hyland zu sein. Da ich nicht weiß, was ich tun soll, verbeuge ich mich einfach.

Die junge Frau lacht hinter einer vorgehaltenen Hand. Sie trägt weiße Handschuhe, so wie richtiger Adel.

“Du musst dich nicht verbeugen, das ist schon okay. Zaveid hat mir ja schon erklärt, warum ihr meine Teestunde besuchen kommt.” Ich richte mich wieder auf und versuche, einen passablen Eindruck zu hinterlassen.

“Ich bin Alisha, noch die Prinzessin dieses Reiches.” Höflich schüttele ich ihre Hand und stelle mich gerade vor sie.

“Mein Name ist Eve, ich komme von wirklich weit her.” Gemeinsam gehen wir an den Paltz mit den kleinen edlen Sitzstühlen.

“Mir wurde schon gesagt, du brauchst etwas, um ihn auf der Reise begleiten zu können.” Alisha nahm sich einen Keks und tunkte ihn in dunkelroten Tee ein. Ich knabbere an ein paar kleinen Gebäckstücken, die mit kleinen Sahnehäubchen verziert sind. Einfach nur köstlich! Ich zügle mich und nehme nicht sofort ein weiteres Gebäck. Zaveid hat neben mir die Beine verschränkt und auf einen anderen Stuhl gelehnt. Seine Augen hat er während der Unterhaltung geschlossen. Anscheinend eher ein fauler Seraph, der alles gemächlich angeht.

“Ein wenig Ausrüstung und Kleidung kann ich dir zur Verfügung stellen, Geld habe ich wirklich nicht zu verleihen. Aber da du mit diesem Faulpelz befreundet bist…” Ihr Blick wandert zu Zaveid, der seine Augen kurz öffnet und den stechenden Blick von Alisha einfach hinnimmt und die Augen einfach wieder schließt.

“Wenn du mitkommst, kannst du dir ein wenig von meinen alten Kleidern ausleihen. Du scheinst meine Größe zu haben.” Sie misst mich gedanklich ab, als ich mir hastig einen Keks in den Mund schiebe. Alisha steht auf und lässt Zaveid einfach zurück. Ich folge ihr in das Gebäude, dass eines der größten hier im Adeligenviertel ist. Die Treppen glänzen vor Wachs und die Gemälde im Hauptsaal wirken wirklich uralt, aber edel. Im zweiten Stockwerk führt sie mich zu einem kleinen Raum, indem sehr viele Kartons herumstehen, Schachteln und eingestaubte Hüte türmen sich.

Alisha wühlt in einen der Kisten herum und gibt mir robustere Stiefel, eine Bluse und passende Hosen, die wie für den Kampf geschnitten sind. Dazu konnte ich mir noch einen Gürtel ausleihen und etwas für die Schultern. Es hat alles meine Lieblingsfarbe blau, also trage ich es mit Stolz.

“Steht dir gut, passt alles?” fragt sie mich, als ich hinter ein paar aufgetürmten Kartons hervorkomme, die ich als Umkleide genutzt habe.

“Meine alten Kleider nehme ich mit, ich mag die Hosen.” antworte ich und schnappe mir die alten Sachen. “Vielen Dank aber auch!” Ich schenke ihr mein liebstes Lächeln, was ich anzubieten habe. Alisha nickt, dann gehen wir zusammen wieder ins Freie zu Zaveid. Er streckt sich gerade, wobei seine Tattoos am Rücken zu sehen sind. Zwei weiße Linien führen am Rücken hinauf zur Schulter, wo sie vorne über die Brust auf der anderen Seite am Bauch wieder am Rücken weitergehen.

“Alles klar, Kleines?” Güte, er lernt einfach nichts oder er ist ein Sturkopf. “Alles prima, ich bin bereit.” Zaveid nickt und schnappt sich den kleinen Geldbeutel, den Alisha ihm hinhält.

“Mehr kann ich euch nicht helfen, die Geschäfte rufen schon wieder. Was hast du eigentlich vor…?” fragte Alisha und sieht ihn fragend an.

“Ach, eigenes.” meint er nur und geht schon Richtung Ausgang.

“Dankeschön!” sage ich ihr noch einmal, verbeuge mich und folge Zaveid hinaus aus dem Adelsviertel.

“Wie wollen wir denn jetzt zum Falkenkamm kommen?” frage ich unschuldig und zupfe meine Handschuhe zurecht. “Kann man uns wieder mit Teleportation helfen?”

Zaveid lacht und öffnet das Tor vom Adelsviertel. “Dann macht es ja keinen Spaß mehr, wir sollten dahin schon laufen. Ist kein all so langer Weg.”

Wir gehen die Treppen hinab durch die langen Straßen Damensees. Ein wenig hatte er ja Recht, es schadet mir nie, endlich mehr von der Welt zu sehen. Vor den Toren erstreckt sich uns die Weite der grünen Hügel und die frische Luft.

Nach seinen Angaben geht es in den Westen, wir würden eine große Brücke sehen und dort zwischen den Hügeln hinauf zum Falkenkamm gehen. Dieser ragt in der Ferne hinter Nebel hervor. Das Schwert ist schwer an meiner Hüfte und nach dem Tee und Keksen ist mir nicht unbedingt nach Laufen. Mister Windseraph legt ein ganz schönes Tempo zu, ich habe Mühe mit zu halten. Aber ich habe es mir ja auch ausgesucht. Wir laufen zwischen Hügeln, einige sandige Wege entlang. Die Wolken haben sich vor die Sonne geschoben, deswegen war es ein recht angenehmer Marsch. An der Brücke stehen viele Karren der Händler, einer nach dem anderen gehen über eine breite gepflasterte Brücke. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte ich die Mauer einer Stadt erkennen. Zaveid ignoriert die Brücke einfach und führt mich

zwischen den Hügeln einen langen Weg hinauf. Die Luft wird immer kühler und vor mir kann ich die schroffen Spitzen des Falkenkamms erkennen. Am Rand des Weges liegen Felsbrocken und das Gras wird immer spärlicher. Auch Zaveid ist verändert, sein Schritt entschlossener und schneller. Mit schmerzenden Beinen folge ich ihm, beschwere mich aber nicht. Das hier ist sein Ziel und ich habe es mir ausgesucht. Uns pfeift der Wind um die Ohren und etwas verändert sich in der Umgebung. Ich kann es nicht erklären, es ist als ob man mein Herz in einen Käfig gesperrt hat und es langsam zu drückt, dieses dunkle Gefühl.

“Er ist schwächer, das letzte Mal als ich hier war, war die Bosheit um einiges Stärker.”

“Das ist es, was ich spüre?” frage ich und stolpere beinahe über ein paar Steinchen. Der Weg schlängelt sich immer höher, bis wir an einem höher gelegenen Übergang stehen. In meiner Brust wird das Gefühl unerträglich, bis es auf einmal mich frei gibt und ich mich ein wenig beruhigen kann. Tapfer ziehe ich das Schwert und folge ihm, dort auf dem Felsplateu liegt ein Drache. Ich habe zuvor in meinem Leben natürlich noch nie einen gesehen, aber das hier übersteigt alle meine kühnsten Träume. Die Hörner sind scharf und gekringelt, die Schuppen in einem dunklen Bronzeton und die kleinen Zähne sind spitz nebeneinander aufgereiht, bereit dich sofort zu zerfleischen. Erschrocken weiche ich zurück, er schläft aber sein Atem bläst ganze Staubwolken hoch.

Zaveid geht ein paar Schritte vor ihn und zieht seine Waffe. “Wir müssen ihn wecken, hast du wenigstens ein wenig Erfahrung mit dem Kampf?”

Um nicht schrecklich wie ein Noob dazustehen, sage ich einfach ja und umklammere den Griff des Schwertes. Der Seraph holt sein Pendel und schlägt auf eine seiner großen Krallen. Die Augen des Drachen sind golden und tief, sie starren uns an als er das Maul zu einem lauten Brüllen öffnet. Es hat angefangen, von hier aus gibt es kein Zurück und wir werden den Drachen läutern.

3.

Ich reiße mir den Arm vor die Augen und weiche zurück. Der pure Zorn ist spürbar und der Käfig kehrt wieder zurück. Als ob ich es wüsste, weiche ich der heranschnellenden Kralle aus und blocke mit der Schwertklinge ab. Etwas hat sich verändert, die Bewegungen und das Kämpfen fallen mir viel leichter und ich kann voraussehen, was passieren wird.

“Jetzt mach doch endlich was, ich kann es auch nicht ewig halten!” ich presse meine Zähne aufeinander und rolle mich ab. Wir können den Angriffen ausweichen, doch ist anscheinend noch nicht der Moment gekommen, um ihn zu befreien. Seine Flügel sind breit und ledrig, eine Staubwolke weht hoch als er sie ausbreitet.

“Wenn er mir seine Stirn zeigt, dann kann ich schießen!” Brüllt er gegen den Wind an und ich wische mir den Staub aus dem Gesicht. Der Fokus des Drachens liegt auf mir, also locke ich ihn in die Richtung des Seraphs. Die Schuppen sind im Licht ein wunderschönes Spiel aus Bronze und Muskeln, aber zum Anstarren fehlt mir die Zeit. Endlich sieht er in meine Richtung, er möchte eine Artes beschwören.

“Jetzt!” schreie ich und schlage aus Verzweiflung mit dem Schwer auf die Kralle. Zaveid zielt erstaunlich gut und schießt ab. Die Kugel leuchtet, sie fliegt und dringt in die Stirn ein. Eizen, der Drache, fällt zusammen und liegt mit ausgebreiteten Flügeln reglos am Boden. Ich will Zaveid noch fragen, ob er sich sicher ist, dass es ihn nicht tötet, aber aus der Stirn bricht langsam ein Licht hervor. Es breitet sich aus, in einem sanften Orange-Ton legt es sich um den massigen Körper, bis nichts mehr zu sehen ist. Der Seraph neben mir fällt auf die Knie, in Erwartung die Augen ganz groß. Auch ich bin gespannt, die Silhouette wird schmaler, bis nur noch ein schwaches, kleines Leuchten übrig bleibt. Vor mir liegt ein junger Mann, vielleicht 1,80 Meter groß, die Arm und Beinmuskulatur ist wirklich gut trainiert. Auf dem Rücken sind noch ein paar einzelne bronzefarbene Schuppen übrig. Die Haare fallen über die Schulter, in einem sanften Orange-gelblichen Ton.

Er liegt am Boden, die Arme und Beine ausgestreckt. Das Licht verschwindet ganz und ich sehe, dass er bis auf die Schuppen ganz nackt ist. So liegt der ehemalige Drache am Boden ohne Kleidung oder überhaupt etwas an sich.

Zaveid stürzt vor und hievt ihn noch. Eizen öffnet kurz die Augen,es ist ein grünes Schimmern, fast schöner als wie in seinen Drachenaugen. Dann fallen sie ihm zu und er ist ohnmächtig.

“Nimm meinen Mantel, ich kann ihn dich doch nicht nackt tragen lassen!” Der Weißhaarige schreckt hoch, nimmt resigniert meinen Mantel an.

“Kannst du ihn zu dieser Stadt an der Brücke tragen?” Zaveid steht auf und ich helfe ihm, Eizen den Mantel anzuziehen.

“Dort liegt Marlind, die zweite große Stadt. Dort dürften sie was für seine Wunden haben.” Wie einen Sack wirft er ihn sich über die Schultern, die nackten Beine baumeln einfach herab. Wirklich hübscher Anblick...schießt es mir durch den Kopf. Verdammt, ich sollte helfen und nicht das Aussehen bestaunen.

“Dir geht es gut?” frage ich ihn und wir gehen gemeinsam den Berg herab.

“Ja, aber ihm nicht mehr so wirklich. Aber er lebt und naja, ich habe es geschafft!” Ein breites Lächeln im Gesicht und schon ist jeder Kummer vergessen.

“Was ist das?” frage ich und deute auf einen kleinen Schrein im Felsen. Dort liegen Blumen, kleine Steine die bunt bemalt wurden in einer kleinen Felsnische.

“Die Schwester dieses Mannes hat einen Schrein errichtet, für alle Opfer des Drachens.” erklärt er mir trocken. “Du weißt nicht was du tust und das ist das Schlimmste daran, einer zu sein.” Später sollte ich ihn mal fragen, wie es überhaupt dazu kommen kann, dass aus einem Seraph ein Drachen wurde.

Den ganzen Weg über beschwerte sich Zaveid kein einziges Mal, dass er den halbnackten Eizen in die nächste Stadt tragen musste. Der Schrein, die vielen Blumen die dort abgelegt sind. Ein Zeichen dafür, dass einmal diese Bestie gewütet hat und viele Opfer verlangte. Mich fröstelt es, ich wickele das Hemd fester um mich. als wir zur Brücke kommen, rauschen die Wellen stärker als vorhin und die Händler sind längst alle in Sicherheit.

“Ein Sturm kommt auf!” ruft Zaveid mir über die Schulter zu und beeilt sich mit Eizen auf der Schulter, schneller auf die andere Seite zu kommen. Der Wind nimmt an Stärke auf und ich stemme mich gegen den Wind. Als ob er wollen würde, dass wir nicht an der Stadt ankommen werden und davon gepustet werden. Der Regen setzt ein und ich bin sofort durchnässt. Zaveids Schuhe platschen in jede entstehende Pfütze, nur noch um den Hügel dann haben wir Marlind erreicht. Ich stoße das Tor auf und lasse Zaveid den Vortritt. Dieser läuft schnurstracks zu einem etwas kleineren Häuschen, vor dem ein Schild “Gasthaus” baumelt. Außer Atem hiefe ich noch meinen klatschnassen Körper die Treppenstufen hinauf und falle dem Wirt beinahe vor die Füße.

“Einmal Zimmer und was warmes zum Baden für uns.” japse ich und halte meine Brust, mein Herz schlägt mir bis nach oben. Eizen hat die Augen immer noch geschlossen, er ist genauso durchnässt wie Zaveid und tropft in Pfützen auf die Holzdielen.

“Dort, einmal um die Ecke das erste Zimmer, heißes Wasser ist schon bereit.” Eine junge Dame in einem typischen Dienstmädchen-Kleid verbeugt sich vor uns und schnappt sich sofort einen Lappen, um unsere Pfützen auf zu wischen. Ich öffne Zaveid die Tür, er geht hinein und legt Zaveid auf die Bettdecke. Super, das muss erstmal trocknen. Eine Holztür weiter ist das Bad, das heiße Wasser in der Wanne dampft und duftet wunderbar nach Seife.

“Bleibst du dort und wartest, bis er aufwacht?” frage ich und schmeiße meine nassen Schuhe in die Ecke des Raumes.

“Du bist der einzige, den er kennt. Ich bin eine Fremde, vergiss das nicht.” hänge ich an, als Zaveid schon zu ersten Widersprüchen anhebt. Erleichtert streife ich mir die Kleidung vom Leib und hänge sie im Bad über einen kleinen Holzstuhl. Die Kälte wird sofort von angenehmer Wärme vertrieben und die Seife benebelt mich. Einfach perfekt. Zaveid würde nach mir ein Bad nehmen dürfen, wer weiß was Eizen denken würde, wenn ich die erste wäre, die er sieht. Eine Fremde, für ihn und in dieser Welt ohne eine Ahnung von Drachen oder Artes oder was noch hier sehr wichtig ist. Ich öffne meine Augen wieder und schnappe mir ein flauschiges Badetuch.

Ganz langsam, fast merklich, verändere ich mich ein wenig in etwas anderes. Innerlich und auch äußerlich. Für mich ist es, als ob ich anfange, den Schwertkampf einfacher zu begreifen und anzufangen, um mich herum die Umgebung besser auf zu nehmen. Meine Haare sind nicht mehr vollkommen blond, ich finde sie haben einen lilafarbenen Ton angenommen. Gerade ist es stärker, als es noch heute morgen war. Erschöpft wickele ich mich in mein Handtuch und ziehe mir meine Hosen an. Als ich die Badezimmertür öffne, schlägt mir die Kälte sofort ins Gesicht. Dort sitzt Zaveid. er legt seinen Gürtel gerade über die Bettkante.

“Du kannst jetzt gehen.” sage ich zu ihm und werfe einen Blick auf das Bett mit Eizen. Er hat ihn zugedeckt und ihm endlich ein besseres Hemd und Hosen angezogen. So friedlich, das ist einfach süß anzusehen. Der weißhaarige Seraph verschwindet im Bad, ich werfe mich in das andere Bett. Der Gastgeber hat an mehrere gedacht, einfach perfekt. Die Decke ist weich und die Matratze nicht zu hart, fast wie Zuhause. Aber vermissen tue ich eigentlich gar nichts. Entspannt lege ich mich in die Kissen und bin fast weggetreten, als sich etwas neben mir tut. Eizen schießt nach oben, ein Ausdruck der Angst im Gesicht.

“Was ist los?” frage ich ihn und seine grünen Augen ruhen auf mir. Ein Schauder läuft mir den Rücken herab, wenn ich an die Opfer denken muss, die wegen diesem Mann gefallen sind…

Er macht seinen Mund auf und sucht nach Worten, doch kommt nur ein Krächzen hervor. Ich stehe auf und setzte mich zu ihm an die Bettkante.

“Du hast keine Stimme?” frage ich und er nickt und zuckt mit den Schultern.

“Naja, laut den Erzählungen hast du jetzt über 1000 Jahre als Drache verbracht… soweit ich mitbekommen habe!” wehre ich ab und wedele wild mit den Händen. Eizen sieht äußerst verwirrt aus. Ich seufze und stehe wieder auf. Er greift nach meinem Hemd und zieht mich wieder zurück.

“Was denn, ich bin nicht von hier, wenn du was wissen willst kannst du mich nicht fragen.” Eizen sieht enttäuscht aus. “Lass dir morgen unbedingt die Haare schneiden, du siehst aus wie ein Wilderer. Auch wenn die Farbe sehr hübsch ist.” Daraufhin sieht er ein wenig gekränkt aus, aber er nickt. Vor mir geht die Badtür auf und der frisch geduschte Zaveid, gerade noch dabei sich das lange Haar zu rubbeln.

“Alter Freund, du bist einwandfrei!” Er lässt das Handtuch fallen und klopft ihm auf die Schultern.

“Seine Stimme funktioniert nicht ganz richtig, wir sollten ihm erstmal die wichtigen Fragen stellen, wenn er sie auch wieder beantworten kann.” Ich verschränke meine Arme. Man sollte nie jemanden zu schnell stressen, nur war ich das in meinem vorherigen Leben so oft, dass es mir auch egal geworden ist.

“Also, dein Körper ist anscheinend noch teilweise mit Schuppen bedeckt und deine Haare eine Katastrophe. Doch zweiteres können wir ändern.” sage ich direkt zu ihm heraus, darauf gibt es keinen fiesen Blick.

“Lass uns auch ins Bett gehen, es ist spät.” Zaveid hebt das Handtuch auf und hängt es zum trocknen. Draußen prasselt der Regen feste an unser Fenster und macht dabei ein monotones, beruhigendes Geräusch.. An meinem Bett knipse ich die Nachttischlampe aus. Morgen kann man immer noch was neues machen.

Beim aufwachen merke, ich dass neben mir etwas schweres liegt, da sich die Matratze ein wenig nach links wölbt. Mit meinen verklebten Augen und der bleiernen Müdigkeit in meinen Knochen, dauert es erst einmal mehrere Sekunden, bis ich wirklich realisieren kann, was vor sich geht. Orangefarbene Haare lugen unter der Decke hervor, das Gesicht von mir abgewandt. Vorsichtig setzte ich mich auf und beuge mich über ihn. Der verhält sich wie ein Kind, die Zeit als Drache musste ihm wirklich zugesetzt haben. Ich schiebe die flauschige Decke von mir und tapse in Richtung Bad. Zaveid ist fort, er scheint irgendwie sehr selten zu schlafen. Wahrscheinlich brauchen sie so etwas sowieso nie. Draußen ist die Sonne noch am aufgehen, über Marlind hängt ein großes Blattwerk der vielen Bäume. Der Sturm hat sich gelegt und lockte dafür heute mit wunderbarem Wetter. Eine Katzenwäsche, das Hemd einmal ausgeschüttelt und schon bin ich bereit. Wie soll ich jetzt bitteschön ihn aufwecken? So etwas habe ich noch nie getan...langsam schleiche ich mich an das Bett heran, ziehe die Decke hervor und wuschele ihm durch das erstaunlich weiche Haar.

“Guten Morgen!” rufe ich fröhlich und sehe belustigt zu, wie er zerknautscht aus den Kissen hervortaucht und mich grummelig ansieht.

“M...orgen.” seine Stimme ist ganz rau und tief.

“Du kannst ja reden!” ich springe einen Schritt vom Bett weg und helfe ihm beim Aufstehen.

“Fühlt sich … nur seltsam an. Meine Stimmbänder zu benutzen.” Eizen packt sich an den Hals, ich kann verstehen dass er so denkt.

“Wenn man so lange ein Drache war, dann ist wirklich nichts undenkbar.” Sein Blick ist immer noch erschrocken, als ob er nicht realisiert, was er getan hat.

“Gib mir eine Schere.” er streckt mir die Hand hin und ich suche in den Schubladen nach einer, die ich ihm reiche. Ohne Spiegel schneidet er sie sich auf Schulterlänge und achtet nicht darauf, wie es am Ende aussieht. “Sehr gut.” sage ich und prüfe ihn von oben bis unten.

“Ich habe so viele Fragen, aber…” er packt sich an den Kopf, schüttelt diesen und schaut auf den Boden. “Warum, das weiß ich nicht. Ich will es vergessen, die Schreie und Gedanken in meinem Kopf!” Wütend ballt er seine Hand zur Faust, ich setze mich neben ihm und streiche ihm über die Schulter. Langsam kommt sein Wesen zurück und somit auch die Stimme und die schrecklichen Erinnerungen.

“Meine Schwester...Gott…” flüstert er mit weit aufgerissenen Augen in die Stille des Raumes.

Mitgefühl durchkommt mich, irgendwie ist es wirklich tragisch. Mitgefühl ist nicht so meine Sache, aber trotzdem versuche ich, ihm zu helfen. Auch wenn er im Moment auf mich wie ein desorientiertes Kind wirkt.

“Sollen wir sie suchen? Oder sollten wir eher dir die neue Welt zeigen?” fragt Zaveid und lehnt sich lässig an die Wand.

“Was hast du nun vor? Er ist wie ein Kind, hat keine Ahnung von der Welt und genauso ergeht es mir auch.” Eizen funkelt mich an. “Das ist nur, weil ich immer noch mich wie ein Drache fühle! Meine Gefühle sind so durcheinander, was soll ich denn tun?” Sein Blick ist so ernst und dennoch ruhig, irgend etwas ist daran so faszinierend, dass es mich für ein paar Sekunden in eine andere Welt versetzt. Diese Momente können einem wirklich die kleinen Dinge im Leben verbessern. Ich stehe auf und schnappe mir mein Schwert.

“Gerne würde ich mehr von der Welt sehen. Und seine Schwester können wir dann auch suchen, oder?”

Zaveid lacht kurz auf. “Nun, wenn du die ganzen Kontinente nach ihr absuchen willst, dann viel Spaß. Sie war schon länger nicht mehr beim Drachen und beim Hirten auch nicht.”

“Hirte?” fragen ich und Eizen gleichzeitig.

“Du kennst es als Arthur, ich als Sorey. Zeiten ändern sich, aber jetzt ist er der Wahrer des Gleichgewichts und sorgt für Ordnung zwischen Hellions und Menschen. Für dich immer noch Deamons.” meint er an Eizen gerichtet und verwirrt mich immer mehr.

Als ich fragen will, was er damit meint, bekomme ich meine Antwort. “Es gab böse Energien, die aus Mensch und Seraph eben mal ein Monster machten oder eben einen Drachen.” Er sieht Eizen an, dieser wendet sich ab und schnappt sich ein paar Kleidungsstücke, die neben dem Bett liegen.

“Wie du mitbekommen hast, ist dieser werte Herr hier an die 2000 Jahre alt und als wir gemeinsam noch lebten, da gab es den ersten Hirten, der aber gleichzeitig Schuld an den Daemons ist, der Anfang der Hellions. Mein Freund hat sie begleitet, eine junge Frau die ihn dafür zerstören wollte. Dafür, dass die Welt von Daemons überschwemmt wird und die Boshaftigkeit sich in Menschen festsetzen kann. Da gab es nur Malaks, das sind Seraphe ohne Willen.” Zaveid holt tief Luft.

“Nun, ich hab vor ein paar Jahren die jetzige Quelle des Übels getötet und den Hirten begleitet. Jetzt ist wieder alles im Lot und ich werde mich nicht in einen Hellion verwandeln.”

“Warst du etwa kurz davor?” frage ich ihn vorsichtig.

“Ohne meine hübsche Pistole wäre ich heute gar nichts.” Er zieht sie aus dem Halfter und wirbelt sie zwischen den Fingern hin und her. Sie ist schwarz mit hübschen silberfarbenen Verzierungen. Ein wirklich wunderbares Stück.

“Kann es endlich was zu essen geben?” fragt der orangehaarige Seraph und hält sich den Bauch. “Ich sterbe schon an Hunger.” Wir kramen unsere Sachen zusammen und essen gemeinsam zu Frühstück im Gasthaus. Das Essen mag einen anderen Namen haben mit anderen Zutaten, aber es ist wirklich viel besser als das Frühstück in meiner realen Welt. Immer mehr werde ich dankbar, dass ich hier sein kann. Marlind ist eine wirklich hübsche Stadt, große Bäume ragen zwischen den Häusern auf und bedecken die meisten Teile der Stadt. Der größte Baum der Stadt hat die längsten Äste, die beinahe bis hier in die Mitte Marlinds ragen. Wirklich beeindruckend! Die Häuser sind klein, mit dunklen Dächern und Blumen vor den Fenstern, so wie man es bei einem kleinen Dorf erwarten kann. In der ganzen Stadt hat man das Gefühl, friedlich leben zu können und immer von etwas positivem umgeben zu sein. Erleichtert atme ich die frische Luft ein. So lässt es sich wirklich leben.

Zwei kleine Brücken im Norden und Süden der Stadt überbrücken den Fluss, der in der Stadt fließt. Hunde laufen bellend an mir vorbei, gefolgt von kleinen spielenden Kindern.

“Was glaubst du, wo soll es zuerst hingehen?” frage ich Zaveid der schon wieder einen ziemlich schnelles Tempo vorlegt.

“Als erstes denke ich, dass wir in den Bergen nachsehen. Wenn ich ein Erdeseraph wäre, dann würde ich dort einmal vorbeischauen.” Ich nicke nur und laufe ihm hinterher. Eizen sieht sich jedes Detail an, jede Kleinigkeit an der Stadt und wirkt wie ein kleines neugieriges Kind auf Erkundung. Wir verlassen die Stadt im Westen, dort wiegen sich weitere grüne Felder im Wind und ein paar vereinzelte Bäume blühen in voller Pracht. Alles hier wirkt einfach so wunderbar idyllisch… Ich freue mich wirklich sehr, die anderen Orte sehen zu dürfen.

“Sag, wie ist deine Schwester so?” Eizen grinst. “Nun, sie ist ein wenig speziell.”

“Speziell? Da irrst du dich gewaltig!” Ich kichere und stelle mir eine ziemlich fiese junge Frau vor.

“Nun, sie ist eher still und weiß, was sie tut. Und direkt ist sie auch.”

Zaveid wuschelt sich durch das Haar, er weiß genau wovon er spricht. “Ihr Schirm kann echt weh tun, wenn sie es wieder mal nicht lassen kann, mich an unmöglichen Stellen anzupieksen.” Wir beide lachen, es klingt auf jeden Fall gut.

“Was wird sie sagen, wenn Eizen einfach auf sie zukommt? Das muss doch echt tragisch sein….” Wir gehen an einem besonders mächtigen Baum vorbei.

“Darüber möchte ich mir lieber keine Gedanken machen.” Eizen geht ein Tempo schneller, sein schwarzer Mantel weht hinter ihm her. Trotzdem bin ich gespannt, was uns noch zukommen wird.

Unser Weg führt uns durch einen kleinen, dunklen Wald, vorbei an kleinen Ruinen. Das hier muss einmal eine wirklich kleine Stätte sein, doch jetzt hat sich die Natur das wieder zurückgeholt. Als wir den Wald verlassen, stehen wir direkt auf einer staubigen Ebene, hier ist nichts außer ein paar hohe Felsen. Unbarmherzig durchqueren wir die Wüste, der Wind weht nicht sonderlich stark, aber trotzdem fliegt mir immer wieder Staub in die Augen. Umso mehr freue ich mich, als wir am anderen Ende auf einer Wiese heraus kommen. Hier war ich schon mal, zumindest glaube ich das. Auch hier wiegen sich die Weizenfelder im Wind und ein paar vereinzelte Bäume stehen auf der Wiese.

“Ich glaube, ich zeige euch Pendrago, der Ort an dem sich vieles zugetragen hat.” Zaveid zieht seinen Hut. Eizen nickt nur und ich laufe ihnen hinterher. Eine Allee aus Bäumen steht vor den Toren Pendragos, reife Früchte hängen zwischen den Blättern und ich widerstehe der Versuchung, mir eine zu pflücken. Pendrago ist von einer wirklich sehr hohen, steinigen Mauer umgeben, die Zinnen sehen aus, als ob sie in den Wolken verschwinden würden. Die Tore stehen offen und ich entdecke in der Mitte des Vorplatzes einen sehr schönen Brunnen. Das Wasser plätschert friedlich herab, ein paar Menschen sitzen um den Brunnen und freuen sich des Lebens. Dahinter gehen die Treppenstufen hinauf zu den hinteren Teilen der Stadt, die wirkt wie eine alte Burg mit verschiedenen kleinen Türmen. Die Händler haben ihre Wagen hier auf dem Platz abgestellt und machen gerade Pause. Die Jalousien schützen die Geschäfte, dort gibt es endlich einen Ausrüster. Mit dem bisschen Geld, welches Alisha uns geliehen hat, kann ich mir ein paar kleine Rüstungsteile und Heilmittel kaufen, die ich alle in den kleinen Beutel an der Hüfte stopfe. “Darf ich euch die Händlermeile zeigen? Dort gibt es auch die große Kathedrale von Pendrago, da kann sich Eizen vielleicht wieder spirituelle Kraft holen.” Irgendwie klingt das ein wenig sarkastisch. In kleinen Häuschen liegen verschiedene Händler nebeneinander und verkaufen ihre Waren. Vom Edelsteinhändler bis hin zu einem Schuhmacher kann man hier alles erwerben, was das Herz begehrt. Wir gehen einmal um die Ecke und stehen auf dem großen Platz vor der Kathedrale. Der Weg ist sehr breit gepflastert, ein paar Bäume säumen den Weg. Verglichen mit den anderen Kathedralen, die ich bisher gesehen habe, ist diese einfach majestätisch. Die Gläser in den Fenstern leuchten in allen Farben und innen schmücken Wandbemalungen und ionische Säulen den Innensaal. Voller Freude studiere ich die Architektur, das macht mir schon immer irgendwie Spaß. Einen Notizblock sollte ich mir kaufen...schießt es mir durch den Kopf. Damit ich von allem hier eine Skizze zur Erinnerung anfertigen kann. Eizen setzt sich auf eine der holzbänke und schließt die Augen.

“Dieser Ort hat einfach ganz andere spirituelle Schwingungen. Es fühlt sich sofort besser an, hier zu sein.” Er verschränkt seine Arme und genießt die Stille in der Kathedrale. Ich selbst spüre wieder nur ein leichtes Gefühl, etwas das in der Luft schwebt.

“Wo machen wir dann heute Pause?” frage ich Zaveid, der sehr interessiert eine Säule studiert.

“Das kommt darauf an, ob wir weitergehen sollten, aber da es schon Nachmittag ist wird das nicht so einfach, den Berg Abends zu erklimmen. Wer weiß, was für Monster dort herumschleichen.” Eizen öffnet wieder seine hübschen Augen und steht auf.

“Ich habe kein Geld, aber ich würde liebend gerne uns etwas zu Essen bezahlen und eine Nacht im Gasthaus.” Zaveid schüttelt den Kopf. “Weitergehen ist auch keine Frage. Dann werden wir wohl heute Nacht draußen unter den Bäumen verbringen.”

Der Gedanke an Monster in der Dunkelheit beunruhigt mich ein wenig, aber was will man machen?

“Lass uns noch ein Stück wandern. Über die Wiese schaffen wir es doch noch und dann vielleicht in die Berge. Gibt es da so etwas wie höhlen?”

Zaveid denkt nach, dann nickt er langsam. “Soweit ich mich erinnere schon. Dann komm, wir sollten uns dann wieder aufmachen.”

“Aber!” falle ich ihm in den Satz, “Möchte ich mir ein Notizbuch kaufen.” Beide sehen mich ein wenig entgeistert an, nehmen es aber hin.

Tatsächlich kann ich ein kleines in Ledergebundenes Buch erwerben, das Papier ist stark genug um mit einem Bleistift ein paar Skizzen hinein zu zeichnen. Auf dem Weg über die Wiese zeichne ich die Stadt, die hohen Mauern und die Allee davor. Zufrieden stecke ich es zurück und freue mich, wenn wir endlich zur Ruhe in der Höhle kommen werden.

“Aifreds Jagdgründe” verkündet eine der Schilder, an denen ich vorbei komme. Ich notiere mir die Position in meinem Notizbuch. Zaveid hatte Recht, dass die Erklimmung nachts eine schwierige Angelegenheit wäre. Der Weg ist geschlängelt und führt hoch hinauf in die Berge. Ein paar kleinere Höhlen wird sich sicher hier finden lassen. Gemeinsam laufen wir den steinigen Pfad hinauf, manchmal ist er breiter, dann wieder schmaler. Die Sonne verschwindet bereits hinter den Bergspitzen. Daraufhin suchen wir uns eine kleine Höhle, geschützt vor Wind und Regen. Sie ist klein, aber genug Platz für uns alle. “Darf ich mich dann auf einen Schoß legen, damit ich was weiches habe?” frage ich scherzhaft. Darauf bekomme ich tatsächlich ein zustimmendes Grinsen.

“Wenn es das ist, was dich glücklich macht…” Eizen zieht seinen Mantel aus und faltet ihn zu einem Viereck. Darunter trägt er ein weißes Hemd, welches wirklich gut die Arme betont. Zaveid ist irgendwie nie kalt, oder das ist so eine Seraph-Sache, dass sie einfach nie richtig Hunger verspüren und auch ihnen nicht zwingend kalt ist.

“Danke, ich habe es eigentlich als Scherz gemeint…” gebe ich zu und grinse schüchtern. Doch er nimmt es immer noch ernst und klopft sich auf die Oberschenkel. “Komm her, ich bin heute mal ein ganz netter.” Zaveid sitzt neben uns und lehnt sich an den Fels. Draußen ist es deutlich kühler geworden und die Dunkelheit bricht ein. Vorsichtig lege ich mich auf seine Beine und schließe die Augen. Mein Herz schlägt mir bis in den Hals. Eizen streicht mir über das Haar und innerlich bekomme ich fast einen Herzstillstand, doch äußerlich gebe ich mich immer noch ganz cool. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, mit dem wunderbaren Gefühl der Zuneigung.

4.

Am nächsten Morgen ist es noch kälter als am Vorabend, draußen hängen die dunklen Wolken wie eine böse Vorahnung am Himmel und lassen keinen Sonnenstrahl durch. Die Stimmung ist genauso bedrückt und ich erinnere mich an meinen Traum diese Nacht. Das Leben, das ich hinter mir gelassen habe, die dunklen Tage und die düsteren Gedanken. Schläfrig drehe ich mich um und habe sofort das gut duftende Hemd Eizens vor mir, sein Bauch ist ganz flach und weich. Langsam komme nauch die Erinnerungen an gestern wieder, ich bin irgendwie trotzdem voller Melancholie. Eigentlich habe ich Angst vor Nähe zu Männern, doch hier ist es irgendwie etwas anderes. Mehr ohne Zwang und ich habe die Kraft, selbst zu entscheiden und mich meiner Angst zu stellen. Ich rappele mich auf und taste alles ab, sieht noch so aus als ob ich menschlich bin. Meine Haare sind verändert und meine Fähigkeiten haben sich erweitert ohne dass ich überhaupt etwas getan habe… warum und was das kann ich mir nicht erklären.

“Auch schon wach?” Zaveid steht am Höhleneingang und sieht nach draußen zu den hoch aufragenden Felsen.

“Ja…” murmele ich und fahre mit den Fingern durch meine Haare. Er sieht ein wenig besorgt aus. “ Schlecht geschlafen? Kann ich mir bei ihm kaum vorstellen.” meint er und zwinkert mir zu.

“Nein, so ist es nicht. Aber naja, wir gehen heute hoch in das Dorf?” Er nickt und ich sehe neben mich zu Eizen. Seine sind Augen geschlossen, und die Lippen ganz schmal. Das Kinn ist kantig und die mittellangen Haare schimmern sanft orangefarben. Im Gesamten ist es ein wirklich hübsches Gesicht, welches ich wirklich gerne ansehe. Langsam öffnet er seine dunkelgrünen Augen und sieht mich direkt an. Sofort werde ich rot, denn ich bin hier diejenige, die ihn hemmungslos anstarrt.

“Guten Morgen.” sagt er nur und bleibt ruhig sitzen.

Hastig stehe ich auf und schnappe mir meine Ausrüstung.

“Können wir uns hier irgendwo waschen?” Frage ich und lasse meinen Blick durch die Höhle schweifen.

“Dort drüben hat sich eine Pfütze gesammelt, da kannst du dir ein wenig Wasser nehmen.” meint Zaveid und deutet in die Höhlenecke. Dankbar nehme ich mir eine Handvoll und wasche mein Gesicht und Hände. Eizen folgt mir und nimmt sich auch das eiskalte Regenwasser. Wir schweigen, keiner sagt etwas. Aus meinem Beutel gebe ich den anderen ein paar Apfelgummi, die uns wieder erfrischen. Der Weg hinauf in das Dorf Goddodin wird noch ein paar Stunden dauern, sagt Zaveid also stärken wir uns für die Wanderung. Der Wind fährt mir ganz schön in die Knochen, je höher wir kommen. Die Wände blocken den meisten Wind ab, aber wie eine Schneise zieht uns der Wind entgegen. Also nehmen wir etwas holprige alternative Routen durch den Fels, noch blieben wir von den schlimmsten Monstern verschont.

Jetzt weiß ich auch, wie Eizen kämpft, seine Fäuste sind steinhart im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Kräfte sind die der Erde, er rammt seine Gegner in den Fels und verstärkt sich damit. Ziemlich interessant, ich bin eigentlich nur ein ganz normaler Mensch. Das mit dem Schwert funktioniert noch nicht so gut wie ich es wünschte. Meistens müssen die beiden uns den Weg freikämpfen, weil ich nicht richtig mit dem Schwert umgehen kann. Theoretisch weiß ich wie, aber mir fehlt die Mobilität und die Kraft dazu. Einfach ist es nicht, in dem richtigen Moment die Richtige Bewegung zu machen. Außerdem kann ich nicht einmal eine Artes einsetzten. Weil Menschen diese Veranlagung nicht immer besitzen oder man sie erst erlernen muss. Vielleicht finde ich in Goddodin jemanden, der bereit ist, mir eine Artes zu lernen.

Es ist ungefähr Mittagszeit, als wir vor den Mauern Goddodins stehen. Das Dorf macht einen wirklich kleinen, aber friedlichen Eindruck. Die Häuser sind klein mit breiten Dächern, die Fenster mit Blumengardinen und Blumenkästen vor den Fenstern. Die Kinder spielen zusammen verstecken, als wir durch das Tor hineinkommen. Das kleine Dorf liegt zwischen dem Fels, klein und versteckt. Wenn man nicht die Absicht hat, hierher zu kommen, würde man es niemals finden. Zaveid stürzt auf einmal vor, eine junge Dame ist sein Ziel. Ihre langen Haare leuchten weiß im Sonnenlicht und ihr Kleid ist sehr hübsch in rot mit verschiedenen Verzierungen. Er schlingt seine Arme von hinten um sie, woraufhin sie einen Schritt nach vorne macht und aufschreit. Überrascht dreht sie sich um und sieht ihn erschrocken an, dann sieht sie mich und eizen.

“Zaveid, was soll das?” fragt sie und sieht empört aus. Dann wendet sie sich uns zu und lächelt zuckersüß. “Ehm, Hallo.” ich winke ihr und fühle mich ein wenig seltsam.

“Wir gehören zu diesem Spaßvogel dort.” meint Eizen trocken und deutet auf Zaveid.

“Ach, meine Liebe, du siehst immer noch so strahlend hübsch aus wie vor 15 Jahren.” Sie seufzt und dreht sich zu ihm um.

“Natürlich, ich bin ein Seraph. Wir altern nur langsam. Wer seit ihr zwei denn?” fragt sie an Eizen und mich gerichtet. Sie ist sehr süß und hat ein liebes Lächeln, ihre braunen Augen funkeln voller Freude.

“Ich komme von sehr weit her, und kenne mich nicht mit der Welt hier aus.” fasse ich mich kurz und gebe dann das Wort an Eizen weiter.

“Naja...ich war der Drache auf dem Falkenkamm und bin Ednas Bruder.” Sofort werden die Augen der jungen Dame groß.

“Kommt mit rein, ich mache euch heiße Schokolade! Ich bin Leilah, ein Feuerseraph.” meint sie und verbeugt sich vor uns. Zaveid ignoriert sie einfach. Die Meinung von ihm ist anscheinend nicht die Beste. Aber wer sich auch immer an die Frauen so heranschmeißt, da ist es kaum wunderlich. Leilah führt uns in das Größte der Häuser hier, das Haupthaus in diesem kleinen dorf. Das neue Dorfoberhaupt lebt hier, erklärt sie als sie uns in die kleine Küche führt.

“Du bist also Ednas Bruder?” fragt sie und stellt uns dreien eine Tasse heiße Schokolade hin. Es schmeckt einfach wunderbar nach dieser langen Zeit draußen im Kalten. Vorsichtig probiere ich einen größeren Schluck und verbrenne mir beinahe die Zunge.

“Ja, aber Zaveid hat es geschafft, mich zu befreien.” Eizen sieht ein wenig traurig aus. “Über meine Schwester weiß ich ja so gut wie gar nichts…”

“Naja, sie ist mal vor langer Zeit hier aufgetaucht. Aber wo sie hin ist, das weiß ich nicht.” meint Leilah und überlegt. “Ich hoffe wirklich, dir helfen zu können. Nur habe ich sie schon wirklich lange nicht mehr getroffen.” Ein wenig bedrückt setzt sie sich zu uns an den Tisch.

“Weißt du, wie man Artes erlernen kann?” frage ich sie einfach frei heraus. Überrascht sehen mich alle an diesem Tisch an.

“Es gibt eine Möglichkeit, manche besitzen Steine die Kräfte weitergeben können. Aber wir Seraphe haben ein Spezialgebiet für Artes. Wir haben hier zwar einen Feuerstein, aber das heißt nicht, dass du mit der Artes umgehen können wirst. Sofern du es versuchen möchtest…” meint sie und lächelt mich liebevoll an.

Freudig nicke ich sie an, ich bin zuversichtlich für alles, was mir helfen kann. Eine Artes lernen zu können, das wäre wirklich was feines. Zaveid trinkt den letzten Schluck und stellt die Tasse auf den Tisch.

“Wenn die Kleine das so will, dann bekommt sie es auch.” Lailah steht auf und räumt die leere Tasse auf.

“Komm mit, ich zeige ihn dir.” Lailah wartet höflich auf mich, dann gehen wir zu zweit nach draußen.

“Er hat bisher auch noch nichts schlimmes getan? Ich meine, er war ein riesiger Drache, der alles getötet hat, dass in seinem Weg stand…” Wir gehen quer durch das Dorf in eine Höhle im Fels.

“Nein, er verhält sich richtig höflich und ist überhaupt nicht aggressiv.” antworte ich und denke daran, dass ich auf seinem Schoß diese Nacht schlafen durfte. Lailah sieht erleichtert aus. Der Weg führt uns vor eine riesige Tür mit einzigartigen Verschnörkelungen. Dahinter geht ein langer Gang zu einer weiteren Tür, es ist richtig heiß geworden. Lailah geht vor und öffnet die nächste tür. Dahinter liegt eine Aussichtsfläche, unter uns ist Lava. Heiß und brodelnd in mitten diesem Art von Tempel. doch Lailah geht die Treppenstufen hinab in die Mitte, auf dem Podest thront ein kleiner, roter Stein.

“Ich habe ihn hier in dem Tempel der Feuerprüfung gelegt, damit er von außen nicht gestohlen werden kann.” Sie dreht ihn zwischen den fingern, der Stein glüht wie die Lava in einem rot-orangefarben. Dann schließt sie die Augen und der Stein fliegt in die Luft, wo er zu leuchten anfängt und schließlich das Licht in meine Hände sinkt. Es ist überhaupt nicht heiß oder seltsam, etwas in mir erweitert sich, wie eine neue Kraft, die in mir erwacht.

“Danke.” sage ich zu ihr, als es verschwindet. Anscheinend hat es geklappt, Lailah sieht auch sehr zufrieden aus.

“Deine neuen Fähigkeiten sollten wir direkt im Kampf testen.” Sie legt den Stein zurück auf das Podest. “Macht es dir was aus, wenn ich euch auf der Reise begleite? Ich kann wirklich gut backen!” meint sie und lacht. Ich stimme ihr zu, denn ich hätte wirklich gerne eine Begleiterin bei uns. Dann kann sie uns wenigstens Abends ein Lagerfeuer machen, wenn es wieder kalt und ungemütlich wird.

Wieder zurück im Haus ist Zaveid sehr erfreut darüber, dass Lailah uns begleiten wird.

“Aber nur bis wir seine Schwester gefunden haben, nicht länger! Und keine Sprüche mehr, Zaveid!” die junge Frau funkelt ihn vorwurfsvoll an. Er grinst nur und nickt.

Ich kichere hinter vorgehaltener Hand. Sie sind einfach so wunderbare Freunde, auch wenn sie es vielleicht nicht so merken oder anerkennen wollen. So eine gute Stimmung steckt mich an und gibt mir Hoffnung.

“Hey, alles gut?” fragt Eizen und sieht ein wenig besorgt aus, so wie immer wenn was anscheinend schlimmeres passiert ist.

“Alles super, keine Sorge!” und lächele ihn an. Sofort ist er ein wenig mehr erleichtert, dann wechselt sein Blick zu der Szenerie hinter mir. Zaveid und Leilah schimpfen sich an und schmeißen sich alle möglichen Sachen an den Kopf. Dann schmollt sie und dreht sich weg. Lustig ist es irgendwie schon, muss ich zugeben.

“Wann wollen wir weiterreisen?” frage ich sie höflich, um sie bloß nicht bei ihren Streitereien zu stören.

“Lass uns noch diese Nacht hier bleiben, ich kann euch hier im Dorf herumführen und ihr könntet mit Eve trainieren.” bietet Lailah an und sieht fragend in die Runde.

“Alles klar. Ich habe immer gerne ein paar Runden, um meine Muskeln zu stärken.” meint Zaveid und streckt sich demonstrierend. Somit ist es beschlossen.

Viel gibt es hier nicht zu sehen, aber vor den Toren der Stadt ist genug Fläche, damit wir gemeinsam trainieren können. Die beiden lassen uns ein wenig wiederwillig gehen.

“Du hast jetzt also Feuerartes erlernt?” fragt er beiläufig und wir stellen uns mit ein wenig Abstand voreinander auf.

“Ja, aber ich habe keine Ahnung, wie ich es anwenden soll.” gebe ich zu.

“Das ist einfach eine Sache aus dem Bauch heraus. Wenn du es fühlen kannst, dann kannst du auch deine Kräfte in die Artes legen und welche einsetzten.” erklärt er und kniet sich hin.

Ich mache es ihm gleich und sehe in mich hinein. Da ist diese Kraft, und diese soll jetzt herauskommen! rede ich mir ein. Eine kleine Flamme, die erst entzündet werden muss. Langsam finde ich es und lasse sie wachsen.

“Jetzt stelle dir vor, wie du es wirken lässt. In Sachen Feuer-Artes wäre Lailah hier die bessere…” ich schlage mit dem Schwert zu und stelle mir vor, wie es in Flammen aufgeht Dann sehe ich es und das Schwert steht in Flammen.

“Wunderbar!” meint er und klatscht. “Damit hast du schon mal die erste Hürde geschafft.” Darüber bin ich einfach unendlich stolz.

“Möchtest du weiter trainieren?” Natürlich möchte ich das, egal wie viel Kraft und Anstrengung es mich noch kosten wird. Die Zeit vergeht ziemlich schnell, wenn man sich auf seine Ziele konzentriert. Die Sonne ist längst hinter den Bergspitzen verschwunden, als wir zusammen wieder in das Dorf gehen. Mittlerweile sind alle Bewohner wieder in ihren Wohnungen und machen sich einen schönen Abend. Im großen Haupthaus brennt das Licht und der Duft nach Essen lockt uns schnell ins innere. Lailah kann wirklich sehr gut backen, das liegt aber auch an ihrer natürlichen Fähigkeit, dem Feuer. Heute gibt es Apfelkuchen, aber diese Äpfel sind wirklich tausendmal süßer als die, die ich je in meiner Welt gekostet habe. Glücklich sitzen wir alle nach dem Essen am Tisch.

“Vielen Dank Lailah, das war einfach fantastisch!” Erleichtert klopfe ich meinen Bauch. Das war einfach so gut, wir haben alles restlos aufgegessen. Eizen schnappt sich noch ein paar Krümmel und isst sie voller Genuss.

“Das freut mich! Ich koche wirklich liebend gerne für meine Freunde!” mit einem Lächeln verbeugt sie sich leicht. Ich stehe auf und gehe noch ein wenig frische Luft schnappen. Draußen ist es wirklich sehr kühl geworden, dafür haben wir eine wirklich fantastische Aussicht auf den Himmel. Keine Wolken, nur die kleinen vielen Sterne am Himmel. Diese Sternbilder sind mir fremd, ein wenig kenne ich mich ja mit diesen aus. Fasziniert betrachte ich sie alle und umklammere mich, damit es wärmer wird. Ich setze mich auf einen Felsen und genieße die Stille und kühle Stille dieser Nacht. Auf einmal raschelt etwas neben mir, und Eizen steht im Dunkel.

“Dir ist kalt, oder?” ich schüttele den Kopf, doch er reicht mir trotzdem seinen Mantel. Auf dem Fels ist noch Platz für ihn, also rutsche ich ein Stück und lasse ihn neben mir niedersitzen.

“Wunderschön, nicht wahr?” meint er und sieht hinauf in den Himmel.

“Ja, der Himmel ist einfach so unglaublich klar…” ich seufze und mir ist dank dem Mantel ein wenig wärmer.

“Auf meinem Schiff Van Eltia, da war ich Vize Kapitän,” erklärt er mir, “Da haben wir jeden Abend die wunderschöne Aussicht genossen. Draußen auf der See ist alles ein wenig kälter und stürmischer, aber umso schöner war es. Heute gibt es mein Schiff sicher nicht mehr.” meint er und sieht wieder mich an.

“Ein wenig schade...wirst du dir ein neues Schiff suchen?” frage ich ihn. Vielleicht kann ich damit auch ein wenig um die Welt kommen. “Es wäre echt fantastisch, wenn ich auch mal hier mit einem Schiff fahren und die Welt sehen könnte!” Sofort bin ich Feuer und Flamme.

“Wenn ich meine Schwester wiedergefunden habe, dann werde ich nach einem Schiff Ausschau halten, versprochen.” Er hält mir den kleinen Finger hin, damit wir das Versprechen wie kleine Kinder besiegeln können. Ich hacke ein und bin einfach zufrieden mit allem. So sitzen wir noch einige Zeit dort auf dem Fels in der Kälte, Hand in Hand, aber jetzt ist es wirklich nicht mehr so kalt wie am Anfang.

5.

Manchmal hätte ich es lieber, dass die Zeit nie vorbei ginge und ein Moment für immer eingefroren werden kann. Andere Momente würde ich lieber vergessen machen und nie geschehen lassen. Der Moment, in dem ich zusammen mit Eizen verbrachte, wäre einer der Momente, die ich einfrieren würde. Abends sitze ich noch im Bett, unter der Decke vergraben und das Licht ausgeschaltet. Wir haben alle ein eigenes Zimmer bekommen, da hier genug Platz für eine ganze Familie wäre. Die Stille und die wärme gibt mir wieder das wunderbare Gefühl, dass ich vorhin gehabt hatte. Lange ist es her, dass ich mich so wunderbar und wohl bei jemanden gefühlt habe. aber ich genieße diese kleinen Momente des Glücks.

Morgen ziehen wir weiter, dieses Mal mit Lailah an unserer Seite. Sie ist für mich jetzt schon wie eine Freundin, die ich gerne in der realen Welt gehabt hätte. Aber diese hier ist auch real... kann ich überhaupt für immer hier bleiben? Gibt es eine Begrenzung und überhaupt- Warum bin ich hier? Fragen über Fragen, die keiner erklären kann. Vorerst bin ich wirklich froh, hier zu sein und werde mein Bestes geben, hier ein besseres neues Leben anzufangen.
 

Ich rolle mich zusammen und ziehe die Decke über den Kopf. Irgendwann bin auch ich erschöpft eingeschlafen.
 

Im Traum fliege ich, ich fliege über weite Ebenen von grünen Wiesen und vor mir liegt das Meer. Die salzige Luft schmeckt wunderbar und durchflutet meine Lungen. Unter mir sind die Schiffe ganz klein, die Menschen sind nicht mehr zu erkennen.
 

Meine Flügel sind breit und ledrig, mein Körper lang und schuppig. Aus meinem Maul kommen kleine Flammen der Freude, als ich einen Salto in der Luft fliege und im Sturzflug über die Wellen presche. Das Wasser spritzt mir entgegen, es schmeckt so salzig wie die Luft und ist eiskalt. Mein Schweif durchbricht die Wasseroberfläche und peitscht Wassertropfen in alle Richtungen. Vor mir geht die Sonne unter und taucht alles in ein sanftes orangefarbenes Licht. Voller Genuss lebe ich den Moment und sehe aus meinen goldenen Augen die Fische unter der Wasseroberfläche vor mir davon schwimmen. Mitten auf dem Meer treffe ich auf Fischwesen, die Delfinen ähneln, nur viel größer und mit schillernden Schuppen bedeckt. Gemeinsam fliegen wir über das Wasser und tanzen mit den Wellen. Dieser Moment ist einfach mehr als nur fantastisch. Ich schieße in die Höhe, dem Himmel voller orange bis lilafarbenen Wolken entgegen und spüre den Wind unter den Flügeln.Die Vögel verschwinden unter mir, je höher ich in die Wolkenfelder eintauche. Hier oben ist es still, kein Geräusch und der Wind ist still. Die Idylle aus Wolkenfeldern erstreckt sich schier unendlich in die Ferne.
 

Mein Körper ist leicht, ich balanciere mit meinem langen Schweif und den Flügeln den Luftstrom und reite den Wind, sodass ich mich schwerelos fühle. Wohin die Reise gehen wird, ist ungewiss. Was dich erwartet, das weißt du nie im Vorhinein.
 

Als ich aufwache, spüre ich in mir den tiefsten Frieden, den ich je gespürt habe. Es ist, als ob sich in mir etwas gelöst hat und alle negativen und schlechten Gedanken woanders hingetragen werden. Erleichtert schiebe ich die Decke von mir und sehe aus dem Fenster. Der Vorhang ist ein Stück offen, draußen laufen die ersten Dorfbewohner mit dem Korb unter dem Arm an die Apfelbäume, um sich ein paar Früchte zu nehmen.
 

Jemand klopft an meiner hölzernen Zimmertür.
 

"Bist du schon wach, Eve?" fragt Lailah fröhlich.
 

"Komm herein!" rufe ich und schnappe mir den Morgenmantel von einem Stuhl. Sie hat einen Korb mit Handtüchern und Seife dabei.
 

"Wir haben hier ein kleines Dampfbad, du darfst es ruhig benutzen gehen." Lailah stellt den Korb auf dem Stuhl ab.
 

"Danke, wo kann ich es denn finden?" frage ich sie, denn hier kenne ich mich wirklich schlecht aus und mein Orientierungssinn ist wirklich kaum vorhanden.
 

Sie winkt mir und gemeinsam gehen wir die Stufen hinab, nach draußen ein paar Meter in den Fels.
 

"Da hier der Feuertempel ist, haben wir den Zugriff auf die vulkanische Energie. Damit wärmen wir das Badewasser und nennen es unser eigenes Onsen." Fast wie in einem typischen Onsen, denke ich. Hier ist alles einfach exakt so, wie ich es von Bildern und Animes her kenne.
 

"Viel Spaß!" ruft sie mir im gehen zu und winkt. Wenn man baden als Spaß empfindet... Ich ziehe mir die Schuhe aus und lege die Kleidungsstücke in den Korb und wechsel es gegen ein Handtuch. An den kleinen Sitzbänken steht das Wasser und die Seife, damit wäscht man sich bevor man in das Becken steigt. Gleich um die Ecke geht es die hölzernen Stufen herab in das heiße Badewasser. Hier ist es nicht Geschlechtergetrennt, sondern alle teilen sich ein Bad. Ein wenig unwohl fühle ich mich schon dabei, aber hier ist alles von Dampf verhangen, sodass man mich in der hintersten Ecke des Beckens nicht so schnell sehen wird.
 

Vorsichtig gehe ich hinein und spüre wie dieses fast heiße, aber angenehme Wasser sofort alle Muskeln lockert und entspannt. Es ist nicht tief, also kann ich hinüber gehen. Ich kann nicht schwimmen, daher meide ich eigentlich alles was zu tief ist, um hindurch gehen zu können. Erleichtert lehne ich mich an die Felsen und schließe die Augen. Bei dieser Wärme fühlt man sich fast wie ein Baby, am Liebsten will man sich einfach hingeben und einschlafen. Es plätschert kurz, jemand gesellt sich zu mir ins Onsen. Ich bin viel zu faul, jetzt die Augen zu öffnen und nachzuschauen, wer dort ist. Mein Körper ist sowieso mit einem Handtuch verhüllt und unter Wasser.
 

So verstreicht die Zeit, wie lange ich hier drin bin, kann ich nicht mehr sagen. Tiefenentspannt stehe ich auf und wate mit dem nassen Handtuch durch das Becken. Hinter einem hölzernen Aufsteller sind die Hocker und die Seife. Hier wäscht man sich ab und geht danach wieder sich anziehen. Es ist nicht höflich, sich vor dem Waschen schon ab zu trocknen, also tropfe ich den Weg zum Becken hin den Boden nass.
 

Mit Schwamm und Seife schrubbe ich ein paar Flecken von meiner Haut und reinige meine Nägel. Wie neugeboren fühle ich mit jedem bisschen Seife.
 

"Kann ich dir helfen?" Die vertraute tiefe Stimme kommt von hinten. Ich drehe mich um und halte das Handtuch fest.
 

Selbst mit nassen Haaren und einfach nur dem Handtuch um die Hüften sieht es noch viel schöner aus. Die Haut glänzt nass und die Haare tropfen hinab auf die trainierte Brust. Strähnig hängen ihm die Haare ins Gesicht, aber es wirkt jetzt viel mehr, als ob seine Augen voller Lebensfreude funkeln würden und er viel stärker ist.
 

"Ja, natürlich." Wie lange habe ich ihn denn schon angestarrt? Etwas beschämt drehe ich mich um und reiche ihm meinen Schwamm. Hier ist es normal, dass man sich gegenseitig den Rücken schrubbt. Es ist fast wie ein Zeichen der Zuneigung oder Freundschaft. Der Hocker kratzt am Boden, dann sitzt er hinter mir und nimmt den Schwamm.
 

Langsam und ganz vorsichtig beginnt er, meinen Handtuch am Rücken beiseite zu schieben und beginnt mit dem einseifen. Eine Woge der Entspannung durchfährt mich und ich gebe mich ganz dem sanften Kratzen des Schwammes hin. Es ist fast zu schade, als er fertig ist und mich mit Wasser übergießt.
 

"Jetzt bist du dran." Ich drehe mich um und schiebe mein glühendes Gesicht auf die Hitze des Wassers.
 

"Dein Rücken..." kleine bronzefarbene Schuppen bedecken einen kleinen Teil des Schulterblattes und den unteren Teil des Rückens. Fasziniert berühre ich sie, sie sind glatt und weich wie ein Bestandteil der Haut.
 

"Du hast dort lauter kleine hübsche Schuppen." erkläre ich ihm. Erst bleibt er still, ich seife den Rücken vorsichtig ein.
 

"Wenn du es hübsch findest, dann bin ich erleichtert." meint er auf einmal und mir rutscht beinahe die Seife durch die Finger.
 

"D...danke." antworte ich und versuche, so gelassen wie möglich zu wirken. Langsam wasche ich seinen Rücken und dort, wo die Schuppen sind, bin ich eher vorsichtig. Wer weiß, wie es sich für ihn anfühlt? Als ich fertig bin, lege ich die Seife zurück und stehe auf. Er sieht zu mir auf, seine Haare sind mittlerweile angetrocknet und die Augen funkeln wie kleine Smaragde. Kurz raubt es mir den Atem, denn so schöne Dinge gibt es nur in der Fantasie. Ich reiße mich los und wickele das Handtuch fester um meinen Körper.
 

"Wir sehen uns später, danke." meine ich knapp und verschwinde schnell um die Ecke zu den Umkleiden. Mein Herz schlägt unregelmäßig und viel schneller. Ich sollte mich nicht weiter darauf einlassen, rede ich mir ein und ziehe das Hemd, Hose und Stiefel an, die in dem Korb liegen. Anscheinend hat jemand mir meine Sachen ausgetauscht und meine neuen hingelegt, wofür ich wirklich dankbar bin.
 

An der frischen Luft atme ich tief ein und aus, es ist heute ein sonniger Tag mit ein paar einzelnen Wolken am Himmel. Im Haupthaus steht das Frühstück bereit. Die Süßen Gebäcke und Früchte habe ich noch nie gesehen, aber einen Versuch, sie zu probieren ist es auf jeden Fall wert. Ich rutsche auf die Holzbank neben Zaveid, der gerade den Mund voller Gebäck hat.
 

"Morschen!" nuschelt er und kaut schnell zu Ende. "Gut geschlafen?" fragt er anschließend, jetzt mit leeren Mund.
 

"Ja, alles super. Lailah hat mich heute Morgen ins Onsen geschickt, und jetzt bin ich einfach richtig entspannt." erzähle ich ihm und schnappe mir eine sternförmige Frucht. Sie ist weich und schmeckt fast wie Ananas. Das Brot hat den bekannten Geschmack von Getreide und hier sind die Käsesorten einfach viel Vielfältiger als in meiner Welt. Ein wahrer Genuss für meinen Gaumen. Lailah setzt sich zu uns und bald ist auch Eizen mit seinem Bad fertig.
 

"Es ist so schön zu sehen, wie es euch schmeckt!" Lailah klatscht freudig in ihre Hände und lächelt uns alle an.
 

"Bei mir gibt es nicht so gutes Essen, das hier ist wirklich was neues für mich." meine ich und nehme mir ein paar Trauben. Still essen wir fertig, dann wird das Geschirr aufgeräumt. Lailah meint, dass falls ich noch ein wenig Kleidung bräuchte, dürfte ich mir gerne welche aus dem Schrank im Flur nehmen. Mein Hemd ist bequem und die Hosen auch, ich kann mich nicht beschweren. Und auf dem Weg durch die weite Welt kann ich sicher noch mehr mit meinem Schwert trainieren. In meine Beutel stecke ich mein Notizbuch (bisher habe ich nur versucht, die Tatoos von Zaveid schnell hin zu kritzeln) aber ich werde sicher noch mehr Motive finden. Die Bettdecke falte ich, lege die Handtücher wieder an den richtigen Platz und gehe dann hinaus zu den anderen. Eizen steht,die Arme verschränkt, vor der tür und hört sich Zaveids Gespräch an. Obwohl es anscheinend eher langweilig ist, hört er trotzdem zu und zeigt ihm Interesse. Als ich heraus komme, wendet er sich auch an mich.
 

"Und, weißt du schon was du als nächstes sehen willst , Kleine?" fragt er und zieht sich den schwarzen Zylinder tiefer ins Gesicht.
 

"Nun ja, vielleicht mehr Seraphe und alles was hier sehenswert ist?" antworte ich und grinse unbeholfen. Hier habe ich ja auch noch nicht viel gesehen, woher sollte ich mich denn auch auskennen?
 

"Möglicherweise darfst du ja in Pendrago die Bibliothek besuchen und dort ein wenig nachlesen?" Lailah steht auf einmal hinter uns.
 

"Klar, wieso nicht? Ist ja nicht so weit von hier entfernt." meint Zaveid. Da ich immer gerne lese, stimme ich den Reiseplänen einfach zu.
 

"Müssen wir den ganzen weg wieder laufen?" Darüber bin ich wirklich überhaupt nicht begeistert, was Lailah nachvollziehen kann.
 

"Daher haben wir einen Weg geschaffen, der durch den Berg führt. Nur kann man ihn nur von hier oben aus begehen!" Sie lacht und wir sind alle um einiges erleichtert. Ich stecke mein Schwert in die Scheide, dann bin auch ich bereit. die Dorfbewohner verabschieden sich alle sehr rührend von Lailah, sie hat hier wirklich viel geleistet laut den Gesprächen. Nach einigen vielen weiteren Umarmungen gehen wir an das Ende des Dorfes, wo sie Eizen bedeutet, den Felsen wegzuschieben. Für ihn ist das keine Aufgabe. Dahinter liegt ein Weg ins Dunkel. Lailah zündet eines ihrer Papierkarten an und erhellt die Sicht vor uns.
 

"Gut Glück dann, wir haben ein ganzes Stück zu marschieren!" Wie sie wirklich bei allem immer positiv wirken kann... kopfschüttelnd gehe ich nach den Seraphen und hinter uns verschließt sich der Fels wieder. Viel Spaß, Eve, sage ich zu mir. Enge Orte und wenig Licht haben mir noch nie ein gutes Gefühl bereitet. Aber um wieder nach Pendrago zu kommen, laufe ich liebend gerne durch einen ganzen Berg hinab.

6.

Aus, vorbei, das Ende. Voller Panik haste ich den anderen her, dränge sie dazu, immer schneller zu laufen. Ich hasse diese Dunkelheit und die schmalen Gänge. Gemeinsam endlich wie in einem Abenteuer etwas erleben, das macht mich einfach glücklicher als nur an einem Fleck zu sein. Aber wenn es um Dinge geht, die ich nicht mag - Dunkle, enge räume bereiten mir einfach den Albtraum. Ich versuche, meine Panik zu unterdrücken und verhalte mich ruhig. Bald sind wir draußen, rede ich mir ein und atme langsam ein und aus. Lailahs kleines Papier brennt immer noch, ohne dass es überhaupt ein Stück verbrannt ist. Ziemlich innovativ, denke ich. Auch wenn hin und wieder der Wind durch den Gang weht, brennt es immer noch und ist kein Stück verbrannt.

Der Ausgang ist bald da...nur noch ein wenig. Einmal um die Kurve. Ich schließe meine Augen und gehe einfach voran, als jemand meine Hand ergreift. Überrascht blicke ich auf und sehe Eizen, der mich aufmuntert anlächelt. Ja, so etwas ist einfach lieb. Schüchtern lächele ich zurück und gemeinsam geht das Stück schon viel schneller vorbei.

Das Grün der Wiese wirkt einfach noch intensiver, als wir draußen aus einem Felsgebilde herausgehen.

“Ah, endlich!” Erleichtert lasse ich mich fallen und sehe in den wunderbaren blauen Himmel. Die Idylle hier beeindruckt mich immer wieder. Zaveid lässt sich neben mir auf das Gras fallen und seufzt laut.

“So lässt es sich leben.” So liegen wir hier für einige Minuten. Ich drehe mich um zu Eizen, er sucht den Horizont ab.

“Lasst uns weitergehen, Pendrago ist hier doch in der Nähe, ich springe auf und klopfe mir die Grashalme von der Kleidung. Lailah sieht ein wenig nachdenklich aus. Zaveid ächzt und steht auch auf.

“Ist alles okay?” frage ich Lailah und ziehe sie ein Stück weiter weg von den anderen.

“Ich habe darüber nachgedacht, was wohl aus zwei alten Freunden wurde...es ist schon einige viele Jahre her.” Sie schüttelt ihren Kopf, dann lächelt sie mich tapfer an.

“Immer an die Jugend zu denken tut mir nicht gut, wir sollten weitergehen. Schließlich möchtest du ja noch was lernen.” Sprachs dreht sie sich um und geht einfach weiter. Zaveid läuft ihr hinterher und verwickelt sie in ein Gespräch. Dahinter laufen Eizen und ich. Verstohlen sehe ich ihn von der Seite an, er ist so seltsam ästhetisch im Sonnenlicht. Wenn man das überhaupt so beschreiben könnte. Die goldenen Haare gehen bis zu den Schultern und umrahmen das eckige Gesicht. Dazu stehen die grünen Augen einfach hübsch im Kontrast.

Innerlich zerreißt es mich, am Liebsten würde ich mich um den Hals werfen und einfach nur an der Schulter schlafen und mich tragen lassen. Aber ich bin ein netter, gesitteter Mensch der das nie tun würde.

Vor uns liegt die Allee nach Pendrago.

“Wenn wir mal wieder auf die Seite des Highlands kommen, dann kannst du auch mal in Marlind nachschauen! Sie haben die größte Bibliothek, die in Pendrago dagegen wirkt wie ein Fussel.” erklärt Lailah und schiebt Zaveid von sich weg.

“Klingt interessant.” antworte ich und betrachte die Klinge meines Schwertes. Vielleicht finde ich in Pendrago eine bessere Waffe, die zu meinem Stil passt. Eine hübsche, vielleicht leichter tragbare… In Gedanken laufe ich ihnen nach und bin dann schon zwei Tage später wieder hier. Dieses Mal kaufe ich eine bessere Waffe und suche mir ein paar Informationen in der Bibliothek heraus.

“Alles klar, also ich möchte einen Drago-Eintopf essen.” meint Zaveid und leckt sich vorfreudig die Lippen.

“Dann gehe ich mit Eve ihre Erledigungen machen und der kleinen Bibliothek einen Besuch abstatten.”

“Weißt du wo alle ist?” frage ich Eizen, er hat ja viele Jahre verpasst. “Dafür habe ich einen vorhandenen Orientierungssinn, das passt schon.” er zuckt mit den Schultern. Ob er weiß, dass ich mich manchmal verlaufe?

“Wir sind hier im Gasthaus, auf Wiedersehen!” Lailah winkt uns fröhlich. Als wir aus der Hörreichweite sind, flüstert mir Eizen zu, “Ich glaube, sie hat jetzt an Zaveid die positiven Seiten entdeckt.” Ich muss darüber echt grinsen.

“Du kennst ihn ja schon lange genug, aber Lailah scheint bisher immer Abstand gehalten zu haben.” Eizen nickt bestätigend, vor uns sind die Händler. Waffe, ein paar hübsche Waffen.

“Vielleicht wird aus ihnen mal was.” Dort, im Sonnenlicht funkeln sie wie frisch poliert. Verschiedene Speere und Lanzen, die hübsch geformte Hellebarde mit einem lilafarbenen Griff hat es mir auf Anhieb angetan. Die Klinge ist breit, aber scharf mit eingravierten Verzierungen.

“Muss ich die dann die ganze Zeit tragen?” ich betrachte sie von nahem, als der Verkäufer herauskommt.

“Nein, dank neuester Technologie kann man diese Hellebarde zu einem kleinen Päckchen falten.” Wirklich interessant, so was hätten sie früher im Krieg gebraucht. Interessiert studiere ich alle Einzelheiten, sie liegt balanciert und der Schwung ist damit auch nicht schlecht.

“Ich kaufe sie.” Entschlossen hole ich meine letzten Goldstücke und kaufe mir diese hübsche Hellebarde. Für mein altes Schwert bekomme ich sogar ein paar Stücke wieder ausgehändigt.

Zufrieden stolziere ich in Richtung Kathedrale. Hier in der Nähe soll laut Beschreibungen die Bibliothek sein, sie ist so klein, dass ich sie erst übersehe. In einem kleinen hölzernen Häuschen mitten zwischen den anderen aus grauem Stein. Das Messingschild verkündet “Bibliothek” und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dort eher unter den Büchern oder der Decke begraben werde. Es klingelt, als wir hineingehen. Eizen schließt die Tür wieder hinter sich und folgt mir die knarrenden Treppenstufen hinab. Vor mir stapeln sich schon einzelne Bücher auf den Stufen, vorsichtig umgehe ich sie um nicht darüber zu stolpern. Im Keller angekommen, brennt ein alter Kronleuchter und spendet warmes Kerzenlicht. An allen Wänden stehen Bücherregale voller alter Wälzer, es duftet nach altem Papier und Kerzenwachs. Voller Freude laufe ich durch die Gänge und überfliege die Buchrücken. Hier kann man alles mögliche finden, von Theologie bis hin zu Medikamenten. Fürs erste schnappe ich mir ein Buch über die Geschichte von Glenwood und ein Buch zur Theorie von Zeitreisen. Interessant klingt es auf jeden Fall. Eizen verschwindet irgendwo zwischen den vollgestopften Bücherregalen, er fällt einfach total auf mit seinem gruftig schwarzen Mantel und den hellen Haaren dazu. Ich lege meine Bücher auf einem kleinen Holztisch ab, welcher unter den anderen Bücher schon beinahe verschwunden ist. Als Sitzgelegenheit gibt es nur die Bücher, die herumstehen. Die Geschichte von Glenwood erzählt von Magie, von Drachen und einem Hirten, der den Lord des Bösen besiegen soll. Für mich ist das alles ziemlich viel und schwer verständlich, da die Ausdrücke von einer anderen Welt klingen. Seufzend schlage ich das Buch wieder zu und nehme mir das zur Zeitreise-Theorie. In dem Moment setzt auch Eizen sich wieder zu mir und sieht mir beim blättern zu.

“Was ist das für ein Buch?” fragt er neugierig und versucht, einen Blick auf den Einband zu erhaschen. “Zeitreise? Das wäre wirklich schön…” Sein Blick schweift ab in weite Ferne.

Ich werde ein wenig mitleidig, denn er wirkt auf einmal tieftraurig. In den grünen Augen liegt eine Melancholie und Erinnerungen an eine entfernte Zeit. Mitfühlend lege ich ihm meine Hand auf seine.

“So manche Träume können wahr werden.” Die Fingerknöcheln sind ganz rau und warm. Ich nehme sie fest und halte sie fest. “Halte einfach an deiner Hoffnung weiter fest, ja?” Eizen lächelt sanft und sieht wieder so gedankenverloren, aber hübsch wie immer aus.

“Danke, das gibt mir tatsächlich ein wenig Hoffnung. Und, was hast du schon herausgefunden?” Ein paar Seiten weiter finde ich eine Illustration von einigen seltsamen Steinen und Menschen, die diese anbeten.

“Hier sind äußerst interessante Zeichnungen.” meine ich und schiebe ihm das Buch entgegen.

“Was sind diese seltsamen Steine?” frage ich ihn und tippe auf die Seite. Eizen mustert es und kann anscheinend etwas herauslesen. Er blättert weiter, nickt und sieht dann auf zu mir.

“Es gibt anscheinend alte Artefakte, die verschiedene Fähigkeiten erwecken können, und man sich früher davon den Nutzen gemacht hat. Heute sind diese sicherlich schon längst verschollen. Einer von diesen hat die Fähigkeit der Zeit verliehen, diese Person kann die Zeit zu ihrem Gunsten verdrehen und in verschiedene Dimensionen wechseln.”

“Das mit den Dimensionen wechseln kenne ich aber irgendwo her… Es ist einfach ein Portal aufgetaucht und hat mich hierher gebracht. Könnte das etwa in Verbindung mit diesem hier stehen?”

“Gut möglich” meint Eizen und klappt das Buch zu. “Ich habe alles in meinem Gedächtnis abgespeichert.” Er tippt sich an die Stirn und grinst. Wir verräumen die Bücher wieder. Der Inhaber des Ladens ist immer noch nicht aufgetaucht.

“Warte mal…” flüstere ich und ziehe ihn am Ärmel zurück. Fragend sieht er mich an. Hinter einem Regal versteckt nehme ich das Buch wieder aus dem Regal und stecke es einfach in Eizens Mantel.

“Hier bitte, ich finde daraus können wir noch nutzen ziehen.” Er sieht ziemlich unbegeistert aus.

Ohne zu fragen schiebe ich ihn wieder die Treppe hinauf in Richtung Ausgang, damit es nicht auffällt. Draußen zieht Eizen das Buch wieder hervor und schaut mich düster an.

“So was macht nun wirklich gar nicht, ich möchte in Zukunft nicht mehr dein Dieb sein.” Ich nehme ihm grinsend das Buch ab.

“Lass uns die anderen suchen, ich habe schon Hunger.” Eizen seufzt, dann folgt er mir. Für mein Skizzenbuch kann ich einige hübsche Motive ausmachen, die Blumenkästen oder die blauen Kerzen, die auf den Fensterbänken stehen. Anscheinend ist das hier ein Brauch, abends diese anzuzünden. Pendrago wirkt trotzdem noch wie eine Festung.

Gemeinsam laufen wir den Weg zurück ans Gasthaus, und tatsächlich finden wir Lailah und Zaveid an einen der Tische sitzen. Vor ihnen steht der “Dragon Stew”, den einfach jeder einmal in Pendrago probiert haben sollte. Sie sehen beide wirklich sehr glücklich aus und lachen gerade über einen Scherz.

“Hallo ihr zwei!” ich winke ihnen fröhlich und schnappe mir einen Stuhl vom Tisch daneben.

“Fündig geworden?” fragt Lailah und gönnt sich einen weiteren Löffel Eintopf.

“Um ehrlich zu sein, habe ich es sogar mitgebracht” ich lege ihnen den Wälzer auf den Tisch. Beide starren mich an, versuchen erstmal zu verstehen, dass ich das Buch mitgehen haben lasse. “Das hätte ich dir nicht zugetraut. Aber naja…” Lailah betrachtet den Einband und blättert hinein. Auch Zaveid ist begeistert, eher von dem Buch und nicht darüber dass ich es einfach mitgenommen habe. Doch nur mutige Taten führen zum Ziel.

“Was habt ihr beide heute Abend noch vor?” fragt Lailah, ihre Wangen sind ein wenig gerötet. Anscheinend hat sie eine Menge Spaß. Eizen sieht mich an, dann entscheide ich dass wir heute Abend ein wenig spazieren gehen werden. Somit haben die beiden ein wenig Zeit für sich und ich kann ein wenig mit Eizen die Nacht genießen.

Zaveid grinst uns zu, dann schnappe ich mir Eizens schmalen Arm und verlasse den Inn. Draußen ist es ein wenig dünkler geworden, es ist aber immer noch hell genug um meine Striche zu erkennen. Gemeinsam gehen wir durch die Stadt, entlang den Häusern und den seltsamen Kerzen. Auf einem runden Platz, umgeben von einer kleinen Mauer setzte ich mich auf die Steine und ziehe mein Skizzenbuch und Stift hervor. Mein Begleiter schwingt sich neben mich und sieht mir dabei zu, wie ich eine neue Seite aufschlage. Heute möchte ich ihn zeichnen. Unter den grünen Augen liegen dunkle Schatten, das Gesicht ist schmal mit einem eckigen Kinn. Das helle Haar umrahmt es einfach perfekt und geben ihm einen leichten düsteren Stil.

“Man hat mich immer “Der Reaper” genannt.” sagt er auf einmal in die Stille hinein, als ich das Profil fertig gezeichnet habe. “Auf dem Feld bin ich aufgelebt und habe alles zerstört. Heute habe ich einfach keinen Bock mehr darauf.” Eizen bewegt sich nicht, sodass ich schnell die Augen und die Nase abskizzieren kann. Als es fertig ist, zeige ich ihm das Bild. Er sieht es sich schweigend an, dann lächelt er sanft.

“Mir gefällt deine Linienführung. Sehr dunkel, mit schwarzen Schatten. Aber du hast mein Gesicht meiner Meinung nach gut getroffen.” Erleichtert schlage ich die Kladde wieder zu.

“Das freut mich. Wenn ich dich ansehe, dann habe ich wirklich den Drang, dich zu zeichnen.” Eizen lacht, und kneift mir in die Wange.”Wirklich niedlich.” Sofort werde ich rot im Gesicht und wende mich ab. Das ist wirklich viel zu süß und zu viel für mich. Sonst halte ich mich von anderen weg und versuche, mich nicht zu sehr mit den anderen anzufreunden da sie sowieso gehen werden. Mein Charakter nerve sie zu sehr, das sagen sie immer.

“Ist etwas los?” fragt er mich und ich seufze nur. “Leider habe ich mich an die falschen Dinge erinnert. An einige Idioten und Menschen, die mich verurteilt haben und mich stehen ließen.”

Ich rutsche ein wenig vor und lasse die Beine in die Tiefe baumeln. Tief unter mir ist der Boden, wir sitzen auf der Außenmauer von Pendrago.

“Ich habe zu meiner Zeit Menschen gefunden, die mich nicht verurteilt haben und mir halfen, mein Ich zu finden.”

“Das klingt auf jeden Fall schön.” Langsam geht die Sonne unter und die Szene wirkt wie ein perfektes Bild eines Romantik-Filmes. Fast schon zu perfekt. Eizen nimmt das Buch aus dem Mantel und legt es zwischen uns.

“Mich würde schon interessieren, warum du hierher gekommen bist. Darf ich das Buch über Nacht ausleihen?”

“Schlafen Seraphe denn nicht?” frage ich überrascht und nicke, dass er das Buch nehmen darf. Eizen steckt es wieder in seinen dunklen Mantel und überlegt.

“Für uns ist das nicht wirklich notwendig, aber Essen und Schlafen stärkt uns auch auf eine gewisse Weise.”

“Können Menschen auch Seraphe werden?” frage ich gerade heraus.

“Davon weiß ich nicht genug, aber es soll welche gegeben haben. Wenn die Umstände es erlauben, kann jede weltliche Regel gebrochen werden.” antwortet er und blinzelt mich an. Jede Regel kann gebrochen werden...das klingt wirklich zu gut um wahr zu sein.

“Wollen wir zurück gehen? Es wird kalt.” Ich schlinge meine Arme um mich, ich trage nur mein Hemd und Abends wird es hier ziemlich kalt. Im gemächlichen Tempo gehen wir zurück zum Gasthaus. Vor den Zimmertüren winke ich ihm zum Abschied.

“Gute Nacht, schlaf gut!” und grinse ihn breit an. Er wuschelt mir als Antwort durch das helle Haar, dann verschwindet er mit dem Buch im Arm in seinem Zimmer. Mit einem klacken schließe ich meine Tür und lasse mich auf das Bett fallen. Schon lange habe ich mich nicht so gut gefühlt, so sorgenfrei und auf jeden Fall positiver. Das Hemd und die Hose werfe ich achtlos auf den Stuhl in der Zimmerecke und stelle die Stiefel darunter. Meine Hellebarde ist einfach so praktisch, dass ich meine Größe immer selbst bestimmen kann. Gerade ist sie ein kleines Accessoire an dem Gürtel. Jedes Goldstück war dieses Schmuckstück wert.

Lailah hat daran gedacht, dass ich auch nachts etwas einfacheres zu schlafen brauche. Ein lockeres Nachthemd für mich und tags trage ich die Männerhosen mit dem Hemd. Eigentlich bin ich kein Fan von Nachthemden, aber ich nehme wie es kommt und lege ich ins Bett.

Durch die Vorhänge schimmert das Licht der Laternen und der Himmel ist schon dunkel geworden. Ich brauche immer ein wenig mehr Schlaf, sonst bin ich am Tag darauf ziemlich erschöpft. Mit der Decke über dem Kopf habe ich einige Augenblicke später den Schlaf gefunden.

7.

Heute werden wir weiter aufbrechen müssen. Was hat wohl Eizen herausgefunden? Ziemlich erschöpft schiebe ich die Decke von mir fort und versuche, meinen Kopf klar zu bekommen.

Diese konfuse Sache mit Zeitreisen und Veränderungen, das ist ziemlich viel. Es macht den Anschein, als ob Eizen zurück in der Zeit gehen möchte und ich dabei ihm helfen soll. Schließlich bin ich diejenige, die aus einem mysteriösen Grund hier gelandet ist. Einmal in eine andere Zeit gehen… aber nicht zurück in meine. Das ist fest entschlossen. Dort habe ich nichts mehr zu suchen und in meiner eigenen fühle ich mich viel wohler. Ich schnappe mir meine Sachen vom Stuhl und bürste mir schnell durch die Haare. Es duftet schon auf dem Flur nach Frühstück und weckt meine Freude auf ein Spiegelei mit Kräutern. In dieser Welt gibt es auch verschiedene Sorten von Eiern, aber die zum Frühstück scheinen die gleichen zu sein. An den Tischen sitzt nur Zaveid, die Beine ausgestreckt und ein entspanntes Lächeln auf den Lippen.

“Guten Morgen.” begrüße ich ihn und setzte mich zu ihm an den Tisch. “Du siehst so zufrieden aus.”

“Darf ich mich nicht über mein Glück freuen?” fragt er und richtet sich auf.

“Anscheinend lief gestern alles gut mit Lailah.” Darüber bin ich wirklich froh, denn wenn sie sich aussprechen, dann haben sie einige Gemeinsamkeiten.

Auf dem Tisch steht ein Teller Spiegelei und ein Korb Brot, welches ich mir sofort gönne. Dies in der Früh und ich bin für immer froh und munter.

“Wo bleiben die beiden?” fragt er und sieht hinüber zum Flurausgang. “Ich weiß auch noch nicht, ob sie noch schlafen. Eizen ist wahrscheinlich noch mit seinen Forschungen beschäftigt…”

Zaveid sieht mich überrascht an. “Na, zu dem Buch.” antworte ich knapp und stopfe mir Brot in den Mund. Ich kann die Ergebnisse kaum erwarten. Zaveid nimmt sich auch ein Stückchen und kauf genüsslich.

“Ich gehe mal nachsehen.” Ich schiebe den Stuhl vom Tisch und gehe hinter zu den Zimmern. Seine Tür liegt ja direkt neben meiner. Ohne anzuklopfen öffne ich die Tür und werde mit einer eigentlich hübschen Ansicht belohnt. Zwischen den Kissen liegt Eizen, ziemlich verwuschelt und die nackten Arme neben seinem Kopf. Er trägt oben herum nichts, ab seinen Schultern verdeckt die Bettdecke seinen Körper. Entzückt bleibe ich kurz im Türrahmen stehen, dann gehe ich näher heran und betrachte ihn genauer. So friedlich und entspannt, es ist einfach viel zu schön anzusehen. Ich schleiche mich an ihn heran, und setze mich auf die Bettkante. Gerne würde ich ihm durch die Haare wuscheln und ihn liebevoll anlächeln, doch ist das hier Realität und nicht mein Kopf, in dem mir vorstelle, ihn nur ansatzweise berühren zu dürfen. Und Liebe wächst eben nicht von einem Tag auf den anderen. Sollte ich ihn aufwecken? Diese Entscheidung wird mir schon entnommen, da er sich regt und zu mir umdreht. Er macht einen ziemlich müden Eindruck auf mich, auch wenn Seraphe das eigentlich nicht sein können.

“Du hast die ganze Nacht durchgearbeitet, hmm?” frage ich ihn und stehe vorsichtig von der Bettkante auf.

“Naja, ich habe genug Informationen sammeln können und bin dabei auf ein paar wichtige Dinge gestoßen.” Eizen reckt sich und schiebt die Decke beiseite. Diese Anatomie, so muskulös und zu perfekt, das ist einfach zu wunderbar um nicht hinzusehen.

“Dann lass uns doch auf dem Weg zum nächsten Standpunkt darüber reden, ja?” Ich gehe zur Tür und sehe noch einmal zurück.

“Wir sitzen draußen und frühstücken noch fertig.”

“Bin dann gleich so weit.” er zieht sich gerade sein orangefarbenes Hemd an. Auf dem Flur spüre ich, wie sehr meine Wangen eigentlich glühen. Verdammt, ich bin hier um einen Weg der Zeitreise zu finden für Eizen. Aber nicht um irgendwelche Typen anzustarren.

Zaveid sitzt mit Lailah am Tisch, beide sind schon aufbruchsbereit. Sie haben nicht so viel Gepäck dabei wie ich und haben es generell einfacher im Leben.

“Und, wo geht es nun hin?” frage ich die Beiden.

“Wir haben keine Ahnung, wo sich seine Schwester aufhalten könnte. Aber ich kenne jemand, wo uns möglicherweise weiterhelfen kann.”

Das klingt auf jeden Fall interessant. “Dafür werden wir in ein paar Ruinen im Tintagel-Wald vorbeischauen müssen.” erklärt sie mir.

“Dort ist was?” ich packe gerade meine Kleinigkeiten in die Lederbeutel am Gürtel ein, als Eizen dazukommt.

“Dort ist der Unterschlupf der Sperlingsfedern, die Anführerin ist wirklich wunderbar! Sie ist unsere Freundin und naja, sie ist auch zeitweise die Hirtin gewesen.” Ich überlege, doch kann mich nicht genau an die Bedeutung “Hirte” erinnern. Lailah erklärt mir noch einmal, dass er derjenige ist, der die Welt vor dem Bösen reinigen sollte.

“Alles klar, bereit meine Hübschen?” Zaveid legt die Arme um uns und dieses Mal macht Lailah keinen Schritt beiseite oder beschwert sich nicht. Gemeinsam verlassen wir Pendrago und gehen über die große Wiese in Richtung Westen. Der Wind ist angenehm warm und kleine Wolkenfetzten im Blau lassen es einfach perfekt wirken. Entspannt laufe ich ihnen hinterher, der Weg wird kein kurzer sein.

Der Tintagel-Wald ist groß genug um sich darin zu verlaufen. Das Blätterwerk ist dicht und dunkelgrün, sodass kein Lichtstrahl hindurch kommt. Am Boden verlaufen die Wurzeln dicht nebeneinander und irgendwie habe ich das Gefühl, ich werde immer wieder durch die Büsche angestarrt.

Wir sind nun schon einige Stunden unterwegs, es ist ungefähr Mittagszeit. Vor uns liegen noch viele weitere Bäume. Hier irgendwo soll die Ruine liegen, in dem sich die Sperlingsfedern einen Unterschlupf gebaut haben. Lailah geht selbstsicher der Gruppe voran. Hinter den breiten Stämmen liegen ein paar zerbrochene Steine, dann halb aufgebaute Mauern von einem alten Haus.

“Dort ist es. Aber warte…” Lailah weicht zurück und weist uns an, keinen Schritt weiter zu gehen.

“Hier ist eine böse Präsenz…” Zwischen den Steinen taucht etwas seltsam großes auf, die Augen glühen rot wie Feuer. Die breiten Pranken sind mit zotteligen Fell bedeckt und scharfe Krallen bohren sich in den Boden. Auf dem Rücken reihen sich die Stacheln, so spitz, dass sie schon mit ihrem bloßen Anblick den Schock einjagen.

“Was ist das?” flüstere ich und wage nicht, mich zu bewegen. “Ich dachte es gibt keine Monster mehr…” meint Zaveid genauso leise.

Es macht einen Satz auf uns zu, ich reiße mein Schwert hoch und ducke mich in der Angst. Lailahs Flammen setzten es in Brand, doch macht es ihm nicht sonderlich viel aus. Eizen lässt seine Fingerknöchel knacken.

“Endlich mal eine Herausforderung!” und stürzt sich auf das Monster. Meine Hellebarde scheint viel zu schwach gegen dieses Ungetüm.

“Denk an deine Kraft!” ruft Lailah mir zu und wirft eine Papierkarte auf das Monster, welches an der Stelle, wo diese auftrifft zu brennen anfängt. Die Flamme in mir wecken. Ich schließe die Augen, atme tief ein und sammele die Kraft in mir. Dem Angriff des Monsters kann ich gerade so ausweichen und kontere ihm mit einem Schlag meiner Waffe auf den massigen Körper. Es brüllt wütend und sein breiter Schwanz peitscht knapp an Zaveid vorbei.

“Pass auf, vielleicht kann er dich vergiften oder paralysieren!” Mit einem Seitenschritt weiche ich dem hinterhältigen Angriff aus und beschwöre einen Feuerball. Auf dem Boden tauchen die Artes-Kreise auf und leuchten um mich herum auf.

Zaveid pustet dem Monster kräftig in die Grimasse und Eizen schlägt mit harten Felsbrocken zu. Der Ball fliegt herab und trifft ihn am Kopf, aber viel ändert es nicht. Ich steche zu und verletzte es an den weichen Stellen des Körpers mit meiner Hellebarde. Schritt nach links, dann wieder rechts. Lailah und Zaveid erzeugen einen brennenden Sturm, der das Monster einhüllt. Wütend schlägt es wieder mit dem stachelnbesetzten Schweif zu. Unglücklicherweise sehe ich ihn nicht ankommen und es erwischt mich direkt in den Rücken. Auf einmal fühle ich mich wie gelähmt, die Muskel hören nicht mehr auf mich und verweigern ihren Dienst.

Nicht einmal um Hilfe rufen kann ich, ich falle einfach um wie ein gefällter Baum.

Ich sehe nur noch, wie ein paar Gestalten in dunkler Kleidung aus den Baumwipfeln springen und meinen Freunden helfen. Der Schweif hat mich paralysiert, wer weiß wie lange die Wirkung noch anhält. Eine der dunklen Gestalten läuft auf mich zu und wirft mich über die Schulter.

“Kümmert ihr euch um das Monster, ich nehme sie rein!” Es ist eine helle Stimme, ihr Gesicht kann ich nicht erkennen da ich Kopfüber hänge. Sie läuft zwischen den Ruinen entlang auf eine Klappe im Boden. Dort steht eine Leiter, die hinab in den Abgrund führt. Unten angekommen, sehe ich nur helle Wände und einen Innenraum vor uns liegen.

“Hey, Josh, kannst du mal herkommen?” ruft sie. Aus dem Nebenraum kommt jemand in schwarzen Hosen hervor.

“Ich habe schon gehört, dass dort draußen was los ist. Sonst keine Verletzten?”

“Nein, alles super.” Ich werde in ein Zimmer mit weiß gedeckten Betten gebracht. Dort legen sie mich ab und ich sehe bloß die Decke des Raumes, da mein Kopf sich keinen Zentimeter bewegen lässt. Ganz schön frustrierend. Der Mann namens Josh nimmt etwas aus einem Behälter und schmiert es mir auf die Hände. Es kribbelt und langsam bekomme ich wieder Gefühl. Es zieht hinauf bis in mein Gesicht.

“Da...nke” bekomme ich heraus, aber meine Muskeln weigern sich immer noch.

“Du bist paralysiert und diese Salbe kann das ein wenig lindern. Leider wirst du noch so bleiben für ein paar Stunden.”

“Wie geht es den dort draußen?” endlich lockert sich mein Kiefer ein wenig und ich kann meinen Kopf bewegen.

“Soweit läuft es gut, sie sind bald fertig.” Josh grinst schief. “Unser Anführer ist tough.” Vertrau ihr einfach!” Also vertraue ich ihr und schließe meine Augen. Wie geht es ihnen nun? Ich sehe mich nur als eine Last, in diesem Kampf habe ich nichts getan und bin sofort raus.

Wenn ich wieder frei bin, dann werde ich trainieren. Zusammen mit Eizen. Josh lässt mich liegen und dann bin ich alleine im Raum. Die Sperlingsfedern sind anscheinend eine sehr gut organisierte Truppe, die gut kämpfen und verarzten können. So stark wäre ich auch gerne… Wenn wir uns weiter auf die Suche nach Eizens Schwester machen, werde ich auf stärkere Gegner treffen und nicht in der Lage sein, mich selbst zu verteidigen… Wenn ich weiterhin nichts ändere, werde ich immer nur die Last in der Truppe sein.

Ich schließe erschöpft meine Augen und falle in einen Halbschlaf. Es muss einige Zeit verstrichen sein, denn auf einmal ist Trubel um mich. Jemand setzt sich an mein Bett.

Es schmerzt, meinen Kopf zu bewegen also starre ich ein wenig schief in Lailahs Gesicht.

“Wir haben es besiegt.” sagt sie und lächelt mich freundlich an.

“Das mit dir tut mir wirklich leid. Dass du nicht mehr mithelfen konntest.” Sie klingt aufrichtig, aber mich stört es wirklich.

“So kann es ja auch nicht weitergehen, ich bin überhaupt keine Hilfe.”

“Mach dir darüber keine Sorgen. Du bist ein wichtiges Mitglied unserer Truppe.” Lailah sieht sehr ernst aus. “Außerdem hat Eizen viel besser gekämpft, nachdem du weg gebracht wurdest. Viel motivierter!” In mir breitet sich ein warmes Gefühl aus. Freunde sollten füreinander da sein. Lailah lächelt mich noch einmal an, dann geht sie fort aus meinem Sichtfeld. Auch Zaveid schaut vorbei, und eine junge Frau mit rose farbenen, schulterlangen Haaren stellt sich mir als rose vor, die Anführerin der Sperlingsfedern.

“Du hattest wirklich Glück, dass wir gerade in der Ruine waren! Das dort draußen war ein wirklich starker Kampf.” Ihre grünen Augen strahlen vor Lebensfreude und sie macht einen gesamten netten Eindruck. Ihre Truppe ist ihr wirklich wichtig und dafür ist diese Loyal zu ihr.

Erleichtert atme ich ein und aus und versuche, ernsthaft zu lächeln.

“Morgen nehmen wir dich mit, du musst auf jeden Fall stark bleiben! Also werd schnell wieder gesund, denn wir trainieren dich draußen im Wald!” Sie springt auf und grinst breit.

“Ach, ich heiße Rose, freut mich!” Dann winkt sie und geht aus dem Raum.

Trainieren klingt auf jeden Fall gut für mich…In dieser Welt braucht es wirklich die Kraft, ein Schwert zu schwingen. Es ist still im Raum, die Wände sind zu dick, sodass ich die anderen kaum hören kann. Mit geschlossenen Augen liege ich im Bett und lasse die Stille auf mich wirken. So viele Dinge gehen mir durch den Kopf zum Thema Zeitreisen und kämpfen. Und auch Eizen, denn irgendwie… ja irgendwie fühle ich mit ihm. Denn mit der Zeit habe ich selbst so einiges erlebt und verstehe, wenn er es ändern will oder die Zeit zurückdrehen… So langsam bekomme ich wieder Gefühl in meine Arme, sodass ich mich umdrehen kann. Neben mir stehen weitere Betten, in denen jemand liegt und schläft, um den Kopf ist ein weißer Verband. Wieder fühle ich mich schuldig, doch sofort zerschlage ich meine Zweifel. Auf einmal steht jemand in der Tür und kommt an mein Bett. Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer, als ich erkenne, wer mich besucht. Diese grün-blauen Augen werde ich überall erkennen.

“Gehts dir besser?” Er setzt sich auf die Bettkante, sodass es sich ein wenig nach unten biegt.

“Alles okay soweit, ich kann wenigstens einige Körperteile wieder bewegen.” antworte ich und grinse ihn schief an. Er tätschelt mir meinen Kopf und sieht erleichtert aus.

“Morgen wird Rose mir mit dem Training helfen.” erkläre ich ihm. Gerade streicht er mir eine Strähne aus dem Gesicht. So sanft und weich… ich spüre wie ich rot werde also versuche ich es einfach zu überspielen.

“Sonst lief alles okay?” Eizen nickt und nimmt endlich seine Hand wieder fort. Verdammt, das ist wirklich zu viel dafür dass ich mich nicht bewegen kann.

“Dann lasse ich dich mal schlafen, es ist spät.” Er steht wieder auf, sein langer Mantel duftet nach Natur. Ich atme tief ein und genieße es. Eizen beugt sich zu mir herunter, zögert kurz, dann küsst er mich kurz auf die Stirn. Seine Lippen sind weich und sanft. Meine Wangen glühen und ich wünschte, ich hätte den Mut ihn auf den Mund zu küssen. Dann dreht er sich wieder weg und verlässt das Zimmer. Wütend drehe ich mich um und verstecke mein Gesicht im Kissen. Wieso müssen Männer immer so verdammt eigensinnig handeln? Lässt er mich hier mit diesem Gefühlscocktail zurück…

Entschlossen drehe ich mich um und werfe die Decke über mein Gesicht. Morgen werde ich mich nur auf das Training konzentrieren.

8.

“Ausfallschritt! Und jetzt einfach kontern!” Rose steht vor mir, die zwei Dolche in der Hand und sieht mich auffordernd an. Meine Hellebarde ist einfacher als ein Schwert, aber trotzdem sind die Manöver, die Rose mir angibt, nicht zu einfach für mich Anfänger. Dazu kommt noch die unbarmherzige Sonne, die mir in den Nacken brennt. Dazu hat sie immer was an mir auszusetzen, egal wie sehr ich mich anstrenge und mein Bestes gebe. Frustriert werfe ich mein Schwert auf den Boden und lasse mich auf den Boden fallen.

“Schon fertig?” Rose lacht und streicht sich eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht.

“Leider bin ich ein Otaku, diese Spezies verfügt über gutes Sitzfleisch und wenig Ausdauer.” scherze ich und Rose lacht laut auf. Sie reicht mir eine Hand und hilft mir auf.

Erstmal gibt es was zu essen und erfrischend kaltes Wasser, welches mich wieder stärkt.

“Für heute hast du dich wirklich gut geschlagen, damit kannst du wirklich überall über die Runden kommen.” erwähnt Rose zwischen zwei Bissen ihrer Hähnchenschenkel. “Außerdem hat Zaveid etwas erwähnt, wo es als nächstes hingehen soll.” Überrascht schlucke ich das Wasser herunter.

“Ich weiß noch nichts, aber er meinte mal, dass er weiß, wo Eizen seine Schwester sein könnte.” Sie nickt und bestätigt mir meine Antwort. Lailah einige Plätze weiter von mir dreht sich zu mir um.

“Also wir hoffen natürlich, dass es richtig ist und wir endlich die beiden wieder vereinen können.” Das klingt auf jeden Fall sehr gut. Nach dem Essen ziehe ich mich zu meinem Schlafplatz zurück. Meine Sachen sind wieder in einen kleinen Beutel gepackt und meine Waffe in eine handliche Größe geschrumpft. Um mich herum huschen die restlichen Mitglieder der Sperlingsfedern und räumen ihre Sachen auf. Im Hauptraum der Höhle finde ich den Rest meiner Truppe, die beieinander stehen und Pläne über unsere anstehende Reise besprechen.

“Es ist wirklich kein weites Stück wenn wir die Abkürzung durch den Wald zu den Jagdgründen nehmen.” meint Zaveid gerade und verschränkt seine Arme.

“Das freut mich, denn meine Füße bringen mich wirklich bald um.” hänge ich mich in die Diskussion ein und lächele motivierend in die Runde. Alles ist bereit, also verabschieden wir uns von Rose.

“Danke für dein Training und die Hilfe!” ich umarme Rose und bin ein wenig traurig, sie ist wirklich eine wunderbare Frau und Kämpferin.

“Man sieht sich immer zweimal im Leben. Euch noch viel Erfolg!” Wir werfen uns alle noch einmal in die Arme, dann klettert einer nach dem anderen die Leiter aus der Höhle hinauf ins Freie. Die frische Luft und das Rauschen des Windes beruhigen mich sofort. Laut Lailahs Wegangabe wäre der Tempel, nach dem wir suchen, ein kleines Stück entfernt. Spätestens einen halben Tagesmarsch später sollten wir bei “Aifreds Jagdgründen” angekommen sein. Das dichte Blätterwerk schützt vor der Sonne, aber als wir zurück auf der Wiese des Triumphs sind, vermisse ich schon wieder den kühlen Wald.

“Willst du Sonnenschutz?” Eizen steht neben mir und grinst locker, seinen Mantel hält er wie einen Schirm hoch.

“Das ist wirklich lieb, ich bin schließlich kein Seraph der immer alles einfach wegsteckt.”

“Sei doch nicht so fies zu dir selbst, ich mache das gerne.” Er hebt den Mantel so hoch, dass die Sonne nicht mehr so blendet und mir auf den Kopf brennt. Erleichtert hole ich mit Zaveid und Lailah auf, die Beiden sind in ein anscheinend sehr spannendes Gespräch vertieft.

“Sonst geht es dir gut?” fragt Eizen und mustert mich aufmerksam.

“Ja, mir geht es jetzt wirklich super, Rose konnte mir einiges auf den Weg geben.” An meiner Seite hängt meine Hellebarde die ich jetzt mit sicherer Hand führen kann.

“Was wird passieren, wenn du deine Schwester wieder treffen wirst?” frage ich ihn nebenbei und sehe seine Gesichtszüge sich stark verändern.

“Ich vermisse sie, aber sie wird es mir nicht verzeihen, dass ich einfach verschwunden bin auf Reisen und dann ein Drache wurde.” Ist es am Ende der Preis wert gewesen? Schließlich suchen wir für ihn seine Schwester, damit sich alles klären kann und beide wieder glücklich sind. Obwohl er schon erleichtert ist an meiner Seite, hat er immer noch etwas auf dem Herzen. Das immer gleiche Grün der Wiese macht mich einfach verrückt.

“Das wird nicht einfach werden, wenn ich es schaffe in die Zeit zurückzukehren hat es seinen Preis.” meint er auf einmal und weckt meine Aufmerksamkeit.

“Einen Preis? Der es wert ist, für etwas zurück zukehren?” frage ich ihn ernst.

“Damit ich kein Drache werde durch alle meine Fehler und Unaufmerksamkeit…” er schüttelt seinen Kopf und das blonde Haar fliegt ihm um den Kopf.

Mitfühlend lege ich ihm eine Hand auf die Schulter. “Das ist nicht was zählt, wichtig ist das hier und jetzt. Du bist ein Seraph und kannst deine Schwester hoffentlich in einigen Stunden wieder treffen. Und dann verzeiht sie dir das auch und es ist vergessen!” Eizen sieht in die Ferne, in Gedanken weit entfernt.

“Es wird seinen Preis haben, sagtest du. Wird es das Wert sein?”

“Das weiß ich nicht, es heißt in den Aufzeichnungen nur, dass ich meinen Preis zahlen muss wenn ich es in Kauf nehme, über die Zeitstränge zu Reisen.” Ein eisiger Wind fährt uns durch die Kleidung und lässt mich frösteln. Wie lange wir schon unterwegs sind kann ich nicht sagen, die Zeit vergeht gefühlt immer schneller für mich.

“Überlege es dir bitte bevor du einfach tust, ja?” Eizen nickt und lächelt mich schmal an. Erleichtert lächele ich zurück und spüre die Wärme in meiner Brust ausbreiten.

Aifreds Jagdgründe ist eine Felsformation mit ein paar kleinen Fleckchen Gras. Der Weg ist ungesichert und man muss deutlich auf seine Schritte aufpassen, sonst rutscht man mit der Erde mit fort. Zwischen den großen Steinfelsen ist ein Tor, verziert mit Ornamenten welches der Eingang zu dem großen Tempel ist, den Zaveid gemeint hatte.

“Das hier ist der Erdtempel!” eröffnet er uns feierlich mit weit geöffneten Armen. Lailah lächelt und verbeugt sich leicht. “Wo sonst, wenn nicht hier? Deine Schwester muss einfach hier sein, da sind wir uns ganz sicher!” Eizen wirkt auf einmal weniger entspannt.

“Das wird schon!” flüstere ich ihm ins Ohr und nicke aufmunternd. Gemeinsam gehen wir den steinigen gepflasterten Weg entlang. Das ganze Gebäude ist aus braunen Steinen erbaut, die Eingänge sind mit Runen verziert. Alleine die Eingangshalle ist so groß, verschiedene Säulen stützen sie und weitere Ausgänge führen wieder ins Freie. Ich muss sagen, es ist wirklich sehr schön und relativ groß für einen Erdtempel. So hätte ich sie mir eher klein vorgestellt, eher düster und vielleicht enger? Lailah und Zaveid sind zielstrebig weiter in die Halle vorgelaufen und sehen sich in alle Richtungen um. Hier ist niemand zu sehen.

Interessiert studiere ich die Wände und die Runen, die in die einzelnen Säulen eingeritzt sind.

Draußen weht der Wind den staubigen Boden auf und eine kleine steinerne Treppe führt in eine weitere Halle. Eizen sieht immer unruhiger aus und das macht mich genauso nervös.

Unser Weg führt uns durch die Räume des Tempels, alle verschieden aufgebaut aber jeder einzigartig verziert mit den seltsamen Runen. Es strahlt seine eigene Magie aus, die mich fasziniert.

“Gleich sind wir im Hauptraum, seit ihr bereit?” Lailah dreht sich um und sieht uns ernst an.

“Ja, das bin ich.” antwortet Eizen und verschränkt seine Arme. Seine Stimme schwankt leicht, aber Lailah nickt und gemeinsam gehen wir die letzten Stufen hinauf in den Hauptraum.

Hier flutet das Licht den ganzen Raum und auf einem höher gelegenen Podest, dort liegt etwas seltsam schimmerndes auf einer Anhöhe. Ich schirme meine Augen ab und als sie sich an die Helligkeit gewöhnt haben, erkenne ich eine Gestalt hinter dem Stein hervorkommen. Sie ist klein und trägt ein hübsches Kleid. Ihre Haare haben die gleiche Farbe wie die von Eizen, ein saftiges Blond, ihr Zopf wird mit einem grünen Haarband zusammengehalten. In der Hand hält sie einen orangefarbenen Schirm, den sie aufklappt und sich locker auf die Schulter schwingt.

Es ist ein kurzer Moment der Stille, dann passieren mehrere Dinge gleichzeitig: Eizen stürzt auf seine Schwester zu, diese bleibt erst fassungslos stehen, dann umarmen sie sich und beginnen zu weinen um ich dann anzuschreien.

“Warum? Warum bist du hier?” Schreit die junge Edna und die Tränen stehen ihr in den Augen. Noch nie habe ich Eizen weinen gesehen, es ist ein seltsamer Anblick.

“Du hast keine Ahnung, was alles passiert ist! Ich habe einfach viel zu viel falsch gemacht…” Die beiden stehen mitten im Raum und weinen einander die Schultern nass. Ich stehe berührt, aber auch fassungslos daneben. Es dauert seine Zeit, bis sich die Dinge geregelt haben.

“Das hier ist meine Begleitung, Eve.” Er packt mich am Arm und schiebt mich in Richtung Edna. Ihr Blick ist durchbohrend, aber auch warm.

“Nett dich kennenzulernen.” Etwas verzögert nehme ich ihre Hand und schüttele sie leicht. “Sonst wieder alles okay?” frage ich an Eizen gewand. Jetzt lächelt er und sieht viel erleichterter aus, als hätte man ihm seine ganze Bürde vom Herzen genommen. In seinen Augen sehe ich die ganzen vergangenen Jahre voller Schmerz, nun erfüllt von der Liebe zu seiner Schwester. Auch ich bin ziemlich erleichtert. Mit roten Wangen wende ich mich von seinem Gesicht an und studiere den Stein genauer.

“Was ist das?” meine ich und deute auf das Podest.

“Das ist der Stein der Zeit, den beschütze ich jetzt seit paar Jährchen.” antwortet Edna trocken und spannt den Schirm wieder auf. “Das ist doch der Stein, nach dem du so lange suchst, Eizen!” Zaveid nimmt Eizens Arm, bevor er sich auf das Podest stürzen kann und wirft mir einen bösen Blick zu. Vielleicht nicht der Beste Kommentar in dieser Situation.

“Den darfst du nicht haben, Onii-chan. Das wird großes Unheil bringen.” Edna stellt sich vor den Stein und sieht auf uns alle herab.

“Vielen Dank dass ihr hergekommen seit, aber hier könnt ihr nicht bleiben.”

Mit einer Geste mit ihrem Schirm scheucht sie uns nach draußen.

“Wir würden gerne die Nacht über hier bleiben, wenn das okay ist?” fragt Lailah noch schnell, bevor der Schirm sie erreicht.

“Aber vergesst nicht, ich sehe alles, ich hüte diesen Schrein.” Ednas Blick ist durchbohrend auf ihren Bruder gerichtet. Ich traue ihm zu, dass er dort hinstürmen würde, sich den Stein schnappen und die Zeit verändern würde. Hastig packe ich Eizen am Arm und schiebe ihn in den anderen Raum, in dem wir uns diese Nacht ausruhen dürfen. Mit meinem Hemd und meinen Taschen kann ich mir eine gute Basis als Kissenersatz bauen.

“Wenn du möchtest, darfst du ruhig wieder auf meinem Schoß liegen.” Sofort schießt mir das Blut in die Wangen.

“Das stört dich doch nicht, oder?” sage ich und räume meine Sachen wieder auf. Eizen schüttelt seinen Kopf und lächelt ermutigend. Erleichtert lege ich mich auf seine Beine und schließe die Augen. Zaveid grinst mich noch frech an, das ist das letzte was ich mitbekomme.

9.

Ein leises Geräusch weckt mich aus meinem tiefen Schlaf. Sonst holt mich nichts aus dem Schlaf, aber gerade bin ich aufmerksam wie ein Luchs. Ich liege nicht mehr auf seinem Schoß, sondern auf ein paar übereinander gelegten Kleidungsstücken. Langsam richte ich mich auf und versuche im Kopf klar zu werden. Lailah und Zaveid liegen nebeneinander, wie ein altes Pärchen. Wenigstens haben sie sich versöhnt… So wie ich Eizen kenne hat er sich aus dem Staub gemacht und will sich den Stein krallen. Im Nebenraum ist es relativ dunkel, nur von dem schimmernden grünen Stein geht kühles Licht aus. Und wie erwartet steht Eizen daneben und hält die Hand über dem Stein. Sofort haste ich los und will mich auf ihn werfen, da hat er den Stein schon berührt. Ein wilder Wind durchfährt den Raum, der sich zu einem Wirbel formt. Genauso war es auch als ich hergekommen bin… Der Geruch von frischem Wind und Wiese erfüllt den Raum. Ich erwische Eizen am Arm, dieser dreht sich überrascht um.

“Das darfst du nicht tun!” rufe ich gegen den Wind an, doch er macht den Schritt weiter und nimmt mich mit hinein in den Sog. Es ist vergleichbar mit einer Achterbahnfahrt, wild und durcheinander wirbeln die Farben an mir vorbei. In meinen Ohren rauscht es und unsere Haare fliegen uns ins Gesicht. Das ist genauso wie als ich hierher gekommen bin und aus dem Himmel flog, buchstäblich. Eizen umklammert meine Hand fest, sie ist warm und erinnert mich daran, dass ich noch lebe und hier durch die Dimensionen fliege. Auf einmal ist alles vorbei und wir fliegen hinaus in einen kalten blauen Himmel. Um mich herum fliegen weiße Schneeflocken und wirbeln in einem Schneesturm zwischen uns. Unter mir erkenne ich eine Stadt, dessen Dächer mit weißen fluffigen Schnee bedeckt sind.

Die Landung ist kalt und ziemlich unangenehm. Eizen streckt triumphierend den Arm aus dem Schnee hervor, in der Hand den grünen Stein. Was wären wir nur ohne diesen?

“Wo sind wir hier?” Ich klopfe mir den Schnee aus der Kleidung und sehe mich um. Alte Häuser im Fachwerkstil, Schnee und einen gepflasterten Weg. Das größte Gebäude in der Stadt steht ein Stück entfernt im Zentrum. Eiserne Straßenlampen beleuchten den Weg.

“Das hier ist das Winterdorf… hier war ich bisher nur einmal.” Eizen richtet sich auf und klopft den Schnee aus den Haaren. “Warum wir ausgerechnet hier herkommen…”

Es ist kalt, aber viel macht mir das seltsamer Weise nicht aus. Niemand ist in unserer Nähe, also kann ich nicht einmal das genaue Datum bestimmen. Wo sind wir, welche Zeit? Die verschiedenen Dimensionen existieren nebeneinander mit verschiedenen Zeitlinien. Und diese hier gehört eindeutig zu Eizen.

Er läuft einfach vor zwischen den Häusern entlang, ich folge ihm einfach und frage ihn lieber nicht, warum er den Stein genommen hat und er darüber kein Wort mehr erwähnt. Und jetzt bin ich mitgekommen, und was ist wenn ich meinen Preis zahlen muss? Das verwirrt mich und was wird es sein? Diese Frage schwirrt mir schon immer im Kopf herum. Eizen führt mich um die Häuserreihe herum bis zu einem kleinen anliegenden Wald. Zwischen den Bäumen bleibt er stehen und deutet mir, still zu sein und mich zu verstecken. Ich sehe durch die Äste auf eine kleine Gruppe Reisender, die an einem kleinen Lagerfeuer sitzen und sich über etwas unterhalten. Einzelne Wortfetzen fliegen zu uns herüber.

“Du solltest wissen, dass es eine große Aufgabe ist. Ohne das wird die Welt für immer unter den Daemon leiden müssen:” Sagt eine junge Frau mit unglaublich langem schwarzen Haar. Dort sitzt eine leicht jüngere Version von Eizen, er trägt wieder einen dunklen Mantel und sein Blick ist kühl und ernst. Fast wie seine Schwester.

“Das ist mir klar. Daher mache ich diese Reise, um mein eigenes Ich zu finden und andere Lösungen, alles zum Besseren zu klären.” antwortet Eizen und blickt von den Flammen hoch.

Die Frau in der knappen Kleidung nickt nur.

“Sei dir im Klaren, dass du immer deine Schwester hast und du trotzdem auf sie aufpassen musst. Das sollte dein Grund zum Kämpfen sein, sonst endest du wie Zaveid.” Dieser Kommentar lässt den heutigen und den früheren Eizen aufzucken.

“Keine Sorge, aus mir wird kein Daemon. Dafür gibt es genug zu kämpfen.” Eizen, der heutige nimmt meinen Arm und zieht mich ein Stück weiter fort.

“Tut mir Leid, aber dieses Versprechen habe ich nie gehalten.” meint er bitter und starrt in die Ferne.

“Bitte, was geschehen ist ist geschehen! Die Vergangenheit solltest du ruhen lassen und dich auf das jetzt konzentrieren. Auch wenn das hier nicht unser jetzt ist…” meine ich und grinse ein wenig unbeholfen.

“Trotzdem, ich hätte einiges besser machen können.” Er vergräbt sein Gesicht in dem Mantel. Beruhigend komme ich ihm näher und halte seine Hand. Auch wenn mich das eine Menge meiner Überwindung meiner Schüchternheit kostet.

“Danke, dass du da bist.” Die Tränen stehen ihm wieder in den Augen.

“Sei keine Heulsuse, du bist ein Mann deiner selbst! Und ich bin deine Freundin, daher werde ich dir damit helfen. Deine Schwester hat dir schließlich auch verziehen.” Eizen seine dunklen Augen sind mit kleinen grünen Tupfen gesprenkelt und die Lippen haben eine so schöne Form wie sie mir noch nie so richtig aufgefallen ist. Unsere Gesichter sind uns so nah…

Ich räuspere mich und rücke ein Stück fort.

“Können wir wieder zurück? Wer weiß, welchen Preis wir dafür zahlen müssen?” Eizen grinst schief. “Jetzt habe ich wieder einen passenden Kommentar parat.”

“Genau so, der fröhliche aufmunternde Eizen soll es sein! Das alte Ich kann warten.” Ich packe nach dem Stein in seiner Jackentasche. Er ist warm und die Oberfläche angenehm rau. Bevor er noch etwas sagen kann, öffnet sich das Portal direkt unter unseren Füßen und reißt uns herab in eine unendliche Reise in die Tiefe.

“Hab ich was falsch gemacht?” schreie ich gegen den Wind an. Sein Blick sagt mir genug, ja das habe ich. Wo werden wir herauskommen?

Unser Fall endet in einem großen Baum voller Blätter. Eine Eiche, fällt mir auf. Und dann fällt mein Blick auf das Gebäude vor mir. Das hier ist meine Welt, aber dieses Gebäude wollte ich nie wieder sehen müssen. Am Besten die ganze Welt nicht mehr! Geschockt bleibe ich zwischen den Ästen sitzen.

“Was ist los?” fragt Eizen und sieht mich besorgt an.

“Nur etwas...das etwas warum ich überhaupt in deiner Welt war.” Ich entferne die Äste aus der Kleidung und rutsche den Stamm herab. Dort fährt das dunkle Auto vor und die Türen öffnen sich. Die Personen die aussteigen kenne ich nur zu gut, ich habe alles verdrängt und vergessen, aber jetzt kommt es wieder hoch.

Meine Freundin mit ihrem wippenden Zopf steigt vor mir aus, dann kommt mein Ich aus der vorherigen Zeit. Die anderen kann ich nicht einmal ansehen, weil es mir wieder schmerzhaft hochkommt.

Eizen steht hinter mir und legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. Als wir hineingegangen sind, deute ich Eizen mir zu folgen. Dieses Gebäude ist eine alte Schule, die ich selbst nie besucht habe. Innen kenne ich noch genau den Weg, alles ist wie eingeprägt in meinen Kopf.

“Warte, gleich geht es los.” sage ich zu ihm und gehe vorsichtig um die Ecke. Dort gehe ich gerade mit meiner Freundin auf die Toilette. Aber leider weiß ich genau was passieren wird.

Die andere Person, ihr Haar dunkel und die Augen noch dunkler. Sein Aussehen ist ein wenig türkisch, die Kleidung elegant mit Hemd und Hose. Bis zu jenem Moment hatte ich ihn gemocht.

Er verschwindet in die Toilette, dann folgt einige Sekunden später ein Krachen. Jetzt hat er sie eingesperrt. Dann wird er auf mich zu gehen, mich küssen und sagen, dass alles gut wird. Kurz darauf komme ich herausgeschossen und suche den schnellsten Weg nach unten, nur bin ich nicht gewappnet gegen die Kraft des Feuers. Die Flammen starten in der Toilette, wachsen und fressen sich herab bis hin zu den Treppen. Der Weg führte mich nach oben auf den Dachboden, das war mein einziger Ausweg. Und dort hatten mich dann die Flammen eingeholt und dieser Stein hatte mich in die andere Welt geworfen.

“Hey, beruhige dich.” Eizen drückt meine Hand und meine Schultern beben noch heftiger.

“Das ist schrecklich, du vertraust ewig jemanden und dann wirst du zusehen müssen, wie deine Freundin verbrennt?”

“Es ist wirklich tragisch, aber du hast mir gelernt, im jetzt zu leben. Also bitte, du schaffst das!” Er küsst mich sanft auf die Lippen und ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus und vertreibt den Kummer. So lieb und weich, seine Haare duften nach Naturo. Ich verkneife mir die Tränen und klammere mich fest an ihn.

“Lass uns gehen bevor uns die Flammen einholen.” Gemeinsam berühren wir den Stein, unser gemeinsames Ziel ist unsere neue Heimat. Der Wirbel kommt schnell und saugt uns fort von dem brennenden Gebäude. Die Kühle streicht mir über die Haut und erfrischt mich durch und durch. Eizens Blick ist voller Liebe und erfüllt mich mit Glück. Die Landung ist dieses Mal anders, es ist als würde ich schweben. Unter uns liegt der Tempel in dem wir übernachten, und wir sind weit darüber nur fallen wir nicht. Etwas seltsames breitet sich um uns herum aus, etwas kaltes mit langen Fingern greift es nach mein Herz.

“Deinen Preis musst zu zahlen.” eine Stimme taucht auf einmal in meinem Kopf auf. “Du wirst hier gefangen bleiben in dieser Welt und dein Wesen verändern. Sonst töte ich dich. Oder ihn.” flüstert die Stimme eiskalt und ein Schauer durchfährt mich.

“Als was muss ich hier bleiben?”

“Dir ist nicht gestattet zu fragen, tun oder lassen.” Ganz schön frech.

“Wer bist du? Ich denke, ich möchte nicht sterben.” antworte ich und ignoriere die Stimme einfach. Wie auf mein Wort falle ich hinab, auch Eizen fällt neben mir herab aus dem Himmel.

Der kalte Griff um mein Herz wird immer fester, sodass ich meine Zähne zusammenkneifen muss, um nicht vor Schmerz zu schreien. Den Aufprall auf den Boden spüre ich nicht mehr, es ist alles in eine Kälte gehüllt die alle Gefühle einfach aufsaugt. Als es sich lichtet, sehe ich die Welt mit anderen Augen. Es ist, als ob man mir diese geöffnet hat, jeder Grashalm und jedes Blatt haben ihr eigenes Leben.

“Wow…” hauche ich leise und sehe meine Hände an. Meine Aura schimmert leicht um meine Finger, und auch Eizen hat eine Aura um sich herum. Ich falle ihm in die Arme und hole tief Luft.

“Mein Preis hat etwas seltsames mit mir gemacht, ich sehe alles so anders!” platze ich heraus und versuche mich zu sammeln.

“Das stimmt, du leuchtest von innen heraus!” Eizen drückt mich feste, dann schiebt er mich ein Stück beiseite um mich genauer zu betrachten.

“Aber bei dir ist alles okay, ich bin so erleichtert!” Glücklich liegen wir einander in den Armen. die anderen kommen gerade heraus, Edna sieht eher unbegeistert aus. Eizen reicht ihr etwas zerknickt die Kugel zurück.

“Es tut mir wirklich leid!” entschuldigt er sich und kniet vor ihr nieder.

“Sei froh, dass dadurch nur deine Freundin eine Seraphform bekommen hat und nicht mehr!” Überrascht sehen mich die anderen an und ich grinse etwas unbeholfen.

“Das ist ja unglaublich!” Lailah stürzt sich auf mich und drück mich an sie. “Jetzt bist du wie wir!” Ich lache und fühle mich auf jeden Fall befreiter.

“Wir werden jetzt für immer und ewig zusammen reisen können.” Eizen nimmt meine Hände und lächelt mich lieb an.

“Du wolltest doch ein Schiff haben?” hacke ich nach. Edna klappt ihren Schirm zusammen.

“Wenn dann komme ich mit euch.” Sie hatte den Stein wieder zurück auf das Podest gelegt.

“Das kannst du natürlich!” Wir umarmen uns alle fest.

“Dann ist die Reise zu ende?” Zaveid sieht ein wenig traurig aus. “Wir werden das Land erkunden, aber werden doch sicher zurückkommen, mein alter Freund.” Eizen klopft ihm auf die Schulter. Glücklich nehme ich meine Sachen von Lailah entgegen. Für neue Abenteuer bin ich immer offen.



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