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Götter sind eben komplizierte Leute

von

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Großvaters Erbe

Es sollte eigentlich ein Tag wie jeder andere werden, jedenfalls ging Ichiro Sakagami an jenem Morgen davon aus, als er von seinem Wecker aus dem Bett geschmissen wurde.

Im Halbschlaf schleppte der Junge seinen Körper die Treppen zur Küche runter und begrüßte dort augenreibend seine Familie welche aus Mutter, Vater und seiner kleinen Schwester Chizu besteht. Sein Vater saß mit einer Tasse Kaffee am Tisch und las in aller Seelenruhe die Tageszeitung durch Seine Mutter hatte breit neben ihrem Ehemann Platz gefunden und schüttete sich etwas Milch in ihren Kaffee. Chizu aβ bereits ihr Müsli und begrüße ihren großen Bruder lächelnd: „Morgen Ichiro, gut geschlafen?“ Der ältere der beiden Geschwister hatte noch nicht registriert, dass seine Schwester mit ihm sprach und setzte sich einfach an den Tisch „Guten Morgen...“ murmelt er vor sich hin und tastete nach einer Scheibe Brot und etwas Marmelade, welche er sich ohne überhaupt hinzusehen auf sein Brot schmiert. Seine Mutter brach von allen nun als erste das Schweigen und erklärte ihrem Sohn: „Dein Opa, hat vorhin angerufen, er will, dass du nach dem Mittagessen sofort zu ihm rüber in den Schrein kommst. Er hat angeblich große Neuigkeiten für dich.“, „Aber Mama es sind doch Ferien...Kann das nicht noch warten?“, motzte Ichiro. „Darf ich auch mitkommen?“, meldete sich nun auch Chizu zu Wort. Ihre Mutter strich dem Mädchen nur durch das braune Haar, welches zu zwei Bauernzöpfen geflochten worden war und meinte mit ruhiger Stimme: „Tut mir leid meine Süße, aber Opa hat ausgeblichen nach Ichiro verlangt.“ Das Braunhaarige Mädchen ließ sich schmollend in ihren Sitz zurückfallen und heulte: „Opa hat Ichiro lieber als mich.“, „Das stimmt doch nicht Chizu.“, tröstet die Mutter ihre Tochter „Er hat euch beide gleich lieb, aber das hier ist nun mal eine Angelegenheit unter zwei Männern.“ Trotz der tröstenden Worte ihrer Mutter bildeten sich dennoch einige kleine Tränen in den Ecken der kastanienbraunen Augen. „Vielleicht hat er endlich ein Mittel gefunden um mich von meiner sogenannten Fähigkeit zu erlösen.“, murrte Ichiro während er sein Toastbrot reinbiss. Sein Vater legte die Zeitung bei Seite und meckerte: „Jetzt hör endlich mit deinen Fantasien auf! Es gibt keine Geister! Punkt! Wenn du unter meinem Dach noch einmal darüber faselst, dass du ein Gespenst gesehen hast, oder dass du nicht schlafen konntest weil du von irgendwelchen Geistern belästigst worden bist, setze ich dich mit deinen Geistergeschichten vor die Tür! Verstanden?“
 

Ichiro verdrehte genervt die Augen. Er sagte doch die Wahrheit. Er kann das alles wirklich sehen. Geister, Dämonen ... all dies ist für ihn und auch seine Schwester sichtbar. Warum wurde ausgerechnet ihnen dieser Fluch auferlegt? Er wollte doch auch nur glücklich sein. Mittlerweile hatte Ichiro zwar gelernt die Geister zu ignorieren und so zu tun als wäre er normal, aber nerven tun sie ihn immer noch, da sie zu spüren scheinen, dass er sie sieht und sie versuchen nun seine Aufmerksamkeit zu erlangen, wie diese Schulmädchen in diesen „Senpai notice me“-Geschichten. Alles in einem also unfassbar nervig für Leute die nicht gerade gerne mit Geistern knutschen, zu denen leider auch Ichiro gehörte. Ihn nervte das ganze schon von Anfang an.
 

Seine Schwester hingegen scheint diese Gabe wortwörtlich zu genießen. Ständig sieht Ichiro das braunhaarige Mädchen wie sie heftig mit einen ihre toten Freunde spricht. Ihm wäre es als ihr großer Bruder wesentlich lieber, wenn sie sich lebende Spielkameraden aussuchen würde aber nein! Die waren ihr zu normal und zu öde! Lieber spielte sie mit den Geistern von Samurais oder unterhält sich den lieben langen Tag mit den Gespenstern von alten Leuten die einfach wegen Altersschwäche abgekratzt sind. Sogar auf dem Gelände ihrer Schule redet sie in aller Öffentlichkeit mit diesen Dingern! Es ist ihr scheinbar total Wurscht, dass man sie möglicherweise dabei erwischen konnte. Ihr passiert das eigentlich mindestens fünfmal am Tag, aber es stört sie nicht. Kein Wunder, dass Chizu gemobbt und gehänselt wird. Sie hat an ihrer Grundschule den Ruf als das Mädchen, das mit sich selbst spricht. Sie wurde sogar schon einmal zum Schulpsychiater geschickt, weil die Lehrer und auch Ichiros und Chizus Eltern verlangen, dass sie Kontakt zu lebenden Menschen aufbaut. Als Chizu dem Seelenklempner jedoch erzählte, sie könne Geister sehen, erklärte sich das Ganze mit zwei Theorien. Zitat: „Ich vermute, da das Kind nicht dazu in der Lage war sich jemals Freunde zumachen, fühlt sie sich Seelig einsam und sucht nun verbissen nach der Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen. Oder eure Tochter ist schlicht und einfach gaga.“

Ichiro verbannte daraufhin einfach alle negativen Geister-Gedanken und konzentrierte sich wieder auf sein Essen.
 

Als er fertig war stand er wortlos auf und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Dort angekommen stiefelt er stumm bis zu seinem Wandschrank und kramt seine Kleidung raus. Es war Sommer und es herrschte dem entsprechend eine erdrückende Hitze in Hokkaido. Er fischte ein lockeres, schneeweißes T-Shirt, auf dem in fettgedruckten Buchstaben „WHY NOT?“ stand, raus. Dazu suchte er irgendeine x-beliebige Hose raus. Schlussendlich erwischte er eine hellbraune, knielange, weite Hose und zog sie ohne sich weiter Gedanken zu machen an. Er stellte sich vor seinen Spiegel und betrachte sich noch einmal gründlich von allen Seiten. Sein Spiegelbild reflektierte einen Teenager von achtzehn Jahren, mit hellbraunen, stets zerzausten Haaren und türkisen Augen. 1 Meter 85 groß und vom Aussehen her der Traum vieler Mädchen. Jedenfalls behaupten das seine Schulfreunde immer. Tatsächlich wurde er schon mal von ein paar Mädchen angemacht aber aus so etwas macht er sich für gewöhnlich nichts Großes. Er hat noch nicht vor demnächst eine Freundin zu finden und will noch eine gewisse Zeit Junggeselle bleiben. Er genießt die Freiheit die sich ihm dadurch bietet, denn auch wenn Ichiro selbst immer wieder als launisch und perfektionistisch geschimpft wird, so verabscheut er es selbst zu Tiefst von irgendjemandem zurechtgewiesen zu werden. Er schnappte sich noch schnell seine Schuhe und zog sie an. Nun war er fertig angezogen. Er warf einen Blick auf seine Uhr welche ihm verriet, dass er in gut zwei Stunden bei seinem Großvater angetanzt kommen muss. Somit steckte Ichiro noch schnell sein Handy in seine Hosentasche und verließ sein zuhause. Bevor er jedoch die Tür aufschloss und rausrannte schrie er lauthals durch die gesamte Wohnung: „ICH GEH DANN JETZT MAL ZU OPA!!!“
 

Obwohl er erst in zwei Stunden erscheinen sollte, so machte sich Ichiro doch schon auf den Weg zum Akaya Schrein, in welchem sein Großvater als Priester arbeitet und lebt. Dieser Schrein lag leider weit entfernt von seinem Elternhaus mitten in der Pampa auf irgendeinem gottverdammten Berg den es zu besteigen gab. Einen Zug oder einen Bus der bis zu diesem Berg fuhr gab es leider nicht, da die Leute welche in der Gegend des Schreins lebten, nicht wollten, dass ihr heiliger Gott Akaya der sie alle beschützt durch den Krach der Motoren genervt wird und Unheil über ihr Dorf bringen würde.
 

Der Braunhaarige schlenderte gemütlich die Straßen entlang und wurde hier und dort von einigen Nachbarn begrüßt. Darunter auch seine Klassenkameradin Yuna Furuhashi. Sie war fast zwei Köpfe kleiner Ichiro, hatte kinnlanges, rotes Haar, was für eine Japanerin zwar ungewöhnlich, aber in ihrem Fall verständlich war. Yunas Mutter war nämlich eine Irin und besaß dementsprechend blutrote Haare, wodurch man sie leicht für einen Weasley halten konnte. Das Mädchen trug grüne Hotpants und ein langes, weißes Shirt mit einem pinken Häschen drauf und kindliche rosa Sandalen. „Yuna ist immer noch so kindisch wie früher.“, dachte sich der Braunhaarige. Er kannte die Rothaarige jetzt schon seit mehr als 10 Jahren und sie ist in der ganzen Zeit kein einziges Stück reifer geworden. Das kleinere Mädchen lächelte zum Gruß über beide Seiten: „Tag Ichi-kun. Schon so früh unterwegs?“ Ichiro verdrehte kurz die Augen. Er hasste es regelrecht, wenn sie ihn so ansprach. Er war doch kein kleines Kind mehr! Schlussendlich erwiderte er aber das Lächeln. „Tag auch Yu-chan!“, entgegnete er um sie ein wenig zu Piesacken, jedoch schien es seine Sandkasten Freundin herzlich egal zu sein, dass er sie Yu-chan nannte. Deshalb gab er es einfach auf und fuhr weiter: „ich bin auf dem Weg zu meinem Großvater. Er wollte angeblich etwas mit mir besprechen.“, „Dein Großvater... meinst du damit den unheimlichen Geizkragen oder den durchgeknallten Priester vom Berg?“, erkundigte sich Yuna. Ichiro stöhnte genervt auf. Yuna trug ihr Herz eben auf der Zunge und sagte immer wieder das was ihr als erstes durch den Kopf schoss. Eigentlich eine gute und aufrichtige Charaktereigenschaft wie er sich eingestehen musste, aber leider auch nicht überall gerne gesehen und unangebracht. „Der verrückte Priester vom Berg.“, murrte Ichiro schlussendlich. Die Augen der Rothaarigen begannen zu funkeln: „Darf ich dich begleiteten Ichi-kun?“ Ichiro wuschelte ihr durch das dichte Haar und lachte leicht: „Tut mir leid. Der alte Tattergreis hat ausgeblichen nach mir verlangt. Es scheint wohl extrem wichtig zu sein. Ich nehme dich ein anderes Mal mit.“ Er nahm seine Hand aus ihren Haaren und ging stumm an ihr vorbei, winkte ihr jedoch noch zum Abschied.
 

Nach einer zweistündigen Wanderung landete Ichiro mitten in der Pampa. Manchmal nervte es ihn, dass der Akaya Schrein irgendwo am Arsch der Welt liegen musste, aber irgendwie gab das dem ganzen seine Schönheit. Es war immer wieder ein herrliches Gefühl für ihn, wenn er bei seinem Großvater auf dem Gipfel des Berges war und auf die Natur und die kleinen Dörfer hinabschaute. Der Ausblick hatte etwas Befreiendes und man war hier weit ab von allen Problemen und der Hektik der Großstadt. Der Akaya Schrein wurde auch direkte an einer Quelle errichtet. Diese Quelle war praktisch ein Wasserfall und unter dem Wasserfall hatte sich im Laufe der Jahrtausende eine Art Heiße Quelle gebildet, in welcher man sogar schwimmen konnte bis dass das Wasser eben in den reißenden Sturzbach mündete. Aber direkt unterhalb des Wasserfalls war das Wasser ruhig wie ein See. Die Leute halten diesen Ort besonders sauber und achten hier extrem gründlich auf die Natur, da sie glauben Akaya würde hierher regelmäßig zum Baden hinkommen. Der Sturzbach der den Berg hinabfließt landet schlussendlich unten im Tal in einem Fluss neben dem die Menschen die einzelnen kleinen Dörfer errichtet hatten.
 

Ichiro schleppte seinen Körper durch eins der Dörfer hindurch so gut es ging. Seine Füße taten ihm furchtbar weh und er hatte bestimmt schon tausend Blasen. Plötzlich wurde er von einer alten Dame angesprochen. Sie schien wohl schon ihr ganzes Leben hier in der Pampa verbracht zu haben und Ichiro brauchte eine Weile bis er die Frau als Ritsuko Obara ausmachen konnte. Hier im Dorf wurde sie von vielen nur mit „Großmutter Ritsuko“ angesprochen. Eine herzensgute Frau welche jeder in dieser Gegend kannte und mochte. Sie war die älteste Bewohnerin des Dorfes und auch unter Kindern sehr beliebt weil sie wie ihr Spitzname schon vermuten lässt für jeden eine Großmutter war. Auch für Ichiro und Chizu war das so, als sie früher als Kinder jedes Wochenende zu ihrem Großvater gekommen waren. Ihre grauen Haare waren zu einem Dutt hochgebunden worden und aus ihnen steckte eine goldene reichlich verzierte Haarnadel. Sie hatte Ichiro mal erzählt, dass diese Nadel das Hochzeitsgeschenk ihres verstorbenen Gatten gewesen war. Sie hatte einen krummen Rücken und ging bereits am Stock, hatte aber wenn es darauf ankam ein enormes Tempo drauf. Sie trug ständig einen Yukata und Getas. Eine sehr traditionelle Frau also. Sie hatte bei sich zu Hause eine ganze Sammlung davon. Manchmal fragte sich Ichiro ob sie sogar in Yukatas schläft. Heute hatte sie einen Himmelblauen Yukata mit einem fröhlichen Kirschblütenmuster an. „Ichiro? Bist du das? Bei Akayas Dolch! Bist du groß geworden.“, rief die alte Dame und watschelte mit schnellen Schritten auf den Jungen zu. „Guten Tag Großmutter Obara.“, begrüßte er die alte Frau. „Das ist ja Ewigkeiten her seit du das letzte Mal hier warst.“, bemerkte die Großmutter. Der Braunhaarige nickte nur: „Ja, es ist wirklich lange her.“ Er schaute verträumt in die Gegend und äußerte: „Und in all den Jahren hat sich rein gar nichts hier verändert. Es ist immer noch so ruhig und schön wie früher.“ Er blickte zu der Alten und meinte: „Du hast dich auch nicht verändert Großmutter Obara.“ Ritsuko grinste breit und zwickte ihrem Gegenüber in die linke Wange und zog ihn zu sich runter. „Schmeicheleien bringen dir auch keine Extra-Kekse du kleiner Strolch.“, spottete sie. Angesprochener riss sich aus Obaras Griff und plärrte: „Großmutter... Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“ Dadurch brachte er die Alte aber nur noch mehr zum Lachen: „Ach Ichi-kun!“, „Schon wieder dieser gottverdammte Spitzname.“, knurrte Ichiro in Gedanken. „Du wirst für mich immer einer meiner geliebten Enkel bleiben, egal wie alt du bist.“, erklärte Ritsuko. „Aber bist du etwa den ganzen Weg hierher zu Fuß gelaufen?“, fragte die Großmutter mit weit aufgerissenen Augen „Warum bist du nicht mit dem Fahrrad gefahren?“, „Ist kaputt...“, murrte Ichiro während er verlegen zur Seite schaute. Obara brach in lautes Gelächter aus: „So ist das also. Du bist wieder gegen einen Baum gefahren!“, „Großmutter bitte!“, brummte der Braunhaarige mit hochroten Wangen. Ihm waren diese Erinnerungen alles andere als angenehm. Obara lachte noch ein wenig dann ließ sie den Jungen mit den Worten: „Grüß deinem Opa von mir!“ vorbei gehen.

Am Fuße des Berges angekommen stand Ichiro nun vor dem Torii, dem Tor zum Schrein, hinter welchem sich mindestens tausende von Stufen befanden, die zum eigentlichen Schrein führten. Ichiro blickte die tausenden Stufen herauf welche durch die hunderten von Leuten die darauf bereits rumgetrampelt sind, eine Renovierung nötig hätten. Aber einen anderen Weg gab es eben nicht zu seinem Großvater also gab sich Ichiro einen imaginären Arschtritt und überwand seinen inneren Schweinehund und schleppte sich die Horror-Treppen hinauf. Als er die letzte Stufe überwunden hatte kippte der Braunhaarige nach vorne hin um und wäre am liebsten gleich auf den kalten Pflastersteinen, welche den Weg zum Hauptschrein formten, eingeschlafen, wäre nicht sein Großvater erschienen und ihn geweckt hätte. „Ichiro! Was machst du denn da auf dem Boden?!“, fragte der Großvater. Ichiro stand schweren Herzens wieder auf und blickte nun in das Gesicht seines Opas. Genauso wie Großmutter Obara hatte auch sein Opa einen Buckel und ging bereits am Stock. Seine Altersfalten hingen ihm überall im Gesicht und man merkte, dass er nicht zu den Leuten gehörte die ihr Alter verstecken. Seine Haare waren ihm schon längst alle abgefallen und er hatte nun eine Glatze welche durch die Sommersonne glänzte wie Fensterglas. Auch er trug wie die alte Dame einen Yukata. Jedoch war dieser marineblau und hatte kein Muster. Auch trug er nachtschwarze Getas. „Ich hab versucht zu schlafen. Ach und noch liebe Grüße von Großmutter Obara.“, erklärte der Braunhaarige. „Ach ja die gute alte Ritsuko...“, schwärmte der Großvater vor sich hin bevor er wieder auf das eigentlich wichtige zusteuert: „Komm erst mal rein in die gute Stube. Dort reden wir dann weiter.“ Er führte seinen Enkel in den Akaya Schrein rein. Auf dem Weg in den Hauptschrein in welchem auch sein Großvater wohnte kamen die beiden an der Bühne zur Kagura-Aufführung vorbei, den Toros welche links und rechts neben dem Weg zum Schrein angebracht waren, dem Brunnen zu Hand-und Mundreinigung, dem Verwaltungsgebäude des Schreins und dem Ema, auf welchem tausende von Holztäfelchen hingen, vorbei. Drinnen im Hauptschrein angekommen, gelangten sie erst einmal in einen Gebetsraum. Weiterhinten befanden sich Türen von denen eine in das Speisezimmer, eine in das Schlafzimmer des Priesters aka des Großvaters führte, eine andere wiederrum in die Küche und die letzte Schiebetür führte in ein weiteres Schlafzimmer von dem Ichiro nicht genau wusste für wen es bestimmt war. Höchstwahrscheinlich diente es früher den Schrein-Dienerinnen. Der Großvater öffnete die Schiebetür zum Speiseraum in dem sich nur ein sehr niedriger, traditioneller Holztisch befand.
 

Der Glatzkopf deutete seinem Enkel Platz zu nehmen und Ichiro kniete hinter auf der einen Seite des Tisches nieder, gegenüber seinem Großvater. Der Alte sprach auch nicht lange drum herum sondern begann sofort zu erzählen: „Ichiro...Ich habe dich zu mir her gebeten weil ich von dir will...oder besser gesagt sogar VERLANGE... mein Erbe anzutreten.“ Die türkisenen Augen des Braunhaarigen weiteten sich bis zu einem Punkt an dem der Großvater befürchtete sie würden seinem Enkel herausfallen. „W-W-WAS!?“, stammelte Ichiro entsetzt: „Ich soll Priester werden?! Das kannst du von mir nicht verlangen! Ich wollte doch studieren und Vater wird mich keines Blickes mehr würdigen, wenn ich ihm das erzähle!“ Der Braunhaarige stand auf, stemmte sich auf der Tischplatte ab und starrte seinem Gegenüber direkt in die Augen und wartete dessen Reaktion ab. Jedoch blieb sein Opa ganz gelassen und erklärte mit mahnendem Unterton: „Du hast keine Wahl. Du bist der nächste Erbe des Schreins!“, „Aber wieso gerade ich?! Was ist an mir so besonders? Kannst du nicht einen X-Beliebigen Kerl auf der Straße darum bitten? Die Dorfbewohner sind doch alle so in ihren Akaya vernarrt! Da lässt sich doch bestimmt irgendjemand finden, der das gerne freiwillig macht!“, protestierte Ichiro. Nun stand auch der Alte auf und in seinen Augen befand sich ein Ausdruck, den Ichiro davor noch nie bei seinem Opa gesehen hatte. Es war Wut. Sein Opa war tatsächlich wütend. „Jetzt spitz mal die Lauscher Jungspund!“, sein Großvater knirschte mit den Zähnen „Es gibt einen guten Grund warum ich dich und sonst niemanden dazu gewählt habe!“, „Pah! Und der wäre?“, forderte Ichiro seinen Großvater heraus. „Du bist so wie ich und alle deine Vorgänger dazu in der Lage übermenschliche Geschöpfe zu sehen! Außerdem ist die Obhut des Akaya-Schreins eine Aufgabe welche seit Jahren in den Händen unserer Familie liegt und von Generation zu Generation weitergegeben wird!“, erklärte der Alte. „Dann hättest du doch auch gut Chizu als Nachfahre wählen können und wieso hast du mir nie davon erzählt, dass du das ganze Zeug auch siehst?!“, schrie Ichiro mittlerweile Zeter und Mordio. Der Großvater stimmte beim Geschrei mit ein: „WEIL DEINE SCHWESTER NOCH ZU JUNG DAFÜR ISt, DU DUMMKOPF!! AUßERDEM IST ES DOCH JETZT TOTAL EGAL WARUM ICH DIR DAS NIE ERZÄHLT HABE! DU WIRST DEN SCHREIN ÜBERNEHMEN! PUNKT!!“ Daraufhin herrschte Schweigen zwischen Enkel und Großvater. Es herrschte eine beklemmende Stimmung bis, dass Ichiro das Schweigen brach: „Ich verstehe nur nicht was an diesem Schrein so besonders sein sollte, dass ich dafür meine Studien, meine Zukunft, einfach alles hinwegschmeißen sollte.“ Die beiden setzten sich wieder hin und begannen kultiviert weiter zu reden. „Ich hab es dir vorhin schon erklärt, weil du wie ich die übermenschlichen Dinge zu sehen. Es ist zudem eine Aufgabe, welche die Götter unserer Familie zugeteilt hatte. Aus diesem Grund sind einige von uns auch dazu in der Lage diese Dinge zu sehen, die für andere verborgen bleiben. Daran, wer dazu in der Lage ist und wer nicht, wird bestimmt, wer der nächst Erbe des Schreins wird. Ich bin schon in die Jahre gekommen und kann mich um den Schrein und die dazu gehörige Aufgabe nicht mehr kümmern. Jetzt bist also du dran...Ichiro Sakagami!“ Ichiro ließ den Kopf hängen: „Das war also von Anfang an mein Schicksal wie? Aber welche ‚Aufgabe‘ ist das von der du das sprichst?“ Der Großvater wurde mit einem Male ganz ernst und deutete auf das Katana was hinter ihm an der Wand hängt: „Dieses Katana hängt damit zusammen. Bei dieser Aufgabe handelt es sich darum dem Gott Akaya zu dienen und ihn zu beschützen!“, „BITTE? Ich habe mich doch wohl gerade verhört!“, feixte Ichiro „Wieso sollte ich bitte einen Gott beschützen?!“, „Das kann dir Akaya glaube ich alles selbst erzählen.“, erwiderte der Großvater. „Und wann kann ich besagten Akaya treffen?“, erkundigte sich der Braunhaarige. „Heute Abende vor dem Hauptschrein. Akaya wird dich einer Prüfung unterziehen um sicher zu gehen, dass du dich als Leibgarde für ihn auch eignest. Also mach dich auf einen Haufen blauer Flecken gefasst.“ Ichiro gefiel das was sein Großvater ihm da erzählte gar nicht, aber er musste es tun. Er hatte keine Wahl.

Akaya betritt die Bühne

Ichiro hatte von seinem Großvater angeboten bekommen, bis zum Abend bei ihm zu bleiben um nicht wieder die zweistundenlange Wanderung durchzumachen. Er hatte sogar mal wieder seit langem mit seinem Opa zu Abend gegessen und als ob der Braunhaarige nicht schon nervös genug war! Sein Opa hatte ihm nämlich als er ihm das Essen reichte etwas gesagt was ihm jetzt noch nach Stunden in den Knochen saß: „Iss. Es könnte nämlich deine letzte Mahlzeit werden, solltest du bei der Prüfung versagen.“ Beim Essen herrschte lange Zeit bitterkaltes Schweigen bis Ichiro eine Frage stellte, welche ihm schon seit längerem auf der Zunge lag: „Du Großvater? Warum kann ich Akaya erst heute Abend treffen? Sind Götter etwa alle nachtaktiv?“ Der Alte legte seine Schüssel Butterreis bei Seite und klärte seinen Enkel auf: „Ich hatte Akaya darum gebeten sich bis zum Abend vom Schrein fern zu halten und seine Zeit mit dem Töten von Dämonen vertreiben, weil ich die ganze Sache hier mit dir alleine besprechen wollte. Deswegen wird es so spät.“ Ichiro konnte zwar nicht so richtig nachvollziehen, wieso ein Gott seinen Schrein verlassen sollte, aber er beschloss es sich nicht anmerken zu lassen, weil ihm die Situation hier schon unangenehm genug ist. Somit wand er sich wieder seiner wahrscheinlichen Henkersmalzeit zu.
 

Die Zeit wollte für Ichiro nicht richtig vergehen aber als sein Großvater ihm sagte er sollte sich in den Schlafraum der Priester zurückziehen, gehorchte er dem auch so. Er öffnete eine der Schiebetüren und befand sich im Zimmer seines Opas wieder. Das Zimmer war sehr einfach gehalten. Tatami-Boden, ein Futon in der Mitte zur Nachtruhe und daneben ein kleines Tablett mit einer leeren Teetasse. Der Braunhaarige beschloss die verbleibende Stunden zu schlafen um für die Prüfung ausgeruht zu sein. Er verkriecht sich unter den gemütlichen Futon und schließt die Augen. Nicht lange und er war im Land der Träume.

Plötzlich ertönte die Stimme seines Großvaters, der ihn aus den Träumen riss. Der alte Glatzkopf schrie: „Ichiro! Akaya ist Heim gekehrt. Deine Prüfung beginnt jetzt.“ Ein mulmiges Gefühl machte sich in Ichiro breit. Er hatte noch nicht einmal die Chance dazu gehabt sich von seiner Familie und seinen Freunden zu verabschieden. Er schüttelte den Kopf. Nein! Für solche Gedanken hatte er jetzt keine Zeit. Der Braunhaarige stand auf und fragte: „Gut. Wo ist er?“, „Er wartet im Hof auf dich.“, erklärte sein Großvater, aber alles was sein Enkel ihm entgegenbrachte war ein Nicken. Mit ernster Miene stiefelte Ichiro aus dem Gebäude und betrat den Hof. Er war sich sicher er würde diese Prüfung meistern. Zu viele Menschen gab es die er nicht zurücklassen wollte und konnte.
 

Draußen herrschte pechschwarze Nacht. Es wehte ein kalter Wind aber das war Ichiro im Moment völlig gleichgültig. Über ihm funkelten tausende von Sternen und er konnte sogar die Milchstraße erkennen. Kein Wunder in einer solch abgeschiedenen Gegend wie hier. Der Vollmond schien auf ihn herab und erhellte die Nacht und gab ihr einen düsteren Hauch. Um ihn herum wehten einige Kirschblüten welche vom großen Kirschbaum neben dem Schrein herabgeweht worden waren. Der Braunhaarige blickte sich um. Außer ihm war hier niemand. Bestand die Prüfung vielleicht daraus Akaya zu finden? Ein göttliches Versteckspiel oder so etwas in der Art?
 

Auf einmal ertönte die Stimme eines Jungen. Sie sprach zu Ichiro: „Verzeih mir, wenn ich dich habe warten lassen...Ichiro Sakagami. Enkel von Yusei Sakagami.“ Ichiro wandte seinen Blick vor ihn. Ein paar Meter weiter vor ihm, genau vor dem Anfang der Treppen, welche nach unten ins Tal führten, schwebte ein Junge mit kurzen, pechschwarzen, glänzenden Haaren. Er wirkte unfassbar jung. Sogar jünger als Ichiro. Der Braunhaarige schätzte sein Gegenüber auf 16 Jahre. Der Schwebende landete langsam und graziös mit seinen hölzernen Getas auf dem Boden, verschränkte seine Arme vor seiner Brust und starrte Ichiro mit durchdringendem Blick an. Ichiro bemerkte, dass sein Gegenüber rote, scheinende Augen hatte. Aber es war keines Wegs ein aggressives Rot, sondern es wirkte eher sanft und gab dem Jungen etwas Ausdruckstarkes trotz seiner zierlichen Figur. An seinem linken Ohr trug er einen Ohrring in Form einer goldenen, glänzenden Glocke, welche durch den Wind geläutet wurde und einen hellen Klang ertönen ließ. Der Gott trug einen rabenschwarzen Yukata und einen gleichfarbigen Haori. Der Gürtel um seine Hüften, welche den Yukata zusammenhielten, hatte die gleiche Farbe wie seine Augen und erst jetzt fiel Ichiro auch auf, dass an eben diesem Gürtel ein Dolch mit blutrotem Griff und das Schwert seines Großvaters hingen. Wie war der Kerl daran gekommen? „HEY!“, schrie Ichiro „Das Katana meines Opas! Wo hast du das her?!“ Angesprochener zuckte nur mit den Schultern und grinste frech: „Hab ich mir für deine Prüfung ausgeliehen, Ichi!“ Ichiro knurrte leicht fing sich aber sofort wieder. Auf eine solche Provokation lässt er sich doch nicht ein! „Bist du Akaya? Der Gott dem ich von nun an dienen soll?“, wollte Ichiro wissen. Sein Gegenüber kicherte leicht mit einem ziemlich niedlichen Lächeln musste Ichiro zugeben. „Ja, der bin ich. Aber du kannst mir nur dienen, solltest du diese Prüfung bestehen.“, „Und was muss ich genau machen um dein Diener zu werden?“, wunderte sich Ichiro und die Antwort bekam er auch sofort: „Überleben.“ Die Augen der Braunhaarigen weiteten sich erschrocken doch ehe er etwas sagen konnte fuhr Akaya auch schon fort „Die Regeln sind ganz einfach. Du musst versuchen mir das Katana deiner Vorgänger zu entreißen. Du hast die Prüfung bestanden solltest du das Katana vor Sonnenaufgang in deinen Händen halten. Du hast versagt solltest du es nicht in der von mir eben vorgegebenen Zeit schaffen. In diesem Fall ist es sogar mir als Gott erlaubt dich zu töten. Alles soweit verstanden? Du darfst alle Tricks und Methoden anwenden die du kennst um die Prüfung zu absolvieren.“ Akaya zeigte mit seinem Zeigefinger noch einmal extra auf das Schwert an seiner Hüfte und wartete auf Ichiros Reaktion. Dieser blieb jedoch ruhig jedoch legte sich seine Stirn in Falten und sein Gesichtsausdruck wurde unfassbar ernst. Sein Leben hing gerade am seidenen Faden. Er konnte es sich nicht leisten hier sein Leben zu lassen. „Ja. Ich habe es kapiert. Beginnen wir endlich!“, erklärte der Braunhaarige. Ein Grinsen schlich sich auf das Gesicht des schwarzhaarigen Gottes und er lachte: „Na gut. Mögen die restlichen Götter auf deiner Seite stehen, Ichi.“

Innerhalb einer Millisekunde hatte Akaya seinen Dolch gezogen und raste auf Ichiro zu, die Klinge seiner Waffe auf diesen richtend. Ichiro versuchte dem blitzschnellen Angriff Akayas auszuweichen und sprang ein paar Schritte zu Seite, dennoch hatte der Schwarzhaarige ihn an der Seite erwischt und ihm eine üble Fleischwunde zugefügt aus welcher nun unaufhörlich Blut floss. Der Braunhaarige blickte erschrocken auf seine Wunde. „Großvater hatte Recht. Diesen Akaya darf man nicht unterschätzen.“ Durch den hohen Adrenalinschub, spürte er zwar Gott sei Dank keine Schmerzen, aber wegen seinem Herzpochen und der Aufregung konnte er keinen klaren Kopf bewahren und sich eine Taktik überlegen um diesen Gott zu besiegen. Akaya, welcher einige Meter weiter weg stand mit dem Rücken zu Ichiro gedreht, drehte sich nun zu diesem um und murrte: „Was denn? Hast du nicht vor einen Gegenangriff zu starten.“ Der Gott schüttelte entsetzt den Kopf: „Die Jugend von heute ist ja so verweichlicht. Da hatte sich sogar dein Opa klüger angestellt als du! Und er war bereits Mitte Vierzig als er die Prüfung durchzogen hatte.“ Mit diesen Worten zückte er erneut seinen Dolch und flitzte wieder in einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf Ichiro zu. Auch wenn Ichiro nach wie vor alles viel zu schnell ging so konnte er Akayas Bewegungen zumindest ein wenig besser folgen als beim ersten Mal. Auch dieses Mal wich er aus, jedoch ohne eine einzige Verletzung davon zu tragen. So ging es eine gefühlte halbe Stunde weiter. Akaya griff an, Ichiro wich aus. „Scheiße!“, fluchte Ichiro in seinem Innern „Wenn das jetzt immer so weiter geht, komme ich niemals an dieses verfluchte Schwert und dann heißt es lebe wohl schöne Welt.“ Akaya warf Ichiro einen entgeisterten Blick zu und maulte: „Hey! Wenn du deinen Schädel so zum Fluchen benutzen kannst, dann kannst du ihn doch bestimmt auch dazu benutzen dir eine Taktik auszudenken!“ und mit diesen Worten griff der junge Gott auch bereits wieder an doch stieß auch so wie jedes Mal davor auf Luft. „Der Kerl kann auch Gedanken lesen?!“, wunderte sich Ichiro stumm. „Ja kann ich.“, erwiderte Akaya „Aber keine Sorge. Ich bin nicht wie ihr Menschen die pausenlos alle Gedankengänge und Gespräche anderer belauschen. Ich kann kontrollieren, wann ich wessen Gedanken lese. Eigentlich interessieren mich die Gedanken anderer auch nicht, aber im Kampf mach ich da eine Ausnahme.“ Abermals zierte ein dreckiges Grinsen Akayas Gesicht. „Das ist Mogelei!“, gellte der Braunhaarige, doch der Gott zuckte nur gleichgültig mit den Schultern: „Na und? Ich habe dir doch die Erlaubnis gegeben alle Tricks und Methoden zu benutzen die du kennst, also wieso darf ich dann nicht auch ein wenig mogeln?“ Der Schwarzhaarige legte seinen Handrücken auf seine Stirn, schloss die Augen und seufzte theatralisch: „Wie sollte sich ein so schwaches und junges Ding wie ich sich denn auch ohne seine göttlichen Kräfte anders zur Wehr setzen?“, „Du hast mich bisher pausenlos mit deinem Dolch angegriffen und hast bis jetzt noch keinen einzigen Kratzer abbekommen! Also sag hier nichts von schwach und wehrlos!“, motzte Ichiro. „Was kann ich denn dafür, wenn du nur zum Ausweichen in der Lage bist? Unfassbar, dass so jemand meine nächste Leibgarde werden sollte. Ein Beschützer der schwächer als der Beschützte ist! Wie jämmerlich!“, spottete der Rotäugige. Ichiro hatte sich an sich vorgenommen, nicht auf die Worte eines eingebildeten Idioten wie seinem Gegenüber zu lauschen, aber er konnte nicht leugnen wie sehr ihn das eben doch verletzte. Aber gleichzeitig gab ihm das neue Kraft und eine neue Motivation, den anderen zu besiegen. Diese Motivation lautete: „Wiederherstellung des Stolzes!“ Akaya hob sich elegant vom Boden ab und schwebte wie bei seinem Auftauchen in etwa 5 bis 7 Meter über dem Boden. Der Schwarzhaarige hob seinen Dolch und es hatte ganz den Anschein als wolle er ihn dieses Mal wie eine Art Wurfmesser auf Ichiro schmeißen.
 

Ichiro wollte eben in dieser Sekunde auch seinen ersten Gegenangriff starten, als wie aus heiterem Himmel hinter ihm, eine Stimme ertönte die ihm schon fast viel zu vertraut vorkam. Es war die Stimme eines kleinen Mädchens welches „Bruderherz! Ich bin hier um dich abzuholen!“, grölte. Der türkisäugige junge drehte sich um und erblickte seine kleine Schwester Chizu die gerade die Treppen raufgerannt kam. Der ältere der beiden Geschwister schrie Zeter und Mordio: „CHIZU! HAU AB! DAS IST GEFÄHRLICH HIER!!!“ Doch die Warnung kam leider zu spät und das braunhaarige Mädchen stand bereits am Ende der Treppen und kam ihrem Bruder entgegen gelaufen. Auch Akaya hatte das Mädchen erst viel zu spät bemerkt und hatte seinen Dolch bereits geworfen, doch bedauerlicher Weise hatte er Ichiro verfehlt und die Waffe flitzte nun auf Chizu zu. „Verdammter Mist! Kleines! Pass auf!“, brüllte nun auch Akaya. Ichiro bemerkte den Dolch, der sich seiner Schwester immer weiter näherte auch und hastete in Windeseile zu seiner jüngeren Schwester. Obwohl das alles so unfassbar schnell ging, kam es Ichiro vor als sei es in Zeitlupe passiert. Jeden seiner Schritte, jede einzelne seiner Bewegungen konnte er ausmachen, aber die Welt um ihn herum verschwamm und einzig und alleine das braunhaarige Mädchen mit den Zöpfen war noch klar zu erkennen für ihn. Der Türkisäugige streckte seine Arme nach der Kleineren aus, sprang kurz vom Boden ab, schmiss sich wortwörtlich auf das Mädchen und sie fielen beide auf den harten Steinboden. Alles was Ichiro noch war nehmen konnte, waren die aufgerissenen Augen seiner Schwester unter ihm und ein stechender, brennender Schmerz an seinem linken Schulterblatt. Der Dolch des Gottes, stach in eben diesem drin und Blut rann wie ein Wasserfall draus. Akaya landete augenblicklich wieder auf dem Boden und eilte zu den beiden Geschwistern, als er realisierte, was er eigentlich genau angestellt hatte. Es war nie seine Absicht gewesen Unbeteiligte wie Chizu zu attackieren. „Um Himmels willen! Ichiro! Chizu! Seid ihr in Ordnung?“ Akaya war nur noch ein paar Meter von den beiden entfernt als sich Ichiro langsam erhob und wieder, wenn auch wackelig, auf den Beinen stand. Sein Kopf hing nach unten und sein Blick war auf den Boden gerichtet, dennoch konnte Akaya, dessen ernsten Gesichtsausdruck erkennen. „Wie kannst du es nur wagen?“, brummte Ichiro mit einem angepissten Unterton, den er erst nicht zu verstecken versuchte, da er sehr wohl wollte, das Akaya seine Emotion bemerkt. Der Braunhaarige packte mit zittriger Hand den Griff des Dolches und zog ihn mit einem Ruck heraus. Eine Schmerzenswelle durchzog daraufhin seinen gesamten Körper, aber er blieb standhaft stehen. „Wie kannst du es nur wagen meine Schwester zu attackieren?“, fragte Ichiro erneut, dieses Mal etwas lauter. Er hob seinen Kopf und Akaya konnte die Wut und die Entschlossenheit regelrecht aus seinen türkisenen Augen lesen. „Du kannst von mir aus, meinen Bauch aufschlitzen und mir alle Eingeweide rausziehen! Du kannst mir so viele Schmerzen, Wunden und Narben zufügen wie du willst! Du kannst mir meinen Stolz und meine Ehre nehmen, aber ich verzeihe NIEMANDEM der Hand auf meine Schwester oder eine andere mir nahestehende Person legt! HABEN WIR UNS VERSTANDEN?!“ Akaya wich erschrocken einige Schritte zurück um ein wenig Abstand zwischen ihn und Ichiro zu bringen. Der Braunhaarige zeigte auf mit einem Mal eine unfassbare Ausdruckskraft und dem Gott wurde klar: „Der Kerl meint es furchtbar ernst. Er will mich am liebsten köpfen und vierteilen.“ Der Rotäugige kam sich vor wie eine, von der Katze in die Ecke gedrängte Maus, jetzt da Ichiro seinen Dolch in den Händen hielt. Einen Dolch göttlicher Herkunft. Einen Dolch dessen Klinge nicht rosten kann und nie an Schärfe verliert. Einen Dolch der sogar unsterblichen Wesen wie Dämonen und Göttern das Licht auspusten kann.
 

Die Nackenhaare des Schwarzhaarigen stellten sich auf und der Schweiß tropfte ihm die Stirn hinunter. Er hatte den Löwen in Ichiro geweckt und war dabei dies mit seinem Leben zu begleichen. Noch ehe er richtig reagieren konnte, war Ichiro auf ihn zugerast und warf Akaya zu Boden und setzte sich auf ihn um ihn dort fest zu nageln. Akaya schloss fest die Augen, da er seinen Tod nicht mit ansehen wollte. Er spürte wie Ichiros Hände bis zu seiner Hüfte glitten und dort eine Weile verharrte. Dann passierte das, was er auf keinen Fall geschehen lassen wollte. Der Braunhaarige über ihm, griff nach dem Schwert und zog es aus der Scheide um die scharfe Klinge an Akayas Hals zu drücken. Akaya presste seine Augenlieder noch fester zusammen. „Das kann doch wohl nicht wahr sein! Ich verliere mein Leben durch die Hand eines Sterblichen!“, schimpfte er sich selbst im Innern. Auf einmal erklang Ichiros Stimme dicht an seinem Ohr: „Ich habe das Katana meines Alten! Damit habe ich doch bestanden nicht wahr, Akaya-sama?“ Der Schwarzhaarige riss mit die Augen auf und starrte völlig perplex in die türkisen Augen Ichiros, welcher grinsend auf ihn herab schaute und nach wie vor über ihm lag. Akaya konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen: „Ja. Du hast die Prüfung bestanden.“ Er legte eine kurze Pause ein und fuhr leicht genervt aber immer noch lachend fort: „Und nun geh von mir runter! Das sieht gerade sowas von falsch aus, was wir hier machen! Und so was vor deiner kleinen Schwester! Schäm dich!“ Ichiro stimmte dem Lachen ein und erhob sich. Er hielt Akaya seine Hand hin um ihm hoch zu helfen. Diese Hand wurde auch dankend angenommen. Nun standen beide Angesicht zu Angesicht gegenüber, und starrten sich stumm an, wehrend hinter ihnen die Sonne aufging und ein neuer Tag anbrach. Akaya brach als erster von beiden das Schweigen. „Damit bist du offiziell mein Diener und Beschützer! Ichiro Sakagami! 80. Priester des Akaya-Schreins und Führer des Sakagami-Familien-Schwertes. Erledige deine Aufgabe mit Stolz und Würde.“ Ichiros Griff um das Familien-Schwert wurde noch fester und er verbeugte sich tief vor seinem neuen Herren, Akaya. „Jawohl, Meister Akaya. Ich schwöre bei der Ehre meines Hauses und meinem Namen euch zu beschützen und euch zu dienen.“ Akaya musste daraufhin leicht schmunzeln: „Mach jetzt bloß nicht einen auf ehrenhafter Ritter. Wir sind nicht im Mittelalter.“ Nun kam auch Chizu dazu und blickte ihren Bruder mit großen fragenden Augen an. Dieser jedoch tätschelte sie nur am Kopf und erklärte: „Sag Mama und Papa für mich, dass ich von heute an hier im Schrein leben werde, ja?“ Chizu schlug die Hand ihres großen Bruders weg und murrte: „Wieso Ichiro? Warum kommst du nicht mit nachhause? Mama und Papa machen sich schreckliche Sorgen weil du nicht zurückgekommen bist! Was ist hier bitte los?“, „Das ist eine lange Geschichte, aber sag du mir mal lieber, wieso dir unsere Eltern erlaubt haben im Dunkeln das Haus zu verlassen?“, antwortete Ichiro mit einer Gegenfrage. Chizu blickte leicht verlegen zu Boden und flüsterte etwas so leise, dass es kaum verständlich war, aber Ichiro konnte trotzdem jedes Wort verstehen. „Sie haben mich gar nicht hier her geschickt. Ich habe mich aus dem Haus geschlichen und bin zu Fuß her gekommen. Ein paar Geister haben mir den Weg gezeigt.“ Ichiro schüttelte daraufhin nur den Kopf: „Chizu, du bist unverbesserlich. Aber egal. Du kannst heute hier im Schrein schlafen und morgen bringe ich dich nachhause.“ Chizu nickte nur und fragte kurz darauf: „Wer ist eigentlich der Kerl hinter dir?“ und zeigte auf Akaya. „Das ist Akaya. Der Gott dieses Schreines. Ich werde ihm von nun an dienen.“ Der Schwarzhaarige verbeugte sich zur Begrüßung und entschuldigte sich bei dem Mädchen: „Verzeih mir, dass ich einen Dolch auf dich geworfen habe. Das war keine Absicht.“ Die Augen der Braunhaarigen wurde kugelrund und begannen regelrecht zu leuchten: „EIN GOTT?! EIN ECHTER GOTT!“ Akaya kicherte ein wenig, als sein Blick zu Ichiro rüber wanderte und er das Blut an seiner Schulter bemerkte. Er zog Ichiro am Ärmel und meinte: „Los kommt endlich rein! Wir müssen deine Wunden versorgen.“ Mit diesen Worten gingen sie in den Schrein, behandelten Ichiros Verletzungen und es kehrte wieder Ruhe auf dem Schrein ein.

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Tja, das war dann auch schon das zweite Kapitel meiner FF. Und noch eine Nachricht an alle die bei dem Teil an dem Ichiro sich auf Akaya draufsetzte und seine Hände auf Akayas Po hatte und an genau dieser Stelle Kopfkino einer Hardcore-Yaoi-Szene hatte… dem kann ich es nicht mal verübeln. Ich gehör nämlich auch zu dieser Gruppe an Leuten. *Nasenbluten bekommen* Nun es hat ja schlussendlich alles ein gutes Ende genommen.

LG ChibimagYaoi



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