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Zulia

Mensch mit Drachenblut
von

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Prolog

Das Blut tropfte von der Schwertspitze und zum ersten Mal war sich Isaber Meren, König von Gorian, nicht sicher, ob der Tod dieses Drachen das Richtige gewesen sei. Der Leichnam des Tieres lag vor seinen Füßen und er betrachtete die grünen

Schuppen, die langsam das Leuchten des Lebens verloren. Durch einen Stich in den Bauch hatte der Mann den Drachen erlegt, die Augen hatten ihn danach ein letztes Mal angesehen. Sie hatten ihn angestarrt und nun waren sie vollkommen leer.

Auf dem Weg aus der Höhle hinaus verwarf Isaber Meren die Zweifel und dachte daran, dass seine Familie schon lange Drachentöter waren und er es seinen Söhnen beibrachte, die es ihren Kindern beibringen würde. Es war Tradition und daran sollte man festhalten.

Zweifel kommen immer auf, wenn man ein Tier tötet. Das zeigt, dass man trotzdem das Leben respektiert, dachte sich der König und trat ins Sonnenlicht, wo ihn ein paar seiner Männer erwarteten. Sie verneigten sich tief vor ihm.

"Der Drache ist erlegt, kümmert euch um den Rest", befahl er den Soldaten, welche sich sofort in die Höhle aufmachten. Sein jüngster Sohn kam auf ihn zu gelaufen und strahlte ihn an.

"Du bist der größte Drachentöter Vater", sagte der Blondschopf. Isaber kniete sich vor ihn hin und legte eine grüne Drachenschuppe in die Hand des Kindes. Dann hob er ihn hoch, setzte ihn auf ein Pferd und schwang sich ebenfalls hinauf. Er machte sich auf den Rückweg zum Schloss.
 

In der Nacht schlief der König sehr schlecht. Plötzlich hatte er das Gefühl, eine männliche Stimme zu hören und sah sich um, jedoch war niemand zu sehen. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen und dann über die Haare. Schließlich stand er auf, zog einen Nachtmantel an und betrat den Balkon. Es war eine laue Sommernacht und die Sterne funkeltente am Himmelszelt.

Er seufzte: "Was ist heute nur mit mir los? Werde ich vielleicht krank?"

Krank werdet ihr nicht, doch es scheint mir, als ob ihr Reue zeigt. Dafür ist es jedoch zu spät!

Wieder diese männliche Stimme und er sah sich erschrocken überall um. Niemand war zu sehen, doch ganz leise hörte er jemanden wimmern. Isaber Meren stürmte in sein Gemach und seine Frau war diejenige, die im Schlaf scheinbar Schmerzen hatte. Doch der Übeltäter ward schnell gefunden. Über dem Bett schwebte ein fast durchsichtiges Wesen, dessen Gestalt an einen Drachen in Miniaturformat erinnerte. Der König wollte nach seinem Schwert greifen, doch die männliche Stimme lachte nur.

Du hast mich bereits getötet. Du musst es nicht noch einmal tun.

"Wer seid ihr?", fragte Isaber irritiert.

Mein Name ist unwichtig, doch ich bin der Grünling, dem du heute das Leben genommen hast und mein Tod wird dein Leben und das deiner Nachfahren verändern.

"Was wollt ihr? Ich gebe euch alles! Gold, Reichtümer, Macht."

Was soll ich mit Gold oder Land, wenn ich bereits tot bin? Mein Wunsch ist, dass du das Leben achtest und nicht nur wegen Traditionen Wesen tötest, die dir oder deinen Untertanen nichts getan haben. Du wirst lernen müssen, dass alles seinen Preis hat.

"Ich werde alles tun, was ihr verlangst! Lasst meine Frau ..." Der König beendete seinen Satz, denn leuchtende Augen funkelten ihn an. Das Einzige an dem geisterhaften Drachen, was nicht durchsichtig war.

Nichts was du mir geben kannst, vermag das gut zu machen, was geschehen ist. Doch du wirst deinen Preis für die unzähligen Drachenmorde bezahlen. Auf deiner Familie wird ein Fluch liegen, der schon in deinen Kindern schlummert. Es liegt allein an euch Menschen, wie er sich verhält, doch ihr werdet ihn niemals lösen können. All eure Nachfahren werden mit diesem Fluch leben müssen.

"Ich flehe euch an, verflucht mich, aber lasst meine Kinder ..."

Drachen sind magische Geschöpfe. Ihr sollt unsere Magie am eigenen Leib erfahren. Der Fluch wird die Menschen, denen er innewohnt nicht schaden. Es kann sein, dass sie ein langes Leben haben, ohne ihn jemals zu spüren. Aber wenn sie ihn spüren, dann wird es irgendwann die Zeit geben, da sich diese Menschen in Drachen verwandeln und diese bleiben.

"Bitte, ich werde die Drachen ab dem heutigen Tage beschützen, doch bitte löst diesen Fluch."

Es ist zu spät, das Blut deiner Jungen und des Embryos in dem Leib deiner Frau ist zum Teil nun Drachenblut. Ihr werdet mit diesem Fluch leben müssen und lernen, das Leben zu akzeptieren. Wer ein Drache wird und wer nicht, das hängt ganz vom Charakter und Wesen des Einzelnen ab. Umso mehr Blut eure Hände befleckt, umso stärker wird das Drachenblut sein, welches in euren Kindern verborgen liegt und welches sie an ihre Kinder weiter geben werden.

Der König wollte erneut etwas sagen, doch der geisterhafte Drache schwebte zu ihm heran und war nun direkt vor seinem Gesicht.

Flehe nicht darum, etwas zu lösen, wofür es schon zu spät ist. Einen Drachen kann man auch nicht mehr wiederbeleben, wenn er bereits tot ist. Magie lässt sich nicht einfach so zurück nehmen. Drachenzauber ist etwas nicht greifbares und unbeschreibliches. Akzeptiere das Schicksal deines Blutes Isaber Meren und überdenke die Traditonen deiner Ahnen.

Mit diesen Worten löste sich der schemenhafte Drache auf. Plötzlich erwachte Isabers Frau schweißgebadet aus dem Schlaf und sah ihren Mann schockiert und ängstlich an.

"Ich habe schlecht geträumt. Unsere Kinder wurden in meinem Traum zu Drachen und du hast ihnen das Schwert in den Leib gerammt."

Der König setzte sich zu seiner Liebsten und streichelte über ihren Bauch.

"Mit den Traditionen haben wir ein schreckliches Schicksal über unsere Kinder gebracht, das Aufzuheben niemand in der Lage ist. Doch ich werde alles dafür tun, sie vor diesem Schicksal zu bewahren."
 

Der König von Gorian wollte dieses Versprechen wahr machen und in den nächsten Tagen wurden sehr viele Drachen getötet. Er erhoffte sich somit, den Fluch zu brechen, aber der Drachengeist hatte nur Wahres ans Licht gebracht und lediglich einen Funken Magie in das Menschenblut gelegt. Das Blut, was nun an des Königs Händen klebte, von dem er sich erhoffte, den Fluch zu brechen, bewirkte das Gegenteil. Es verstärkte die Magie und das Drachenblut in seinen Kindern und wenn es nicht seine eigenen Nachkommen betreffen würde, so würde der Fluch sehr bald sein erstes Opfer fordern und einen Menschen zum Drachen machen.

Die Prinzessin Gorians

Sie war sechzehn gewesen, als der Fluch das erste Mal auch in ihrer Gegenwart erwachte. Ihre eigene Mutter, die Königin von Gorian traf der Fluch und sie wurde zu einem Drachen, einem blauen Lapis. Es war inzwischen schon tausende von Jahren her, dass der Fluch sich in das Blut der Familie Meren eingepflanzt hatte. Die Morde, die der damalige König Isaber Meren angeordnet hatte, hatten schlimme Folgen für die Zukunft gehabt.

Zulia wusste, dass das Drachenblut auch in ihr schlummerte, doch eigentlich hatte sie sich darüber nie groß Gedanken gemacht. Entweder würde es kommen oder eben nicht. Doch als ihre Mutter zu einem blauen Lapis geworden war, hatte sich etwas geändert. Die Sorge über das mögliche Schicksal machte sich unbewusst in ihr breit, ohne das sie es verhindern konnte.

Aber wie war das Leben als Drache? Genau konnte sie das nicht sagen, denn ihre Mutter war verschwunden, seit sie zum Drachen geworden war. Niemand hatte sie jemals wieder gesehen, doch ihre Familie kannte den Grund. Die Frau schämte sich dafür, dass sie dieses Schicksal nun auch in ihre Familie gebracht hatte und es tat ihr sehr Leid. Sie wollte nicht in die Augen ihres Mannes oder ihrer Kinder sehen.

Der Sohn von Isaber Meren, der nach seinem Vater König geworden war, war ganz anders gewesen. Er hatte schnell erkannt, was zu tun er in der Lage war, um den Fluch vielleicht zu schwächen. Er ahnte, das niemand ihn brechen konnte, doch möglicherweise konnte man die Stärke des Blutes verringern. Eine seiner ersten Taten war ein Gesetz, das die Drachen als heilige Wesen benannte und sie nun unter dem Schutz des Königreiches stehen. Wer einen Drachen tötet, verliert seinen Kopf ... das war bis heute so und würde sich auch niemals ändern.

Inzwischen haben die Menschen gelernt, das Leben zu akzeptieren, die Drachen zu akzeptieren und ebenso ihr Schicksal zu akzeptieren. Was sollte man schon dagegen tun? Akzeptanz war das Beste, was man machen konnte.
 

Zulia war inzwischen zwanzig Jahre alt. Was es bedeutete, eine Königin zu sein, hatte man ihr seit ihrer Kindheit beigebracht.

Ihr Vater war schwer krank, seit ihre Mutter zu einem Lapis geworden war und wenn sie das richtige Alter erreichen würde, würde sie den Thron des Landes besteigen und die Zukunft Gorians bestimmen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, für welche sie sich bisher noch nicht in der Lage fühlte. Allerdings wusste sie auch genau, das ihr jüngerer Bruder Asem sie darum beneidete. Doch die Krone wurde stets an das älteste Kind weiter gegeben. Woher dieses Gefühl kam, wusste sie nicht, doch die junge Frau ahnte, dass sich ihre Zukunft anders gestalten würde, als sie es alle dachten.

"Es sind einfach zu viele Gedanken, die in meinem Kopf herum schwirren", seufzte sie und packte das Buch beiseite, welches sie gerade gelesen hatte. Es erzählte von der Geschichte des Landes, von all ihren Ahnen und den ersten Herrschern Gorians. Eine schwere Lektüre, die sie lesen und verstehen musste. Als Königin musste sie über ihre Vergangenheit alles wissen.

"Genug der Ahnenkunde für heute Liriam. Vielleicht lese ich nachher noch etwas ... ich werde zu einem Ausritt gehen", sagte sie zu einer rundlichen Frau, die bei ihr saß und strickte.

"Natürlich Prinzessin. Ich werde die Bücher in euer Gemach bringen", sagte die Hofdame und legte ihr Strickzeug beiseite.

"Danke, doch das ist nicht nötig. Hier kann ich mich am besten auf die Geschichte konzentrieren. Ich habe das Gefühl, als wäre es nur hier wirklich greifbar."

Die Frau nickte: "Gut, dann helfe ich ihnen beim Anziehen. Sie sollten ein anderes Gewand für einen Ausritt wählen."

"Nicht nötig Liriam. Du weißt, dass ich das inzwischen alleine tätige. Bleib hier sitzen und genieße die Luft der alten Bücher."

„Welche die angenehmste im ganzen Schloss ist, wenn ich das so sagen darf Prinzessin Zulia“, erwiderte ein alter Mann im langem Gewand und grauem Bart, der zwischen den Regalen hindurch schritt.

„Ja, da mögen Sie wohl Recht haben Kiras“, lächelte Zulia ihren Lehrmeister an. Sie könnte stundenlang hier sitzen, doch zu sehr zog es sie jetzt draußen.

Die Bibliothek war ihr Lieblingsort im Schloss. Sie war nicht so groß wie in anderen Schlössern, doch es war die Atmosphäre, welche in diesem Raum herrschte. Die Luft roch nach altem Pergament und die Bücher sprühten nur so von Wissen und Macht, als wäre alles greifbar.

Doch noch lieber als bei den Bücher war sie draußen; in der Natur, in den Wäldern des Landes, die voller Leben streckten.

„Dann kommt heute Abend noch einmal her und ich erzähle euch Geschichten aus der alten Zeit Prinzessin.“

„Ja, ich werde sehr gern kommen Kiras.“

Dann machte sie sich schnell auf den Weg in ihr Gemach, um das Gewand zu wechseln. Passend zu ihren langen, braunen Haaren nahm sie ein dunkelgrünes, einfaches Leinenkleid, das ihrer Figur schmeichelte. Die Haare waren zu einem Zopf geflochten und gingen bis zu ihrer Brust. Sie machte sich den kleinen Gürtel um die Hüfte und befestigte einen kleinen Dolch, den sie für alle Fälle immer bei sich trug, wenn sie ausritt. Niemand sagte etwas dagegen, denn sie war die Prinzessin, doch Zulia wusste, das gerade ihr Vater und der Offizier Roku etwas dagegen hatten, dass sie sich so offensichtlich für die Kunst der Waffen interessierte. Das es allerdings nicht nur Interesse war wussten sie Beide nicht.

Zulia erreichte den Hof und lief zielstrebig zu den Ställen. Drinnen waren zwei Stallburschen dabei, die Boxen der Pferde zu säubern. Als die Beiden die Prinzessin sahen verbeugten sie sich sofort.

"Guten Tag Prinzessin. Sollen wir ihre Stute für sie satteln?"

"Nicht nötig, danke. Lasst euch bei eurer Arbeit nicht stören, um Lune kümmere ich mich selbst."

Die Jungen verbeugten sich noch einmal kurz, ehe sie ihrer Arbeit wieder nachgingen. Zulia ging zu einer Box, wo ein dunkelbraunes Pferd stand, was laut wieherte, als es die Frau bemerkte.

"Hallo meine Hübsche. Wollen wir mal wieder ein wenig ausreiten?", lächelte Zulia die Stute an und holte das Pferd hinaus. Doch bevor sie sich auf den Weg machen konnten, musste sie das Pferd bürsten und die Hufe säubern. Als das dann erledigt war, sattelte sie das Tier und machte das Zaumzeug fest. Schließlich führte sie Lune aus den Ställen, saß auf und ritt im Schritttempo durch das Tor, welches das Schloss von der restlichen Stadt trennte.

Auf der Hauptstraße waren die Menschen unterwegs und viele von ihnen sahen sehr beschäftigt aus. Wenn die Frau mal nicht zu Pferde unterwegs war, dann blieb sie gern stehen und sah dem Schmied zu, wie er Schwerter anfertigte oder dem Tischler beim Schleifen eines alten Tisches.

Das Volk liebte die Prinzessin, da sie ihnen sehr nah war. Sie bekundete offenes Interesse an den Menschen und hörte jedem zu, der mit einer Klage oder einer Bitte auf sie zu trat.

„Prinzessin Zulia!“, rief ein junges Mädchen an der Hand seiner Mutter und winkte ihr zu. Die Frau erwiderte die kindliche Geste mit einem Lächeln. Die Stadtbewohner machten ihrem Pferd Platz und gingen zur Seite, während sie immer leicht den Kopf neigten, um der Prinzessin ihren Respekt darzulegen.

Die Soldaten an der Stadtmauer verbeugten sich tief, als sie mit Lune an ihnen vorbei ritt. Nachdem sie das Außentor passiert hatte, gab sie ihrer Stute den Befehl zum Trab, um endlich ihren geliebten Wäldern näher zu kommen, die sich in nicht allzu großer Entfernung von den Feldern abzeichneten.

Die Hauptstadt Gorians, Filiven, lag am Fuße des Gebirges. Während zwei Ausgänge direkt ins Gebirge führten, gelangte man durch die anderen auf ein weites Feld, das später in einen großen Eichenwald überging.

Der Weg, dem Zulia folgte führte auf gerade Strecke zum Wald und war eine der großen Handelsstraßen, welche in Richtung Meer führte. Ihr kamen ein paar Händler mit großen Wagen entgegen, die voll mit Ware waren. Es würde heute noch einige mehr werden, denn morgen war Markttag, wo die Menschen ihre Ware feil boten. Manche von ihnen erkannten sie als Prinzessin und grüßten mit einer angedeuteten Verbeugung, andere grüßten höflich.

Bald jedoch entfernte sich Zulia von diesem Weg und ritt über die freie Wiese zu ihrer rechten. Sie liebte es, durch die Gräser zu reiten und zwischendrin immer kleine lilafarbene Blüten zu sehen, die dann die Anwesenheit von Wiesensalbei bezeugten.

Zulia spürte, das auch ihr Pferd den Ausritt sehr genoss. Sie nahm sich jeden Tag ein paar Stunden Zeit, um sich um das Tier zu kümmern. Sie liebte das Reiten, denn das Gefühl von Freiheit war hier so nah wie sonst nirgends. Eines, was ihr allerdings noch mehr gefiel, war den Vögeln beim Fliegen zuzusehen. Wenn diese ihre Flügel ausbreiteten, schien es immer so, als würden diese Wesen als Einzige wissen, was wahre Freiheit bedeutete. Sie schienen nicht an einen Platz gebunden zu sein. Sie konnten einfach ihre Flügel ausbreiten und davon fliegen.

Der Schrei eines Vogels ließ sie in den wolkenlosen Himmel sehen und sofort erkannte sie einen Wanderfalken, der seine Kreise über der freien Fläche zog und nach Beute Ausschau hielt.

Ein paar Minuten ritt sie entlang des Waldrandes und blieb somit auch immer im Blickfeld der Stadt, wenn auch wahrscheinlich niemand mehr auf den Zinnen direkt auf sie achtete.

Zulia war die Prinzessin und ständig unter Beobachtung, doch inzwischen hatten die Soldaten gelernt, ihr den Freiraum bei einem Ausritt zu geben. Die Wälder in der Nähe Filiven waren allesamt sehr friedlich, wenn man nicht an den nördlichsten Rand ritt, wo Schatten ihr Unwesen treiben sollten. Das allerdings war noch sehr weit entfernt, Zulia müsste zwei Tage durch den Wald reiten, um überhaupt in dessen Nähe zu gelangen.

Jedoch wusste die junge Frau, dass die Augen der Waldnymphen immer auf sie gerichtet waren, sobald sie den Wald verließ. Es störte sie nicht sonderlich, doch hätte sie gerne mal eine Nymphe gesehen. Es sollen wahrhaft wunderschöne Frauen sein wie sonst keine auf der Welt. Ihr Anblick soll schon den ein oder anderen Mann den Kopf verdreht haben, doch sie war schließlich ein weibliches Wesen. Ihr würden sie sich bestimmt nicht zeigen.

Ihre Gedanken schweiften so sehr ab, dass Zulia fast den kleinen Trampelpfad übersah, an dem sie gleich vorbei reiten würde.

“Ho Lune. Dort entlang, ich habe eine Verabredung”, sagte sie zu ihrem Tier und lenkte es links in den Weg hinein. Von da an musste das Tier im Schritt gehen, denn der Weg war größtenteils durch Holunderbüsche und Haselnusssträucher überwuchert, die das Durchkommen nicht ganz so einfach machten.

Die Hufe des Tieres trampelten jedoch alles nieder, was in ihren Weg kam und so kamen sie problemlos voran.
 

Auf einer Lichtung erkannte sie ein schwarzes Pferd, was an eine größere Eiche angebunden war. Zulia zügelte das Tempo ihres Tieres und blieb daneben stehen. Sie schwang sich lässig vom Pferd und wurde ohne Vorwarnung von hinten gepackt und hochgehoben.

“Sajan, lass das”, sagte Zulia, die sich das Lachen doch nicht verkneifen konnte. Die starken Arme lösten sich von ihrer Taille und das Mädchen drehte sich sofort um. Sie sah in dunkelgrüne Augen, die sie wie Smaragde anstrahlten. Zu diesen Augen gehörte ein junger Mann von 25 Wintern, dessen dunkelbraunen Haare leicht über die Ohren gingen und auch ansonsten etwas länger waren. Es war Sajan, ein Mann, der schon früh wegen seiner Talente im Kampf zum Unteroffizier geworden war. Der Mann, den Zulia liebte.

“Du bist spät”, sagte er mit einem liebevollen Lächeln.

“Eine Prinzessin darf nie zu spät sein, aber wenn ich kann, dann nehme ich mir diese Freiheit”, grinste sie ihn an. Dann nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Sajan erwiderte die Berührung mit Zärtlichkeit und viel Hingabe.

“Ich bin froh, dich endlich zu sehen. Die Warterei macht mich jedes Mal aufs Neue fertig.”

“Nicht nur dich Sajan, ich sehne mich nach unserer gemeinsamen Zeit in jeder freien Minute.”

“Warum muss es denn auch so sein? Wann wirst du endlich deinem Vater davon berichten? Ich bin kein Mann von unterstem Stand. Ich kann dich beschützen Zulia und dein Vater akzeptiert mich als großen Krieger. Er wird mit deiner Wahl einverstanden sein, er ist ein sehr bewundernswerter Mann, der seine Kinder über alles liebt.”

Die Prinzessin seufzte: “Ich weiß Sajan, versteh doch aber, dass es für mich nicht so einfach ist. Ich werde die Nachfolge meines Vaters antreten und das wird seinen Blick auf die Wahl meines Partners noch verstärken.”

“Aber ich bin doch ein ansehnlicher Mann. Ich bin stark und werde dich immer beschützen, in jeder Lebenslage. Du solltest deinem Vater so etwas nicht verschweigen. Ich bin zwar nicht von blauem Geblüt, aber ich komme aus gutem Haus und du weißt, das viele Adelsfamilien etwas gegen euer Blut haben.”

“Der Drachenfluch, ich weiß. Deshalb liebe ich dich auch so, weil du keinen Gedanken daran verschwendest, was einmal sein kann.”

“Und selbst dann weiß ich, dass ich dich immer lieben würde Zulia. Du bist ein wundervoller Mensch und mit niemandem würde ich meine Zukunft lieber verbringen.”

Sie musste lächeln und innerlich pulsierte ihr Herz noch schneller, denn nie hatte jemand anderes außer Sajan so etwas zu ihr gesagt.

“Ich liebe dich Sajan und deshalb werde ich schon sehr bald mit meinem Vater über dich reden. Ich verspreche es dir. Aber erstmal möchte ich sehen, dass es meinem Vater besser geht. Du weißt, wie stark ihm die Krankheit zusetzt.”

“Ich weiß und ich finde es bewundernswert, dass du auf die Gesundheit des Königs achtest. Doch glaubst du nicht, dass es ihn glücklich machen würde, wenn er wüsste, dass du einen Mann hast, der dich beschützen kann.”

“Vielleicht hast du Recht … aber ich werde keine Frau sein, die beschützt werden muss. Ich werde eine Königin sein, die ihr Volk zu beschützen weiß.”

Der Krieger lächelte sie an und ging zu seinem Hengst, um ein Schwert aus der Scheide am Sattel zu ziehen.

“Ja, ich denke, wenn du Königin sein wirst, dann wird das Volk eine gute Regentin haben. Aber weißt du eigentlich, wie schwer mir das hier fällt?”



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