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Bittersweet Memories

von

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Verwirrung

Die Tanzfläche war in helles Licht getaucht. Alle sprangen aufgeregt zum Bass der Musik. Der Nebel auf der Bühne wurde in den verschiedensten Farben erleuchtet und die Musiker waren im grellen Flackerlicht nur als Silhouetten zu erkennen.

Mit voller Wucht schleuderte der Drummer seine Drumsticks auf das Schlagzeug, während die Sängerin abwechselnd sang und mit den Fans flirtete. Die Menge tobte vor Begeisterung und schrie die Songs der Band.

Es war das beste Konzert der Band „Poison Rose“.
 

„Das war der Hammer! Da geben wir schon ausnahmsweise mal drei Zugaben und die kriegen noch immer nicht genug.“, lachte Jared, einer der beiden Gitarristen und half sich einen großen Schluck Bier ein.

„Auf jeden!“, stimmte ihm der Drummer namens Stephen zu. „Ich würde am liebsten nochmal auf die Bühne rennen und spielen und anschließend in der Menge stagediven! So gut wie heute lief es schon lange nicht mehr.“

Noch immer von Euphorie erfüllt trommelte er auf leeren Bierflaschen und den Technikkoffern des Pianisten Lucas herum. Letzterer war davon jedoch alles andere als begeistert, war aber zu sehr mit dem Verstauen seines teuren Keyboards beschäftigt, als dass er seine Kabelkoffer retten konnte. Somit blieb ihm nichts anderes übrig als Stephen unbemerkt aus der Ferne mit tödlichen Blicken zu strafen.

Plötzlich flog die Badezimmertür auf und Mizzy, die kleine, quirlige Sängerin der Band, stürmte ungehalten zu ihren Jungs in den Backstageraum, geradewegs in Jareds Arme, der sie unbeholfen auffing und sich bemühte sein Bier nicht zu verschütten.

„Das war das absolut geilste Konzert dieser Tournee, oder Jungs? Ha...~ Ich liebe Japan!“

Breit grinsend und ohne auf eine Antwort zu warten, gab sie Jared einen Kuss auf die Wange und hüpfte dann weiter durch den Raum. Als Dank und Lob für den gelungenen Auftritt schenkte sie dem ganzen restlichen Team herzliche Umarmungen, doch auf einmal blieb sie wie vom Schlag getroffen stehen.

„Wo ist Seth?“

Eigentlich war es üblich, dass Seth, der zweite Gitarrist, nach jedem Auftritt schon früh auf sein Hotelzimmer oder in die Hotelbar verschwand, doch nach so einem erfolgreichen Konzert hatte Mizzy gehofft, dass auch er sich von der unglaublichen Stimmung mitreißen ließe und mit ihnen zusammen feiern würde.

Da hatte sie sich wohl geirrt.

Fragend schaute sie ihre Bandkollegen und das restliche Team an, doch alle senkten daraufhin sofort bedrückt den Blick, sogar Jared, Seths bester Freund.

Als dann auf einmal die Hintertür aufgerissen wurde, blitzte in ihr noch ein kleiner Hoffnungsschimmer auf, doch als anschließend nur die drei lästigen Groupies von Jared auftauchten und sich sofort auf ihn stürtzten, erlosch dieser Hoffnungsschimmer genauso schnell, wie er erschienen war.

Dabei wollte sie Seth so gerne einmal kennenlernen.

Sie gehörte bereits seit fast einem Jahr zur Band und war überraschender Weise von allen herzlich aufgenommen worden, sogar von den Fans und das, obwohl sie für Seth als Sängerin einsprang, der sich aus privaten Gründen für eine Weile im Hintergrund halten wollte. Eigentlich hatte sie daher mit viel negativem Feedback gerechnet, da es doch eine überaus große Umstellung bedeutete von hier auf jetzt eine männliche Stimme gegen eine Frauenstimme einzutauschen, aber aus irgendeinem Grund schien das kaum jemanden zu kümmern.

Und trotz der unerwarteten Zusprüche seitens ihrer neuen Bandkollegen und aller Fans, war Seth bis jetzt kein einziges Mal auf sie zugekommen. Weder im Flugzeug noch im Tourbus beachtete er sie und wenn sie den Mut aufbrachte ihn anzusprechen, wies er sie bloß mit einer knappen Antwort ab.

Vielleicht hatte er das Gefühl sie dränge ihn aus der Band?

Vielleicht ging es ihm schlechter, als alle bisher gedacht hatten und er versuchte dadurch ihr keinen Kummer oder Probleme aufzubürden, weil sie neu in der Truppe war?

Vielleicht konnte er sie aber auch einfach von Natur aus nicht leiden?

Vielleicht, vielleicht, vielleicht...

Verdammt!

Sie hatte einfach absolut keine Ahnung wieso er sie so seltsam behandelte.

Gedankenverloren beobachtete sie ihre Kollegen, die sich wieder in Gruppen zusammengefunden hatten und auf das Konzert anstießen, als hätte sie Seth niemals erwähnt. Sie schaute zu Jared, welcher versuchte sich ein wenig Sicherheitsabstand zu diesen Groupies zu erkämpfen.

Erneut öffnete sich die Hintertür zum Raum und eine ihr mittlerweile sehr vertraute Stimme schrie kräftig aus voller Kehle:

„Hey, ihr Makeup-Tussies, die Besuchszeit ist vorbei! UND FINGER WEG VON MEINEM VERLOBTEN – WIE OFT MUSS ICH DAS NOCH SAGEN ODER MUSS ICH EUCH ERST ANZEIGEN?!“

Erschrocken wandten sich alle Miranda, Jareds Verlobten, zu, die mit ihren Katzenaugen unverwandt zwischen Jared und seinen Groupies hin und her stierte.

Das war der geeignete Augenblick für Mizzy, um ungesehen zu verschwinden und Seth zu suchen. Jetzt war die super Stimmung sowieso ruiniert.

Hastig schlüpfte sie hinter Miranda, die gerade damit beschäftigt war Jared eine extrem laute Standpauke vorzuhalten, durch die Tür und huschte über die hell erleuchteten Flure.

Als sie nach draußen auf den Parkplatz trat und anschließend die Straßen entlang Richtung Hotel rannte, bemerkte sie nicht, wie der strömende Regen binnen weniger Sekunden ihre Kleidung komplett durchnässte und ihre aufwendig gestylte Frisur zerstörte.

In Gedanken versunken eilte sie über volle Kreuzungen und stieß dann und wann mit anderen Passanten zusammen, doch störte sie all dies nicht das geringste. Auch wenn sie jemand erkannte und versuchte sie auf sich aufmerksam zu machen, ihre Gedanken galten einzig und allein Seth und der Frage, wo er sich im Moment wohl aufhielt.

Schließlich fand sie sich vor der Kneipe gegenüber des Hotels wieder, wo die Band zur Zeit untergebracht war.

Sofort fiel ihr ein, dass sie schon oft beobachtet hatte, wie Jared und Seth sich dort trafen, nur zu zweit, ohne all die anderen Bandmitglieder.

Jared war zu diesem Zeitpunkt zwar verhindert, aber möglicherweise würde sie dort trotzdem auf Seth treffen.

Einen Versuch war es wert.

Also schüttelte sie entschlossen ihre mittlerweile triefnassen kurzen Haare aus und betrat das Lokal, um sich dort umzuschauen.

Gerade als sie kurz davor war die Suche in dem vollen, schummrigen und vermufften Schuppen aufzugeben, erhaschte sie hinter einer kleinen Gruppe aus beschwippsten Rockern einen Blick auf einen schwarzen, fein zurecht gekämmten Haarschopf. Zuerst zögerte sie, doch als sie sich der dunklen Nische näherte, erkannte sie den Gitarristen.

Seth kauerte in einer der dunkelsten Sitzecken der Bar und starrte abwesend auf einen Bierkrug an dessen Rand er unentwegt mit dem Finger entlang kreiste.

Er bemerkte Mizzy erst, als sie sich ihm gegenüber setzte und räuspernd die Stimme erhob: „Hey Seth.“

Er erwiderte nichts, sondern kreiste weiter wie hypnotisiert mit dem Finger über den Glasrand, doch Mizzy wusste, dass er sie wahrgenommen hatte.

So benahm er sich ihr gegenüber immer, wenn sie ihn ansprach.

„Wir haben dich vermisst. Warum hast du dich nach dem Auftritt gleich aus dem Staub gemacht?“

Zwar behielt er weiterhin seine ausdruckslose Miene, dennoch schien es Mizzy als hätte sie für einen winzigen Augenblick Überraschung in seinen Augen aufblitzen sehen.

„Tu ich doch immer.“, begann er schließlich monoton, ohne seinen Blick vom Krug abzuwenden. „Was ist also schon dabei?“

„Hattest du denn nicht auch das Gefühl, dass das heute der mit Abstand beste Auftritt war, den wir in diesem Jahr hatten? Darauf wollten wir alle anstoßen.“

„Tu ich doch gerade.“

„Nein! Du betrinkst dich bloß, weiß Gott warum, alleine. Ohne deine Kollegen. Ohne deine Freunde.“

Er ging nicht weiter auf sie ein, sondern behielt starr sein Bier im Auge, während Mizzy versuchte seinen Blick aufzufangen.

Es herrschte eine unangenehme Stille zwischen ihnen, die gefüllt war mit dem Raunen und Gelächter der anderen Gäste, gemischt mit Musik, Gläserklirren und dem Scharren von Stühlen.

Dann, ganz unmerklich und zögernd, hob Seth den Kopf. Er sah sie nicht an, sondern blickte konzentriert ins Leere, so als würde er nach etwas lauschen.

„Seth, w-“, begann Mizzy skeptisch, doch er unterbrach sie abrupt mit einer zackigen Handbewegung. Nun saß er ganz aufrecht, beinahe schon übertrieben aufrecht, und musterte mit ungläubigen und weit aufgerissenen Augen aufmerksam die Bar. Verdutzt beobachtete Mizzy ihn und versuchte seinem Blick zu folgen, konnte aber nichts Auffälliges ausmachen. Nach ein paar Minuten entspannte sich Seth wieder und ließ sich zurück in die Couch sinken.

„Was war denn, Seth?“

Er antwortete nur mit einem stummen Schulterzucken.

„War da jemand, den du kanntest?“

Keine Antwort.

Wieder schaute Mizzy sich um und versuchte die Ursache für sein Verhalten zu finden.

„Erwartest du jemanden?“

Stille.

Vergeblich versuchte sie Blickkontakt herzustellen, denn wieder war er nur auf seinen fast unangetasteten Bierkrug fixiert. Sie fühlte sich von Minute zu Minute unbehaglicher und überlegte, was sie sonst noch sagen könnte.

„Hast du etwa eine Stalkerin, vor der du dich verstecken willst?“

„Nerv nicht!“, raunte er dann wie aus heiterem Himmel und sein darauffolgender kalter, starrer Blick traf sie unvorbereitet wie ein Messerstich.

Rasch senkte er wieder seinen Kopf, räusperte sich und fuhr sich erschöpft über sein Gesicht und durch sein tiefschwarzes Haar.

Eine Weile saßen sie wieder nur da. Mizzy beobachtete ihn. Sie wagte es nicht etwas zu sagen, aus Angst er würde sie, wie sonst immer, wegscheuchen.

Also versuchte sie sich mit dieser zwar genauso wenig freundschaftlichen, aber dennoch etwas harmonischeren Situation zufrieden zu stellen. Zwar wollte sie ihn gerne besser kennenlernen, um sein Verhalten zu verstehen, aber fürs erste musste dieser Moment genügen. Immerhin duldete er sie endlich, ohne dass Jared oder Miranda anwesend sein mussten.

Plötzlich sprang er auf und sah sich wieder ruckartig um. Seine vor Schreck geweiteten Augen spähten wieder in jeden Winkel des Lokals.

Erschrocken erstarrte Mizzy auf ihrem Platz und hielt den Atem an. Seth ignorierte sie und auch einige Gäste, die sich verwundert nach ihm umdrehten und tuschelten. Irgendwann schien er gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte.

Als Mizzy seinem Blick folgte, bemerkte sie eine junge Japanerin mit blauem, hüftlangem Haar, die zwischen ein paar Punks stand und herzlich lachte. Ihr lachen klang wie ein fröhliches Glockenspiel und strahlte eine wohlige Wärme aus, die Mizzy sofort in ihren Bann zog.

Sie sah erneut zu Seth. Dieser stand wie versteinert neben dem Tisch und gaffte noch immer zu diesem Mädchen. Doch diesmal war sein Blick nicht mehr ausdruckslos und leer, sondern eher glasig und abwesend. Seine Mundwinkel waren zu einem leichten, kaum merklichen Grinsen verzogen und seine Haltung entspannte sich allmählich.

Dann ließ er sich kraftlos auf seinen Platz fallen. Sein Gesicht vergrub er in seinen Handflächen und er atmete einige Male ruhig und tief durch. Total verwirrt von alledem sah Mizzy ihn an und legte vorsichtig eine Hand auf seine Schulter, nicht sicher, was sie nun am besten tun sollte, ohne ihn zu verschrecken. Zu ihrer Verwunderung ergriff er diese sofort, wahrscheinlich eher unbewusst als absichtlich, und in dieser Position verharrten sie eine Weile, ohne dass einer von ihnen ein Wort sagte.

„Du solltest besser gehen.“, durchbrach Seth irgendwann flüsternd das Schweigen, doch es klang leise und schwach, wie eine Bitte und voller ihr unbekannten Schmerzes, den er anscheinend vor ihr zu verbergen versuchte.

Eigentlich hatte sie eher mit einer wie üblich kalten Abweisung gerechnet, deswegen erhob sie sich gehorsam von ihrem Platz, klopfte ihm schweigend auf die Schulter und verließ dann langsam das Lokal.

Im Hotel ging sie nicht sofort auf ihr Zimmer sondern steuerte zunächst ein anderes Zimmer an.

Sie musste unbedingt mit Jared reden!

Ungehalten trommelte sie auf seine Zimmertür ein, während in ihrem Kopf die Geschehnisse der letzten Stunden umher wirbelten und sie nur noch mehr in die Verwirrung stürzten. Als Jared die Tür endlich einen Spalt breit öffnete, hätte sie ihm diese gedankenverloren beinahe mit ihrem Getrommel gegen die Stirn geschlagen, doch sie bemerkte ihn noch gerade rechtzeitig.

„Was'n...“, grummelte er und sah sichtlich genervt aus. Mizzy sammelte sich kurz und sah ihm dann eindringlich ins Gesicht. „Wir müssen reden!“

„Über was?“

Er machte keine Anstalten sie ins Zimmer einzuladen, sondern lehnte sich gegen die Flurwand und lugte aus dem schmalen Spalt zu ihr runter.

„Über Seth!“

Jared seufzte tief und rieb sich entnervt die Augen bevor er antwortete: „Muss das jetzt sein, Mizzy? Kann das vielleicht bis morgen warten?“

„Nein. Jetzt. Bitte, Jared!“

„Was hat er denn nun schon wieder angestellt...? Hat er dich angeschrien? Hat er dich ignoriert und lieber mit seinem Bierglas kommuniziert? Komm schon, das haben wir doch schonmal alles durch gekaut...“

„Nein, im Gegenteil. Aber er war ganz komisch drauf, nicht so wie sonst immer, sondern total anders. Das macht mir Sorgen!“

Zwar war Jared im Moment alles andere als begeistert, doch er schien kurz darüber nachzudenken. Schließlich raunte er schnell: „Warte...!“ und schloss für ein paar Minuten die Tür. Mizzy bemerkte, wie er sich mit jemandem unterhielt und wie jemand schnell nach irgendetwas zu kramen schien. Sie hörte raschelnde Klamotten und wie Möbel gerückt wurden und anschließend öffnete Jared erneut die Tür, diesmal ganz weit, damit sie eintreten konnte.

Nachdem sie den schmalen Flur durchquert und den Schlaf- und Wohnbereich erreicht hatte, ahnte sie, weshalb Jared so abweisend reagiert hatte.

„Oh, hallo Miranda. Stör ich euch etwa?“

Miranda, die in ihrem Schlafkimono auf dem Bett lag und sie freundlich anlächelte winkte nur ab.

„Jetzt nicht mehr.“, lachte Jared gereizt auf, als er neben sie herantrat und sich dann auf die Bettkante setzte. Mit einer Handbewegung zu einem mit Kleidung beladenen Sessel bedeutete er ihr sich ebenfalls zu setzen.

Vorsichtig schob sie ein paar Hosen und Shirts beiseite und nahm Platz, während sie die beiden verunsichert ansah.

Womöglich war es wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um Jared und Miranda mit ihren unsinnigen Sorgen aufzuregen.

Dann räusperte sich Jared ungeduldig und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Und? Was ist nun so sonderbares vorgefallen?“

Mizzy überlegte einige Sekunden was sie antworten sollte und entschied sich ihm alles von Anfang an zu erzählen. Nachdem sie zuende berichtet hatte, schaute sie von ihrem Rocksaum hoch, den sie ganze Zeit angespannt malträtiert hatte, um den beiden nicht ins Gesicht zu sehen.

Beide schienen, wie auch Mizzy zuvor, in Gedanken versunken zu sein und in ihren Gesichtern spiegelte sich ein wenig von dem Schmerz, den sie auch bei Seth gesehen geglaubt zu haben. Wieder wusste sie nicht was sie tun sollte und wartete ab.

Nach einiger Zeit erhob sich Miranda und verschwand im Bad. Verlegen schaute Mizzy ihr nach und richtete dann ihren Blick auf Jared.

„Was ist los?“

Er schüttelte nur wortlos den Kopf und lächelte traurig ins Leere. Zwar war Mizzy sich jetzt absolut sicher, dass Jared genau wusste, was los war, doch anscheinend war er bei dem Thema genauso wortkarg wie sein bester Freund, der unten in der Bar hockte und sich betrank, und das überforderte sie. Wie sollte sie jemals mehr erfahren können, wenn ihr niemand etwas verraten wollte?

„Jared?“, versuchte sie es erneut und nun schreckte er hoch, fuhr sich mit der Hand hastig über seine Augen und schaute sie wieder an.

„Tut mir leid.“, begann er mit schwacher Stimme. „Das solltest du lieber persönlich mit Seth besprechen, aber danke, dass du uns darüber informiert hast.“

„Aber...aber was ist denn nun los?“

Er räusperte sich und schien nachzudenken.

„Naja...“

Mizzy rückte ein wenig näher an Jared heran.

„Naja...“ wiederholte er und sah grübelnd aus dem Fenster. Nun lauschte Mizzy ihm mit aller Aufmerksamkeit, die sie aufbringen konnte und beobachtete jede Veränderung seiner Mimik. Dann schüttelte er wieder nur den Kopf.

„Ach komm schon, Jared. Wenigstens ein kleiner Anhaltspunkt! BITTE!“

Unschlüssig schaute er in Richtung des Badezimmers und dann wieder auf seine Hände. Schließlich atmete er tief durch, drehte sich zu ihr um und sah ihr einige Sekunden forschend ins Gesicht.

„Wehe du erzählst Seth von unserer Unterhaltung!“

Mizzy nickte aufgeregt und kreuzte ihre Finger zu einem Versprechen. Unterdessen machte Jared sich Gedanken, was er ihr am besten erzählen sollte.

„Um es kurz zu machen: Er hat Probleme mit seiner Ex.“

„Also...wird er doch gestalkt?“

„Nein, das eher nicht.“

Nun verstand Mizzy noch weniger als vorher. „Könntest du dann bitte ein bisschen konkreter werden?“ Jared lächelte unbeholfen und sah wieder zum Badezimmer hinüber.

„JARED!“

„Shhhht~! Nicht so laut! Ich will nicht, dass Miranda hört, wie ich ausplaudere.“

„Wieso?“

Er lächelte matt und begann an seinen Dreadlocks zu drehen. Allmählich war Mizzy mit ihrer Geduld völlig am Ende. „Jetzt mach mal 'ne klare Ansage!“

Hastig hob Jared beschwichtigend die Hände und lachte nun leise ehe er weiter erzählte.

„Schon gut, schon gut. Aber Miranda würde noch mehr darauf plädieren, dass du es von Seth persönlich erfahren solltest. Okay...also er trauert seiner Ex hinterher und kommt einfach nicht über sie hinweg.“

Als plötzlich Stille eintrat, schaute sie ihn perplex an, doch als er keine Anstalten machte weiterzureden sprang sie wütend und verwirrt vom Sessel auf.

„Das war's? Mehr ist nicht los?“

„Das war eine sehr grobe Zusammenfassung. Den Rest fragst du bitte Seth.“

„Abe-“

„So. Dann hätten wir das also geklärt. Dann wäre ich dir sehr verbunden, wenn du jetzt fein heian gehst und deine Stimme für das Interview morgen Abend schonst, denn ich mache jetzt von meinem Recht auf Privatsphäre Gebrauch“

Mit diesen Worten zerrte er Mizzy schnurstracks nach draußen auf den Hotelflur und ließ sie dort wie einen begossenen Pudel stehen, während sie versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war. Heute war ein absolut seltsamer Tag, das wurde ihr nun bewusst, und der morgige würde höchstwahrscheinlich genauso sein.

Wieso wollte sogar Jared nichts verraten? Und was war eigentlich mit Miranda los, die war doch sonst auch nie auf den Mund gefallen? Ein total verrückter Tag. Auf jeden Fall! Die wichtigste Frage war jetzt nur: Wann sollte sie Seth zur Rede stellen? Oder wäre es vielleicht besser sich nicht weiter verrückt deswegen zu machen? Immerhin ging es sie im Grunde gar nichts an. Und doch war sie von unbändiger Neugier gepackt worden, der sie so leicht nicht wieder entkommen würde.

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Als Mizzy sich am nächsten Morgen ins Hotelrestaurant setzte, kam es ihr vor als schliefe sie jeden Augenblick am Tisch ein.

Die ganze vergangene Nacht hatte sie über die letzten Geschehnisse gegrübelt und auch darüber, wie sie Seth am besten zur Rede stellen sollte. Als sie dann endlich eine annehmbare Idee gefunden hatte, fing es draußen bereits zu dämmern an.

Jedoch musste sie somit nicht bangen zu verschlafen, da sie geplant hatte Seth beim Frühstück aufzulauern. Er war immer der Erste aus der Truppe, der wach war, und der Erste, der sich nach dem Essen wieder auf sein Hotelzimmer verkroch.

Als Mizzy aber mittlerweile ihren vierten Kaffee getrunken hatte, schaute sie skeptisch auf ihr Handy. 07:13Uhr. Seth hätte schon seit circa 35 Minuten hier sein sollen.

Nun wurde sie unruhig.

Hatte sie sich etwa mit der Uhrzeit vertan?

Nein.

Wahrscheinlich nicht.

Aber wo blieb Seth?

Hatte er einen anderen Termin, der schon früh am Morgen begann?

Vielleicht hatte er aber auch nur verschlafen oder kurierte seinen Kater aus?

Sie wartete weiter. Um 07:45Uhr gab sie schließlich auf und verließ enttäuscht das Restaurant. Einerseits weil Seth einfach nicht auftauchen wollte, andererseits weil sie den nervigen Fragen ihrer Bandkollegen ausweichen wollte warum sie denn schon so früh aufgestanden sei.

Als der Fahrstuhl in ihrer Etage hielt, stieg sie aus und blieb mitten auf dem Gang stehen.

Dann, nach einigem Zögern, steuerte sie schnurstracks auf das letzte Zimmer auf der rechten Seite des Ganges zu.

Vielleicht ließ Seth sie ja in sein Zimmer.

Zuerst klopfte sie zaghaft an die Tür. Nichts. Hinter der Tür herrschte Totenstille.

Sie versuchte es erneut. Wieder nichts. Doch diesmal vernahm sie eine kaum merkliche Melodie aus seinem Zimmer, die beinahe vom Verkehrslärm der anliegenden Hauptstraße verschluckt wurde.

Nun klopfte sie energischer, aber noch immer blieb eine Antwort aus.

„Seth? Ich bin's Mizzy, bist du da?“

Gerade als sie kehrt machen und zu ihrem Zimmer gehen wollte, ertönte plötzlich ein Ohrenbetäubendes Scheppern, gefolgt von einem lauten Klirren von zerberstenden Glas und einem Stöhnen.

Sofort stand sie wieder vor seiner Tür und hämmerte auf sie ein.

„Was war das Seth? Geht es dir gut? Komm schon, mach auf! Hörst du mich? Seth?!“

Nun wurde die Musik lauter, aber noch immer vernahm sie im Hintergrund weiteres Geklirre.

Aufgeregt überlegte sie, was sie tun sollte und rannte schließlich zurück zum Aufzug und fuhr hinunter zur Lobby, wo sie vorgab sich ausgesperrt zu haben, um einen Zweitschlüssel zu bekommen. Als sie dann endlich wieder oben im 7. Stockwerk ankam und den Gang hinunter eilte, hätte sie beinahe die Tür nicht öffnen können, so heftig zitterten ihre Hände.

Nach einer gefühlten Ewigkeit steckte der Schlüssel endlich und sie polterte hektisch ins Zimmer.

Rasch ging sie zum Wohn- und Schlafbereich. Zwar herrschte hier das reinste Chaos in Form von unzähligen Klamotten, Chipstüten und Zigarettenpackungen, die überall verstreut herum lagen, doch von Seth war keine Spur. Dann hastete sie ins Badezimmer, aus dem auch die laute Musik tönte, und fiel mit einem entsetzten Schrei zurück in den Flur.

Das erste was sie sah war der zersprungene Spiegel, in dem ein paar Scherben fehlten, die sich über den überschwemmten und mit alten japanischen Musikzeitschriften übersähten Fliesenboden verteilt hatten. Danach sah sie das Blut. Es war überall. Am kaputten Spiegel. Im Wasser am Boden. Als wirres Geschmiere an der Wand.

Als sie, noch immer im Flur sitzend und sich selbst beruhigend, den Anblick endlich ein bisschen verdaut hatte, erblickte sie im Halbdunkeln eine Gestalt, die in der Badewanne kauerte. Sofort sprang sie auf und eilte, so schnell wie es der matschige Boden aus aufgeweichten Zeitungen, Klamotten, spitzen Scherben und mit Blut vermischten Wasser zuließ, zu Seth hinüber.

Er hockte, noch genauso angezogen wie am gestrigen Abend und eine glimmende Zigarette in der Hand haltend, mit dem Rücken zu ihr gewandt in der halb gefüllten Wanne und summte geistesabwesend vor sich hin.

Als Mizzy näher herantrat und ihm ihre Hand auf die Schulter legte, wäre er vor Schreck beinahe vollständig ins Wasser gerutscht, hätte Mizzy ihn nicht augenblicklich am Arm gepackt und wieder hoch gezogen.

Nun sah sie, dass er in seiner anderen Hand eine zersprungene Bierflasche hielt, deren Scherben im eiskalten Badewasser trieben.

Währenddessen bemühte sich Seth unbeholfen sich in der Wanne umzudrehen, um den Störenfried zu erkennen und riss sich dabei an einigen kleinen Scherben leicht die Arme auf.

„Waswillsssuier?“ raunte er schließlich unverwandt, als er sich in eine ihm scheinbar bequeme Position begeben hat und deutete wackelig mit der zerbrochenen Flasche auf sie.

Mizzy fehlten die Worte. Fassungslos starrte sie Seth an, der verwahrlost und sturzbetrunken in der Wanne planschte und sie unverwandt musterte.

Vorsichtig nahm sie ihm die Bierflasche aus der Hand, mit der er immernoch ungeschickt auf sie wies.

Behutsam legte sie die Flasche ins Waschbecken und hockte sich dann neben Seth an die Wanne, umfasste seine zerschundene Hand, die eben noch die Flasche umklammert hatte, und versuchte seinen Blick aufzufangen.

Seth dagegen versuchte sich aus ihrem Griff zu befreien und aschte dadurch aus Versehen mit seiner Zigarette ins Wasser.

„Wassswillsuier?“, wiederholte er nun feindselig.

Mizzy atmete tief durch, um sich wieder zu fassen. „Seth, was ist los? Warum sieht es hier so schrecklich aus. Warum siehst DU so schrecklich aus?“

Sie schaute ihm tief in seine trüben Augen, die sich nun langsam im Raum umsahen, als hätte er das ganze Chaos bis eben noch gar nicht bemerkt. Dann wandte er sich wieder ihr zu und Mizzy erschauderte, als er sie mit seinem leeren Blick durchbohrte.

„Wer...wer bissuuberhaupt?“

„Seth, ich bin es, Mizzy!“

Wie viel hatte der Kerl nur getrunken. WIE LANGE hatte er bereits getrunken?

„Mmmmizziiiiiiieeeeh...~“, jauchzte er gespielt vergnügt und dann verfinsterte sich sein Blick wieder. Genervt stöhnte er auf und rutschte abermals tiefer ins Wasser als er sich die Hände vor sein Gesicht schlug.

„Geh weg...!“

„Nein, Seth. Zuerst werde ich-“, „RAUS!“

Erschrocken blinzelte sie ihn an, während er anfing sich in die hinterste Ecke der Badewanne zu drängen.

Dann holte sie aus und ohrfeigte ihn so heftig, dass es im ganzen Raum ohrenbetäubend widerhallte.

Nun war er es, der erschrocken war und sie sprachlos ansah. Zwar war sie ebenfalls verblüfft von dieser Reaktion, jedoch war sie im Moment zu wütend, um weiter darüber nachzudenken.

Stattdessen packte sie ihn unter den Armen und hievte ihn mit aller Kraft, die sie in ihrer Wut aufbringen konnte, aus der Wanne, zerrte ihn halb schulternd hinaus in den Flur und schubste in schließlich auf sein Bett.

Perplex lag Seth einfach nur da und beobachtete Mizzy, während sie nochmal ins Bad zurück ging und nach trockenen Handtüchern suchte.

Diese warf sie ihm dann gewaltsam zu und fauchte: „Trockne dich ab und zieh dir was sauberes an! Ich werde derweilen versuchen dein Bad zu retten...“

Seth in seiner Trunkenheit jedoch kicherte bei diesem Befehl nur kurz auf und blieb regungslos, ein Bild neben sich auf dem Nachttisch beobachtend, liegen.

Mizzy steckte nun all ihren Frust und ihre Wut in das Wiederherrichten des Badezimmers und fluchte lauthals vor sich sich.

Schließlich waren die Glasscherben weggeworfen, ebenso wie die durchnässten Zeitschriften. Die Wände, sowie Wanne und Boden waren geschrubbt und die Klamotten lagen geordnet auf dem Schrank. Nur den Spiegel konnte sie nicht reparieren.

'Das wird teuer', dachte sie und stellte sich vor wie die Managerin der Band eine Standpauke nach der anderen hielt und sowohl Mizzy als auch Seth wild gestikulierend die Gesichter zerdrückte und die Ohren langzog.

„Das zieht sie uns sicher vom Gehalt ab...“, murmelte sie niedergeschlagen und schleppte sich erschöpft ins Wohn-/ Schlafzimmer, wo Seth unverändert auf dem Bett lag und weiterhin das Foto auf dem Nachttisch anstarrte.

Erst wollte sie ihn wieder anherrschen, doch als sie näher kam sah sie etwas auf seiner Wange leicht aufblitzen.

Seth weinte.

Abrupt hielt sie inne und beobachtete das Schauspiel. Sie sah abwechselnd vom Foto zu Seth und von Seth zurück zum Foto, ohne zu verstehen, was gerade in ihm vorzugehen schien.

Als sie sich nach einer Weile verlegen räusperte, fuhr Seth sofort erschrocken zusammen und wischte sich kaum merklich die Tränen aus dem Gesicht, bevor er sich aufsetzte und sie mit finsterem Blick fragend ansah.

„Was...?“

„Zieh dich um, sonst wirst du noch krank.“

Er reagierte nicht, sondern schaute nochmals zum Bild hinüber.

Dann, nach einigen Minuten, stand er schließlich wortlos auf, holte sich aus dem Koffer neue Kleider und verschwand daraufhin im Bad.

Perplex blieb Mizzy zurück. Normalerweise hätte er nicht so schnell getan, was sie verlangte, sondern hätte unaufhörlich mit ihr diskutiert.

Verwirrt setzte sie sich, solange wie Seth im Bad blieb, auf sein Bett.

Zögernd nahm sie das Foto vom Nachttisch und musterte es. Der Bilderrahmen sah aus wie aus einem Geschäft für Kinder. Er war zwar aus Metall, schimmerte jedoch in einem unwirklichen Wechsel aus Grün und Rot. Zudem waren dort, scheinbar im Nachhinein, hölzerne Kleeblätter und Kirschen aufgeklebt worden. Das Bild zeigte ein junges Mädchen, vermutlich etwas jünger als sie selbst. Ihr mehr oranges als rotes volles Haar war mit einem blauen Kugelhaarband für Kinder zu einem frechen seitlichen Zopf gebunden, der in einer leichten Brise wehte. In ihren Armen hielt sie einen großen einäugigen Stoffhasen, der einerseits lila war, andererseits karierte Stoffreste am rechten Ohr und linken Bein zeigte. Zudem trug der Hase einen gelb-orange karierten Latz auf dem mit grünem Faden „I hate you“ gestickt worden war, wobei um das Wort „hate“ ein zartrosa Herz prangte. Der Hase ist so groß, dass er beinahe den Blick auf eine blassgelbe Sommertunika und eine wunderschöne silberne Kette mit dunkelblauem Saphiranhänger verwehrte. Das Mädchen lächelt unbekümmert in die Kamera und ihre sommersprossigen Wangen leuchteten rosa vor Freude.

Was Mizzy jedoch am meisten an diesem Bild in den Bann zog, waren die glasklaren, leuchtend grünen Augen dieses Mädchens, die ihr warmherzig und fröhlich entgegen funkelten und sie mit Liebe zu überschütten schienen.

Plötzlich ertönte aus dem Bad wieder ein lautes Scheppern und anschließend ein ersticktes Würgen.

Sofort sprang Mizzy vom Bett auf und rannte zu Seth ins Bad, wo sie ihn über der Kloschüssel gebeugt und noch immer würgend vorfand.

Als er sie sah, versuchte er sie mit einem Händewinken wegzuscheichen, doch ehe er seinen Gedanken aussprechen konnte, stieß er erneut auf und umklammerte wieder die Toilettenschüssel.

Währenddessen rannte Mizzy aus seinem Zimmer in Richtung das von Jared und Miranda, wo sie begann wie gestern gegen die Tür zu hämmern.

Diesmal war es Miranda, die die Tür einen Spalt öffnete und hinaus lugte. Als sie Mizzys bleiches Gesicht erblickte, riss sie jedoch sofort die Tür auf und umfasste ihr Gesicht.

„Oh Gott, du siehst ja furchtbar aus. Was ist passiert?“

Doch Mizzy schüttelte nur den Kopf und versuchte ihren hektischen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.

„Es ist...naja...eigentlich ist alles in Ordnung, aber Seth ist sturzbetrunken und hört nicht auf sich zu übergeben. Kannst du ihm vielleicht helfen, ich bin so k.o., weil ich schon sein Bad wieder instand bringen musste und...Bitte Miranda, hilf mir kurz Seth wieder auf die Beine zu kriegen!“

Vor Erschöpfung brach Mizzy in Tränen aus. Genau in diesem Augenblick kam Jared aus dem Badezimmer. Als er sah wie Miranda Mizzy tröstete, eilte er sofort überrascht zu ihnen, nicht wissend wie er mit dieser Situation umgehen sollte.

Doch Miranda wusste was zu tun war, strich Mizzy noch kurz die Tränen aus dem Gesicht und packte schließlich Jared am Arm, um ihn mit zu Seth zu schleppen.

„Komm Schatz, wir müssen Seth wieder zur Vernunft bringen.“

„Aber..w-“, begann Jared, doch Miranda ignorierte ihn und rief Mizzy noch schnell zu: „Und du wartest so lange in unserem Zimmer und machst mal 'ne Pause. Du musst doch heute abend fit sein für das Interview!“

Damit verschwanden sie auch schon in Seths Zimmer, schlossen die Tür und ließen Mizzy alleine zurück.

Nun war es beruhigend still um Mizzy.

Sie atmete einmal tief durch und begab sich dann in Mirandas und Jareds Zimmer, wo sie sich erschöpft auf deren Bett fallen ließ und sofort einschlief.

Irgendwann ruckelte etwas an ihrem Arm.

Verwundert aber noch immer sehr müde wachte Mizzy auf und sah sich um.

Jared saß neben ihr auf dem Bett und sah sie entnervt an.

„Jetzt ist alles wieder im Lot. Das Interview mussten wir aber absagen. Wir können ja schließlich nicht als Gruppe mit einer Alkoholleiche dort aufkreuzen... Mit Linda würde ich deswegen vorerst nicht mehr reden, sonst tötet sie dich womöglich noch mit ihren Profiboxschlägen.“, lachte er und äffte die Bandmanagerin übertrieben maskulin nach.

Mizzy lächelte verschlafen und rieb sich die Augen.

„Vielen Dank, Jared. Dann werde ich wohl wieder zurück gehen und aufpassen, dass er sich gut erholt.“

„Das brauchst du nicht, Miran-“, „Doch, doch. Ist kein Problem. Danke für eure Hilfe.“

Mit diesen Worten torkelte sie wieder raus und lief erneut den Gang bis zu Seths Zimmer hinunter, wo sie Seth den Rausch ausschlafend und von Miranda betreut vorfand.

„Vielen Dank, Miranda. Ich passe jetzt weiter auf ihn auf. Tut mir leid, dass ich euch solche Umstände bereitet habe.“

Miranda sagte nichts. Wie eine junge Mutter rückte sie den Nassen Waschlappen auf Seths Stirn zurecht. Dann stand sie auf, lächelte Mizzy kurz aufmunternd zu und verschwand schließlich auf dem Gang.

Als hinter Miranda die Tür ins Schloss fiel, legte Mizzy sich neben Seth und wartete.

Es schien ihr wie eine halbe Ewigkeit, in der sie neben ihm lag und stumm die Zimmerdecke anstarrte.

Vielleicht war sie auch ab und an eingeschlafen, jedoch schreckte sie immer wieder auf, um zu kontrollieren, ob Seth noch da war.

Schließlich setzte sie sich nach einiger Zeit auf und nahm den Bilderrahmen in die Hand, den sie zuvor mit Neugier gemustert hatte, bevor Seth sich übergeben musste.

Während sie ihn betrachtete, fragte sie sich schmunzelnd, welche Erinnerungen dieser düstere Mensch wohl mit solch einer Frohnatur teilen möge.

War sie etwa dieses Mädchen, von dem Jared gesprochen hatte?

Vielleicht war Seth früher gar nicht so verschlossen und abweisend wie er es jetzt zu sein schien und wenn ja, wie war er wohl, wenn er mit diesem Mädchen zusammen war?

Auf einmal hörte Mizzy neben sich Geraschel und zuckte zusammen.

„Stell es zurück.“

Zwar war dies eine ernste Aufforderung, jedoch klang in Seths Stimme etwas Ungewohntes mit.

Seine Stimme war sanft und irgendwie verletzt. Sonst war er immer aggressiv und abweisend, aber diesmal meinte Mizzy eine gewisse Traurigkeit und Wärme herauszuhören.

„Wer ist das Mädchen?“

„Bitte, stell es wieder zurück.“

Mizzy gehorchte und stellte das Bild behutsam auf seinen Platz zurück.

„Ist das deine Ex-Freundin?“, hakte sie nach und war verblüfft, als sie sah, wie Seth vor Überraschung plötzlich die Gesichtszüge entglitten.

„Ehm...also...Woher weißt du das mit meiner Ex-Freundin? Kaum jemand wusste davon und die anderen sollten nicht plaudern.“

Nervös strich er sich sein zerzaustes schwarzes Haar zurück und beäugte sie mit einem Gesichtsausdruck, der einem kleinen Kind ähnelte, dessen Süßigkeitenversteck man gefunden hatte.

„Ich habe meine Quellen!“, entgegnete Mizzy ihm schnippisch und wies wieder auf das Foto.

„Wer ist das Mädchen?“, wiederholte sie und sah ihm dabei streng in die Augen.

Seth räusperte und fasste sich wieder. Anschließend setzte er sich neben sie auf und nahm das Foto vom Nachttisch.

Er schwieg eine Weile.

Währenddessen strich er mit seinem Daumen gedankenverloren über das Gesicht des Mädchens und für eine Millisekunde schien ein trauriges, zittriges Lächeln über sein Gesicht zu huschen.

Schließlich räusperte er sich erneut und suchte nach Worten.

„Ja, das ist ein Foto meiner Ex-Freundin. Ihr Name war Holly Taylor.“



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