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Carpe diem

Denn jeder könnte dein letzter sein
von

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Prolog

Hallö :)
 

Ich dachte ich könnte diese FF mal hier hochladen.

Wie schon gesagt, es geht um Legolas und einige alte Bekanntschaften.

WARNUG: Teilweise recht blutig.
 

viel Spaß beim lesen :)
 

Prolog
 

Ich lief durch den wunderschönen Wald Ithiliens. Ithilien war nun mein Zuhause geworden. Nun da die dunklen Tage vergangen waren und seit fünf Jahren Freude und Frieden in Mittelerde herrschte. Ich kannte inzwischen fast alle Wege und Winkel Ithiliens, doch wurde ich niemals müde durch die wundervollen Lande zu streifen. Fürst Faramir und Fürstin Éowyn, die Herren von Ithilien, hatten mich zu ihrem obersten Berater ernannt und da ich selbst ein Prinz und ein persönlicher Freund König Elessars war, gab es keinen Winkel im wiedervereinigten Königreich von Gondor und Arnor, der mir nicht zugänglich war. Ich genoss diese Freiheit. Zweimal schon hatte ich die Hobbits im Auenland besucht und meine Familie im Eryn Lasgalen. Viele meines Volkes waren mir nach Ithilien gefolgt, so auch meine Schwester Vanyaleth und ihr Gemahl Finrod. Der Fürstenhof bestand nun aus Menschen und Elben.

Ich ging an einem Bach entlang und entdeckte einen kleinen Pfad auf der anderen Seite, der mir noch nie aufgefallen war. Er war sehr unauffällig und verwildert. Neugierig geworden sprang ich über den Bach und ging darauf zu. Von nahem betrachtet sah ich, dass kleinere Äste im Gebüsch umgeknickt waren und das Gras niedergetrampelt war. Jemand musste erst vor kurzem hier entlang gegangen sein. Die Spuren verrieten mir dass derjenige verletzt gewesen war. Besorgt folgte ich den Spuren. Ich strich einen Ast beiseite und fand mich in einem Dickicht von schwarzen Dornen wieder. Kurz überlegte ich ob ich nicht umkehren sollte, doch ein schmerzerfülltes Keuchen ließ mich weitergehen. Ein paar Meter weiter, auf einer kleinen Lichtung, lag ein alter Mann. Er war in ärmliche Lumpen gekleidet, die zerrissen und Blutbefleckt waren. Ich erkannte dass er dem Tod sehr nahe war. Als ich mich neben ihm niederließ um ihn anzusprechen sah er mich an und blankes Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen. „Du!“ stieß er hervor. „Genügt dir mein Tod nicht? Musst du dir es auch noch ansehen?“ er hustete und spuckte Blut. Schmerzerfüllt rollte er sich zusammen und verlor das Bewusstsein.
 


 

tbc...
 

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Ich hoffe der Prolog spricht hier wen an :)

Über ein Review würde ich mich sehr freuen :D

GGGGGGGGGGGLG Ihtiliel

1

„Legolas?“ hörte ich Faramirs Stimme vor der Tür meiner Gemächer. „Faramir, mein Freund. Tritt ein, du weißt, für dich ist meine Tür immer geöffnet.“ Ich saß an meinem Schreibtisch und las in den Handelsbüchern. Die neueste Weinlieferung meines Vaters war vor zwei Tagen eingetroffen und noch nicht abgerechnet. Wer führte diese Bücher bloß? Ich wünschte Erestor wäre hier und nicht in Bruchtal. Ihm wäre so etwas nicht unterlaufen. Die Tür öffnete sich und Éoleth stürzte sich auf mich, ihren Vater hinterdrein ziehend. „Onkel Legolas!“ schrie die Kleine und kletterte auf meinen Schoß. Faramir blickte mich entschuldigend an, aber ich lächelte. „Na, das ist aber nicht das Verhalten einer jungen Fürstin.“ Sagte ich streng, aber mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Éoleth lachte und umarmte mich. „Mir egal, Onkel Legolas“ „Seid du und Éowyn schon zurück aus Rohan?“ Die beiden hatten Éowyns Bruder König Éomer besucht. „Ja und es war ganz toll. Onkel Éomer hat in seiner goldenen Halle gesessen und er hatte eine ganz große Krone auf. So eine wie Onkel Aragorn, nur ohne Flügel und die durfte ich auch aufsetzen und auf seinem Stuhl sitzen. Und dann haben sich alle Soldaten vor mir verbeugt. Das war lustig und dann hat Nana gelacht und alle hatten sie ganz doll lieb. Und dann hat er mir die ganzen Bilder in der Halle gezeigt und mir Geschichten erzählt. Auch die von Großvater Théoden und von Nana. Nana ist ganz mutig weißt du? Die hat so einen bösen Mann getötet den nur eine Frau töten konnte um Großvater Théoden zu retten. Und als er dann doch gestorben ist war sie ganz traurig und als Onkel Éomer sie dann gefunden hat dachte er sie wäre auch tot. Aber dann hat Onkel Aragorn sie gerettet und Ada auch. Ich bin froh dass er das gemacht hat. Und dann hat Onkel Éomer gesagt du hättest einen Mûmakil getötet. Was ist ein Mûmakil?“ Der Redefluss dieser Vierjährigen kannte ja kein Ende. „Ein Mûmakil ist so ein ganz, ganz großes Tier, so groß wie zwei Häuser übereinander, mit einer richtig dicken Haut, so dick wie deine Bettdecke. Und sie haben zwei ganz lange, große Zähne, die ihnen aus dem Maul herauswachsen Die leben in der großen Wüste, weit im Süden wo es ganz warm ist und die Menschen schwarze Haut haben. Und als der Krieg war sind sie auf den Mûmakil gekommen und haben uns angegriffen.“ Éoleth hörte meiner Beschreibung mit offenem Mund zu. „Ich bin froh dass du den totgemacht hast Onkel Legolas.“ Sagte sie und vergrub ihren kleinen Kopf in meinen Haaren. Faramir lächelte leicht verlegen. „Legolas, ich hatte dir eigentlich berichten wollen, dass dein Vater eingetroffen ist und der Mann den du heute Morgen gefunden hast wieder bei Bewusstsein ist.“ „Adar ist eingetroffen? Ich hatte ihn erst in ein paar Tagen zu den Feiern erwartet“ Die Feiern zu König Elessars Kronjubiläum. Sie sollten in fünf Tagen beginnen und den Frieden feiern, der seit fünf Jahren nun schon in Mittelerde herrschte. Dazu waren viele Würdenträger aus ganz Mittelerde eingeladen worden. Die Herren des goldenen Waldes, Herr Celeborn und Frau Galadriel, Elrond von Bruchtal, mit seiner Familie, Herr Cirdan von den grauen Anfurten, die Hobbits, Frodo, Sam, Merry und Pippin, König Éomer von Rohan, meine eigene Familie, mein guter Freund, der Zwerg Gimli, natürlich Gandalf, den ich allerdings seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte und selbstverständlich das Fürsten- und Truchsessenpaar, Faramir und Éowyn. Meine Wenigkeit musste ich nicht erwähnen. Dazu kamen noch unzählige Fürsten mit denen Aragorn sich herumschlagen musste. Wie gut dass ich „nur“ Kronprinz war.

„Ja, Aran Thranduil ist vor einer halben Stunde zusammen mit Éowyn, Éoleth und Éomer eingetroffen und er verlangt danach dich zu sehen.“ Das hatte ich mir fast gedacht. „Vanyaleth und Finrod sind schon bei ihm.“ „Ich folge dir“ sagte ich ergeben und erhob mich mit Éoleth auf dem Arm.
 

„Legolas, Ion nîn“ mein Vater schloss mich in die Arme und hüllte mich in das vertraute Aroma von Kiefern, Wein und Holzfeuer. Das waren die königlichen Hallen des Düsterwaldes. „Adar, welche Freude dich schon heute begrüßen zu können.“ Sagte ich und erwiderte seine Umarmung. Éoleth, die ich eigentlich an Faramir abgegeben hatte, zog nun wieder an meiner Tunika. „Dein Ada, Onkel Legolas?“ fragte sie. „Ja, das ist mein Adar. Aber den hast du ja vorhin schon kennen gelernt oder?“ Ich nahm sie wieder auf den Arm und Adar sagte „Wir hatten bereits das Vergnügen, nicht wahr kleine Lady?“ er grinste, nahm ihre kleine Hand und verbeugte sich. Éoleth nickte eifrig „Dein Ada ist ganz lieb, Onkel Legolas“ sagte sie. Adar erhob sich wieder und stupste sie an der Nasenspitze an. Sie quietschte und kicherte und auch Adar lachte. Éowyn kam auf uns zu, ebenso wie Éomer. Lachend umarmte sie mich. „Es ist schön dich wiederzusehen Legolas“ „Da sind wir einer Meinung, meine Freundin“ antwortete ich. „Éoleth, möchtest du wieder von Legolas herunterkommen?“ fragte sie aber die Kleine schüttelte nur den Kopf und klammerte sich an meinen Kleidern fest. „Legolas, alter Freund“ sagte nun Éomer und umarmte mich ebenso freudig, wie seine Schwester. „König Éomer, es ist mir immer eine Freude euch zu sehen.“ „Ach lass doch die Formalitäten, ohne euch hätte ich nicht mal Rang und Titel“ er klopfte mir auf die Schulter. Das stimmte auch wieder. Ohne die Gemeinschaft wäre er wahrscheinlich tot oder versklavt. Aber das wären alle freien Völker Mittelerdes. Faramir, der schon alle begrüßt hatte, rührte sich nun auch. „Schön dass ihr alle hier erschienen seid und ganz besonders freut mich, dass meine Gemahlin Éowyn und meine Tochter Éoleth wieder bei mir sind. Aber nun würde ich gerne jedem seine Gemächer zeigen, dass wir rechtzeitig zum Festessen kommen. Ich möchte nicht wie ein verfressener Fürst klingen, aber unser Chefkoch ist ein wenig launisch.“ Er lächelte entschuldigend. Allgemeine Belustigung. Ich nahm mich meines Vaters an und Éowyn ihres Bruders. Éoleth wollte noch immer nicht von meinem Arm herunterkommen. „Komm Adar, ich zeige dir deine Gemächer. Sie liegen nah bei den meinen und dem Weinkeller.“ Sagte ich grinsend. Adar errötete leicht was Éoleth zum Lachen brachte. „Dabei fällt mir auf, ich habe König Elessar noch gar nicht gesehen. Kommen er und seine Familie erst an?“ Er versuchte es zu überspielen. „Ja Aragorn wird später am Abend eintreffen. Zusammen mit seiner Familie und der Arwens. Elladan und Elrohir werden uns bestimmt mit ihren Späßen auf Trab halten.“ Antwortete ich. „Und Éoleth kann es fast nicht abwarten Eldarion wiederzusehen. Nicht wahr?“ fragte ich und kitzelte sie. Sie lachte laut und wir gingen hinein.
 

„Onkel Legolas“ Zum gefühlt hundertsten Mal zog Éoleth an meiner Robe die ich zu Feier des Tages angelegt hatte. Das Fest war in vollem Gange. „Was ist denn?“ fragte ich und beugte mich zu ihr hinunter. Sie stand da, eine Blume in der Hand. „Guck mal was ich gefunden hab“ sie hielt mir die Blume hin und ich nahm sie. Es war eine Blume wie ich sie noch nie in Ithilien gesehen hatte, geschweige denn überhaupt so weit im Süden Mittelerdes. Ich erkannte eindeutig eine Art Flechte, wie ich sie einmal an der Nordgrenze des Düsterwaldes gesehen hatte als noch der dunkle Schatten über meiner Heimat gelegen hatte. Ein Schauer lief mir über den Rücken. „Kannst du mir zeigen wo du sie gefunden hast?“ fragte ich. Sie nickte eifrig und zog mich aus der Halle.
 

Wir gingen die langen Korridore entlang und entfernten uns immer weiter von der Musik und dem Gelächter. Schließlich blieb Éoleth vor einer dunklen unscheinbaren Tür stehen. „Da lag sie davor. Ist die was Besonderes Onkel Legolas?“ „Nein, du solltest sie nicht behalten“ Nachdenklich sah ich auf die Tür. Unter dem Türspalt drang kein Licht hervor. „Geh doch schon mal zurück. Ich komme auch gleich nach.“ Sagte ich und sie rannte zurück, dem Fest entgegen.

Ich sah ihr nach. Als sie verschwunden war drückte ich die Klinke hinunter und betrat den Raum. Es war so finster dass selbst meine Elbenaugen einen Moment brauchten um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Hinter mir schlug plötzlich die Tür mit einem vernehmlichen Knall zu. „So sehen wir uns wieder, Sohn des Thranduil.“ Sagte eine gehässige Stimme, direkt hinter mir.

2

Nein, Nein, Nein! Das konnte nicht wahr sein! Durfte nicht wahr sein. Er konnte nicht wirklich hier sein. Er konnte einfach nicht. Wieso? Wieso ausgerechnet jetzt? Ausgerechnet hier?

Ich drehte mich langsam um. Vor mir erkannte ich Schemenhaft eine Gestalt. „Amlug“ sagte ich fassungslos. Die Gestalt vor mir lachte. „Amlug ist tot. Er ist vor langer Zeit gestorben. Ich bin nur noch eine leere Hülle.“ Er ging an mir vorbei und ich drehte mich mit. Eine Kerze ging an und ich sah Amlungs Gesicht. Oder besser gesagt, dass was einmal sein Gesicht gewesen war. Es hatte nichts mehr von seiner ehemaligen Schönheit und Anmut. Er war bleich, ausgemergelt und vernarbt. Sein Kopf war kahl geschoren und schwarze Tätowierungen liefen von seiner Stirn aus über den Rücken und die Brust. Ein gigantischer Drache, der sein Name war. Seine spitzen Ohren wirkten zu groß auf dem kahlen Schädel. Er trug nur eine enge Lederhose und Stiefel. „Was ist mit dir geschehen?“ fragte ich entsetzt um Fassung ringend. „Was mir passiert ist? Du bist mir passiert. Du und deine verfluchte Familie.“ Aus seiner Stimme sprach blanker Hass. Er schrie nicht und doch wünschte ich er täte es, denn seine geschmeidigen Worte wirkten sehr viel bedrohlicher. „Du bist Schuld an allem! Du hättest ihren Tod verhindern können! Du hättest sie warnen können! Sie alle hätten verschont werden können! Du hättest nach Dol Guldur gehört! Dich hätten sie foltern sollen! Ich musste mitansehen wie sie alle langsam und qualvoll haben sterben lassen. Aber nun bekomme ich meine Rache!“

Ich war sprachlos. „Ich konnte nicht helfen. Ich wollte aber…“ „Ach hör auf mit deinen Versuchen mich zu umgarnen, Prinz!“ das letzte Wort spuckte er förmlich aus. „Ich gebe nichts auf dein Geschwafel. Wie du da stehst. Kostbare Gewänder, direkt von einem Fest an einem Fürstenhof. Spielst den Baby-sitter für ein kleines Mädchen. Wie lange ist es her dass du deinen Bogen zum letzten Mal in der Hand gehabt hast?“ „Warum tötest du mich nicht einfach?“ fragte ich mit leiser Stimme. Amlug lachte laut auf. „Dich töten? Oh das werde ich zweifellos tun. Aber vorher will ich dich leiden sehen. Du wirst morgen früh einen Brief vor deiner Tür finden. Darin werden zwei Namen stehen. Am Abend wirst du einen Brief zurücklegen in dem ein Name steht. Der Träger dieses Namens wird die Nacht überleben. Antwortest du nicht werden beide sterben. Wenn du dich selbst tötest werde ich deine Familie bis in den Tod foltern und mit dem kleinen Mädchen beginnen. Hast du mich verstanden?“ Mir fehlten die Worte. „Das kannst du nicht… das kannst du nicht ernst meinen, das kannst du doch nicht tun!“ „Oh doch, ich kann. Und ich werde.“ Er wich zurück. „Bedenke, wir waren einst Freunde!“ Panik stieg in mir auf. „Sie Zeiten sind lange vorbei.“ Amlug hatte den Lichtkreis der Kerze verlassen und ich hörte das Klicken einer Türklinke. „Amlug! Ich bin nicht schuld an dem was geschehen ist!“ schrie ich. „Morgen Abend deine Entscheidung. Und wenn du versuchst die Betreffenden zu warnen, dann werden alle sterben. Und du wirst brennen.“

Ich hörte eine Tür zuschlagen und ein kühler Luftzug blies die Kerze aus. Ich stand allein in der Dunkelheit und zitterte. Dann brach ich in Tränen aus.

3

Aragorn beugte sich über seinen alten Freund. „Legolas“ Sagte er und rüttelte ihn an der Schulter. „Legolas!“ der junge Elb rührte sich ein wenig. „Legolas, wach auf.“ Aragorn rüttelte ihn erneut kräftig. Legolas schlug langsam die Augen auf und sah sich um „Wo… Was?... Was ist geschehen?“ brachte er hervor. „Du bist in deinen Gemächern. Was machst du eigentlich für Sachen? Verschwindest vom Fest, bist für Stunden verschwunden und wir finden dich nach einer Riesigen Suchaktion bewusstlos in einer Dienstbotenkammer.“ Aragorns Stimme war lauter als er es beabsichtigte. Er war wütend, ja, aber vor allem weil er sich solche Sorgen um seinen Freund gemacht hatte. Dieser war augenscheinlich ziemlich mitgenommen. „Tut mir Leid.“ Sagte Aragorn. „Wir haben uns alle Sorgen gemacht.“ „Alle?“ „Dein Vater ist vor einer halben Stunde gegangen. Vanyaleth und Finrod mussten ihn förmlich hinausschleifen. Und Éoleth wollte ebenfalls nicht von deiner Seite weichen, genau wie Eldarion. Aber ich dachte es wäre besser für dich wenn du aufwachst ohne gleich von einem Haufen Leuten umgeben zu sein.“ er füllte ein Glas mit Wein von Legolas Nachttisch, half ihm beim Aufrichten und reichte ihm dann das Glas.
 

Ich nahm den kühlen Wein dankbar entgegen. Wie gut er meinem schmerzenden Kopf tat. Ich lehnte mich zurück und genoss das vertraute Aroma. Die Kopfschmerzen nahmen ein wenig ab und ich trank den Kelch rasch aus. Wohlige Wärme breitete sich in mir aus. „Danke, mellon nîn.“ Sagte ich und schloss die Augen. „Ich glaube ich brauche ein wenig Ruhe.“ „In Ordnung. Ich werde in einer Stunde erneut nach dir sehen.“ Sagte Aragon während er sich erhob. Ich kuschelte mich unter meine Decke.

Ich hörte das Klicken der Tür aber die Schritte die sich den Gang hinunter entfernten blieben aus. „Was ist?“ fragte ich und sah mich um. Aragorn kniete auf dem Boden und hielt etwas in den Händen. Es war ein Brief.

Sofort war ich hellwach. „Nein“ flüsterte ich und spürte wie sämtliches Blut aus meinem Gesicht wich. Mir wurde schlecht. Zitternd erhob ich mich und ging zu Aragorn hinüber. Er sah auf. „Legolas!“ stieß er hervor, als er mich sah. „Du brichst ja gleich zusammen!“ er sprang auf und nahm mich am Arm.

Ich ignorierte ihn und griff nach dem auf Boden liegenden Umschlag. Mein Name stand darauf.

„Was hat es damit auf sich?“ fragte er misstrauisch.

„Nichts“ sagte ich mit einem mutlosen Lächeln. „Nur eine Botschaft eines alten Freundes.“
 

Ich saß auf meinem Bett, den Rücken zur Wand und starrte den Brief an. Niemand war mehr da. Alle waren wieder gegangen und ich war endlich wieder allein.

Mit zitternden Händen öffnete ich den Umschlag. Ein gefalteter Zettel lag darin. Ich faltete ihn auf.
 

„Mögen die Spiele beginnen, alter Freund“
 

Ich erzitterte. Er hatte sein Versprechen gehalten.

Ich zwang mich durchzuatmen und weiter zu lesen. Zwei Namen. Einen konnte ich retten.

Anali Tochter von Tara

Lurana Tochter von Sarina
 

Nein. Eine, konnte ich retten. Er wollte ein unschuldiges Mädchen töten. Nein. Ich sollte ein unschuldiges Mädchen töten.

Ich zitterte nun stärker als zuvor. Was sollte ich tun? Wie sollte ich mich entscheiden? Ich kannte die beiden kaum. Anali war eine Dienerin Éowyns und hatte einen kleinen Sohn. Ihr Gemahl war in der Garde. Lurana war ein Waisenmädchen ohne Familie. Sie arbeitete in den Küchen. Wie konnte ich über ihrer beider Leben entscheiden?
 

Es war Abend geworden. Die letzten Sonnenstrahlen zogen sich hinter den Bäumen zurück. Diese Schönheit war ein Hohn.

Noch immer lag vor mir das Schneeweiße Blatt. Zu keinem Buchstaben, geschweige denn einem Wort hatte ich mich durchringen können.

Anali oder Lurana?

Beide hatte ich am Tag beobachtet. Sie waren sich ähnlich, auch wenn sie sich eigentlich unterschieden. Sie kannten einander nicht, obwohl sie im gleichen Alter waren und sich gut verstanden hätten.

Aber es war gut so.

Ich fasste mir ein Herz. Eine oder Beide. Wenn ich eine retten konnte…

Die Feder bewegte sich fast von selbst über das Papier. Die Schrift war unsicher, doch konnte man den Namen gut erkennen.

Wie in Trance faltete ich das Blatt zusammen und steckte es in einen Umschlag. Darauf schrieb ich Amlugs Namen. Ich erhob mich, öffnete die Tür und legte ihn auf den Boden. Dann schloss ich die Tür eilig wieder und ging zum Bett.

Ich rollte mich zitternd darauf zusammen.

Was hatte ich getan?

4

Er schien die Schreie des Mädchens gar nicht zu hören. Er war ganz damit beschäftigt ihre Haut mit wunderschönen Symbolen zu verzieren. Dunkles Blut floss aus den tiefen Schnitten die sein Messer hinterließ.

Er sah auf in ihr Gesicht dass von Schmerz verzerrt war. Sie weinte und riss kraftlos an ihren Fesseln.

Er beugte sich über sie. „Sch…“ flüsterte er. „Hab keine Angst.“ Seine Stimme war sanft und weich. Er konnte spüren wie sie unter seiner Hand erzitterte. „Du wurdest auserwählt.“ Ein boshaftes Lächeln legte sich auf seine Züge.
 

Ein lauter, spitzer Schrei weckte mich. Sofort war ich am Fenster und suchte den Ursprung des Schreies. Er kam vom Innenhof. Dort konnte ich eine Frau sehen, die über irgendetwas gebeugt war. ich konnte weißen Stoff erkennen, aber nicht den Grund ihres Wehklagens. Doch ein brennendes Schuldgefühl machte mir bewusst dass ich es bereits wusste. Meine Entscheidung war gefällt worden.
 

Als ich den Platz betrat hatte sich schon eine Menschentraube gebildet. Einige Wachen versuchten sie fern zu halten und mehrere Frauen versuchten die zu trösten die die Tote gefunden hatte. Ich ging auf die Leute zu und man machte mir Platz. Faramir stand neben Aragorn und drehte sich um. „Legolas…“ begann er. „Was ist geschehen?“ fragte ich nur. Er trat beiseite und eröffnete mir einen Anblick von grotesker, grauenhafter Schönheit.

Ein junges Mädchen lag dort im Staub. Sie lag auf dem Rücken und hatte die Glieder von sich gestreckt, als wäre sie geradewegs vom Himmel gefallen. Sie trug ein weißes Kleid dass teilweise mit Blut bedeckt war. Ein Rahmen aus getrocknetem Blut durchtränkte den Boden unter ihr und ihre Haut war mit Schnitten übersäht. Sie waren tief und bildeten wundervolle Muster. Sogar ihre nackte Füße und die Hände waren damit übersäht. Die einzige Ausnahme bildete ihr Gesicht, das Schneeweiß und von schwarzen Locken umrahmt dalag. Ihre toten Augen blickten Schreckensstarr in den Himmel.
 

„Lurana…“ wisperte ich so leise dass niemand es hören konnte. „Das lag bei ihr“ sagte Faramir düster und gab mir einen Zettel.

„…Es beginnt mit Engeln…“

Übelkeit breitete sich in mir aus. Das war erst der Anfang.

„Hol Erestor und Elrond. Und sorge dafür dass weder Éoleth noch Eldarion mit euch kommen.“

Ich nickte und befolgte Faramirs Anweisung.
 

Als ich endlich außer Sicht- und Hörweite war ließ ich mich gegen eine der kühlen Steinwände sinken.

Ich hatte einen Engel zum Fallen verurteilt. Ich hatte ein junges Mädchen einen grausamen Tod erleiden lassen. Ich war ein Monster.

Die Tränen kamen ganz von selbst. Ich richtete mich auf und versuchte weiterzugehen. Immer schneller lief ich. Schließlich rannte ich. So schnell dass ich fast nichts mehr bemerkte.
 

Als ich gegen irgendetwas knallte sah ich auf. Ich war direkt Erestor in die Arme gelaufen. Und dieser sah mich fragend an.

5

„Legolas! Was ist los?“

Ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen. Ich konnte einfach nicht. Er würde es erkennen. Er würde erkennen dass ich an all dem Schuld war.

„Legolas?“ Erestor legte mir besorgt die Hand auf die Schulter und ich schaffte es zu ihm hoch zu blicken.

„Ich soll dich… und Elrond zu Faramir bringen…“ brachte ich hervor.

„Geht es dir gut?“ Noch immer sah mich Erestor besorgt an. Ich nickte und versuchte nicht an meine Schuld zu denken.
 

„Wer wäre zu so etwas fähig?!“ rief Elrond ungläubig als er Luranas Leiche erblickte.

Ich… dachte ich betrübt und sah zu Boden. Warum musste Amlug gerade jetzt zurückkommen? Warum war er von solchem Hass getrieben? Zum gefühlt tausendsten Mal dachte ich an das zurück was in dieser verfluchten Herbstnacht vor 300 Jahren geschehen war.
 

Ein Blitz durchzuckte die Gewitterwolken am nächtlichen Himmel und erhellte für einen Moment die undurchdringlich scheinende Finsternis des Düsterwaldes. Im Licht konnte er die Schemen der Häuser in den Bäumen erkennen.

Und nicht nur das. Der blonde Prinz konnte die Leichen am Boden sehen. Und die Reste von Feuer.

Der Geruch von Feuer, Verwesung und verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase.

Eine furchtbare Erkenntnis machte sich in ihm breit. Das Dorf war zerstört. Er war zu spät. Er hatte seinen Freund im Stich gelassen.

Ein Rascheln in den Bäumen ließ ihn herumfahren.

Zwischen den Bäumen kam ein Elb hervor. „Amlug!“ rief der Blonde erleichtert als er den Schwarzhaarigen erblickte. Doch sah er keine Freude in dessen Augen. Sie blickten ihn mit blankem Hass an.

Langsam kam sein Freund auf ihn zu und das Herz des Prinzen zog sich zusammen. Eine große Brandwunde zog sich über seine Brust.

„Du bist verletzt“ meinte er und wollte seinerseits auf ihn zukommen, aber die schneidende Stimme des Verletzten ließ ihn erstarren.

„Es ist deine schuld! Du hast ihnen das Leben genommen! Du bist uns nicht zur Hilfe geeilt, wie du es versprochen hast! Du und dein verfluchter Vater! Ihr habt Elleth das Leben genommen!“ Die letzten Worte schrie er und spuckte vor Legolas auf den Boden.

Dieser sah nun fassungslos Amlug an.

„Ich…“ brachte er perplex hervor „Ich… habe nicht…“

„Ich werde mich an die rächen, Legolas Thranduilion. Ich werde warten bis du dich glücklich und in Frieden wähnst. Und dann werde ich dein Leben zerstören, so wie du das meine vernichtet hast!“

Bevor Legolas etwas erwidern konnte war der andere schon verschwunden.

Er blickte sich verzweifelt um, in der Hoffnung Überlebende zu finden, aber alles was er sah war die geschändete Leiche einer jungen Frau.

Elleth. Amlugs Verlobte. Das schlimmste an diesem Anblick war nicht das Blut, sondern die Erkenntnis, dass Orks sich an ihr vergangen haben mussten.

6

„Legolas!“

Nein! Lasst mich in Ruhe! Nutzt die Zeit die euch noch bleibt!

Kurz war ich davor dass Aragorn ins Gesicht zu brüllen. Doch ich brachte nicht die Kraft auf. Alles was ich hervor brachte war ein schwaches „was?“

Mein Freund legte mir die Hand auf die Schulter. „Geht es dir nicht gut?“

Was für eine Frage!

Ich brachte es nicht über mich ihn anzusehen. Zu groß war meine Angst er könne die Schuld in meinen Augen sehen.

„Lass uns reingehen.“
 

Wenig später saßen wir in Aragorns und Arwens Gemächern. Aragorn hatte mich auf einen Stuhl gesetzt und mir ein Glas Wein in die Hand gedrückt. Er selbst stand am Fenster.

„Du weißt etwas, nicht wahr?“

Ich sah auf. Natürlich… es war doch offensichtlich…

Gondors König drehte sich um. „Wer ist verantwortlich?“

Sollte ich es sagen? Alles in mir schrie danach meinem Freund zu sagen wer der Mörder war, was er vorhatte.

Aber da war eine Stimme in meinem Hinterkopf. „Und wenn du versuchst die Betreffenden zu warnen, dann werden alle sterben. Und du wirst brennen.“

Ich konnte nicht…

„Legolas“

Aragorn kniete sich neben mich. „Du zitterst…“

Tat ich das?

Ein Blick auf das Weinglas verriet es mir. Dunkle Flüssigkeit lief daran hinab, über meine Hand, durchnässte den Ärmel meiner Tunica und färbte den hellen Teppich rot.

Rot wie Blut…

Unwillkürlich ließ ich das Glas los und sprang auf. Mein Kopf schmerzte. Ich wich vor dem Fleck auf dem Teppich zurück.

Wieder war ich im Geschehen dieser verfluchten Nacht. Wieder hörte ich Amlugs Stimme, den Hass. Wieder roch ich das Blut…

Konnte ich noch klar denken? Ich sah das Erstaunen und die Beunruhigung in Aragorns Gesicht.

„Legolas… was…“

„Frag… nicht… Nimm Arwen und Eldarion und verschwinde von hier… vergiss mich… Sonst wirst auch du sterben… Du willst Informationen? Das hier wird nicht aufhören! Es gibt nichts was du tun kannst. Es ist meine Schuld und ich muss das beenden!“

Er sah mich perplex an.

„Wie könnte so etwas deine schuld sein?“

Ich ballte die Hände zu Fäusten.

„Ich sagte doch du sollst nicht fragen!“

„Willst du sagen du hast das Messer geführt?“

„Geh einfach! Du sollst nicht auch sterben müssen…“ Tränen stiegen mir in die Augen. „Nimm Faramir und seine Familie auch mit… wenn ihr Leben wollt, dann haltet euch fern von mir…“

Schnell drehte ich mich um und rannte hinaus. Ich wusste nicht wohin.

Einfach immer weiter und weiter rannte ich, die Sonne sank und der Mond ging auf.

Ich rannte bis ich nicht mehr konnte und schließlich im fahlen Mondlicht zusammenbrach.

7

Unbewegt saß Erestor im Garten des Palastes. Er dachte nach. Man hatte Luranas Leiche weggebracht und in einer kleinen Kammer aufgebahrt. Nur wenige waren gekommen um zu trauern. Die meisten von ihnen waren Frauen gewesen, die mit ihr gearbeitet hatten, aber gut gekannt schien sie niemand zu haben. Die Grausamkeit mit der man ihr das Leben genommen hatte war… er hatte kein Wort dafür. Es musste die Tat eines Irren sein.

Aber das allein machte Erestor keine Angst. Es war die Tatsache, dass dieser Irre auf freiem Fuß war und wahrscheinlich erneut morden würde.

Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Ein rascheln in den Büschen ein paar Meter entfernt.

Schnell erhob er sich und ging auf sie zu.

Erneut raschelte es.

Kurz hielt er inne und legte die Hand an seinen Dolch.

„Wer ist da?“

Statt einer Antwort brach ein junges Mädchen aus den Zweigen hervor. Ihre Haare waren wirr, die Kleider mit Blut getränkt. Sie sah Erestor mit schreckgeweiteten Augen an, bevor sie zusammenbrach.
 

Geistesgegenwärtig fing Erestor sie auf. Er sah sich um, ob nicht jemand in der Nähe war der helfen konnte, aber er war allein. Völlig allein wie ihm auf einmal bewusst wurde.

Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken. Er musste weg, aber schnell!

Das Mädchen in seinen Armen murmelte leise vor sich hin, wirres Zeug, nur unterbrochen von stöhnen und schluchzen.

Schnell nahm der Schwarzhaarige sie hoch und lief, so schnell es ihm die Last erlaubte, in die Häuser der Heilung.
 

Besorgt saß er eine Stunde später auf dem Flur und wartete. Würde sie überleben?

Was für ein Glück er gehabt haben musste...

Ihrem Zustand nach zu schließen musste der Irre direkt hinter ihr gewesen sein. Er hätte sie beide erledigen können…

Ob sie eine Zeugin war? Den Mord an Lurana mitangesehen hatte oder etwas darüber wusste? Oder sollte sie einfach nur das nächste Opfer sein?...

Die Tür neben ihm ging auf und Elrond trat heraus.

Erestor sprang auf.

„Sie wird es überleben.“ Sagte der jüngere matt. „Du hast ihr das Leben gerettet. Ein paar Minuten noch und sie wäre gestorben. Gut dass Honil nach mir hat schicken lassen. Ich will die menschlichen Heiler nicht als Stümper bezeichnen, aber manche ihrer Methoden…“ er schüttelte den Kopf bevor er fortfuhr. „Nun, sie hat eine schlimme Wunde am Bauch und der Magen ist beschädigt. Der austretende Magensaft und der hohe Blutverlust hätten sie innerhalb von Minuten getötet. Es wäre kein schöner Tod gewesen… so etwas ist sehr qualvoll… ich bin sicher wenn sie wieder aufwacht wird sie sich bei dir bedanken wollen.“

Erestor atmete erleichtert auf. Sie lebte und würde es auch weiterhin tun.
 

Es war die Sonne die mich weckte. Ich spürte Gras unter mir, die Haare hingen mir ins Gesicht und ich schmeckte Blut. Ich musste mir im Schlaf in die Wange gebissen haben.

Einige Augenblicke blieb ich einfach liegen und wartete dass mein Kopf aufhörte zu hämmern.

Nicht weit entfernt konnte ich das Rauschen eines Baches hören. Wo war ich?

Langsam rollte ich mich auf den Rücken und öffnete die Augen. Am Rande meines Blickfeldes sah ich hohe Bäume. Über mir war keine einzige Wolke, sodass mich die Sonne blendete.

Die Sonne…

Wieso fiel es mir so schwer zu denken? Wieso brannten meine Augen sosehr?

Auf einmal stürzten die Erinnerungen wieder auf mich ein.

Aragorns entsetzter Blick, Glorfindel den ich zur Seite gestoßen hatte, Luranas Leiche…

Was hatte ich da in meiner Hand? Ich umklammerte etwas mit der linken. Was war es?

Ich setzte mich auf und öffnete die Hand.

Es war ein kleiner Zettel, zerknittert und blutig.

Zitternd entfaltete ich ihn.

„Es beginnt mit Engeln…“

Warum hatte ich ihn immer noch? Hatte Aragorn ihn mir nicht abgenommen?

Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Tunica nicht mehr grün war… sie war von einem fleckigen Rot-Braun, ebenso die Hose, meine Hände und wie ich entsetzt feststellte auch einige meiner vorderen Haarsträhnen.

Blut! Dachte ich entsetzt. Blut! War es mein eigenes? War ich verwundet?

Nein, ich spürte keinen diesbezüglichen Schmerz…

Panik stieg in mir hoch. Hatte ich gemordet? Wie in der Erwartung eine Antwort zu erhalten drehte ich den Zettel um.

Tatsächlich stand dort etwas.

„… und endet bei dir!“

8

Rauch… Rauch… Rauch!

Glorfindel sprang auf. Woher kam er? Brannte es hier drin?

Er hustete. Seine Augen brannten. Wo war das Feuer?

Der Krieger sah sich um. Schreie drangen an sein Ohr. Es war definitiv nicht hier drin…

Aber wieso der ganze Rauch?...

Erneut hustete er. In seiner Brust stach es und er sah kaum noch etwas.

Glorfindels Knie knickten weg. Hart schlug er auf dem Boden auf. Wo war die Tür? ...

Er rang nach Luft. Tür? Der Ausgang? Wo?

Langsam zog er sich vor.

Mit jedem Zentimeter verlor er an Kraft. Seine Lungen brannten. Er wollte schreien, aber kein Ton kam aus seinem Mund.

Bemerkte denn keiner den Brand? Wo auch immer er war…

Was war das? In seiner Hand?

Ein scharfer Schmerz durchfuhr diese… ein Messer?

Doch bevor er sicher sein konnte verlor er das Bewusstsein.
 

Es waren die Schreie die ihn weckten. Fast augenblicklich war Faramir hellwach und sah sich um. Éowyn und Éoleth lagen neben ihm. Éowyn sah ihn an und nahm ihre Tochter in den Arm.

Schnell stand er auf, zog sich eine Tunica über und rannte hinaus.
 

Der Anblick der sich ihm bot war grauenhaft.

Zwei große Scheiterhaufen brannten auf dem Platz, links und rechts der Stelle wo man am Tag zuvor Luranas Leiche gefunden hatte. Das Feuer loderte hell in die Dämmerung hinein und in ihrer Mitte…

Zwei Menschen standen dort an einen Pfahl gefesselt. Ihre Schreie durchdrangen Faramir und er fühlte sich als ob er ebenfalls verbrennen würde.

Menschen rannten panisch umher, versuchten die Feuer zu löschen aber es hatte keine Wirkung. Jedes Mal wenn ein Eimer Wasser auf die Flammen traf schienen sie nur hoher zu lodern.

Hinter ihm kamen Aragorn, Herr Elrond und König Thranduil herausgerannt. Auch auf ihren Gesichtern spiegelte sich das Entsetzen.
 

Langsam ebbten die Schreie ab. Die Menschen Ithiliens hatten eingesehen dass sie nichts mehr für die Beiden tun konnten und standen nun wehklagend und weinend um die Scheiterhaufen.

Faramir hatte nach den Sterbenden gefragt, aber erst spät eine Antwort erhalten. Sie hießen Salina und Gorlon. Salina hatte als Heilerin gearbeitet und Gorlon als Gehilfe in der Bibliothek.

Seit zwei Wochen waren sie verlobt gewesen…

9

Verdammt wo war ich? Und wie spät war es?

Müde schleppte ich mich in die Richtung in der ich den Bach rauschen hörte.

Ich ließ mich an seinem Ufer nieder und schälte mich der Tunica. Sie war steif und roch ekelerregend.

Als ich mich über das Wasser beugte sah ich mein Spiegelbild…

Zuerst dachte ich ein fremdes Gesicht würde mich unter Wasser ansehen aber dann erkannte ich mich. Mein Gesicht war mit Blut beschmiert. Es klebte in meinen Haaren, an meinem Hals…

Die Tunica vergaß ich für den Moment.

Ich tauchte den Kopf unter Wasser und rubbelte mir durchs Haar. Mein Kopf begann schon wieder zu schmerzen, so kalt war der Bach.

Als ich wieder auftauchte war ich wie betäubt. Ich tastete nach meiner Tunica und tauchte auch sie ins Wasser.

Es färbte sich rot als ich sie durchwusch… Was war nur passiert? Womit hatte ich das verdient? ...

Ein Knacken ließ mich herumfahren.
 

„Wo ist Legolas?“

„Was?“ Elrond drehte sich zu ihm um.

„Wo ist mein Sohn?“

Aragorn räusperte sich.

„Seit gestern hat ihn niemand mehr gesehen. Ich fürchte… er deutete an etwas zu wissen…“

Thranduil sah ihn entsetzt an.

„Wollt ihr sagen dass ihr ihn für… für tot? … haltet?“

Betreten sah der junge König zu Boden. Zaghaft schüttelte er den Kopf.

Der Blonde packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. Eine unbändige Wut hatte ihn ergriffen.

„Wollt ihr etwa ihm diese Morde unterstellen?!“

Aragorn sah ihn an, auch in ihm stieg Wut auf.

„Ich will Legolas nicht Mörder nennen! Aber ich brauche einen Gegenbeweis!“

Ehe Thranduil ihn erneut schütteln konnte, spürte er wie vier Arme ihn von hinten packten.

Faramir und Elrond zogen ihn von ihm weg.

Die Menschen um sie her hatten die Auseinandersetzung verfolgt.

Still war es, nur das knistern von Feuer war noch zu hören. Dann erhob sich Getuschel…
 

Erestor saß neben dem Bett des Mädchens und wachte über ihren Schlaf.

Warum eigentlich? Er kannte sie nicht einmal… und doch wollte er sicher sein dass es ihr gut ging. Irgendwie fühlte er sich… verantwortlich…

Er betrachtete sie. Sie war dünn, hatte widerspenstiges schwarzes Haar, durchscheinende Haut, er nahm an das lag an dem hohen Blutverlust und ein schmales Gesicht.

Sie atmete ruhig, aber flach. Laut Elrond würde sie in wenigen Stunden aufwachen.
 

Sie hatten Thranduil in seine Gemächer zurückgebracht und nun war Elrond bei ihm, um ihn zu beruhigen.

Aragorn verstand ihn. Er wollte ebenfalls nicht glauben dass Legolas verantwortlich war, aber fest an das Gegenteil glauben konnte er auch nicht.

Schließlich gab es auch von Elben Berichte dass diese aufgrund der Gräueltaten die sie im Krieg gesehen oder verübt hatten den Verstand verloren hatten. Sollte die Möglichkeit bestehen dass es sich so auch bei seinem Freund verhielt?

Er seufzte. Welche dunkle Macht konnte ihn nur an Legolas zweifeln lassen?

Der Prinz hatte ihm so oft das Leben gerettet. So lange war er sein Freund gewesen, war ihm bedingungslos gefolgt, er ihm genauso. Als er gedacht hatte Arwen würde Mittelerde verlassen hatte Legolas ihm geholfen mit seinem Verlust fertig zu werden.

Wie konnte er nur jetzt an ihm zweifeln?

Ihn verdächtigen?

Und doch… Was bedeuteten seine Worte gestern? Wo war er?
 

Die Tür ging wieder auf. Elrond trat heraus und sah seinen Ziehsohn ernst an.

„Wir müssen Legolas finden. Ich weiß nicht wie wir hier ohne ihn weiterkommen sollen. Thranduil ist so wütend wie schon lange nicht mehr.“

Schuldgefühle regten sich in Aragorn.

„Es tut mir ja Leid… ich wollte Legolas nicht beschuldigen…“

Elrond legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Du darfst dir keine Vorwürfe machen. Du musst mit dieser Lage fertig werden. Jeder hätte so reagiert. Lass nur keinen Zweifel zu. Uneinigkeit ist das Letzte was wir jetzt gebrauchen können.“

Er nickte. Was der Schwarzhaarige da sagte entsprach der Wahrheit. Seufzend ließ er sich umarmen.

Als Elrond ihn wieder losließ schaute dieser sich besorgt um.

„Wo ist Glorfindel?“

10

Die Tür wurde aufgestoßen.

Sofort sprang Erestor auf, bereit zum Kampf, aber keiner der Menschen die hereingestürmt kamen war darauf aus zu kämpfen. Zu viert trugen sie eine Trage. Und auf dieser Trage…

„Glorfindel!“

Er wollte zu seinem Freund gehen, aber jemand hielt ihn auf.

Als er sich wehrte erkannte er Aragorn.

„Er lebt. Er ist nur bewusstlos.“

Sofort hörte Erestor auf um sich zu schlagen und beobachtete wie Elrond sich über den Krieger beugte, die anderen Menschen anwies irgendwelche Kräuter und andere Dinge zu holen.

Aragorn setzte ihn zurück auf seinen Stuhl und half seinem Schwiegervater.
 

Viel zu lange dauerte es. Niedergeschlagen sah Erestor den beiden zu. Er wartete auf eine Lebenszeichen Glorfindels, aber es gab keines. Sein goldenes Haar wirkte stumpf und glanzlos, seine helle Haut war durchscheinend, fast ein wenig gräulich und auch dass er atmete war kaum erkennbar.

Es war zum Verzweifeln. Glorfindel durfte nicht sterben. Nicht heute und auch nicht an irgendeinem anderen Tag.
 

Wütend ging Thranduil in seinen Gemächern auf und ab. Er griff sich eine Vase und schleuderte sie gegen die Wand.

Wie konnte dieser Jungspund von einem König es wagen seinen Sohn zu beschuldigen? Woher nahm er dieses Recht?

Und so jemanden nannte Legolas seinen Freund!

„Hat euch die Vase irgendein Unrecht angetan?“

Er fuhr herum. In der Tür stand…

„Gandalf!“

Der Zauberer nickte düster.

„Ja ich bin es. Und ich habe das Gefühl zu spät gekommen zu sein.“

Thranduil seufzte.

„Ja… das ist gut möglich.“ Er sah auf. „Gandalf, du musst meinem Sohn helfen.“
 

Als Elrond und Aragorn endlich zurücktraten, ging es schon auf Mittag zu.

Glorfindel rührte sich noch immer nicht, aber Elrond lächelte.

„Er wird keinen Schaden zurückbehalten.“

Erleichtert seufzte Erestor auf. Seinem Freund war nichts geschehen.

„Dieser Rumtreiber muss wirklich einen Schutzengel haben.“

Er nickte. Dem konnte der Bibliothekar nur zustimmen.

Aragorns Miene aber blieb düster. Er sah Elrond finster an und holte dann etwas unter seinem Mantel hervor.

Es war ein länglicher, in ein Tuch gewickelter Gegenstand.

„Das lag neben ihm auf dem Boden.“

Erestor nahm ihn und wickelte ihn aus.

Es war eines von Legolas Zwillingsmessern. Und es war mit Blut beschmiert.

11

Erneut knackte es. War er hier um mich endlich zu töten?

Töten…

Das Wort hallte in meinem Kopf nach.

Entsetzen packte mich. Verdammt! Ich war gestern Morgen weggelaufen. Das bedeutete heute Nacht waren zwei Menschen gestorben…

Die Beine knickten mir weg.

Ich hatte erneut gemordet. Und gleich doppelt!

Schritte. Ganz deutlich hörte ich Schritte. Aber es war mir egal…
 

Faramir betrat eine Lichtung. Legolas Spuren hatte sie hierher geführt, aber von dem Elben war nichts zu sehen.

Er sah dass das Gras an einer Stelle etwas eingedrückt war. Mit viel Fantasie konnte man dort den Abdruck eines Körpers erahnen.

Betrübt ging er weiter, bedeutete seinen Männern das Gebüsch im Umkreis mehrerer Meter abzusuchen und strich einen Ast zur Seite um sich umzusehen. Er ging darunter hindurch, dem Geräusch fließenden Wassers nach, doch bevor er den Bach erreicht hatte stockte er. Vor ihm saß jemand. Das lange blonde Haar war unverkennbar.
 

Langsam sah Erestor zu Aragorn hoch.

Wie konnte das sein? Wie konnte Legolas Messer… War er am Ende schuldig? Sollte er etwa…

Wie ein Puzzle fügten sich die Gedanken unter den langen schwarzen Haaren aneinander.

Der junge Prinz war so aufgelöst gewesen… Erestor hatte sich nichts dabei gedacht, in Anbetracht der Tatsache, dass ein schrecklicher Mord geschehen war und doch… Legolas hatte schon so viel Tot gesehen, so viel Grausamkeit… das war nicht das Verhalten das er von ihm erwartet hätte.

„Gestern sagte er mir es wäre seine Schuld.“

Aragorn hatte gesprochen.

„Er sagte wir sollten verschwinden wenn wir weiterleben wollen. Woher sollte er das wissen wenn er nicht selbst zumindest verwickelt wäre? Und wo ist er jetzt?“

Erestor seufzte.

„Ich weiß nicht… aber würdest du ihm das zu trauen?“

„Ich muss! Diese Menschen die hier getötet werden gehören zu meinem Volk! Es ist meine Aufgabe sie zu beschützen! Und im Moment sehe ich keine andere Möglichkeit!“

Elrond legte dem König beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Wir werden den schuldigen finden Aragorn. Beruhige dich.“

In seinem Tonfall erkannte Erestor aber, dass er der gleichen Meinung war.
 

Legolas kniete vor ihm am Boden. Er trug nur eine Hose und seine Haare tropften.

Zum ersten Mal sah Faramir den Körper des Elben. Er war genauso makellos wie sein Gesicht, mit einer Ausnahme.

Über seine Seite verlief eine hässliche Narbe, als hätte jemand versucht ihn in zwei Teile zu teilen.

Unter seiner hellen Haut konnte Faramir gut sehen wo die Muskelstränge zerteilt worden waren.

Kurz zögerte der Truchsess, aber dann gab er sich einen Ruck.

Der Elb war sein Freund. Er war es seit fünf Jahren und ganz sicher kein Mörder.

Bevor er sich zu ihm knien konnte erhob der Elb die Stimme.

„Tötest du mich jetzt?“

„Wa…?“ Ihn töten? Wovon redete er? Weshalb sollte er ihn töten wollen?

Legolas musste seine Stimme erkannt haben, denn er sah zu ihm auf und Faramir erschrak.

Diese Augen hatten nichts mehr von der Schönheit die ehemals in ihnen wohnte. Sie wirkten matt und waren von Trauer und Schuldgefühlen erfüllt. Aber auch ein Hauch von Überraschung war in ihnen.

12

Es war später Nachmittag als das Mädchen sich erstmals rührte.

Sie neigte leicht den Kopf und öffnete die Augen. Erestor beobachtete wie ihr Blick durch den Raum wanderte. Über Glorfindel, die Fenster und vor allem die kostbaren Gegenstände . Kerzenleuchter, Gemälde, Becher. Als sie Erestor ansah lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

Sie hatte eisblaue Augen, die ihn zu durchleuchten schienen. Das war ihm in den Gärten gar nicht aufgefallen.

„Wie geht es euch?“ fragte er um die Spannung zu lösen.

Das Mädchen verzog das Gesicht. „Bauchschmerzen…“ murmelte sie und sah zu Boden.

Erestor lächelte. Das war zumindest mal ein gutes Zeichen.

„Ihr habt mich gerettet… Danke…“

„Dafür müsst ihr mir nicht danken.“

„Ich tue es…“ sagte sie mit einem Lächeln.

„Braucht ihr irgendetwas? Soll ich irgendwen informieren?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein… ich habe niemanden hier… aber ihr könnt aufhören… mich mit ihr… anzusprechen…“

Er wusste sie brauchte Ruhe aber…

„Wie ist dein Name?“ fragte er mit sanfter Stimme.

„Lian…“

„Weißt du wer… wer dir das…?“ er musste die Frage nicht vollenden. Lian schüttelte den Kopf und wandte sich von ihm ab.
 

Ich starrte an die kahle Wand mir gegenüber.

Hätte er mich doch bloß getötet… dann hätte das alles hier endlich ein Ende…

Zwei Menschen waren wegen mir heute Nacht gestorben. Ein Mädchen wäre ebenfalls fast ermordet worden. Mit meinem Messer…

Aragorn hatte es mir gezeigt. Wieso, wieso, wieso?!

Womit hatte ich das verdient?

Die Verzweiflung drohte mich zu übermannen. Unschuldige Menschen starben wegen mir und meine Freunde verstanden nicht…

Die Tür ging auf.

„Legolas, Sohn des Thranduil. Zu lange ist es her und ich hoffte dass wir uns unter glücklicheren Umständen wiedersehen würden.“

Ich sah auf. „Gandalf!“

Erleichtert atmete ich auf. Gandalf würde mir helfen können.

Der Zauberer schloss die Tür hinter sich und setzte sich neben mich.

„Sag mir die Wahrheit Legolas.“ Sagte er. „Weißt du etwas über diese Morde?“

„Ja…“ brachte ich hervor.

„Hast du etwas damit zu tun?“

Ich schluckte. Unsicher sah ich in sein faltiges Gesicht. Was sollte ich sagen? Was würde er glauben?

Gandalf merkte es wenn man ihn anlog… also nickte ich…

Er seufzte.

„Aber du bist nicht der Mörder.“

Ich wusste es nicht. War ich ein Mörder? Ich hatte die Tode zu verantworten aber machte mich das zum Mörder?

Wie seltsam… dass ich darüber nachdachte. Hatten wir nicht im Krieg unsere Gegner für die Taten ihrer Gefolgsleute verantwortlich gemacht?

Ich wusste es nicht…

Gandalf musste meine Unsicherheit gespürt haben, denn ich spürte eine Hand auf meiner Schulter.

„Legolas. Ich glaube nicht dass du diese Menschen getötet hast. Aber ich muss wissen wer es ist. Sonst kann ich dir nicht helfen.“

Ja… das wusste ich. Aber… es ging nicht… Mir gingen schon wieder Amlugs Worte durch den Kopf. Wenn du versuchst die Betreffenden zu warnen, dann werden alle sterben.

„Ich… kann nicht…“



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