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Der Tod und seine irre Schwester

Geschichte mit Herz, Walküren, anderen seltsamen Wesen und schrägen Humor :)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wie einige Leser bereits wissen, gab es dieses Kapitel bereits. Ich habe es allerdings noch weiter geschrieben und etwas ausgebessert. Ich hoffe diese Version bereitet euch so viel Spaß beim Lesen, wie mir beim Schreiben. :) Komplett anzeigen

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Darf ich vorstellen? Der Tod und seine Irre Schwester

In meinen Augen war das Universum eine riesige Schüssel.

Und ich saß drin. Bis zum Hals.

Momentan saß ich besser gesagt ziemlich in Schwierigkeiten.

Bis zum Hals in Sand.

Treibsand um genau zu sein.

Wie ich dorthin gekommen war? Durch verdammte Walküren. Diese traumhaft schönen, weiblichen Biester hatten mich gelockt und dann kurzerhand in den Sand geworfen, in dem ich nun versank.

Eine saß mir gegenüber, mit engelsblonden, lockigen Haar und veilchenblauen Augen.

„Meinst du er stirbt schnell Alendris?“ die Frage war wohl an die Rothaarige gerichtet die neben der Blonden hockte. „Ich hoffe nicht Selca, ich würde gerne noch sehen wie sich sein Mund mit Sand füllt und..oh schau mal. Genau so!“ tatsächlich drang mir nun Sand in Mund und Nase und alles Strampeln, lies mich nur tiefer einsacken. Hinab in das sandige Dunkel, was mein Grab werden sollte. Das Letzte was ich hörte war das Kichern der Walküren.
 

Dachte ich. Doch Pustekuchen. Statt gepflegt wie jeder andere zu sterben, sackte ich tiefer in den Sand und...in eine Art dunklen Hohlraum. Ich konnte wieder atmen, spuckte den Sand aus und rang nach Luft.

„Sieh mal an, wen haben wir denn da...“ ich spürte die Anwesenheit einer Existenz mehr, als das ich sie sah, bis eine feine, zartgliedrige Hand mein Gesicht berührte. „Ein junger Mann..und was für einer. Schau nur was für hübsche grüne Augen er hat! Und diese dichten, dunklen Haare erst..“ die Frauenstimme hatte etwas schmeichelndes, fast schon zartes ehe sie anfing hysterisch zu kichern. Eine Hand glitt über meine Kehrtseite, griff beherzt zu und verschwand ehe ich reagieren konnte. „Helene, Schwester. Willst du ihn mir stehlen?“ die Frau lachte, Wahnsinn schwang in ihrer Stimme. „Was? Steht auf ihm dein Name oder was? Er gehört mir!“ der andere machte ein abfälliges Geräusch, was seltsamer Weise ziemlich hohl klang.

„Ich gehöre niemanden!“ warf ich beherzt ein. Was konnte schon passieren? Vielleicht war ich auch schon tot? Das musste es sein! Das waren die letzten Windungen und Impulse eines sterbenden Hirns.

„Denk keinen Schwachsinn Junge! Du bist nicht tot. Zumindest noch nicht.“ der Fremde klang nicht gerade erfreut über diese Tatsache. Seine Begleiterin hingegen schon, zumindest dem fröhlichen Summen nach zu urteilen. Der Fremde seufzte und eine kleine Lichtkugel entfaltete sich, einer Blüte in der Dunkelheit. Sand umgab mich bis auf wenige Meter um mich herum, vereinzelt waren Gebeine zu sehen. Was mich jedoch mehr schockierte war der Knochenmann und die schwarzhaarige neben ihm. Gevatter Tod und seine Schwester. Die wahnsinnige Helene.

Ich hatte Geschichten gehört, es allerdings nicht für möglich gehalten, das es sie gab. Wieso auch? Wer glaubte schon an den Gevatter Tod? Wer dachte schon das der eine Schwester hatte? Und wer waren eigentlich ihre Eltern? Fragen über Fragen, deren Antworten ich wahrscheinlich nie erfahren würde.

„Ich will ihn behalten.“ Helene warf einen untrüglich liebenswerten Blick auf den Knochenmann der den Kopf schüttelte, das die Gebeine nur so knackten. „Du willst es nur mit ihm...du weist schon und dann aufessen.“

Helene tat empört, doch das Zucken ihrer Mundwinkel verriet ihre bösartigen Absichten.

„Nehmt es mir nicht übel, aber ich will weder sterben noch ..nach dem Beischlaf aufgegessen werden. Nichts gegen dich Helene, andere Männer würden sich wahrscheinlich wünschen an dieser Ehre teilhaben zu dürfen aber..könnt ihr mich nicht einfach wieder hinauf lassen?“

Einen Moment schien der Tod und sogar seine wahnsinnige Schwester darüber nachzudenken.

„Du wirst verstehen, dass wir dich nicht einfach wieder so aus dem Sand spucken können. Rufschädigend. Du weist schon.“ bemerkte der Tod und strich sich über das knochige Kinn.

„Ich wäre gar nicht erst in diese Situation gekommen, wären da nicht die beiden teuflischen Weiber gewesen!“ warf ich ein und fühlte mich etwas hilflos. Ich muss kaum anmerken, das die Aussicht zu sterben, nicht eben angenehm war.

„Du meinst diese beiden Grazien? Die Walküren?“ Helenes schriller Aufschrei lies mich zusammenzucken. „Ja. Eine Blonde und eine Rothaarige.“

Des Todes Schwester griff sich in ihr Haar und riss sich Büschel davon heraus. Sie sah zerrupft aus, tatsächlich wie der Wahnsinn in Person.

„Och, den verkörpert sie auch.“ bemerkte der Tod trocken, der meine Gedanken gelesen hatte.

Helene hingegen war außer sich und kratzte sich nun über die Wangen bis blutige Striemen ihr Gesicht zierten. „Solltest du sie nicht..ähm daran hindern?“ so langsam wurde es richtig unheimlich. Vielleicht war sterben doch besser, als die Zeit mit den beiden in einem Hohlraum inmitten von Treibsand zu stecken?

Statt einer Antwort winkte der Tod nur ab, er schien das Ganze bereits zu kennen, zuckte allerdings auch zusammen als Helene los brüllte.

„DU!“

Mir blieb das Herz fast stehen. Super. Vielleicht war es aber auch nur Taktik von der Irren? Erst todreden und anschließend todbrüllen und erschrecken.

„Ich?“ wer wäre an meiner Stelle nicht irritiert gewesen?

„Siehst du noch jemanden Holzkopf?“ als ich den Kopf schüttelte kam sie auf mich zu, griff mich beim Kragen und säuselte mir ins Ohr.

„Du wirst mir diese beiden holen. Am liebsten lebendig damit ich ihnen ihre schönen Gesichtchen ruinieren kann.“

„Okay..“ bloß nichts falsches sagen.

„Du wirst sie mir holen und du wirst am leben bleiben. Wenn nicht stelle ich mit dir an was ich mit ihnen machen werde. Verstanden?“

Sie war lauter geworden und wieder nickte ich.

Der Tod hingegen machte ein entnervtes Geräusch als er sich jedoch dem Willen seiner Schwester beugte und den sandigen Boden berührte, in dem sich ein Loch auftat.

„Dadurch kommst du wieder zurück an die Oberfläche. Aber lass dir nicht allzu viel Zeit, Helene kann sehr launisch sein.“

Das sah ich, diese stand nun selig grinsend und an ihren Haarspitzen friemelnd herum und wippte summend hin und her.

Mein nächster Schritt stürzte mich in die Tiefe.

Rote Lippen

Wer kennt das nicht, dass Gefühl in einem Traum in ein Loch zu fallen. Letzten Endes wacht man schweißgebadet in seinem Bett auf, froh dem Reich der Träume entkommen zu sein.

Bei mir war das anders.

Statt in meinem Bett, erwachte ich auf einer Wurzel. Richtig. Einer Wurzel mitten im Wald, die sich hart und unnachgiebig in meinen Rücken bohrte. Ich ächzte und richtete mich mehr schlecht als recht wieder auf. Das würde einen blauen Fleck geben. Definitiv. Ein guter Start in die Ungewissheit. Ich war begeistert.

„Na, gut geschlafen?“

Ich sah mich um, noch nicht ganz sicher, wer mit mir sprach. Ein Honigdachs erregte meine Aufmerksamkeit, indem er um den Baum herum kam und mich aus seinen dunklen, intelligenten Augen musterte. Der konnte unmöglich mit mir sprechen. Wahrscheinlich die Nachwirkungen meines seltsamen Traumes. Vielleicht auch wegen der Wurzel die irgend einen empfindlichen Punkt eingebohrt hatte. Wurzelakupunktur sozusagen.

„Mir war klar das du so denken würdest. Aber denk an deine Aufgabe, meine Schwester verzeiht keine Fehler.“

Mein Mut und mein Herz rutschten mir gleichermaßen in die Hose. Also doch kein Traum. Der Tod und die irre Helene existierten tatsächlich und der Tod steckte in diesem Dachs. Ein Formwandler?

Statt mir darüber weiter den Kopf zu zerbrechen nickte ich als Antwort und der Dachs verschwand im dichten Dickicht des Waldes. Er hatte mich gewarnt und diese Warnung sollte ich mir zu Herzen nehmen, um nicht letzten Endes doch den beiden in die Hände zu fallen. Gerade bei der schönen aber durchaus bekloppten Helene, stellten sich meine Nackenhaare auf. Nicht das ich Angst vor dem Tod hatte, ich gedachte nur nicht sehr bald zu sterben. Nicht wenn ich noch nicht einmal 25 Jahre alt war.

Langsam besann ich mich auf die mir gestellte Aufgabe und nahm mir Zeit, meine Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen. Das Ergebnis war ernüchternd. Wald. Ganz viel grün, ganz wenig Weg. Ich würde mir meinen Weg erkämpfen müssen, zwischen den dichten Büschen und Bäumen hindurch, die sich die Äste zu reichen schienen. Ähnlich Händen die sich umfassten und ein Durchkommen verhindern wollten. Die Vorstellung behagte mir nicht, doch was blieb mir anderes übrig, als mich dort hindurch zu kämpfen? Nichts, ich musste durch, auch wenn ich mir dabei meine Arme und Beine auf kratzte und meine Kleidung an einigen Stellen zerriss.

Schweißgebadet und mit einer Laune die dem Nullpunkt entgegen sank, gelangte ich auf eine kleine Lichtung. Es dauerte einen Moment bis ich verstand, dass ich die ganze Zeit im Kreis gelaufen sein musste. Es war wieder diese verdammte Lichtung auf die ich schon erwacht war! Sogar die Wurzel erkannte ich wieder und setzte mich zu Fuße des dicken Baumes. „Verdammt, was mache ich nur?“ es dämmerte bereits und hier und da raschelte es, hörte ich wie Tiere erwachten. Ein Weitergehen war nicht möglich. Gefrustet beäugte ich den Baum und entdeckte ziemlich tiefe Risse. Prüfend hielt ich mich an der Rinde fest und tatsächlich gelang es mir mit einigen halsbrecherischen Klimmzügen einen höher gelegenen Ast zu erreichen der breit genug war, um mich problemlos zu halten. Besser oben und einigermaßen in Sicherheit als unten und in Gefahr. So dachte ich zumindest. Wer glaubte schon an Waldgeister? Ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
 

Ich wusste nicht das ich eingeschlafen war, bis ich erwachte. Zwar ausgeruht, doch noch immer herrschte Dunkelheit um mich herum die die Geräusche der Nacht bedrohlicher erscheinen lies, als sie ohnehin schon waren. Es knackte, zirpte und rumpelte an verschiedenen Stellen des Waldes, sogar unter dem Baum, auf dem ich Schutz gesucht hatte. In der Ferne erklang ein Fauchen das meine Nackenhaare hochstehen lies. In was für eine Hölle war ich da nur geraten? Ich war kein Hasenfuß, doch diese Geräusche stachelten meine Fantasie an und ich muss sagen, ich hatte eine blühende Fantasie. Eine etwas blutrünstige. Gedanklich sah ich schon die vermoderten Wasserleichen und Skelett artigen von Fleischfetzen behangenen Tierkadaver um den Baum schleichen. Wahrscheinlich waren es aber einfach Igel und Mäuse auf ihrer nächtlichen Wanderung und ich machte mich selber wahnsinnig.

„Fürchtest du dich vor dem Tod?“ die Stimme lies mich blinzeln und einen Moment dachte ich, ich hätte sie mir eingebildet. Doch als ich mich aufsetzte und an der rauen Rinde des Baumes festhielt, sah ich jene schöne, rothaarige Walküre auf dem selben Ast sitzen, den Blick in die ferne Dunkelheit gerichtet. Zwei Irrlichter tanzten um sie herum, durchdrangen die Dunkelheit und tauchten sie in ein bleiches Licht. Ein Traum? Wohl kaum. Ich fror mir den Hintern ab und jeder Teil meines Körpers schmerzte unter den Nachwirkungen meines Versuches, aus diesen Wald zu kommen. Nach einem kurzen Moment entschied ich, das es wohl besser war zu antworten, statt sie vielleicht zu verärgern.

„Nein, ich fürchte mich eher vor der..Zeit. Meine Kerze ist noch nicht abgebrannt, nicht wenn ich es verhindern kann.“ die Walküre wandte den Blick zu mir, sah mich an und einen Moment fragte ich mich, ob sie mich von dem Ast, hinab in die Tiefe stürzen wollte. In diesem verrückten Wald, in dieser verrückten Gegend würde mich kaum noch etwas schockieren. Doch dazu hatte sie wahrscheinlich genug Zeit gehabt, ich hatte keine Ahnung wo sie herkam, geschweige denn wie lange sie schon da war. „Die Zeit musst du nicht fürchten. Sie ist nur ein Ding was ihr Menschen erfunden habt, nach dem ihr euch richtet und knechtet. Wie heißt du, Mensch?“ in ihrer Gegenwart fühlte ich mich seltsamerweise sicher, vielleicht auch weil die unheimlichen Geräusche unter uns verstummt waren, seit wir redeten. „Damian.“ ein leichtes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht. „Und Damian? Wirst du uns umbringen damit du deine eigene Haut retten kannst?“ ich blinzelte, nicht sicher ob ich es überhaupt tun konnte und fragte mich, woher sie es wusste. „Ich muss.“ erwiderte ich schlicht und dann tat die Walküre etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Sie beugte sich vor, berührte mit ihren Lippen fast flüchtig meinen Mund und drückte mir einen Kuss auf. Mir wurde schwindelig. Himmel, sie roch fantastisch und ihre Lippen waren weich, nachgiebig auf meinen. Als ich sie ansah, schrak ich fast zurück denn in ihren Augen lag ein harter Ausdruck. „Merke dir, mit uns ist nicht zu spaßen und solltest du uns zu nahe kommen, werden wir dir das Leben zur Hölle machen. Nicht nur in dieser Welt, das verspreche ich dir.“ mit diesen Worten lies sie sich mit einen eleganten Satz vom Baum fallen und ich fragte mich verwirrt was sie mit „dieser Welt“ meinte.

Doch genauso schnell wie sie gekommen war, war sie auch wieder weg. Was mir blieb, waren die beiden Irrlichter und der Geschmack ihrer vollen, roten Lippen auf meinen.

Ferne Ufer

Ich wusste nicht das ich wieder eingeschlafen war, bis eine dicke Raupe über meine Nase robbte und mich so weckte. Ich erschrak zuerst fast zu Tode und wäre sicherlich vom Baum gefallen, hätte ich mich nicht noch geistesgegenwärtig an einem Ast festgehalten. Ich bugsierte die Raupe auf einem Blatt in meiner Nähe, ehe ich mich noch immer mit schlagendem Herzen, an den Abstieg machte. Der Waldboden hatte mich kurz darauf wieder, doch was ich nun sah, lies mich stutzen. War ich nicht auf einer Lichtung gewesen? Was vor mir lag verdiente diesen Namen nicht. Nein. In keinster Weise.

Vor mir lag ein Tal, voll wilder Schönheit mit bunten Blumen, wilden Kräutern und einer Aussicht, die mir den Atem verschlug. Der Wald hatte sich die Nacht auf eigentümliche Weise verändert. Oder hatte er sich verschoben oder gar bewegt? Ich wusste es nicht, allerdings erschien mir die Luft angenehmer. Irgendwie roch es nach Meer. Nach ungestümer Weite und der unendlichen Wildheit der Wellen. Und tatsächlich, ich konnte in weiter Entfernung etwas dumpf hören was sich später als das Krachen der Wellen entpuppte, die an einer Steilküste brachen. Gischt schäumte auf, legte ihren salzigen Geschmack auf meine Lippen.

Ich hatte nie einen Hang zur Vollkommenheit, doch das musste es sein. Die Gischt, das Licht das sich in den Wellen spiegelte, sich mit der Tiefe des Meeres vermischte und...was zum Henker war das? Ich beugte mich vor und kniff die Augen zusammen um besser sehen zu können. Dort zwischen den Wellen trieb eine Frau!

Ihr Körper ein Spielball der Wellen, die sie hin und her warfen und sie in der tosenden Tiefe verschwinden ließen, ehe sie sie wieder ausspuckten.

Wenn das so weiterging, würde sie an den Felsen zerschellen. Bevor ich wusste was ich tat, rannte ich bereits los und rutschte mehr als das ich lief, einen schmalen steinigen Weg zwischen den Felsen hinab. Dieser musste von Menschenhand angelegt worden sein, zumindest erschien mir das als einzigst logische Erklärung, weshalb es diesen Weg gab. Nicht das er nicht beschwerlich war, ich wäre fast gestürzt und fing mich nur mühsam im rechten Augenblick wieder.

Doch je näher ich kam, umso mehr konnte ich die junge Frau ausmachen die mit weit aufgerissenen Augen nach Luft zu japsen schien. Mein Oberteil landete im Sand, ehe ich mich auch während des Laufens meine Schuhe verlor und mich in die Fluten stürzte. Ich musste wahnsinnig sein, denn das Wasser war eiskalt, stach sich wie kleine Nadelspitzen in meine Haut und lies meinen Atem beinahe stocken. Doch dann tauchte wieder ihr Gesicht auf und meine Zweifel schwanden.

Solch ein schönes Wesen durfte nicht ertrinken, durfte nicht den Tod in den kalten Fluten finden. Ich schwamm in langen Zügen zu ihr, umfasste ihren Körper und zog sie mit mir zurück in Richtung Land. Wellen schlugen über uns zusammen, versuchten uns in die dunkle Tiefe zu ziehen gegen die ich mich so hart stemmte. Irgendwann schafften wir es, oder viel mehr ich, denn sie war schwer wie ein Sack Kartoffeln und rührte sich nicht, und ich bekam wieder Boden unter den Füßen. Meine Kleidung triefte und ich hatte mir an den scharfen Kanten der Steine die Beine aufgeschrammt. Das Salz des Meeres brannte darin, doch ich verdrängte diesen Schmerz um mich um die Schönheit in meinen Armen zu kümmern.

Sanft legte ich sie auf den sandigen Strand, doch nur um gleich darauf zu stocken. Statt der schönen, eleganten Beine die ich vermutet hatte, bestand die Gute von der Hüfte an abwärts aus Fisch. Kein hässlicher Fisch, doch das war eindeutig eine lange Flosse deren Schuppen im Schein der Sonne in all möglichen Farben glänzten. In ihrer Flosse malte sich allerdings deutlich ein Biss ab, wohl von einem Hai der die Schuppen an einigen Stellen zerissen und so blankes Fleisch frei gelegt hatte. Die Kleine mit den schönen Augen brauchte dringend Hilfe, wenn sie nicht verbluten wollte. Ich griff nach meinem Oberteil, riss brutal einen langen Streifen heraus und verband die empfindliche Stelle. Bisher hatte sie keinen Ton gesagt und zuckte nur zusammen, als ich mich um sie kümmerte.

„Wie heist du?“, fragte ich sie daher um sie abzulenken. Ich war mir ja nicht einmal sicher ob sie mich verstand. Große, meerblaue Augen sahen mich an und ihr rosiger Mund zitterte, ehe sie leise „Sheyreen“, hauchte.

„Kannst du an Land atmen, oder soll ich dich wieder ins Wasser tragen, Sheyreen?“ Wieder zuckte sie zusammen, doch dieses Mal war ich mir nicht sicher ob vor Schmerz oder wegen der Frage. „Nein. Nicht ins Wasser.“

Das Mädchen gab sich ziemlich wortkarg wie ich fand, daher nickte ich nur leicht und besah mir meinen Versuch sie zu verbinden. Nicht schlecht wie ich fand. „In Ordnung“, sagte ich daher und grinste schief. Das sie mir dabei auf meinen Brustkorb starrte machte mir wenig aus. Ich hatte Muskeln, nicht zu viele, aber es waren eindeutig genug vorhanden um zufrieden zu sein. Das schien auch die schöne Meerjungfrau vor mir so zu sehen. „War das ein Hai?“, hakte ich weiter nach, da sie mir verdammt blass vorkam. Das Letzte was ich gebrauchen konnte war eine schöne Nixe die mir dann noch in Ohnacht fiel. Wieder ein Nicken, wobei ihre blonden Haare verrutschten und mir den Blick auf ihren schlanken Hals preis gaben. „Wir leben mit ihnen. Das war Burái, der Sohn des Anführers der Haie.“

„Netter Kerl“, kommentierte ich sarkastisch und die Nixe warf mir einen schiefen Seitenblick zu, fuhr aber mit ihrer Erklärung fort.
 

Einst lebten die Haie und wir in Einklang miteinander. Wir waren glücklich, denn wir Meerjungfrauen sind nur weiblich, die Haie hingegen männlich und so kam eins zum anderen. Wir mussten keine Gefahr fürchten, denn ein Hai in Rage ist gefährlicher als jedes andere Lebewesen unter dem Meer. Doch dann kam es, das sich ein junges Mädchen in den Sohn des Anführers der Haie verliebte, der allerdings schon eine Partnerin hatte. Es brach ihr das Herz zu sehen wie er die Andere umgarnte, ihr Geschenke gab und sie in seinen Augen praktisch nicht existierte. Die Meerjungfrau war erzürnt und suchte das Gespräch mit seiner Partnerin, die einst ihre beste Freundin gewesen war. Doch alles was sie erntete waren Beleidigungen und voll von Wut und Neid erschlug sie ihre einst so teure Freundin. Schon bald fand man ihren Körper leblos in den Gemächern ihres Mannes, der tobte und seine Traurigkeit und Wut hinaus schrie, das es selbst weit in den Tiefen der See noch zu hören war.
 

Ich sah sie an, denn als sie sprach hatte sie angefangen zu weinen. Stumme Tränen die ihr silbern über die Wangen liefen. „Du hast deine Freundin umgebracht, oder?“ Die Schöne sah mich an und ihr Blick war voller Trauer. „Sie hatte all das was ich nicht haben konnte. Ich wäre gestorben für diesen Mann.“ Mann? Ich dachte es war ein Hai? Ich schob diese Frage aus Rücksicht beiseite und nickte leicht, unsicher was ich machen konnte. „Bring mir eine dieser Blüten da.“ Sie deutete auf ein Haufen Geröll, aus dem eine kleine, rosa Blume spross. Ich tat was sie verlangte und gab sie ihr. Die junge Meerjungfrau steckte sie sich in den Mund, bevor ich noch reagieren konnte und kaute darauf herum, ehe sie diese Schluckte und sich keine zwei Sekunden später in schrecklichen Krämpfen wand. Ich fluchte, hatte ich ihr etwa ein Kraut gegeben welches sie umbringen würde? Nein, als ich zu ihrer Flosse sah, bemerkte ich wie diese sich veränderte. In Beine. Mir musste wohl vor staunen der Mund offen gestanden haben, denn sie zupfte kurz danach an meiner Hose und lächelte zaghaft. „Hilf mir auf, Fremder denn ich will dich begleiten.“

So gelangte ich unerhofft zu einer neuen Weggefährtin die, momentan noch, nackt und schön wie die Sonne vor mir lag. Ich allerdings, war mir in diesem Moment absolut nicht sicher ob das eine so gute Idee war, wie sie dachte, wusste ich doch nicht wohin mich meine Reise noch bringen würde.

Frühstückshäppchen

Zumindest brachte sie mich fort vom Meer und deren Bewohnern. Es stimmte mich traurig zu wissen, was meiner schönen Begleiterin geschehen war. Man sah es ihr an, der Kummer hatte dunkle Ringe unter ihre azurblauen Augen gezeichnet, ihr Blick an sich war stumpf und nur selten von Aufmerksamkeit erfüllt. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gedacht das sie vor Kummer starb.

Als unsere Reise uns weiter gen Norden zog, sprach ich sie darauf an und in ihre Augen trat ein resignierter Ausdruck. „So ist es immer wenn wir an Land gehen. Unser Organismus ist nicht für das dauerhafte Leben auf dem Festland geschaffen. Nehmen wir etwas organisches vom Festland zu uns, verwandeln wir uns und es ist möglich, kurze Strecken auf Land zurück zu legen. Doch je länger wir laufen, je weiter wir uns von Mutter Meer entfernen, umso eher sterben wir. Unsere Lebensspanne verkürzt sich.“ Sie machte eine grazile, wegwerfende Handbewegung als hätte sie etwas banales gesagt. Doch ich schüttelte unwirsch den Kopf.

„Du musst nicht mit mir kommen, ich weis nicht wohin uns diese Reise noch bringt.“

Die Wahrheit war, das ich nicht für ihren Tod verantwortlich sein wollte und wer konnte mir das wohl verübeln? „Und wohin soll ich deiner Meinung nach gehen? Ich kann nicht zurück. Dort ist nichts was mich noch hält und ich werde dort mit Sicherheit einen baldigeren Tod finden als mit dir an Land. Ich werde nicht zurück kehren..“ Ihre Augen hatten einen traurigen Ausdruck und ich sah ihr an, wie schwer diese Last auf ihren Schultern wog. Doch noch wusste ich nicht, wie ich ihr helfen konnte.
 

Selbst als die Dunkelheit bereits ihre Schwingen über uns legte, dachte ich an das Gespräch mit meiner schönen Begleiterin. Ich konnte unmöglich für ihren Tod verantwortlich sein, auch wenn ich wusste, das sie nicht zurück gehen konnte. Nicht so wie es derzeit bei ihr aussah. Sie zurück ins Meer zu schicken, würde ebenso ihren Tod bedeuten, wie das Leben an Land.

Gerne wäre mir ein heftiger Fluch über die Lippen geglitten, doch ich hielt mich zurück. Die kleine Schönheit hatte sich zusammen gekugelt und schlief nun, ihr Haar wie ein kleiner Heiligenschein um ihren Kopf ausgebreitet. Das Verlangen darüber zu streichen war mächtig, doch ich hielt mich auch in diesem Punkt zurück.

Wie war ich nur in diese Situation geraten? Alles war normal gewesen, bis ich in dem Treibsand versank. Glaubte ich zumindest, denn meine Erinnerungen an das, was vorher geschehen war, waren undurchsichtig. Bruchstückhafte Schemen an die ich mich kaum erinnern konnte. Was war geschehen und wieso erinnerte ich mich nicht? Was mich plagte war die Ungewissheit und das Gefühl, etwas wichtiges vergessen zu haben. Einen wichtigen Bestandteil weshalb ich in diesen Schlamassel geraten war. Und dann waren da auch noch die beiden Walküren deren Tod ich herbei führen sollte. Doch ob ich je ein Lebewesen und dazu auch noch solch ein schönes dem Tod übergeben konnte? Die Aussicht das die schöne, aber irre Helene ihren Wahnsinn an ihnen auslies war beängstigend.

„Mhhhm“, das schnurren erklang rechts von mir und ich drehte mich um, um an dem kleinen Feuer welches ich entfacht hatte vorbei zu sehen. Und da stand sie, schön wie die Sünde und mit dem Flackern des Wahnsinns in den Augen die Lippen zu einem kleinen, hinterlistigen Lächeln verzogen. Helene.

„Du denkst an mich? Wie süß, auch wenn deine Meinung über mich nicht die Beste zu sein scheint.“ Mit geschmeidigen Schritten kam sie näher, bis sie sich neben mir auf den Boden setzte. „Hör mir zu Damian.“ Ich war praktisch erstarrt da ich ihr absolut nicht traute. Der Wahnsinn konnte jederzeit wieder über sie herfallen wie ein Wespenschwarm und in diesem Fall wollte ich wirklich nicht in der Nähe sein. „Ich weis das es dir nicht gefällt zu töten. Lobenswert, wirklich.“ Sie nickte, wobei ihre dunklen Haare wild hin und her flogen. Eine Augenbraue wanderte bei mir in die Höhe doch ich schwieg.

„Es ist nur so Junge..“ Sie beugte sich vor und fasste in die Glut, wobei sie ihre Finger darin drehte und kleine Funken aufstoben. Unwillkürlich vergrub ich meine Hände mehr im Schoß. Helene hingegen schien es kaum zu kümmern, auch wenn es widerlich nach angebranntem Fleisch roch. Da war er also wieder, der Wahnsinn der ein ständiger Begleiter von ihr zu sein schien, auch wenn er wohl dieses Mal nicht vollends über sie hergefallen war.

„Wenn du sie mir nicht bringst, werde ich dich in die Finger bekommen und das willst du wirklich nicht erleben!“ Sie riss einen brennenden Stock hervor und rammte ihn mit voller Wucht zwischen meine Beine, wobei sie meine wichtigsten Körperteile nur knapp verfehlte.

„Ich denke wir haben uns verstanden, nicht wahr Damian? Und noch etwas..trau dem Flittchen da nicht. Meerjungfrauen sind tückisch. Die Meisten zumindest.“ Ihr Lächeln war zuckersüß als sie aufstand, mir freundschaftlich auf die Schulter klopfte und das provisorisch aufgeschlagene Lager mit wiegenden Hüften verlies.

Zurück blieben meine schlafende Begleiterin und ich, wobei mir das Herz bis zum Hals schlug und ich noch fassungslos von dem Stock hin zu Helene sah, ehe ich mich rücklings auf den Boden sinken lies und beide Hände in meinem Haar vergrub.
 

Am nächsten Tag fühlte ich mich wie durch den Wolf gedreht. Alle Knochen schmerzten und ich ächzte als etwas die Sonne über mir verdeckte. Widerwillig schlug ich die Augen auf und sah in zwei große Augen. „Morgen Sheyreen“, brummte ich und die Nixe lächelte wobei sie ein Besorgnis erregendes Gebiss offenbarte. Eine Reihe nadelspitzer Zähne die eher an die eines Raubtieres erinnerte. Ich kam mir vor wie ein Hase über dem ein Fuchs verharrte, bereit zum Zubeissen. Doch ich blinzelte meine Besorgnis erregenden Gedanken fort.

„Morgen Damian“, entgegnete sie kehlig und strich sich eine blonde Strähne hinter ihr Ohr.

„Ich hab Hunger.“

Oh Gott, das sah ich. Wenn sie so aussah wenn sie Hunger hatte...mein Herzschlag machte einen unkontrollierten Hüpfer vor Schreck. Ihre Augen waren nicht mehr als katzenartige Schlitze und ihr Gesicht wirkte scharfkantiger als noch am Tag zuvor. Sie hatte so süß ausgesehen so unschuldig und jetzt wirkte sie eher so als wäre ich ihr Frühstück.

„Uhm...was isst du denn sonst so?“, fragte ich vorsichtshalber und blinzelte ehe ich mit der Hand eine leichte Geste machte.

„Könntest du bitte...äh ich würde gern aufstehen.“

„Natürlich.“ Sie wich von mir zurück, so das ich mich aufsetzen konnte und machte einen Schmollmund, was durch ihr verändertes Gesicht etwas merkwürdig wirkte. Wahrscheinlich sollte es süß wirken, ich fand es allerdings eher Besorgnis erregend.

„Ich glaube nicht das du das wirklich wissen willst..aber was Fleischiges wäre schon toll.“

Was Fleischiges? Wir waren praktisch im Nirgendwo aber vielleicht war es besser jagen zu gehen und diese junge..Frau? Fisch? Nixe? Herrgott keine Ahnung, es war wohl besser sie bei Laune zu halten. „Ich seh mal was ich machen kann“, antwortete ich lahm und stand auf.

Wann hatte ich überhaupt zuletzt gut geschlafen? Es schien ewig her zu sein..leider. So langsam zehrte das Ganze nicht nur an meinen Nerven sondern auch an meinem Körper.

„Danke“, entgegnete die junge, eigentlich hübsche Frau an meiner Seite. „Nicht nur das du was zu Essen suchst sondern für Alles. Für deine Hilfe. Es gibt nicht viele Menschen die jemanden wie mir helfen würden..das ist irgendwie ritterlich.“ Sie lachte leise und warf mir einen tiefen zutraulichen Blick zu. Oder war es hungrig? Ganz gleich ich klopfte meine Hose frei vom Dreck und nickte, ehe ich mich auf machte und etwas in dem Wald suchte, was sich zu jagen lohnte.
 

Wie sich heraus stellte war ich verdammt gut im Fallen legen und ergatterte zwei Kaninchen, die ich zurück zum Lager brachte. Es waren gut zwei Stunden vergangen und Sheyreens Laune schien sich gen Nullpunkt zu bewegen. Sie war gereizt, hatte Ringe unter den Augen und wirkte abgespannt. Ich warf ihr einen Hasen zu und dann tat sie etwas, was mir den Mund offen stehen lies. Ihr Mund war riesig, irgendwie klappte sie ihren Kiefer aus und fraß den Hasen, ohne sich die Mühe zu machen ihm das Fell abzuziehen. Ihre Zähne erledigten die Arbeit und mir lief es eiskalt den Rücken runter als ich diesem gruseligen Spektakel zusah. Essen konnte man dazu nun wirklich nicht mehr sagen. Sie fraß, schlang das Tier in sich hinein wobei das Brechen der Knochen mir Übelkeit verursachte. Gut für das Tier, das es bereits durch meine Hand gestorben war. Oder viel mehr durch meine Falle.

Danach sah sie zumindest besser aus, die Schlitze in ihren Augen verschwanden und auch ihre Reißzähne wurden wieder normal. Sheyreen rülpste leise und dezent, sah mich dabei aber entschuldigend an. „Tut mir leid, ich hab nur lange nichts mehr zu mir genommen und..ja das war nötig.“

„Aha.“ Ich stand noch immer wie ein Volldepp da und starrte sie fassungslos an. Zur Hölle was kam noch? Ich hatte geglaubt sie wäre eine hübsche, junge Frau die einfach Hilfe benötigte. Aber welche, mal übertrieben gesprochen, Jungfrau in Nöten fraß einen ausgewachsenen Hasen am Stück? Samt Fell, Knochen und Innereien? „Was dachtest du denn wie wir essen?“, fragte sie nun etwas schnippisch und leckte sich die Finger ab. „Glaubst du im Wasser können wir uns ein Feuerchen anzünden und essen alle an einem Tisch? Himmel Damian ich seh vielleicht jetzt aus wie ein Mensch, aber ich bin immer noch ein Kind von Mutter Meer. Das sind meine normalen Instinkte und wenn ich Hunger habe, kann ich etwas rabiat werden. In der Regel esse ich andere Fische und hin und wieder mal..Sachen die ins Meer fallen.“

„Schwimmer? Matrosen?“, fragte ich prompt und bereute meine Frage augenblicklich.

„Auch die“ gestand die Schönheit zögerlich. „Aber ich würde dir nie etwas antun, du hast mir geholfen. Oder willst es zumindest. Ich verspeise niemanden den ich mag.“

„Oh, beruhigend“, gab ich trocken zurück und hob den verbliebenen Hasen hoch, während ich das eben gehörte erst einmal verdauen musste. So wie es schien, würde das noch eine lange Reise werden und das, mit einer ziemlich gefährlichen Begleitung. Und sie war eine Frau, zumindest dem Äußeren nach und sie war verdammt launisch wie ich mitbekommen hatte. „Nachschlag?“

„Du brauchst auch etwas Nahrung, du siehst fertig aus. Ist etwas letzte Nacht passiert?“

Ich wusste nicht ob etwas Lauerndes in ihrer Stimme lag, doch ich bemühte mich nicht an Helene zu denken und an ihre Warnung. Wenn man mich fragte konnte man dieser nicht trauen. Sheyreens Blick hingegen sagte mir das sie wohl nicht so tief geschlafen hatte wie ich dachte.

„Helene war die Nacht hier“, gestand ich und beobachtete die Reaktion der nun wieder hübschen Meerjungfrau.

„Die Schwester vom Tod? Ah..“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen, sarkastischen Lächeln. „Darf man erfahren wie du an die Schwester von Gevatter Tod kommst? Nur wenige kennen sie oder ihren skelettierten Bruder. Selbst bei uns werden Geschichten erzählt von der schönen, irren Helene die eng mit dem Wahnsinn verbunden ist. Du steckst in Schwierigkeiten, Junge.“

Und da begann ich zu erzählen, von den Walküren, meiner Reise die in die Ungewissheit führte. Und davon, das ich mich nicht erinnerte was davor gewesen war.

Sheyreen strich ihre lange Mähne zurück und beobachtete mich, wie ich den Hasen zubereitete und über das Feuer hing, das zwar klein geworden war, doch noch immer brannte. Die knisternde Glut und die Wärme des Feuers gaben mir nur wenig Hoffnung.

„Mhmpf“, machte die Blonde.

„Also weist du im Grunde nichts, außer das du die Walküren finden musst, die du im Grunde nicht ausliefern möchtest?“ Ich nickte leicht und lies mich wieder neben dem Feuer zu Boden sinken.

„Du bist ein seltsamer Mann Damian. Aber diese Reise auf der du dich befindest, wird dir helfen. Auf die eine oder andere Weise. Und ich werde dir so lange beistehen wie ich es kann.“

Ihre Worte entlockten mir ein kleines, schmales Lächeln. „Das hört sich so hintergründig an. Als wüsstest du mehr als ich.“

Die junge Frau neigte den Kopf, die azurblauen Augen auf mich gerichtet.

„Ich bin alt Damian und ich habe so manche Geschichte aufgeschnappt. Wenn es das ist was ich denke, wirst du es nicht leicht haben. Der Tod und die Gefahren lauern überall. Und im Gegensatz zu Helene ist es dem Tod nur Recht, wenn du vorzeitig ablebst. Es ist ein Spiel und du bist nichts weiter als eine Figur zwischen Helene und ihrem Bruder, die sich die Langeweile der Ewigkeit vertreiben. Gibst du mir ein Stück?“ Ihr Blick hing an dem Hasen der noch nicht wirklich durch war, doch ich riss ihr ein großes Stück ab und gab es ihr.

Mehr war aus ihr nicht heraus zu bekommen, doch die Aussicht das es für die Beiden nur ein Machtkampf war, vielleicht sogar nur eine Wette wie lange ich durchhielt, war frustrierend. Und ich hatte noch immer keine Ahnung, wer ich wirklich war.

Ein fragwürdiges Angebot

Ich konnte mich, soweit ich weiß, nie richtig an meine Träume erinnern. Ich schlief ein und wachte meist mit einem Gefühl auf, aus dem ich schließen konnte, ob es gut, oder schlecht gewesen war, was mich im Schlaf aufgesucht hatte.

Doch ich konnte keine Bilder sehen, die Erinnerung entglitt mir noch bevor ich sie richtig greifen konnte. Fast wie der Nebel der nun zwar kühl auf meiner Haut lag, aber einfach nicht zu fassen war.

Der kühle Dunst umschmeichelte die Landschaft und auch meine kleine Meerjungfrau, die nun schon zu lange in ihrer menschlichen Gestalt umher wanderte, um mich zu begleiten.

Mein Gewissen biss mich immer weiter, denn es war klar, dass Sheyreen diese Reise nicht lange mit machen konnte.

Je weiter wir uns vom Meer entfernten, umso seltsamer und stiller wurde sie. Natürlich musste sie wieder zurück ins Meer, in ihr Element und in die Welt, in der sie gehörte. Doch sie war auch eine Frau und, wie ich hatte feststellen müssen, eine äußerst sture.

Auch wenn sie dann und wann unheimlich wirkte, steckte doch ein weicher Kern in ihr. Sie war auf eine entzückende Art und Weise anders. Eine dumpfe Erinnerung trieb dicht unter dem Grau meiner Gedanken, schaffte es aber nicht hervor zu brechen. Es war mehr wie ein vages Gefühl das es jemanden gab der auf mich wartete, irgendwo. Das Gefühl nicht in diese Welt zu gehören hatte sich in den letzten Tagen immer weiter verstärkt, aber wenn ich nicht hier her gehörte, wohin dann?

Nachdenklich presste ich die Lippen aufeinander und schloss die Augen in der Hoffnung ein Bild herauf zu beschwören. Einen kleinen Hinweis darauf, wer ich wirklich war, was ich hier machte und was…davor war.

Meine ersten Erinnerungen kamen mit dem Einsinken in den Treibsand, aber was alles davor, entzog sich meiner Kenntnis.

Als ich frustriert die Augen öffnete, sah ich das Sheyreen mich beobachtete, auf den Boden hockend und den Kopf nachdenklich zur Seite geneigt.

„Dich bedrückt etwas.“

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung und sie traf damit mal wieder genau ins Schwarze. Seufzend ging ich zu ihr und setzte mich neben die schlanke Frau, die nun Füße anstatt eines schillernden Schwanzes besaß.

„Mag sein“, lenkte ich ein und als sie mich auffordernd ansah, sah ich mich gezwungen weiter zu sprechen.

„Ich weiß rein gar nichts. Ich weiß nicht einmal woher ich wirklich komme, was ich gemacht habe, ich weiß noch nicht einmal ob es jemanden in meinem Leben gab…gibt der auf mich wartet.“

Verbitterung schlich sich in meine Stimme und ich wusste selbst nicht so genau, woher diese Frustration eigentlich stammte.

„Das Erste woran ich mich erinnere sind die Walküren und der Treibsand. Davor ist nur...Leere. Dunkelheit.“

Ächzend griff ich mir in die wirren, dichten Haare und raufte sie mir, während Sheyreens rosa Zunge hervor trat und sie sich über die Lippen leckte.

Eigentlich eine kleine, unbedeutende Geste, doch bei der hübschen Meerungfrau wirkte das Meiste irgendwie etwas lasziv und alles andere als unschuldig. Nur gut, dass ich in dem Moment keinen Blick dafür hatte.

„Ich könnte dir helfen…wenn du mir hilfst Damian. Eine Hand wäscht die andere. Und es wird weh tun. Alles. Die Erinnerung, die Prozedur.“

Hatte ich gehofft das sie etwas Struktur in die verdrehten Windungen meines Hirns brachte, so hatte ich mich scheinbar geirrt. Die junge Meerjungfrau verstand es meine Verwirrung noch weiter zu schüren und den Knoten in meinem Hirn weiter zu verdrehen.

„Häh?“, kam es daher nur etwas perplex und scheinbar ziemlich dämlich von mir, was ihr hingegen ein kleines, schiefes Grinsen entlockte.

„Mein Speichel enthält Gift. Ich bin toxisch Damien, wenn ich es dosiere kannst du träumen.“

Ich winkte ab. „Ich kann mich nie an meine Träume erinnern, das dürfte nicht viel helfen.“

„Weil du es nie zulässt. Du verdrängst es weil du dich nicht erinnern willst. Ich kann dich dazu bringen das du diesen Traum nie vergisst.“

Nun schlich sich ein fast schon gemeines Grinsen auf ihre Züge, was mit den scharfen Zähnen ziemlich bedrohlich wirkte. Vorbei wars mit lasziv und hübsch, hin und wieder war sie auch ziemlich gruselig, wie ich zugeben musste. Und als hätte sie meine Gedanken erraten fügte sie hinzu „Und ich werde dich nicht essen während du schläfst, versprochen.“
 

Noch immer war ich skeptisch, aber wenn es mir half…was sollte schon schief gehen? Ich vertraute ihr seltsamerweise, vielleicht weil ich um ihre Vergangenheit und ihr Schicksal wusste. Sie war eine Verstoßene und bereit mir zu helfen und wenn wir mal ehrlich sind, konnte ich jede Hilfe gebrauchen die ich kriegen konnte.

„In Ordnung“, stimmte ich zu, ehe ich es mir anders überlegen konnte. Denn ob ich wollte oder nicht, ein kleiner Teil in mir fürchtete sich vor dem, was ich vielleicht sehen würde. Oder ich machte mich einfach nur bekloppt und würde letzten Endes nur von rosa Elefanten und Einhörnern träumen. Alles war möglich, aber ein kleiner Restzweifel blieb.

„Gut“, antwortete Sheyreen und klatschte in ihre zarten Hände.

„Aber mach mir nachher keine Vorwürfe, ich hab dich gewarnt das es schmerzen wird.“

Bewegung kam in die junge Frau, die kurzerhand ihre Arme um meinen Nacken legte und sich halb auf mich setzte.

Dafür das sie so grazil war, konnte sie sich verdammt schwer machen. Wieso sie das tat, wurde mir nur Sekunden später klar, als sie mir ohne Umschweife wie ein verdammter Vampir in den Hals biss.

Nicht auf die vorsichtige, erotische Weise die man sich gerne vorstellte. Nein, sie biss verdammt heftig zu und ich konnte spüren, wie ihre verdammten Zähne mühelos durch meine Haut drangen.

Doch ehe ich mir Gedanken über eventuelle Keime machen konnte (immerhin hatte sie das Kaninchen glatt roh vertilgt), setzte der angekündigte Schmerz ein. Es war als würde mein Hals in Flammen stehen, ein beißender Schmerz der sich bis in meine Schädeldecke ausbreitete und dafür sorgte, dass ich versuchte sie von mir zu schubsen.

Mit mäßigem Erfolg, denn sie verbiss sich fester und als mein Körper auch noch taub wurde und kleine, helle Punkte vor meinem inneren Auge aufplatzten, war ich mir sicher, dass sie ihr Wort brach und mich doch anfressen würde…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja ihr Lieben, seit langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen von mir. Auch wenn das Kapitel kurz ist, hoffe ich, dass ich etwas eure Neugierde schüren konnte ;) Ich verspreche das es weiter gehen wird und sich auch nach und nach einige Fragen aufklären werden. Bis dahin danke ich euch fürs lesen und freue mich natürlich über Feedback.
Eure Shenea Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  _t_e_m_a_
2012-09-28T05:24:47+00:00 28.09.2012 07:24
Arw, ich mag die Geschichte *_____*
Der etwas andere Schreibstil und die etwas seltsame Handlung, faszinierend *^*
Ich will mehr lesen! :3

Jetzt hat er sich doch glatt ne Meerjungfrau geangelt xD
Und der Start der Story ist auch zu gut xD Da wo andere enden - beim Tod - beginnt diese Story erst. Unser Held trifft auf Gevatter Tod und seine durchgeknallte Schwester :DD

Also wirklich, alles supi, ich liebe es :3

liebe grüße, die tema~♥
Von: abgemeldet
2012-04-05T22:28:33+00:00 06.04.2012 00:28
So, wieder ein Kapitel gelesen ;)

Wenn es dich nicht stört, würde ich dir an dieser Stelle, gerne ein paar Tipps geben.
Zu Erst würde ich dir empfehlen Absätze zu machen. Also nur eine kleine Formsache, die einem aber das Lesen unglaublich erleichtert.
Zum einen muss ich sagen, dass die Kommentare der Hauptperson mich wirklich hin und wieder zum schmunzeln bringen. Was mich alle3rdings stört ist, dass man von ihm nicht viel weiß. Bis jetzt haben wir erfahren: Er ist männlich, nicht mal 23 Jahre alt und dem Tod gerade von der Schippe gesprungen, muss aber dafür 2 neue Opfer bringen.
Anstonsten wars das schon. Wir wissen nicht wie er aussieht, wie er in diese Situation gekommen ist und kennen keinen einzigen seiner Charakterzüge, außer dass er sarkastischen Humor hat und um himmelswillen, wir haben noch nicht einmal seinen NAmen erfahren.
Beim Lesen geht es darum sich mit der Hauptfigur zu identifizieren, mit ihr mitzufiebern, sich mit ihr zu freuen und genau so gespannt auf die nächste Seite zu sein, als wäre man wirklcih gerade mitten drin. Das geht aber nur, wenn man die Hauptfigur, kennt. Seine Stärken und Schwächen. Je mehr man weiß, desto besser ;)
(Natürlich sollte man den Leser auch nicht mit sinnlosen Details totschwafeln)

Ansonsten habe ich eigentlich nichts zu sagen.
Lass sich von meiner Kritik bitte nicht zurückwerfen, denn sie soll nur ein kleiner Tipp sein. Deine Geschichte hat Potiential, ja wirklich!
Dein Schreibstil ist wirklich gut, baust du jetzt noch mehr Einzelheiten ein, könnte diese geschichte wirklich absolut genial werden ;)

soo, das wars auch schon fürs erste.
Ich wünsche dir viel Glück bei dem Wettbewerb (Bis jetzt hast du ja seeeehr gute Chancen xD)

lg FarbKlecks
Von: abgemeldet
2012-04-05T22:14:56+00:00 06.04.2012 00:14
Soo, erster :DD

Erst einmal möchte ich mich bedanken, dass du an meinem Wettbewerb teilnimmst und mich auch gleichzeitig entschuldigen, dass ich erst jetz dazu komme, dir einen Kommentar zu hinterlassen, aber in letzter Zeit hatte ich keiner ach blablabla offline-Phase blabla..sry, aber dass musste ich heute einfach schon zu oft schreiben xD
Naja hier tut es ja nichts zur Sache

Kapitel 1 ist schon mal recht interessant, auch wenn man noch nicht so genau weiß um was es geht (was aber in Geschichten oft der Fall ist)

ich werde mich gleich mal an Kapitel 2 machen und schauen wies weiter geht ;)


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