Zum Inhalt der Seite

Vampire Love (1) - Halbblut

Takuma Ichijo & Chiyo
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Vorweg
 

Ich betone vorweg, dass diese Geschichte, wie bei Fanfictions üblich, nur teilweise meinen eigenen Gedanken entspringt und Rahmenhandlung, Orte und Charaktere des Mangas/Animes „Vampire Knight“ in teils veränderter Weise übernommen sind. Sie sind das Eigentum von Matsuri Hino.

Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen und die Geschichte gefällt euch.

Eure Chisaku
 

.......................................................
 

Prolog
 

Es war erst halb sieben morgens und doch stand Chiyo bereits vor ihrer neuen Schule. Sie hatte ihren Termin beim Schuldirektor so früh, weil sie schon heute am Unterricht teilnehmen wollte.

Wieso sie überhaupt hier wahr? Nun, ihre jüngere Schwester ging auf die Cross Akademie und hatte ihre Mutter so lange bequatscht bis sie auch sie hierher geschickt hatte, um auf ihr Schwesterchen aufzupassen. Sie hatte also nur aus diesem Grund sämtliche Prüfungen über sich ergehen lassen müssen.

Na dann los.

Sie betrat das Gebäude und folgte der Beschreibung auf ihrem Zettel bis sie schließlich vor dem Büro des Rektors stand. Leise klopfte sie an und wurde hereingebeteten.

„Guten Morgen, du bist sicher Chiyo. Das hier ist meine Tochter Yuki, sie wird dir dein Zimmer zeigen und dich zum Unterricht begleiten.“

Chiyo verneigte sich höflich und folgte dem braunhaarigen Mädchen ins Wohnheim Sonne. „Ich hoffe du fühlst dich hier wohl, so ein Wechsel mitten im Schuljahr ist besonders in einem höheren Schuljahr ja nicht so einfach.“

„Ich lasse mich einfach überraschen, vielen Dank für deine Hilfe.“

Als sie ihr Zimmer betrat, machte ihre neue Mitbewohnerin sich gerade für die Schule fertig. Es war ein aufgeweckt wirkendes blondes Mädchen: „Oh guten Morgen, ich bin Suri. Freut mich dich kennenzulernen.“

„Mein Name ist Chiyo, hallo.“ Chiyo packte schnell ihre Sachen aus und alles in ihre Schultasche um, was sie für den Unterricht brauchte.

Dann ging sie mit Suri zusammen zur ersten Stunde.

Verwandtschaft!

Verwandtschaft!
 

Sie stand vor der versammelten Klasse und wurde vom Klassenlehrer vorgestellt: „Das ist Chiyo Hanashi und sie wird eure neue Klassenkameradin. Seid freundlich zu ihr und dich, Suri, bitte ich, deiner Zimmerpartnerin nach dem Unterricht das Gelände zu zeigen und alles Wichtige zu erklären.“

Chiyo nahm zwischen Suri und Yuki Platz und der Unterricht begann. Sie stellte fest, dass sie das Thema schon von ihrer alten Schule kannte und war froh, keine Schwierigkeiten beim Einstieg zu bekommen. In den folgenden Fächern war es ähnlich.

Nach dem Unterricht zog Suri sie hektisch mit sich: „Komm mit, wir müssen uns beeilen! Die Night Class Schüler gehen gleich zum Unterricht! Sie sind einfach umwerfend! Besonders Aido-senpai sieht wirklich traumhaft aus. Er…“

Chiyo blendete das Mädchen aus und vertiefte sich in ihre eigenen Gedanken.

Die Night Class bestand aus Vampiren, das wusste sie, denn sie selbst war ein Mischling. Sie hatte dem Rektor auch angeboten Yuki und Zero zu unterstützen, da sie sich ihrer vampirischen Seite nicht minder verpflichtet fühlte als ihrer menschlichen und sie von den Plänen, die Rektor Kurosu hatte, sehr fasziniert war. Sie wusste schließlich, dass ein friedliches Leben zwischen Mensch und Vampir möglich war.

Sie war der lebendige Beweis dafür.

Ihr Vater starb zwar kurz nach ihrem dritten Geburtstag, als er sie und ihre Mutter vor einigen Level E Vampiren beschützte, aber sie alle hielten ihn in ehrenhafter Erinnerung, sogar ihr Stiefvater respektierte den Verstorbenen sehr und hatte ihr oft von ihm erzählt. Sie waren damals Freunde gewesen.

Suri zerrte Chiyo zu einer ganzen Horde kreischender Mädchen, die vor dem Eingang zum Wohnheim Mond standen und hätte sie sie nicht so festgehalten, wäre sie sofort rückwärts gelaufen und niemals freiwillig in diesen riesigen Auflauf hinein.

Glücklicherweise blieb sie wenigstens am äußeren Rand stehen, um in der ersten Reihe zu sein und nicht übersehen zu werden.

Dann war es soweit und die Tore öffneten sich.

Dass die Night Class Schüler allesamt ziemlich gut aussahen, verwunderte Chiyo nicht weiter. Sie waren eben Vampire. Für Menschen war ihre Ausstrahlung etwas sehr Faszinierendes. Sie war diesen Anblick allerdings gewohnt, da ihre Familie väterlicherseits sie akzeptierte wie sie war und einen engen Kontakt zu ihr pflegte.

Momentmal, war einer ihrer Cousins nicht auch auf die Cross Akademie gewechselt? Sie meinte sich daran zu erinnern, dass Misaki ihr auf dem letzten Geburtstag davon erzählt hatte.

Und tatsächlich, während sie nachdenklich Löcher in die Luft starrte, war ein teuflisch gutaussehender Junge mit wildem schwarzen Haar und grauen Augen direkt vor ihr stehen geblieben und wartete ungeduldig auf eine Reaktion ihrerseits bis es ihm zu viel wurde.

Zero näherte sich ihnen nämlich bereits zielstrebig mit äußerst finsterer Miene.

Also schnippte er mit seinen Fingern vor ihrem Gesicht herum: „Erde an Chiyo! Ist jemand zu Hause?“

Chiyo legte den Kopf schief und blinzelte ihn überrascht an: „Misaki-kun? Wo kommst du denn her?“ „Ich stehe seit geschlagenen zwei Minuten vor deiner Nase, du blinde Nuss.“ Er schnippte ihr gegen die Stirn und sie schlug genervt nach seiner Hand: „Hey! Lass das gefälligst, geh lieber zum Unterricht.“

Lachend zerwühlte er ihr gründlich die Haare und verschwand, bevor Zero ihn erreichen konnte.

Na wunderbar! Es war ihr erster Tag und schon wurde sie vor versammelter Night und Day Class bis auf die Knochen blamiert.

Suri schrie sie schon fast an, so aufgeregt war sie: „Chiyo, verdammt, woher kennst du Misaki-senpai? Ihr seid so vertraut miteinander, sag bloß zwischen euch läuft etwas, bist du seinetwegen hierher gewechselt?“

Hilfe! Warum hilft mir denn keiner? Chiyo sah sich fast panisch um, denn inzwischen war sie von neugierigen und eifersüchtigen Mädchen geradezu umzingelt.

„Ihr habt hier nichts mehr zu suchen, verschwindet gefälligst in euer Wohnheim!“ Zero scheuchte die Menge auseinander und Chiyo, der bereits die Tränen in den Augen glitzerten, sah ihn dankbar an: „Danke. Die sind ja richtig unheimlich.“

Der Silberhaarige sah sie abschätzig an: „Du bist doch auch so ein Vampir, ich weiß nicht, was der Rektor sich dabei denkt, dich in die Day Class zu stecken.“

„Wahrscheinlich das Gleiche wie bei dir. Ich bin ja nicht blind und ich brauche kein Blut. Ich lebe wie ein ganz normaler Mensch. Ich bin lediglich etwas widerstandsfähiger und habe eine kleine Abweichung von der normalen Eckzahnlänge.“

Zero schnaubte verächtlich und ging wieder.

Chiyo seufzte schwer und machte sich kopfschüttelnd auf den Weg zum Direktor, um zu erfahren ob er ihr Angebot, Guardian zu werden, annahm.

Als sie das Büro betrat, lächelte Rektor Kurosu sie freundlich an: „Oh, Chiyo, schön dass du hier bist. Ich wollte gerade nach dir schicken lassen. Also ich bin sehr erfreut über dein Angebot und würde es auch sehr gerne annehmen. Ich mache dich zum dritten Guardian, allerdings habe ich in der nächsten Woche erst einmal eine andere Aufgabe für dich als das Gelände und die Schüler zu überwachen. Ich habe kurzfristig beschlossen einen kleinen Frühjahrsball zu veranstalten, an dem beide Klassen teilnehmen sollen. Das fördert bestimmt ein gutes Verhältnis zwischen den menschlichen und vampirischen Schülern. Allerdings muss jeweils aus beiden Klassen ein Schüler an der Planung teilnehmen. Darum sollst du ab sofort die Zeit, in der Yuki und Zero draußen sind, nutzen und mit dem Vizevorstand des Wohnheimes Mond zusammenarbeiten.“

Chiyo freute sich selbstverständlich sehr über das Vertrauen des Direktors in sie und bedankte sich für eine so verantwortungsvolle Aufgabe: „Danke Herr Direktor, ich werde mich bemühen, meine Arbeit zu Ihrer Zufriedenheit zu verrichten.“

Der Direktor überreichte ihr eine Armbinde, die sie als Vertrauensschülerin auswies und entließ sie wieder mit den Worten: „Du kannst gleich heute Abend anfangen, Misaki wird dir sicher zeigen, wo du hin musst.“

Chiyo verneigte sich rasch und begab sich schnell wieder zum Unterrichtsgebäude, denn sie wollte niemanden warten lassen.

Die Night Class Schüler hatten offensichtlich bereits Pause und sahen sie mit Neugier, Skepsis oder purer Arroganz an, während sie nach ihrem Cousin suchte.

„Chiyo-chaaaaan! Suchst du mich, Kat-?“ Chiyo hielt Misaki den Mund zu, ehe er weitersprechen konnte: „Sag mal, willst du mich schon an meinem ersten Tag so sehr blamieren, dass ich wieder gehe? Du brauchst es nur zu sagen, wenn du mich nicht hier haben willst!“

War er denn vollkommen verrückt geworden? Seit dem letzten Halloween hatte er einen ganz bestimmten Spitznamen für sie, der ihr wirklich peinlich war.

Misaki befreite sich aus ihrem Griff und grinste so breit, dass sie sogar seine Eckzähne sehen konnte: „Ach komm schon, Chiyo-chan, das war so niedlich!“

„Misaki-kun?“

Er kam näher: „Jaaaaaaaa?“

Sie packte ihn an seiner Krawatte und zog zu: „Wenn du das noch einmal tust, häng ich dich am nächsten Baum auf, du… du… arrrgghhh!“

Sie ließ ihn wieder los und er rieb sich den Hals: „Du verbringst zu viel Zeit mit Sakura. Die versucht auch ständig mich umzubringen.“

Chiyo winkte ab: „Ich mag dich leider viel zu sehr, als dass ich das könnte, aber beschwör es nicht herauf. Eigentlich wollte ich auch nur wissen, wer euer Vizevorstand ist und wo ich ihn finden kann.“

„Ichijo-kun? Er wird in seinem Arbeitszimmer im Wohnheim sein, soll ich dich hinführen?“

„Das wäre sehr liebenswürdig von dir.“

„Ich liebe dich auch, Cousinchen.“ Er stieß ihr neckend den Ellenbogen in die Seite.

Chiyo grinste schief: „Ich weiß.“

Gemeinsam gingen sie zum Wohnheim Mond und Misaki erklärte ihr schnell wo sie genau hin musste, denn er selbst war schon spät dran, wenn er nicht zu spät zur nächsten Unterrichtsstunde kommen wollte: „Dieser Yagari ist wirklich fies. Bis morgen Chiyo-chan und lass dich nicht anknabbern.“

Sie winkte ihm noch kurz nach und betrat dann das luxuriöse Gebäude.

Der Vizevorstand

Der Vizevostand
 

Ehrfürchtig stieg sie die Treppe hinauf und wandte sich nach links. Die siebte Tür auf der rechten Seite hatte Misaki gesagt. Als sie vor besagter Tür stand, holte sie einmal tief Luft und klopfte an.

„Ja, bitte?“

Die Stimme auf der anderen Seite war verblüffend weich, stellte sie fest und drückte die Türklinke hinunter.

„Entschuldige bitte, bist du Ichijo-san?“ Chiyo blinzelte kurz, vor ihr stand ein wirklich umwerfender blonder Vampir mit leuchtenden grünen Augen.

Er lächelte sie freundlich an: „Ja, ich bin Takuma Ichijo und wer bist du?“

„Oh, Verzeihung! Wie unhöflich, mein Name ist Chiyo Hanashi, ich bin erst heute früh angekommen und Rektor Kurosu hat mich als Vertrauensschülerin gebeten, dich bei der Planung des Frühlingsballs zu unterstützen.“ Sie verneigte sich leicht vor ihm, so wie es sich in ihrer Stellung gehörte, und wartete auf seine Reaktion.

„Das ist wundervoll, ich kann ein wenig Hilfe sehr gut gebrauchen. Bitte entschuldige die direkte Frage, aber bist du ein Vampirjäger? Direktor Kurosu lässt ein einfaches Mädchen doch sicher nicht in ein Haus voller Vampire hineinlaufen.“

Chiyo winkte lächelnd ab. Takuma Ichijo schien sehr höflich zu sein, seine Eltern mussten sehr angesehen sein, wenn er eine so tadellose Erziehung genossen hatte. „Nur zu, du kannst mich gerne fragen, was immer du möchtest. Wenn ich nicht antworten mag, dann sage ich es dir. Aber nein, ich bin kein Vampirjäger, ich bin ein Mischling. Mein Vater war ein Vampir, ich bin Misaki-kuns jüngere Cousine.“

„Misaki hm?“ Das war wirklich interessant.

Er war noch nie einem Halbblut begegnet und Chiyo roch kaum nach einem Vampir, man könnte meinen, sie wäre lediglich mit einem zusammen gewesen.

„Der Ball ist bereits in ein paar Tagen, unser lieber Direktor hat oft ganz plötzliche Einfälle. Ein Orchester ist bereits organisiert, die Schüler sind auch schon alle informiert, aber alles andere fehlt noch.“

Takuma zog eine Akte aus dem Stapel auf seinem Schreibtisch und reichte sie ihr: „Dort sind Vorschläge für das Buffet enthalten und hier“, er reichte ihr noch zwei weitere Akten, „verschiedene Blumen und Stoffe für die Dekoration.“

Chiyo blätterte erstaunt eine Mappe nach der anderen durch und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.

Takuma beobachtete sie dabei und versuchte ihren Gesichtsausdruck zu deuten, dann ließ er sich neben ihr aufs Sofa sinken und blickte ebenfalls in die Akten hinein, um zu sehen, worüber sie nur ständig den Kopf schüttelte.

„Gefällt dir die Auswahl nicht?“

Erschrocken zuckte sie zusammen und sah ihn mit aufgerissenen Augen an, sie war so vertieft gewesen, dass sie ihn gar nicht bemerkt hatte: „Um Himmels Willen, wieso erschreckst du mich denn so fürchterlich?“

Der Vampir kicherte leise und lächelte sie freundlich an, irgendwie war das Mädchen ja ganz niedlich: „Entschuldige, aber du siehst so unzufrieden aus, mich würde interessieren, was dich stört und was du gerne anders machen würdest.“

Chiyo klappte erneut kopfschüttelnd die Mappen zusammen und gab sie ihm zurück: „Ich frage mich, wozu ich überhaupt hier bin. Du hast doch alles bereits perfekt durchplant, es fehlen nur noch feste Entscheidungen, die dann durchgeführt werden müssen.“

Verwundert schaute er sie an und blätterte flüchtig noch einmal durch die erste Mappe. Dass sie sich überflüssig vorkam, hatte er nicht erwartet und ihr enttäuschter Blick verwirrte ihn ein wenig.

„Ich werde dem Direktor dann sagen, dass du alles gut im Griff hast. Ich möchte deine Planung nicht behindern. Wenn du Hilfe beim Aufbau oder der Überwachung des Saals brauchst, helfe ich dir natürlich gern.“ Mit einem traurigen Seufzen erhob Chiyo sich und versuchte ihn fröhlich anzulächeln, bevor sie ging.

„Warte.“ Er griff nach ihrem Handgelenk, damit sie nicht verschwand: „Ich kann deine Hilfe sehr wohl gebrauchen. Es soll schließlich beiden Klassen gefallen und sie einander näher bringen. Du weißt bestimmt eher, was Menschen zusagt als ich. Außerdem…“ er lächelte entschuldigend, „… wir sind alle adeligen Blutes, aber die Day Class setzt sich besonders nach Können und Talenten zusammen, es sollte sich niemand deplatziert vorkommen, nicht wahr? Du siehst, deine Unterstützung wäre mir durchaus sehr hilfreich.“

Einen Moment lang sah sie ihn nur schweigend an, dann senkte sie den Kopf ein wenig, um zu verbergen, dass sie errötete: „Meinst du das wirklich ernst?“

Er lächelte breit: „Natürlich, lass uns doch gleich morgen Früh in die Stadt gehen. Es ist Samstag und du hast keinen Unterricht, wir können uns ein paar Blumengeschäfte ansehen.“

Verlegen strich Chiyo sich eine Haarsträhne hinters Ohr: „Aber ist die Sonne nicht unangenehm für dich? Wir könnten auch bis zum späteren Nachmittag warten.“

Sie machte sich also Sorgen um ihn? Das Mädchen schien ganz anders als die anderen Day Class Schülerinnen zu sein und auch mit Yuki und Zero konnte man sie nicht vergleichen. Ihm fiel außer niedlich und schön, nichts ein, was sie beschreiben könnte.

„Das ist schon in Ordnung, ich bin nicht so empfindlich.“

Immer noch lächelte er und Chiyo wurde zunehmend nervöser, das geschah ihr doch sonst nicht bei Vampiren. „Gut, dann… ähm… um zehn am Eingangstor?“

„Einverstanden. Dann solltest du jetzt aber lieber zurückgehen, um etwas zu schlafen. Es ist bereits halb elf und dein erster Tag war bestimmt anstrengend.“

Er sah sie neugierig an und stellte amüsiert fest, dass ihr Gesicht inzwischen fast glühte. „Ja, das wäre sicher vernünftig.“ Sie bewegte sich auf die Tür zu, hielt dann aber inne und sie beide starrten überrascht auf ihr Handgelenk. Er hielt sie noch immer fest. „Ähm, Ichijo-san? Könntest du bitte… ähm…?“

Sofort ließ er sie los und rieb sich den Nacken: „Entschuldige bitte, gute Nacht.“

„Gute Nacht.“ Sie flüsterte vor Verlegenheit fast nur noch und huschte schnell aus dem Zimmer und den Flur entlang.

Unglücklicherweise schienen die Night Class Schüler heute Nacht nicht sehr lange Unterricht gehabt zu haben. Sie konnte sie bereits hören, noch ehe sie die Treppe erreicht hatte.

„Sag mal, Kuroi-kun, wer war denn die Kleine, die du heute Abend angemacht hast? Hast du eine heimliche Menschenfreundin?“

Als Chiyo um die Ecke bog, sah sie wie Misaki einen blonden Jungen mit hellblauen Augen bedrohlich anstarrte: „Ich warne dich Aido, wenn du sie anrührst, dann…“

Er brach ab und drehte seinen Kopf ruckartig zu ihr herum, er hatte sie selbstverständlich als Erster gerochen. „Du bist noch hier?“

Alle Augen waren nun auf Chiyo gerichtet, die mit einer unangenehmen Gänsehaut langsam die Treppe hinunterging. „Ja, aber ich wollte gerade gehen.“

Nicht weit von Misaki und dem Jungen, den er mit Aido, wahrscheinlich sein Nachname, angesprochen hatte, stand Kaname Kuran.

Sie wusste natürlich, wer er war.

Sie erkannte einen Reinblüter mittlerweile auf einhundert Meter Entfernung.

Wie es sich gehörte verneigte sie sich vor ihm: „Verzeiht bitte die Störung, mein Name ist Chiyo Hanashi, ich bin die neue Vertrauensschülerin und Direktor Kurosu hat mich beauftragt Ichijo-san bei der Planung des Frühjahrsballs zu unterstützen.“

Der Reinblüter lächelte zwar flüchtig und höflich, aber ansonsten zeigte sein Gesicht nur wenig Regung: „Es freut mich, dich kennenzulernen Chiyo.“

Misaki trat neben sie und verneigte sich ebenfalls flüchtig: „Wenn Ihr erlaubt, Kaname-sama, würde ich Chiyo gerne zum Tor geleiten.“

Kaname nickte kurz und zog sich dann zurück. Auch die anderen Vampire zerstreuten sich und beachteten sie nicht weiter.

„Warte hier bitte kurz auf mich, ich bringe nur schnell meine Bücher nach oben.“ Misaki huschte rasch die Treppe hinauf und ließ sie einen Augenblick allein.

„Du kennst Kuroi-kun also schon länger ja?“ Der blonde Junge stand nun direkt neben ihr und schnupperte an ihrem Haar: „Du scheinst ein ganz normaler Mensch zu sein, wie kommt das?“

„Hanabusa, lass sie in Ruhe.“ Hinter Aido stand noch ein weiterer Vampir, der wohl ungefähr so groß wie ihr Cousin war und rotbraunes Haar und ebenso rötlichbraune Augen besaß: „Entschuldige, ich bin Akatsuki Kain und das Hanabusa Aido.“

Chiyo nickte ihm kurz zu: „Chiyo, freut mich.“ An Aido gewandt sagte sie: „Ich bin nur zur Hälfte Mensch und ja ich kenne Misaki-kun schon sehr lange.“

„Waaas? Halb Mensch und halb Vampir? Das habe ich ja noch nie gehört.“ Erstaunt sah der Blondschopf sie an und dann legte er plötzlich einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Seine Augen wurden rot und er schob ihren Hemdkragen ein Stück beiseite: „Darf ich dein Blut einmal probieren? Es riecht köstlich und ich habe noch nie das eines Halbblutes probiert. schmeckst du anders als Menschen?“

„Nein, ich möchte nicht, dass du von meinem Blut trinkst, deshalb lass mich bitte wieder los.“ In Gedanken rief sie bereits nach Misaki, falls sie sich nicht selbstständig befreien konnte. Sie kannte die Kräfte des Vampirs schließlich nicht.

Da Aido sie weiterhin festhielt, konzentrierte sie sich und versetzte ihm anschließend einen telekinetischen Schlag. Es funktionierte und er wurde mehrere Schritte zurückgestoßen, ehe er sich wieder gefangen hatte. Ihre Kräfte waren nur gering und verlangten ihr viel ab, aber in Situationen wie diesen, reichten sie manchmal aus.

Wütend funkelte sie den Vampir an: „Fass mich ja nicht noch einmal an! Ich bin vielleicht nur ein Halbblut, aber deshalb lasse ich mich gewiss nicht behandeln wie eine laufende Selbstbedienungsbar! Schluck deine Bluttabellen, wenn du Durst hast! Jeder andere kann das schließlich auch!“

Ein kurzes Klatschen ertönte von der Treppe: „Bravo, Chiyo-chan. Du wirst ja immer besser.“ Misaki kam mit einem zufriedenen Grinsen auf sie zu geschlendert und warf Aido im Vorbeigehen einen vernichtenden Blick zu.

„Lass uns gehen.“ Er legte einen Arm um sie und führte sie zur Tür, mit einem Lächeln winkte sie Kain kurz zum Abschied zu.

Dornen

Dornen
 

Es war punkt zehn Uhr, als Takuma freundlich lächelnd auf die am Schultor wartende Chiyo zueilte. Er blieb allerdings nicht bei ihr stehen, sondern zog sie sofort weiter.

„Entschuldige bitte, aber ich möchte nicht, dass dir etwas passiert.“

Sie schaute verwirrt in sein noch immer lächelndes Gesicht: „Wieso sollte mir denn etwas passieren?“

„Du hast doch gestern Abend erlebt, wie … euphorisch … deine Mitschülerinnen sein können und manchmal sind sie dabei auch sehr rücksichtslos.“

Chiyo verstand, er wollte von den Mädchen der Day Class nicht entdeckt werden.

„Oh, also, dass es schlimm ist, wusste ich ja, aber so extrem hatte ich es nicht eingeschätzt.“
 

Als die Akademie weit genug hinter ihnen lag, verlangsamte Takuma seinen Schritt und beobachte das Halbblutmädchen neben ihm aus dem Augenwinkel heraus.

Ihre Wangen zierte ein schwacher rosafarbener Schimmer und sie blickte leicht nach unten. Dennoch wirkte sie nicht übermäßig schüchtern auf ihn.

„Wieso bist du mitten im Schuljahr auf die Akademie gewechselt, ist deine Familie umgezogen oder ist es vielleicht wegen Misaki-senpai?“

Chiyo blickte auf und lächelte sacht, sie hatte bereits mit dieser Frage gerechnet.

„Nein, Misaki-kun hat damit nichts zu tun und meine Eltern leben seit einigen Jahren nicht allzu weit von hier entfernt. Meine Schwester besucht die Cross Akademie schon seit der Grundschule. Ehrlichgesagt ist es ganz allein ihre Schuld. Sie hat so lange gebettelt und sogar meine Mutter überredet, bis ich endlich zugesagt habe, auf ihre Schule zu gehen.“

„Deine Schwester bedeutet dir sehr viel, nicht wahr?“

Nun strahlte Chiyo regelrecht: „Ich liebe meine gesamte Familie über alles, aber sie ist die jüngste und seit sie im Wohnheim Sonne lebt, vermisst sie mich anscheinend sehr. Allerdings wundert es mich ein wenig, dass sie mich noch nicht begrüßt hat.“

Sie schaute einen Moment lang nachdenklich in den Himmel, zuckte dann aber nur mit Schultern.

Takuma war bemüht sein Schmunzeln zu verbergen, Chiyo war wirklich eine sehr gutherzige Person.

Sie sah ihn an und schenkte ihm ein kleines Lächeln, das er erwiderte.
 

Ein paar Minuten später hatten sie dann schließlich ihr Ziel erreicht und Takuma führte sie in das erste Blumengeschäft.

„Sieh dich in Ruhe um und sag einfach Bescheid, wenn dir etwas gefällt.“

Takuma ließ seinen Blick ebenfalls schweifen, doch es war weit interessanter Chiyo heimlich zu beobachten, während sie fast ehrfürchtig zwischen Gestecken und Sträußen umherging und mit leuchtenden Augen und einem faszinierten Lächeln auf den Lippen alles genau betrachtete.

Plötzlich drehte sie sich dann um und winkte ihn zu sich.

„Ich glaube wir sollten Gestecke und Sträuße aus verschiedenfarbigen Gerbera nehmen. Sie sind farbenfroh und sehr symbolisch für den Frühling, außerdem stehen sie für Glück. Wenn man sie mit etwas Grün und ein Schleierkraut kombiniert, sieht das sicher sehr schön aus. Elegant, aber schlicht. Das ist es doch, was du wolltest, nicht wahr?“

Takuma musste gestehen, dass er ziemlich beeindruckt war und die Idee ihm gefiel. „Das wird gewiss sehr schön, gehen wir nach vorn und bestellen, was wir brauchen.“

Er reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen, da sie immer noch vor einem Strauß auf dem Boden kniete.

Mit einem schüchternen Lächeln ließ Chiyo sich wieder auf die Füße ziehen.

Takumas Hand war kühl und sie bemerkte erst jetzt wie schlank die Finger des Vampirs waren. Er war von Kopf bis Fuß wirklich der schönste Vampir, den sie jemals gesehen hatte und die blonde Haarsträhne, die ihm in das makellose Gesicht fiel, hatte es ihr, neben seinen tiefgrünen Augen, ganz besonders angetan.

Sie fragte sich ob sein Haar wirklich so seidig und weich war, wie es aussah.

„Ist alles in Ordnung, Chiyo-chan? Geht es dir nicht gut?“

Sie blinzelte kurz, und blickte direkt in Takumas besorgtes Gesicht. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihn anstarrte.

„Ähm, mir geht es gut, alles in Ordnung. Entschuldigung.“

Sie spürte wie ihr die Hitze in die Wangen stieg und blickte rasch zu Boden, um die Röte auf ihren Wangen zu verbergen. Doch da sie ihr Haar, wie so oft, nach hinten geflochten hatte und die zwei einzelnen Strähnen, die ihr Gesicht noch umrahmten, nicht viel bedeckten, war dieser Versuch nicht besonders erfolgreich.

Takuma kicherte leise.

Das wievielte Mal sie wohl schon errötete, seit sie sich gestern Abend kennengelernt hatten?

Sie gingen gemeinsam zur Ladenbesitzerin, die gerade damit beschäftigt war, drei große Rosensträuße nach vorn zu tragen.

„Warten Sie, ich helfe Ihnen.“

Ehe der junge Vampir sich versah, war Chiyo auch schon an ihm vorbeigerauscht und hatte der Frau einen der Sträuße abgenommen.

Allerdings bemerkte er dafür sofort den süßen Duft, der plötzlich in der Luft lag.

Chiyo musste sich an einem Dorn gestochen haben, denn es war ganz unverkennbar der Geruch ihres Blutes, den er nun sehr intensiv wahrnahm.

Schnell wandte er sich ab, um seine roten Augen zu verbergen.

„Ichijo-san?“ Chiyo sah den Rücken des Vizehausvorstandes besorgt an.

„Du machst das schon, ich gehe kurz hinaus.“

Mit eiligen Schritten verließ er das Geschäft und ließ eine verwirrte Chiyo zurück.

Draußen huschte er in eine kleine Seitengasse neben dem Blumenladen und lehnte sich dort an die Wand, während er mit tiefen Atemzügen die frische Luft in seine Lunge saugte.

Nachdem Chiyo die Gestecke und Sträuße für den Ball bestellt hatte, folgte sie Takuma hinaus.

„Ichijo-san? Wo bist du?“

Sie sah genau um, doch er war nirgends zu sehen.

„Ich bin hier.“

Sie folgte seiner Stimme, die direkt aus der Gasse neben ihr kam.

Dort stand er und sah sie mit leuchtend roten Augen an.

„Ichijo-san, stimmt etwas nicht? Brauchst du eine Bluttablette?“ Chiyo betrachtete ihn besorgt und erschrak, als er plötzlich ihre Hand ergriff und diese an seine Lippen zog.

Erst jetzt sah sie das Blut, das noch immer von ihrem Finger tropfte und als der Vampir mit seiner Zunge über die kleine Wunde strich, um das Blut aufzulecken, lief sie augenblicklich tomatenrot an.

Takuma beobachtete Chiyos Gesichtsausdruck aus halb geschlossenen Augen, während er mit seiner Zunge über ihre Haut fuhr.

Sie schmeckte wirklich herrlich süß.

Die kleine Kostprobe weckte einen starken Blutdurst in ihm und das heftige Pulsieren in seinen Reißzähnen machte ihn fast verrückt, doch er bemühte sich einfach zu lächeln und wieder etwas Abstand zwischen sie zu bringen. Dann flüsterte er mit rauer Stimme: „Entschuldige bitte, das hätte nicht passieren dürfen.“

Chiyo starrte mit heftig schlagendem Herzen auf den Boden vor ihren Füßen und murmelte leise: „Schon gut, ich hätte besser aufpassen sollen. Es ist nicht deine Schuld.“

Sie schenkte ihm ein schüchternes Lächeln.

Dann standen sie eine Weile schweigend da bis das Klingeln ihres Handys die unangenehme Stille durchbrach.

Erschrocken zuckte sie zusammen und suchte das kleine Gerät in ihrer Handtasche.

„Ja hallo?“

„Chiyo-chan, hier ist Yume.“

Chiyo freute sich, als sie die melodische Stimme der Reinblüterin hörte, doch es machte sie auch ein wenig nervös. Yume rief sie selten ohne Grund an.

„Yume-san, wie geht es dir? Ist etwas passiert?“

Takuma, der durch das laute Klingeln ebenfalls wieder Herr seiner Sinne geworden war, konnte die weiche Stimme am anderen Ende der Leitung dank seines feinen Gehörs ebenfalls hören, auch wenn er eigentlich nicht lauschen wollte. Aber er verspürte eine ihm unbekannte Neugierde für alles, was das hübsche Halbblutmädchen vor ihm betraf.

„Nein, es ist nichts passiert. Mach dir keine Sorgen. Ich habe von Misaki gehört, dass du von Direktor Kurosu zum Guardian ernannt wurdest. Ich möchte dir dafür nur gratulieren, ich bin sehr stolz auf dich, Chiyo-chan. Gut gemacht. Wenn es dich nicht stört, komme ich zum Frühjahrsball, um euch zu besuchen.“

Chiyos Augen weiteten sich erstaunt, während die Worte der Vampirin in ihr Bewusstsein drangen: „Yume, bist du dir sicher, dass du das tun willst? Du musst das nicht meinetwegen machen. Es geht mir hier gut und…“

„Nein, ich möchte das tun.“

Yumes Stimme war nur um ein kleines bischen lauter geworden, doch Chiyo zuckte sofort zusammen. Sie hatte Yume scheinbar beleidigt.

Sie hörte sie kurz Seufzen, ehe sie fortfuhr: „Chiyo-chan, ich komme nicht, weil ich der Akademie nicht traue und dich beschützen möchte. Du bist alt genug, du brauchst mich schon lange nicht mehr so wie früher. Ich vermisse dich, du bist doch immerhin meine kleine Onee-chan.“

Einen kurzen Augenblick lang war es ganz still und Takuma meinte eine kleine Träne in Chiyos Augenwinkel glitzern zu sehen.

Dann flüsterte sie leise: „Ja, tut mir leid. Ich freue mich auf dich und ich hab dich lieb … Onee-san.“

Mit einem vor Glück gerötetem Gesicht legte sie auf und lächelte Takuma so liebevoll an, dass er glaubte, ihm bliebe gleich das Herz stehen.

„Yume kommt zum Ball.“

Familie

Familie
 

„Yume?“ Takuma neigte fragend seinen Kopf zur Seite.

„Ja, sie ist Misaki-kuns Halbschwester. Sie ist etwas ganz besonderes, aber sie hasst große Menschenansammlungen. Es wundert mich, dass sie freiwillig kommen möchte.“

Takuma führte Chiyo aus der Seitengasse heraus und zurück auf die Straße.

„Möchtest du vielleicht etwas essen gehen, Chiyo-chan?“

Chiyo öffnete ihre Lippen, um zu antworten, doch noch bevor sie einen Laut von sich geben konnte, reagierte stattdessen ihr Magen mit einem äußerst lauten Knurren auf seine Frage.

Während sie peinlich berührt zur Seite blickte, hörte sie Takuma leise lachen und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zog er sie in eine kleine Eisdiele.

Dort bugsierte er sie sanft aber bestimmt an einen der hinteren Tische und drückte ihr dann eine Eiskarte in die Hand.

Es vergingen mindestens zehn Minuten bis Chiyo aufgab und die Karte einfach beiseitelegte: „Bitte suche einfach etwas aus, Ichijo-san. Ich kann mich nicht besonders gut entscheiden.“

Takuma schmunzelte vergnügt und gab für sie beide eine Bestellung auf.

„Ich möchte nicht aufdringlich sein, Chiyo-chan, aber darf ich dich noch etwas zu Yume fragen?“

Chiyo nickte lächelnd: „Sicher, du kannst ruhig fragen, was immer dich interessiert. Wenn ich nicht antworten kann oder mag, dann sage ich es dir schon.“

Takumas Lächeln wurde breiter, er hatte noch nie ein Mädchen kennengelernt, das so umgänglich und pflegeleicht war wie Chiyo.

„Wieso nennst du Yume Onee-san? Wenn sie Misakis Halbschwester ist, du aber nur seine Cousine bist, dann könnt ihr doch eigentlich keine Schwestern sein, oder?“

Chiyo sah auf ihre Hände und spielte etwas nervös mit ihren Fingern. Sie wurde immer nervös, wenn es um die schöne Reinblüterin ging und sie wurde in ihrer Gegenwart auch stets eigenartig schüchtern.

„Yume ist auch nicht meine Schwester. Eigentlich sind wir nicht einmal blutsverwandt. Unser Stammbaum ist ziemlich wirr, wenn ich ehrlich bin. Misaki, Sakura und sie haben dieselbe Mutter. Ich bin aber über unsere Väter mit ihnen verwandt. Die enge Verbindung, die ich mit Yume habe, liegt darin, dass ich erst dank ihr von der gesamten Familie anerkannt wurde. Außer meinem Onkel, seinen Kindern und auch seiner Frau hat mich niemand dort akzeptieren wollen. Aber ich glaube, du weißt selbst, wie es in vielen eurer Adelsfamilien aussieht. Menschen werden von ihnen nicht besonders geschätzt. Yume hat mich immer beschützt, wie eine große Schwester.“

Mit leicht geröteten Wangen kratzte Chiyo sich verlegen an der Wange: „Klingt ziemlich kitschig oder?“

Takuma schüttelte den Kopf und schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln: „So kitschig ist es gar nicht. Aber ich freue mich sie bald kennenzulernen. Sie scheint sehr liebevoll zu sein.“

Chiyo senkte betrübt ihren Blick. Takumas Freude über Yumes Besuch versetzte ihr einen kleinen Stich im Herzen. Sie wusste, wenn er die Vampirin erblickte, würde er sie vermutlich ebenso verehren wie jeder andere. Chiyo war nicht böse auf Yume, sie konnte ja nichts dafür und sie zog sich genau aus diesem Grund auch oft in die Einsamkeit zurück. Doch Takuma war für Chiyo etwas ganz Besonderes.

Sie kannte ihn zwar noch keine vierundzwanzig Stunden, doch er hatte sie mit seiner warmherzigen und charmanten Art vollkommen in seinen Bann gezogen.

Ein schwerer Seufzer stahl sich über ihre Lippen und Takumas fröhliches Lächeln wich augenblicklich einem besorgten Stirnrunzeln.

Was hatte sie nur? Ihre Stimmung schien heute mehrfach umzuschlagen. Ob sie sich bei ihm nicht wohlfühlte? Er hoffte wirklich sehr, dass es nicht an ihm lag.

Behutsam legte er eine Hand an ihre Wange und drückte ihr Gesicht sanft ein Stück nach oben, damit er besser darin lesen konnte.

„Fehlt dir etwas, Chiyo-chan? Du siehst traurig aus.“

Einen Moment lang konnte Chiyo ihrem Gegenüber nur wortlos in seine smaragdgrünen Augen blicken. Sie wollte gerne in ihren warmen Tiefen versinken, doch der sorgenvolle Schatten, der sich in ihnen spiegelte, holte sie wieder aus ihren Gedanken.

„Ähm, nein, es ist alles in Ordnung. Tut mir leid, ich werde manchmal etwas melancholisch, wenn es um … meine Verwandtschaft geht.“

Takuma glaubte nicht, dass sie ihm den wahren Grund genannt hatte, beließ es jedoch dabei. Wenn sie darüber reden wollte, würde sie es schon tun.

Schließlich kamen auch endlich ihre beiden Eisbecher und Chiyo staunte über das Kunstwerk aus vielen saftig roten Erdbeeren, Erdbeersoße, weißen Schokoladenraspeln sowie Vanille- und Erdbeereis, das nun vor ihr stand.

„Ich hoffe du magst Erdbeeren. Ich finde sie passen gut zu dir.“ Takuma lächelte sie nun wieder an und Chiyo ließ sich gerne von seiner Fröhlichkeit anstecken.

Er war wirklich der wundervollste Vampir, der ihr je begegnet war und der einzige, der sie nervös machte. So schüchtern wie in seiner Gegenwart, war sie selten.

Aber sie blühte auch nur in der Gesellschaft von wenigen Personen so auf.

Es war seltsam, es fühlte sich ganz natürlich an mit ihm zusammen zu sein, als wäre es nie anders gewesen.

„Ja, ich liebe Erdbeeren. Vielen Dank.“

Nun da Chiyo ebenfalls wieder glücklich zu sein schien, genoss Takuma es ihr dabei zuzusehen, wie sie genüsslich ihren Erdbeerbecher aß und schob sich dabei immer mal wieder einen Löffel seines eigenen Eisbechers in den Mund.

„Möchtest du anschließend noch irgendwohin oder sollen wir lieber wieder zur Akademie zurückkehren?“

Takumas Frage überraschte Chiyo, wollte er tatsächlich noch Zeit mit ihr verbringen? Sie hatten sich doch schon für Blumen entschieden und es war mitten am Tag. Die Mittagssonne musste sehr unangenehm für seine Augen sein.

„Ähm, also ich glaube wir sollten wieder zurückgehen. Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, wenn du heute Abend schwarze Ringe unter den hast, wenn du zum Unterricht gehst. Normalerweise schläfst du um diese Zeit doch sicher.“

Ihre Sorge um ihn schmeichelte Takuma sehr und er schenkte ihr wie so oft inzwischen ein warmes Lächeln: „Keine Sorge, Chiyo-chan. Ich habe schon ein wenig geschlafen, ehe wir losgegangen sind und ich habe heute auch keinen Unterricht. Ich muss mich noch um etwas Papierkram kümmern und wir zwei haben auch noch genügend zu tun.“

Chiyo runzelte die Stirn: „Dann solltest du erst recht zurück gehen, ich will dich nicht von deinen Pflichten abhalten.“

Schnell nahm sie einen großen Löffel voll Vanilleeis und schob ihn in ihren Mund. Sie wollte sich beeilen, damit Takuma nicht noch mehr von seiner kostbaren Zeit verlor.

Doch stattdessen musste sie feststellen, dass es etwas zu viel Eis auf einmal gewesen war und ihr traten aufgrund der Kälte die Tränen in die Augen.

Während Chiyo nun heftig mit der Hand vor ihrem Gesicht wedelte und versuchte das Eis hinunterzuschlucken ohne Magenschmerzen zu bekommen, versuchte Takuma nicht lauthals loszulachen.

Er hielt sich mit der einen Hand den Mund zu und mit der anderen den Bauch.

Das Glucksen konnte er aber dennoch nicht vollständig unterdrücken: „Chiyo-chan, was tust du denn da? Du siehst wirklich köstlich aus.“

Chiyo errötete heftig und wischte sich eine Träne aus dem Auge.

Doch ehe sie etwas antworten konnte, wurde sie plötzlich stürmisch von hinten umarmt.

„Onee-san!“

Verwirrt drehte Chiyo sich um und blickte in die braunen Augen ihrer kleinen Schwester.

„Matsuri-chan, was tust du denn hier?“

„Ich war im Buchladen, um mir deinen neuen Mange zu kaufen, weil ich es zur Herausgabe vor drei Wochen pleite war. Siehst du!“

Stolz hielt das Mädchen ihre neue Eroberung hoch.

Chiyo seufzte leise: „Du sollst doch kein Geld dafür ausgeben, ich habe doch immer ein Exemplar für dich.“

Takuma blinzelte erstaunt und sah dann zu Chiyo, die nun wie eine Tomate leuchtete und verlegen zur Seite blickte.

„Chiyo-chan, du hast mir nicht erzählt, dass du Mangaka bist.“

„Chiyo-chan ist die beste, Ichijo-senpai!“, rief Matsuri stolz und zeigte ihm, was ihre Schwester gezeichnet hatte.

Doch Takuma winkte mit einem breiten Grinsen ab: „Ich weiß, ich habe die ganze Reihe in meinem Regal stehen. Sie ist momentan meine Lieblingsreihe.“

Chiyos Herz schlug ihr bis zum Hals und sie glaubte jeden Moment einfach umzufallen, weil ihr Blutdruck zu hoch war.

Doch stattdessen lenkte Takuma ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst auf sich: „Chiyo-chaaaaan?“

Unsicher schielte sie zu ihm hinüber und schluckte, ehe sie zittrig fragte: „Ja, Ichijo-san?“

„Signierst du sie mir, wenn du mich heute Abend besuchen kommst?“

Chiyo riss ihre Augen weit auf und Matsuri neben ihr errötete entsetzt: „Onee-chan!“

Verzweifelt versuchte ihre große Schwester sich zu rechtfertigen: „Es ist nicht so, wie du denkst! Ich helfe Ichijo-san nur bei den Vorbereitungen für den Frühjahrsball! Also hör auf mich so schockiert anzusehen, Onee-chan!“

Matsuri ignorierte die Rechtfertigung ihrer Schwester einfach und verneigte sich rasch flüchtig vor Takuma: „Auf Wiedersehen, Ichijo-senpai. Die Störung tut mir leid.“

Dann drückte sie Chiyo einen Kuss auf die Wange und verließ fluchtartig und mit nach wie vor rotem Gesicht das Eiscafé.

Takuma grinste Chiyo weiterhin schief an: „Deine Zeichnungen sind sehr schön und deine Geschichten gefallen mir auch sehr.“

„Danke, ich hätte nicht gedacht, dass du so etwas lesen würdest.“

„Wenn ich die Zeit dazu habe, außerdem sind deine Geschichten süß ohne gleich übertrieben kitschig zu wirken. Ich freue mich schon auf die nächste.“

Takumas Komplimente schmeichelte Chiyo mehr, als alle anderen, die sie jemals bekommen hatte, auch wenn sie sie schon einmal gehört hatte.

Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf
 

Nachdem Takuma bezahlt hatte, kehrte er mit Chiyo zur Akademie zurück.

Da es bereits später Mittag war, waren natürlich auch einige Day Class Schüler draußen anzutreffen, die große Augen machten, als sie Chiyo mit dem gutaussehenden Vizevorstand der Night Class aus der Stadt kommen sahen.

Takuma klopfte ihr ermutigend auf die Schulter: „Wenn sie zu aufdringlich werden oder du um dein Leben fürchten musst, darfst gerne zu mir flüchten. Ich beschütze dich dann.“

Mit einem schelmischen Zwinkern und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen verabschiedete er sich von ihr und eilte schnellen Schrittes durch das Tor zum Haus Mond.

Kaum war er verschwunden wurde Chiyo von ihrer Zimmerkameradin Suri umklammert, die fast hysterisch quiekte: „Chiyo-chan! Wie machst du das nur? Erst Misaki-senpai und jetzt auch noch Ichijo-senpai! Verrate uns dein Geheimnis!“

„Ja, sag uns, wie du an sie herankommst!“

„Warum sind die Night Class Schüler immer bei dir, Chiyo-chan?“

„Was habt ihr gemacht? Hattet ihr ein Date?“

„Schenkst du ihm zum Sankt-Schokolatius-Tag Schokolade?“

Eine Frage nach der anderen prasselte auf sie nieder und Chiyo unterdrückte nur mühsam den Drang, Takuma augenblicklich nachzulaufen.
 

Der Vampir war hingegen hinter dem Tor stehen geblieben. Er unterstellte der Day Class nichts Böses, aber er wollte sichergehen, dass Chiyo nichts passierte und die Situation nicht eskalierte. Denn auch, wenn die meisten Mädchen miteinander von den Vampiren schwärmten, gab es doch auch einzelne, die ernsthaft bösartig werden konnten, wenn sie sich von einer Konkurrentin bedroht fühlten.

Er hatte bereits seine Hand an die Klinke der schweren Tür gelegt, als auf der anderen Seite eine tiefe Stimme über den Hof donnerte.

„Hey! Verzieht euch!“

Takuma hörte, wie die Mädchen kreischend und schimpfend auseinanderstoben. Vor Zero hatten sie scheinbar alle etwas Angst.

Der Guardian konnte aber auch furchteinflößend sein, wenn er es wollte.

Beruhigt schlenderte Takuma zum Wohnheim und war froh, als ihn die Dunkelheit der Eingangshalle aufnahm.

Seine Augen schmerzten von der grellen Mittagssonne, aber das nahm er gern in Kauf, wenn er an die Zeit mit Chiyo dachte.

Es war eigenartig, aber er hatte das Mädchen bereits sehr ins Herz geschlossen und er freute sich bereits darauf ihr hübsches Gesicht heute Abend wieder erröten lassen zu können.

Mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen machte er sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer, um die Unterlagen durchzusehen, die Kaname ihm in der vorigen Nacht gegeben hatte, nachdem Chiyo gegangen war.
 

Obwohl keine Schule war und die Night Class darum auch nicht ins Schulgebäude wechselte, mussten die Guardians nachts ihren Wachdienst antreten. Denn es gab immer noch genügend Schüler und Schülerinnen, die sich nicht an die Ausgangssperre oder die Abgrenzung der Night Class hielten.

Es gab sowohl Vampire, die herumstreiften und hofften zufällig einen Menschen zu finden, dessen Blut sie heimlich trinken konnten als auch menschliche Schüler, die hofften ihrem Schwarm zu begegnen.

Chiyo war Zero sehr dankbar für seine Hilfe am Tag gewesen, doch er hatte sie nur verächtlich angesehen und war anschließend mit einem leisen Schnauben davongegangen.

Sie wusste um seine Situation, Misaki hatte ihr einmal davon erzählt, und sie konnte seinen Hass auf die vampirische Rasse verstehen. Sie selbst wäre vermutlich genauso, wenn man ihre Familie ermordet und sie mit der Verwandlung und dem Wissen, zu einem Monster zu werden, am Leben gelassen hätte.

Dennoch hoffte sie, dass Zero vielleicht doch noch lernen würde, dass es unter Vampiren ebenso gute wie schlechte gab, genau wie bei den Menschen.

Als sie so darüber nachdachte, fiel ihr auch Yume plötzlich wieder ein. Sie meinte sich daran zu erinnern, dass sie dabei gewesen war, als Misaki ihr Zeros Geschichte erzählt hatte. Sie glaubte, dass sie sie damals sogar zum ersten Mal hatte weinen sehen. Nicht richtig, aber ihr war eine einzelne Träne die Wange hinuntergerollt und dann hatte sie wortlos den Raum verlassen.

Chiyo schüttelte ihre Gedanken rasch ab und machte sich mit einem Seufzen auf den Weg zum Haus Mond.

Sie wollte Takuma heute nicht so spät stören wie am Vorabend und da es bereits halb acht war, beeilte sie sich lieber.

Für Takuma war das zwar nicht sonderlich spät, da er ja eigentlich nachtaktiv war, doch weil sie ihm schon einen Teil des Tages gestohlen hatte, wollte sie ihm nicht auch noch seine nächtliche Zeit nehmen.

Vorsichtig betrat sie das Haus Mond und traf in der Eingangshalle bereits auf einige Vampire. Unter ihnen auch Akatsuki Kain und Hanabusa Aido.

Chiyo verneigte sich höflich vor den Anwesenden: „Guten Abend“, und ging erst dann die Treppe hinauf in das erste Stockwerk.

Aufgrund ihres guten Gehörs konnte sie einige Murmeln hören: „Was will die denn schon wieder hier?“

Doch sie straffte einfach nur die Schultern und ging geradewegs zu Takumas Arbeitszimmer.

Dort angekommen klopfte sie behutsam an die Tür, bevor sie eintrat.

Überraschenderweise saß Takuma jedoch nicht an seinem Schreibtisch, sondern lag schlafend auf dem Sofa. Auf seiner Brust lag ein Manga, genauer gesagt ihr Manga.

Mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen und klopfendem Herzen schlich Chiyo zu ihm und legte den Manga auf einen kleinen Tisch.

Anschließend beugte sie sich über den schlafenden Vampir und betrachtete wie hypnotisiert sein makelloses Gesicht.

Er sah aus wie ein schlafender Engel und Chiyo hatte viel zu viel Ehrfurcht vor seinem Anblick, als dass sie ihn hätte wecken können.

Darum trat sie so leise sie konnte an den Stapel mit den Akten für das Fest heran und ließ sich in einen Stuhl sinken, der gegenüber vom Sofa stand.

Doch anstatt sich die einzelnen Menüs anzusehen, die in der Mappe aufgelistet waren, beobachtete sie weiterhin den jungen Adligen.

Sie wusste nicht wie lange sie so dasaß, es interessierte sie auch gar nicht. Außer Takuma nahm sie nichts wahr.

Dass dieser irgendwann die Augen aufschlug, schien Chiyo nicht zu registrieren.

Er tat es ihr eine Zeit lang gleich und wartete darauf, dass sie sein Aufwachen bemerkte. Doch das tat sie offensichtlich nicht.

Sie hatte ein Bein untergeschlagen und sah ihn mit halb geschlossenen Augen und leicht geöffneten Lippen einfach nur an.

Ihre karamellfarbenen Augen schimmerten im warmen Licht der Kerzen fast golden und auch ihr hellbraunes Haar, das sich allmählich aus ihrem Zopf löste, umschmeichelte weich ihr Gesicht.

Doch nicht nur ihr Anblick zog Takuma in seinen Bann, sondern auch ihr Duft.

Es war als würde ihr Blut singen, ihn locken wie eine Sirene.

Dieser Gesang war es gewesen, der ihn geweckt hatte und nur mühsam konnte er den aufkommenden Blutdurst und das heftige Pochen in seinen Fängen zurückdrängen.

Er schloss die Augen für einen Augenblick bis sie nicht mehr rot glühten und wieder so grün waren wie sonst auch.

Er wollte Chiyo auf keinen Fall ängstigen.

Doch als er die Lider wieder hob, betrachtete sie ihn noch immer mit demselben verträumten Blick wie zuvor.

Ein Lächeln legte sich auf Takumas Lippen und ganz langsam erhob er sich.

Erst als er fast vor ihr stand, blinzelte Chiyo verwirrt und hob ihren Blick. Ihre Augen wurden immer größer, während sie heftig errötete.

„Ichijo-san… ich…“

Doch Takuma legte ihr einen Finger auf die Lippen und bedeutete ihr zu Schweigen.

„Danke für deine Rücksicht, Chiyo-chan, aber du darfst mich gerne jederzeit wecken.“ Dann zog er vorsichtig die Mappe von ihrem Schoß und sie auf die Füße.

Doch Chiyo war noch so irritiert und peinlich berührt, dass ihre Beine ganz weich und zittrig waren. Bevor sie aber hinfiel, fing Takuma sie leise lachend auf.

„Vorsichtig, Chiyo-chan. Es ist nicht gut, wenn du dich verletzt.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, fuhr er behutsam mit dem Daumen über die Fingerspitze, an der sie sich am Morgen gestochen hatte.

Er führte sie zum Sofa und setzte sich dort mit ihr hin, dann gab er ihr lächelnd die Mappe zurück.

Er verlor kein Wort darüber, dass sie ihn beobachtet hatte und auch nicht davon, dass er es ihr gleich getan hatte.

Chiyo war dankbar dafür, auch wenn sie von letzterem nichts wusste.

„Hast du dich schon für etwas entschieden?“

Chiyo schüttelte den Kopf: „Nein.“

Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

„Dann suchen wir gemeinsam etwas aus.“

Er lehnte sich dicht zu ihr hinüber, so dicht, dass Chiyo seinen Duft wahrnehmen konnte. Sie entwickelte zwar keinen Blutdurst, wie vollblütige Vampire, doch ihre Nase war ähnlich empfindlich. Takuma roch kühl und frisch, fast so wie die Waldluft nach einem kräftigen Regenschauer, der alles reinigte. Es war ein beruhigender Duft und sie atmete ihn tief ein.

„Was hältst du von einer Suppe als Vorspeise?“ Takuma sah Chiyo aus dem Augenwinkel an und beobachtete wie sie nachdenklich an ihrem Daumen nagte.

Es lenkte ihn von ihrem Geruch ab, er konzentrierte sich so gut er konnte auf ihre Gestik, Mimik und ihre Stimme.

„Das ist eine gute Idee, vielleicht eine schlichte Miso-Suppe und dazu kleine Frühlingsrollen?“

Takuma nickte: „Mit Glasnudeln oder mit Tofu?“

„Mit beidem. Wir haben in der Mensa heute welche zum Abendessen bekommen und die Geschmäcker schienen dabei sehr auseinanderzugehen.“

Takuma huschte ein Schmunzeln über das Gesicht. Wie aufmerksam Chiyo doch war, sie schien ihre Aufgabe wirklich sehr ernst zu nehmen. Es bereitete ihm Freude ihr bei der Planung zuzusehen. Normalerweise hatte selbst viel Spaß und Freude daran Feste zu organisieren, aber dieses Mal, erfreute es ihn noch viel mehr, zu beobachten wie Chiyo ebenfalls darin aufging.

Er gab ihr nur ab und an einen kleinen Stoß, um nicht unbeteiligt zu wirken.

So verlief es eine ganze Stunde lang, bis sie schließlich auch das Büffet für den Hauptgang zusammengestellt hatten.

Das Dessert sollte schließlich gegen Ende des Balls wieder gemeinsam genossen werden.

„Es ist schwierig sich für etwas zu entscheiden. Es sieht alles fantastisch aus.“

Chiyo seufzte erschöpft.

„Du kannst dich wirklich nicht gut entscheiden oder?“, lachte Takuma leise und sein Atem streifte dabei sanft ihr Ohr.

„Nein, wenn es ums Essen geht nicht. Es gibt nur weniges, das ich nicht mag.“

„Dann lass uns doch eine kleine Kombination zusammenstellen, die jeder bekommt. Mehrere Desserts in kleinerer Ausführung auf einem Teller.“

Chiyo drehte sich strahlend zu ihm um: „Das ist eine wunderbare Idee, Ichijo-san. Du bist wirklich ein Genie. Dann nehmen wir…“

Keine fünf Minuten später hatte Chiyo sich für eine Auswahl an schokolierten Früchten, ein Stück Schokoladen-Trüffel-Torte und eine Kugel Marzipaneiscreme entschieden und Takuma stimmte diesem Sortiment wie immer lächelnd zu.

„Juhu, wir haben die Speisekarte fertig!“ Chiyo umarmte ihn glücklich, wich kurz darauf aber wieder erschrocken zurück und entschuldigte sich schüchtern dafür.

Takuma lachte herzlich über ihre Unbeholfenheit und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.

„Sag, Ichijo-san, könnte ich vielleicht ein wenig Wasser bekommen, ich habe etwas Durst.“ Sie blickte schüchtern zu Boden, als sie das fragte.

Takuma erhob sich und ging zur Tür: „Aber sicher, ich hole dir schnell etwas.“

„Danke.“

Er eilte rasch hinunter in die Küche und nahm direkt eine ganze Wasserkaraffe und ein Glas für das hübsche Halbblut mit.

Doch als er das Zimmer wieder betrat, lag Chiyo seitlich auf seinem Sofa und schlief.

Darum breitete er vorsichtig eine Decke über sie aus. Einen kurzen Augenblick lang verharrte er über ihr und starrte wie gebannt auf ihre roten Lippen, doch er riss sich los und verließ den Raum wieder, um Misaki zu suchen.

Er fand ihn schließlich auch auf Anhieb in der Halle. Er saß zusammen mit Senri, Rima, Ruka, Hanabusa und Akatsuki in der Sitzecke und unterhielt sich mit ihnen.

„Misaki-kun, würdest Chiyo-chan bitte in ihr Wohnheim bringen? Sie ist eingeschlafen.“

Misaki sah seinen Vizevorstand einen Augenblick lang verwirrt an: „Sie ist noch hier? Es ist bereits fast Mitternacht, Ichijo-san.“

„Ich weiß, entschuldige.“

Misaki erhob sich und streckte ich kurz: „Schon gut, wo ist sie?“

„In meinem Arbeitszimmer, sie liegt auf dem Sofa neben der Tür.“

Als Misaki außer Sicht- und Hörweite war, zupfte Aido an Takumas Ärmel, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Dieser hatte Misaki nämlich mit einem fast schon eifersüchtigen Blick nachgeschaut.

„Sag mal, wieso bist du eigentlich ständig mit diesem Mädchen zusammen?“

„Sie…“

Ruka ließ ihn nicht auszureden: „Aido hat Recht. Was soll das? Es ist lächerlich! Sie hat hier nichts suchen, sie gehört schließlich nicht zu uns! Ihre ständige Anwesenheit nervt.“

Takuma sah Ruka mit gerunzelter Stirn an.

Warum war sie Chiyo gegenüber so feindselig eingestellt? Hatte Kaname etwas über das Mädchen gesagt, was sie wütend gemacht hatte?

Aido schnaubte verärgert: „Das habe ich damit überhaupt nicht gemeint! Sie ist immerhin Misaki-senpais Cousine. Ich bin nur neugierig. Sie ist süß und riecht so wunderbar. Wie süßer Honig und Erdbeeren.“

Takuma hatte unbemerkt seine Hände zu Fäusten geballt, seine Augen leuchteten blutrot vor Wut: „Ruka! Wir sind hier, um Kaname dabei zu unterstützen, den Frieden zwischen Vampiren und Menschen zu fördern! Du solltest derartiges nicht einmal denken! Und du reiß dich besser zusammen, Aido! Chiyo-chan ist kein Imbiss auf zwei Beinen! Direktor Kurosu hat ihr die Aufgabe erteilt, mich bei Planung des Frühjahrsballs zu unterstützen und sie gibt sich viel Mühe damit. Zudem solltet ihr ihr denselben Respekt entgegenbringen, wie sie euch.“

Ohne eine Reaktion abzuwarten, verließ er die Halle wieder.
 

Misaki hatte Chiyo derweil auf Takumas Sofa gefunden. Sie schlief seelenruhig wie ein kleines Kind.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen hockte er sich neben sie und betrachtete ihr entspanntes Gesicht. Normalerweise konnte sie nur dann gut schlafen, wenn sie sich beschützt und geborgen fühlte. In ihrem eigenen Bett oder bei ihrer Familie.

Doch nun lag sie in einem Haus voller Vampire und schlummerte im Arbeitszimmer seines Vizehausvorstandes. Kopfschüttelnd beobachtete er wie sie ihre Nase in das weiche Polster drückt, scheinbar etwas tiefer einatmete und dann mit einem kleinen Lächeln etwas vor sich hin murmelte.

„Ichijo-san…“

Misakis Augen weiteten sich erstaunt.

Konnte es sein, dass seine kleine Chiyo sich in den blonden Adelsvampir verliebt hatte? So schnell?

Schmunzelnd schob er seine Arme unter ihren Körper und hob sie behutsam hoch.

Die Wolldecke ließ er dabei um ihren Körper gewickelt, damit sie sich draußen nicht erkältete.

Auf dem Weg nach unten begegnete er Takuma, der ihn zunächst mit roten Augen anstarrte, doch als sein Blick auf die Kostbarkeit in seinen Armen fiel, erlosch die Wut darin und wich einem schon nahezu verzweifelten Funkeln.

Misaki setzte sich wieder in Bewegung und murmelte: „Ich bringe dir die Decke später zurück.“

„Sie kann sie behalten.“

Dann verschwand Takuma in seinem Zimmer und Misaki, der sich schon wieder wunderte, trug Misaki zu ihrem Wohnheim.

Davor wurde er selbstverständlich aufgehalten.

Zero hielt ihm seine Bloody Rose an die Stirn: „Du hast hier nichts zu suchen, Vampir!“

Misaki lächelte den Vertrauensschüler entschuldigend an. Er hatte nichts gegen Zero. Im Gegenteil, er erledigte einen sehr guten Job, ohne den die Akademie in Chaos versinken würde.

Da Misaki nun leider nichts anderes mehr übrig blieb, weckte er Chiyo auf.

„Dornröschen, du musst ins Bett gehen, wach auf.“

Chiyo öffnete langsam ihre Augen und Misaki ließ sie auf ihre Füße gleiten.

„Würdest du deine Bloody Rose bitte wieder senken, Zero. Ich werde gleich gehen. Ich wollte Chiyo um diese Zeit nur nicht allein zurückgehen lassen. Ihr hätte etwas passieren können. Versteh bitte, sie ist meine Cousine.“

Mit einem verächtlichen Schnauben nahm der Guardian seine Waffe von Misakis Schläfe und warf ihm einen tödlichen Blick zu.

Chiyo dankte ihrem Cousin kurz und reichte ihm die Decke. Doch dieser drehte sich bereits zum Gehen um und winkte ihr flüchtig zu: „Du darfst sie behalten.“

Verblüfft sah sie ihrem Cousin hinterher, warf Zero dann einen kurzen Blick zu und ging ins Wohnheim.

„Du solltest auch schlafen gehen, Zero. Deine Schicht ist doch längst vorbei. Dein Körper wird dir etwas Schlaf danken.“

Dann war sie verschwunden.

Missgeschick

Missgeschick
 

Takuma ging erst nach Sonnenaufgang in sein eigentliches Zimmer und selbst dann war er noch zu aufgewühlt, um schlafen zu können.

Doch das musste er auch gar nicht, wie er feststellte, denn eigenartigerweise war Senri ebenfalls noch wach. Oder schon wieder?

„Hast du heute einen Modelauftrag, Senri?“

Der rothaarige Vampir sah ihn wie immer mit ausdruckslosem Gesicht an, doch Takuma kannte ihn gut genug, um die Sorge tief in seinen blauen Augen zu erkennen.

Er war schließlich sein Cousin.

„Du magst das Halbblutmädchen.“

Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, natürlich war Senri das nicht entgangen. Er war nicht immer so teilnahmslos wie er wirkte.

„Ja.“

„Magst du sie sehr?“

Takuma seufzte, normalerweise war nicht er derjenige, der sich an Senris Schulter lehnte, doch heute brauchte er ihn.

Er schloss die Augen und seufzte: „Zu sehr.“

Senri reichte ihm ein Mikado-Stäbchen: „Sie riecht appetitlich.“

„Senri!“

Takuma war in seinem Fall nicht böse, dennoch schwang ein leicht tadelnder Unterton in seiner Stimme mit.

„Du hast Recht. Sie riecht wirklich gut und es fällt mir bedauerlicherweise nicht leicht, ihr zu widerstehen.“

Erschrocken ließ Senri seine Mikados fallen und sah seinen Cousin an. Der sonst stets fröhliche und beherrschte Takuma sollte Schwierigkeiten mit seinem Blutdurst haben? Wegen eines Mädchens, das er seit weniger als achtundvierzig Stunden kannte?

Selbst Senri zeigte in diesem Fall eine Regung.

„Schau nicht so, Senri. Ich weiß, dass es lächerlich ist.“

Senri zuckte mit den Schultern: „Warum? Es ist eben so. Aber warum umklammerst du deinen Manga eigentlich wie einen Rettungsring?“

Takuma blickte überrascht auf seine Hände, den hatte er ja ganz vergessen.

„Er ist von Chiyo-chan.“

„Du hast ihn mir schon vor Tagen vorgelesen, Takuma.“

Takuma schüttelte seinen Blonden Schopf: „Nein, ich meine damit, sie hat ihn gezeichnet.“

„Hm.“ Senri erhob sich von seinem Bett und ging ins Bad, um sich frisch zu machen.

„Sie hat Talent. Ich mag die Manga, die du mir von ihr vorgelesen hast.“

„Ja, das hat sie.“

Lächelnd blickte Takuma den Manga in seiner Hand an und stellte ihn dann behutsam zu den anderen ins Regal.

„Ich habe es von ihrer kleinen Schwester erfahren, als ich gestern mit ihr in der Stadt war. Chiyo ist ganz rot geworden. Sie ist so süß, wenn sie errötet.“

Senri trat wieder aus dem Bad und schlüpfte in seinen Mantel: „Ich habe ein Shooting, bin zum Abendessen zurück.“

„Viel Spaß.“

„Hm.“ Senri verließ nicht sehr überzeugt klingend das Zimmer.
 

Während Takuma sich nun ins Bett zurückzog, wachte Chiyo in ihrem gerade auf.

Sie hatte geträumt.

Aber nicht irgendetwas, nein.

Yume hatte sie in ihrem Traum aufgesucht.
 

Chiyo stand im Wald. Die Sonne schien durch die Zweige hindurch und ließ vereinzelt kleine Lichtspiele durchs Unterholz tanzen.

Wassertropfen fielen von den Blättern und der Geruch von Regen stieg ihr in die Nase.

Takumas Geruch.

„Ein schöner Traum, Chiyo-chan.“

Chiyo drehte sich um und blickte direkt in Yumes eisblaue Augen.

„Yume, warum bist du hier?“

„Misaki hat mich angerufen. Er glaubt du seist verliebt.“

Chiyo errötete, woher wusste Misaki das nur schon wieder? Und wieso rief er deshalb Yume an?

Die Reinblüterin trat neben sie und lächelte sanft: „Ich freue mich für dich, Chiyo-chan. Sei Onii-san deshalb nicht böse. Er sorgt sich nur um dich. Stimmt es, dass der Junge Takuma Ichijo ist, der Vizehausvorstand der Night Class und Kaname Kurans rechte Hand?“

Chiyo blickte schüchtern zu Boden: „Ja, kennst du ihn?“

„Nicht persönlich, aber seinen Großvater. Er ist das Senatsoberhaupt Asato Ichijo, Chiyo-chan. Sei darum bitte vorsichtig. Auch wenn sein Enkel Kuran-san vollkommen loyal ist und sich eher für ihn als seinen Großvater entscheiden würde, so bleibt ein so alter und mächtiger Vampir immer eine Gefahr. Besonders wenn er Menschen für Abschaum hält. Du bist ein ganz wundervolles Geschöpf, Chiyo-chan. Aber auch wenn Takuma für dich ebenso empfindet wie du für ihn, wird Asato eine Beziehung zu einem Halbblut vermutlich nicht billigen. Ich wünsche dir viel Glück und stell ihn mir beim Ball einmal vor, ja? Deinen Prinzen.“

Yume drückte Chiyo einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und verschwand.
 

Chiyo stand auf und trat ans Fenster.

Es war lange her, dass Yume ihre Fähigkeit durch Träume zu wandern genutzt hatte, um mit ihr zu sprechen.

Ihr wurde warm ums Herz, weil die Vampirin sich um sie sorgte, doch war Takumas Großvater denn wirklich so gefährlich?

Außerdem war Chiyo sich sicher, dass Takuma gewiss nicht so empfand wie sie. In der Night Class gab es weit schönere Mädchen, die er lange kannte und mit denen er jede Nacht zusammen war.

Wieso sollte er sich also für jemanden wie sie entscheiden? Sie würden vermutlich nie mehr als Freunde sein. Es gab also keinen Grund sich wegen Asato Gedanken zu machen.

Seufzend zog Chiyo sich an und setzte sich an ihren Schreibtisch.

Sie begann die Kurzgeschichte für ihren nächsten Manga zu zeichnen und als sie den ersten Entwurf fertig hatte, stellte sie fest, dass der junge Mann auf ihrem Blatt, Takuma sehr ähnelte.

Aber warum eigentlich nicht? Sie wählte zwar eine andere Haarfarbe für ihn, aber seine grünen Augen beließ sie so wie waren.

Sie entwickelte eine Vampirgeschichte mit allem, was sie mit dem Adelsvampir verband. Wald, Regen, Anmut, Liebe.

Das Mädchen war so, wie sie glaubte, dass es perfekt zu ihm passen würde.

Sie war elegant, kultiviert und sehr gutherzig. Ein sehr liebevolles Wesen.

Die Zeichnungen gingen ihr ganz einfach von der Hand und ehe sie sich versah hatte sie die gesamte Geschichte skizziert.

Sieben Stunden hatte sie dazu benötigt. Wie hatte sie das so schnell geschafft?

Doch sie zuckte nur kurz mit den Schultern und ging ins Bad, um sich zu duschen und zurecht zu machen.

Als sie wieder in ihr Zimmer trat, war Suri aufgestanden und begrüßte sie fröhlich: „Guten Morgen, Chiyo-chan! Möchtest du mit mir in die Stadt gehen? Ich will Schokolade für den Sankt-Schokolatius-Tag machen und muss noch einige Zutaten dafür einkaufen.“

„Was ist denn der Sankt-Schokolatius-Tag?“

Suri starrte sie entgeistert an: „Also wirklich, Chiyo-chan! DU bist Vertrauensschülerin und weißt nicht, was der Sankt-Schokolatius-Tag ist?“

„Mich hat noch niemand eingeweiht, nein.“

Suri zog sie neben sich auf ihr Bett und erklärte mit strahlenden Augen: „Eigentlich ist damit der Valentinstag gemeint. Wenn die Night Class das Gebäude wechselt, dürfen wir unsere Schokolade an sie übergeben, aber nicht einfach so. Es werden viele Bögen aufgestellt, die mit den Namen der Night Class Schüler versehen sind. Wir stellen uns an dem Bogen an, an dem der Name desjenigen steht, dem wir unsere Schokolade geben wollen. Die Vertrauensschüler achten dabei darauf, dass alles seine Ordnung hat und ruhig verläuft. Zero ist immer widerlich streng.“

Jetzt verstand Chiyo endlich, weshalb die Mädchen ihrer Klasse ständig so aufgeregt waren.

„Gut, ich komme mit dir. Ich wollte ohnehin in die Stadt gehen.“

Schnell packte sie ihre Zeichnungen ein und als Suri ebenfalls aufbruchsbereit war, machten sie sich auf den Weg.

„Wem schenkst du eigentlich Schokolade, Chiyo-chan? Misaki-senpai oder Ichijo-senpai?“

Chiyo seufzte: „Suri-chan, Misaki-kun ist mein Cousin.“

„Oh.“

Chiyo kicherte leise, als sie das verblüffte Gesicht ihrer Mitschülerin sah.

„Und Ichijo-senpai?“

Chiyo wusste nicht wie, aber sie schaffte es nicht zu erröten und ruhig zu bleiben: „Ich plane zusammen mit Ichijo-san nur das Frühjahrsfest. Als Vertrauensschülerin ist das meine Aufgabe.“

„Hm, aber irgendjemand muss dir doch gefallen.“

„Ja, aber das ist mein Geheimnis.“

„Ach, wie gemein. Ich schenke meine Schokolade jedenfalls Idol-senpai.“

„Idol-senpai?“

„Hihi, ja so nennen wir Aido-senpai.“

„Aha.“

Die Mädchen an dieser Schule waren definitiv etwas eigenartig.

Chiyo und Suri besorgten alles, was sie für ihre Schokolade benötigten und Chiyo warf den Umschlag mit ihren Zeichnungen rasch bei ihrem Verleger ein, als Suri für einen Moment abgelenkt war.

Anschließend gingen sie zurück zur Akademie.
 

Zwei Stunden später erhielt Chiyo dann endlich den erlösenden Anruf ihres Redakteurs, sie würden die Kurzgeschichte im nächsten Band mit abdrucken, doch dazu musste sie bis dahin vollständig ins Reine gezeichnet, gerastert und mit Sprechblasen versehen sein.

Da Chiyo nun in Nachtschichten durcharbeiten musste, begab sie sich schnell zum Haus Mond, um Takuma aufzusuchen.

Sie betrat die Eingangshalle und traf wie zuvor auch wieder auf Aido und Kain.

„Chiyo-chan, du bist heute aber früh hier. Es ist doch erst vier Uhr.“

Chiyo lächelte Aido freundlich an: „Ich weiß. Ich möchte auch nicht stören, aber kannst du mir sagen ob Ichijo-san bereits wach ist?“

„Wenn er nicht in seinem Arbeitszimmer ist, klopf an die Tür gegenüber. Er schläft selten besonders viel.“

„Danke.“

Chiyo ging nach oben und klopfte zunächst an Takumas Arbeitszimmertür. Da sie aber keine Antwort erhielt, wiederholte sie dies an der gegenüberliegenden, wie Aido gesagt hatte.

Takuma rechnete nicht damit, dass Chiyo ihn um diese Zeit aufsuchen könnte, deshalb rief er einfach: „Herein.“

Außer Aido, Kain, Kaname oder womöglich noch Ruka oder Seiren, konnte es eigentlich niemand sein.

Darum stand er auch noch ohne Oberteil im Zimmer, als Chiyo eintrat und prompt errötete.

„Entschuldigung.“

Sie drehte sich sofort um, damit sie ihn nicht anstarrte. Sie wusste ja immerhin, dass er gut aussah, doch dieser Anblick hatte gerade ihr Herz stehen lassen.

„Tut mir Leid, Chiyo-chan. Ich hatte nicht erwartet, dass du es bist.“

Damit sie sich wohler fühlte, zog er sich rasch einen Pullover über und bat sie dann sich zu setzen.

„Möchtest du etwas Tee?“

„Gerne.“

Er stellte ihr eine Schale auf den Tisch und setzte sich dann neben sie.

„Also, womit kann ich dir helfen?“

Chiyo spielte nervös mit ihren Fingern herum und sah beschämt zur Seite: „Ich… ich kann die nächsten zwei Tage nicht herkommen. Ich würde gerne, aber ich muss in den Verlag unten in der Stadt.“

„Schon gut, dann wähle ich die Getränke alleine aus und Mittwoch suchen wir gemeinsam nach Stoffen, für die restliche Dekoration.“

„Danke, Ichijo-san.“

Chiyo nippte an ihrem Tee und sah dann erstaunt auf: „Der Tee schmeckt sehr gut, hast du ihn selbst gemacht?“

Takuma lächelte glücklich: „Ja, ich bin Mitglied der Teezeremonie AG.“

Sie erwiderte sein Lächeln: „ Misaki hat es auch einmal versucht. Sakura hat ihn gezwungen, weil wir ja schließlich ebenfalls die Teezeremonie lernen mussten. Er hat allerdings kläglich versagt und behauptet, das läge in der männlichen Natur.“

Sie grinste schief: „Darf ich ihm das jetzt unter die Nase reiben?“

Takuma lachte vergnügt auf: „So oft du möchtest. Aber wenn du selbst auch einmal in der Teezeremonie unterrichtet wurdest, dann möchte ich deinen Tee gerne auch einmal probieren.“

Wieder stahl sich ein rötlicher Schimmer auf Chiyos Wangen: „Wenn du das wünschst, Ichijo-san.“

Takuma schenkte ihr ein warmherziges Lächeln und genoss ihre Anwesenheit.

Auch wenn ihr süßer Duft seine Sinne wieder betörte.

Plötzlich sprang Chiyo auf: „Ach herrje, es ist schon so spät. Es tut mir Leid, Ichijo-san, aber ich muss unbedingt in die Redaktion, damit der nächste Band auch pünktlich erscheinen kann.“

Takuma führte sie zur Tür und beugte sich kurz zu ihr hinunter: „Bis bald, Chiyo-chan.“

Dann küsste er sie flüchtig auf die Schläfe und verschwand in seinem Zimmer.

Feuerrot und mit klopfendem Herzen eilte Chiyo den Gang hinunter und stieß an der Treppe mit Ruka zusammen.

„Pass gefälligst auf, du halbblütiger Trampel!“

Das Vampirmädchen sah sie böse an und Chiyo entschuldigte sich mehrfach.

Dann stand plötzlich auch Aido neben ihr und sah sie mit blutroten Augen an.
 

Das erste, was Takuma vernahm, war Rukas Stimme, doch gleich darauf drang Chiyos Duft so intensiv in seine Nase, dass er augenblicklich aus dem Zimmer stürmte: „Chiyo-chan!“

Chiyo saß auf dem Boden, vor ihr Ruka mit verschränkten Armen und wütendem Gesichtsausdruck und neben ihr kniete Hanabusa, der ihre aufgeschürfte Hand an seine Lippen zog.

Takuma entriss Aido Chiyos Arm nur Sekundenbruchteile, bevor seine Lippen auf ihre Haut trafen: „Aido-kun!“

Bislang hatten sie Takuma noch nie schreien gehört, doch in diesem Moment taxierte er den blonden Vampir mit einem derart zornigen Blick, dass dieser vor Schreck die Augen aufgerissen hatte.

Der Lärm weckte auch die Neugierde der anderen Vampire, die unter anderem vom Blutgeruch angelockt wurden.

Doch als Kaname vor trat, wurde es totenstill: „Was ist hier los, Ichijo?“

Chiyo schaute beschämt zu Boden, sie konnte dem Reinblüter unmöglich in die Augen sehen.

„Chiyo-chan ist gestürzt und hat sich an der Hand verletzt, ansonsten ist alles in Ordnung, Kaname. Verzeih bitte die Unruhe. Ich kümmere mich sofort darum.“

Kaname betrachtete seinen Freund einen kurzen Augenblick lang. Es entging ihm nicht, dass er das Mädchen unnötig fest an seine Brust drückte und ihre blutende Hand mit der eigenen bedeckte.

„Tu das bitte, Ichijo und die anderen gehen bitte zurück auf ihre Zimmer. Es ist alles Ordnung.“

Nachdem die Night Class Schüler sich zurückgezogen hatten, wandte auch Kaname sich wieder zum Gehen.

„Entschuldigung, das wird nicht wieder vorkommen. Es tut mir leid, Kuran-sama.“

Kaname nickte kurz: „Es ist in Ordnung, solche Unfälle passieren ab und an auch einem Vampir. Mach dir keine weiteren Gedanken darüber.“

Mit diesen Worten verschwand er.

Takuma half Chiyo wieder auf und zog sie hinunter in die Halle, von dort nach draußen und bis zur Mauer.

Er hatte sie währenddessen nicht angesehen, kein Wort gesagt und sein Griff war ungewohnt fest. Dann riss er sie jedoch ohne Vorwarnung in seine Arme und vergrub seinen Kopf an ihrem Hals.

„I… Ichijo-san? Ichijo-san, geht es dir nicht gut?“

Besorgt versuchte Chiyo in sein Gesicht zu sehen, doch er hielt sie davon ab, indem er eine Hand in ihren Nacken legte und sie dort festhielt.

„Nicht, Chiyo, bitte.“

Chiyo konnte seine angespannten Muskeln unter ihren Händen spüren und seinen raschen Atem an ihrem Hals.

„Ichijo-san…“ Was fehlte ihm nur?

Ihr Blick fiel auf ihre Hand.

Natürlich, ihr Blut. Takuma hatte schon einmal so ähnlich darauf reagiert.

Auf einmal ließ Takuma sie los und entfernte sich von ihr.

Seine Augen waren noch immer rot und er hielt sich eine Hand vor den Mund.

Hätte er doch nur schon seine Bluttabletten genommen, doch da er gerade erst aufgestanden war, als sie kam, hatte er daran nicht gedacht und nun lagen sie unerreichbar in seinem Zimmer.

„Geh, Chiyo-chan. Beeil dich.“

„Wie schlimm ist es?“

Wie bitte? Hatte er sich verhört? Das Pochen seines Herzens, das Ziehen in seinen Zähnen und das hungrige Verkrampfen seines Magens betäubten ihn fast.

Chiyo war plötzlich ungewohnt gefasst und entschlossen.

Wenn Takuma ihr Blut so sehr begehrte, wie es gerade den Anschein hatte, dann war sie bereit es ihm zu geben, auch wenn es verboten war.

Ohne Seine Antwort abzuwarten zog sie ihn zwischen die Bäume des kleinen Waldes und sah ihn fragend an.

„Chiyo-chan, das geht nicht. Du musst gehen. Ich … es tut mir leid, aber ich halte deinem Duft nicht mehr lange stand.“

Scham, Verzweiflung und Angst lagen in den grünen Augen des Vampirs.

Chiyo errötete aufgrund seines Geständnisses und lehnte sich vorsichtig an ihn.

„Wenn du es wirklich so innig begehrst, dann… darfst du es haben.“

Takuma stand wie versteinert da und starrte auf den zarten Hals, den Chiyo ihm anbot.

„Chiyo… ich kann nicht… wir dürfen nicht…“, seine Stimme war rau und kaum noch ein Flüstern.

„Ich erlaube es dir und mein Geruch liegt doch schon in der Luft, es fällt niemandem auf. Ich möchte nicht, dass du leidest, Ichijo-san.“

Chiyo biss sich mit einem ihrer spitzen Eckzähne in den Finger und hielt ihn ihm hin.

Mit einem tiefen Seufzen gab Takuma schließlich auf.

Er konnte nicht länger standhalten, wenn sie ihn so entschlossen dazu aufforderte.

„Verzeih mir, Chiyo-chan…“

Er neigte seinen Kopf zu ihr hinunter, umfing ihren Körper mit seinen Armen und strich zärtlich mit seiner Zunge über ihren Hals. Erst dann versenkte er seine Zähne so vorsichtig wie möglich in ihrer weichen Haut.

Chiyo zuckte kurz, doch der Schmerz war nicht stark und nur sehr kurz.

Er trank langsam und in kleinen Schlucken, immer darauf bedacht ihr nicht wehzutun.

Ihr süßer Geschmack schmeichelte seiner Zunge und sobald sein Durst zu einem dumpfen Pochen abgeklungen war, löste er sich von ihr und leckte die letzten Tropfen von ihrem Hals.

Loslassen wollte er sie deshalb aber nicht.

„Wieso hast du das getan, Chiyo-chan?“

„Weil du es dir gewünscht hast und ich nicht möchte, dass du leidest. Es tut mir weh, weißt du?“

Verdammt, was sagte sie denn? Da konnte sie ihm ja auch gleich ein vollständiges Liebesgeständnis ablegen.

„Ich hab dich gern, Chiyo-chan.“ Er küsste sie sanft auf die Stirn.

„Geh jetzt, bitte. Du bist schon viel zu spät und ich möchte nicht, dass dir heute noch etwas zustößt.“

Chiyo nickte, schmiegte sich noch einmal an ihn und ging dann zum Tor, bevor sie es jedoch hinter sich schloss, drehte sie sich kurz wieder um: „Ichijo- san? Ich hab dich auch sehr gern.“

Dann schenkte sie ihm ihr schönstes Lächeln und verschwand in der Abenddämmerung.

Pralinen für Takuma

Pralinen für Takuma
 

Die nächsten zwei Tage waren eine Qual.

Zwar war Chiyo glücklicherweise vom Direktor vom Unterricht befreit worden, damit sie sich stattdessen ihre Finger wund zeichnen konnte, doch sie verbrachte sowohl Tag als auch Nacht in der Redaktion. Sie schlief zwischendurch auf dem Sofa, wenn sie vor Müdigkeit nichts mehr sehen konnte, genau wie ihr Team.

Kurz vor Drucktermin war allerdings alles fertig und sie konnte erschöpft, aber glücklich zur Akademie zurückgehen.

Als sie in ihrem Zimmer ankam, war es bereits fast Mitternacht. Sie ließ sich einfach auf ihr Bett fallen und schlief ein.
 

Takuma hatte die Tage und Nächte damit verbracht, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, weshalb Chiyo ihm ihr Blut gegeben hatte.

Da er aber zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen war, hatte er inzwischen beschlossen einfach den nächsten Tag abzuwarten und sie persönlich zu fragen.

„Ichijo, kann ich dich kurz sprechen?“

Misaki stand vor ihm und bedeutete ihm, sich zu setzen.

„Wie kann ich dir helfen?“

„Es geht um den Ball und um Chiyo.“

Wusste er etwas?

„Meine Schwester wird zum Ball kommen, der Direktor hat es erlaubt. Wenn Yume hier ist, kann ich nicht mehr auf Chiyo achten. Nicht genug. Du weißt wie sehr sie dazu neigt in Schwierigkeiten zu geraten.“

Takuma schmunzelte: „Ja, sie zieht sie regelrecht an.“

Misaki sah ihm ernst in die Augen: „Würdest du ein Auge auf sie haben, so oft wie du kannst?“

„Sicher.“

„Danke. Sie hat dich übrigens ziemlich gern.“ Misaki grinste kurz verschmitzt und stand auf.

Takuma sah ihn erstaunt an: „Woher…“

„Ich kenne sie seit ihrer Geburt.“

Dann ließ er den Blonden allein.
 

Chiyo wurde von Suri geweckt: „Chiyo-chan, zieh dich um. Wir müssen zum Unterricht.“

Seufzend erhob sie sich und schlüpfte in ihre Uniform, dann wusch sie sich das Gesicht, kämmte ihr Haar und band es zu einem schlichten Pferdeschwanz zusammen.

Vom Unterricht bekam sie heute nicht viel mit. Ihre Gedanken drehten sich immer wieder um den blonden Vampir mit den smaragdgrünen Augen, den sie am frühen Abend endlich wiedersehen würde.

Sie war allerdings auch sehr nervös, wie würde er sich wohl verhalten, nachdem er nun von ihr getrunken hatte?

Sie hatte ihm letztlich ja keine Wahl mehr gelassen, wenn man es genau betrachtete.

„Hanashi!“

„Ja?“ Chiyo schreckte hoch, sie hatte wirklich nicht das Geringste mitbekommen.

„Würdest du bitte vortreten und diese Aufgabe für uns lösen?“

„Ähm…“ Für einen Moment starrte sie nur auf die Tafel und versuchte in ihrem Gehirn irgendwo den Schalter zu finden, auf dem >Mathematik< stand.

Zu ihrem Glück war der Schulstoff innerhalb ihrer ersten Schultage noch nicht über das hinausgegangen, was sie an ihrer alten Schule bereits gelernt hatte.

Nach kurzer Verwirrung ging sie zur Tafel hinunter und löste die Gleichung auf.

Der Lehrer sah sie mit einem kurzen Naserümpfen an: „Gut, setz dich wieder und ab jetzt passt du bitte wieder auf.“

Sie huschte zurück auf ihren Platz und wurde mitfühlend von Yuki angelächelt: „Keine Angst, das ist er von uns Vertrauensschülern schon gewohnt. Zero schläft auch wieder.“

Chiyo warf einen flüchtigen Blick zu dem Silberhaarigen hinüber und stellte erstaunt fest, dass Yuki Recht hatte.

Als der Unterricht endlich zu Ende war, zog Chiyo Yuki etwas beiseite: „Yuki-chan, ich habe eine Frage an dich.“

Die Braunhaarige lächelte sie fröhlich an: „Klar, was möchtest du wissen, Chiyo-chan?“

„Nun ja, ich beaufsichtige den Klassenwechsel heute zum ersten Mal mit euch zusammen. Worauf muss ich dabei achten, abgesehen davon, dass ich Aido von Mädchen fernhalten muss und die Mädchen umgekehrt von den Jungen der Night Class?“

„Also, die Mädchen stellen sich an den Bögen auf und dürfen dann der Reihe nach ihre Geschenke übergeben und sagen, was sie ihrem Schwarm sagen möchten. Aber Berührungen, Drängeleien und Ähnliches sind verboten.“

„Gut, das ist ja hoffentlich nicht so schwer. Außerdem macht Zero den Mädchen ziemlich Angst oder?“

„Ehehehe, ja also Zero ist…“

„Ich bin was?“

Yuki wirbelte erschrocken herum. Zero stand inzwischen direkt hinter ihnen.

„Hi, Zero.“ Chiyo lächelte ihn freundlich an, der Hunter ging aber einfach ohne ein weiteres Wort davon.

Chiyo seufzte: „Oh man, er hasst mich, oder?“

„Naja, du bist… Tut mir leid, Chiyo. Er taut schon noch irgendwann auf, bloß nicht aufgeben.“

Yuki klopfte ihr ermutigend auf die Schulter.

„Deinen Optimismus wünsche ich mir, Yuki-chan.“
 

Nachdem sie den Unterricht hinter sich gebracht hatte, führte Chiyos Weg direkt in die Schulküche. Die Schülerinnen durften sie benutzen, um die Schokolade für ihren Schwarm selbst zu machen, wenn sie das wünschten.

In diesem Moment war Chiyo sehr froh, dass ihre Mutter eine Konditorei besaß, in der sie auch die eine oder andere Praline selbst herstellte.

Denn da sie schon als Kind dabei zugesehen hatte, wenn ihre Mutter gebacken hatte und später selbst mithalf, hatte sie innerhalb einer Stunde eine anschauliche Auswahl verschiedener Schokoladenpralinen hergestellt.

Jetzt musste sie sie nur noch schön verpacken.

Sie hoffte Takuma würde sich freuen, auch wenn es wahrscheinlich nichts Besonderes war, dass er heute Schokolade von einem Mädchen bekam.

Aber sie hoffte, dass die acht ganz besonderen, die ein kleines Herz in der Schachtel bildeten, ihr Geschenk zumindest zu einer kleinen Besonderheit machen würde.
 

Endlich war es soweit. Takuma war unruhig, auch wenn man es ihm nicht ansah. Er freute sich jedes Jahr über die viele Schokolade, doch dieses Mal wünschte er sich eigentlich nur von einem Mädchen welche.

Als die Tore sich öffneten und sie auf das Schulgelände traten, wurden die Night Class Schüler kreischend von den schwärmenden Mädchen begrüßt.

Mit seinem üblichen strahlenden Lächeln nahm Takuma die Schokolade der Mädchen entgegen. Danach wandte er sich zum Schulgebäude um und entdeckte endlich auch Chiyo.

„Chiyo-chan, schön dass du Zero und Yuki so tapfer hilfst.“

„Ichijo-san, vielen Dank. Aber bitte geh zum Unterricht, wenn du deine Schokolade bekommen hast. So sind die Regeln.“

Takuma huschte ein ehrliches Lächeln über die Lippen, doch es war auch ein wenig traurig. Chiyo würde ihm wohl keine Schokolade schenken.
 

Nachdem sämtliche Schokolade übergeben worden war, die Night Class Schüler im Unterricht saßen und sie die Day Class Schüler in ihr Wohnheim gescheucht hatten, drehten Zero, Yuki und Chiyo ihre Runden über das Schulgelände.

Um zehn Uhr meldete Chiyo sich dann bei ihren beiden Mitschülern ab und machte sich auf den Weg in das Haus Mond.

Als sie es betrat, war die Eingangshalle leer, auch auf dem Flur traf sie niemanden.

Sie klopfte an Takumas Arbeitszimmertür und wurde von seiner weichen Stimme hineingebeten.

Takuma empfing sie mit einem sanften Lächeln und bevor sie wusste, wie ihr geschah, fand sie sich an seine Brust gedrückt wieder.

„Chiyo-chan.“

„Ja?“, sie sog seinen herrlichen Duft ein und augenblicklich schlug ihr das Herz wieder bis zum Hals.

Takumas empfindliches Gehör nahm das natürlich wahr.

„Wieso bist du nervös? Ist es, weil ich…“

„Nein!“

Takuma hatte sich bei seinen Worten unweigerlich versteift und Chiyo musste ihn nicht aussprechen lassen, um zu wissen, dass er glaubte, sie wäre nervös, weil er sie gebissen hatte.

„Das Angebot kam von mir, schon vergessen? Ich… ich möchte dir etwas geben.“

Takuma trat einen Schritt zurück, um in ihr Gesicht zu sehen, doch sie schaute mit geröteten Wangen zur Seite.

Stattdessen reichte sie ihm ein kleines Geschenk.

„Zum Sankt-Schokolatius-Tag.“

Takuma strahlte über beide Ohren und zog sie mit sich aufs Sofa.

Vorsichtig öffnete er das Geschenkpapier und bestaunte mit großen Augen die Pralinen, die zum Vorschein kamen.

„Ich hoffe sie schmecken dir, es ist das erste Mal, dass ich sie alleine gemacht habe.“

Chiyo murmelte die Worte mit hochrotem Kopf und schaute dabei starr auf ihre Hände.

„Das sind die wundervollsten Pralinen, die ich je bekommen habe, danke, Chiyo-chan.“

Chiyo senkte ihren Kopf bis ihre Haare ihr vors Gesicht fielen: „Da ist noch etwas bei.“

Neugierig hob Takuma das Pralinenschächtelchen hoch und entdeckte darunter Chiyos neuen Manga.

„Ich dachte der nächste Band erscheint erst morgen.“ Er sah sie verblüfft an.

„Ich hatte einfach gehofft du freust dich, wenn du ihn schon etwas eher bekommst.“

„Chiyo-chan?“

„Ja?“ Sie schielte unsicher zu ihm hoch.

„Ich glaube, du hast mich wirklich sehr gern.“

Die Röte auf Chiyos Wangen übertraf nun jedes Leuchten, das er zuvor in ihrem Gesicht gesehen hatte und für einen kurzen Augenblick befürchtete Takuma, dass sie womöglich ohnmächtig werden könnte.

Doch dann sah sie ihn mit einem schüchternen Lächeln an: „Das habe ich doch gesagt.“

„Ja.“

Takuma betrachtete die Schönheit neben ihm verträumt und schloss sie anschließend erneut fest in seine Arme: „Ich habe mir ehrlich gesagt nichts mehr gewünscht als ein Stück Schokolade von dir.“

Sein warmer Atem streifte ihr Ohr und die Glücksgefühle schlugen Purzelbäume in ihrem Bauch.

„Es freut mich, wenn du glücklich darüber bist.“

„Sehr, Chiyo-chan.“

Weil Chiyo nun selbst fürchtete, dass sie ihren schnellen Herzschlag nicht mehr lange aushalten würde, zog sie die Stoffproben vom Beistelltischchen und fragte vorsichtig: „Wollen wir uns für einen entscheiden?“

Takuma war kurzzeitig verunsichert, doch als ihm ihre heißen Wangen und ihr heftiger Herzschlag wieder auffielen, trat ein breites Schmunzeln auf sein Gesicht.

Sie war einfach zu süß.

„Gut.“
 

Es dauerte nicht lang, dann hatten sie sich für einen Stoff entschieden und Chiyo gähnte herzlich.

„Entschuldigung.“

Takuma lächelte warmherzig und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht: „Du solltest schlafen gehen, Chiyo-chan. Du hattest einen anstrengenden Tag und hast bestimmt auch noch Schlaf nachzuholen.“

Chiyo nickte und erhob sich. Der blonde Vampir begleitete sie bis zum Tor, das zum Schulgebäude führte und als Chiyo hindurch gehen wollte, hielt er sie noch einmal zurück.

„Chiyo-chan.“ Seine Stimme war leise und ein wenig rau.

Sie drehte sich zu ihm um und spürte plötzlich seine weichen Lippen auf ihren: „Gute Nacht, Chiyo-chan.“

Verdattert blickte sie ihm nach bis er wieder im Haus Mond verschwunden war, erst dann bewegte sie sich langsam zu ihrem eigenen Wohnheim.
 

Auf der anderen Seite der Tür des Hauses Mond atmete Takuma tief durch.

Chiyo zu küssen war keineswegs geplant gewesen und er hatte es getan, ehe er es selbst wirklich verstanden hatte.

Ihr lieblicher Anblick und die Tatsache, dass er ihr wirklich so viel bedeutete, waren ihm ziemlich zu Kopf gestiegen. Da er aber keine Ohrfeige kassiert hatte, nahm er an, dass Chiyo wohl nichts gegen seinen Kuss einzuwenden hatte.

Er konnte sich nicht daran erinnern, wann sein Herz das letzte Mal so wild gegen seine Brust geschlagen hatte.

Seufzend fuhr er sich übers Gesicht und ging nach oben.

Zusammen mit den Pralinen und dem Manga begab er sich in sein Zimmer und ließ sich dort aufs Bett fallen.

Er war rundum glücklich und zufrieden, anders konnte man es nicht nennen.

Nun ja, vielleicht doch.

Er konnte auch einfach sagen: „Ich bin verliebt.“

„In wen?“

Senri war gerade aus dem Bad gekommen und sah seinen Cousin fragend an.

Takuma sah ihn nicht an, aber ein breites Lächeln zierte sein Gesicht: „Chiyo-chan.“

„Achso. Lerne ich sie dann auch besser kennen?“

Takuma blickte ihn verblüfft an: „Willst du das denn?“

Der Rothaarige sparte sich eine Antwort und warf dem anderen Vampir lediglich einen vielsagenden Blick zu.

„Willst du ihren neuen Manga mit mir lesen? Sie hat ihn mir geschenkt.“

Senri zuckte mit den Schultern und setzte sich zu Takuma, um die Bilder sehen zu können.

Der Blonde las vor.

Als er zu der Kurzgeschichte am Ende kam, staunte er nicht schlecht. Chiyo hatte bisher noch nie eine Vampirgeschichte gezeichnet.

„Der sieht aus wie du.“

„Wie bitte?“

Senri zeigte auf den hübschen jungen Vampir der Geschichte: „Der da, das bist du nur mit längeren braunen Haaren.“

Natürlich fiel Takuma die Ähnlichkeit ebenfalls auf und er machte sich gar nicht erst die Mühe das Honigkuchenpferdgrinsen auf seinem Gesicht zu verstecken.

Senri verdrehte die Augen und begab sich in sein eigenes Bett. Er schätzte die fröhliche und warmherzige Art seines Cousins sehr. Ohne ihn wäre er vermutlich nur eine leere Puppe, aber im Moment strahlte er doch ein paar Glückshormone zu viel aus.

„Gute Nacht.“

„Schlaf gut, Senri.“

Während der jüngere Vampir sich in seine Decke kuscheltem probierte Takuma gutgelaunt eine Praline aus Chiyos Schächtelchen.

Doch kaum hatte er genüsslich hineingebissen, versteifte er sich erschrocken und seine Augen färbten sich für ein paar Sekunden blutrot.

Der süße Geschmack von Chiyos Blut vermischte sich mit dem der Schokolade und er konnte eine Weile lang nichts anderes tun als die Pralinen auf seinem Bett anzustarren.

Dabei hatte er instinktiv eine Hand vor den Mund geschlagen und Senri, den das heftige Herzklopfen des Blonden und der flüchtige Blutgeruch irritierten, sah ihn mit gerunzelter Stirn an.

„Ist dir nicht gut?“

Takuma schwebte nahezu auf Wolke sieben. Er wollte sich nichts einbilden, aber da er ein durchaus intelligenter Vampir war, fiel es ihm spätestens nun wie Schuppen von Augen, dass die kleine Chiyo genauso fühlte wie er.

Sie hatte ihm ihr Blut gegeben, wurde in seiner Nähe nervös und errötete immer wieder. Sie zeichnete eine Geschichte mit einem Vampir, der ihm verdächtig ähnlich sah, schenkte ihm ihren Manga noch vor dem Erscheinungsdatum und füllte die Schokolade, die sie ihm schenkte mit einem Tropfen von ihrem Blut.

Außerdem hatte er sie küssen dürfen.

„Takuma?“

Der Rothaarige hatte sich neben ihn gestellt und betrachtete besorgt, wie das Gesicht seines Cousins erst Schock, dann Verwunderung und schließlich eine fast unheimlich Freude zeigte.

Dann sah der Blonde ihn mit einem verträumten Lächeln an: „Ich glaube Chiyo-chan ist in mich verliebt.“

„Das bemerkst du erst jetzt? Das habe sogar ich bereits verstanden.“

Takuma ließ sich von diesen Worten nicht seine gute Laune verderben und beschloss Chiyo nach dem Unterricht persönlich abzuholen, um mit ihr die Dekoration für den abendlichen Frühjahrsball zu organisieren.

Der Frühlingsball

Der Frühlingsball
 

Chiyo hatte wie am Vortag auch nicht das Geringste von ihrem Unterricht mitbekommen. Ununterbrochen kreisten ihre Gedanken einzig und allein um Takumas Lippen, die so zärtlich auf ihren gelegen hatten.

Selbst als ihr Schultag endlich vorbei war, lief sie noch verwirrt durch die Gegend und fuhr mit den Fingern immer wieder über ihre Lippen.

Schließlich stieß sie mit jemandem zusammen und wäre sicher äußerst unsanft gelandet, wenn sie nicht von zwei starken Armen aufgefangen worden wäre.

„Tut mir leid, i-…“

Bevor sie sich richtig entschuldigen konnte, wurden ihre Lippen mit einem innigen Kuss versiegelt und nachdem sie erkannt hatte, dass sie in den Armen ihres geliebten Vampirs lag, erwiderte sie diesen nur allzu gern.

Mit einem Lächeln löste Takuma sich dann wieder von ihr: „Dann warst du gestern also nicht nur geschockt?“

Chiyo blickte schüchtern zur Boden: „Doch, aber ich hab es mir trotzdem gewünscht.“

Takuma führte sie langsam zum Festsaal: „Wollen wir mit den Vorbereitungen anfangen? Die Blumen und der Stoff sind inzwischen hier und das Essen soll auch bald eintreffen.“

„Wow, du bist schon eine ganze Weile auf den Beinen wie es aussieht.“

Takuma lächelte: „Ich hatte auch etwas, auf das ich mich freuen konnte. Ich habe Aido, Kain und Shiki gebeten uns bei den Vorbereitungen zu helfen. Sie müssten bereits dort sein.“

Chiyo strahlte den Blonden glücklich an. Sie konnte kaum glauben, dass er ein so ernsthaftes Interesse an ihr hatte.

„Deine Pralinen sind übrigens ganz vorzüglich, Chiyo-chan.“

Das Grinsen auf Takumas Gesicht war auch in seiner Stimme zu hören und Chiyo wäre beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert, als sie errötend zu ihm aufsah.

„Warne mich das nächste Mal aber vor, wenn die Füllung mich umhauen könnte“, neckte er sie und Chiyo wäre beinahe über ihre eigenen Füße gefallen.

„Du brichst dir eines Tages noch die Füße, wenn der junge Mann dich immer so aus der Bahn wirft.“

Chiyo und Takuma drehten sich beide ruckartig um.

„Yume.“

Vor ihnen stand eine junge Reinblutvampirin mit hüftlangem tiefrotem Haar, das sich in anmutigen Wellen um ihren Körper schmiegte.

„Ich hoffe ich bin nicht zu früh.“ Sie trat auf die beiden zu und deutete vor dem adligen Vampir eine höfliche Verbeugung an: „Ich nehme an, du bist Ichijo-san, ich bin Yume Hoshi, sehr erfreut.“

Takuma erwiderte die Verneigung und lächelte so freundlich wie immer: „Willkommen an der Cross Akademie, Chiyo hat bereits von dir erzählt.“

„Danke, mir wurde auch schon von dir berichtet. Oder sollte ich sagen euch?“

Sie zwinkerte ihnen mit einem geheimnisvollen Lächeln zu und schritt dann anmutig an ihnen vorbei.

Takuma sah Chiyo fragend an, die war allerdings immer noch so rot wie eine Tomate.

Als sie seinen Blick endlich bemerkte, druckste sie einen Moment lang herum, ehe sie schließlich aufgab und seufzte: „Sie weiß, dass ich dich…“, sie biss sich auf die Lippe und blickte scheu zu Boden, „… dich liebe.“

Er streifte flüchtig über ihre Lippen und hauchte leise: „Ich dich auch, meine süße Chiyo-chan.“

Wie betäubt vor Glück und mit einem anhaltenden Lächeln auf den Lippen wurde sie dann von ihm hinein geführt und sowohl sie als auch Takuma ignorierten das breite Grinsen auf Misakis Gesicht, der sich zu Yumes Schutz inzwischen ebenfalls hier eingefunden hatte.

Mithilfe von Chiyos telekinetischen Fähigkeiten hatten sie den großen Saal innerhalb von zwei Stunden vollständig dekoriert und alles für den Ball hergerichtet. Sie ersparten es sich auf diese Weise schließlich irgendwelche Leitern hinaufklettern zu müssen.

Doch Chiyo war anschließend ziemlich erschöpft und sowohl Takuma als auch Yume bestanden darauf, dass sie sich vor dem großen Abend noch etwas ausruhte.

„Ich hole dich um sieben ab.“ Das war Takumas letztes Wort zu Chiyos kläglichen Protestversuchen. Sie hätte lieber noch etwas Zeit mit ihm verbracht, auch wenn es vernünftiger war, sich zu erholen.

„Du hast ihn gehört Chiyo-chan, du willst Ichijo-san doch keine Sorgen bereiten oder?“

Mit knirschenden Zähnen gab sie nach, Yume wusste genau, wie sie sie überzeugen konnte.

Mit einem kleinen Seufzer kuschelte sie sich deshalb noch einmal kurz an Takuma und verabschiedete sich vorerst von ihm: „Also schön, bis später … Takuma.“

Sie sprach seinen Vornamen mit einem schüchternen Lächeln aus, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, bevor sie Yume nacheilte.
 

Im Saal herrschte Totenstille und Takuma konnte jeden einzelnen Blick der anderen Vampire in seinem Rücken spüren.

Langsam drehte er sich um und grinste die Jungs breit an.

Misaki erwiderte sein Grinsen, Senri kaute gelangweilt an einem Mikado-Stäbchen, er hatte es ja immerhin schon gewusst, Kain schien es ganz einfach hinzunehmen und Aido war die Kinnlade soweit heruntergefallen wie es überhaupt möglich war.

„Ichijo! Du ..du hast Chiyo-chan geküsst!“

Misaki korrigierte ihn lachend: „Nein, sie hat ihn geküsst.“

Da es zu Takumas Hobbys zählte Aido zu ärgern und aufzuziehen, setzte er sogar noch einen drauf: „Sie hat mir gestern Pralinen mit einem Tropfen von ihrem zuckersüßen Blut darin geschenkt.“

Aido war definitiv kurz davor in Tränen auszubrechen, als er hörte, dass Takuma etwas bekommen hatte, das so viel besser war als ihre Bluttabletten.

„Sprachlos, Aido-kun?“

„Ach, mach doch was du willst! Ich werde sowieso viel mehr geliebt. Ich habe mindestens doppelt so viel Schokolade bekommen wie du! Bilde dir also bloß nichts ein!“ Aido stapfte beleidigt nach draußen und die anderen folgten ihm nacheinander.

Senri und Takuma liefen etwas abseits von den anderen: „Gratuliere, aber wie hast du vor sie vor deinem Großvater zu schützen?“

Takumas Gesichtsausdruck wurde kalt: „Er wird sie nicht anrühren. Das lasse ich nicht zu. Er wird sich damit abfinden müssen.“
 

Nachdem Chiyo ein wenig geschlafen und sich frisch geduscht hatte, freute sie sich bereits wieder darauf, ihren geliebten Takuma in weniger als einer Stunde wieder an ihrer Seite zu haben.

„Was ziehst du an, Chiyo-chan?“ Yume stand vor dem Kleiderschrank der Braunhaarigen und stellte fest, dass dort nichts zu entdecken war, das auch nur entfernt nach einem Abendkleid aussah.

Chiyo fuhr auch augenblicklich mit einem entsetzten Gesichtsausdruck herum und starrte auf ihren Schrank: „Das habe ich ja ganz vergessen. Was mache ich denn jetzt? Ich war mit meinen Gedanken die ganze Zeit bei meinen Gefühlen für Takuma und …“

„Beruhige dich.“ Yume reichte ihr eine Tasche, die Chiyo noch gar nicht bemerkt hatte.

„Was…was ist das?“ Verdutzt nahm sie sie entgegen und sah hinein.

„Ist das etwa…?“ Sie sah Yume mit großen leuchtenden Augen an.

„Ja, ich habe mir schon etwas Ähnliches gedacht und Sakura hat dir mit Hilfe der Maße für dein letztes Sommerkleid ein ganz wundervolles Abendkleid genäht. Du wirst die Schönheit des Abends sein, Chiyo-chan. Takuma wird ganz hin weg sein, wenn er dich sieht.“

Chiyo zog ein knielanges Kleid hervor, das wie ein Sonnenaufgang aussah.

Es war trägerlos und lag bis zu ihrer Taille eng an, der Stoff war hier strahlend goldgelb. Dann fielen viele hauchdünne Schichten übereinander, die von einem hellen Orange nach unten bis zu einem feurigen Rot immer dunkler wurden, wobei die Farben ineinander zu verschwimmen schienen. Dazu trug sie goldene Schuhe, die ein Stück weit ihre Waden hinaufgeschnürt wurden und letztlich legte Yume ihr noch eine goldene Kette um, die einen Anhänger in Form einer Sonne hielt. Dazu gab sie ihr natürlich auch die passenden Ohrstecker.

„Wie sehe ich aus?“, fragte Chiyo schüchtern und drehte sich vor ihrem Spiegel hin und her.

„Wie eine Prinzessin.“ Yume drückte sie auf einen Stuhl und begann ihre Haare verspielt nach oben zu stecken und ihr ein zartes Make-up aufzulegen, das sich perfekt ihrem neuen Kleid anpasste.

Als sie schließlich endlich zufrieden war, zog sie noch ihr eigenes Kleid aus der Tasche, welches unter Chiyos gelegen hatte und zog es sich schnell an.

Es war dunkelviolett und sehr schlicht. Wie Chiyos lag es am Oberkörper eng an, wurde aber hinter ihrem Hals zusammengebunden, und fiel ab ihrer Hüfte bis zu ihren Knöcheln locker um ihre Beine. Das einzig Auffällige waren ihr weit ausgeschnittener Rücken und ein schmales helleres Band, das um ihre Taille gebunden war und hinten zu einer kleinen Schleife gebunden hinunterfiel.

Auch der Rest war eigentlich nichts Ausgefallenes, eine schlichte Silberkette mit einem tropfenförmigen Anhänger, dazugehörige Ohrringe und nur locker hochgestecktes Haar, von dem einige Strähnen noch über ihre Schulter fielen und ihr Gesicht umrahmten.

„Ich denke so können wir uns sehen lassen.“ Yume lächelte und wollte Chiyo hinausschieben, aber diesmal war es eben diese, die ihre ‚große Schwester‘ auf etwas aufmerksam machte: „Onee-san, du hast noch keine Schuhe an.“

Yume blickte verblüfft an sich hinunter und stellte fest, dass Chiyo Recht hatte: „Oh.“

Schnell schlüpfte sie wieder in die schwarzen Schuhe, die sie zuvor auch getragen hatte und war anschließend wieder einen halben Kopf größer als ihr Schwesterchen.

„Also gut, jetzt dürfte aber alles stimmen.“

Kichernd verließen sie das Zimmer und machten sich auf den Weg zum Festsaal. Unglücklicherweise trafen sie dabei nicht nur auf Yuki, sondern auch auf Suri, die Chiyos Begleitung mit großen Augen anstarrte, ebenso wie die Traube um sie herum.

Yume setzte ein höfliches Lächeln auf und nickte den Mädchen zu: „Schönen guten Abend, viel Spaß auf dem Ball.“

Gekonnt manövrierte sie Chiyo so zu Takuma, ohne dass sie unterwegs anhalten mussten und sobald sie Misaki erreicht hatten, war auch Yume augenblicklich von jeglicher Belästigung abgeschottet.

Takuma sah Chiyo mit großen Augen und leicht geöffneten Lippen an: „Meine Güte, Chiyo-chan, du… du siehst atemberaubend aus.“

Chiyo biss sich schüchtern auf die Lippe und errötete, doch dieses Mal vor Freude: „Danke, du aber auch.“

Takuma schmunzelte und zog sie an sich, um ihr einen zärtlichen Kuss aufzudrücken.

„Und du wirst jetzt den Anstand besitzen, mich unserem Prinzen vorzustellen, damit ich unserer Familie keine Schande bereite, weil ich ihm nicht meine Aufwartung gemacht habe.“ Yume schnappte sich Misaki und zwinkerte dem trauten Paar, das nun etwas unter sich war, heimlich zu.
 

Misaki führte seine Schwester derweil ans andere Ende des Saales, wo Kaname Kuran umgeben von Seiren, Ruka, Aido und Kain stand. Yume schwebte mit stolzem und anmutigem Schritt über den Boden und neigte höflich ihr hübsches Haupt vor dem Reinblutprinzen. Jedoch nur so weit, dass sie nicht respektlos erschien.

Yume kroch vor niemandem.

Sie verspürte allerdings auch kein Bedürfnis danach, sich mit anderen Reinblütern zusammenzutun. Die Erhaltung der reinen Linie interessierte sie nicht. Im Gegenteil, ihrer Meinung nach, sollte ihre Linie am besten aussterben, damit keine Level E Vampire mehr entstehen konnten. Ihre Art hielt sich für Götter und glaubte das Recht zu haben, Menschenleben zu lenken wie es ihnen Gefiel. Und nicht selten wurde damit die Existenz Unschuldiger nur zu ihrem Vergnügen und um die Langeweile zu vertreiben vollkommen zerstört.

„Kaname-sama, darf ich vorstellen? Dies ist meine Halbschwester Yume Hoshi.“ Misaki verneigte sich ebenfalls kurz, aber etwas tiefer als seine Schwester, und deutete dann mit einer freundlichen Geste auf diese.

„Es freut mich dich kennenzulernen, Yume-san.“

Kaname gab ihr einen flüchtigen Handkuss und die braunhaarige Ruka neben ihm funkelte sie eifersüchtig an.

„Die Freude ist ganz meinerseits, Kuran-san.“

Die umstehenden Vampire, die ihre Unterhaltung hören konnten, schienen die Luft anzuhalten, als sie hörten, dass Yume ihren Prinzen behandelte, als stünden sie auf einer Stufe.

Genau genommen gab es ja auch keinen wirklichen Unterschied, sie hatten beide den gleichen Blutstatus, seine Familie war lediglich noch etwas angesehener als ihre und vor langer Zeit zum Königshaus ernannt worden.

Ein Kräftemessen zwischen Reinblütern konnte ein solcher Titel letztlich trotzdem nicht beeinflussen und unter anderem aus diesem Grund hatte Yume auch keine Angst vor ihrem Prinzen.

„Yume-san, wenn ich vorstellen darf, dies sind Ruka Souen, Hanabusa Aido, Akatsuki Kain und Seiren.“ Kaname deutete auf die Vampire direkt an seiner Seite und Yume schenkte jedem ein entzückendes Lächeln.

„Misaki hat mir bereits viel von seinen Freunden erzählt und es freut mich euch alle endlich kennenlernen zu dürfen. Entschuldigt mich nun aber bitte wieder, ich muss noch mit dem Direktor sprechen.“

Sie drehte sich um und als sie ein Stück gegangen war, konnte sie noch hören wie Ruka sich an ihren verehrten Kaname wandte: „Was für eine dreiste Respektlosigkeit. Für wen hält sie sich?“

Yume lächelte zufrieden in sich hinein. Misaki hatte ihr vor nicht allzu langer Zeit eine Geschichte erzählt. Die Geschichte eines Hunters. Und sie hatte sich geschworen ihn zu retten.

Aus diesem Grund würde sie jemanden wie Kaname Kuran, der einen Menschen wie Zero Kiryuu wie Ungeziefer behandelte, nur weil er zum Level E wurde, niemals akzeptieren.

In ihren Augen war der Dunkelhaarige nur ein Heuchler.

Er unterstützte diese Schule nicht aus Überzeugung, sondern einzig und allein aufgrund seiner persönlichen Gefühle zu einem einzigen Mädchen. Er war ein Heuchler wie alle anderen und außer dem engen Kreis um ihn herum interessierte ihn niemand außer ihm selbst. Er benutzte den Hunter wie einen Gegenstand, der weder Gefühle noch einen Willen hatte. Er tat so, als hätte Zero auf diese Dinge kein Recht.
 

„Darf ich um diesen Tanz bitten, meine Schöne?“, Takuma verneigte sich elegant vor Chiyo und als sie ihre Hand schüchtern in seine legte, hauchte er einen zarten Kuss darauf und zog sie dann eng in seine Arme.

Es war nicht das erste Mal, dass Chiyo auf einem Ball tanzte, doch noch nie hatte sie so sehr das Gefühl gehabt zu schweben und während Takuma sie gekonnt führte, verlor sie sich gänzlich in seinen smaragdfarbenen Augen.

„Ich fühle mich immer noch wie in einem Märchen. Die Magd und der Prinz.“ Sie kicherte leise.

„Ich kann mich an keine Magd entsinnen. Aber an eine hinreißende Prinzessin, die mich offensichtlich verzaubert hat.“

Takuma tanzte noch zwei Schritte mit ihr und plötzlich standen sie auf einem Balkon. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er sie dorthin gelenkt hatte.

Sanft legte er eine Hand unter ihr Kinn und zog sie zu sich, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu geben. „Ich liebe dich, Chiyo. Ich weiß es geht ziemlich schnell und wirkt vielleicht auch ein wenig überstürzt, doch ich bin absolut sicher.“ Er ließ sich vor ihr auf ein Knie sinken und streifte ihr einen zierlichen silbernen Ring über: „Bitte werde meine Frau, bleib für immer bei mir.“

Chiyo traten vor Glück und Rührung die Tränen in die Augen: „Ja, ja, und noch weitere tausend Male ja! Ich will deine Frau werden.“

Sie fielen einander in die Arme und sie murmelte an seinem Ohr: „Ich liebe dich auch Takuma. Aber wir sollten zumindest meiner Familie vorerst noch nichts sagen. Ich glaube meine Mutter würde ohnmächtig umfallen, wenn sie wüsste, dass ich schon so jung verlobt bin und plane gleich nach meinem Abschluss zu heiraten.“

Sie lachten glücklich und dann hob Takuma sie auf seine Arme, um sie zum Wohnheim Mond zu tragen.

Begegnung mit Asato Ichijo

Begegnung mit Asato Ichijo
 

Nachdem Takuma mit Chiyo in seinem Arbeitszimmer verschwunden war, schleuderte diese ihre Schuhe von sich und seufzte erleichtert auf: „Diese Absätze hätten mich gewiss bald umgebracht, dabei habe ich sie gar nicht lange getragen.“

Takuma setzte sich neben sie und zog ihre Füße auf seinen Schoß: „Lass mich mal sehen.“ Vorsichtig aber kräftig begann er ihre zierlichen Füße zu massieren und Chiyo sank mit einem genussvollen Stöhnen zurück in die Kissen: „Takuma das ist unglaublich. Gibt es eigentlich irgendetwas, das du nicht kannst?“

Der Vampir lächelte verschmitzt: „Einiges, aber zu meinem großen Glück scheinst du auch nichts davon zu brauchen.“

Wieder beugte er sich über sie und küsste sie innig. Chiyo schlang ihre Arme um seinen Hals und zog ihn noch näher an sich, um seine Wärme und Berührung zu genießen.
 

Da der Abend bereits weit fortgeschritten war und die Uhr bereits kurz nach Mitternacht anzeigte, löste sich die Ballgesellschaft derweil endgültig auf und die Vampire waren alle zurück auf ihren Zimmern.

Doch der Frieden und die Ruhe, die durch die Erschöpfung des Abends herrschten, waren nicht von langer Dauer, denn die Akademie bekam noch in der gleichen Nacht unerwarteten Besuch.

Senatsoberhaupt Asato Ichijo war gekommen, um seinen Enkel zu kontrollieren und sicherzustellen, dass Kanames Eigenständigkeit und Einfluss nicht zu groß wurden.

Nachdem er sich also im Direktorat gemeldet hatte, um die Förmlichkeiten und seinen eigenen Schein zu wahren, führte Zero ihn widerwillig zum Haus Mond.

Yuki war inzwischen dort, um Kaname Kuran von der Ankunft des alten Vampirs zu unterrichten und dann ging alles sehr schnell.

Die Nachricht verbreitete sich in wenigen Minuten und Misaki stürmte zum ersten Mal in Takumas Zimmer, ohne sich zuvor bemerkbar zu machen und er übersah auch einfach in welcher Position er seine Cousine und den Vizehausvorstand vorfand: „Ichijo-san! Dein Großvater ist hier! Chiyo muss sofort hier raus!“

Takuma sprang auf wie von der Tarantel gestochen, von romantischer Atmosphäre war nichts mehr zu spüren und auch Chiyo richtete sich unsicher wieder auf und blickte ängstlich zu ihrem Liebsten auf. Die Panik, die die beiden Männer plötzlich zu überfallen schien, verunsicherte sie.

Takuma eilte ans Fenster und blickte hinaus: „Dafür ist es zu spät. Er ist bereits hier und er wird sie wittern, egal, was wir tun. Ich trage ihren Geruch bereits wie Fahne vor mir her, nachdem wir bereits den gesamten Tag zusammen gewesen sind!“

Misaki presste die Kiefer aufeinander du sah auf Chiyo hinunter: „Keine Angst, wir beschützen dich.“

Takuma trat mit festen Schritten wieder neben sie und zog ihre Hände seine Lippen: „Ich schwöre dir, eher werde ich sterben als dich verlassen.“

Chiyo wusste schnell, wo das Problem zu liegen schien. Takumas Großvater würde sie nicht an der Seite seines Enkels akzeptieren und sie vermutlich zu töten versuchen, wenn er sie nicht anders trennen konnte.

Aber hatte sie das denn nicht schon einmal überstanden? Die Familie ihres Vaters akzeptierte sie doch auch nur zu einem Teil und ebenso wie zu Hause war sie auch hier nicht allein.

Also wischte sie ihre Furcht fort, straffte die Schultern. Sie würde sich den Mann, den sie liebte gewiss nicht wegnehmen lassen. „Wir packen das schon. Er kann mich schließlich nicht einfach hier und jetzt umbringen und ich halte zu dir, Takuma. Du musst da auch nicht alleine durch.“

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen, danach gingen sie hinunter, wo die anderen Schüler schon warteten.

Nur Misaki ging weiter zu seinem Zimmer, um Yume ebenfalls zu informieren.

In der Halle nahm Takuma seinen Platz neben Hausvorstand Kuran ein und hielt Chiyos Hand fest in seiner. Den Blick seines Prinzen erwiderte er dabei nur sehr kurz und machte damit deutlich, dass er voll und ganz zu seiner Gefährtin stehen würde.

In der Eingangshalle wurde es schließlich totenstill, bis die Tür geöffnet wurde und Zero mit dem Adelsvampir eintrat.

Er warf den üblichen verachtenden Blick in die Runde und stellte sich in den Schatten neben der Tür, während Asato Ichijo sich vor Kaname verneigte: „Es ist mir eine Ehre, Kaname-sama.“ Nach einem kurzen Wortwechsel wandte er sich anschließend an seinen Ekel und versteifte sich deutlich, als er dessen Finger fest mit Chiyos verschränkt sah.

Den schwachen Vampirgeruch an ihr führte er auf Takuma zurück und so glaubte er, dass sie ein ganz gewöhnlicher Mensch war.

„Wir haben ein paar Familienangelegenheiten zu besprechen, Takuma und wie ich sehe, ist es gerade noch eine mehr geworden.“

Asato steuerte auf die Treppe zu und nachdem sich die anwesenden Schüler alle höflich vor ihm verneigt hatten, erwartete er, dass der Blonde ihm folgen würde. Takuma kam auch, nahm Chiyo allerdings mit.

„Allein, Takuma.“

Takuma sah seinem Großvater herausfordernd in die Augen: „Ich habe keine Geheimnisse vor Chiyo.“

Die gesamte Halle schien den Atem anzuhalten: „Die Angelegenheiten der Ichijo Familie gehen einen schwachen Menschen nichts an.“ Asato sprach ruhig, doch die Drohung in seiner Stimme war nicht zu überhören.

„Ihr beleidigt gerade meine Familie, Ichijo-san.“

Am oberen Ende der Treppe stand plötzlich Yume und neben ihr Misaki, wie ein Raubtier, das nur noch auf den Befehl seiner Herrin wartete, war seine gesamte Konzentration auf das Senatsoberhaupt gerichtet. Durch seine telepathische Gabe, war er nur einen Gedanken von Yume davon entfernt, Asato anzugreifen und seine Schwester und seine Cousin zu schützen. Wobei er sich weniger um Chiyo sorgte, da sie auch von Takuma verteidigt werden würde.

„Mylady, verzeiht, ich wusste nicht, dass Ihr hier seid.“ Sofort verneigte sich der Adelige vor der Reinblüterin und küsste ihre Hand.

Ohne mit der Wimper zu zucken, schlug sie ihm diese jedoch ins Gesicht, kaum dass seine Lippen sie berührt hatten.

„Es steht Euch auch dann nicht zu, wenn ich nicht anwesend bin. Chiyo-chan ist Onii-sans Cousine, Ichijo-san. Sie ist ein Halbblut mit reinblütiger Abstammung. Durch die Ehe meiner Eltern gehört sie zu meinem Clan, ob nur entfernt oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Beleidigt Ihr also sie, beleidigt Ihr auch mich und meine Großeltern ebenfalls. Da Ihr ein enger Freund meines Großvaters seid, werde ich über Euer Verhalten hinwegsehen, dieses Mal.“

Sie stand nur noch eine Stufe über ihm, so dass sie ihm in die Augen blicken konnte: „Zeigt die Verbindung unserer Familien durch dieses wundervolle Paar nicht, dass die Akademie Vampire und Menschen einander wirklich näher bringt?“

Takuma beobachtete das Schauspiel angespannt. Sein Großvater würde eine solche Demütigung niemals hinnehmen. Er konnte die Reinblüterin zu diesem Zeitpunkt unmöglich angreifen, nicht mit all den Zeugen um sie herum. Doch er würde schon einen Weg finden, um sich zu rächen.

Der junge Vampir musste aber auch gestehen, dass er zwar gespürt hatte, dass Yume nicht zu unterschätzen war, doch so offenen Widerstand gegen seinen Großvater, hätte er nicht erwartet. Denn auch wenn sie reinblütig war, so hatte sie sich soeben wohl sehr viele Feinde unter seinen Mitschülern gemacht. Selbst von ihrer Position aus war es eine Dreistigkeit, einen so alten und angesehenen Vampir wie Asato Ichijo vor den Augen eines anderen derart bloßzustellen.

Asato richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und streckte stolz die Schulten durch: „Ich bin ganz Eurer Meinung, Hoshi-sama. Aber mit Verlaub, es gibt Angelegenheiten, die erst dann auch für ihre Ohren bestimmt sind, wenn sie wirklich eine Ichijo ist.“

Yume legte den Kopf zur Seite und schwieg einen Moment. Ihr Blick glitt über das Paar, das gespannt zu ihr aufsah, und auch auf den Ring an Chiyos Finger.

Takuma erwiderte diesen Blick und bat auf diese Weise darum, selbst mit seinem Großvater über diese Angelegenheit zu diskutieren. Er konnte Yume nur nicht einfach unterbrechen, ein solches Verhalten hätte gewiss einen noch weit größeren Skandal gegeben.

Yume nickte ihm kaum merklich zu und lächelte Asato danach auf höflich kühle Weise an: „Wieso fragt Ihr Takuma-kun nicht selbst, wie weit Meine kleine Onee-chan schon zur Familie gehört?“

Indem Yume Chiyo in aller Öffentlichkeit als ihre kleine Schwester bezeichnete, hob sie ihren Stand enorm, denn sie erkannte damit offiziell ihren Status als Mitglied einer reinblütigen Familie an.

Takuma erleichterte sie seine Argumentation damit ebenfalls. Niemand würde Chiyos Abstammung noch als Grund vorbringen können, eine Verbindung zwischen ihnen zu verbieten.

„Großvater, Chiyo ist meine Verlobte. Ich habe also das Versprechen abgelegt sie zu meiner Frau zu nehmen und mein Wort zu brechen wäre doch wirklich äußerst beschämend für unsere Familie, oder nicht? Außerdem sehe ich eine Verbindung mit dem Hause Hoshi als eine große Ehre für uns an. Und wie könnten die Umstände besser sein, wenn eine solche Verbindung auch noch aus Liebe geschlossen werden kann. Chiyo ist also eigentlich bereits eine Ichijo.“

Asato schwieg vor Zorn, konnte er sich doch unmöglich noch eine weitere Blöße erlauben. Also beschloss er sich für heute zurückzuziehen. Doch flüsterte er, sodass nur Yume und Misaki es hören konnten noch: „Ich werde Euren Großvater von Euren Verhalten in Kenntnis setzen.“

Der Vampir verabschiedete sich wie es sich gehörte und als er zur Tür hinausstapfte, traf Zeros Blick kurz auf Yumes und sie schenkte ihm ein flüchtiges und trauriges Lächeln.

Kaum war das Türschloss wieder eingerastet erfüllte erneut Stille das Wohnheim, bis Kaname das Wort ergriff: „Dank, dass ihr alle anwesend wart. Nun zieht euch bitte wieder zurück, es ist spät.“

Die Menge zerstreute sich leise murmelnd und Yume kam zu Takuma und Chiyo hinunter: „Danke, du hast vermutlich ein Blutbad verhindert.“ Takuma lächelte die Reinblüterin dankbar an und zog Chiyo dann fest in seine Arme: „Du gehörst jetzt ganz offiziell zu mir, keiner wird uns noch trennen können.“

Auch Chiyo war erleichtert und überaus glücklich, darum stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihren Liebsten zärtlich.

Sie war erleichtert, dass es durch die Hilfe ihrer Familie doch einfacher war, als zunächst befürchtet. Sie hatte wirklich große Angst gehabt, dass man ihr Takuma wegnehmen könnte.

Als schließlich nur noch der enge Freundeskreis von Takuma anwesend war, regnete es Glückwünsche für das verlobte Paar und auch Kaname nickte seinem Freund und Chiyo anerkennend zu.

Takuma strich Chiyo liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht und sah ihr verträumt in die Augen: „Jetzt können wir für immer vereint sein.“

Epilog

Epilog
 

Eine Stunde später auf Misakis Zimmer…
 

„Ich werde morgen früh alles vorbereiten lassen, um ebenfalls zur Akademie zu gehen. Ich muss es schnell tun, bevor Großvater etwas von heute Abend erfährt.“

Yume stand am Fenster und blickte hinaus und Misaki sah sie nachdenklich an: „Du musst Chiyo nicht beschützen, Yume. Niemand wird es wagen, ihr jetzt noch etwas anzutun.“

Die Rothaarige drehte sich nicht zu ihm um: „Das weiß ich.“

„Wieso willst du dann bleiben? Versteh mich nicht falsch, natürlich würde ich mich über deine Gesellschaft freuen, aber das Leben hier könnte dich belasten. Der Klassenwechsel ist laut, stürmisch und die halbe Night Class würde dir gerne eine Klinge zwischen die Rippen rammen, weil du mit deinem Verhalten auch Kaname-samas Autorität untergraben hast.“

Yume schnaubte verächtlich: „Ich kann ihn nicht leiden und es schadet gewiss nicht, deine Mitschüler ab und an daran zu erinnern, dass Kuran nicht der einzige starke Reinblüter ist.“

Misaki trat nun direkt neben sie: „Das ist doch aber nicht wirklich der Grund für deine Entscheidung.“

Yume schob die Vorhänge noch ein Stück weiter zur Seite, so dass ihr Bruder sehen konnte, was sie an diesen Ort zog: „Er ist es. Seinetwegen will ich bleiben, denn vielleicht kann ich ihm ja helfen.“

Vor dem Haus stand Zero Kiryuu und ging seinen Aufgaben als Guardian nach.

„Das ist doch nicht nur reiner Helferdrang, Yume.“

„Das habe ich auch nie behauptet.“

Sie blickte traurig und schon fast sehnsüchtig hinter dem Silberhaarigen her und Misaki seufzte laut: „Ich habe es ja schon befürchtet. Seit ich euch von ihm erzählt habe, reagierst du äußerst ungewohnt, wenn er auch nur erwähnt wird. Aber du bist nicht diejenige, die ihm das angetan hat. Du hast ihm nicht die Zähne in den Hals geschlagen.“

Yume drehte sich um und ging zum Bett hinüber: „Aber er ist außerhalb meiner Familie der erste, dessen Blick mich berührt und der mir das Gefühl gibt bis auf meine Seele zu sehen.“

Und mit diesen Worten legte sie sich schlafen.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  MissGameFreaky
2013-03-23T14:27:13+00:00 23.03.2013 15:27
ohhhh kawaii!!!!
Ich hatte fast in jedem Kapitel Bauchgribbeln *___*
Antwort von:  Chisaku
08.04.2013 15:45
danke schön, das ist sehr lieb ^^
Von: abgemeldet
2011-08-27T16:41:36+00:00 27.08.2011 18:41
Eine wunderschöne Geschichte!!
Du hast auch einen guten und flüssigen Schreibstil!!
Würde mich freuen wenn du schnell weiter schreiben würdest!!!

Von:  Fox-sama
2011-06-28T12:05:12+00:00 28.06.2011 14:05
Hey,
also bis jetzt finde ich die Idee zu deiner Story recht interessant, mal schauen wie es weitergeht.
Außerdem hast du einen echt tollen Schreibstil, der sich gut lesen lässt.
Würde mich jedenfalls freuen wenn du weiterschreiben würdest


Zurück