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Miyavi / Keiyuu
von

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Dreams blown in the wind

Seit Miyavi ihn verlassen hatte, war alles grau. Miyavi war die Farbe gewesen, die Keiyuus Welt hatte erstrahlen lassen. Die Stimme, die Keiyuus Herz erreicht hatte, und Miyavi war der gewesen, der Keiyuu neben dem Singen einen Sinn zum Leben gegeben hatte.
 

Aber nun war Miyavi fort. Zumindest fort aus Keiyuus Leben und Keiyuu saß jeden Abend, jeden Tag in seiner Wohnung. Aß nicht mehr, schlief nicht mehr. Er saß auf dem Sofa, starrte auf den ausgeschalteten Fernseher. Er ging nicht mehr zur Arbeit, sang nicht mehr. Er blieb für sich, hörte Miyavis Musik. Sprach mit niemandem, wollte niemanden – außer Miyavi. Er schaffte es nicht, Miyavis Sachen wegzuschmeißen. Er behielt sie bei sich, versuchte jede Faser, den kleinsten Geruch aufzunehmen.
 

Er wollte auch gar nichts anderes. Er hatte keine Lust mit seinen Freunden zu reden, weil er wusste, dass sie ihm sowieso nicht helfen konnten.
 

Ob es nun Mai war, Yasuno, Yuura oder gar Miyavi selbst – solange er nicht zu ihm zurückkommen wollte, hatte Keiyuu nicht den Geringsten Elan mit jemandem zu reden oder sich trösten zu lassen. Auch wenn er stark bezweifelte, dass ihn irgendjemand trösten konnte.
 

Heute vor einer Woche war es gewesen. Heute vor einer Woche hatte Keiyuu den Willen verloren irgendetwas zu tun.

Er blinzelte die immer wiederkommenden Tränen weg, wobei bei jedem Blinzeln ein Schmerz durch sein Lid zuckte.
 

Einen Tag später waren Mai, Yasuno und Yuura bei ihm gewesen. Sie kamen zwar nicht zusammen, aber Keiyuu wusste, dass sie sich absprachen.

Zwei Tage mussten vergehen, bis Keiyuu bereit war, die Tür aufzumachen und seine Kollegen reinzulassen.
 

Yuura redete viel auf ihn ein, Keiyuu schwieg die meiste Zeit, Yuura redete viel drum herum, wollte das Problem wohl nicht beim Namen nennen. Keiyuu war das egal.
 

Yasuno wetterte laut und viel gegen Miyavi, Keiyuu versuchte zu ignorieren, dass es der Mann war, den er liebte, über den Yasuno redete. Schließlich musste Keiyuu Yasuno bitten seine Wohnung zu verlassen, weil er es nicht ertragen konnte, dass Yasuno Miyavi die ganze Schuld gab. Obwohl er Recht damit hatte.
 

Mai saß schweigend neben Keiyuu und sah halb so geschafft aus, wie Keiyuu sich fühlte. Er beteuerte einmal, wie Leid es ihm tat. Er sagte einmal, er würde Miyavi umlegen, wenn Keiyuu es wollte. Keiyuu wollte es nicht. Er wollte nur Miyavi zurück.
 

Alle drei kamen jeden Tag wieder. Keiyuu ließ sie nicht mehr rein. Er wollte nicht, dass sie ihn so sahen. Als sie das erste Mal da gewesen waren, sah Keiyuu zwar müde aus, aber noch menschlich. Er in der Nacht, nachdem seine Freunde dagewesen waren, hatte Keiyuu begriffen, dass wirklich passiert war, wovor er so große Angst gehabt hatte. Erst dann hatte er angefangen zu weinen. Angefangen zu schreien.

Er lag in seinem Bett, in dem Bett, in dem er mit Miyavi gelegen hatte, klammerte sich an den Pullover, den Miyavi noch nicht aus Keiyuus Wohnung mitgenommen hatte, und er weinte. Er schluchzte und keuchte. Er bettelte und flehte.

Seit dieser Nacht lag er jede Nacht dort und kämpfte um seine Selbstbeherrschung. Er verlor jedes Mal.
 

Heute vor einer Woche war es gewesen.
 


 

Zur Mittagszeit öffnete Miyavi die Tür zu Keiyuus Wohnung. Da er so gut wie jeden Tag unangekündigt vorbeikam, hatte er schon lange seinen eigenen Schlüssel.
 

Keiyuu stand in der Küche und kochte. Er hatte erst vor Kurzem Tipps von Kai geholt. Kai war ein begnadeter Koch, das wusste Keiyuu schon aus eigener Erfahrung.

Also kochte Keiyuu nach einem von Kais Rezepten – und es gelang ihm gar nicht mal so schlecht, befand er.
 

Miyavi setzte sich an den Küchentisch ohne Keiyuu einen Kuss zu geben, während Keiyuu das Essen servierte.

Nach den ersten paar Bissen veränderte sich Miyavis ernster Gesichtsausdruck zu einem leichten Schmunzeln.
 

„Das schmeckt ein bisschen nach dem Essen von Kai“, erkannte er. Keiyuu strahlte seinen Freund an.

„Danke, das Rezept hab‘ ich von ihm!“, erzählte er, „Er hat mir auch noch ein paar extra Tipps gegeben. Kai ist wirklich nett, muss ich zugeben."

Während Keiyuu erzählt hatte, hatte sich ein Lächeln auf Miyavis Lippen gelegt, dass sich nun versteifte.
 

„Keiyuu, wir müssen reden“, war die Einleitung des Gesprächs, dass alles verändern sollte.

„Etwas Ernstes?“, fragte Keiyuu, obwohl Miyavis Blick seine Frage bereits beantwortete.
 

Miyavis Gabel scharrte über den Teller, während sein Blick von der einen Ecke der Küche zur anderen huschte, bis er schließlich an Keiyuus hübschen Augen hängen blieb, die ihn besorgt ansahen. Keiyuus dunkle Augen, deren Tiefe ihn damals so gefesselt hatten.
 

„Sag schon, Miyavi!“, der Klang seines Namen holte Miyavi aus dem unangenehmen Schweigen, das das Unvermeidliche hinauszögerte.

„Es ist... nun ja... ich glaube, es ist vorbei“, sagte Miyavi langsam, woraufhin ihn Keiyuu nur leicht verwundert ansah. Es kam ihm nicht einmal in den Sinn, was Miyavi meinen könnte. Eher hätte Keiyuu erwartet, dass Miyavi aufhören würde Musik zu machen, als dass er ihn verlassen wollte.
 

„Unsere Beziehung, meine ich. Unsere Beziehung ist vorbei.“
 

Keiyuu zeigte keine Regung, aber Miyavi bemerkte an den weiß werdenden Knöcheln an Keiyuus Händen, dass er sich an sein Besteck klammerte.
 

Seit er beschlossen hatte, sich von Keiyuu zu trennen, hatte Miyavi sich gefragt, wie es sich für ihn anfühlen würde, den Menschen, der ihm vor gar nicht allzu langer Zeit alles bedeutet hatte, das Herz zu brechen. Niemals hätte er erwartet, dass er es sein würde, der die Beziehung beenden würde.

Nun saß Keiyuu vor ihm in den Scherben ihres gemeinsamen Lebens.
 

Miyavis Blick wanderte von Keiyuus Händen zu Keiyuus Gesicht und der Ausdruck, der sich auf dessen Gesicht ausgebreitet hatte, war für Miyavi wie ein Stich, der ihm durch Mark und Bein ging.
 

„Es tut mir Leid“, sagte Miyavi und meinte es auch so. Er griff nach Keiyuus Hand, die immer noch die Gabel umklammert hielt. Keiyuu zitterte, weshalb die Gabel gegen den Rand seines Tellers klapperte.
 

Miyavi nahm Keiyuu die Gabel aus der Hand und legte diese auf den Tisch. Seine Hand legte sich um Keiyuus und sein Daumen fuhr über dessen Handrücken.

Miyavi sah in das Gesicht seines nun Exfreundes und wollte sehen, dass entgegen aller Hoffnungen nicht Keiyuus Leben zerstört war.
 

Keiyuus Augen starrten voller Entsetzen auf den Tisch, als ob er dort die Rückspul-Taste finden konnte.

„Keiyuu?“, Miyavi drückte die Hand seines Gegenübers. Er wartete vergeblich auf eine Reaktion.
 

Irgendwann ließ Miyavi Keiyuu los und stand auf.

„Ich geh‘ jetzt. Meine Sachen hole ich später ab.“

Auf diese Worte hin fuhr Keiyuus Kopf hoch und seine Augen fanden Miyavis.
 

„Verlass‘ mich nicht, Miyavi!“
 

Miyavi wandte sich ab und ging aus der Küche in den Flur, wo er sich seine Jacke überwarf.

Keiyuu folgte ihm mit schnellen Schritten.

„Miyavi!“, er schloß die Arme um den Größeren. Er klammerte sich an ihn, konnte – und wollte – ihn nicht loslassen.
 

„Keiyuu...“, Miyavis Stimme versagte, als er den unkontrollierten Atem Keiyuus wahrnahm.

„Du- du bist der, auf den ich mein Leben lang gewartet habe!“, Keiyuu schluchzte laut auf, während er sprach, „Du kannst... nicht gehen!“
 

Miyavi verkniff sich ein Seufzen, als er Keiyuu von sich löste. Dieser starrte mit feuchten Augen auf Miyavis Füße.

„Sieh mich an, Keiyuu“, er nahm das Gesicht des Kleineren in seine Hände und beugte sich zu ihm herunter.

„Es mag erst hart erscheinen, aber du wirst ohne mich auskommen“, versprach er und hoffte, dass es stimmte.
 

„Aber warum?“, fragte Keiyuu mit leiser, zitternder Stimme. Miyavi nahm sein Hände zurück und drehte sich um. Er konnte es Keiyuu einfach noch nicht sagen, also schwieg er.

„Hast du... du hast doch nicht etwa einen anderen?“
 

„Ich hab‘ immer gewusst, es würde jemanden geben, der die Welt genauso sieht wie ich“, begann Miyavi die Worte zu wiederholen, mit denen er Keiyuu zum ersten Mal gesagt hatte, dass er ihn liebte, „Aber ich musste einsehen, dass das nicht das war, was ich gebraucht habe. Und nun hab‘ ich auch eingesehen, dass du nicht der bist, den ich brauche.“

Die Worte klangen ausgesprochen sehr viel schlimmer als sie Miyavi noch in der Theorie erschienen waren und er verfluchte sich dafür, sie gesagt zu haben.
 

„Keiyuu, es tut mir wirklich Leid! Ich meinte das nicht so“, beeilte er sich zu sagen, aber Keiyuus Blick war bereits wieder gen Boden gerichtet. Sein Zittern war das Einzige, was darauf schließen ließ, dass er noch lebte.
 

Miyavi wusste, dass er mit diesen Worten nicht auf fruchtbaren Boden gestoßen war und zog es vor die weiße Fahne zu schwenken und Keiyuu lieber alleine zu lassen.

Mit schnellen Schritten bewegte Miyavi sich zur Tür, öffnete diese und verließ Keiyuus Wohnung ohne sich noch einmal umzudrehen. Hätte Miyavi sich noch einmal nach seinem Exfreund umgeschaut, so hätte er diesen gesehen, wie er lautlos auf die Knie sank, eine Hand nach Miyavi ausstreckte, die andere Hand auf seinen Mund presste, um nicht noch einmal laut aufzuschluchzen, mit vor Schreck geweiteten Augen auf den Rücken des Mannes, den er liebte, starrte und hilflos zusehen musste, wie dieser Mann ihn verließ.
 


 

Das Telefon klingelte jeden Tag. Oft war es Mai. Nie nahm Keiyuu den Anruf entgegen.
 


 

„Ich mach‘ mich mal auf den Weg“, sagte Mai, während er nach seiner Jacke griff. Yuura zupfte lustlos an einer Seite seines Basses.
 

„Mal ehrlich, ich find‘ das beschissen!“, empörte er sich, „Keiyuu kann doch nicht für den Rest seines Lebens in seiner Bude versauern! Er hat ja Glück, dass das Management ihm frei gegeben hat, aber so geht das nicht weiter, meinst du nicht auch?“

Yuura funkelte Mai angriffslustig an. Dieser zuckte nur die Schultern.
 

„Ich werd‘ bestimmt nicht zu ihm gehen und sagen ‚Keiyuu, du bist zwar mein bester Freund und ich weiß, dass du Miyavi abgöttisch liebst, aber schwing deinen kleinen Hintern aus deinem Tränenmeer und sing wieder fröhliche Lieder mit uns‘. Yes, Yuura, das ist genau das Richtige“, sagte Mai mit hochgezogener Braue und abschätzigem Blick zu seinem Bandkollegen, der sich eine Zigarette angesteckt hatte.
 

Yasuno sah den Streit schon kommen, den sie so gut wie jeden Tag wegen Keiyuu hatten, und ging rasch dazwischen.

„Bevor das jetzt wieder in die tägliche Diskussionen ausartet, sollten wir uns vielleicht wirklich mal anfangen Gedanken zu machen, wie wir Keiyuu aus diesem Tief rausholen.“
 

„Tief“, wiederholte Mai verächtlich, „Ich bitte dich, Yasuno!“

„Das Einzige, was Keiyuu davon abhält, sich wieder ins geregelte Leben zu integrieren, ist er selber“, begann Yasuno ruhig, „Er braucht einfach nur jemanden, der sich ganz um ihn kümmert und ihn von Miyavi ablenkt.“
 

Yuura ruckte mit dem Kopf zur Seite, bevor er seinen Bass zur Seite stellte, aufstand und von Yasuno zu Mai sah.

„Stell dir vor; Keiyuu will nicht, dass ihm jemand hilft. Er will doch einfach nur in Ruhe gelassen werden, sonst würde er wohl jemanden von uns an sich ranlassen“, stellte Yuura fest.

Mai erwiderte stumm Yuuras Blick.
 

„Soll halt keiner von uns sich um Keiyuu kümmern“, sprach dieser weiter, „Schicken wir ‘nen Therapeuten los.“

„Übertreib‘ nicht! Er liegt erst seit einer Woche; Das heißt nicht, dass er professionelle Hilfe braucht!“, beeilte Mai sich zu sagen. Er wollte seinen besten Freund nicht in die Verlegenheit bringen, wegen Miyavi auf einen Seelenklempner angewiesen zu sein.
 

„Dann schick‘ jemand anderen! Ich hab‘ keine Lust mehr jeden Tag ‘ne halbe Stunde vor Chibis Tür zu stehen, nur weil er es vorzieht ein Drama aus dieser Geschi-“
 

„Sprich nicht so von Keiyuu!“, unterbrach Mai wütend den Bassisten, dessen Gesicht ein schadenfrohes Grinsen zierte, während sein Blick noch einmal von Yasuno zu Mai wanderte.
 

„Yuura hat Recht, Mai“, sagte der sonst so fröhliche Schlagzeuger ernst, „Wir haben Arbeit zu erledigen. Und von alleine wird Keiyuu von diesem Trip nicht herunterkommen, das weißt du so gut wie ich. Du bist sein bester Freund, also – entschuldige meinen Ton – aber sieh zu, dass Keiyuu sich wieder beruhigt!“
 

Mai nickte kurz und verließ schnell den Proberaum.
 


 

Sobald er die Eingangshalle des PSC-Gebäudes erreicht hatte, ließ er sich auf einem der Stühle, die im Schatten einer der Säulen stand, nieder. Er legte sein Gesicht in seine Handflächen und dachte verzweifelt darüber nach, wie er Keiyuu aus diesem Loch holen könnte.
 

Schließlich hob Mai den Kopf, als er sich ihm nähernde Schritte vernahm.
 

Und ihm erschien ein Engel, der sich seiner erbarmte. Zwar ohne Flügel, weißes Licht und auch ohne ein ‚Wie-überwinde-ich-Liebeskummer-nach-Trennung‘-Buch, dafür aber mit Erfahrung in diesem Bereich und einer Stimme, die mindestens genauso besonders war Keiyuus.
 

„Ich versuch‘ dir und Keiyuu zu helfen“, versprach Shou und legte beruhigend eine hand auf Mais Schulter.

Mai blinzelte den Sänger überrascht an.

Bist du nicht müde?

„Hey, Myv, ich bin’s“, rief Shou unbekümmert in die Gegensprechanlage von dem Haus, in dem Miyavi wohnte.
 

„Shou?“, knisterte es Shou und Mai entgegen.

„Höchstpersönlich.“

„Okay, komm rein, aber ich hab‘ nicht allzu viel Zeit.“

„Die brauch‘ ich auch gar nicht.“

Das Klicken verriet, dass Miyavi aufgelegt hatte und auf das darauffolgende Summen hin betraten Mai und sein Samariter das Haus.
 

„Ich war einmal hier“, erzählte Mai unsicher, „Keiyuu hat hier mal seinen Geburtstag gefeiert.“

„Ich war auch ein paar Mal hier, eigentlich noch nie. Saga hat mir Miyavis Adresse gegeben für den Fall, dass ich mal das dringende Bedürfnis verspüren sollte, Miyavi zu besuchen“, in Shous Stimme schwang ein missmutiger Unterton mit, den Mai nicht zu deuten wusste. Währenddessen stiegen sie in den Fahrstuhl ein und ließen sich in den dritten Stock fahren.
 

Miyavi stand schon wartend in der Tür, als sie aus dem Fahrstuhl stiegen.

Er öffnete gerade den Mund, um Shou zu begrüßen, der vorausging, da sah er Mai und er schloß seinen Mund umgehend wieder.
 

„Was wollt ihr?“, war statt einer netten Begrüßung das, was Miyavi den beiden entgegenbrachte.

Mai setzte schon an, etwas Bissiges zu erwidern, doch Shou kam ihm zuvor.

„Den Zweitschlüssel zu Keiyuus Wohnung“, antwortete er ungerührt Miyavis kampflustiger Miene.
 

„Woher wollt ihr wissen, dass ich ihn noch habe?“

„Keiyuu hat gesagt, du wolltest deine Sachen noch abholen...“, erklärte Mai kurz und bündig.
 

„Ihr könnt den Schlüssel haben, wenn ihr meine Sachen für mich holt“, bot Miyavi an. Shou nickte langsam. In Mai schrie es nach Protest, aber er vertraute auf Shou.

„Okay, abgemacht. Dann kommt kurz rein“, sagte der schwarzhaarige Gitarrist und drehte sich um. Mai und Shou folgten ihm in sein Appartement.
 

Während er sich im Flur umsah, musste Mai feststellen, dass Miyavis Bude im Gegensatz zum letzen Mal, als er hier gewesen war, wesentlich stilvoller aussah

Aus dem Wohnzimmer klang Musik von Luna Sea und aus Miyavis Küche, die, wie Mai wusste, ziemlich groß war, drang der Geruch von frisch zubereiteter Pasta, obwohl die Küchentür geschlossen war.
 

„Also, in Keiyuus Wohnung hab‘ ich noch einen Rasierapparat, ‘ne Zahnbürste, ‘ne Ladung Handtücher“, Miyavi überlegte kurz, bevor er weiter aufzählte, „Eine Auflaufform und ‘ne Menge Klamotten. Am Besten fragt ihr einfach Keiyuu.“

„Ja, machen wir.“
 

Shou hatte die Arme vor der Brust verschränkt, wirkte aber trotzdem nicht ungeduldig. Mai hätte Miyavi am Liebsten seine Scheißhandtücher in den Hintern geschoben, anstatt sie für ihn abzuholen. Was erlaubte er sich auch noch Ansprüche zu stellen?!
 

Miyavi langte in seine Hosentasche, zog einen Schlüsselbund hervor und trennte den gesuchten Schlüssel vom Bund. Sogleich griff Mai danach und steckte den Schlüssel ein.

„Lass uns gehen, Shou“, sagte Mai verächtlich und hoffte, dass Miyavi sich wenigstens ein bisschen schämen würde.

Ohne ein weiteres Wort verließ er das Appartement. Shou bedankte sich noch und folgte ihm.
 

Erst als die beiden im Fahrstuhl standen und die Tür schon geschlossen war, fiel die lässige Art von Shou ab.

„So ein Wichser!“, fluchte er, „Als ob wir ihm seine Sachen auch noch hinterher tragen würden!“

Mai nickte zustimmend.
 

„So ein Arsch!“, steigerte sich Shou langsam rein, „Wir holen Keiyuu auf jeden Fall aus diesem Loch raus! Und seine Sachen kann sich Miyavi ja wohl selber abholen!

Erzähl mir, wie schlecht es ihm geht. Nao hat mir zwar erzählt, was er von Yuura weiß, aber du als sein bester Freund hast wahrscheinlich doch etwas mehr Durchblick.“

„Ihm geht es...“, Mai suchte nach dem richtigen Wort, „schlecht.“

„Aussagekräftig“, kommentierte Shou, während die beiden das Haus verließen und in Shous Auto stiegen.
 

„Keiyuu ist einfach fertig. Er hat Miyavi geliebt, er liebt ihn wohl immer noch. Ich weiß nicht- Ich kann auch nicht nachfühlen, wie er sich fühlen muss, weil ich noch nie jemanden so geliebt habe, glaube ich.“

„Deswegen bin ich ja da“, sagte Shou leise, nachdem er den Motor gestartet und vom Parkplatz runter auf die Straße gefahren war.
 

„Du kennst das Gefühl?“
 

„Meine letzt Beziehung war perfekt, einfach traumhaft, weißt du? Aber ich wurde verlassen. Mit der simplen Begründung: ‚Es liegt nicht an dir, aber ich liebe dich nicht mehr.‘ War zwar schön, dass es nicht meine Schuld war, aber es gab auch nichts, was ich dagegen hätte tun können. Ich war komplett hilflos. Es war schrecklich.“

Genau wie bei Keiyuu wusste Mai auch nichts, was er darauf zu Shou sagen könnte.
 

„Aber ich bin durch damit, sonst könnte ich wohl kaum Keiyuu helfen“, erklärte Shou, während er nach kurzer Fahrzeit die Auffahrt zu Keiyuus Wohnung befuhr.

„Als Nao mir davon erzählt hat, wie hilflos ihr drei mit ihm seid, dachte ich, da ich die Scheiße schon mitgemacht habe, kann ich meine Erfahrungen ja auch weiter geben.“
 

Wieder kam Mai das Bild von Shou als Engel in den Kopf.

„Danke.“
 


 

Mai steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete langsam die Tür. Leise drang aus Keiyuus Wohnzimmer Miyavis Stimme.

Dass Keiyuu eine von Miyavis CDs hörte, gefiel Mai gar nicht. Shous Gesichtsausdruck verriet dem Gitarristen, dass der Sänger auch nicht davon begeistert war.
 

Die beiden betraten den Raum und Mai brauchte einen Moment, bis er Keiyuu entdeckt hatte.

„Keiyuu!“, rief Mai entsetzt, als er ihn gefunden hatte, und wollte zu dem kleinen Sänger, doch Shou hielt ihn zurück.
 

Keiyuu saß auf dem Boden neben einer seiner Musikboxen, die größer waren als er selber. Er saß mit dem Rücken zur Wand, die Beine von sich gestreckt hatte er den Blick auf den Boden zwischen seinen Füßen gerichtet. Sein Gesicht war tränennass und in seiner offenen rechten Hand lag eines seiner Küchenmesser.
 

Dieses Bild seines besten Freundes, das auf Mai in jedem anderen Fall viel zu klischeehaft gewirkt hätte, war nun die bittere Realität, mit der er sich auseinander zu setzen hatte. Und wieder einmal war er dankbar, nicht alleine damit umgehen zu müssen.
 

Mit schnellen Schritten war Shou bei Keiyuu und kniete sich vor ihn.

„Hey, Keiyuu, ich bin’s, Shou“, sagte er und bedeutete Mai mit einer Handbewegung, die Musik auszuschalten.

Miyavis Stimme erstarb, doch Keiyuu zeigte keine Reaktion.

Ein Blick auf Keiyuus Arme zeigte Shou, dass er sich soweit noch nichts angetan hatte, aber das Keiyuu so leblos vor ihm saß, befand er auch nicht für viel besser.
 

„Keiyuu...“, Mai stand hinter Shou und betrachtete das Wrack, das eigentlich sein bester Freund hätte sein sollen.
 

Erst als Shou das Messer aus Keiyuus Hand nahm, war er, als erwachte etwas in dem kleinen Sänger. Er sah Shou an und für ihn war es, als ob er für einen Moment in den Spiegel sah. Auch er hatte einmal diese schweren Verdunkelungen unter den Augen gehabt und das blutunerlaufene Weiß in Keiyuus Augen erinnerte ihn an die Nächte, in denen er selber wach gelegen hatte und an die vergangene, schöne Zeit denken musste.
 

Er spürte, wie sich Keiyuu gegen ihn warf und hörte dessen Schrei direkt neben seinem Ohr. Reaktionsschnell warf er das Messer nach hinten und drückte Keiyuu an sich, der sich von ihm wegstemmte. Glücklicherweise war Shou nicht nur größer, sondern auch widerstandsfähiger als der mittlerweile leicht abgemagerte Keiyuu und so hielt er ihn einfach bei sich.
 

„Das Messer!“ Keiyuus Schreie waren nicht nur Shous Problem; Auch Mai sah entsetzt auf die beiden Sänger zu seinen Füßen und die Verzweiflung in Keiyuus Stimme war nichts, was ihm gefiel.

„Gib mir das Messer!“ Der Schrei wich einem Jammern und Betteln, das Mai nur noch mehr schockierte. „Ich will doch nur ein Ende... ich kann nicht mehr...“
 

Keiyuus Hände rutschten schlaff von Shous Schultern zu dessen Brust und gruben sich dort in sein Hemd. Sein Gesicht zwischen seinen Händen an Shou gelehnt fing er an zu zittern und zu weinen.

„Bitte... ein Ende...“
 

Mai fragte sich, wie Shou es schaffte total ungerührt einfach bei Keiyuu zu sitzen. Er selbst war ziemlich verstört von so einem Anblick, während Shou seine Hände über Keiyuus Rücken fahren ließ und ihm beruhigende Worte zuflüsterte, die Mai nicht hörte.
 

Hätte er verstanden, was Shou sagte, wäre das wohl ganz und gar nicht nach seiner Nase gewesen.

„Ich hol‘ dich von Miyavi weg, Keiyuu. Ich versuch’s zumindest“, murmelte Shou in versöhnlichem Ton, „Und wenn du das Messer später noch willst, kriegst du es wieder. Dann kannst du nachholen, was du noch nicht getan hast.“
 

Shou wählte seine Worte nicht von irgendwo her, sondern versuchte auf seine eigene Erfahrung zurückzugreifen. Wie er sich damals gefühlt hatte. Es hatte lange gedauert, bis er sich hatte aufraffen können, weiterzugehen. Oder es zumindest zu versuchen. Dabei hatte er immer im Hinterkopf behalten, dass er noch nachholen konnte, was er bis dato aufgeschoben hatte.
 

Das, was Shou von Keiyuu jetzt unterschied, war jemand, der ihm nicht nur versuchte zu helfen, sondern der seiner Meinung nach Ahnung von dem hatte, was er tat. Es war für Shou schrecklich gewesen, dass er Nao, seinem besten Freund, zwar hatte erzählen können, was er fühlte, aber dieser nicht verstand und nachempfinden konnte.

Wenn es Keiyuu nun so ging wie Shou damals, dann hatte er wirklich bessere Karten gezogen, denn Shou würde Keiyuu nicht in das Loch fallen lassen, indem er selbst so lange Zeit festgesessen hatte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Reeva
2010-02-10T22:41:04+00:00 10.02.2010 23:41
ganz ehrlich: ich find, die ff hier hast du am besten geschrieben, von allen, die ich bisher so von dir gesehen hab.
echt schön und verständlich geschrieben (bis auf einige sätze xP)
und... ich favoritisier eigentlich keine ff's von leuten, die ich kenn u.u
Von:  Loorenzo
2010-02-10T20:42:28+00:00 10.02.2010 21:42
wow, ich bin verwundert~ ich hätte wirklich nicht gedacht, dass mir eine ff mit keiyuu und miyavi gefallen würde! ich hatte sogar mitleid mit dem kleinen "chibi" o.O naja, das liegt halt an den worten des autors, sowas würde mir sonst niemals passieren! ^.^

*2.kapitel lesen muss*

bin gespannt wie shou, der engel, den beiden jetzt helfen möchte ^-^
Von: abgemeldet
2010-02-10T20:33:45+00:00 10.02.2010 21:33
okay, ich schreib dir auch mal wieder was:

der Schluss war ziemlich krass und ich finde, du hast die Situation ziemlich gut beschrieben, vor allem Shous Gedankengänge waren gut durchdacht :)

aber ich finde der Teil wo Mia Keiyuu ansieht und so erschrocken ist, kommt ein bisschen zu kurz;; immerhin ist er sein bester Freund!

naja, bis auf diese Kleinigkeit ist es super geworden^^

Irgendwie hoffe ich, dass im nächsten kapitel nochmal Miyavis Sicht der Dinge vorkommt ;; *weiterlesen will*

Gruß~
Von:  ivy-company
2010-02-10T11:40:01+00:00 10.02.2010 12:40
also.. erstmal: Der Kapiteltitel gefällt mir ^^

xD so.. und dann....
keiyuu muss ja echt fertig sein O.o"
wie krass >____<
ich glaub ich würd so n bild, wenn ich n freund so dort sitzen sehen würde, nie mehr aus meinem kopf kriegen..

und hier kommt myv wie n arsch rüber xDDD
da erinner ich mich an mein kommi zum letzten kapitel.. xD
aber der, der den anderen verlässt, is eigentlich immer der arsch >__>" obwohl der ja auch seine gründe hat! >__<
(ja, ich versuch grad ernsthaft myv zu verteidigen xD")

zu shou.. shou is total toll ._____.
und ich kann seine gedankengänge echt gut nachvollziehen.. zum reden hat man eigentlich immer irgendjemanden, aber jemanden zu finden, der einen auch völlig versteht und seine gedanken und handlungen nachvollziehen kann, is verdammt schwierig

mal wieder schön geschrieben ^^
Grüßle, Keia
Von: abgemeldet
2010-02-09T18:36:27+00:00 09.02.2010 19:36
So, dann kommt hier (gezwungenerweise) mein Kommentar.
"Aber der Gedanke zählt." -> dein Argument

Also~ auch wenn du mir ja schon einiges weiteres erzählt hast, möchte ich trotzdem wissen, wie's weitergeht òo (wtf?)
Ja ... und ... das war's .... denk ich...
(siehst du, du kannst jetzt voll nichts damit anfangen ûu)
Von:  ivy-company
2010-02-01T20:57:43+00:00 01.02.2010 21:57
wie toll ^____^
besonders hat mir gefallen, dass du die trennungsszene aus miyavis sicht geschrieben hast..
wär die aus keiyuus sicht gewesn, wär myv wie der letzte arsch rübergekommen (wie immer bei trennungsszenen halt xD")
deshalb find ich das toll, dass man bemerkt, wie leid miyavi das eigentlich tut..

und dass du auch die szene aus der sicht der anderen geschrieben hast..
dass sie auch unterschiedliche ansichten haben, wie das bei freunden eben so is ^^

un keiyuu.. seine gedanken hast du toll rübergebracht!
wie er da in seinem bett liegt und völlig verzweifelt is >__<

so xDDD irgendwie hab ich jetz zu jeder szene meinen senf abgegeben O.o"
aber war auch jede toll xDD
freu mich aufs nächste kapitel ^__^
Grüßle, Keia
Von:  Reeva
2010-01-31T16:38:55+00:00 31.01.2010 17:38
soweit ich mich erinnere, finde ich, dass du diese ff am schönsten geschrieben hast~ <3
wie papa schon gesagt hat: "du hast Keiyuus Verzweiflung echt toll beschrieben!" kann ich ihm nur zustimmen. ^.^
und vom inhalt her mag ich die sogar noch lieber als die mit hiropon ^-^ (hab ich nicht mal gesagt, dass ich so trauriges zeug nicht mag? o.0)
Von: abgemeldet
2010-01-31T15:19:33+00:00 31.01.2010 16:19
*pfeif*
ich war echt beeindruckt, du hast Keiyuus Verzweiflung echt toll beschrieben!
aber ich finde, du hast Shou ein bisschen zu plötzlich in die Geschichte eingebracht...

alles in allem: schön~ *__*
Von:  Kouichi-chan
2010-01-31T14:53:45+00:00 31.01.2010 15:53
heeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee
nix schon aus! ><
mea mea!
mein armes, kleines Keiyuu-chan ;O;"
Meaaaaaaaaaaaaaaaaaaa *hibbel*
>3< büdde....
;-;


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