Zum Inhalt der Seite

Daddy blushed!

KuroFai
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Chapter 1 - Kurogane

Ein Impuls.

Ein kurzer, geradliniger Schnitt, und ein heftiger, pochender Schmerz.

Und sein vor Schrecken gezeichnetes Gesicht, als er mich dabei ansah.

Das ist alles, woran ich mich erinnern kann...
 

~
 

‚Mhm...

Mein Körper schmerzt... was ist los?’

Langsam, aber stetig öffnete der Schwarzhaarige die Augen – und im selben Moment realisierte er, was passiert war.

„Wo... wo bin ich!? Die... die Anderen....!!“, keuchte Kurogane atemlos auf, und starrte zu seiner Rechten.

Verdammt, was... was soll das ganze hier, ich...!

Eine sanfte, leise Stimme ließ den Ninja aufhorchen.

„Dies hier ist Nihon Country.“

Was zum...

Ruckartig bewegte der Schwarze seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam; und erst jetzt spürte er den pochenden Schmerz, der durch seine verbliebene linke Körperhälfte raste.

„Die Leute, mit denen du gereist bist... sind hier, im Schloss Shirasaki.“

Fassungslos starrte er die zierliche kleine Person an, die direkt neben ihm zu hocken schien.

„Prinzessin Tomoyo...“, kam es schließlich leise über die Lippen des Ninja.

„Willkommen daheim, Kurogane.“, erwiderte die Prinzessin lächelnd.

Was zur Hölle war bloß geschehen...?

Und wieso waren sie nun wieder hier, in Japan...!?
 

Es bedurfte ein paar Minuten, um dem verwirrten Ninja die Lage zu erklären, doch schließlich nickte er verstehend.

Sie konnten also erfolgreich aus Ceres fliehen, und waren hier in Nihon gelandet.

Weder ‚Shaoran’ noch Sakura waren bisher aufgewacht, aber wohlauf, und der Magier...

Fye...

Argh, verdammt! Nur wegen diesem...

Der Schwarze biss sich unweigerlich auf die Unterlippe, als seine Gedanken den Magier erreichten.

Wieso, verdammt, hatte er nur dieses Opfer gebracht, und seinen Arm für diesen Mistkerl geopfert...!?

Gedankenverloren strich Kurogane sich über seine linke Schulter, und er starrte geradewegs zu Boden.

Die Tatsache, dass er sich selbst auf diese Fragen, die ihn umgarnten, wenn es um Fye ging, keine pauschale Antwort geben konnte, fuchste ihn ungemein.

Er hasste das Verhalten dieses Kerls, doch noch mehr verwunderte ihn das Eigene:

Er schien ein völlig anderer Mensch zu werden, wenn es um den blonden Magier ging.

Auch damals, in ‚Tokyo’, als es darum ging, Fyes Leben zu retten, hatte er nicht unbedingt rational gehandelt.

Er hatte sich bereit erklärt, als ‚Futter’, als ‚Wirt’ für den Magier zu dienen, wenn dieser zum Vampir wurde – und das war laut der alten Hexe nun mal die einzige Möglichkeit, ihn zu retten.

Nhh.

Dieser Kerl...

Schon zu oft war dem Ninja diese Maske aufgefallen, die der Blonde stets zu tragen pflegte, und immer und immer wieder sind ihm Dinge aufgefallen, kleine, unscheinbare Dinge, die niemand sonst bemerkte – zeitweise sah er, wie diese Maske Risse bekam, doch immer, wenn er den Magier darauf ansprach, bekam er keine Antworten, sondern nur ein... Lächeln.

Er hasste dieses Lächeln.

„Kurogane...?“, ertönte plötzlich die sanfte Stimme der Prinzessin, obgleich sie etwas unsicher klang.

„... ah, was ist los?“, gab der Ninja perplex zurück.

Einen Moment lang musterte die Prinzessin den Schwarzen nur, dann lächelte sie.

„Ach, nichts. Du wirktest nur für einen Moment sehr... nh... abwesend.“, sagte sie mit belegter Stimme, ehe sie fortfuhr.

„Ruh dich noch etwas aus, wir können nachher noch über alles Weitere sprechen.“

„... nein, schon in Ordnung“, gab Kurogane knapp zurück, dann senkte er den Blick wieder aufs Bett.

Er sah nur aus dem Augenwinkel, wie sie aufstand, und kurz inne hielt.

„Tut mir Leid, ich habe dich warten lassen. Komm rein.“, sprach sie dann etwas lauter, zur Tür gewandt – und kurz darauf ging eben jene Tür langsam auf.

Die Augen des Ninja weiteten sich für einen Moment, und dann wartete er ab.

Fye.

So viele Fragen wurden beantwortet, in Ceres... und doch gibt es noch so viele Dinge, die nicht in meinen Kopf wollen. Du verdammter Narr, du verdammter, alter Narr...

Der Magier, der soeben in der Tür stand, kam langsam auf ihn zu, und blieb kurz vor ihm stehen.

„Hey.“, gab der Schwarze leise von sich, und erwiderte den Blickkontakt des Blonden.

Dann sah er, wie Fye sich regte, und kurz darauf...

Was...!?

Mit einem mächtigen Scheppern sank die geballte Faust des Magiers schwungvoll auf den Kopf Kuroganes nieder.

‚Hey, was--!!’, wollte er noch protestieren, doch dann sah er das Lächeln des Blonden und hielt inne.

„Damit hab ich’s dir heimgezahlt, Kuro-sama.“, ertönte die sanfte Stimme des Magiers herausfordernd.

„Du verdammter...!“, knurrte der Ninja nur, mit einem Grinsen auf den Lippen.
 

~
 

„Nnh. Fühlt sich verdammt komisch an, aber... allzu schlecht ist es auch nicht.“, gab der Schwarze von sich, als er den künstlichen Arm, den Fuuma mitgebracht hatte, ‚montierte’.

Argh, ‚montieren’... scheußliches Wort, wenn es um menschliche Wesen ging. Er war doch keine Maschine!

Testweise packte er ein paar Mal zu, bewegte den Arm ein wenig, und bewegte jeden Finger des künstlichen Armes einzeln.

Verdammt seltsam.

So etwas wie Gefühl hatte er in diesem Ding nicht, soviel stand fest.

Aber besser als gar kein Arm war das allemal.

Dennoch...

Er verzog kurz das Gesicht, und zog seinen Yukata wieder über seine Schulter.

Dieser Schmerz... dieser dumpfe, schleichende Schmerz, so, als wäre sein richtiger Arm noch immer da, und...

Urgh... Phantomschmerz? Ja, wahrscheinlich. Verdammter Bockmist!

„... und der Preis?“, fragte der Schwarze missmutig in die Runde, und sah jeden einzeln an.

„Den habe ich bereits erhalten... nun, sagen wir, zu 50%.“, sprach die Hexe, und wandte sich an Fye – und sofort drehte sich auch Kurogane zu dem Magier um.

Er...?!

„Während du schliefst, habe ich der Hexe versprochen, ihr diesen Preis zu zahlen.“, sprach der Magier ruhig, und mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht. Er hob seine rechte Hand, und mit einem Male erschienen leuchtende Zeichen vor dem Gesicht des Blonden.

Was zum...?!

Die Augen des Ninja weiteten sich, als dieser ‚magische Kreis’ begann, sich zu drehen, und die blaue Farbe aus den Augen des Magiers sog – und sich diese Farbe letztendlich in Form eines leuchtenden, saphirblauen Kristalls materialisierte.

„Fye, deine Augenfarbe...“, quietschte Mokona leise, „... sie wurde Gold...!“

Schweigend nahm der Ninja das Schauspiel hin.

Verhindern konnte er es ohnehin nicht – auch, wenn er es nicht unbedingt gut hieß, das ausgerechnet dieser Kerl dafür zahlen musste.

...

Wieso eigentlich!? Sollte mich das nicht freuen!?! ARGH!!

„Die Quelle meiner Magie... ist die blaue Farbe meines Auges. Mokona, schick das hier an die Hexe.“, sprach Fye so ruhig wie zuvor, und gab dem Fellknäuel den leuchtenden Kristall.

„Keine Sorge, ich kann noch immer perfekt sehen. Das... ist nur der letzte Rest meiner Magie.“

„Fye, das darfst du nicht!!“, quietschte Mokona erneut, „Wenn du deine Magie nicht hast, dann...!“

„Ich werde nicht sterben, nur, weil ich sie nicht habe. Mein... mein Vampirblut wird mich am Leben halten.

Mein eigenes Leben zum Tausch für etwas anbieten... das würde ich niemals tun. Nicht mehr.“

Mit diesen Worten schenkte der Magier dem Ninja ein warmes Lächeln – und es war das erste Mal, dass Kurogane das Gefühl hatte, Fye würde aus freien Stücken ehrlich lächeln.

Chapter 2 - Fai

Dieser.... vermaledeite.... was hatte Kurogane sich nur dabei gedacht?

Fye war nicht wütend, nein.

Er war auch nicht schockiert, nicht einmal das.

Im Grunde hatte diese Reaktion zu dem Ninja gepasst.

Sie spiegelte all das wider, das Fye schon so lange in ihm sah.

Die Bereitschaft, sich für Andere zu opfern, wenn sie ihm wichtig waren.

Keine Scheu vor Schmerzen.

Und der unbändige Drang nach Freiheit.
 

Ugh...

Etwas Gleichbedeutendes für Fyes Magie.

Ein Pfand dafür, dass der Magier seinem eigens auferlegten Gefängnis entfliehen durfte.

Der Arm.

Warum nur hatte er das getan?

Die Antwort lag auf der Hand, sie war ebenso offensichtlich wie nachvollziehbar, und doch kam Fye nicht umhin, sich zu fragen, ob Kuroganes Handlung richtig gewesen war.

Sicher, er wäre in Celes gestorben.

Seine Magie hatte er zum größten Teil verbraucht, und entkommen wäre er nicht mehr allein.

Die Macht des Magiers war langsam aber sicher geschwunden, und er wäre dazu verdammt gewesen, in dem Wirbel aus Zauberei und eisiger Kälte zu verenden.

Das.... wäre nicht richtig gewesen.

Das hatte er auch nicht gewollt.

Nicht mehr.

Lange, lange Zeit hatte es gedauert, bis Fyes Wunsch, sein Leben zu beenden, verschwand.

Viel Schelte von Kuroganes Seite aus hatte es gebraucht, bis er akzeptiert hatte, dass er Anderen zu viel bedeutete, als dass er sich einfach hätte umbringen dürfen, dass sein Leben zu wertvoll war.

Auch das war eines der Dinge, die Kurogane ihn gelehrt hatte.

Sein Leben hatte einen Wert.

Er war nicht nur das personifizierte Unglück, als das man ihn verrufen und ausgestoßen hatte, und wie seine Vergangenheit auch aussehen mochte, seine Freunde schätzten ihn.
 

So oder so hatte Kurogane einen hohen Preis für Fyes Leben zahlen müssen.

Einen zu hohen, wie der Magier fand, und er war sich nicht ganz sicher, ob er das je würde wieder gut machen können.

Als er nun durch die Tür eintrat, die ihm geöffnet wurde, fixierte er den Blick zuerst auf Prinzessin Tomoyo, die ihn freundlich herein gerufen hatte.

Fye schluckte heftig, dann erst wandte er sich langsam Kurogane zu.

Sein Blick fiel auf den leeren linken Ärmel des Yukata, und erst jetzt kam die Wut.

Warum.... WARUM hatte er das getan!?

Erbost ließ Fye seine Faust auf den Kopf Kuroganes nieder schnellen, und er ergötzte sich am erschrockenen Gesichtsausdruck des Anderen.

Das hatte dieser blöde Kerl wahrhaftig verdient!

„Hey, was--!!“, setzte der Ninja an, erblickte dann jedoch Fyes Mimik, und hielt inne.

Sobald sein Ärger ein Ventil gefunden hatte, hatte sich Fyes Wut in Luft aufgelöst.

Nun empfand er nichts mehr als Dankbarkeit und Sorge um den Ninja, und er lächelte sanft.

„Damit hab ich's dir heimgezahlt, Kuro-sama.“, murmelte er selbstgefällig und knuffte den Anderen vor die Brust.

Beinahe hätte man meinen können, Kurogane würde nun zurück schlagen, doch der Ninja lachte nur leise.

„Du verdammter...!“
 

~
 

Ja, das war wohl die herbei gesehnte Möglichkeit, Kuroganes Taten auszugleichen.

Eine Revanche sozusagen.

Allerdings hätte Fye auch zugestimmt, ohne etwas wieder gut zu machen zu haben.

Ohne ein Zögern materialisierte Fye den letzten Rest seiner Magie in einer kristallenen Form und händigte ihn Mokona aus, damit diese den saphirblauen Stein an Yuuko weiter schicken konnte.

Kuroganes heftige Proteste ließen den Magier nur beschwichtigend lächeln.

„Die Quelle meiner Magie... ist die blaue Farbe meines Auges. Mokona, schick das hier an die Hexe. Keine Sorge, ich kann noch immer perfekt sehen. Das... ist nur der letzte Rest meiner Magie.“

„Fye, das darfst du nicht!!“ Mokonas Quietschen klang Fye in den Ohren. „Wenn du deine Magie nicht hast, dann...!“

Erneut lächelte der Magier beruhigend und tätschelte der Kleinen den Kopf.

„Ich werde nicht sterben, nur, weil ich sie nicht habe. Mein... mein Vampirblut wird mich am Leben halten.

Mein eigenes Leben zum Tausch für etwas anbieten... das würde ich niemals tun. Nicht mehr.“

Bedeutungsvoll sah Fye zu Kurogane hinüber, der noch immer völlig perplex schien, sein Lächeln jedoch nach kurzem Zögern erwiderte.

Wieder und wieder spannte der Ninja den künstlichen Arm an, drehte und streckte ihn und testete, wie nahe seine Bewegungsfähigkeit dem Körperteil kam, das er verloren hatte.
 

Fye beobachtete ihn aus dem Augenwinkel.

Alles in allem schien der Ninja recht zufrieden mit dem Ersatz, und Fye war froh, wenigstens etwas getan zu haben.

Dieser Tausch mit der Hexe war die einzige Möglichkeit gewesen, Kurogane ein bisschen Erleichterung zu beschaffen, und er war mehr als froh darüber, eingewilligt zu haben.

Und was seine Magie anging.... möglicherweise würde er irgendwann die Option bekommen, sie zurück zu erhalten.

Falls nicht, würde er auch damit leben können.

Nachdenklich fuhr sich der Blonde durchs Gesicht und strich sich über das Auge, das nun nicht mehr seine typische blaue Farbe aufwies, sondern satt golden schimmerte.

Zwar hatte Fye dies selbst noch nicht gesehen, doch hatte Mokona das ausgesprochen, und er glaubte ihr ohne jeden Zweifel.
 

Einen Moment lang stand Fye gedankenverloren zwischen den aufgeregt plappernden Anderen, ehe jemand sein Kinn ergriff und es aufwärts zog.

Überrascht blinzelte der Blonde und zog die Hand vom Gesicht, um mitten in die roten Augen Kuroganes zu blicken.

„Uhh..?“, machte Fye verwirrt, und bemerkte, wie der Ninja ihn aufmerksam musterte.

Die warme Hand unter dem Kinn des Magiers ließ ihn schaudern.

Huh, diese Berührung... er wurde selten berührt, und das war ihm normalerweise auch ganz recht.

Diese grobe, aber vorsichtige Berührung von Kuroganes Fingern an seinem Gesicht empfand er jedoch als beinahe angenehm.

„Was.... warum schaust du mich so an?“

Fye bemerkte selbst, dass seine Stimme unsicher klang, und er versuchte, mit einem Lachen darüber hinweg zu täuschen.

Bestimmt zog er sich zurück und entwand sich der Berührung, nur um Kurogane nun seinerseits entgegen zu blicken.

„Du bist ein Idiot.“, kam es brummend von dem Ninja, ehe er wiederum seinen neuen Arm hob und eine Faust bildete.

„Nun kannst du gar nicht mehr zaubern – und dabei war das doch immer jene Eigenschaft, die dir so viel bedeutet hat, oder nicht? Die Magie hat dich immer ausgemacht, wieso opferst du sie so leichtfertig? Ich wusste genau, was ich tat, ich hätte das Opfer mit allen Konsequenzen in Kauf genommen.“

Ein schiefes Lächeln huschte über Kuroganes Antlitz, doch ehe Fye sich sicher sein konnte, dass er sich nicht getäuscht hatte, war es auch schon wieder verschwunden.
 

Noch während Fye überlegte, ob er sich nicht möglicherweise geirrt haben mochte, wurde die friedliches Atmosphäre von einem gleißenden Licht durchbrochen, begleitet von einem Sirren der Luft, das Fye nur zu genau zu deuten wusste.

Magie.

Viel Magie.

Obwohl er sie selber nicht mehr anzuwenden vermochte, spürte und erkannte er sie doch wie eh und je, und die Menge an Magie, die in diesem Augenblick die Dimension betrat, war für ihn wie ein elektrischer Schlag.

Es bedurfte nicht des Aufschreis, den Mokona tat, denn Fye hatte den Eingetroffenen schon zuvor anhand seiner Aura erkannt.

„Seishirou...“, hauchte er tonlos, und Kurogane sah ihn kurz von der Seite her an.
 

Fasziniert beobachtete Fye, wie Shaoran seinen ehemaligen Lehrmeister heraus forderte und beide sich in eine parallele Dimension begaben, um die entstehenden Schäden nicht auf das Shirasagi Schloss zu übertragen.

Nihons Erde bebte und die Luft zitterte vor Anspannung, als die Kräfte beider Kämpfer aufeinander prallten.

Selbst die mächtige Kekkai vermochte diese kaum zurück zu halten, und so spürten auch all die Anderen, die von draußen zusahen, die Erschütterungen, die das Kräftemessen mit sich zog.
 

Gerade setzte Fye an, sich auf den Weg zu Prinzessin Tomoyo zu machen – er hatte mehr als eine Frage an sie – als Nihon Country erneut erschüttert wurde und der Boden unter den Füßen des Magiers derart zu beben begann, dass er sich kaum aufrecht halten konnte.

Er stolperte, fing sich mit beiden Händen ab, japste erschrocken auf, als ein wahrer Sturm der Magie über ihn hinweg fegte, und blickte über seine Schulter in Richtung der beiden Kämpfenden.

Die Intensität hatte die Stärke der Kekkai überstiegen, der Schutz war gebrochen, die Dimensionen vermengten sich.

Aller Schaden, der im Kampf Shaorans gegen Seishirou bereits entstanden war, übertrug sich nun auf Nihon Country, und bei einem raschen Blick um sich erkannte Fye, dass es nicht nur ihn von den Füßen gerissen hatte.

Kurogane hatte sich blitzschnell auf sein Schwert gestützt und Tomoyo aufgefangen, doch auch einige der anderen Zuschauer waren gestolpert, und Fuuma saß lachend auf dem Hosenboden.

Ihn schien die Situation nicht zu verschrecken, was kaum verwunderlich war, wenn man bedachte, dass er diese Mengen an Magie und physischer Macht vermutlich mehr als gut kannte.

Nicht umsonst war er Seishirous Bruder.
 

Fye kam kaum dazu, sich aufzurappeln, da schoss ein gleißender Lichtstrahl über das Schlachtfeld, und Yuuko erschien als Hologramm, während Mokona hibbelnd alles in die Luft projizierte.

„Ihr müsst verschwinden, schnell! Die Dimensionen haben sich vereint, Nihon Country is enorm gefährdet! Mokona wird euch in die nächste Welt schicken, seid unbesorgt, wir werden euch alle wieder vereinen. Wer auch immer es vermag, möge jetzt mit Mokona reisen!“, erklärte die Hexe ungeduldig, während sich Mokonas Mund weit öffnete und das kleine Wesen seine Flügel ausbreitete, um den Dimensionssprung zu vollziehen.

Fye schluckte, sprang auf, wollte Tomoyo und all die Anderen mit sich zu Mokona ziehen, wurde jedoch von Kurogane zurück gehalten.

Aufgebracht schimpfte der Magier los, wurde allerdings von dem Ninja unterbrochen.

„Sie sind zu weit weg, wir können sie nicht mitnehmen. Keine Sorge, die Hexe wird sich schon darum kümmern, dass ihnen nichts geschieht.“

Wiederum wollte Fye widersprechen, verstummte jedoch, als er den beunruhigten Blick Kuroganes in Richtung von Prinzessin Tomoyo bemerkte.

Er war ein Dummkopf.

Kurogane hatte vollkommen Recht.

Auch er ließ Menschen hier zurück, die ihm kostbar waren.

Sie würden sich wieder treffen, aber fürs Erste war es vonnöten, sich erneut zu trennen.

Ugh.

Also rasch, fort von hier.
 

Noch während Fye mit sich rang, wurde er von Kurogane am Ärmel gepackt und mit gezogen, und ehe er sich zu wehren vermochte, flog er bereits durch Raum und Zeit.

Kurogane

Golden...

Ja, das war die Farbe, in der das verbliebene Auge des Magiers leuchtete.

Golden.
 

Der Ninja runzelte kurz die Stirn.

Golden...

Ungewöhnlich. Und gewöhnungsbedürftig.

Und doch faszinierend.

...

Moment, faszinierend!? Was genau war daran so faszinierend...!?

Ein leises, kaum hörbares Knurren verließ seine Kehle, doch niemand – außer Tomoyo, die ihn etwas verwirrt ansah – bemerkt seinen Missmut.

Dieser verdammte Idiot...!

Sicher, er setzte nicht sein Leben aufs Spiel.

Er war ja ein ‚Vampir’.

Aber wieso musste er ausgerechnet seine Magie opfern...!?
 

Aufgeregtes Geplauder machte sich breit, doch der Ninja ließ seinen Blick keine Sekunde von Fye ab.

Entschieden schritt er schließlich auf ihn zu, fasste vorsichtig, aber bestimmt sein Kinn mit seiner rechten Hand, und zog es zu sich hinauf.

Dann hielt er inne, und betrachtete skeptisch, aber äußerst genau das mysteriös funkelnde Auge des Magiers.

Golden...

„Uhh..?“, gab der Blonde verwirrt von sich, und er erwiderte den Blick.

Er klang... unsicher?

„Was... warum schaust du mich so an?“, fügte Fye hinzu, und lachte leise, ehe er sich seinem Griff entzog, einen Schritt zurückwich, und seinerseits nun Kurogane ansah.

„Du bist ein Idiot.“, knurrte der Schwarze schon fast, und er ballte seine künstliche Hand zur Faust.

„Nun kannst du gar nicht mehr zaubern – und dabei war das doch immer jene Eigenschaft, die dir so viel bedeutet hat, oder nicht? Die Magie hat dich immer ausgemacht, wieso opferst du sie so leichtfertig?“, brummte der Ninja, doch ihm war nicht bewusst, wie vorwurfsvoll seine Stimme klang.

„Ich wusste genau, was ich tat, ich hätte das Opfer mit allen Konsequenzen in Kauf genommen.“

Alle Konsequenzen.

Oh, ja.

Ein kurzer Blick auf den künstlichen Arm, und ein leichtes, schiefes Lächeln huschte über die Züge des Ninja.

Ja, er hatte das in Kauf genommen. Er hatte seinen Arm geopfert, um das Leben des Magiers zu retten.

Und er hatte es verdammtnochmal getan, weil...

Ja, weil...

Noch ehe der Schwarze diesen Gedanken zu Ende denken konnte, erschütterte die gesamte Erde – und mit einem Male kam es ihm vor, als würde die Luft vibrieren.

Was zum...?!

„Seishirou...“, hauchte Fye leise neben ihm, und der Ninja sah zum Blonden hinüber.

Seishirou?

Der, hier...?
 

Der Schwarze beobachtete das Schauspiel, welches sich der Gruppe bot – und letztendlich forderte ‚Shaoran’ seinen ehemaligen Lehrmeister heraus, und schon nach kurzer Zeit entbrannte ein gnadenloser, harter Kampf zwischen den beiden – glücklicherweise hatte Tomoyos große Schwester, die Mikado von Nihon, zuvor ein Kekkai zur Verfügung gestellt – ein Bannkreis, eine Dimension, in der jeglicher Schaden, der dort angerichtet wird, sich nicht auf die Realität überträgt.

Verdammt praktische Dinger.
 

Minutenlang standen sie da, und beobachteten den Kampf aus sicherer Entfernung.

Kurogane beobachtete aus einem Augenwinkel noch, dass Fye sich auf den Weg zu Tomoyo machte – als ein erneutes Erdbeben ganz Nihon erschütterte.

Verdammt, was war im Moment nur los...? Hatten sie denn nie ihre Ruhe?!

Dann jedoch wurde ihm klar, was gerade passierte:

Die Kraft, diese riesige Menge Energie die entstand, als ‚Shaoran’ und Seishirou sich einen Kampf lieferten, überstieg die Kapazität des Kekkai bei weitem – es bildeten sich Risse, nach und nach zerbröckelte die Oberfläche, und fast zeitgleich übertrug sich der Schaden, der im Kekkai selbst entstand, zerstörerisch auf Nihon.

Die Augen des Ninja weiteten sich, doch ehe jemand etwas sagen, geschweige denn tun konnte, begann Mokona sich zu regen – sie flatterte aufgeregt in die Luft, hibbelte in gewohnter Manier, und erschuf ein Hologramm aus dem Rubin ihrer Stirn – und direkt über ihnen erschien die Hexe, die ausnahmsweise einmal nicht so entspannt aussah, wie sonst.

„Ihr müsst verschwinden, schnell! Die Dimensionen haben sich vereint, Nihon Country ist enorm gefährdet! Mokona wird euch in die nächste Welt schicken, seid unbesorgt, wir werden euch alle wieder vereinen. Wer auch immer es vermag, möge jetzt mit Mokona reisen!“, erklärte sie, während Mokona seine übliche Verwandlung vollzog, wenn es darum ging, in eine andere Dimension zu reisen.

Hngh.
 

Ein kurzer Blick zu Tomoyo, ein kurzes Nicken der Prinzessin – und Kurogane war klar, dass er sich beeilen musste.

Sein Blick wanderte zu Fye, welcher sich gerade wieder aufrappelte, und es dauerte nur einen Augenblick, ehe er erkannte, dass der Magier wohl der einzige war, den er jetzt mitnehmen konnte.

... nun, sei’s drum.

Rasch ergriff er den Arm des Magiers und zog damit dessen Missgunst auf sich, die sich ihm in lauthalsem Geschimpfe offenbarte.

„Sie sind zu weit weg, wir können sie nicht mitnehmen. Keine Sorge, die Hexe wird sich schon darum kümmern, dass ihnen nichts geschieht.“, knurrte der Ninja nur leise, während er einen Blick zu seiner Prinzessin warf, verzog kurz das Gesicht, und zog dann am Arm des Magiers.

„Komm schon!“, rief er noch kurz in Fyes Richtung, dann wandte er sich Mokona zu, und dann ging alles ganz schnell:

Sie wurden mitgerissen, verschlungen von dem hasenähnlichen Wesen, und alles um sie herum wurde schwarz...
 

~
 

Minuten vergingen.

Er mochte es nicht, durch Raum und Zeit zu reisen – ihm drehte sich immer der Magen um, wenn sie so durchgeschüttelt wurden.

Aber das war nun mal ein notwendiges Übel, damit sie beide...

...

Moment...

Und erst jetzt, als Kurogane sich vergewissern wollte, dass er Fye noch immer am Arm gepackt hielt, bemerkte er, dass da nichts war – offenbar hatte er ihn in diesem Schleudertrauma losgelassen, und...

Argh!!

So ein verdammter...!!
 

~
 

Es stank.

Es stank ganz erbärmlich.

Was zur Hölle...
 

„Uhnngh...!“, gab der Ninja stöhnend von sich, als er sich aufrappelte, und sich seinen dröhnenden Kopf mit einer Hand hielt.

„Wo, um Himmels Willen...“, murrte er, während er langsam die Augen öffnete, und sich umsah.

Es war dunkel, man hörte nur einen entfernten, dumpfen Lärm, und es... roch ganz widerlich.

Und noch während er sich ganz aufrappelte, bemerkte er, dass Mokona, dieses nichtsnutzige Fellknäuel, ihn offenbar mitten in einer Seitengasse ausgespuckt hatte – sein Yukata war ruiniert, überall Dreck, Müll, und... bäääh.

„Widerlich...!“, fluchte der Ninja vor sich hin, als er versuchte, sich den Dreck abzuklopfen – vergeblich.

Dann sah er sich erneut um, zögerte einen Augenblick, legte seine Schwerthand auf den Griff seines Silberdrachen, und ging langsam, aber sicher in die Richtung, in die er den Ausgang dieser Gasse vermutete – von dort fiel etwas Licht in die Gasse, und je näher er diesem Licht kam, desto lauter wurde der Lärm.

„... yuuu! Kyuuu~yuu~“, fiepste es plötzlich erbärmlich, und Kurogane fuhr herum, zog sein Schwert, und richtete seine Spitze blitzschnell direkt in die Dunkelheit.

„Hilfeeeee~ ich will hier raaaa~uuuus~“, quäkte die Stimme Mokonas, und der Ninja seufzte leise, ehe er sein Schwert wieder zurück in die Scheide gleiten ließ.

„Fellknäuel? Wo bist du?“, rief er in die Dunkelheit, und er ging lauschenden Schrittes die enge Gasse entlang.

„Kyuuu~! Kuro-waaaaaaaan! Es... es ist dunkel und stickig hier drin!! Hol mich hier raaaaaus~!“

Die Stimme Mokonas war nunmehr ein Flehen als sonst was, und der Ninja seufzte erneut, ehe er gegen eine Mülltonne trat, in der er das Wesen vermutete.

Ein Scheppern, und ein damit eingehendes Quietschen verrieten ihm, dass er richtig lag, also öffnete er die Mülltonne, und kurz darauf hatte er ein mehr als dankbares Mokona mitten in seinem Gesicht zu kleben.

„... Fell.... knäuel.....“, knurrte er nur leise, ehe er das Wesen am Nackenfell packte und ein paar Zentimeter von sich weg hielt.

„Wo hast du uns hier hingebracht?

... und wo ist dieser Zauberer?“, kam es nur schroff über die Lippen des Ninja, und Mokona begann, leicht hibbelig zu werden.

„Fye! Fye! Du musst Fye finden! Er ist~ hier irgendwo... aber ich weiß nicht wo! Du Dummkopf hast ihn losgelassen, und jetzt ist er hier irgendwo ganz allein!“, quietschte die Kleine, und ironischerweise klang sie dabei sehr vorwurfsvoll.

„Geh ihn suchen! Fye ist sonst ganz allein! Und du weißt doch, was in Celes war...!“

Kurz entrückten die Gesichtszüge des Ninjas, dann grollte er bedrohlich.

„Schon gut! Halt bloß die Klappe. Ich hätte ihn so oder so gesucht.“, murrte Kurogane, ehe er sich erneut umsah.

„Ich wollte ja nur wissen, wo wir hier sind.“

„In der Neuzeit!“, quietschte Mokona.

„... Neuzeit?“, gab der Ninja konfus von sich. „Also, wenn das hier die Neuzeit ist, dann...“

„Dort drüben!“, unterbrach Mokona den Schwarzen, und sie zeigte mit einem Pfötchen in die Richtung, aus der das Licht in die Gasse schien.

Kurz zögerte der Ninja, dann seufzte er, ließ Mokona auf seiner Schulter nieder, und ging langsam, aber stetig auf den Lärm zu – die Hand stets an seinem Schwertgriff.
 

Und kaum trat er auf den Bürgersteig, rempelte er beinahe eine Frau an, die es offenbar ziemlich eilig hatte.

„Passen Sie doch auf!!“, wetterte sie, rümpfte die Nase, verzog dann pikiert das Gesicht, und hob dann demonstrativ die Nase in luftige Höhen, ehe sie weiterstolzierte.

„Was zum...“, knurrte der Ninja, doch viel Zeit zum Wundern blieb ihn nicht – denn mit einem Male befand er sich mitten in einer Menschenmenge, im Nachtleben einer Großstadt, und alles, was ihn in diesem Moment bewusst wurde, war:

‚So finden wir diesen Kerl doch nie...!’

Ein missmutiges Knurren entwich ihm, ehe er sich – ziel- und planlos – in Bewegung setzte, um einen Ort zu finden, an dem er sich einen besseren Überblick verschaffen konnte.

„Kuro-wan, Kuro-wan, du wirst angestarrt...“, flüsterte Mokona dem Ninja ins Ohr.

„Ich weiß!“, knurrte dieser nur zurück, „Aber das ist mir egal. Sollen sie doch glotzen, diese Idioten!“

Die Laune Kuroganes war ohnehin schon im Keller – da machte ein bisschen Gafferei auch nicht mehr viel aus.

Als er sich jedoch den Weg durch die Menschenmenge bahnte, und dann geradewegs jemanden anrempelte, der genau im Weg stand, fluchte er nur lauthals, und trat voller Frust gegen das Auto, welches am Wegrande stand.

„So ein verdammter Scheiß hier!!“, wetterte der Ninja, und er merkte nicht, wie sich eine kleine Traube von zwielichtigen Kerlen um ihn bildete.

„Hey, du...“, sprach plötzlich jemand, und der Schwarze fuhr herum.

„Was ist?!“, fauchte er den Kerl an, der ihn offenbar angesprochen hatte – es war ein schleimiger, etwas schmächtiger Typ, der viel zu große Klamotten trug – zumindest hing seine Hose fast in seinen Kniekehlen, was seine Haltung mehr als schief und erbärmlich erscheinen ließ.

„Ey, du hast Nerven... das de’ mich anrempelst... okay... aber das is’ MEINE Karre... und wie ich sehe, ham wir da ein Problemchen, Alter...“, gab der schmächtige Typ von sich, und links und rechts neben ihn traten zwei bullige, dämlich aussehende Kerle mit Sonnenbrillen, die die Arme verschränkten, und den Ninja finster ansahen.

Kurz zuckte eine Augenbraue des Ninjas – er war geladen, und er stand kurz davor, seine Wut einfach rauszulassen, und sie alle grün und blau zu prügeln, damit sie ihm gefälligst nicht mehr auf die Nerven gehen konnte, doch er wartete ab.

„Alter, da ist ein Kratzer im Lack...“, nölte der Schmächtige, und auch er verschränkte nun die Arme vor der Brust – was allerdings eine ganz andere Wirkung hatte als bei den beiden Hornochsen.

„Wie gedenkst du Straßenpenner, das wieder gut zu machen, HÄ??“ fuhr der Schmächtige fort, während er auf den Ninja zu ging, dann eine Faust hob, und ihm diese gegen die Brust klopfen wollte – Kurogane jedoch zog blitzschnell sein Schwert, und hielt es dem Kerl zielgenau mit der Schneide gegen die Kehle, und funkelte ihn gefährlich an.

„Vorsicht. Einen Schritt näher... und ich verarbeite dich zu Sashimi...“, knurrte der Schwarze bedrohlich.

Ein Raunen ging durch die Menschenmenge, als sie das Schwert erblickten, und mit einem Male wichen sie einen Schritt zurück, und starrten gebannt auf das Geschehen.

„E... ey, Alter, ... mach keinen Scheiß...“, sprach der Schmächtige, und seine Stimme klang unsicher.

„Wir können doch drüber re--“

„KEINE BEWEGUNG!!“, ertönte plötzlich eine laute, männliche Stimme, und durch die Menschenmenge hindurch bahnte sich ein etwas rundlicher Polizist.

„Nehmen Sie das... das Schwert runter!“, rief er, und fast zeitgleich nahm er seinen Revolver vom Gürtel, lud ihn durch, und hielt ihn auf den Ninja.

Dieser hatte seinen Blick auf den Polizisten gewandt, und rührte sich keinen Millimeter.

„Runter mit dem Schwert!!“, rief der Polizist erneut ziemlich unüberzeugt von sich selbst, und Kurogane seufzte.

„Was genau wird hier eigentlich gespielt...“, knurrte er leise in sich hinein, dann ließ er sein Schwert sinken, steckte es zurück in die Scheide, und wandte sich dem Polizisten zu.

„War’s das?“, murrte er schließlich, und der Bulle wich einen Schritt zurück.

„Hä... Hände hoch!!“

„Hä? Was soll das bringen?“, erwiderte Kurogane perplex.

„Das... das ist ein Befehl!“

Der Ninja runzelte die Stirn und ließ seinen Blick über die Schaulustigen schweifen, die sich mittlerweile um sie gebildet hatten.

„Ich weiß ja nicht, was hier abgeht, aber ich sehe keinen Grund, mich den Befehlen eines kleinen, fetten Mannes zu beugen.“, sprach er ganz unverblümt, ehe er sich kurz reckte, und dann wieder zu dem Polizisten sah.

„War’s das dann? Ich hab noch was zu tun.“, murrte er schließlich entnervt.

„.... d... das.... das ist doch....... eine ... Unverschämtheit....!“, stotterte der Polizist stückweise hervor, er zitterte, doch er ließ die Waffe nach wie vor nicht runter.

„M... machen Sie jetzt endlich, wa-was ich sage!“, befahl er, doch der Ninja wand sich nur desinteressiert ab.

„Kurogane!“, quietschte Mokona schließlich aufgeregt.

„Sieh mal, dort drüben!!“

Der Schwarze horchte auf, und blickte geradewegs in die Richtung, in die die Kleine mit ihrer Pfote zeigte – und er stockte.

Das... war doch...!
 

Nicht weit von ihnen, jedoch weit genug, um nicht beim ersten Blick aufzufallen, hüpfte... nein, tänzelte jemand über die Autodächer hinweg, lächelte dabei unentwegt... und wurde offensichtlich von Polizisten verfolgt.

„Fye...!“, kam es Kurogane unweigerlich über die Lippen, doch noch ehe er sich rühren konnte, ertönte ein lautes „HALT!“, und kurz darauf ertönte der donnernde Schuss einer Pistole.
 

Ein Ruck ging durch den Körper des Ninjas.

Halt.

Einen Moment... was...

Seine mechanische Hand wanderte zielstrebig zu seiner rechten Schulter, er strich kurz über sie, und als er einen Blick auf seine Hand warf, war sie blutüberströmt.

Sofort fiel der Blick des Ninja auf den fetten Polizisten – er stand da, noch immer zitternd, und Rauch quoll aus dem Schlot seines Revolvers.

Dieser......... verdammte Bastard hatte......

„Kurogane!!“, quietschte Mokona erschrocken, und sie sprang aufgeregt auf der künstlichen Schulter des Ninja auf und ab.

„Kurogane, Kurogane! Geht es dir gut!?“, fiepte das Wesen, und sie wimmerte, als sie das Blut zu Boden tropfen sah.

Kurz – und wirklich nur ganz kurz – wanderte seine rechte Hand zum Griff seines Schwertes – ein heftiger Schmerz jedoch ließ ihn zusammenzucken, dann entschied er sich um, und innerhalb einer Sekunde hatte er ihm seine mechanische Faust direkt ins Gesicht gedonnert – begleitet von einem hässlichen Knacksen, und ein paar Aufschreien und einem Raunen im Volk – dann wandte der Ninja sich ab, sprang auf ein Autodach, und bahnte sich seinen Weg zu dem Magier, indem er es ihm gleich tat, und flink von Dach zu Dach sprang.

„Fye, Fye!“, quietschte Mokona aufgeregt, und sie sprang dem Blonden entgegen.

„Fye, Kurogane ist verletzt! Du musst ihm helfen!“, wimmerte das Häschen, während sie sich dankbar gegen die Wange des Magiers presste.

Ein kurzer Blickkontakt, ein kurzes Schlucken – und ehe Fye zu reden beginnen konnte, unterbrach der Ninja ihn.

„Später. Erst mal weg hier!“, knurrte der Schwarze, und etwas widerwillig packte er den Arm des Magiers mit seinem ‚gesunden’ Arm, stöhnte kurz schmerzvoll, aber abgehackt, ließ dem Blonden jedoch keine Zeit, darauf einzugehen, und log ihn flink mit sich.

Sie... mussten weg. Weg hier, aus dem Trubel, weg von all den Menschen, und... urgh...

Seine Schulter pochte, sie war heiß, und erst jetzt spürte er wie sehr sie schmerzte.

Verdammter Mist.....!!

Der Ninja fluchte in sich hinein und ignorierte jegliche Versuche des Magiers, eine Konversation zu starten, während sie sich auf der Flucht befanden, und hinter sich die Polizeisirenen ertönten.

Fai

Vampirblut.

Der Saft, der Fye nun am Leben hielt.

Die damit verbundenen Eigenschaften befähigten ihn, sich von beinahe jeder Verletzung zu erholen, solange sie physischer Natur war.

Ugh, dieser Ruck, der durch seinen Körper fuhr, als Mokona den Magier verschlang, war dennoch unangenehm.

Noch nie hatte Fye Dimensionsreisen genossen, und gerade jetzt, da er eigentlich ohnehin noch einiges an Sorgen hatte, und wo sie nun endlich einmal an einem sicheren Ort gelandet waren, den sie zudem kannten – zumindest Kurogane war Nihon Country mehr als nur ein bisschen bekannt.

Alles hätte so einfach sein können, sie wären ausnahmsweise einmal an einem vertrauten Ort gewesen, hätten ruhig schlafen und sich erholen können.

Gerade Kurogane hätte eine Pause gut gebrauchen können.

Dieser Idiot!

Noch immer war der Ninja stark geschwächt, Fye sah es, auch wenn der Schwarze es zu verbergen versuchte, und er machte sich Sorgen um ihn.

Im Gegensatz zu ihm hatte Kurogane nicht das Blut eines Vampirs, er regenerierte sich nicht so schnell.

Zwar hatte Tomoyo ihm die bestmögliche Pflege zukommen lassen, doch war unübersehbar, dass der Ninja Schmerzen hatte. Wann immer er den Arm hob, wann immer er sich herum drehte, konnte Fye für einen Augenblick Qualen in seinem Gesicht ablesen, und es bedrückte ihn sehr, zu wissen, dass der Andere nun wegen einer Wunde litt, die mit in der Verantwortung des Magiers lag.

Die Entscheidung hatte voll und ganz bei Kurogane gelassen, und laut eigenen Worten bedauerte er sie nicht einmal jetzt, im Nachhinein, doch Fye selbst empfand ganz anders.

Ihm tat es unsagbar Leid, dass der Ninja einen solchen Verlust erlitten hatte, und dass er nun weitere Schmerzen zu ertragen hatte, bereinigte sein Gewissen nicht gerade.
 

Ja, eine Ruhepause wäre wahrlich angenehm gewesen, auch, um Dinge zu überdenken, um Gefühle zu ordnen und neue Pläne zu schmieden.

All die Zeit über hatte Fye sein Denken nur auf das Gestern gerichtet, hatte an seinen Bruder zurück gedacht und versucht, seinen Platz einzunehmen, bis er eine Möglichkeit gefunden hatte, diese Rolle wieder an den Anderen abzugeben.

All die Zeit über hatte er sich etwas vorgemacht.

So töricht war er gewesen.

Was war er nur für ein Idiot, dass er ernsthaft daran geglaubt hatte, er könne den Tod überwinden?

Nein, sich diese Frage zu stellen war verkehrt.

Er hatte nie daran geglaubt.

Vorgemacht hatte er es sich; versucht, sich an einer sinnlosen Hoffnung fest zu klammern, um nicht loslassen zu müssen.

Das... ugh.
 

Auch deswegen konnte Fye Dimensionssprünge nicht leiden.

Erwartete jemand, das ginge schnell, so lag er falsch.

Weit, weit daneben.

Zu Fyes Leidwesen dauerten die Reisen, die sie mit Mokonas Hilfe vollzogen, immer viel zu lange, was zur Folge hatte, dass jemand, der die Seele voller Kummer hatte, zum Nachdenken kam.

Zum Grübeln.

Schlechte Idee.
 

Wieder und wieder tauchte das Gesicht eines ausgemergelten Kindes mit vorwurfsvollem Blick vor Fyes innerem Auge auf, und es gab nichts, das er dagegen hätte tun können.

So war er mehr als dankbar, als seine Füße festen Grund trafen.

Zwar ertönte ein metallenes Scheppern, doch machte Fye sich vorerst keine Gedanken darum.

Zu erleichtert war er, endlich angekommen zu sein, während sich Fragen in seinem Kopf ausbreiteten.

Wo waren sie diesmal gelandet?

Was würde sie erwarten?

Was war mit den Anderen geschehen?

Fragen über Fragen türmten sich auf, und Fye konnte keine einzige beantworten, daher beschloss er, sich zuerst einmal ein Bild von seiner neuen Situation und Umgebung zu machen.

Der erste Fakt, der sich ihm aufdrängte und nicht unbedingt positiv anmutete, war, dass Kurogane offenbar nicht mit ihm gelandet war.

Nicht gut.

Vor allem, was sollte er davon halten?

Der Ninja musste ihn versehentlich losgelassen haben, doch war er letztendlich dennoch in derselben Dimension und in der gleichen Stadt gelandet?

Als Fye den Blick hob und sich irritiert umsah, bemerkte er ein wahres Chaos, das um ihn herum tobte, welches er bisher jedoch eher nicht wahr genommen hatte, da er zu sehr mit sich und seinen Fragen beschäftigt gewesen war.

Autos über Autos, qualmende Auspuffe und quäkende Hupen, ein schimpfender Mann in Uniform, der wetternd auf ihn zu gelaufen kam, und einige Menschen, die sich am Straßenrand scharten und neugierig zu ihm herüber gafften.

Oje.

Er schien mitten auf einer Hauptverkehrsstraße gelandet zu sein, bei den Automassen um ihn grenzte es an ein Wunder, dass ihn niemand überfahren hatte.
 

Rasch erfasste Fye die Situation um sich, bewertete die Umstände und sprang dann kurzerhand auf die Motorhaube eines nahen Kleinwagens.

Wütendes Fluchen klang zu ihm herauf, als er gleichmütig auf das Autodach stieg; was kümmerte es ihn?

Menschen in großen Städten wie dieser neigten dazu, sich viel zu schnell aufzuregen.

So viel Stress, so wenig Zeit, alles war negativ und ungerecht.

Pah, was für eine Einstellung!

Irgendwann einmal, als sie in Piffle World gewesen waren, hatte Fye in einer Zeitung eine Studie darüber gelesen, dass die Lebenserwartung jener Menschen, die in großen Städten lebten, geringer sei als die jener, die sich vorranging auf dem Land aufhielten oder einen Familienbetrieb in einer Kleinstadt führten.

Kein Wunder!

Menschen, die so durchs Leben gingen, wie es die in dem Wagen unter ihm scheinbar taten, ärgerten sich vermutlich zu Tode.

Oder sie kamen irgendwann in einem Bürostuhl um, weil sie feststellen mussten, dass eine ihrer Finanzrücklagen verloren gegangen war.

Bemitleidenswert.
 

Mit einem bedauernden Lächeln auf den Lippen begann Fye sich seinen Weg über die Autodächer zu suchen und winkte nur höflich ab, wann immer ihm jemand verärgerte Flüche entgegen schleuderte.

Diese Ungepflogenheiten konnten die überreizten und früh sterbenden Herrschaften gern behalten.

Mäßig interessiert, beobachtete Fye hier einige Passanten und dort einige weitere Männer in Uniform, die ihm wild gestikulierend hinterher liefen, immer die Hände an ihren Gürteln, als wollten sie ihm drohen, während er Ausschau nach Kurogane hielt.

Wenn Mokona nicht mit ihm gelandet war, da war sich Fye sicher, dann musste sie bei dem Ninja sein, also musste er, um beide ausfindig zu machen, zuerst den Schwarzen finden.

Und tatsächlich, nur wenige Minuten später wurde Fyes Aufmerksamkeit auf einen kleineren Aufruhr am Rande der Straße gelenkt, in dessen Mitte er nach genauerem Hinsehen Kurogane erkannte.

Legte dieser ungestüme Kerl sich etwa schon wieder mit fremden Menschen an?

Ein leises Lachen glitt über Fyes Lippen, als er sich das Szenario ausmalte, als plötzlich ein Krachen ertönte und ein aufgeregtes Raunen durch die Menschenmenge ging.

War das... ein Schuss gewesen?

Ugh.

Kurz streifte des Magiers Blick über die Massen, bis er denjenigen ausmachte, der für die Aufsehen erregende Handlung verantwortlich schien.

Noch einer dieser uniformierten Kerle.

Noch so ein unentspannter Großstädter.

Und Kurogane...

Fyes Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich, als er die blutigen Kleider des Ninjas entdeckte.

Der Schuss hatte sein Ziel getroffen, wie es schien.

Bastard......!
 

Kurz zog Fye es in Erwägung, hinzu zu eilen und den Verantwortlichen zur Rechenschaft dafür zu ziehen, dass er Kurogane verletzt hatte, doch war Fye sich nicht darüber im Klaren, wie in dieser Welt die Regelwerke ausgelegt waren, daher hielt er sich zurück und verharrte auf dem Dach eines parkenden Kleinbusses.

Allem Anschein nach hatte der Andere ihn längst entdeckt und würde daher innerhalb kurzer Zeit zu ihm kommen; die Kugel schien ihn zwar verwundet, jedoch 'nur' seinen Arm erwischt zu haben.

Schlimm genug.

Verdammt, als habe der Idiot nicht schon genug Schmerzen in seiner linken Schulter gehabt – Fye hoffte inständig, der Schuss möge Kurogane nur gestreift haben, allerdings gab es für ihn keine Möglichkeit, das von seiner derzeitigen Position aus zu beurteilen.

Glücklicherweise schien auch Kurogane nun keine Lust mehr auf Auseinandersetzungen zu haben.

Schwungvoll ließ er seine Faust auf dem Gesicht des Uniformierten nieder gehen, bahnte sich einen Weg durch die Masse und sprang über die Autodächer zu Fye herüber, der ihn aufmerksam musterte.

Schwer hing der Stoff an seinem rechten Arm herab, er war dunkel verfärbt und roch eindeutig nach Blut.

Früher hätte Fye rein intuitiv gewusst, dass es sich um Blut handeln musste, inzwischen roch er dies, ehe er es sehen konnte.

Hmpf.
 

„Fye, Fye!“

Das aufgebrachte Quietschen Mokonas ließ Fye schief lächeln.

Selbst in dieser Situation konnte er nicht anders als angesichts der Besorgnis des kleinen Wesens zu schmunzeln.

Immer war Mokona um sie besorgt, immer teilnahmsvoll, obwohl sie ursprünglich von außen zu ihnen gestoßen war – aber waren sie das nicht alle?

„Fye, Kurogane ist verletzt! Du musst ihm helfen!“, rief die Kleine aufgeregt und sprang flugs auf die Schulter des Magiers, der ihr nur beruhigend den Kopf tätschelte.

Kurz versuchte Fye, den Anderen nach seiner Befindlichkeit zu fragen, gab es jedoch sehr rasch wieder auf, als der Ninja ihn am Arm packte und mit sich zog, herunter vom Auto, weg von der Straße und in einen nahe gelegenen Park.

„Später. Erst mal weg hier!“, war alles, was Kurogane ihm zur Antwort gab, während er rannte, und sein unterdrücktes Stöhnen entging Fye nicht.

Und wieder Schmerzen.

Immer mehr und mehr und.....

Fye verzog schmerzerfüllt das Gesicht, er konnte nicht anders, als mit dem Schwarzen zu leiden, und er folgte ihm bereitwillig zwischen den Bäumen hindurch, bis der Andere schließlich inne hielt.
 

Leise keuchend, sank der Ninja auf einer Bank nieder und legte den Kopf in den Nacken.

Er atmete tief und sein Blick verriet, dass er sich quälte.

Fye kniff das Auge zusammen und trat zögerlich an die Bank heran, er wechselte einen kurzen Blick mit Mokona, ehe er vorsichtig den Stoff von Kuroganes Kleidern zur Seite zog, um sich die Verletzung anzusehen.

Ein erbostes Fauchen erklang von Kuroganes Seite aus, wurde allerdings demonstrativ überhört, während Fye beherzt den Ärmel von der Schulter des Ninjas zog.

Mhhhh.

So viel Blut.

Für einen Moment war das immer währende Lächeln von Fyes Gesicht verschwunden, doch er beeilte sich, es wiederherzustellen.

„Ich bin gleich zurück, warte hier auf mich. Und... beweg dich nicht allzu viel, hörst du?“, bat er den Anderen, während er die Hände zu Fäusten ballte.

Was er gesehen hatte, gefiel ihm weniger als überhaupt nicht.

Noch während er fort eilte und seinen Weg aus dem Park in die Innenstadt fortsetzte, diesmal, ohne über Autodächer zu laufen, überlegte, wie er Kurogane würde helfen können.

Ganz offensichtlich hatte ihn die Kugel nicht nur gestreift, nein.

Sie steckte noch in der Schulter des Anderen, und Fye hatte genau gesehen, wie sehr diesen die Wunde schmerzte.

Die einzige Option, die er aktuell hatte, war es also, die Kugel zu entfernen und die Schulter so weit zu stabiliseren, dass Kurogane sie vorerst nicht zu viel bewegte.

Dazu eine Möglichkeit, keinen Schmutz in die Wunde zu bringen.

Verdammt, sie schlitterten aber auch von einer Katastrophe in die nächste!
 

Beunruhigt lief Fye zwischen dahin eilenden Menschen hindurch, passierte eine Fußgängerzone und gelangte schließlich zu einer Reihe von Geschäften, unter denen sich auch eine Apotheke befand.

Aus Piffle World wusste der Magier noch sehr gut, dass in einer Apotheke alles zu bekommen war, was er gerade begehrte, und so huschte er flink hinein.

Einen Blick nach rechts und einen nach links geworfen, dann ergriff der Magier, was er seiner Meinung nach gebrauchen konnte, und hastete wieder aus der Tür.

Hinter ihm begann ein Alarm zu schellen, und er hatte wahrhaftig ein schlechtes Gewissen bei dem Wissen, dass er soeben gestohlen hatte, doch die Situation verbot es ihm, sich die Zeit zu nehmen, die es gekostet hätte, Geld aufzutreiben.

Er würde später zurück kommen und die Schulden begleichen.

Oder........ noch später.

Oder.... vielleicht auch gar nicht.
 

Wieder im Park angekommen, entließ Fye alles, das er in der Apotheke in seine Arme geschaufelt hatte, auf der Bank neben Kurogane, der ihn nur schweigend beobachtete.

Die gemurmelten Beschwerden des Ninjas überging Fye erneut, er hatte nun andere Sorgen als die schlechte Laune des Anderen.

Langsam jetzt, und ruhig.

Konzentriert zog der Magier ein steriles Tuch dessen Hülle und besprühte es mit Desinfektionsmittel.

Einen Moment lang sah er Kurogane ins Gesicht und war überrascht, dass der Ninja ihm entgegen blickte.

„Das... wird jetzt brennen, fürchte ich, aber nur wenn ich sicher sein kann, dass alles sauber ist, kann ich dir helfen“, erklärte er ernsthaft, und ausnahmsweise ließ er sein künstliches Grinsen beiseite.

Kurogane sah ihm eine Minute lang in die Augen, ehe er sich abwandte und nur leise vor sich hin knurrte.

Fye wiederum seufzte leise.

Er wusste, was folgen musste, und es tat ihm schon Leid, bevor er angefangen hatte.

Egal, wie er es anstellte, er würde dem Anderen weh tun müssen.

Umpf.
 

In seiner Eile hatte Fye all das aus der Apotheke mitgenommen, was er für sinnvoll erachtet hatte, und so fand er nun recht schnell das, wonach er suchte: Handschuhe und eine steril verpackte Pinzette.

Angespannt verzog der Magier das Gesicht.

Er hatte keine Probleme damit, Blut zu sehen, keineswegs.

Auch war er nicht allzu besorgt darum, ob er die Herausforderung, die ihm die Situation bot, meistern würde – irgendwie war er immer zurecht gekommen.

Was ihn verunsicherte, war die Tatsache, dass er Kurogane Schmerzen zufügen würde, und das ganz bewusst.

Der Andere würde leiden bei dem, was er tat, um ihm zu helfen.

Ach, verdammt, er hatte ja doch keine wirkliche Wahl.

Sie hatten nichts, worauf sie sich verlassen konnten, sie hatten nur sich selbst.

Und so, wie die Dinge standen, würde dies auch vorerst so bleiben.

Fye biss sich leicht auf die Lippe, während er die Handschuhe überstreifte, die Pinzette auspackte und noch einmal einen prüfenden Blick auf Kuroganes Gesicht warf.

Gereizt und zweifelnd.

Hmh....
 

Noch einmal tief durchgeatmet, dann machte Fye sich an die Arbeit.

So vorsichtig wie möglich mit der Pinzette in die Wunde, dem Weg folgen, den die Kugel sich gebahnt hatte, und rein nach Gefühl wissen, wann er die Enden zu schließen hatte.

Mitfühlend kniff der Magier die Lippen zusammen, wenn Kurogane schmerzerfüllt keuchte, und registrierte wieder einmal, wie der Ninja alles in seiner Macht Stehende tat, um sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen, wie stark die Schmerzen waren.

Die Erleichterung war groß, als Fye schließlich fühlte, wie die Zangen der Pinzette sich um etwas Hartes schlossen.

Im gleichen Moment, in dem der Magier behutsam die Pinzette zurück zu ziehen begann, entwich Kurogane ein gequältes Stöhnen und seine linke Hand ballte sich zur Faust.

Fye war sich ziemlich sicher, dass er sich die Fingernägel in die Handfläche gegraben hätte, wäre die Hand noch fleischlich gewesen.

Immerhin, der Verlust des linken Arms schien auch einige wenige Vorteile zu haben, dachte der Magier, und kam sich im gleichen Moment schäbig vor.

Dieser schwarze Humor war absolut nicht angebracht.
 

Endlich, nach endlos erscheinenden Sekunden, holte Fye den kleinen Metallkörper an die Luft, und nicht nur ihm entwich ein erlöstes Seufzen.

Kurogane hatte das Gesicht während der Prozedur gegen die linke Schulter gedrückt und keuchte nun vernehmlich.

Hatte er die Luft angehalten?

Vermutlich.

Fye schloss für einen Augenblick das Auge, ehe er die Handschuhe auszog und rasch eine Kompresse auf die nun stark blutende Wunde drückte.

Zum Glück war das vorüber...!

Es vergingen ein paar Minuten, in denen Kurogane nur ab und zu lautlos japste, während Fye weiterhin die Kompresse an seiner Schulter hielt, ehe er schließlich aufstand und dem Anderen entschuldigend den Arm tätschelte.

Er kam sich wie ein Schuft vor, Kurogane so gequält zu haben, doch wusste er nur zu gut, dass es das Beste gewesen war, das er gerade für ihn hatte tun können.

Und dennoch....

Umsichtig befreite Fye eine Bandage von ihrer Verpackung und begann, Kuroganes Schulter so weit zu stabilisieren, wie es ihm möglich war, ohne den Arm zu bewegen, ehe er ihm die Kleider wieder über die Schulter zog.

Der Ninja schien damit nicht einverstanden, doch Fye ließ sich nicht unterbrechen.

„Mpfff“, knurrte der Andere, „lass das, ich brauche meine Arme!“

Schief lächelnd, hob Fye den Kopf und stieß Kurogane vor die Brust.

„Du hast deinen linken Arm sogar freiwillig aufgegeben und jetzt hast du doch zwei – kannst du mir dann wohl bitte erlauben, den verletzten so ruhig zu stellen, dass das ordentlich heilen kann?“, murmelte er, nicht ohne ein Schmunzeln auf den Lippen.

Wenn er an Celes dachte, wurde ihm übel, doch sollte Kurogane nicht derjenige sein, der das ausbaden musste.

Zudem hatte der Schwarze schon genug mit seinen eigenen Sorgen zu kämpfen, fand Fye – was allerdings auch wieder eher eine Ausrede für ihn selbst darstellte.
 

Eine Weile sahen sich die beiden schweigend in die Augen, dann war es wiederum Kurogane der den Blick abwandte und missmutig brummte.

Fye neigte den Kopf.

„Ich nehme das mal als Akzeptanz deinerseits an. Was hältst du jetzt davon, wenn wir versuchen, eine provisorische Wohnmöglichkeit zu finden? Ich bezweifle, dass du hier im Park schlafen wolltest....“

Es dauerte einen Moment, ehe Kurogane reagierte, eine Antwort blieb er dem Magier jedoch schuldig.

Stumm erhob er sich und setzte sich in Bewegung, den Blick stur geradeaus gerichtet.

Der Blonde blieb ein paar Meter hinter ihm zurück, folgte aber nach kurzem Zögern, und so begaben sie sich auf den Weg in die Innenstadt, ohne ein wirkliches Ziel vor Augen zu haben.

Kurogane

Mist...

So ein.... verdammter.... Mist...!
 

Wieder und wieder entwichen dem Ninja erboste, knurrende, jedoch unterdrückte Laute.

Es schmerzte, pochte, quälte ihn, doch er konnte nichts dagegen tun – vorerst.

Sie mussten fort, so schnell und unkompliziert wie nur möglich.

Er wusste nicht, wo genau er nun hinlief, doch allen Anscheines nach war diese Richtung genau die Richtige – es kamen ihnen immer weniger Leute entgegen, bis sie schließlich – von ein paar Bäumen umgeben – mitten in einer Parkanlage standen – ganz allein, und nur, wenn man den Blick weit nach oben richtete, konnte man an den schemenhaften Umrissen der Wolkenkratzer erahnen, dass man sich noch in einer Großstadt befand.

Leise keuchend ließ er sich auf einer Bank nieder – argh, verdammt...

Es pochte, es war heiß, und es schmerzte wie die Hölle.

Bei jeder noch so kleinen Bewegung spürte er die Kugel, er spürte einen Widerstand, und jedes Mal dachte er, jetzt müsse er schreien, doch es gelang ihm, sich unter Kontrolle zu behalten.
 

Er schluckte, keuchte erneut, und atmete schwer.

Nur kurz fiel sein Blick auf den Magier, der ihn besorgt anstarrte – verdammt, das war doch...

Er sah, wie der Magier einen Schritt auf ihn zu kam – doch noch bevor er ansetzte, zurückzuweichen, überlegte er es sich anders, und fauchte nur leise, als der Blonde zielstrebig den Ärmel beiseite zog.

„Hey....!“, knurrte Kurogane, und biss sich dann auf die Lippe.

Argh, dieser Kerl...!

Konnte er nicht wenigstens ein bisschen vorsichtiger da rangehen?

Hngh...!

Der Ninja lugte hinauf, und sah, wie das Lächeln auf Fyes Gesicht verschwunden war.

‚Ach, so was gibt’s auch?’, wollte er schon höhnen, doch er verkniff es sich.

„Ich bin gleich zurück, warte hier auf mich. Und...“

Kurz stockte der Magier, dann ballten sich seine Hände zu Fäusten.

„... beweg dich nicht allzu viel, hörst du?“, bat er den Ninja, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und davon eilte – noch bevor der Schwarze überhaupt an Beschwerden denken konnte.
 

Nicht bewegen?

Pah!

Der Kerl glaubte doch wohl nicht ernsthaft daran, dass er jetzt die Gelegenheit nutzen würde, um Räder zu schlagen und Handstände zu machen!?

Missmutig knurrte der Ninja, und lehnte sich gegen die Lehne der Bank – nicht jedoch, ohne kurz schmerzhaft das Gesicht zu verziehen, da er sich bewegt hatte.

Argh, verdammter Mist... wieso musste so etwas auch ausgerechnet jetzt passieren!?

Kurz huschte sein Blick über seine linke Schulter und über den dazugehörigen Arm, dann verzog er nur kurz das Gesicht und ließ seinen Blick über die Umgebung wandern.

Hrmpf.

Dunkelheit...

Kurz entwich ihm ein leises Seufzen.

Er mochte die Dunkelheit – ebenso, wie er die Nacht lieber mochte, als den Tag.

Er mochte die Ruhe, und diese Stille, die gesamte Atmosphäre, die so anders war als am Tag – zumal konnte er Großstädte wie diese nicht leiden.

Zu viele Menschen – nein, zu viele unnütze, vorlaute Menschen, die einem auf die Nerven gehen konnten.

Und jetzt konnte er ihnen nicht einmal mehr eine Lektion mit seinem Schwert erteilen.

... nicht, dass er das vorher schon getan hätte, nein.

Aber dennoch...

Missmutig fiel sein Blick wieder auf seinen Schwertarm, seine Rechte, und er betrachtete das viele Blut, welches sich seinen Weg weiterhin durch seine Kleider bahnte, und mittlerweile schon auf den Boden getropft war.

Hrrmpf...
 

Minuten vergingen, und der Magier kam nicht zurück.

Wo, um Himmels Willen, war dieser Kerl nur hin verschwunden...!?

Ein leises Knurren entwich den Lippen des Ninja, ehe ihn ein Rascheln aufhorchen ließ.

Sein Blick richtete sich aufs Gebüsch – doch es war nichts zu erkennen, es war zu dunkel.

Erneutes Rascheln, und instinktiv griff der Schwarze – allen Schmerzen zu Trotz – nach seinem Schwert, und er biss die Zähne aufeinander, um keinen Schmerzenslaut von sich zu geben.

Irgendjemand ... oder irgendetwas war da, ganz offensichtlich.

Hmpf...!

Er rutschte von der Bank, blieb jedoch in Angriffsposition.

Wer auch immer es war, er mochte es scheinbar, sich anzuschleichen.

Aber warum ausgerechnet jetzt...!?

Innerlich fluchte der Ninja, es quälte ihn, diese Position zu halten – doch er konnte nicht anders, immerhin wurde er... bedroht!

Ja, Kurogane war der Meinung, jemand würde ihm auflauern – als dann jedoch eine kleine, tapsige Katze aus dem Gebüsch langsam und neugierig auf ihn zu lief und ihn anmaunzte, revidierte der Ninja seine Meinung, und ließ sich keuchend und knurrend wieder auf die Bank zurücksinken.

„Oh, Mann...!“, fauchte er leise, als er seinen verwundeten Arm wieder in eine weniger schmerzvolle Position zurücksinken ließ.

Hngh...! Blödes... Vieh...

Aus den Augenwinkeln sah der Ninja, dass die kleine Katze langsam auf ihn zu kam, und dann interessiert an dem Blut auf dem Boden schnupperte.

... ach... darum gings.

„Verschwinde“, knurrte der Schwarze bedrohlich, „ich bin kein Futter. Verzieh dich!“, fügte er noch mit Nachdruck hinzu, ehe er mit einem Fuß kräftig auf den Boden stampfte.

Zufrieden beobachtete er, wie das Kätzchen aufschreckte und sich trollte.

Einen Moment lang sah er noch ins Gebüsch, in der das Tier verschwunden war, dann blickte er wieder vor sich auf den Boden.

„... zumindest nicht deins....“, kam es ihm leise, und eher zu sich selbst über die Lippen, und er biss sich leicht auf die Unterlippe.
 

Eine gefühlte Viertelstunde später kam der Magier schließlich zurück – und zu Kuroganes Erstaunen hatte er so einiges im Gepäck.

Stumm schaute er zu, wie er alles, was er mitgebracht hatte, neben ihm auf der Bank entlud, und murrte nur leise vor sich hin.

„Hast dir ja ganz schön viel Zeit gelassen. Hast du dich verlaufen?“, gab er leise murrend von sich – doch war er weniger erbost über die Dauer, die der Magier weggewesen war – er wollte ihn und vor allem sich selbst von seinen Schmerzen ablenken.

Dann sah er, wie der Blonde ein steriles Tuch mit Desinfektionsmittel besprühte, und er schluckte.

Oh, nein...

Er wusste nur zu gut, was jetzt folgte. Nein, unweigerlich folgen MUSSTE.

Ihm war klar, dass seine Wunde so nicht bleiben konnte – die Kugel musste wieder raus, koste es, was es wolle, und als er hinauf zu dem Magier sah, begegnete er seinem Blick.

„Das...... wird jetzt brennen, fürchte ich, aber nur wenn ich sicher sein kann, dass alles sauber ist, kann ich dir helfen“, kam es erklärend über Fyes Lippen, und Kurogane ließ keinen Augenblick den Blick von ihm ab.

Dieser Kerl...

Er machte sich scheinbar ernsthafte Sorgen.

Hrmpf...

Einen Moment lang betrachtete er das Gesicht des Magiers, und verweilte eine lange Zeit bei seinem goldenen Auge.

Dann wandte er sich ab, und knurrte leise vor sich hin.

Das würde verdammt weh tun. Er kannte das.

Aber...

Argh, es half alles nichts.

Es war sonst niemand da, der das wieder richten konnte – und so schnell würden sie wohl auch nicht wieder zurückkommen.

Hmpf.
 

Das Desinfizieren war noch okay – es war unangenehm und brannte, doch es war ein notwendiges Übel.

Als der Blonde sich jedoch zwecks Pinzette seinen Weg bahnte, keuchte Kurogane unweigerlich auf – argh, das war doch... es war kein stechender Impuls, wie bei einer Schwertverletzung, nein, viel schlimmer: Es war ein kriechender, langgezogener und äußerst penetranter Schmerz, als die Pinzette sich zeitweise unbeabsichtigt in das verletzte Fleisch bohrte, und der Ninja konnte nicht anders, als seine mechanische Hand zur Faust zu ballen, und sie kraftvoll auf den Sitz der Bank zu pressen.

Er spürte, wie der Magier schließlich inne hielt – und die Pinzette schließlich vorsichtig zurückzog.

Verdammt....!!

Kann er nicht einfach... schnell machen...... urgh...!

Dem Ninja entwich nur ein gequältes Stöhnen, dann hielt er die Luft an.

Einfach die Luft anhalten, und so lange aushalten, bis es vorbei ist.

Hnngh.

Leichter gesagt, als getan...
 

Es dauerte nur wenige Sekunden, die dem Ninja jedoch wie Minuten vorkamen.

Dann schließlich holte der Magier die Kugel an die Luft, und unweigerlich entwich ihm nun die Luft, die er angehalten hatte, in einem erleichterten Seufzer – schmerzerfüllt, jedoch erleichtert.

Endlich...

Er spürte, wie der Blonde mit beständigem Druck etwas gegen die Wunde drückte, doch es kümmerte ihn nicht allzu sehr.

Der Schmerz war ihm durch und durch gegangen, so etwas Läppisches kümmerte ihn jetzt nicht mehr.

Die nächsten Minuten vergingen, und ab und zu unterbrach ein lautloses, leises Japsen die Ruhe, dann stand der Magier auf, und tätschelte dem Schwarzen den Arm.

Dieser lugte nur kurz zu ihm hinauf, musterte einen Moment lang sein Gesicht, und ließ den Kopf dann wieder sinken.

Dieser... Kerl....

Noch ehe Kurogane jedoch seinen Gedanken weiter nachgehen konnte, rührte sich ‚dieser Kerl’ schon wieder – und ganz offensichtlich wollte er die Wunde nun verbinden, und – zum Missfallen des Ninja – dessen Arm ruhig zu stellen.

„Mpffff, lass das, ich brauch meine Arme!“, fauchte Kurogane den Blonden an, doch dieser stieß ihm nur – schief lächelnd – vor die Brust.

„Du hast deinen linken Arm sogar freiwillig aufgegeben und jetzt hast du doch zwei – kannst du mir dann wohl bitte erlauben, den Verletzten so ruhig zu stellen, dass das ordentlich heilen kann?“, murmelte der Magier, jedoch nicht, ohne ihn weiter anzusehen, und ein Schmunzeln auf den Lippen zu behalten.

Kurogane hingegen erwiderte den Blick – aufmerksam betrachtete er die Gefühlsregungen, die er nur vage im Gesicht des Anderen, jedoch umso mehr in dessen Auge erkennen konnte.

Nach kurzem Schweigen wandte der Schwarze dann jedoch den Blick ab und brummte missmutig – na, wenn es denn sein musste.

„Ich nehme das mal als Akzeptanz deinerseits an. Was hältst du jetzt davon, wenn wir versuchen, eine provisorische Wohnmöglichkeit zu finden? Ich bezweifle, dass du hier im Park schlafen wolltest...“, kam es schließlich ruhig von dem Magier, und Kurogane spürte genau, dass der Blick des Blonden auf ihm weilte.

Eine Unterkunft.

Ja, vermutlich keine schlechte Idee.

Er knurrte nur leise in sich hinein, ehe er aufstand, und losmarschierte – den Blick stur geradeaus.

Und erst, als er sich sicher war, dass der Blonde sein Gesicht nicht mehr sehen konnte, verzog er es schmerzvoll, und biss sich auf die Unterlippe.

Es war besser als vorher, doch er spürte es bei jedem Schritt.

Und zu allem Übel machte nun auch noch seine Linke Probleme...

Er spürte, wie Fye ihm schließlich folgte, und so schritt er weiter voran, in die Innenstadt – ohne zu wissen, wo genau sie eigentlich waren, und wo genau sie hinwollten...
 

„Hey, Kuro-wanko!“, quietschte es plötzlich direkt neben dem Ohr des Ninja, und erschrocken wich dieser ein paar Schritte zur Seite.

„Arrgh, was zum...!?“, gab er knurrend von sich, und er starrte direkt in das runde, etwas dümmliche Gesicht Mokonas.

„Du...!? Wie bist du dahin gekommen?!?“, wetterte er weiter, und er packte das Wesen an den Ohren, und hielt es in die Luft.

„Kyaaa~ Kuro-wan, hast du dich etwa erschrocken? Du bist ganz blass!“, quietschte die Kleine vergnügt, und sie strampelte mit ihren kurzen Beinchen.

„Nun lass mich looooo~s!“

„Nein! Ich hab mich nicht erschrocken!“, fluchte er in Mokonas Richtung, und er schüttelte sie zur Strafe leicht hin- und her.

Noch während er sich mit dem Fellknäuel auseinander setzte, spürte er, wie jemand geschmeidig neben ihn schritt, und ihm eine Hand auf die Schulter legte.

„Ach, Kuro-pyou... gib doch wenigstens das Offensichtlichste zu... du hast dich erschreckt!“, säuselte der Magier mit seinem unverkennbaren Grinsen auf den Lippen, ehe er ihm Mokona abnahm, sie sich flugs auf den Kopf setzte, und geschmeidig weiter voranschritt.

„... hrrrmpf...!“, fauchte der Ninja nur leise und warf dem Blonden einen bösen Blick nach, ehe er ihm hinterher ging. Er war sich bewusst, dass es keine gute Idee wäre, noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, als sie es sowieso schon taten.

Noch immer wurden sie angestarrt – ob ihrer Kleidung, und insbesondere er, Kurogane, wurde schief angesehen – denn seine Kleider waren noch immer blutgetränkt, und eigentlich müsste man meinen, man würde sie darauf ansprechen, doch die Menschen nahmen eher Abstand, und blickten nur panisch beiseite, wenn man ihnen doch mal einen Blick zuwarf.

Hrmpf...!

Es machte doch keinen Sinn, hier ziellos durch die Gegend zu laufen... auch, wenn Mr. Smile daran offenbar seine helle Freude hatte.

Er tänzelte hin- und her, und ‚pfiff’ – richtig pfeifen konnte er ja nicht – vor sich hin, und drehte sich immer mal wieder zu ihm um, um ihn kurz zu mustern, dann anzulächeln, und weiterzulaufen.

Hrrmmmpff.....

Dieser Kerl... war so ein verdammter Heuchler...

...

Kurz wandte der Ninja seinen Blick nachdenklich ab, und starrte ins Leere.

Warum interessierte ihn das überhaupt?

Schon die ganze Zeit über hatte er versucht, das wahre Ich des Magiers aus ihm hervor zu holen – ohne zu wissen, was eigentlich das genaue Problem war – schon immer hatte der Blonde ihn auf irgendeine Art und Weise fasziniert – und Kurogane konnte nicht einmal sagen, ob das nun positiv oder negativ war.

Er.... hatte einfach das Bedürfnis, ihm... irgendwie.... zu helfen?

Er musterte nachdenklich das Haar des Magiers.

Aber... machte das Sinn?

Er wusste es nicht.

Er... wusste nur eins.

Er wollte, das dieser Kerl lebt, koste es, was es wolle.

Er sollte leben, und endlich einmal dazu in der Lage sein, für sich selbst zu leben.

Nur für sich selbst.

Denn... das war ihm bisher nicht vergönnt gewesen...

Oder sagen wir: Das hatte er sich bisher selbst nicht vergönnt.

Hrrmpf...!

Gab es denn nichts, was er tun konnte!?

Unbefriedigt mit diesem Gedankengang murrte der Ninja nur in sich hinein, und er wandte den Blick ab.

„... ohhhhhh!“, ertönte plötzlich eine tuntige Stimme, und Fye blieb stehen – das hatte Kurogane zum Glück rechtzeitig bemerkt, denn fast wäre er in ihn hineingelaufen.

Er blickte auf, und stockte, als er die Person erblickte, die direkt vor dem Magier stand, und er schluckte.
 

Ein weißer Schal, locker um den Hals gebunden, und ein ebenso weißer, künstlerischer Hut – und den Rest der Kleidung ebenfalls blau-weiß und edel anmutend gehalten.

Ein typischer Künstler, könnte man meinen, doch als er das Gesicht sah, erstarrte der Ninja, und ihm wurde schlecht.

Langes, blondes Haar, offenbar zu einem Zopf gebunden – und saphirblaue, alles durchschauende Augen.

Das... war doch nicht möglich, oder?

Dieser Mann... sah aus wie...

Instinktiv schaute er zu Fye, und dieser war – wie zu erwarten – wie erstarrt.

„Du bist aber ein Hübscher!“, kam es säuselnd über die Lippen des Mannes.

Verdammt, selbst ihre Stimmen ähnelten sich...!

„Hey, was schaust du denn so? Hab ich etwas im Gesicht?“, fragte der Fremde, und er tastete sich über die Wange.

„... nein.“, kam es plötzlich über die Lippen des Magiers, und er hatte sein Lächeln zurückgewonnen.

„Nein, tut mir Leid. Ich war nur etwas... überrascht, dass Sie mich ansprechen.“

„Hahaha, ach soooo~“, kicherte ihr Gegenüber, und Kurogane verzog nur das Gesicht.

Sie VERHIELTEN sich sogar gleich...

Er warf einen erneuten Blick zu dem Magier, und er schluckte.

Er lächelte, doch sein Auge sagte etwas ganz Anderes aus.

„Also, das hat einen bestimmten Grund. Weißt du...“, der Fremde legte den Kopf ein wenig schräg und grinste, „ich suche da jemanden für mein... Projekt, und ich glaube, du bist genau der richtige dafür!“, fuhr er fort, und er stupste dem Magier mit einem Finger gegen die Nase.

„Ich bin ein verschmähter Künstler~~“, seufzte er, und hielt theatralisch eine Hand vor seine Stirn, „... und ich will der Welt beweisen, dass ich DOCH etwas vollbringen kann. Ich habe eine Designer-Wohnung, allerdings... bräuchte ich jemanden, der sie für mich... nun, sagen wir ‚ausprobiert’.“, grinste der Fremde, und er zwinkerte Fye zu.

„Du hast einen ausgefallenen Geschmack, und das mag ich! Was hältst du davon, wenn du... diese Aufgabe übernimmst? Natürlich ist es kostenlos – es ist ja auch nur ein... ‚Versuch’.“

Je länger der Mann sprach, desto kleiner wurde der Magier – und Kurogane spürte förmlich, wie es dem Blonden zu schaffen machte, dieser Person zuzuhören.

Hrrmpf.

„Einen Moment mal.“, murrte der Ninja, während er vor Fye schritt, und den Fremden betrachtete.

„Wer bist du überhaupt? Das klingt ja alles gut und schön, aber wer sagt uns denn, dass du nicht ein Versuchskaninchen für irgendwelche... seltsamen Dinge brauchst?“, fügte er knurrend hinzu, und er musterte den Fremden misstrauisch.

Dieser klimperte nur ein paar Mal mit den Wimpern, musterte den Ninja nur für einen Moment, und lehnte sich dann leicht zur Seite.

„Sag, ist das dein Freund?“, fragte er Fye, und Kurogane knurrte vernehmlich.

„Ignorier mich nicht!“, gab er gereizt von sich, doch ehe er noch etwas sagen konnte, ertönte die Stimme des Magiers hinter ihm.

„Ja, ist er. Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich ihn gern mitnehmen... in Ihre Wohnung.“, gab er lächelnd von sich, und der Ninja starrte ihn ungläubig an.

Das..... meinte er doch nicht ernst?

„Wiiirklich? Du machst es!?“, jauchzte der Fremde. „Hyuuu! Wunderbar~“, gab er von sich, und er klatschte in die Hände.

Kuroganes Blick wanderte abwechselnd von Fye zu dem Fremden, dann schritt er dazwischen und packte den Magier am Handgelenk.

„Gib uns eine Minute.“, murrte er dem Fremden entgegen, dann zog er den Magier kurz mit sich, und blickte ihm direkt in die Augen.

„... warum? Warum hast du eingewilligt?“, fragte er den Magier leise.

„Es tut dir doch weh, ihn zu sehen, oder nicht? Dann verstehe ich nicht, wieso...“

Einen Moment lang stockte der Schwarze, dann fuhr er fort.

„... oder siehst du deinen Bruder in ihm...?“, fragte er schließlich leise, und seine Miene war ernst.
 

(wuhuuu crazy shit XD )

Fai

Fye konnte nicht leugnen, dass ihn das spielerische Geplänkel Kuroganes und Mokonas entspannte und aufheiterte.

Um sich ausreichend und so konzentriert wie möglich um die Wunde des Ninjas kümmern zu können, hatte der Magier keine Unachtsamkeit zulassen dürfen, doch nun, da er die Versorgung der Verletzung abgeschlossen hatte, war er mehr als froh über jede Ablenkung, und sei sie noch so banal.

Mokona war immer für einen Spaß gut, und ging es darum, Kurogane zu ärgern, so war sie besonders eifrig bei der Sache.

Ihm auf den Kopf springen? - Immer.

Seinen Kragen aufstülpen und mitten hinein hüpfen? - Besonders gern.

So lange strampelnd an seinem Hosenbund hängen, bis dieser der Schwerkraft nach gab und sich in Richtung Boden bewegte? - Mokonas größte Freude.

Wenn der Ninja dann noch fluchend versuchte, das kleine weiße Fellknäuel durch die Gegend zu schleudern, nur um unbefriedigt zu beobachten, wie Fye die Kleine auffing, dann quietschte das Wesen vor Vergnügen und versteckte sich mit gespielter Furcht in den Kleidern des Magiers, nur um von dort aus zu beobachten, wie sich die beiden im Anschluss darum stritten, ob Fye nun das Recht hatte, eine „Verräterin“ wie Mokona zu schützen, oder wohl eher nicht.

Diese Kleine war wahrlich ein Segen.

Nicht nur, weil sie sie von einem Ort zum anderen zu transportieren vermochte und dort obendrein die versteckten Federn zu finden in der Lage war, sondern in erster Linie deswegen, weil sie jede Stimmung, und sei sie noch so angespannt, aufzulockern wusste, und wenn sie dafür eine Tracht Prügel abbekam.
 

Nachdenklich begegnete Fye den Blicke der Menschen, durch deren strömende Massen sie sich nun wohl oder übel bewegen mussten, und bemerkte aus dem Augenwinkel, wie unangenehm es Kurogane war, so angestarrt zu werden.

Wie einen Löwen im Zirkus beobachteten sie ihn, den Mann mit dem unheimlich anmutenden Arm, dem glänzenden Schwert und den blutdurchtränkten Kleidern.

Sie musterten ihn, als sei er etwas Abstoßendes, etwas Gefährliches, das einen umbringen würde, sobald man ihm zu nahe kam, und vor allem betrachteten sie ihn mit einer Arroganz, die wirkte, als hielten sie ihn für minderwertig.

Für nicht menschlich.

Und das machte Fye wütend.

Ein gereiztes Zischen huschte zwischen seinen Lippen hindurch, als eine Frau mit ausgestrecktem Regenschirm genau auf Kurogane zeigte und mit einer anderen zu tuscheln begann.

Die sollten sich gefälligst zurück halten!

Erst die irritierten Blicke der Passanten, die sich diesmal auf Fye richteten, brachten den Magier wieder zur Ruhe.

Er sammelte sich, blickte kurz starr geradeaus, dann begann er in gewohnter Manier vor sich hin zu hüpfen und das ein oder andere Liedchen zu summen, begleitet von einem gelegentlichen „Hyuu“, das das eigentlich obligatorische Pfeifen ersetzen musste.

Er würde nicht pfeifen, er wollte es nicht.

Das hätte ihm nur wieder schmerzlich bewusst gemacht, dass er ein Magier ohne Magie war, wie ein Fisch auf dem Trockenen, ein großer Teil seiner Existenz war einfach verschwunden, aber an diesen Gedanken hatte er sich ja schon einigermaßen gewöhnt.

Alles, an das er geglaubt hatte, hatte sich in Celes in Luft aufgelöst.

Alles, auf das er gehofft hatte, war zerrissen worden.

Alles, das ihn ausgemacht hatte, war verschwunden.

Er war nurmehr eine leere Hülle, ein Körper ohne Seele – sein Bruder würde nicht ins Leben zurück kommen, nie wieder, egal, wie er es drehte und wendete.

Der Teil seiner Persönlichkeit, den er allein für den Anderen aufgebaut hatte, war nun zu Staub zerfallen und würde nicht zurück kehren.

Und er selbst?

Er war nie er selbst gewesen.

Er war Fye gewesen, hatte versucht, das Leben des Anderen zu leben, eine Identität anzunehmen, die das Wesen seines Bruders nach außen projizieren sollte, damit er immer irgendwie bei ihm und am Leben sein möge – und doch, alles nur Schall und Rauch.

Es gab nur noch einen Fye, und dieser Fye war nichts weiter als ein erbärmlicher, machtloser, gebrochener....
 

„...ohhhhhh!“, erklang plötzlich ein begeisterter Ruf, und Fye wäre beinahe über einen jungen Mann gestolpert, der genau vor seinen Füßen stehen geblieben war und den Magier so zum Stehen gebracht hatte.

Ein Blick, ein Schock, dann blieb das Herz Fyes für einen Augenblick stehen, ehe er es mit Mühe dazu bewegte, weiter zu schlagen.

Derjenige, der ihn beinahe zu Fall gebracht hatte, sah aus wie er.

Das blonde Haar fiel ihm in weichen Wellen in die tiefblauen Augen, seine Kleider waren hell und sauber, und er wirkte wie ein exzentrischer Adeliger, von oben bis unten in weiße und hellblaue Stoffe gehüllt, die seine helle Haut fast durchscheinend aussehen ließen.

„Du bist aber ein Hübscher!“, platzte der Andere heraus, als er Fyes Gesicht in Augenschein nahm, und er tätschelte dem geschockten Magier die Schulter.

Was....... er, ein Hübscher?

Aber... das war, als würde dieser Kerl sich selbst loben!

Und.......... wer war das? Warum sah er aus wie........!?
 

Noch immer nicht ganz Herr seiner Sinne, starrte Fye den Anderen an, ließ den Blick über dessen grazile Gestalt streifen, und fand kaum Unterschiede zu sich selbst.

Aber das....?
 

Den Fremden schienen die Blicke Fyes ein wenig zu verwundern, und so tastete er vorsichtig über sein eigenes Gesicht, ehe er sich erkundigte: „Hey, was schaust du denn so? Hab ich etwas im Gesicht?“

„... nein.“, erwiderte der Magier ein wenig zu schnell, fing sich aber endlich wieder und schüttelte heftig den Kopf, „Nein, tut mir Leid. Ich war nur etwas... überrascht, dass Sie mich ansprechen.“

„Hahaha, ach soooo~“, lachte der Andere amüsiert, und Fye atmete tief durch die Nase ein und aus.

Eigentlich hätte er auch gut und gern aufhören können zu atmen, doch tat ihm die kühle Luft, die durch seine Atemwege strömte, gerade viel zu gut, als dass er auf sie hätte verzichten wollen.

Was sollte das alles...?

Dieser Kerl sah aus wie er, bewegte sich wie er, klang wie er, und er....... warum musste ausgerechnet Fye ihm begegnen? Von all den Orten, an denen sie hätten landen können, mussten sie ausgerechnet in der ersten Welt absteigen, in der ein zweiter Fye herum lief.

Fye hoffte inständig, dass der Fremde ein Yuui war.

Wäre er das nämlich nicht, musste das bedeuten, dass er hier vor der erwachsenen Version seines so unwiderruflich verlorenen Bruders stand, ohne ihr für den Moment entrinnen zu können.

Der dicke Kloß, der Fyes Kehle schon seit ein paar Augenblicken verstopfte, wurde nur noch dicker, und der Magier musste all seine Selbstdisziplin aufwenden, um sein Lächeln aufrecht zu erhalten.

Verdammt.

Was wollte dieser Kerl überhaupt von ihnen?
 

„Also, das hat einen bestimmten Grund. Weißt du...“, begann der Fremde just in diesem Moment, „ich suche da jemanden für mein... Projekt, und ich glaube, du bist genau der richtige dafür!

Ich bin ein verschmähter Künstler~ ... und ich will der Welt beweisen, dass ich DOCH etwas vollbringen kann. Ich habe eine Designer-Wohnung, allerdings... bräuchte ich jemanden, der sie für mich... nun, sagen wir ‚ausprobiert’.“, kicherte der Andere, während er Fye noch einmal von oben bis unten musterte, und dem Magier wurde übel.

Wovon sprach dieser Kerl?

Ein Projekt?

Eine Designer-Wohnung?

Er sollte ein Apartment 'ausprobieren'?

„Du hast einen ausgefallenen Geschmack, und das mag ich! Was hältst du davon, wenn du... diese Aufgabe übernimmst? Natürlich ist es kostenlos – es ist ja auch nur ein... 'Versuch'.“, fuhr der Andere fort, nur um Fye frech mit einer Hand vor die Brust zu klopfen und anerkennend zu nicken.

Meinte dieser Mann das tatsächlich ernst?

Solange er diesen Kerl los wurde, war Fye gerade tatsächlich alles egal.
 

Schon wollte Fye zustimmend nicken und sein Einverständnis erklären, als sich Kurogane einmischte.

„Einen Moment mal. Wer bist du überhaupt? Das klingt ja alles gut und schön, aber wer sagt uns denn, dass du nicht ein Versuchskaninchen für irgendwelche... seltsamen Dinge brauchst?“, murrte der Ninja, während er sich vor den Magier schob, und Fye senkte dankbar den Blick.

Solange Kurogane vor ihm stand und ihn deckte, konnte er sich für einen Moment fallen lassen.

Das war ihm alles zu viel, das war nicht auszuhalten, so viele Probleme, so viel Druck, er wollte das alles nicht mehr...

Konnte nicht auch für ihn irgendwo ein Ende sein?

Musste immer dann, wenn er seine Last gerade mühsam geschultert hatte, jemand des Weges kommen, der ihm noch ein Bündel oben drauf wuchtete und damit wieder alles ins Wanken brachte?

Der Fremde blinzelte einige Male pikiert, betrachtete den blutverschmierten Ninja von oben bis unten und lehnte sich anschließend um diesen herum, um Fye verschwörerisch zuzuflüstern: „Sag, ist das dein Freund?“
 

Kuroganes Knurren erschütterte die umstehenden Menschenmengen, die sich noch immer um sie scharten und nun, da offenbar etwas vor sich ging, sogar noch zahlreicher die Ereignisse beobachteten.

„Ignorier mich nicht!“, fauchte der Schwarze erbost, doch Fye unterbrach sein wütendes Gezeter, indem er sich wieder vor ihn schob und den Ninja somit zurück drängte.

Sein Gesicht zierte ein breites Lächeln, das er dem anderen Blonden schenkte.

„Ja, ist er. Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich ihn gern mitnehmen... in Ihre Wohnung.“, erklärte der Magier höflich und knickste einmal.

„Wiiirklich? Du machst es!?“, jubelte der Fremde. „Hyuuu! Wunderbar~“

Fye nickte eifrig, und auch er 'pfiff' einmal fröhlich, als er auf einmal am Arm gepackt und von Kurogane zur Seite gezogen wurde.

„Gib uns eine Minute.“, zischte der Ninja gereizt und zerrte den Magier durch die Menschenmassen unter einen noch dicht belaubten Baum, der ihnen einen einigermaßen zuverlässigen Sichtschutz gewährte.

Bemüht, die Fassade nicht fallen zu lassen, lächelte Fye dem Anderen entgegen, fragte sich jedoch im Stillen, was der Schwarze nun von ihm wollte.

„... warum? Warum hast du eingewilligt?“, murmelte dieser leise und blickte dem Blonden eindringlich ins Gesicht.

„Es tut dir doch weh, ihn zu sehen, oder nicht? Dann verstehe ich nicht, wieso... ... oder siehst du deinen Bruder in ihm...?“, schlussfolgerte Kurogane plötzlich, und der Magier erstarrte.

Fye wandte den Blick ab, sein Lächeln wurde steif und der Ausdruck seines Auges kalt wie der Wind, der ihnen um die Leiber fegte.

Blicklos starrte er in die Schatten des Parks, der sich nur wenige Meter entfernt erstreckte, und biss die Zähne aufeinander.

Ausdruckslos lächelnd, schüttelte er den Kopf.
 

„Du musst dich ausruhen. Wir brauchen einen Platz, an dem wir vorerst schlafen und essen können, einen Ort, an dem du dich erholen kannst. Du bist verletzt, und dein linker Arm schmerzt ebenfalls. Es ist die beste Option, die wir gerade haben.“, erklärte er ruhig, jedoch ohne Intonation in der Stimme, und er erschrak beinahe selbst darüber, wie leblos er klang.

Kurogane fauchte einmal genervt, als er diese Erläuterung des Blonden hörte; er war scheinbar nicht im Geringsten einverstanden, doch Fye setzte sich bereits wieder in Bewegung, um dem Fremden seine Zusage zu erteilen.

Einen Moment lang streiften Kuroganes Finger den Arm des Magiers, dann aber fühlte er, wie der Andere die Hand sinken ließ und resigniert hinterher trottete, und so trat Fye wieder zwischen die Menschen, um zu dem anderen Blonden hindurch zu dringen.

Er fand ihn schnell und mühelos und legte ein perfektes Lächeln an den Tag, während er ihm um den Hals fiel.

„Ich danke Ihnen für dieses Angebot, wir nehmen es liebend gern an! Hyuuu~“, flötete er gekonnt.

Kuroganes säuerliche Miene am Rande ignorierte Fye ganz bewusst, und als der Fremde seine Hand ergriff und ihn mit sich zog, widerstand Fye dem Drang, ihn abzuschütteln.

Keine Fehler jetzt.

Dieser Kerl war, wer auch immer er im Endeffekt sein mochte, ihre Freikarte zu einem Bett, einer Dusche und vielleicht sogar einem gefüllten Kühlschrank, und obwohl Fye so etwas wie ein schlechtes Gewissen verspürte, den Mann so auszunutzen, so konnte er sich doch im Augenblick keine unkontrollierten Emotionen leisten.

Zu viel Druck lag auf ihm, zu viel Last hatte er zu tragen, als dass er sich eine Schwäche leisten durfte.

Es war nicht absehbar, was alles über ihn herein brechen würde, wenn er sich auch nur einen kleinen Ausrutscher leistete.
 

Die ungeduldig hinterdrein trabenden Schritte Kuroganes im Rücken, folgte Fye dem Fremden durch den halben Bezirk, durch eine Unterführung und über eine Brücke, eine Fußgängerzone entlang und durch den dahin schleichenden Verkehr, bis er sie schließlich in einen geschmackvoll bepflanzten Hinterhof führte, in dessen Mitte ein gigantischer Springbrunnen sein Wasser in kunstvollen Fontänen aus spie und dabei obendrein die Büsche rundum zu wässern schien.

Fye verharrte, gespielt beeindruckt, und musterte das Schauspiel für einen Moment, ehe er dem anderen Blonden bedeutete, sie doch nun nach drinnen zu führen, während er Kuroganes missmutige Blicke, die stets auf seinem Gesicht ruhten, ignorierte.

Darauf bedacht, seine Maske aufrecht zu erhalten, folgte er dem Fremden durch ein gigantisches Treppenhaus bis in den ersten Stock eines stilvoll dekorierten und mit Stuck verzierten weißen Wohnhauses, ununterbrochen lächelnd und fröhlich nickend, wann immer der Andere ihn ansprach.

Unleugnbar neugierig und ausnahmsweise ehrlich interessiert, beobachteten sowohl Kurogane als auch Fye, wie der andere Blonde die Tür auf schloss und in einen hellen, von Zimmerpalmen eingerahmten Flur eintrat.

Mit aufmerksamen Blicken und vorsichtigen Schritten, um auf dem birkenfarbenen Parkett keinen Lärm zu machen, folgten die beiden dem Fremden und sahen sich eingehend um.

Ein geräumiger Flur, ganz in cremeweiß und terrakottafarben gestrichen, mit schlichten, aber geschmackvollen Gemälden an den Wänden, die offenbar eindrucksvolle Bauwerke zeigten, führte in eine sehr helle Küche mit einer verglasten Fensterfront, helles Holz und weitere cremeweiße Bauelemente rundeten auch hier die freundliche Einrichtung ab.

Eine weitere Tür am anderen Ende des Flurs stand weit offen und gewährte den Blick in ein riesiges Schlafzimmer, Mitternachtsblau und weitere cremeweiße Wände vervollständigten scheinbar auch dort das Farbenspiel.

Der Blonde führte sie eine blank polierte Holztreppe hinunter in das in den gleichen Farben gestaltete Erdgeschoss, auch hier bestimmten Cremeweiß, Terrakotta und Mitternachtsblau in einzelnen Bereichen des Wohnzimmers die Farbwahl, und alles wirkte sehr heimelig und gemütlich, wenngleich ausgesprochen geschmackvoll.
 

Fye war erstaunt.

Bei der Erwähnung einer 'Designerwohnung' hatte er mit dem Schlimmsten gerechnet, am ehesten noch mit goldenem Stuck überall und Kristallglas in hell erleuchteten Vitrinen, oder mit grellbunten Gemälden an den Wänden, aber sicher nicht hiermit.

Nicht übel.

Einen Augenblick lang war der Magier drauf und dran, sich auf eine mitternachtsblauen Couch mit kuschelig aussehenden cremeweißen Kissen fallen zu lassen, überlegte es sich allerdings doch kurzerhand anders und blieb, wo er war.

Ein vergnügtes Kichern an seiner Seite ließ ihn neben sich schauen, und augenblicklich erstarrte er wieder.

Das fein geschnittene Gesicht des fremden Blonden war zu einem gut gelaunten Lachen verzogen, und er musterte ihn offenbar sehr intensiv.

Puhh, was wollte der Kerl nun wieder?

„Du siehst aus, als würde es dir gefallen, hyuuuu!“, frohlockte der Andere, und Fye lächelte zurückhaltend.

„Ja, es sieht... nett aus.“

Der Fremde nickte erfreut, warf Kurogane einen kurzen Blick zu, entschied aber wohl recht rasch, dass der Kontakt zu diesem nicht unbedingt jene Beziehung war, die er gerade wünschte, und drückte einen silbernen Schlüssel in Fyes linke Hand.

„Ich werde euch vorerst allein lassen, vermutlich komme ich morgen vorbei. Richtet euch ein bisschen ein, macht es euch gemütlich, und.....“, der Blonde warf einen weiteren Blick über die Schulter zu dem vor sich hin murrenden Ninja, „....erholt euch ein wenig. Ihr scheint beide ein paar Kratzer abbekommen zu haben.“, fuhr er fort und nickte angedeutet zu der verborgenen leeren Augenhöhle des Magiers herüber.
 

Fye lachte verlegen, er fühlte, dass seine Schmerzkapazität für heute erreicht war, und war mehr als dankbar über die Neuigkeit, dass der Fremde sich nun zurück ziehen würde.

Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen begleitete er den noch so fremden Vermieter zur Tür und winkte ihm fröhlich, als der Blonde sich durch das Treppenhaus nach unten entfernte.
 

Kaum schloss sich die Tür hinter ihm, sank Fye an ihr herab und legte das Gesicht in beide Hände.

„Das... kann doch alles...... ich.... haha, das ist so absurd...“, lachte er bitter in sich hinein, und entgegen seiner Bemühungen spürte er, wie seine Barrieren für einen Moment brachen.

Ein leises Räuspern über ihm brachte den Magier in Sekundenbruchteilen auf die Beine, seine Miene war glatt, sein Blick eisern.

Verdammt.

Hatte Kurogane ihn gesehen?

Zumindest stand der Ninja mit nachdenklich schief gelegtem Kopf vor ihm im Türrahmen zur Küche und beobachtete ihn eingehend.

Fye lächelte entschuldigend, er strich sich eine lose Haarsträhne aus dem rechten Auge und streifte einige andere über seine linke Gesichtshälfte.
 

„Kuro-Pyou, es wird Zeit, dass du ein bisschen Ruhe bekommst!“, schmunzelte er, legte eine Hand flach auf den Rücken des Schwarzhaarigen, um ihm nicht weh zu tun, und schob ihn in Richtung Schlafzimmer.

Dort ließ er ihn kurz zurück, um sich eine Schüssel mit warmem Wasser zu holen, und brachte neue Bandagen und Wundverbände aus dem Bad mit.

Ohne viele Worte, streifte er dem Anderen die Kleider ab und half ihm durch die Ärmel, anschließend wusch er ihn gewissenhaft, um die letzten Spuren des viel zu gut duftenden Blutes zu beseitigen, und versorgte die Schussverletzung erneut mit sauberen Bandagen.

Kurogane murrte stetig vor sich hin, ließ ihn jedoch gewähren, und so fuhr Fye mit seiner Arbeit fort, bis die Wunde ausreichend versorgt war.

Hilfsbereit hielt er dem Anderen die Bettdecke hoch, damit dieser darunter würde schlüpfen können, und musterte den Ninja aufmerksam, während dieser ihm entgegen starrte.
 

(......... wow, ich liebe Scheißposts, vor allem, wenns meine sind. Aber immerhin, hier ist endlich wieder einer.)



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-10-13T09:19:11+00:00 13.10.2009 11:19
Hab ich das Kapi gestern abend vor lauter Müdigkeit doch glatt übersehen oO" *schäm*
Fye macht sich's aber auch nicht leicht oô Obwohl ich ja verstehen kann, dass er dringend einen Ort zum Ausruhen finden wollte.
Was ich richtig lustig fand war der Anfang mit der Aufzählung von Mokonas Lieblingsbeschäftigungen XDD
Die habt ihr sehr gut auf den Punkt gebracht XDD
Und ganz ehrlich: Bei 'Designerwohnung' hab ich auch erst mal ans Schlimmste gedacht, allerdings eher in Richtung von 'hochmoderner Klotz in schrecklichen Farben in dem man für jeden Mist irgendein Knöpchen drücken muss' >_____>
Die Wohnung jedoch hört sich ganz gemütlich an^^

Grüssle, Puffie~
(bis gestern noch Lauser^^)
Von:  Fye
2009-09-28T18:56:25+00:00 28.09.2009 20:56
Hi^^
Schöne FF! Gefällt mir sehr, auch wenn es Anfangs noch sehr am Manga entlang gehangelt ist, aber das hat sich ja ziemlich schnell geändert^^
Bin jedenfalls gespannt was jetzt weiter passiert. Kuro-chan verletzt und jetzt noch Fye oder Yuui... Je nachdem. Jedenfalls kann unser Fye einem schon Leid tun o_O
Aber jetzt heißt es abwarten... *lach*
Freue mich schon aufs nächste chap~
Gruß, Fye
Von: abgemeldet
2009-09-26T15:40:12+00:00 26.09.2009 17:40
Aber lustiger 'crazy shit' XDD
Wenn sie die Wohnung tatsächlich annehmen (was ich jetzt einfach mal voraussetze; wo bliebe sonst der Spaß? XD), bin ich gespannt wie Kuroganes Nervenkostüm das auf Dauer durchhält XP Er ist ja momentan schon geladen wie ein gezündeter Knallfrosch >.<
Auch wenn's für Fye sicherlich hart wird Oo Denn selbst wenn dieser Fye oder Yuui dann so etwas wie den Ersatz für seinen Fye darstellt, ist er eben nicht sein Fye...

Nyaa, wir werden sehen^^
Ihr müsst die Kapi-Überschrift korrigieren, da haben sich die Buchstaben ganz frech vertauscht =)

Grüssle, Lauser
Von: abgemeldet
2009-09-25T18:50:58+00:00 25.09.2009 20:50
Schade, doch kein Bonzenauto XDD
Aber die Polizei in der Welt is ja mal richtig übel überspannt O___o"
Also wenn die bei jeder Kleinigkeit schon so ausrastet, kann das ja noch ne lustige Zeit für die Drei werden...
Liegt das Zeug aus der Apotheke eigentlich noch im Park rum oder hat Fye das mitgenommen? Brauchen könnt er's auf alle Fälle noch mal^^
Das Fye sich aber grade ständig solche Vorwürfe macht...wird mal Zeit, dass Kurogane ihn zurechtweist ^.~

Grüssle, Lauser
Von: abgemeldet
2009-09-25T13:48:16+00:00 25.09.2009 15:48
Noch weniger spektakulär ging's nicht, ne~? *lach*
Aber der Polizist war ein Trottel oô Wer soll ihn bei dem Gestotter denn bitteschön ernst nehmen?
Aber das Kurogane auch so respektlos sein muss...XDD
Abgesehen davon: Was hat Fye angestellt, dass er von der Polizei verfolgt wird? Isser genau auf's Dach von ner Nobelkarosse von so nem fetten Bonzen gefallen? >.<
Darauf bin ich jetzt wirklich neugierig :)

Und weil's so schön ist noch ein kleines Rechtschreibfehlerchen: 'Kurogane zog Fye mit sich', nicht 'log'^^

Grüssle, Lauser
Von: abgemeldet
2009-09-16T20:01:05+00:00 16.09.2009 22:01
Hyuuuu~
Na dass nenn ich doch mal ne interessante Wendung! XDD
Jetzt geht's dann also los?
Ich bin gespannt! ^.~
Was ich toll fand, war, wie sich Fye anfangs so über Kurogane aufgeregt hat *lach* Da hat man sogar fast vergessen können, dass man sich immer noch in der 'originalen' Handlung vom Manga befindet^^

Grüssle, Lauser
Von: abgemeldet
2009-09-16T19:48:27+00:00 16.09.2009 21:48
Geschrieben ist es gut, auch wenn es streng genommen nur eine Nacherzählung von ein paar Kapis des Mangas ist.
Deswegen werd ich hier jetzt auch nix zur Handlung sagen, da diese ja bereits bekannt ist.
Allerdings gab es einen Satz, den Kurogane nur denkt und es war im ersten Moment ein wenig irritierend, als da plötzlich 'mein' stand - kennzeichnet direkte Gedanken am Besten z.B durch * oder ° an beiden Enden oder schreibt es kursiv^^ Das macht die Sache einfacher XD

Ansonsten hört sich die kurze Inhaltsangabe zur FF schon mal sehr vielversprechend an, weswegen ich auch erst mal am Ball bleiben werde :)

Grüssle, Lauser


Zurück