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Die letzten Tage

Aus den Memoiren der Schüler Ansems des Weisen
von

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Zögern bedeutet Versagen

Das erste Kapitel ist eigentlich nicht viel mehr als ein Prolog, aber halt doch nicht vollständig, deswegen bezeichne ich es nicht als solchen.

Die Szene spielt in Dilans Raum, spätabends, nach der Arbeit.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen! ^^
 

Zögern bedeutet Versagen
 

Es war dunkel im Zimmer, als er die Tür schloss. Dilan seufzte, öffnete den Laborkittel und schlüpfte aus dem Kleidungsstück heraus. Er wollte nur noch schlafen, der Tag war anstrengend gewesen. Ansem hatte seine Schüler angewiesen, sämtliche Dokumente bezüglich seiner Forschung zum menschlichen Herzen zu katalogisieren – keine leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass der Weise schon seit Jahren daran arbeitete und das große Labor einer Papierwüste glich, in dem sich die Zettel, Notizen und ernsthaften Aufzeichnungen stapelten oder wild durcheinander verteilt lagen.

Langsam streifte er die Schuhe ab, strich sich das lange dunkle Haar zurück und öffnete langsam Krawatte und Hemd. Er hätte das Licht anschalten können, aber seine Augen schmerzten und er hatte ohnehin nicht vor, seinen Raum heute noch einmal zu verlassen. Er konnte sich genauso gut im Dunkeln umziehen und ins Bett fallen.

„Ich wusste, du würdest erst kommen, wenn nur noch Even und du im Labor wärt.“ Dilan erstarrte. Wie in Zeitlupe wandte er sich zum Bett um. Er hörte, wie sich jemand von seiner Schlafstätte erhob und auf ihn zukam. Hellbraune Augen schimmerten ihm aus der Düsternis entgegen, leuchtend in einem der wenigen Strahlen des Mondlichts, das durch halb geschlossene Jalousien fiel. „Braig. Was willst du?“, fragte er resigniert. Nicht, dass er Lust gehabt hätte, sich jetzt mit irgendjemandem zu unterhalten, er war müde wie ein Stein. Der Andere kam näher, lächelnd, die Augen blitzend. „Aeleus wird’s dir übel nehmen, dass du seine Theorie außer Kraft gesetzt hast.“

Dilan schüttelte müde den Kopf. „Er widerspricht physikalischen Gesetzen mit seinen Annahmen. Wenn er das Ansem zeigt, lacht der sich doch tot über so viel Unverstand!“ Braig kicherte, zwirbelte gedankenverloren an den Spitzen seiner Haare. „Schon – und Even gleich mit. So viel Engagement ist zwar löblich, aber man sollte vielleicht auch mitdenken, bevor man so haarsträubende Theorien aufstellt.“

Dilan seufzte. „Braig, hör zu, ich bin müde. Ich will schlafen. Morgen...“

„Ich weiß. Amelia. Aber trotzdem, es gibt etwas, worüber ich mit dir reden möchte. Dilan, du musst dich in Acht nehmen! Amelias Einfluss tut dir nicht gut! Sie lenkt dich von den wesentlichen Dingen ab. Denk an unsere Forschung...“ „Genug!“ Dilans Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. „Amelia ist meine Verlobte! Glaubst du nicht auch, dass sie nur mein Bestes im Sinn hat, wenn sie Ansems Forschung kritisiert?“, fuhr er auf. Doch Braig lächelte nur. „Eben das meine ich. Ansems Forschungen über die Dunkelheit des menschlichen Herzens sind ein Vorstoß in unbekanntes Terrain. Diese Frau will dich davon abhalten, Teil dieser Forschung – und ihren Ergebnissen – zu sein! Wir werden berühmt werden!“ Seine Stimme steigerte sich, wurde enthusiastischer. „Aber du lässt dich von dieser – verzeih meine groben Worte – unverständigen Gans beeinflussen! Dilan, du bist einer von uns, einer der Schüler des legendären Ansem des Weisen! Du hast zu viel Verstand, als dass du auf ihr dummes Geschwätz hören solltest!“

Er sah zu Dilan hinüber, der die Stirn gerunzelt hatte und aussah, als würde er jeden Moment explodieren. Jedenfalls fühlte er sich so. Braig grinste und fuhr sich durch das pechschwarze Haar.

„Übrigens: Ansem denkt daran, zurückzustecken. Ienzo konnte das Schlimmste noch einmal abwenden, aber die Schlinge zieht sich zu. Wir sollten uns beeilen, ehe unser intelligenter, aber feiger Meister vollkommen den Mut verliert.“

„Vielleicht wäre das besser...“, sinnierte Dilan leise, doch Braig fuhr dazwischen: „Unsinn! Das ist kompletter Unsinn!“ Er leckte sich gierig mit der Zunge über die Lippen. „Xehanort hat eine neue Theorie aufgestellt. Ich habe sie bereits gesehen – sie ist genial. Even prüft sie gerade, aber er hat noch nichts gefunden, was sie außer Kraft setzen könnte. Vielleicht schaffen wir endlich den Durchbruch und es gelingt uns, ein Herz zu extrahieren!“

Dilan seufzte erneut, schüttelte den Kopf. Jetzt! Um diese Uhrzeit! Es war bereits weit nach Mitternacht! Aber er wusste, wenn sich Even einmal an einer Theorie festgebissen hatte, ließ er nicht locker, solange bis er sie entweder widerlegt hatte oder schlicht und einfach über den Berechnungen einschlief. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Even in der Früh im Labor fanden, den Kopf auf einen Stapel Papier gebettet und den Stift noch in der Hand. Oder noch müde an irgendeiner Berechnung herumkritzelnd, die er in ausgeschlafenem Zustand erneut überprüfen würde. Der Forscher hatte die Ausdauer eines Bluthundes, wenn es um seine Interessen ging...

„Ist ja alles schön und gut, aber wenn selbst Ansem sagt, dass wir es vielleicht besser lassen sollten, wäre es dann nicht klüger, wenn wir uns mit ihm absprechen?“, unternahm er einen weiteren Vorstoß in Richtung Vorsicht.

„Dilan, du Feigling! Dieser alte Narr hat das Nervenflattern! Wir sind zu sechst, und auch nicht gerade dumm; warum sollte er mehr sehen können als wir?“ „Haben wir uns jetzt schon gegen ihn verbündet, Braig? Siehst du eigentlich, wohin das führt? Wir intrigieren gegen unseren Meister!“, wehrte sich Dilan entsetzt. Der Andere trat einen Schritt vor, packte Dilan grob an der Schulter. „Komm schon! Es ist zum Besten von uns allen! Auch Ansem wird davon profitieren, glaub mir!“

Dilan riss sich los. „Fass mich nicht an! Ich entscheide selbst, wie ich handle! Braig, bitte!“ Das Gesicht seines Freundes wurde unerbittlich und Dilan fügte etwas leiser hinzu: „Gib mir noch Zeit! Ich werde darüber nachdenken, wie ich euch weiter unterstützen kann, versprochen! Aber ich kann dir nicht einfach jetzt zusagen, ich muss alles erst einmal verarbeiten!“

Sein Gegenüber schwieg, seufzte schließlich: „In Ordnung. Aber lass dir nicht zu lange Zeit, denn dann könnte es bereits zu spät sein. Wir werden auf niemanden warten. Auch nicht auf dich.“

Noch ehe Dilan realisierte, was geschah, war Braig einen weiteren Schritt vorgetreten, seine Arme legten sich um Dilans Taille, federleicht legten sich Braigs Lippen auf die seinen. Doch ehe er etwas tun konnte, hatte ihn der schlanke Mann bereits wieder losgelassen und verschwand mit einem „Gute Nacht, Dilan!“ aus dem Zimmer. Dilan blieb zurück, wie zur Salzsäule erstarrt, noch gar nicht begreifend, was Braig gerade eben getan hatte.

Dann traf ihn die Erkenntnis. Er hob die beringte Rechte zum Mund, berührte ihn, wo Braigs Lippen die seinen gestreift hatten. Die Haut fühlte sich dort, wo der Andere ihn berührt hatte, unnatürlich empfindsam an. Dilan erschauerte. Was, bei allen möglichen und unmöglichen Thesen Ansems des Weisen, hatte Braig beabsichtigt?

Weder Braig, noch Dilan selbst hatten je Interesse am eigenen Geschlecht gezeigt, Dilan war sogar verlobt! Nein, dies war kein Akt der Liebe gewesen, sondern vielmehr ein Zeichen, eine Warnung. Wie hatte Braig gesagt? Es könnte zu spät sein? Ein zweiter Schauer jagte über Dilans Rücken. Was in aller Welt ging hier nur vor?

Überzeugungsarbeit

So, das ist der zweite Teil. Sorry, dass ich mir schon wieder ewig Zeit gelassen hab, das war eigentlich nicht nötig... *schämt sich* ach ja, falls euch Fehler auffallen, zögert nicht, mich darauf hinzuweisen, dann bessere ich sie aus. Auch wenn ich versuche, möglichst alles gleich richtig hinzuschreiben, manchmal überseh ich Tippfehler. ^^'

und jetzt viel Spaß mit dem zweiten Kapitel!
 

Überzeugungsarbeit
 

„Dilan, bitte! Wir brauchen dich!“ Ienzos helle Stimme klang flehend. „Du bist der Einzige, der das Gerät bauen kann, ohne dass es uns beim ersten Test um die Ohren fliegt!“ Dilan wandte sich ab und schnaubte: „Unsinn! Even und Aeleus können es auch! Selbst Braig, wenn er sich mal konzentrieren würde.“ Für ihn war das Thema erledigt. Er hatte beschlossen, dass er sich nicht mehr an den weiteren Forschungen beteiligen würde, die Gefahr eines Unfalls war einfach zu groß.

„Nein!“ Ienzo klang fast verzweifelt. „Jetzt, da wir Ansems Unterstützung verloren haben, bist du der einzige, der noch über das nötige Feingefühl verfügt, um ein so sensibles Gerät zu bauen! Even kann es sich zwar ausdenken, genau wie Xehanort und ich, Aeleus und Braig könnten ein Modell bauen, aber die Feinheiten bekommt keiner so präzise hin wie du!“

Dilan schüttelte den Kopf. „Mach dich nicht lächerlich, Ienzo, dafür bist selbst du zu alt.“ Der Jüngere fauchte: „Du kippst das gesamte Projekt mit deiner Weigerung, uns zu helfen! Du machst die Arbeit von unzähligen Stunden bedeutungslos! Und das alles nur, weil du auf das feige Geschwätz eines unverständigen Mädchens und eines Tattergreises hörst! Komm schon, ich weiß, dass du nicht so dumm bist, wie du dich gerade eben aufführst! Du hast die Theorie gelesen, du hast sie geprüft und keinen Fehler an ihr gefunden! Wo liegt das Problem?“

Dilan fuhr auf: „Ansem wird nicht ohne Grund verboten haben, was wir tun! Was, wenn es eine höhere Wahrheit hinter dem Offensichtlichen gibt? Die wir in unserer Beschränktheit gar nicht sehen können? Ich sage, wir sollten es lassen!“ Es schmerzte, wie sie alle Amelia und ihre Eingebungen herabwürdigten. Keiner von ihnen traute ihrer Intuition, mit der sie Dilan von diesem Weg abzubringen versucht hatte.

Ienzo ballte in hilfloser Wut die Fäuste. „Du musst ja nicht am Experiment selbst teilnehmen, wenn du dich so sträubst! Bau uns nur die Maschine! Das ist alles was wir brauchen! Dilan!“

Da war sie wieder, die berüchtigte Beharrlichkeit Ienzos! Dilan fluchte stumm, während der jüngere Forscher seine Argumente weiter ausführte. Ansem hatte von Gefahren gesprochen, Gefahren, die über jegliches Begreifen hinausgingen. Und seine Mitschüler wollten diese Warnung einfach in den Wind schlagen!

Aber andererseits... er hatte Xehanorts These gelesen. Dilan musste zugeben, der Mann war genial. Auch er selbst hatte sie nachgeprüft und keinen Makel an ihr gefunden. Was, wenn er ihren Meister übertroffen hatte? Es wäre sicher faszinierend, etwas zu wagen, an das sich nicht einmal der große Ansem der Weise herantraute! Wenn sie genügend Vorsicht walten ließen und kein Risiko eingingen, gab es doch bestimmt einen Weg...?

„Lass mich erst mit Xehanort und Even sprechen, ja?“, würgte er Ienzos Wortschwall grob ab. Die Augen des Jüngsten begannen gefährlich zu glitzern. „Natürlich. Sie sind im Hauptlabor, alle beide. Soll ich mitkommen?“ Dilan gab ein unmotiviertes Grollen von sich, das sowohl ja als auch nein bedeuten konnte und Ienzo kicherte, ehe er dem größeren Forscher zurück zum Labor folgte.
 

„Natürlich passen wir bestmöglich auf! Für wie dämlich hältst du uns?“, fauchte Even und warf energisch sein blondes Haar über die Schulter zurück auf den Rücken. „Wir gehen kein größeres Risiko ein als unbedingt notwendig – und Ansem wird davon garantiert nichts mitbekommen!“ Seine grünen Augen blitzten zornig. Offenbar war allein der Verdacht, sie könnten etwas tun, was Gefahren barg verpönt. Dilan zögerte und Xehanort ergriff das Wort, als der Weißblonde bemerkte, dass ihm Dilans verhaltene Aufmerksamkeit zu entgleiten drohte. „Even... wir können nicht unbedingt ausschließen, dass er nichts mitbekommt, aber wenn, wird es bereits zu spät sein, um uns noch aufzuhalten.

Dann werden wir diejenigen sein, die die Ehre einstreichen! Und wir können endlich aus Ansems Schatten treten!“ Xehanorts enthusiastische Worte ließen Dilan innerlich schaudern. Sicher, der Mann war auf seine Art ebenso brillant wie ihr Meister, aber sein Selbstvertrauen war einfach zu groß.

„Wie gesagt. Alles, was wir von dir wollen ist, dass du uns die Maschine zur Extrahierung des Herzens baust, Dilan. Wirst du uns diesen Gefallen tun? Für unsere Forschung?“ Evens Stimme klang beinahe flehend. Seine strahlenden Augen fixierten Dilan, der seufzend nickte. „Also gut. Ich bin zwar alles andere als überzeugt, aber man sagt auch: wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Sollte ich allerdings den Eindruck haben, dass wir der Sache nicht mehr gewachsen sind, wird Ansem davon erfahren. Ist das klar?“

Even nickte eifrig – ganz der Wissenschaftler, der sich für seine Forschung verzehrte – während Xehanort aussah, als habe man einen Eimer Eiswasser über ihm ausgeschüttet. Ihm ging es um mehr als um die bloße Forschung, wurde Dilan mit einem Mal klar. Dem Weißblonden ging es darum, Ansem ein für alle Mal in die Schranken zu weisen. Allein der Gedanke daran, ihr Meister könnte auftauchen und ihre Forschungsergebnisse zunichte machen, schien ihm unerträglich zu sein. Dilan lächelte still. Er hatte etwas gegen Xehanort in der Hand, falls es sein musste. Dennoch, er fühlte sich, als schlage eine finstere Woge über ihnen allen zusammen. Er hoffte nur, dass ihm seine Eingebung diesmal einen Streich spielte und nicht, wie so oft, die Wahrheit voraussagte.

Als er den Raum verließ und ins Labor zurückkehren wollte, folgte ihm Even. „Dilan, warte!“

Der Dunkelhaarige wartete geduldig, bis der Blonde ihn eingeholt hatte. Even schob seine randlose Brille nach oben und sah Dilan direkt an. „Danke. Ich bin froh, dass du dich doch noch entschlossen hast, uns zu helfen.“ Dilan schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich von der Richtigkeit dieses Tuns voll überzeugt wäre – ich bin einfach neugierig. Tu mir nur den Gefallen und fall nicht auf die Nase in dem Bemühen, Ansem zu übertreffen!“

Even kicherte. „Oh, ich bezweifle, dass das passiert. Xehanorts These ist hieb- und stichfest. Mit dem Gerät können wir endlich zeigen, was in uns steckt! Mach dir keine Sorgen, Dilan. Wir haben das unter Kontrolle!“

Mit diesen Worten ging er seiner Wege und ließ Dilan zurück, noch unsicherer als zuvor.

Entschlusskraft

Der dritte Teil. Langsam zieht sich die Schlinge zu. In jedem Fall gehts jetzt weiter vorwärts. ^^ Viel Spaß beim Lesen!
 

Entschlusskraft
 

Das Quietschen der Tür ließ Dilan heftig zusammenfahren, so heftig, dass er um ein Haar das Werkzeug hätte fallen lassen. Aeleus betrat die kleine Kammer, in der die Wissenschaftler ihr Experiment starten wollten und ließ sich gegenüber von Dilan am Tisch nieder.

„Mach das ja nicht noch einmal! Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“, schimpfte Dilan und schwenkte drohend den Schraubenzieher, mit dem er gearbeitet hatte. Aeleus grinste und ließ seinen Blick über das ausgebreitete Werkzeug, die Skizzen und Berechnungen, sowie die Materialien und den kleinen Kern der Maschine, an dem Dilan gerade arbeitete, schweifen.

„Ich muss zugeben, so viel Feingefühl habe ich nicht. Es war gut, dass Ienzo, Even und Xehanort dich endlich überzeugt haben, mitzumachen.“

Dilan zog eine winzige Schraube fest, dann richtete er sich auf und strich sich das lange Haar zurück auf den Rücken. „Nicht überzeugt. Überredet trifft es besser.“ Er griff nach den hauchfeinen Drähten neben sich und nach mehreren kleinen Zangen, warf einen sichernden Blick auf die Skizze mit der Tabelle daneben, dann begann er, die winzigen Materialien in die Maschine einzubauen. Als er dann zum Lötkolben griff, meinte Aeleus leise: „Dilan, wenn das schiefgeht... du weißt, wen sie verantwortlich machen werden?“ „Wenn sie dann nichts besseres zu tun haben – ich habe sie gewarnt, ihnen sogar gesagt, dass Andere es besser könnten als ich. Was kann ich mehr tun?“Dilan sah nicht einmal auf, sondern blieb konzentriert bei der Sache. Aeleus zögerte, fuhr sich durch das weiche, lockige braune Haar, dann meinte er: „Ich will nicht, dass du den Preis zahlst, wenn die Sache aus dem Ruder läuft. Du warst dagegen und bist – wie du gesagt hast – überredet worden.“

Dilan sah auf, Ungeduld spiegelte sich in seinen dunklen violetten Augen. „Worauf willst du hinaus? Aeleus, ich arbeite, falls dir das entgangen ist!“

„Ich... ich weiß. Ich wollte nur sagen... bleib weg vom Labor, wenn wir das Ding testen. Ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl bei der Sache!“ Aeleus fuhr sich nachdenklich über den Bart, seufzte. „Ich will nicht, dass etwas schlimmes passiert, Dilan! Es ist besser, vorsichtig zu sein, meinst du nicht?“

„Was soll schon passieren? Wir versuchen doch nur, das Herz eines Menschen zu extrahieren, das Sichtbare zu dokumentieren und es dann wieder zurückzupacken. Habe ich das richtig verstanden? Wo liegt, wenn ja, das Problem?“ Aeleus nickte widerwillig und seufzte: „Ja, aber nicht einmal Xehanort kann sagen, wie wir uns anstellen werden – und Even kann nicht garantieren, dass alles auch wirklich glatt läuft. Versteh mich doch, ich will dafür sorgen, dass sie dich nicht zum Sündenbock für etwas machen können, das sie selbst herbeigeführt haben!“

„Aeleus.“ Dilan sah seinem Gegenüber in die sanften dunkelblauen Augen. „Ich werde nicht kuschen gegenüber den Anderen. Weder vor Xehanort, noch vor Braig, nicht vor Even, dir oder Ienzo.“ Stählerne Härte klang aus der Stimme des Dunkelhaarigen, als er fortfuhr: „Ich mag nicht für das Experiment sein, aber ich bin Teil dieser Gruppe. Man hat mich gefragt, ob ich eine verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen will. Das ist für mich genug, um meinen eigenen Wert einschätzen zu können. Ich werde nicht zurückstecken. Egal, wie sehr du mich darum bittest. Und das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit!“ Nicht, dass er sich so sicher fühlte, wie er zu sein vorgab. Dilan hatte schreckliche Angst. Nicht vor den anderen Schülern Ansems des Weisen, aber davor, zu versagen. Sie alle damit in Gefahr zu bringen.

Aeleus, der die Unsicherheit seines Gegenübers nicht bemerkt zu haben schien, neigte den Kopf, das weiche Haar fiel ihm in die Stirn und er sagte: „Ich akzeptiere deine Entscheidung. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass du dich anders entschieden hättest. Mach deine Sache gut, mein Freund!“ Er erhob sich, nickte Dilan noch einmal kurz zu, ehe er leise den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss.

Als seine Schritte verklungen waren, seufzte Dilan tief. Also hatte auch Aeleus Bedenken, was die Sache anging. Mehr denn je wünschte er sich eine Eingebung, was er jetzt tun sollte.

Wenn er jetzt Ansem informierte, der das Projekt auf der Stelle kippen sollte, würde Xehanort ihm die Haut in Streifen vom Leib schälen; er hatte einfach nicht genug Beweise, um darlegen zu können, dass das Projekt aus dem Ruder lief. Aber wenn er zu lange wartete und aus dem Experiment eine ausgewachsene Katastrophe wurde – und manchmal war sich Dilan dessen unangenehm sicher, außerdem hatte Ansem das bei mehr als einer Gelegenheit prophezeit – lief er selbst Gefahr, Schaden zu nehmen, ebenso wie die anderen Schüler, die scheinbar keinen Gedanken an eventuelle Probleme verschwendeten.

Er sah hinab auf die kleine Maschine, die er zu bauen begonnen hatte. Mit ihr stand und fiel alles. Er hielt den Schlüssel zum Projekt in der Hand, denn nur er war in der Lage, das Gerät präzise zu bauen und nicht aufgrund von Schusseligkeit oder Unvermögen Fehler ins Konzept zu bringen. Er könnte... Aber er hatte sein Wort gegeben, Xehanort zu helfen – und Dilan war kein Mann, der sein Wort leichtfertig brach.

Nein, er würde weitermachen. Er würde dem Experiment beiwohnen, um, wenn nötig, einschreiten zu können und sich und die Anderen vor Unheil zu bewahren. Irgendwie sollte ihm das schon möglich sein, hoffte er inständig. Er beugte sich wieder zu dem Maschinenkern hinab, begann wieder zu arbeiten.

Zögern würde ihn nur unsicher werden lassen. Er fasste sich ein Herz und sah erneut sichernd auf die Tabelle neben der Skizze, ehe er die Werkzeuge ansetzte. Wenn er zauderte, wurde er unaufmerksam – und Unaufmerksamkeit führte unweigerlich zu Fehlern. Er musste seine Arbeit routiniert zu Ende bringen, um niemanden gleich von Beginn an zu gefährden – und er durfte keinen Gedanken an die Folgen seines Handelns verschwenden!

Der letzte Abend

Jetzt wird es langsam ernst hier. ^^ Ich hoffe, es gefällt euch, was ich für die zukünftigen Niemande geplant habe.
 

Es war wunderbar ruhig in dem Zimmer. Amelia lag an Dilans Brust geschmiegt und spielte mit den seidenglatten Haaren ihres Verlobten. „Ich... ich muss dir etwas sagen.“, meinte sie schließlich leise. „Hm?“ Die junge Frau zögerte. Dann richtete sie sich auf und sah Dilan in der Düsternis direkt an. „Ich... ich bin schwanger.“

Dilans Augen weiteten sich voller Überraschung. „A-Amelia! Das ist... das ist wunderbar! Komm her!“ Er schloss sie in die Arme und küsste sie leidenschaftlich. „Wie lange weißt du es schon?“ Amelia kicherte. „Schon über zwei Wochen, aber wir waren beide zu beschäftigt, als dass wir darüber hätten reden können!“

Dilan seufzte. „Bald ist es vorbei, versprochen. Sobald das Experiment vorüber ist, haben wir alle Zeit, die wir brauchen.“ „Ah... es wäre mir lieber, wenn du nicht daran teilnehmen würdest. Ich... ich habe Angst um dich.“ Er schüttelte den Kopf, strich ihr zärtlich über das Haar. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde vorsichtig sein, so vorsichtig, wie es nur geht! Hab keine Angst, ich gehe kein Risiko ein! Vor allem jetzt nicht, da du mir so wundervolle Nachrichten gebracht hast!“

Amelia legte den Kopf an seine Schulter, seufzte. „Du bist ebenso schlimm wie deine Kollegen! Nur auf Forschung bedacht...“ Dilan kicherte. „Wirf mich nicht mit Xehanort und Even in einen Topf!“ Amelia runzelte die Stirn. „Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als Xehanort und Ienzo noch nicht bei der Gruppe waren – ihr vier wart unzertrennlich und euch war mehr an den Gaststätten Radiant Gardens gelegen als an der Forschung – und Even war ein Teil dieser Gruppe!“ „Das ist er noch immer, aber der Mann ist verflucht nochmal intelligent! Keiner von uns kann ihm mehr das Wasser reichen. Aber genug von mir und meinen Freunden. Wir haben zu feiern!“

Er zog sie an sich, küsste sie erneut. Nicht nur, dass er mit der Forschung beinahe fertig war, er wurde Vater! Dilan war glücklich. Sein Leben war wie ein unfassbar schöner Traum!
 

Beinahe zur selben Zeit schloss auch Aeleus seine Freundin in die Arme. Das schlanke Mädchen seufzte wohlig, als es sich an die breite Brust des großen Forschers schmiegte. „Irene... Bald habe ich Zeit für dich. Alle Zeit der Welt...“ „Aeleus, solange ich bei dir sein kann, bin ich schon glücklich!“

Er vergrub das Gesicht in ihren rotblonden Haaren. „Ich auch, Geliebte!“ Seine Gedanken wanderten zu Braig, Even und Ienzo, die jetzt im Labor saßen und die letzten Berechnungen abschlossen. Aeleus grinste. Manchmal hatte es durchaus seine Vorteile, nicht alleine durchs Leben zu gehen. Von ihnen allen – Ienzo einmal ausgenommen, er war einfach noch zu jung – hatten nur Dilan und er das Glück einer dauerhaften Beziehung erfahren.

Während er sanft und voller Hingabe über Irenes Haar strich und leise seine Zuneigung kundtat, dachte er daran, dass Even im Gegensatz zu ihm mit seiner Forschung verheiratet war, Xehanort dagegen mit seiner Geltungssucht und seinem Streben nach Macht.

Aeleus hatte den Weißblonden mit den hellbraunen Augen schon lange durchschaut. Xehanort dürstete es nach Ansehen, am besten soviel davon, dass er ihren gemeinsamen Meister, Ansem, in den Schatten stellen konnte. Auch wenn er es nie zugeben würde und für gewöhnlich mit bedingungsloser Hingabe seine wahren Ansichten zu vertuschen versuchte, in seinem Herzen war Xehanort rücksichtslos und vom Erreichen seiner Ziele geradezu besessen. Aeleus wusste, wenn das Experiment ein Erfolg wurde, würden sie alle sich vor Xehanort in Acht nehmen müssen!
 

Zwei Stunden später – Ienzo war schon lange ins Bett gekrochen und Braig sah aus, als würde er jeden Moment einschlafen – seufzte Even und fuhr sich müde über die geröteten Augen. Er schob das zu einem Pferdeschwanz gebundene blonde Haar nach hinten über die Schulter zurück. „Bald sind wir fertig!“, meinte er leise. Braig ächzte, dann schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Sorry, Even, aber ich kann nicht mehr. Mach du das fertig, ich schlafe gleich ein! Bitte!“ Even zog missbilligend die linke Augenbraue nach oben, schürzte die Lippen. „Also gut. Was seid ihr alle nur alle für Wissenschaftler! Kein Fünkchen Elan in eurem Tun! Na los! Geh schon, bevor du mir alles durcheinander bringst!“

Braig erhob sich dankbar, torkelte aus dem Raum. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, seufzte Even, jetzt allein in Ansems großem Labor. Ohne Unterstützung würde sich die Arbeitszeit, bis er alles fertig hatte, noch einmal verlängern. Manchmal hasste er seine Kollegen für ihre mangelnde Einsatzbereitschaft. Braig und Ienzo waren faul, wenn sie nicht unter Ansems wachsamen Blicken arbeiteten, Dilan und Aeleus mit den Gedanken stets bei ihren Freundinnen. Und Xehanort... Even schätzte ihn wegen seines großen Sachverstandes, aber menschlich hielt er sich lieber von ihm fern. Xehanort hatte einen Zug an sich, der Even erschauern ließ, der ihm Angst machte. Aber was sollte es jetzt, solchen Gedanken nachzuhängen? So wurde er ja nie fertig!

Sich müde streckend sagte Even seinem Bett fürs Erste ade, dann wandte er sich wieder den Berechnungen zu.

Gut zweieinhalb Stunden später – Even schob mit einer fahrigen Bewegung das letzte Blatt Papier zur Seite – war er endlich fertig. Zu müde, um auch nur noch aufzustehen und in sein Bett zu kriechen, schaltete Even nur noch das Licht der Schreibtischlampe aus, legte die Arme überkreuzt auf den Tisch und bettete den Kopf darauf. Er schlief schon, ehe er auch nur noch den Gedanken fassen konnte, die Brille abzusetzen.

Verrat

Gut Ding will Weile haben - in diesem Fall zu viel Weile und zu wenig Gut Ding... >.< zumindest ist dieses Kapitel jetzt fertig.
 

Alle sechs Wissenschaftler waren in dem Labor versammelt. Die Maschine, die Dilan nach Xehanorts Entwurf gebaut hatte, surrte leise. Even stand bereits mit seinem Klemmbrett in der Hand da. Zunächst würden sie prüfen, wie ein Mensch ohne Herz – quasi als Herzloser – reagierte. Ihr Versuchsobjekt, ein Sympathisant Xehanorts, lag auf dem Tisch und blinzelte nach oben, auf die Maschine über ihm.

Dilan ließ den Blick über seine Kollegen schweifen. Xehanort war voller Elan, konnte es scheinbar kaum mehr erwarten. Ienzo neben ihm konnte den Blick nicht von Maschine und Mensch wenden, während Braig kichernd Even beobachtet, der schließlich doch das Klemmbrett zur Seite legte und das Gerät und dessen Einstellungen justierte. Aeleus betrachtete alles misstrauisch, sein Blick schoss unruhig hin und her. Er war offensichtlich ebenso unsicher wie Dilan, was das Ergebnis anging.

Der dunkelhaarige Wissenschaftler machte sich Sorgen. Amelia und Irene warteten in den Räumen ganz an der Außenwand der Hollow Bastion – Dilan hoffte, sie wären sicher dort, falls etwas schief laufen sollte. Wenn das Experiment ein Erfolg wurde, würden sie sie holen und feiern, doch wenn nicht...

Xehanort riss ihn abrupt aus seinen düsteren Gedanken. „Lasst uns beginnen. Even?“ Der Blonde nickte und trat zurück, zückte seinen Stift und sammelte das Brett wieder auf. Xehanort trat an die Maschine. „Für den Fortschritt“

Er löste das Gerät aus. Ein Lichtstrahl schoss gebündelt aus der Linse auf das Versuchsobjekt hinab. Es war nur ein kurzer Impuls, ehe das Licht wieder erlosch. Doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Etwas Schimmerndes löste sich aus der Brust des Mannes, der entsetzt die Augen aufriss, aber still liegen blieb. Xehanort trat fasziniert näher, betrachtete das Ergebnis. Dilan sah im Schimmer des Herzens, das unbewegt im Fanggitter der Maschine schwebte, wie die Gier in Xehanorts Augen aufflackerte, als er langsam die Hand ausstreckte. Xehanorts Haut wirkte dunkler als gewöhnlich... die Haare beinahe schneeweiß und die Augen hatten einen bernsteinfarbenen Glanz. Plötzlich begriff Dilan.

Keuchend wich er zurück. Die Anderen schienen wie gebannt zu sein vom Anblick des Herzes, das vor ihnen im Korb schwebte, sie schienen nichts von alledem wahrzunehmen. „Nein! Du... du hast es bereits ausprobiert!“ Xehanort hob den Kopf, lächelte. „Oh ja. Wie hätte ich auch den Ruhm jemand anderem überlassen können?“ Die Forscher starrten ihren Anführer sprachlos an, offensichtlich hatte die kurze Konversation genügt, um sie aus ihrer Starre zu reißen.

„Es ist ein wunderbares Gefühl, wisst ihr? Leider entkam mir das Herz, aber das ist ja nicht schlimm. Ich habe ja jetzt ein anderes!“, erzählte Xehanort frohen Mutes. Er griff nach dem Fangkorb, nach dem Herz. Der Mann auf dem Tisch wimmerte. Aeleus neben Dilan erschauerte. „Xehanort! Du kannst nicht...“ Er trat einen Schritt vor, doch Ienzo war schneller. Gerade als der offensichtlich Verwirrte das Herz berühren wollte, rempelte der Jüngste seinen Kollegen an. Das Herz, das Xehanorts Fingerspitzen gerade leicht berührt hatte schoss, vom Korb befreit, zur Decke hinauf – und hindurch. Xehanorts Augen – Dilan konnte sehen, dass die Iriden nicht länger braun, sondern tatsächlich bernsteinfarben waren – zuckten zu Ienzo hinüber. Blanker Hass stand in ihnen. „Mein Herz! Mein wunderschönes Herz! Du hast es mir gestohlen!“ Er fuhr zu dem Jüngeren herum, voller Zorn und kaum beherrscht.

Eine Bewegung am Rande seines Gesichtsfeldes erregte Dilans Aufmerksamkeit. Schlagartig erkannte er, dass ihr Versuchsobjekt fort war! An seiner Stelle hockte eine schwarze Kreatur, winzig, verkrüppelt, beängstigend mit den bernsteinfarbenen Augen zu ihnen aufschauend.

„H-Herzloser!“, flüsterte Even, der die Kreatur offensichtlich ebenfalls bemerkt hatte.

In diesem Moment brüllte Xehanort: „Wenn ihr mir das Herz nicht gönnt, dann nehme ich mir eben mit Gewalt eines! Und mit dir fange ich an!“ Er schoss vorwärts, genau auf Ienzo zu, der sich aufkreischend hinter Braig versteckte. Xehanort in seinem Wahn packte statt des Jungen den Schwarzhaarigen, der entsetzt aufschrie, sich aus dem eisernen Griff zu winden versuchte. Genauso gut hätte er versuchen können, eine Dampflok mit bloßen Händen aufzuhalten. Wie gelähmt musste Dilan zusehen, wie sich Xehanort an Braigs Herz gütlich tat.

Even hingegen wich keuchend zurück, als die schwarze Kreatur vor ihm nach ihm schlug. Dilan sah, wie Ienzo in Panik aus dem Labor floh, gefolgt von Even und dem kleinen Herzlosen. Er selbst und Aeleus standen da wie gelähmt, sahen zu, wie Xehanort das schimmernde Herz ihres Freundes verschlang, Braigs reglosen Körper dann zu Boden sinken ließ. Ein weiterer Herzloser entstand. Allerdings diesmal anders als zuvor. Diesmal blieb der Körper erhalten, lediglich ein schwarzer Nebel stieg auf, sammelte sich an der Decke, um dann zur Tür hinauszuschießen.

Xehanort sah auf, zu Dilan und Aeleus hinüber. „Nun zu euch! Ich will mehr Herzen! Ich will ihre Macht schmecken! Gebt sie mir!“ Dilan wich zurück, spürte einen Labortisch im Rücken. „N-niemals!“ Aeleus griff nach einem Schürhaken, der neben dem Brennofen gehangen hatte. „Komm und hol sie dir – wenn du kannst!“

Der Weißhaarige fauchte animalisch, krümmte die Hände zu Klauen und ging ansatzlos zum Angriff über. Aeleus gelang es gerade noch, den Haken dazwischen zu bringen. Doch er ging unter Xehanorts Ansturm beinahe in die Knie. Dem Wissenschaftler – einem bloßen Zeugen dieses Dramas – wurde klar, dass sich irgendetwas verändert haben musste, als ihr Anführer zum Herzlosen geworden war. Zuvor wäre er niemals in der Lage gewesen, Aeleus derart in Schwierigkeiten zu bringen. Aeleus keuchte, hielt mit aller Kraft dagegen, drückte Xehanort von sich weg, schleuderte ihn schließlich in eine Ecke zwischen Ofen und Tischen.

„Dilan! Renn! Wir haben keine Chance gegen ihn!“, schrie der große Forscher, wirbelte herum und packte den Ärmel seines Freudes, riss Dilan mit sich. „Komm!“ Dem Dunkelhaarigen war klar, dass Aeleus Recht hatte. Er leistete keinen Widerstand, sondern folgte ihm auf dem Fuße.
 

Die beiden rannten durch die langen Korridore der Hollow Bastion, durch die Eingeweide des riesigen Schlosses. Aeleus hatte den Schürhaken fallen lassen, um besser voranzukommen. Sie sahen nicht zurück aus Angst, verfolgt zu werden.

Irgendwann blieb Dilan stehen, lauschte. Er hörte nichts. „Ich glaube... wir... haben ihn... abgehängt!“, keuchte er. Aeleus, der zwei Schritte weiter vorne stand, konnte nur nicken. Sie gestatteten sich einen Augenblick zu warten, um zu Atem zu kommen. „Wie... wie konnte er nur? Gott, ich hätte nie gedacht, dass... er dazu fähig wäre!“ Dilan nickte. „Ich auch nicht. Ich...“

Ein gellender Schrei, der durch die Korridore hallte, ließ ihn entsetzt innehalten. Beide sahen sich an. Es war der Schrei einer Frau! Dilan flüsterte entsetzt: „Amelia!“, während von Aeleus ein tonloses „Irene!“ kam. Beide fuhren herum, rasten den Weg zurück, den sie gekommen waren. Die Angst um ihre Liebsten verlieh ihnen Schnelligkeit und Ausdauer, die zuvor arg angeschlagen gewesen waren.

Dennoch kamen sie zu spät. Nahe Ansems Hauptlabor stießen sie auf Blutspuren, einige Schritte weiter auf einen reglosen, blutüberströmten kleinen Körper. Dilan sah zuerst nur das lockige braune Haar. Sein Inneres erstarrte zu Eis. Zitternd trat er näher, ließ sich neben dem Körper Amelias nieder. Grauen und Schmerz zeichneten ihre Züge.

Sie war bereits tot, bemerkte er, als er sie sanft in die Arme nahm, ihren zerstörten Leib sanft wiegte. Der Herzlose hatte sie massakriert, um an das reine Herz von Amelias ungeborenem Kind zu kommen. Dilan spürte, wie Tränen über seine Wangen rannen. Binnen Minuten – sein Glück, seine Freude, seine Zukunft zerstört! Amelia, tot in seinen Armen, ermordet!

Aeleus stand traurig an der Wand, wusste nichts auf Dilans Leid zu sagen, nicht einmal dann, als der Schwarzhaarige den Kopf in den Nacken warf und seinen Schmerz herausschrie.

Die Kraft verließ ihn. Er wollte nur noch Amelia festhalten und ihr nachfolgen. Nichts war mehr wichtig...

„Wie rührend. Hast du jemanden verloren, der dir viel bedeutete?“ Dilans Kopf ruckte nach oben. Xehanort stand vor ihm. Er hörte Aeleus scharf Luft holen. Finstere Nebel umwaberten seine Gestalt, als Xehanort lächelnd zu Dilan hintrat, ihm dann Amelia aus den Armen nahm. Er fasste Dilans Kinn, zwang ihn, ihn anzusehen. „Hast du Angst, Freund?“ Der Schwarzhaarige riss sich los, fauchte: „Wie könnte ich? Mörder! Du bist nicht mein Freund!“

Xehanort zog die Augenbrauen hoch. „Ist dem so? Wie schade!“ Er packte Dilan am Kragen seines Gewandes und zog ihn auf die Füße. „Ich werde dein Herz rauben und es verschlingen. Du wirst nie wieder mit diesem Weib vereint sein!“

Grob zog er Dilan an sich, legte ihm die Hand auf die Brust. Dieser war zu entsetzt, um zu protestieren. Er konnte nichts tun, um Xehanort von sich zu stoßen, als dieser breit grinsend verkündete: „Du gehörst mir!“

Schmerz brannte sich glühend durch den Körper des Forschers. „Sieh, wie ich dir das Herz raube!“

Ein letztes Mal erwachten die Lebensgeister des Wissenschaftlers. Kraftlos versuchte er, Xehanorts Hände fortzuschieben. Er hörte Aeleus leise flüstern: „Nein... nein... nicht! Bitte nicht!“

Ganz langsam zog Xehanort die Hand zurück. Schimmernd trat Dilans Herz aus seinem Körper. Seine Abwehr erstarb, kraftlos hing er in Xehanorts Arm. Das Grauen packte Dilan, aber er konnte nichts mehr tun. Sein Kopf sank nach hinten, die Arme fielen ihm schlaff zu beiden Seiten des Körpers herunter. „Hast du Angst, Dilan?“

Der Angesprochene antworte nicht. „Sieh dieses wunderbar starke Herz! Nicht so schwach wie bei Braig, diesem Versager! Oh, ich werde es genießen!“ „N-n... nein...“ Dilans Augen weiteten sich. Xehanort kicherte. „Angst in diesen Augen! Oh ja! Wie wunderbar!“

Er weidet sich an meiner Qual!, schoss es Dilan durch den Kopf, aber es stand nicht mehr in seiner Macht, etwas zu tun. Er schloss die Augen.

Als Xehanort das Herz verschlang, wollte er fliehen, sich wehren, irgendetwas! Doch ihm blieb nur noch die Kraft für einen letzten, gequälten Aufschrei. Dann stürzte Dilan in die Finsternis.
 

Aeleus sah wie gelähmt zu, als Xehanort seinem Freund das Herz aus dem Leib riss. Von einem Augenblick zum nächsten erschlaffte der schwarzhaarige Forscher, hing hilflos wie eine Marionette mit zerschnittenen Fäden in Xehanorts Arm, das lange Haar fiel wie ein schwarzer Schleier über den Arm des Herzlosen. „Dilan... oh Gott!“, wisperte Aeleus entsetzt. Xehanort lachte, verhöhnte sein Opfer. Dann, mit sichtlichem Vergnügen, verleibte er sich Dilans schimmerndes Herz ein. Und Dilan schrie, so schrecklich, dass Aeleus die Tränen in die Augen traten. So viel Schmerz, Qual, Trauer und Verzweiflung!

Als er blinzelte, sah er seinen Freund fallen. Xehanort hatte ihn einfach losgelassen, kaum dass er das Herz gefressen hatte. Das pechschwarze Haar lag wie ein See aus Tinte um Dilans Kopf und Schultern, ließ das blasse Gesicht wie einen Totenschädel erscheinen. Aeleus erschauerte.

„Womit wir bei dir angekommen wären, Aeleus! Keine Sorge, ich mache es schnell!“ Xehanort trat achtlos über Dilans und Amelias Leiber hinweg. Aeleus wich zurück. Sein Herz raste. „Nicht!“ „Oh doch! Gleich habe ich auch dich!“, lächelte der Weißhaarige. „Niemals!“, schrie Aeleus, wandte sich um und floh. Hinter sich hörte er den Herzlosen lachen. „Lauf, Aeleus, lauf! Lass uns spielen!“ Aeleus biss die Zähne zusammen und rannte. Er gestatte sich nicht, genauer darüber nachzudenken, was Xehanort ihm zu sagen versucht hatte.
 

Zwei Stockwerke weiter oben – aber immer noch tief in den Katakomben des Schlosses – hörte Aeleus, wie Xehanort immer näher kam. Er sprintete den Korridor entlang in der Hoffnung, bei der großen Kreuzung verschwinden zu können. All seine Gedanken waren auf Flucht gerichtet, zu stark war die Erinnerung an das Bild Dilans, der reglos auf dem Boden lag, während Xehanort über ihn hinwegschritt.

Plötzlich sah er in einem der Gänge neben ihm blondes Haar aufblitzen. „Weg!“, brüllte, er, dann sah er Evens lange Gestalt aus dem Gang taumeln, sichtlich am Ende seiner Kräfte. „Lauf! Xehanort...“ Ein triumphierendes Lachen verriet, wie nah der Herzlose bereits war. Even röchelte nach Luft, blieb stehen. „Renn! Even! Schnell!“

Doch der blonde Wissenschaftler war zu langsam. Wie eine Furie preschte Xehanort um die Ecke und stürzte sich auf sein Opfer. Aeleus wandte den Kopf wieder nach vorne, während Evens schrecklicher, gellender Schrei ihm bis ins Mark drang und ihn antrieb. Wie viele Herzen willst du noch verschlingen?, dachte Aeleus entsetzt und hetzte um die Ecke, in die Kreuzung.

Er hatte den Weg fast erreicht, da wurde er heftig angerempelt – nicht so fest, dass er zu Boden gegangen wäre, aber doch fest genug, dass er taumelte. Ienzo hingegen wurde davongeschleudert und landete unsanft auf dem Hosenboden. „Uh... Aeleus...“ Der Ältere packte ihn ohne viel Federlesens, stellte ihn zurück auf die Füße. „Komm! Xehanort ist direkt hinter mir!“, schrie er. „W-wo sind die Anderen?“, wollte der Junge verwirrt wissen. Aeleus sparte sich den Fluch, der ihm auf der Zunge lag. „Wir sind die einzigen, die noch übrig sind! Los!“

In diesem Moment hörten sie Xehanort erneut lachen. Voller Panik fasste Aeleus Ienzos kleine Hand, zerrte ihn mit sich, einfach in irgendeinen Gang hinein, doch es schien, als hätte sich an diesem Tag alles gegen sie verschworen – sie rannten geradewegs in eine Sackgasse!

Dann war Xehanort da. „Was habe ich dir gesagt, Aeleus? Ich finde dich ja doch!“ Entsetzt zog Aeleus Ienzo hinter sich. Der Junge wimmerte angesichts der furchterregenden Kreatur mit den Zügen ihres Anführers. Der Weißhaarige höhnte: „Wie nobel! Zu dumm, dass es ihm nichts nutzen wird!“ Xehanort schoss vorwärts, packte Aeleus an der Kehle und drückte zu, sodass dem Größeren, der ohnehin vom langen Laufen kaum Luft bekam, diese nur noch schneller ausging. Der ehemalige Wissenschaftler strich beinahe sanft über Aeleus' Brust, und das Herz löste sich beinahe ohne Widerstand vom Körper. „Nicht... b-bitte...“

Der Herzlose lachte. „Zu spät! Dein Herz ist mein!“ Aeleus zuckte zusammen, als der Andere das bloßliegende Herz berührte. „Ich bin Ansem, der einzige Ansem, der es wert ist, in die Erinnerungen einzugehen! Ihr seid nichts anderes als Futter für mich! Gebt mir eure Herzen!“

Ohne weitere Worte verschlang er Aeleus' Herz. Es tat nicht einmal weh. Sein letzter Gedanke war, dass Irene ihm hoffentlich entkommen war.
 

Ienzo drückte sich zitternd an die Wand, als der Herzlose den reglosen Körper des älteren Forschers fallen ließ. „Aeleus...“, keuchte er leise. „Bitte... Gott...“ Xehanort lachte. „Jetzt du.“

Er überwand die Distanz zwischen ihnen binnen zweier Schritte. Ienzos Blick war noch immer auf Aeleus' bleiches Gesicht gerichtet. Tränen rannen dem Jungen über das Gesicht, als Ienzo den Kopf hob und Xehanort ansah. „Warum?“, fragte er tonlos. Der Weißhaarige lächelte. „Macht, Ienzo. Macht regiert alles.“ „Und deshalb... deshalb tust du uns das an?“ „Eure Herzen sind stark – Quellen der Kraft; es wäre schade, sie ungenutzt zu lassen. Aber jetzt genug davon.“

Er fasste Ienzos schmale Schulter, drückte ihn an die Wand. „Es wird Zeit, dass ich mir das letzte Herz von Ansems Schülern einverleibe!“

Ohne weitere Worte zu verlieren, hob er die Hand. Ienzo kreischte: „Nein! Lass mich! Lass mich gehen!“ Xehanort schüttelte den Kopf. Dann riss er auch dem jüngsten der Forscher emotionslos das Herz aus dem Körper. Der Junge spürte, wie ihn die Kräfte verließen. „So schließt sich der Kreis. Ihr wart gute Helfer, aber letzten Endes doch nicht mehr als das. Leb wohl, Ienzo. Das ist dein Ende.“ Ienzos Tränen rannen noch immer über die blasser werdenden Wangen. „Ich will... nicht... sterben...“ Xehanort lächelte, als der junge Wissenschaftler entkräftet die Augen schloss. Dann, als der Schmerz kam, schluchzte Ienzo nur noch leise auf.

Das letzte der Herzen der sechs Forscher wurde verschlungen.

Schicksalhafte Entscheidung

Als er erwachte, fühlte er nur eins: Leere. Sein Herz schwieg. Dort, wo es einst geschlagen hatte, klaffte nun finsterste Dunkelheit, ein Loch der Stille. Dilan stöhnte, zwang sich, die Augen zu öffnen. Als erstes sah er nur verschwommene Umrisse. Dann, langsam, erkannte er die Wand neben sich, blutbespritzt. Amelias Blut, erinnerte er sich. Seltsamerweise fühlte er nichts, obwohl die junge Frau auf schrecklichste Art und Weise zu Tode gekommen war. Seine Verlobte.

Jemand ließ sich neben ihm nieder, legte ihm die Hand an die Schläfe. „Du also auch.“

Aeleus.

Er seufzte. „Ruhig. Zu Beginn war er noch unerfahren, als er euch die Herzen raubte. Ienzo erwachte bereits nach wenigen Minuten wieder.“ Dilan stöhnte: „Was ist hier passiert?“ Aeleus schüttelte den Kopf. „Das wissen wir selbst auch nicht so genau. Ich nehme an, als Xehanort uns die Herzen stahl, passierte etwas Unvorhergesehenes. Irgendwie sind unsere Körper zurückgeblieben – leere Hüllen ohne Herz und Emotion.“

Even. Aber er klang irgendwie anders als sonst.

„Er sagte, wir hätten sehr starke Herzen gehabt, die ideale Kraftquelle für einen Herzlosen.“

Auch Ienzo war hier?

„Jedenfalls, wir sind noch – oder wieder – am Leben. Zwar nicht mehr in alter Form, aber immerhin sind wir in der Lage, unsere Forschung fortzuführen.“ „Aber wir... wir sind doch...“ „Ich weiß, Dilan. Wir sind nicht mehr, was wir waren.“

Even schüttelte den Kopf. Mittlerweile konnte Dilan Einzelheiten erkennen. Da meinte jemand außerhalb seines Gesichtsfeldes: „In jedem Fall sind wir jetzt in der Lage, Dinge zu tun, von denen wir nie zu träumen wagten. Ich schätze, diesmal täte sich ein Herzloser schwer mit uns – wenn es denn noch etwas gäbe, was ihn interessieren würde.“

„Xehanort!“ Dilan fuhr auf, wich zurück. Xehanort – oder das, was von ihm übrig war – lächelte bitter. „Sozusagen, ja, wenn du den Anderen Ansem nennen willst.“

Dilan begriff. Hier befand sich Xehanorts leere Hülle, nicht der Herzlose, der sie angegriffen hatte. Er schüttelte den Kopf, sah zur Seite und erkannte Braig bewusstlos neben sich. „Wir hielten es für besser, ihn herzubringen. Wir wollen warten, bis er aufwacht.“, meinte Ienzo leise.

„Du fühlst auch nichts mehr, stimmts?“ Aeleus wies auf die Blutspritzer an der Wand. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Nein...“ Sie saßen schon zwei Stunden im Gang, ohne zu sprechen. Dass Aeleus, ausgerechnet Aeleus, der sonst kaum etwas sagte, derjenige war, der das Schweigen brach, zeugte davon, dass er sich tiefergehende Gedanken gemacht hatte. „Irene ist wohl auch erwischt worden. Aber auch ich fühle nichts mehr. Ich frage mich, ob das nicht ein Vorteil ist, ein herbeige...“ Aeleus brach mitten im Wort ab. „Was ist hier los?“ Braigs Finger krallten sich in Aeleus' Arm. „Ah, also ist auch der letzte von uns wach.“, nickte Even. „Was macht der hier?“, Braig deutete mit einer Grimasse auf Xehanort. „Reicht ihm mein Herz etwa nicht?“

„Das ist nicht der Herzlose, sondern das, was übrig blieb. Wie du übrigens auch.“, bemerkte Even bissig. „Holla, langsam! Soll das heißen...“ Ienzo nickte. „Wir alle sind die „Reste“, wenn du so willst. Leere Hüllen.“ „Also rennt quasi mein Herzloser irgendwo frei herum, während mein Herz von... Xehanorts Herzlosem verdaut wird?“

Die anderen Fünf nickten. Braig seufzte. „Na wunderbar. Und was sind wir dann? Laut der These sollte doch nur ein Herzloser entstehen – oder erinnere ich mich da falsch?“ „Du liegst richtig. Würde man Herz und Herzlosen zusammenführen, wäre der Mensch wiederhergestellt. Wir jedoch sind...“ Xehanort seufzte. „...so gesehen nichts. Niemand.“

Even nickte. „Die Bezeichnung passt. Wir sind nicht nötig für die Wiederherstellung – und, wenn ich das bemerken darf, entsteht auch nicht bei jeder Umwandlung einer von uns. Würden wir sterben – wobei ich nicht weiß, was dann passiert – würden wir aufhören zu existieren, als hätte es uns nie gegeben.“ „Wenn wir jetzt aber ein Herz bekommen könnten...?“ Aeleus schüttelte den Kopf und Dilan sah ihn fragend an. „Würde wahrscheinlich nicht funktionieren – Stichwort Kompatibilität. Du als halber Feinmechaniker solltest das eigentlich wissen.“

„Was haltet ihr davon, wenn wir Ansems Bibliothek zu dem Thema Herzen durchwühlen? Selbst wir haben nicht bemerkt, was uns gegenüberstand – Ansem wird es erst recht nicht bemerken!“ Ienzo schaute nachdenklich den Gang hinunter. Xehanort nickte. „Gute Idee. Aber wir sollten im Gedächtnis behalten, dass das Licht eines Herzens uns verraten kann. Even? Du, Ienzo und Aeleus, ihr sucht nach einer Möglichkeit, ein Herz für unsereins zu finden. Braig, Dilan und ich suchen nach der Möglichkeit, geraubte Herzen zu verwenden. Gebt euer Bestes – es ist die einzige Hoffnung, die uns noch bleibt.“ „...Und verhaltet euch in Gottes Namen unauffällig, einfach so wie früher. Wenn Ansem bemerkt, was passiert ist, lyncht er uns!“, merkte Even an. „Womit wir bei einem anderen Problem wären: der Herzlose.“

Ienzo schüttelte den Kopf. „Er ist weit weg, wohl in der Kristallschlucht, wenn mich mein Gefühl nicht trügt.“ Die anderen Schüler starrten ihn an, Dilan eingeschlossen. „D-du kannst ihn spüren?“ Der Jüngste nickte. „Deutlich. Es liegt vielleicht daran, dass wir jetzt... anders sind.“ „Ich spüre nichts. Ist vielleicht ein spezielles Talent.“, meinte Braig leise. Xehanort nickte. „Passt also auf, was ihr sagt und tut. Je länger wir die Illusion einer heilen Welt aufrechterhalten können, umso besser ist es für uns!“ Dann gingen sie alle sechs an die Arbeit.
 

Die Recherchen gingen nur sehr mühsam voran. Dilan, Braig und Xehanort saßen nachts oft Stunden in der riesigen Bibliothek, blätterten durch Literaturkataloge oder durch dicke Wälzer. Bisher hatten sie noch keinen Erfolg gehabt. Gar keinen. Doch zumindest hatte Ansem der Weise bisher keinen Verdacht geschöpft. Es schien, als spielten sie alle ihre Rollen mit Bravour – keiner hatte sich bisher verraten. Und auch die Herzlosen hatten sich nicht mehr blicken lassen.

Dilan sah auf, als Even zur Tür hereinkam, ein dickes Buch unter dem Arm. Aeleus und Ienzo folgten ihm, das war der Grund, weshalb auch Braig und Xehanort von ihrer Arbeit aufsahen. Even trat an den Tisch, schob ein Buch zur Seite und legte seines aufgeschlagen auf die jetzt freie Fläche.

„Wir haben etwas entdeckt. Seht euch das an!“ Dilan sah flüchtig darauf, erkannte aber dadurch, dass ihm das Buch umgekehrt gegenüberlag, nur einen großen Mond in Herzform als Abbildung neben dem Text.

Xehanort bedeutete Even zu sprechen. Der Blonde gehorchte nur allzu gerne. „Unsere Entdeckung beruht auf einer ganzen Welt – oder besser der Theorie davon – die Kingdom Hearts genannt wird. In diesem Buch wird es als einzige Möglichkeit genannt, ein Herz zu bekommen – diese Welt ist, wenn man so will, ein Quell der Herzen. Lest es euch durch!“

Nacheinander taten sie das. Als sich schlussendlich auch Dilan zurücklehnte, schwiegen sie alle nachdenklich. Dann meinte Ienzo langsam: „Die einzige Möglichkeit für uns besteht darin, das Königreich der Herzen zu kreieren. Auch wenn das bedeutet, dass wir selbst zu Verbrechern werden müssen.“ „Wir haben keine Emotionen mehr – was sollten uns Regeln und Menschenschicksale noch kümmern?“, konterte Xehanort bitter. „Es klingt nach einem Haufen Arbeit. Wir brauchen sicher nicht wenige Herzen dafür.“, kam es von Braig, doch Even fauchte: „Willst du so weiterleben? Blind und taub? Ohne Empfindungen? Na, ich jedenfalls nicht!“

Aeleus gab ihm Recht, doch Dilan schwieg. Dann würde er Schmerz über Amelias Tod empfinden. Er wusste nicht, ob er das wollte. Vorausgesetzt, dass diese ominöse Theorie der Wahrheit entsprach.

Xehanort fragte: „Also... sollen wir versuchen, ein Herz für uns „Niemande“ zu bekommen? Auch wenn wir dafür durchs Feuer gehen müssen?“ Er sah in die Runde. Even nickte heftig, Braig faul, während Aeleus und Ienzo noch zögerten. Dann nickten beide kaum merklich. Dilan seufzte. „Ich schließe mich der Mehrheit an.“ Der Weißhaarige lächelte. „Ich mich ebenso. Also. Ich schlage vor, wir schotten uns ab jetzt etwas ab. Wir sind keine Menschen mehr. Wir sind nichts. Nichts weiter als eine Variable in einer mathematischen Gleichung zwischen Herz und Herzlosem, gegenüber dem ganzen Menschen. Aus diesem Grund schlage ich vor, dass wir quasi ein neues Leben beginnen. Dem Kingdom Hearts nahe, als wahre Niemande, an unsere begründete Existenz glaubend. Und was wäre besser, als den Namen zu verändern?“ Alle Fünf nickten. Dilan schwieg.

Xehanort dachte kurz nach. „Mein Name soll Xemnas sein – als Antwort auf die freche Aussage meines Herzlosen, der sich Ansem nennt, werde ich dessen Anagramm als Namen wählen – und das „X“ als Symbol des Niemands hinzufügen.“

Wieder nickten die Anderen eifrig. Xehanort bedeutete Braig, fortzufahren. „Dann wähle ich... uh...“ Dilan grinste, die Buchstabenkombination war unvorteilhaft für ein „X“. Schließlich entschloss sich Braig: „Klingt zwar etwas holprig, aber ich möchte von jetzt an Xigbar genannt werden.“

Er grinste und Even sah ihn mit gerunzelter Stirn an, ehe sein Blick zu Dilan wanderte, offensichtlich wartend, was der zweite Schwarzhaarige wählen würde. Dilan dachte ruhig nach, ehe er schlicht „Xaldin“ sagte.

Der nächste in der Reihe hätte eigentlich Aeleus sein sollen, doch Even kam ihm zuvor: „Nicht, dass mir viele Möglichkeiten blieben... Vexen.“

Aeleus brauchte wieder etwas länger. „Lexaeus – ich wusste schon immer, dass mein Name kompliziert ist. Scheint, als würde sich das nicht so schnell ändern.“

Alle wandten sich zu Ienzo um. Der Jüngste zog nachdenklich die Brauen zusammen. „Zexion.“

Xehanort – nein, Xemnas – sah in die Runde. „...In der Reihenfolge, wie wir zu Niemanden wurden... lasst uns jetzt gehen. Für uns gibt es hier keinen Platz mehr.“

Die sechs Niemande begaben sich nach unten in den alten Gumi-Hangar, wo Ansem der Weise seine Gumi-Schiffe untergestellt hatte. „Wohin fliegen wir?“, wollte Vexen wissen. „Denk vorher nach, bevor du dummes Zeug redest. Wir suchen den Abgrund zur Finsternis. Dort wird sich das Kingdom Hearts finden.“, antwortete Xemnas knapp. Vexen zog den Kopf ein und folgte Zexion und Xigbar ins Innere eines Gumi-Schiffes. Ihr Lehrer hatte nur kleine Schiffe, insofern würden sie sich aufteilen müssen. Xemnas winkte Lexaeus und Xaldin zu einem zweiten, wesentlich dunkleren Schiff.

„Glaubst du, wir schaffen das?“, fragte Xaldin leise. Xemnas antwortete: „Unser Wille ist alles, was wir noch haben. Wenn wir unserem Willen nicht mehr trauen, was sind wir dann noch, Xaldin?“ Der Angesprochene schwieg, senkte den Kopf und nahm schließlich auf einem der Sitze Platz.

Als sich die beiden Schiffe, das grün-weiße und das grau-goldene, aus dem Hangar bewegten, seufzte Xaldin. Er war nicht überzeugt, dass das, was sie taten, richtig war. Aber es schien, als bliebe ihnen keine andere Wahl.



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von: abgemeldet
2010-06-04T18:09:47+00:00 04.06.2010 20:09
Deine Fanfic ist wirklich super geworden, ich kann es mir richtig bildhaft vorstellen. Nur das Dilan so sanft sein kann mit seiner Geliebten kam mir etwas kommisch vor. ^^ Ich find Xaldin halt zu hart o.O
Aber ganz im ernst, es ist dir super gelungen eine 100% nachvollziehbare Geschichte zu schreiben. Das müssten die so im Spiel einbauen!
*Ienzo knuddel* ^^
LG
Kusagi < ^-^ >
Von:  Rooro
2009-07-13T14:33:46+00:00 13.07.2009 16:33
Oje, zwei von ihnen haben eine Beziehung und einer von ihnen wird Vater. Die beiden werden später eine Menge zurück lassen.
*grinsel* Und dennoch gefällts mir am besten, wie du wieder Xehanorts Charakter beschreibst ^///^ Machthungrig, eiskalt, nach Ansehen bestrebt. Vor Ansem untertänig tuend und dennoch seinen eigenen Weg folgend. Ich glaub, deswegen mag ich den Kerl so, du hast ihn genau getroffen, wie ich ihn mir vorstell.
Und sorry, ich kann nicht anders, aber wenn du von Even schreibst, hab ich immer einen jungen Hojo vor Augen.... vor allem eben mit der Brille und dem Pferdschwanz.
Von:  KeksFrosch
2009-07-12T18:37:43+00:00 12.07.2009 20:37
Nun halt mich doch nicht so hin....
Von:  Rooro
2009-07-02T07:40:38+00:00 02.07.2009 09:40
Oha, Dilan zuckt zusammen! Das zeugt wohl indirekt von nem schlechten Gewissen ;)
Bin gespannt, was genau du mit der kleinen Maschine vorhast, ob sie jetzt versagen wird oder nicht! Aber am aller gespanntesten bin ich, wenn sie alle ihr Herz verlieren, bzw Xehanort in Kingdom Hearts eintritt und als Ansem wieder kommt (falls das überhaupt in deiner Story vorkommt)
Mal abwarten, was aus dem Experiment letztendlich wird ^^ (zwei Zweifler sind ja schon da)
Von:  KeksFrosch
2009-06-18T14:42:49+00:00 18.06.2009 16:42
Langsam wird es spannend!!! Bin schon soooooo gespannt... Lass mich nicht zu lange warten, ja?
(Was hast du immer mit den -nicht vorhandenen- Rechtschreibfehlern? Meine sind viel schlimmer ;-) )
Von:  Rooro
2009-06-09T06:48:33+00:00 09.06.2009 08:48
Genau so hab ich mir Xehanort vorgestellt: eiskalt, versessen, jetzt schon herzlos. Und genauso mag ich ihn *-* Ich muss zugeben, auch wenns falsch ist, ich bin voll auf seiner und Evens Seite!
Fehler sind mir keine aufgefallen, hat so gepasst ^^
Von:  KeksFrosch
2009-06-05T19:56:56+00:00 05.06.2009 21:56
Schön^^ Ich bin schon richtig neugierig! Mach also weiter!!! Ich warte ;)
Von:  Rooro
2009-05-28T06:02:39+00:00 28.05.2009 08:02
"unser intelligenter, aber feiger Meister" Jep, so in etwa seh ich Ansem auch. Feige!
Ach herrlich, dieses Kapitel ^^
Ein Wiki offen zu halten wär vielleicht echt nicht schlecht gewesen, irgendwie kann ich die Namen der KH2 Niemande nie so recht den Gesichtern zuweisen oO Und ich muss bei Even immer noch an Hojo denken, dem trau ich auch zu, dass er rechnet und überprüft bis er entweder zu nem Ergebnis kommt oder aber einschläft *sich nen schlafenden Vexen vorstellt ^^*
Jedenfalls klingt das ganze schon mal sehr vielversprechend, gefällt mir ^^ Auch wenn ich noch nicht so ganz weiß, was ich von dem Kuss halten soll xD (du wirst doch Xehanort nicht mit jemanden verkuppeln wollen, oder? oO)
Von:  Jefferson
2009-05-27T17:05:57+00:00 27.05.2009 19:05
Ich hab inzwischen schon einige Kingdom Hearts Fanfictions gelesen, aber diese hier klingt am vielversprechendsten. Um ehrlich zu sein.
Ich bin sehr gespannt darauf, wie es weitergeht. Auch, wenn ich ständig ein Wiki nebenbei offen haben muss um die Namen einzutippen. Ich komme mit diesen Namen einfach noch nicht klar, bzw. kann sie noch nicht so richtig deren Niemanden zuordnen. x_x

Alles in allem ist dein Schreibstil lesenswert, Rechtschreibfehler sind mir ebenfalls keine aufgefallen. Weiter so! ^^
Von:  KeksFrosch
2009-05-27T14:50:23+00:00 27.05.2009 16:50
Du wirst immer besser (und erfindungsreicher/skrupelloser xD -> die Andeutung am Ende) Das gefällt mir! ;)
Es klingt echt super für den Anfang und wehe dir du schreibst mir nicht wenn das nächste Kapitel hochgeladen ist!!!


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