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dark blue

es steckt herzblut drin.
von

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himmelsblau


 

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Vergessen, aber nicht vergeben...
 

Während ich aus dem Fenster sah, fokussierte ich mich auf drei besonders wichtige Dinge:

Erstens: Ich war tot.

Zweitens: Der Herd war immer noch angeschaltet.

Drittens: Ich würde ihm niemals die Chance geben können, mir zu verzeihen. Meine Fehler zu vergeben, nicht zu vergessen.
 

Der dritte Fakt wahr wohl der wichtigste und es brachte mich an den Rande eines Nervenzusammenbruchs, dass ich wusste, ich war nicht selbst daran Schuld. Nicht er, nicht sie, nicht ich.
 

Vielleicht war es auch mein Schicksal – ich spürte zumindest keine Trauer darüber, gestorben zu sein, nur Trauer darüber, zu wissen, wie traurig die anderen darüber sein würden. Vielleicht war es mein Schicksal, zu sterben und ich hoffte, so sehr wie ich konnte, dass es mein Schicksal war, ein Mittel zum Zweck, zum Zweck, irgendetwas in die Wege zu leiten, dass ich gestört hatte oder, wäre ich jetzt noch lebend, stören würde.

Ich wollte zumindest mir selbst einreden, dass Menschen nicht einfach so starben, dass jeder Tod einen Sinn hatte und auch meiner nicht umsonst war.
 

Kaa-san hatte früher immer gesagt, dass die Menschen Angst vor dem Tod haben, weil sie nur die Trauer spüren, wenn jemand geht, weil sie nur das furchtbare Drücken in ihrer Brust fühlen, das Verlassen eines Teiles ihres Lebens, den Tod eines Menschen. Vielleicht hatte sie Recht und ich hoffte sehr, sehr, sehr, dass Kaa-san sich auch noch an meinem Begräbnis daran erinnern würde, um mit ihren weisen Sprüchen jedem in den Ohren zu liegen. Alles war besser als die Trauer um mich.
 

Und während in den mit Licht gefüllten Raum weiter entlang lief, bemühte ich mich, mein tränennasses Gesicht zu trocknen.
 

Ich war tot.
 

Endgültig.
 

--
 

Weder gebetat, noch sonst irgendwas. Ich habs eilig... und hoffe, dass es euch gefällt. Weiteres Gebrabbel im nächsten Kapitel ;D
 

Liebe Grüße und Tausend Schokoküsse (wow, fast gereimt^^),

bells-mannequin

tokioblau


 

tokioblau

Tokyo - the capital and largest city of Japan; the economic and cultural center of Japan.
 


 

Während Hyuuga Neji durch die Straßen Tokios schritt, spürte er, dass die Welt sich weiterdrehte, egal, ob sie lebte oder nicht, egal, ob er lebte oder nicht. Es war ein warmer Frühlingsmorgen und selbst die vielen Quellwolken konnten das Strahlen der Sonne nicht verbergen, die ihn von außen wärmte und dennoch nicht tiefer gelangen konnte. Vermutlich würde die Sonne dort seine ganze innere Ordnung wegschmelzen und ihn so lange nerven, bis er einen Sonnenstich haben würde und nicht mehr klar denken könnte. Deswegen war es auch gut, dass er immer bedeckten Himmel und frostige Temperaturen hatte.

Sonne war was für Loser.
 

„Neji-kun!“
 

Kurz zuckte der Angesprochene zusammen, aber dann drehte er sich um und erblickte eine sinnliche Frau mit kirschfarbenen Haaren und sternfunkelnden Augen und falschen Herzen auf den Lippen.

„Sakura.“

Sie warf keinen Blick auf die Straße, als sie diese überquerte, um zu ihm zu gelangen. „Neji-kun“, wiederholte sie, einen unwiderstehlichen Rehaugenblick aufsetzend. „Wo bist du heute morgen gewesen? Ich hätte ein erstklassiges japanisches Frühstück machen können…“ … und wir hätten auf dem Küchentisch heißen, geilen Sex haben können…, addierte ihre Mimik. Sie lächelte kühn.
 

Wenn man von Toten sagte, dass sie sicherlich gewollt hätten, dass man sein Leben weiterlebte – und dazu gehörte normalerweise auch ein neuer Lebenspartner – dann hatte man bestimmt nicht das im Blick, was Neji machte.

„Ich hatte keine Lust, mit dir zu frühstücken, Sakura.“

„Aber, Neji-kun…“, sie legte eine Hand auf die Stelle, unter der sein Herz schlug, vermutlich, weil sie hoffte, es dazu zu bringen, schneller zu schlagen, „gestern Nacht hat es dir auch gefallen.“ Ihre Stimme hatte dieses erotische Timbre, das ihn vor einigen Stunden noch hatte wild werden lassen – und es immer noch tat.

Neji ging einen Schritt zurück, weg von dieser Gestalt, die Versuchung in seiner reinsten Form für ihn darstellte.

Manchmal fragte er sich, wie er überhaupt noch eine Libido haben konnte, wo er doch jedes verdammte Mal wieder TenTens Namen stöhnte, bis er bemerkte, dass sie nicht mehr da war.

Neji-kun?“
 

„Neji-kun… o-oh mein…“ Lustvolles Stöhnen taucht den Raum in Licht, lässt sie fliegen und nie mehr landen. Ihre Finger bohren sich in seine angespannten Schultern, hinterlassen rote Striemen.

„Neji-kun?“ Sie berührt seine verschwitzte Stirn.
 

Neji biss seine Zähne zusammen, dann zog er Sakura an der Hand die Straße entlang, um sie bei sich zu Hause ordentlich durchzuvögeln.
 


 

Shino beobachtete aufmerksam, wie die junge Frau durch den Raum wirbelte, als wäre in ihren Adern kein Blut sondern Musik, sie das dunkelblaue Band bewegte, als wäre es eine Verlängerung ihres Armes. Es war nicht brutal, sie zerschnitt die Luft nur mit feinen, leichten Bewegungen und verbog sich wie der Bambus, den seine Mutter für ihn mit nach Hause gebracht hatte, bevor sie gestorben und Shino mit seinem Vater nach Yokohama gezogen war. Sie malte Wunderzeichen in die Luft und ließ sie vibrieren, drehte sich schneller, immer schneller, bis sie in einer perfekten Pirouette synchron mit der Musik ihre Kür beendete.

Shino lächelte.

„Sehr gut, Hinata-san.“ Hinata fuhr herum, mit der Grazilität derer, die wussten, dass jeder ihrer Schritte beobachtet wurde. Ihre Wangen röteten sich auf die bezauberndste Art und sie lächelte scheu aus ihren großen Augen. „Danke, Shino-kun.“

Er verbeugte sich vor ihr und dann verließ er den Raum, die Schritte leise und bedacht, die Gedanken voller verdrängter Probleme.
 

Hinata schüttelte irritiert den Kopf: „Komisch.“

Aber nett.

Nett, ja, nett war er wirklich. Sie hatte ihn durch Naruto kennen gelernt, die beiden hatten sich auf der Uni ein Zimmer geteilt, und auch, wenn sie jetzt nur noch spärlichen Kontakt zu Naruto hatte, kam Shino wieder, Woche für Woche, um ihr beim Üben zuzusehen. Sie sammelte ihre Utensilien ein. In zwei Wochen würde der nächste Wettbewerb stattfinden und es war irgendwie traurig, dass sie nur von Shino sagen konnte, dass er bestimmt kommen würde.
 


 

„Naruto, du bist so ein verschissener Idiot!“

Seit dieser Sache, wie alle diese… nun, Sache, nannten, war Kiba nicht mehr besonders gut auf Naruto zu sprechen, und es war vielleicht nicht einmal sonderlich abwegig, dass Kiba Naruto gegenüber eine tiefe Antisympathie empfand, wenn man bedachte, dass Naruto nur Akamaru sein Mittagessen gegeben hatte, obwohl es ganz offensichtlich spät nachts war. „Ja, ja“, machte er beschwichtigend, „sorry, Mann. Ich versuch nie wieder, dir zu helfen.“

Naruto war weniger fröhlich als früher, er war weniger glücklich und er war weniger kindisch – alles in allem: Naruto war erwachsen geworden. Es gab Menschen, die hätten das vielleicht gut gefunden, aber die meisten fanden es eher schlecht, denn ein erwachsener Naruto bedeutete einfach Resignation. Eine merkwürdige Tatsache.

Und Kiba, der Kerl, der niemals ohne Akamaru aus dem Haus gegangen war, hatte aus seinem Hobby einen Beruf gemacht. Er hatte einen kleinen Tierladen, vor allem auf Hunde spezialisiert und natürlich und selbstverständlich ohne Katzen. Naruto und Kiba – es war merkwürdig, dass sie sich jetzt gegenseitig halfen. Sie konnten sich nicht leiden, das hatte sich nicht geändert, und sie hatten auch keinerlei Gemeinsamkeiten. Wo Kiba einen merkwürdigen Putzfimmel auszuleben liebte, hängte Naruto seine Socken (immer noch) an seine Schreibtischlampe. Und seit dieser Sache hassten sie sich, sie verabscheuten sich zutiefst. Seit dieser Sache.
 

„Ach, Fresse, Idiot. Und jetzt verschwinde endlich aus meiner Wohnung.“

„Soll das ein Rauswurf sein, Inuzuka?“

„Ja.“

„Ich hab keinen Platz zum Pennen. Ich krieg erst morgen Lohn und wenn ich davor noch zu Hause auftauche, macht Matsuyama mich zu Hackfleisch.“

„Dann quartier dich im Gästezimmer und halt die Toilette ordentlich.“

„Okay. Ach, und Kiba?“

„Ja?“

„Schade eigentlich, dass wir uns nicht leiden dürfen.“

„Werd nicht sentimental, Uzumaki.“
 


 

„Hm…“ Sakura war kalt. Die Luft in dem Raum zitterte vor Kälte, während sie in sein merkwürdig ruhig-unruhiges Gesicht sah und sie sich fragte, was er träumte.

Sakura hatte nicht viele Regeln, an die sie sich hielt, aber eine Regel war ganz sicherlich, dass sie sich nicht an ihre Affären binden sollte. Einmal und nie wieder.

Sie rollte sich an den Rand des Bettes und starrte aus dem Fenster auf die immer noch hell erleuchtete Stadt. Tokio konnte sich definitiv nicht an Lichtertänzen mit New York City messen, an Originalität und Multikuli mit Berlin, an schlechtem Wetter und Fish & Chips mit London – aber sie hatte ihren eigenen Charme, dunkelblau, funkensprühend, und dabei so kalt, erotisch und bieder, die Stadt der Gegensätze, nicht sofort, erst auf den zweiten Blick.

Sie zog die weiche Decke näher an sich und vergrub ihre Nase darin. Neji.

Neji war merkwürdig. Er war Geschäftsmann, er war kalt – er war einsam. Mehr wusste sie nicht von ihm. Sakura hatte es hoch hinaus geschafft, vielleicht auf keine besonders nette Art, aber sie hatte es geschafft, und sie wusste, das hatte nur funktioniert, weil sie ein bisschen Menschlichkeit abgelegt hatte. Damals hatte sie sie sich zurückholen wollen. Neji hingegen wirkte nicht so, als hätte er überhaupt realisiert, dass er etwas verloren hatte und gerade das macht ihn absolut bedauernswert.
 

Irgendwann hielt Sakura es nicht mehr aus und drehte sich auf seine Seite des Bettes, sah in sein fein geschnittenes Gesicht, roch seinen Duft, spürte seine Präsenz. Es war so kalt. „Hm…“ Sie berührte kurz seine Wange.
 

„Das wird interessant.“
 


 

~ Ich beobachte dich, die ganze Zeit. Manchmal merke ich, dass du mich fast siehst, dass ich fast da bin, aber dann wieder nicht, dann flimmert es und ich merke, dass all die Anstrengungen umsonst waren. Was ist bloß aus dir geworden? ~

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Die Introduktion (lateinisch ‚Einführung‘, ‚Einleitung‘) ist in der Musik ein kurzer Instrumentalsatz, der einem Hauptsatz (z. B. einer Ouvertüre oder Sinfoniesatz), vorangeht.

Die Introduktion unterscheidet sich von der Ouvertüre und dem Präludium dadurch, dass sie keine abgeschlossene Form besitzt und kein in sich wirkendes Stück darstellt.
 


 

Ino räkelte sich im warmen Licht der Sonne, ihr nackter Körper eine eigene Symphonie, das beste aller Musikstücke. Hikari, bereits geduscht und angezogen, spielte an einer ihrer schwarzen Korkenzieherlocken.

„Wann musst du los?“ Ino setzte sich auf. Hikaris kühler Blick folgte den Siebenachtel-Bewegungen, sie zuckte kurz mit den Schultern: „Ich muss mich heute nur mit Uzumaki treffen, dann noch kurz bei Greenley-san ’n paar Unterlagen abholen, und im Büro vorbeigucken. Wird nicht ewig dauern. Spätestens gegen sieben bin ich wieder da.“

Die blonde Frau zog eine Schnute: „Und das nennst du früh? Einmal meinst du, einen freien Tag zu haben und das stellt sich dann als Hausbesuchstag heraus?“ Ino ließ sich theatralisch wieder in die weichen Kissen fallen. „Wie konnte ich mich bloß in dich verlieben?“

Hikari lächelte nicht. „Das frage ich mich auch.“
 

Die Sonne ging über Tokio auf. Es würde ein schöner, gleißend blauer Tag werden.

„Weißt du, warum ich Sonne mag?“ Inos blauer Blick war hart wie ein Saphir, endlos wie der Himmel und weich wie das Streichen des Windes über dem Meer. „Weil Sonne Schatten wirft.“

Damit beugte sie sich zu Hikari herüber und küsste sie auf den Mund.

„Dann sollten Sonne und Schatten mal schön zusammenbleiben, was?“ Hikari küsste sie zurück. Und lächelte nicht.
 

Einige Stunden später hatte Hikari es endlich geschafft, aus Inos Klauen zu entfliehen und ging mit festen, high-heels-klappernden Schritten in die Tiefegarage, schloss ihren Mercedes auf und gab in ihren Navigator die Straße, in der Inuzuka Kiba wohnte, ein.

„Vor mir kannst du dich nicht verstecken, Uzumaki-baka“, murmelte sie.
 

Als ihr Vater gestorben war, vor etwas über sieben Jahren, hatte er seiner einzigen Tochter und möglichen Erbin ein riesiges Netz von Wohnungen, Mietern und Arschlöchern hinterlassen. Die halbe Stadt war unter dem Besitz der Matsuyamas, die ganze Generationen lang diese Häuser verwaltet, vermietet und verpachtet hatten. Aber jetzt begann ihre Familie auseinander zufallen und so hatte sie von Anfang an beschlossen, sich Hilfe von auswärts zu besorgen. In welchen Resultaten es ausartete, wenn man sich nur auf sich selbst verließ, sah man schließlich.

Hikari war immer noch der Kopf der ganzen Sache, aber sie kümmerte sich nicht mehr um jeden einzelnen Mieter.
 

Uzumaki war in jedem Fall eine Ausnahme.
 

„Komme!“

Hikari massierte kurz ihre Schläfen, dann war sie ganz Geschäftsfrau.

„Ja, hallo?“ Inuzuka Kiba, der Typ mit dem riesigen Viech, das sich Hund nannte„Ukamara“ oder „Akamatsu“ oder zumindest etwas in der Richtung, war ihr über einige Dutzend Ecken bekannt. Wer den Überblick über seine Immobilien nicht verlieren wollte, musste die Stadt mit seinen ganzen Millionen Namen kennen. „Matsuyama Hikari“, stellte sie sich vor. „Ich bin die Vermieterin von Uzumaki-sans Wohnung – ich würde gerne mit ihm sprechen.”
 

Inuzukas Blick war das Übliche.
 

Eine Frau?

Eine heiße Frau?

Mein Gott, hat die Titten.
 

Sie lächelte professionell und sagte nicht das, was ihr im Kopf schwebte.

Fick dich, Hundefresse.
 

„Äh… Uzumaki? So wie-… äh… Uzumaki Kushina? Diese tolle Künstlerin, die gestorben ist? Nee… kenn ich nicht.“

Hikari rollte innerlich mit den Augen. „Schon gut, Inuzuka. Geh einfach wieder rein, üb ein bisschen zu lügen und sag Uzumaki, er soll sich anziehen.“ Dann hob sie ihre schmale Hand und besah sich ihre perfekt manikürten Fingernägel. Nur Klarlack. „Ich warte so lange unten an meinem Auto, er müsste es mittlerweile erkennen.“

Hikari wandte sich ab. Schade, dass es mittlerweile nicht mal mehr einen Reiz auf sie ausübte, solchen Wichsern zu zeigen, dass auch Frauen gut sein konnten.
 


 

Im Gegensatz zu letzter Woche war Hinata heute… erschöpft. Dass es so oft geschah, war nicht mehr besonders häufig, vor allem nicht mehr als drei Tage hintereinander, aber anscheinend hatte sie dieses Mal Pech gehabt.

„Oh Gott, Scheibenkleister!“ Sie schüttelte den Kopf. „Hinata, du bist erwachsen“, murmelte sie, während sie unter die Dusche stelzte. „Du darfst ‚Scheiße’ und all diese bösen, bösen Wörter sagen. Du wohnst nicht mehr bei Chichi-ue.“ Sie seufzte, als das kalte Wasser ihre müden Gelenke und Gedanken frisch machte.

Sie schloss ihre Augen; kurz sah sie etwas Rotes flackern, aber sie war gut im Ignorieren. Sie würde das schaffen.
 

Rotes Wasser, blaues Blut. Blut ist dicker als Wasser? War es nicht so? Ich ersticke daran, Hinata. Ich ersticke. Und ich will nicht mehr.

Lass mich gehen.
 

Ein lautloses Schluchzen entwich ihrer Kehle. „Oh mein Gott… bitte nicht…“

Sie schloss die Wasserhähne und stieg aus der Dusche, langsam, bedächtig. Aber es wollte nicht verschwinden.

Blut, überall Blut.

Hinatas schwarzes Haar hing ihr schwer auf dem Rücken, als sie nackt nach einem großen Handtuch griff. Ohne Tou-sama, ohne Kaa-sama…

Es roch nach Kokosnuss. Bis sie sich daran erinnerte, dass ihr Shampoo Kokosnussextrakt enthielt.
 

„Scheibenkleister.“

Hinata kroch durch die Wohnung, auf der Suche nach ihrem Handy, das ununterbrochen klingelte. Wo konnte das blöde Ding denn sein?

Waschmaschine! Sie eilte in das angrenzende Zimmer und wühlte in ihrer blauen Wäsche, ihre tastenden Finger auf der Suche.

„Hallo?“

Habe ich dir nicht schon Tausende von Malen gesagt, dass du dich mit ‚Hyuga’ melden sollst?

Und wenn ich keine Hyuga sein will?

„Gomen, Tou-sama.“

Komm mir nicht mit deinen Entschuldigungen.

„Kann ich dir irgendwie behilflich sein, Tou-sama?“

O-jii-sama fragt nach dir.

Und du?

Außerdem brauchen wir dich im Unternehmen, musume.“

„Wie geht es O-jii-sama?“

Er wird sterben.

„Soll ich nach Tokio kommen?“

Als eine Hyuga ist das deine Pflicht.

Bin ich denn noch etwas anderes als eine Hyuga, Papa?

„Hai.“

Außerdem müssen wir das mit der Erbfolge neu richten. Seit-… zwei Jahren haben wir keinen Erben mehr an der Spitze – das muss geändert werden.

„Ich werde meine Meinung dazu nicht ändern, Tou-san.“

Etwas anderes war ja auch nicht zu erwarten. Du bist die Erstgeborene, aber Hanabi war immer die Hyuga unter euch.

Soll das ein Kompliment sein?

Deswegen wird auch Neji dir helfen, das Unternehmen leiten.

„Neji?“

Dein Cousin, falls du das vergessen haben solltest.

„Ich…“

Neji-nii-san?

Ich erwarte dich in spätestens drei Tagen, Hinata.
 

Danke, Papa. Ich liebe dich auch.
 


 

Nein.“ Neji stützte sich auf Hyuga Hiashis Schreibtisch, seine blassen Augen zornesfunkelnd, sein Mund eine schmalen Linie.

„Es war keine Frage, die ich gestellt habe, Neffe. Es war ein Befehl. Du gehörst zur Familie derer von Hyuga und alle Hyuga haben einen Ruf zu verlieren, wenn sie uneinig erscheinen. Dass du und Hinata in den nächsten Wochen in der Villa leben werdet, ist überhaupt keine Frage.“

Hinata-sama?“

„Deine Cousine ist Publicity. Das dumme, kleine Gör denkt tatsächlich, dass sie mit diesen Turnereien eine Zukunft hat, aber wir alle wissen es besser, nicht war?“ Neji hatte Hinata als nichtssagendes, unnützes Mädchen in Erinnerung, das, obwohl es nur ein Jahr jünger als Neji war, nie seine eigene Meinung offenbart hatte – sie hatte prinzipiell nie etwas gesagt. Sie waren siebzehn lange Jahre gemeinsam aufgewachsen und sie hatte ihn immerzu beobachtet.

Hinata wusste das vielleicht nicht, aber er wusste es.

Mit ihrer leisen veilchenblauen Stimme hatte sie kein Aufsehen erregt, aber wenn sie gesprochen hatte, war es immer etwas Kluges gewesen. Es war Pech, dass er sie hassen musste, genauso wie den Rest dieser widerwärtigen Familie.

„Wenn sie es endlich einsieht, wird es Rummel geben und das haben wir nötig. Ihr beide werdet im Ostflügel wohnen. Ihr Zug kommt um 16 Uhr an.“ Hiashi reichte ihm einen Zettel. „Hol sie dort pünktlich ab.“
 

Neji rauschte aus dem Zimmer, das Bedürfnis zügeln müssend, jemanden langsam und gewalttätig zu massakrieren.
 

„Wichser.“
 


 

~ Manchmal sehe ich auch noch andere Menschen, Menschen, die ich kenne, aber sie interessieren mich eigentlich wenig. Wie merkwürdig… Ich bin genauso einsam, wie du es bist. ~


 


 

--
 

Ich wünsche euch hiermit einen superflutschigen, flauschigen, tolligen Rutsch ins neue Jahr (weil ich Silvester liebe, Weihnachten hasse) und bedanke mich herzlich bei den netten Kommentaren und den Favoriteneinträgen ♥
 

bells-mannequin

vergangenseinsblau


 

vergangenseinsblau

Vergangen sei vergangen

und Zukunft ewig fern.
 


 


 

Sakura war eine kluge Frau, die ihre eigenen Bedürfnisse vergessen konnte, wenn sie es wollte. Sie war von Natur aus einfach gestrickt, aber das hieß nichts. Von Natur aus anerkannt, war sie auch nur ein kleines Mädchen aus einer kleinen Stadt, das dachte, es wisse, was in der Welt abging.

Aber wenn sie etwas mittlerweile begriffen hatte, war es der Fakt, dass alles, was die Natur vorhergesehen hatte, gedreht und gewendet werden konnte, bis es dem Menschen gefiel. Die Frage war nur, wann die Natur zurückschlagen würde.
 

„Sakura-chan!“ Mit einem eleganten Blick über ihre schmale Schulter, blieb sie stehen und wartete, bis Hatake Kakashi-sensei bei ihr angelangt war. Der grauhaarige Mann umarmte sie innig, lächelte warm und sagte herzlich: „Hallo.“
 

Er war so menschlich.
 

„Du siehst übrigens absolut fantastisch aus.“

„Kakashi-sensei. Was machen Sie schon so zeitig hier?“

„Darf ich meine Lieblingsschülerin nicht schnellstmöglich besuchen, wenn ich schon in der Stadt der Städte bin?“

„Sie waren noch nie besonders witzig, Sensei. Die Witze aus dem Icha Icha Paradise habe ich damals nicht verstanden, und jetzt, wo ich sie verstehen würde, fände ich sie peinlich. Außerdem – haben Sie vergessen, dass ich beinahe bei Ihnen durchgefallen bin?“

„Das liegt daran, dass du dir nie Mühe für Geschichte gemacht hast. Und für Englisch schon gar nicht.“

Sakura sah Kakashi von der Seite an. Er war immer noch so gutaussehend wie eh und je, und sie wusste, er hatte diese Wärme und Intelligenz, dass seine Attraktivität nichts mit seinem Alter oder seiner Position zu tun hatte. „Weil ich die Zeit damit verbrachte, Sie anzuschmachten, Sensei. Weder in meinem Herzen, noch in meinem Kopf war Platz für Napoleons so-und-so-viele Völkerschlachten oder unregelmäßige Verben.“

Kakashi lachte sein raues Lachen. Und es reichte dieses Geräusch, so dass sie sich wieder daran erinnerte, warum sie sich damals in ihn verliebt hatte. In seinen Augen war diese leuchtende Freundschaft… und mehr.

„Es gab nur eine Völkerschlacht, Liebling. Bei Leipzig.“
 

Kakashi, der heiße, junge Lehrer, Sakura, das kleine Mädchen, das sich noch nie verliebt hatte. So berechenbar, so klischeehaft. Irgendwann hatte sie ihn aufgegeben, natürlich. Es war nur eine ernsthafte Schwärmerei gewesen, nichts von Bedeutung, und hätte sie sich nach ihrem Abschluss nicht mit ihm angefreundet, hätte Sakura mittlerweile nur noch eine Erinnerung an ihn als ihre erste Verliebtheit.

„Warum nennst du mich eigentlich immer noch ‚Sensei’, Sakura-chan? Ich bin nicht mehr dein Lehrer.“

Sakura lächelte schief. „Gewohnheit.“

„Kauf ich dir nicht ab“, antwortete Kakashi und sah sie mit einem ehrlichen Blick an, so viel ehrlicher als alles, was sie die letzten Jahre gesehen und gefühlt hatte, „du bist in den letzten Jahren mindestens zehn Mal umgezogen, du hast jeden Monat, jede Woche, eine neue Beziehung. Du bist sicherlich kein Gewohnheitsmensch.“ Kakashi machte eine kurze Pause, sie liefen über die Kreuzung. „Weißt du, ich hab mir überlegt, ob das vielleicht eine Art Schutzmechanismus ist. Weil du mal in mich verliebt warst und weil das ‚Sensei’ das einzige war, was uns voneinander getrennt hat. Und jetzt – wir sind doch Freunde, Sakura. Du bist nicht mehr in mich verliebt.“

„Vielleicht haben Sie recht… Sensei.“
 

Dann küsste sie ihn.

Und er erwiderte.
 

Vielleicht bist du auch die einzige Konstante in meinem kranken Leben. Vielleicht brauche ich das einfach.
 


 

„Es tut mir leid, Matsuyama-san. Ich werde Ihnen die Miete bezahlen, spätestens in einer Woche, ich werde mich niemals mehr verrechnen, ich werde nie mehr Partys schmeißen und meine Nachbarn mit Wasserbomben oder Eiswürfeln bewerfen – obwohl sie vielleicht ein bisschen Abwechslung in ihrem beschissenen Leben brauchen könnten – ich werde niemals mehr irgendetwas tun, was Sie verärgern könnte. Es tut mir leid.“ War es das, was sie hören wollte?!

Bitteschön, da hatte sie es. Kroch er eben zu Kreuze, alles war okay, solange er die Wohnung behalten konnte.

Matsuyama seufzte: „Soll ich so tun, als würde ich dir das abkaufen oder nicht?“

„Was wollen Sie denn dann, huh? Los, sagen Sie’s mir!“

Ihr Blick blieb kühl und reserviert und verdunkelt hinter dem Bernsteinbraun, als würde es sie absolut ankotzen, hier sein zu müssen und sich um so ’nen kleinen Möchtegern wie Uzumaki Naruto zu kümmern.

Er wuschelte sich durch die Haare, ein Ausdruck vollkommener Verzweiflung auf seinem simplen Gesicht. „Ich weiß es nicht, verdammt. Ich weiß es einfach nicht.

„Wusstest du, dass mein Vater deinen Vater gekannt hat?“ Er hob seinen Kopf in den klaren Himmel. Was interessierte ihn das? „Nein.“

„Er hatte es immer leicht in seinem Leben. Geboren als Sohn eines neureichen Schnösels, mit einem hübschen Gesicht und vielen kleinen Mädchen, die ihn und sein Geld angehimmelt haben, hat er sich ein nettes Leben mit Affären und Kaviar gemacht. Und deine Mutter genauso: Schauspielerkind, selbst wunderschön, so viele Verehrer, Talent überall.“ Matsuyama hatte einen komischen Unterton dabei. „Was ich damit sagen will: Deine Eltern waren Glückskinder. Du nicht.“

Glückskinder?!

Naruto lachte trocken: „Was wollen Sie mir damit sagen? Dass mein Vater nicht mal wusste, dass ich da bin, bevor er das einzig Gute in seinem Leben getan hat, nämlich verdammt noch mal zu sterben?! Dass meine Mutter eine verzogene Tusse war, deren einziger Lebensinhalt das Fertigmachen anderer Menschen war? Bis ich gekommen bin und sie mit meinem verkackten Leben getötet habe?! Soll mich das jetzt irgendwie aufmuntern?“

„Es war nicht zu deiner Aufmunterung gedacht, Naruto. Hier geht es ganz allein um dich und du hast nun mal Pech gehabt. Mach was draus oder lass es bleiben.“ Mit diesen letzten Worten holte sie einen blauen Aktendeckel aus den endlosen Weiten ihrer Handtasche und drückte sie ihm in die Hand. „Ich brauche die Miete in spätestens einer Woche. Wenn du sie dann nicht hast, bist du raus.“ Und nach kurzem Schweigen fügt sie hinzu: „Tut mir leid.“
 

Naruto sah zuerst auf Matsuyama, mit festen Schritten zu ihrem Auto gehend, dann auf die blaue, halbtransparente Mappe aus Kunststoff, erstarrte, seufzte, ballte seine freie Hand zur Faust.
 

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Er warf seine Hände in einer wütenden Geste in die Luft, die Mappe immer noch festhaltend.
 

„He, du da oben! Gott! Frühlingsrolle! Wie auch immer! Hab ich dir irgendwas angetan – oder macht es dir einfach Spaß, mich fertig zu machen?“
 

Von oben konnte Naruto Akamarus Bellen hören. Dann: „Mann, Akamaru! Wie oft hab ich dir gesagt, dass du nicht auf Narutos Sachen pissen sollst?!“
 

Danke, du mich auch.“
 


 

Einzukaufen war eine böse Sache.
 

Nein, falsch.
 

Einkaufen war die tollste Sache auf Erden. Es war wie ein Stück Blaubeerentörtchens einer Welt, in die Ino nie hatte eintreten wollen, die sie immer nur leicht gestreift hatte, deren Duft sie nur kurz auf der Zunge geschmeckt hatte, und deren Geräusch sie nur flüchtig erblickt hatte. Sie wollte nicht herein, aber sie konnte sich auch nicht davon abhalten, nicht mehr zu fühlen. Fühlen tat zu gut.

Einkaufen bedeutete, etwas Handfestes zu erhalten, mit Geld, das man zuvor erarbeitet hatte. Wobei arbeiten relativ zu sehen war.

Ino war Mittelklasse. Die Yamanaka-Familie hatte nie viel, aber immer ausreichend gehabt. Ihre Eltern waren liebevoll gewesen, hatten für eine ordentliche Ausbildung auf einer netten Privatschule, die sie von Angespartem finanziert hatten, gesorgt – und waren stockkonservativ gewesen.

Ino wusste nicht genau, ob sie wirklich lesbisch war, sie wusste nicht, ob sie einfach bisher mit den Männern in ihrem Leben Pech gehabt hatte, aber sie wusste, dass sie Hikari liebte. Und es war Ino absolut egal, ob ihre Familie damit einverstanden war oder nicht.

„Das macht dann 20790 Yen, Yamanaka-san.“

Ino lächelte ihr bezauberndstes Lächeln, bezahlte bar und ging mit den neuen Klamotten aus dem Geschäft. Draußen holte sie sich eine riesige Kugel Eis mit Sahne und Schokoladenstreuseln und setzte sich mit der Sonnebrille auf der Nase auf eine sonnengewärmte Bank.

„Hmm…“, machte sie zufrieden und lächelte mit geschlossenen Augen. Dann öffnete sie sie wieder.

Und ließ ihre Eiswaffel fallen.
 

Da stand er, genau an der Kreuzung, die Hände in die Hosentaschen einer dunklen Denim vergraben, der eisige Blick sonnenbrechend, das Aussehen wie das eines Adonis’.

Ein absolutes Arschloch.

Kurz streiften sich ihre Blicke, es war wie negativ und positiv, funkenschlagend, mystisch, erotisch, dann drehte Uchiha Sasuke den Kopf weg, lief mit langen, wildkatzenartigen Schritten über die Kreuzung.

Ino kannte Sasuke nicht gut, obwohl sie so lange auf der gleichen Schule gewesen waren. Wobei natürlich kennen relativ zu sehen war. Sie kannte die Narbe auf seinem Rücken, sie kannte seine dunklen Augen. Sie kannte seine Art, Gefühle zu ignorieren, sie hatte ihn schließlich lange genug– … geliebt. Sie kannte ihn in- und auswendig, hatte sie damals gedacht, aber damals hatte sie auch gedacht, sie würde Model werden, damals hatte sie so viel gedacht, und nichts hatte sie weitergeführt. Auch nicht Sasuke.

Trotzdem. Er war der, dem sie ihre Unschuld geschenkt hatte.
 

Und er war wieder in der Stadt.
 

„Oje.“
 

Dann ging sie wieder zum Eisstand und kaufte sich erneut eine Kugel Eiscreme.
 


 

„Wir würden dann gerne zahlen“, sagte Kakashi zum Kellner gewandt, der einmal kurz nickte und dann weiterrauschte. Sakura sah ihn an, die ganze Zeit. Es irritierte sie, dass es ihn nicht irritierte. „Ist was?“ Und er war unverblümt wie in all den vorhergegangenen Jahren.

„Es ist nichts, Sensei.“ Seine Antwort bestand aus einem kurzen Blick, spöttisch und angenehm warm zugleich.

Sakura zuckte die Schultern: „Was soll schon sein?“

„Vielleicht irgendetwas, das dich schon jahrelang verfolgt? Eine alte Liebe?“

„Sie schließen von sich selbst auf andere. Nur weil Sie mir jahrelang hinterrennen, bedeutet es nicht, dass ich jemandem folge. Ich renne eh nicht. Macht die Frisur kaputt.“ Sakura schüttelte unwillig den Kopf.

„Ich hoffe einfach, Sakura. Vielleicht ist irgendwann der Tag, an dem ich für immer bei dir bleiben kann?“

Die hübsche Frau rieb sich ihre Oberarme. Das Gespräch hatte eine unangenehme Wendung angenommen. „Wie lange sind Sie schon ledig, Kakashi-sensei?“

Er zog eine Augenbraue hoch und lächelte schief: „So lange, wie du vor mir wegrennst. So lange, wie du dich schon an ein Gespenst klammerst.“

„Und Sie klammern nicht?“

„Das habe ich nie behauptet, Sakura-chan.“ Seine große Hand griff nach Sakuras. „Aber du bist immer noch hier, nicht wahr? Ich kriege dich, egal, wie schnell du bist.“ Er zögerte kurz. „Ich habe keine Ahnung, wer du bist, Sakura, schon lange nicht mehr, aber ich würde es gerne irgendwann wieder wissen.“ Er sah kurz auf die Quittung, die der diskrete Kellner ihm reichte, dann gab er ihm genau abgezählt das Geld und ging mit harten, geraden Bewegungen aus dem Restaurant.
 

Sakura seufzte auf, richtete ihren Blick auf die dunkelblaue Skyline Tokios.

Kakashi war so sehr die Liebe, die sie vermisste, so sehr die Zärtlichkeit, dass sie beinahe hier anfing zu heulen. Er war so ganz anders als Neji, aber mit Neji hatte sie nie Liebe in Verbindung gesetzt. Neji war kalt, fast so kalt wie sie, aber nicht kalt genug, um wieder warm und menschlich zu sein.
 

So sehr Stillstand wie sie.
 

Sakura hatte einmal Medizin studiert. Sie hatte Kinderärztin werden wollen. Und jetzt war sie eine Mätresse. Eine Edelkonkubine ohne Geldbezahlung. Eine Künstlerin. Dies war mieser als alles andere.

Die Vorstellung Hatake Kakashi an ihrer Seite zu haben, war so sehr … verführerisch, dass sie wusste, es konnte nur ein Traum sein. Früher war Sakura dazu geschaffen gewesen, Kindern zu helfen, eine Familie zu haben, ein glückliches, spießiges Leben zu führen – aber früher hatte Sakura auch nicht so oft über die Vergangenheit nachgedacht wie jetzt, früher hatte sie auch geliebt, früher war vorbei.
 


 

~ Sie ist die, die gerade an deiner Seite ist. Eine merkwürdige Frau mit viel Geschmack, einem großen Herzen und den Gedanken weit, weit weg. Aber sie liebt dich nicht. Nicht wie die andere ~


 


 

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Ich mag Kakashi. Ich meine, ich sage euch, das wird der einzige Kerl in der ganzen FF sein, der nicht vollkommen Banane ist. UND er macht sich Sorgen um Sakura.

Wer mich von anderen FFs kennt, weiß, dass ich Naruto gern mit Hinata zusammenpacke. Na?
 

Liebe Grüße,

bells
 

PS: Danke für die bisherigen Reviews und Favoriteneinträge.

Es freut mich, dass es euch gefällt!

PPS: Zitat am Anfang von Clemens Brentano (Werk: Wenn der Sturm das Meer umschlingt)

zusammentreffensblau


 

zusammentreffensblau

Plötzlich streifte Stirn an Stirn,

Streifte Wang' an Wange.

Taumelnd ward mir's im Gehirn,

Und die Brust schlug bange.
 


 


 

A-arigato“, murmelte Hinata zu dem netten jungen Mann, der ihr geholfen hatte, ihren Koffer in die Gepäckablage zu hieven.

„Kein Problem“, lächelte dieser und setzte sich ihr gegenüber hin, bevor er ein mitgenommenes blau eingeschlagenes Buch aus seiner Tasche zog und an einer Stelle, die mit einem Eselsohr markiert war, weiterlas.

Hinata wurde ohne Grund rot und sah verlegen aus dem Fenster, während sie sich bemühte, sich unsichtbar zu machen. Dann blickte sie in ihren Schoß, auf ihre zitternden Hände und ließ ihre Haare wie einen kaskadenförmigen Schleier vor ihr Gesicht fallen. Sie seufzte leise.

„Was gibt es denn zu ächzen, schöne Dame?“, grinste ihr Gegenüber spitzbübisch, aber in seinem Blick war ein merkwürdiger Scharfsinn zu sehen.

Einen Moment weiteten sich ihre Augen in erschrockener Furcht vor einem Gespräch, doch dann sah sie Hanabis und Narutos Lächeln, und stotterte: „Ich… i-ich fahre zu m-meiner Fam-… zu meinem Vater.“

Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Irgendjemand tot?“

Hinata hatte vor vielem auf der Welt Angst, vor so vielen Dingen, dass sie sie nicht mehr zählen konnte, aber Unverblümtsein gehörte definitiv nicht dazu. Nicht mehr. „So ähnlich.“

„Mein Name ist Sen.“

„H-hyuga Hinata.“

Sen stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Hyuga wie in Hyuga-Companies?“

Sie nickte verlegen. „Nicht schlecht“, sagte er im blasierten Ton eines Neureichen, der sich davon beeindrucken ließ. Sie starrte ihn an. Und kicherte los. Sie gluckste so sehr, dass sie Schluckauf bekam, und irgendetwas Fröhliches rumorte in ihrem Bauch, als sie Sens weiches Lachen hörte.
 

„Und du machst wirklich bei der japanischen Meisterschaft mit?“ Sen starrte sie an, als sei sie etwas Besonderes. Es war schon sehr lange her, dass dies geschehen war.

Gott, Hinata, du bist das zauberhafteste, beste Mädchen, was es auf dieser großen, weiten Welt gibt!

„N-nein, nur bei der Auswahl – au-außerdem hat sich das eh erledigt, weil mein Vater mich… zu sich holt. Ich werde nicht üben können und außerdem-… hasst er es. Er hasst es, dass ich Rhythmische Sportgymnastik und ‚d-dumme Kindereien’ veranstalte.“

Er runzelte die Stirn: „Und du lässt dich davon einschüchtern?“

Ja, das tat sie. Aber er kannte ihren Vater nicht, Sen kannte ihn kein bisschen. Sie kannte ihn kein bisschen. Ihr Vater war immer ein Mysterium gewesen, das sie sich nicht getraut hatte, erforschen zu wollen, und jetzt schien er sie zu verabscheuen und sie konnte es vollends verstehen.

Dieser junge Mann, Sen, schien mit seiner Stimme, seiner Art, seinem Lächeln ihr Leben bis ins kleinste Versteck durchleuchten zu können, während er dabei selbst aus Höflichkeit die Augen schloss, sodass sie es allein verstehen lernen konnte. Aber alles, was sie sah, war wirr und unverständlich, und so ließ sie ihren Blick zum Fenster wandern und fokussierte die kleinen Regentropfen, die sich fast horizontal auf der Glasscheibe bewegten. „Ich bin müde“, sagte sie nur. Und Sen antwortete nichts.
 

Was gab es auch schon groß zu reden?
 

Hinata“, hörte sie ein leises Rauschen neben ihrem Ohr. „Hinata…“

Sie presste die Augenlider aufeinander, bemühte sich, die Stimme ihrer Schwester auszublenden. „Hinata, dein Bahnhof wird in drei Minuten erreicht.“

„Was?“ Sie schreckte hoch, ihre großen Rehaugen in Schock aufgerissen.

Sens Gesicht lächelte amüsiert, nur zehn Zentimeter vor ihrem.

„Es sind noch d-dreißig Minuten, habe ich Recht?“, seufzte Hinata.

Sen zuckte reuelos grinsend die Schultern: „Nur siebenundzwanzig, aber ich glaube, das, was du meinst, habe ich verstanden.“

Sie sah aus dem Fenster und hinter den dunklen Wolken und den großen Tropfen sah sie ihr müdes Gesicht mit den dunklen Augenringen und den unordentlichen Haaren. Sie kramte nach ihrer Handtasche, stand auf und zog die Tür ihres Abteils auf: „Ich g-geh mich frisch machen.“

Sens Blick glitt prüfend über ihren Körper, bis hin zu ihrem rot anlaufenden Gesicht. „Du bist auch jetzt schon hübsch.“

Hinata antwortete darauf sicherheitshalber nichts und beeilte sich, sich in die nächste Toilette zu zwängen. Ihre Hände zitterten, als sie ihre Bürste herausholte.
 


 

Nejis ganze Körperhaltung strahlte Anspannung und Gewalt aus, während er sich an sein Auto lehnte und wartete, dass seine verdammte Cousine endlich kam. Er sah entnervt auf seine Uhr: Noch elf Minuten bei pünktlicher Zugankunft. Was war besser? Bei seinem Onkel seine Wut im Griff behalten müssen, oder auf seine kleine dumme Base wartend, seine Wut im Griff behalten müssen? Er visierte einen nach dem anderen, alle, die auf dem Parkplatz stand. Der Müllmann, der sich kaum bücken konnte und lachend von zwei kleinen Gören betrachtet wurde. Deren Mutter, die abwesend ins Nichts starrte. Diese blasierten Geschäftsfuzzis, die dachten, sie hätten die Welt in ihren Händen, dabei waren sie der Staub unter den Teppichen der Angestellten derer, die wirkliche Macht besaßen. Aber irgendwann war selbst er, der ungeduldige geduldige Hyuga Neji, es leid, Menschen zu betrachten, die in ihm nur Abscheu hervorriefen. Wie die meisten Menschen.

Also tat er es wie die Frau und zerrupfte die Luft vor seinen Augen. Den graublauen Smog, der sich in jeder erdenkbaren Nische ganz Tokios eingenistet hatte, den Zigarettenrauch der Millionen Menschen, das schwere Parfum und Deodorant. Und er fragte sich, ob man Luft zerschneiden konnte.

Neji, Neji, Neji, du bist so ein komischer Kerl, weißt du das?

Ja, verdammt, er wusste es.

Diese Hinata – wer ist das? Du redest von ihr, als wäre sie jemand, den du duldest…

Hinata war eine kleine dumme Göre, die durch eine Aneinanderkettung von Missständen, beginnend mit seiner Geburt, endend mit dem Tod seines Vaters, mit ihm aufgewachsen war. In jeder Hinsicht nur ein nerviges Mädchen.

„Neji-nii-san…“ Neji drehte sich langsam um, eine seiner tausendundeinen Angewohnheiten, die er in Anwesenheit derer pflegte, die ihn auf Schritt und Tritt beobachteten und darauf warteten, dass er zögerte, stolperte, fiel. Es hätte ihn irritieren müssen, dass er auch bei ihr so reagierte, aber im Nachhinein war das alles sehr, sehr logisch.

Hinata hatte einen großen Koffer und eine Umhängetasche dabei, ihr Haar hing in einem losen Knoten in ihrem Nacken und ihre Augen waren geweitet und übermüdet, während sie sich ein paar Regentropfen von der Wange wischte. „Wie geht es d-dir?“

Er neigte nur leicht seinen Kopf, dann nahm er ihr die Koffer ab und stellte sie in den Kofferraum. Sein langes Haar fühlte sich schwer vom prasselnden Regen an, aber noch mehr störte ihn dieser Einfallwinkel, den Hinatas Blick hatte. Stumm öffnete er ihr die Tür zum Beifahrersitz und ging auf die andere Seite, um ebenfalls ins Auto einzusteigen.
 

Die Fahrt verging schweigend. Natürlich wusste Neji, dass Hinata gern reden würde, nicht, weil sie sich so gern unterhielt, sondern weil sie dieses unangenehme Schweigen beenden wollte, aber so sehr sich ein Mensch auch verändern konnte, Hinata hatte sicherlich nicht ihre Schüchternheit abgelegt.

Er würde ihr den Gefallen nicht tun.

Und so hörte er ihre scheuen Augen im Fahrzeug herumschwirren, wie sie die nassen Straßen Tokios beobachtete, sein Gesicht betrachtete; ihr Blick fiel auf seine verkrampften Hände am Lenkrad.

„E-es ist ziemlich lange h-her, nicht wahr?“

So wichtig, dass er die Tage, Stunden, Minuten zählen würde, war sie ihm nicht, so wichtig war ihm niemand mehr. Tot.

„Wie geht e-es o-baa-san?“

Vor allem die nicht. Sie hatte ihn schon immer abgrundtief verabscheut, mit einem Ekel, der ihn selbst verstört hatte, damals, als er noch jünger und verletzlicher gewesen war, mit einer Erbitterung, die ihn sich gefragt haben ließ, ob er irgendwie falsch war, und jetzt, so viele Jahre später, konnte er sicher sagen: Ja, er war falsch.

„Und TenTen-san?“

Die Reifen quietschten protestierend und etwas explodierte, als Neji für einen kurzen Moment der Schwäche die Kontrolle verlor und auf der leeren Landstraße schlitterte. Er atmete einmal schwer. „Scheiße, Hinata. Hör auf, mit mir zu reden, hör auf, mich über mein Leben auszufragen, es hat dich nicht zu interessieren. Dein geehrter Erzeuger wird uns für die nächsten Monate in diese beschissene Villa einsperren und ich habe keine Lust, es noch schlimmer zu machen, verstehst du das? Ich hab es satt.“

Hinata war zurückgezuckt, als ihr sonst so nüchterner Cousin lauter geredet hatte, gemeiner geredet hatte, und Neji wusste, sie wünschte sich, er würde lieber wieder nichts sagen als solches. „A-acht Jahre, n-nii-san. Wir h-haben uns acht Jahre und z-zwei Monate nicht ge-gesehen, nicht geschrieben, n-nicht gehört.“ Dann sagte sie nichts mehr, und er wusste nicht, ob er das schlecht oder schlechter finden sollte.
 


 

„Hinata. Neji.“ Hiashi höchstpersönlich empfing sie an der Tür, aber ansonsten hatte sich nichts geändert. „Ihr wohnt im Ostflügel“, sagte er beiläufig, während er beobachtete, wie seine Tochter und sein Neffe ihre Jacken und Schuhe auszogen und in die Hausschuhe schlüpften. Ein diskreter Hausdiener begann, Hinatas Gepäckstücke wegzuräumen. Hinata ließ sich von all dem Pomp und Prunk nicht mehr so offensichtlich beeindrucken wie vor einigen Jahren, aber Hyuga Hiashi war ein guter Beobachter und selbst einem drittklassigem Idioten würde das Zittern auffallen, als sie ihren Mantel auszog und ihre zitternden Finger am zweiten Knopf verweilten. Neji sah aus wie sein Vater, und obwohl das eigentlich bedeuten sollte, dass er auch aussah wie Hiashi, war dem nicht so. Irgendetwas war falsch. Sein Blick war starr auf etwas gerichtet, das nicht in dieser Sphäre zu sein schien und sein Mund war ein immerwährender schmaler Strich.

„Du wohnst in deinem alten Zimmer, musume. Neji, du beziehst das Zimmer gegenüber deiner Cousine. Essen wie früher um acht, vierzehn und neunzehn Uhr. Natürlich könnt ihr auch in der Küche essen oder etwas kommen lassen.“ Hinatas Mund verzog sich, aber sie sagte nichts.

„Wir sehen uns morgen.“ Hyuga Hiashi verließ die beiden.

Mit einem Seufzen warf Hinata einen letzten ruhigen Blick auf ihren Cousin. Neji taxierte die blütenweiße Wand und schien nicht unbedingt in sein Zimmer zu wollen. Um genau zu sein, schien er überhaupt nichts zu wollen, außer zu sterben.
 

Hinata seufzte erneut und ging gen Ostflügel.
 

Es würden die längsten Monate ihres Lebens werden.
 


 

~ Ich wusste doch, dass sie hübsch ist ~


 


 


 


 

--
 

Tut mir leid, dass ich ein bisschen spät dran bin... allerdings hab ich auch die Ausrede mit meinem PC: Ha! xDDDDD
 

Mehr will ich auch gar nicht labern, also:

Schöne Grüße,

bells
 

PS: Ein kleiner Nachtrag nebenbei: Mir ist aufgefallen, dass ich Kommentare anziehe, die zwar lang und wundertoll und bezaubernd und grandios sind, sich auf alles bisherige beziehend, sich allerdings so gut wie keine Menschen - Tiere oder meinetwegen auch Schwermetall - einfach so mal dazu aufraufen, mir was zu schreiben. *Schultern zuckt* Ich weiß nicht. Es wäre nur nett, wisst ihr? :)

PPS: Zitat vom Anfang aus dem Gedicht "Zusammentreffen" von Victor von Strauß und Torney.

dominoblau


 

dominoblau

Strategietipps: Steine mit einer Differenz des gespielten Divisors (beim Doppel-12er also sieben: 0/7, 1/8, 2/9, 3/10, 4/11, 5/12) sowie der Doppel-Nuller und Doppel-Siebener sind wertvolle Steine, die angelegt werden können, wenn der vorhergehende Spieler punkten konnte.
 


 

Uzumaki Naruto wachte um Punkt zwei Uhr nachts mit dem Bedürfnis auf, dringend pissen zu müssen. Leise seufzte er, fuhr sich mit einer Hand über das schlaftrunkene Gesicht und schlurfte in Kibas Badezimmer. Langsam stieß er nicht einmal mehr gegen all die merkwürdigen Gegenstände, die trotz Inuzukas Ordentlichkeit eine Verwirrung bei Gästen hinterließ, die niemand eigentlich wirklich beschreiben konnte, auch Naruto nicht. Früher hatten hier Shino und Kiba gemeinsam gewohnt, aber Aburame Shino war hochgestiegen, hatte sich eine eigene Wohnung und eine Verlobte leisten können und zog aus der Gefahrenzone ins Herz des weiten nahen Sendai, während Kiba weiterhin in der Magensäure Tokios schipperte. Kibas Geschäft lief gut, vielleicht, weil er ein so schrecklicher Tiernarr war, vielleicht aber auch, weil es die einzige Tierhandlung in der Umgebung war. Eigentlich war es Naruto ja auch vollkommen egal, aber in Momenten wie diesen, zu Uhrzeiten wie diesen, begann er manchmal, melancholisch zu werden, sich nach den alten Zeiten zu sehnen, in denen das schrecklichste aller Gefühle gewesen war, nicht die neueste Band zu kennen und keines der beliebten Mädchen zu küssen, sich nach den Zeiten zu sehnen, in denen es ihm nichts ausgemacht hatte, arm wie eine Kirchenmaus zu sein.

Das Schlimmste war allerdings, dass er wusste, wie reich beide seiner Elternteile gewesen waren. Sein Vater war, wie Matsuyama so fürchterlich nett erwähnt hatte, ein reicher Erbe gewesen, seine Mutter mit ihren Bilderausstellungen, Theaterspielereien und Modelaufträgen auch einigermaßen über die Runden gekommen – mit Zusätzen von ungefähr einer Millionen US-Dollar. Das Geld seiner Vaterseite würde er niemals zu Gesicht bekommen, was er irgendwie verstehen konnte, weil er ein Bastard war – und seine Mutter… nun, irgendwo schien da ein Loch gewesen zu sein, das man mit dem Geld der toten Tochter wieder hatte auffüllen müssen. Nichts mehr da für den kleinen Enkel. Manchmal sehnte sich Naruto nach einer Familie, nach Großeltern, die mit ihm spielten, ihn verzogen und ihm Geld in die Hosentaschen steckten, aber er glaubte kaum, dass er solche bekommen hätte, auch wenn er nicht im Waisenhaus aufgewachsen wäre.
 

Er betätigte die Spülung, wusch sich schnell die Hände, und schlüpfte gerade wieder in das Gästebett, als er das Tippen aus Kibas Zimmer hörte. Er schüttelte missbilligend den Kopf. Kiba war damals nie auf Partys gegangen. Er hätte schließlich nicht seinen damaligen, heißgeliebten Husky Rocky mitnehmen dürfen und Hinata war auch nie der Fall für solche Veranstaltungen gewesen. Und dennoch hatte Kiba immer am längsten durchgemacht, mit einem kleinen Lämpchen, seinem Notebook und einer Menge Ideen. Kiba schrieb Kurzgeschichten. Damals hatte das niemand geglaubt, niemand hatte es von dem hundebesessenen, mittelmäßig begabten Jungen gedacht, aber es waren schließlich auch keine normalen Geschichten. Es waren Tiergeschichten, authentische, schöne Kindergeschichten über alle Tiere, die es gab – bis auf Katzen. Dabei brauchte er das Geld gar nicht mal so dringend. Wie schon gesagt – das Geschäft brummte angenehm, Kiba konnte sich für sich und seinen Hund eine herrliche 3-Zimmer-Wohnung leisten und dennoch schrieb er für Verlage, die ihn auch immer wieder gerne nahmen. ‚Es macht mir Spaß, ich verdien dabei Kohle – warum sollte ich damit aufhören?’, sagte er immer. In solchen Momenten packte Naruto das schlechte Gewissen. Nicht, dass er sich keine Mühe gab – es war einfach nur so, dass er kein Talent fand.

Absolut gar keines.

Sein Abschlusszeugnis war bescheiden ausgefallen, Kampfsport, die Sache, die ihn zehn Jahre lang am Leben erhalten hatte, hatte er abbrechen müssen, nachdem er die Schule und damit auch den Schulclub verlassen hatte, und er hatte weder in der Arbeit, noch in der Liebe irgendwie Glück gehabt. Er hatte die Ausbildung zum Sekretär zwar abgeschlossen, doch niemand hatte ihn genommen, er hatte einige Lehren begonnen und wieder abgebrochen – sein momentaner Aushilfsjob im Altenheim… er gab es gerne offen zu, mit seinem Temperament könnte er genauso gut Domino-Day-Mitarbeiter sein. Oder genauso schlecht. Wie man’s sah.

Er zog seine Decke höher und schloss die Augen.
 

Er hatte gar keine andere Wahl, als es bei den Hyugas zu versuchen.
 

Es war gelogen gewesen. Naruto sah das sofort, als er vor dem hochmodernen Gebäudekomplex stand, das ihn ein bisschen an Cinderellas gläsernern Schuh erinnerte. Genauso horrend verzweigt, genauso gefährlich nah am Umknicken und Weiter-Dienstmagd-Bleiben, genauso verwirrend wie die Frau, dem der Schuh gehörte, in all ihrer Ehrlichkeit und Freundlichkeit, die Cinderella immer noch außen gezeigt hatte, mit ihrem Lächeln und dem glasblauen Ballkleid – aber Uzumaki Naruto hatte schon sehr früh gemerkt, dass auch die Märchenprinzessin ihre Tricks genutzt hatte, um besser zu wirken, als sie es wirklich wahr.

Hyuga war alles in allem nur ein Spiegelbild dessen, was alle Menschen wollten, Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Tollste im ganzen Land?, aber damit machten sie ihre Kohle und irgendwie stieg er schließlich auch selbst mit in dieses Spiel ein, wenn man bedachte, dass er vorhatte, von nun an ebenfalls aus diesem Geldquell seinen täglichen Esslöffel holen zu wollen.

Wenn er über die Schwelle dürfte.

So, wie Naruto sich nämlich in diesem Moment fühlte, und so, wie all die Spiegel und Fenster ihn reflektierten – so würde er nicht weit kommen. Er seufzte.

Er hatte schon viel Glück in seinem Leben gehabt. Er hatte einen besten Freund, der sich zwar wie ein Arsch benahm, irgendwie auch eins war, aber trotzdem immer dann auftauchte, wenn Naruto ihn brauchte; er hatte diese eine Beziehung gehabt, die alles erhöht und beflügelt und schön gemacht hatte. Hey – zumindest lebte er nicht auf der Straße und musste in einer Mülltonne schlafen oder so. Unter der Mülltonne, zum Beispiel.

Zusammenfassend allerdings schien sein Leben nur eine Aneinanderreihung von katastrophalen Zufällen. Dominosteinen.

Einfach.

Und jetzt stand er, der dumme, mutige, waghalsige Uzumaki-Bengel, vor der Tür des Gebäudes, das irgendwie Anfang und Ende markierte, Dinge, die man sich nur zusammenreimte, um es sich einfach zu machen, Dinge, die es eigentlich nicht gab, und traute sich nicht diesen verdammten Schritt zu machen und zu hoffen. Hoffnung, hatte er vor Zeiten herausgefunden, konnte nur aus dem dreiundvierzigsten Stock geworfen werden und zerbrochen vor seinen Füßen landen.
 

Naruto atmete tief ein.

Und als er sich umdrehen wollte, um wegzurennen, war er wieder einmal da.
 

„Gerade noch rechtzeitig, was Dobe?“

Uchiha Sasukes Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln.
 


 

Ein. Aus. Ein. Aus.

Das einfachste auf der Welt.

Oder?
 

Er hatte nicht einschlafen können. Er hatte von jeher Schlafprobleme gehabt, er hatte schon früher, als er noch in einem der anderen Zimmer dieses gewaltigen Hauses gelebt hatte, schlecht schlafen können.

Damals hatte er dann auf die Schritte seiner Tante, Hinatas und Hanabis Mutter geachtet, leise und beschwingt, glücklich lächelnde Schritte und das Herz so voller Liebe, dass er gar nicht anders gekonnt hatte, als sie zu hassen, diese Frau, von der er sich immer gewünscht hatte, dass sie seine Mutter wäre.

Nun, Träume waren dazu gemacht, um sie zu zerstören. Natürlich war sie gegangen. Manchmal hatte er dann nicht glauben können, dass sie deren Mutter gewesen war. Wie sie trauerten, wie ihr wässriger Blick wie in einem von Swarowski angefertigten Glaskrug umherschwappte, wie die Tränen unsalzig und blass schmeckten – manchmal fragte er sich, ob sie Hyuga Hiroko eigentlich wirklich geliebt hatten.

Letztendlich war es doch nur wieder eine Verbindung von Machenschaften, die ihn verenden lassen wollten, nicht wahr?

Gut, jetzt war er auch noch paranoid und größenwahnsinnig.

Ein weiterer Punkt auf der langen Liste seiner schrecklichen Makel. Er drehte sich auf die andere Seite seines Bettes und öffnete die Augen.
 

Je weniger er schlafen konnte, desto besser konnte er atmen, war ihm aufgefallen. Weniger Zeit, aus Angst vor Albträumen lieber Unterlagen durchzusehen. Selbst das Meditieren half nichts, absolut nichts.

Damals war es zumindest ein Ansatz von Ruhe gewesen, der ihn gestreift hatte, wenn er sich in diesen Zustand hatte versetzen wollen.

Aber damals war alles auch um einiges einfacher gewesen. Natürlich, er war immer der Hyuga-Streber gewesen, der er von allen erwartet worden war, die klägliche Figur perfekt zugeschneidert, in seinem Fleiß, in seiner Arroganz, in seinem Wissen, dass er einfach den kürzeren gezogen hatte. Seine Eltern gestorben, seine Freunde nur ein merkwürdiger Junge mit einer Vorliebe für Grün und ein Mädchen, das lieber als Junge bezeichnet worden wäre.

Und seine kleine Cousine, fortwährend im Hintergrund stehend, als könne man nur den Schatten erahnen, und selbst der wäre so schwach, dass man keinen weiteren Blick darauf verschwenden wollte.

Hinata war schlau, sie war eine Überlebenstänzerin. In all dem Chaos um sie herum fand sie immer wieder eine Stelle, auf der sie nicht in Scherben treten würde – und wenn sich ihr Leben auch nicht im prunkvollen Neonlicht abspielte wie das Hanabis, so war es doch zumindest halbwegs annehmbar.

Zumindest sah er selbst das so, aber schließlich war Neji schlauer als seine kleine Cousine, er wusste, dass emotionale Dinge ihn verwirrten. Verwundbar machten. Solange er sich selbst vormachen konnte, er besäße kein Herz, würde er die Zeit hier durchstehen.
 

Neji stöhnte.
 

Was machte er sich hier eigentlich vor?
 


 

Die andere Bettseite war kalt. Logisch. Absolut und vollkommen logisch. Wie könnte es auch anders sein? Wie könnte jemand neben ihr einschlafen, wie könnte sie selbst schlafen, ohne die Furcht, ohne das Wissen, dass die Person neben ihr am nächsten Tag weg sein würde?

Sakura drehte sich zur Seite, starrte die dunkle Wand an. Ihre Uhr zeigte 04:34, die rot blinkenden Ziffern brannten sich in ihre Augen, sodass sie begannen zu tränen.

Es hatte alles so einfach angefangen. Und jetzt – mittlerweile war es ein Fluch.

Sie hatte mit Kakashi geschlafen. Natürlich hatte sie das. Es war ein Ereignis gewesen, dessen Zeitpunkt sie sich nur nicht sicher gewesen war, aber in all den Jahren ihrer Freundschaft hatte sie nichts anderes erwartet. Und es war schön gewesen. Sanfter als mit Neji, vertrauter als mit einigen anderen. So vertraut, dass es ihr wehgetan hatte, so warm und ritterlich und liebevoll, dass sie sich weggedreht hatte und geschlafen hatte. Aber letztendlich war ihr bewusst gewesen, dass er gegangen war.

Das Gefühl der Einsamkeit über ihren schlummernden Gedanken, immer zum Aufspringen bereit. Sie hatte zu lange gelernt, um diese einfache Lektion zu vergessen. Beobachten bedeutet nichts anderes als Acht auf deine Gefühle zu geben.

Sie seufzte leise in die Dunkelheit.

Sakura hatte sich damit abgefunden. Sie war hübsch, sie war vielleicht sogar schön, auf ihre Art und Weise, dieses unschuldige Becircen lag ihr im Blut, mit ihren dichten Wimpern und den grünen Katzenaugen. Sie hatte gedacht, sie würde sich damit zufrieden geben. Sie hatte damals gelernt, mehr als sie gedacht hatte, viel mehr. Die wichtigste Lektion war doch am Schluss gekommen, nicht wahr? Vergiss nicht. Vertrau nicht.

Sie hatte gedacht, sie hätte diese Unterweisung in sich aufgenommen. Als Beobachterin war sie dazu geschaffen. Überblicken, sehen. Sie sollte nicht mitspielen, nicht wahr? Sie sollte liebe an Nejis Arm hängen, süß lächeln, sich zur Schau stellen. Das einfachste, um vergessen zu werden, nur ein weiteres hübsches Gesicht. Hübschsein war nun mal nichts, was einen besonders auf dieser Welt auszeichnete. Deswegen konnte sie sehen. Ihre Augen nahmen alles auf, bis ins tiefste Detail, bis in diese merkwürdige Zärtlichkeit Kakashis, bis in den bittersten Hass Nejis. Zwei Männer in ihrem Leben.
 

Morgen würde sie sich bei Neji melden. Kakashi war gegangen, ohne ein Wort des Abschieds, er war schlau genug. Er war weg, nur ein weiteres Kapitel, nur eine weitere Skizze. In ihrem Leben, natürlich. Manchmal vergaß sie das. Es war ihr eigenes Leben, sie könnte mitwirken. Lange Zeit hatte sie mitgewirkt, mit bunten Farben, schwarzer Kohlekreide, mit entschlossenen Blick auf die Zukunft gerichtet. Nun, sie hatte eingesehen, dass sie falsch gelegen hatte. Manche würden es Aufgeben nennen, manchmal nannte Sakura es schließlich auch selbst so, aber es war nur die Tatsache, dass Sakura nicht geeignet war, ein glückliches Leben zu führen. Es war eine Möglichkeit gewesen, die sie vielleicht auch niemals hätte in Betracht ziehen dürfen.

Vielleicht war es dann doch besser, so zu tun, als hätte sie kein Leben. Nur der Beobachtungsposten auf dem höchsten aller Bäume, mit ihren Augen kreisend, höher, höher, höher.
 

Ihr Herz blieb stumm dabei. Mit den Augen sehen.

Mit dem Herzen fühlen.

Vergiss es nicht.
 


 

~ Vielleicht wäre es einfacher, wenn ihr alle ehrlich wärt. Vielleicht wäre es einfacher, wenn ihr alle leben würdet ~


 


 

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Ich wünschte, es wäre schneller gegangen *seufzt* Aber jetzt ist meine Beta wieder gesund und das ist eh viel wichtiger und ihr habt jetzt euer Kapitel und ich würde mich über Kommentare freuen und so weiter.
 

Liebe Grüße,

bells
 

PS: Zitat von http://www.dominoplayers.de/html/spielregeln.html

PPS: Ich hab bisher noch gar nicht so explizit gefragt und irgendwie bin ich auch bisher nicht drauf gekommen - aber was haltet ihr eigentlich so insgesamt von der Geschichte?

PPPS: *herzchenaugen kriegt* Ich liebe meine Kommentatoren ♥♥♥ Danke dafür! *______*

morgenblau


 

morgenblau

Mọr·gen

der <Morgens, Morgen>1 (≈ Frühe ↔ Abend) die Tageszeit am Beginn des Tages
 


 

Inos Herz pochte viel zu laut, dafür, dass sie nur am Frühstückstisch saß, während Hikari Zeitung las und sich immer wieder ein paar Körner Reis in den schmalen Mund schob. Inos Finger tippelten nervöse Rhythmen auf die Tischplatte, und ohne es zu wollen, kam immer wieder kurz-kurz-kurz, lang-lang-lang, kurz-kurz-kurz, SOS, als wäre ihr soeben aufgefallen, dass sie auf dem Schiff zwar ein Bündnis geknüpft hatte, die Titanic allerdings trotzdem untergegangen war. Hikari sah nicht auf: „Willst du mir sagen, was los ist, Ino, oder soll ich abräumen?“

Heute war es bewölkt, ein unangenehmes Grau-in-Grau, und irgendwo hinten am Horizont begannen sich dunkle Wolkenmassen aufzutürmen für einen Tag voller Gewitter und Sturm.
 

„Ich glaube, ich hab Sasuke gesehen.“
 

Hikari zog ihre Augenbrauen hoch, in ihren kühlen Augen ein Ausdruck des Erkennens. „Uchiha Sasuke? Dein Ex-Freund?“

Ino nickte.

„Und weiter?“ Hikaris Stimme konnte unglaublich hochmütig sein, befehlshaberisch und allmächtig, ihre ganze Intelligenz, ihr Charisma und ihre Unverfrorenheit in einer makellosen A-Dur-Harmonie. Ino schluckte trocken. „Ich weiß es nicht.“ Vielleicht war genau das ihr Problem. Dass sie so wenig wusste, dass sie so uneins mit sich selbst war, dass ihre Impulsivität verhinderte, einen klaren Blick zu erreichen, hoch und höher, aber doch nicht am höchsten, nah genug um zu sehen, weit genug, um keine Schäden zu erlangen.

„Keine Ahnung, wie das normalerweise bei Lesben“, Ino zuckte bei dem Wort leicht zusammen, „ist, aber ich hab eigentlich keine Lust, mir den Kopf auch noch über irgendwelche Kerle zu zerbrechen, wo ich doch zumindest ein Mal außer Konkurrenz stehen sollte.“ Hikaris klare Bernsteinaugen fingen das natürliche Licht ein und saugten es tiefer hinein, bis sie so dunkel wie Donnergrollen waren.

Ino erhob sich, räumte ihr Geschirr in die Spülmaschine. Sie sagte: „Ich liebe dich.“

Hikari blieb einen Moment still. „Ich liebe dich auch.“ Und dann stand sie auf und stellte sich zu Ino. Sie griff nach einer verlorenen Strähne ihres blonden Haares. „Aber ich erwarte nichts, Ino. Ich habe nie etwas erwartet.“
 

Der Satz ging ihr nicht aus dem Kopf. Und dieser verdammte Regen! Verfluchte Dreckscheiße, ich könnte…

Ino rempelte mit voller Wucht einen fetten Mann an, der sie lüstern angestarrt hatte, selbst während dieses Wetters gerne bereit dazu, nass zu werden, um durch den Regenmantel ein paar Blicke erhaschen zu können, dieses Ekel. Eine Windböe ergriff sie und wie nicht anders zu erwarten, ließ der 6 651,85 Yen teure Regenschirm nach. Sie wischte sich notdürftig das Gesicht mit einem halbnassen Taschentuch ab, zum nächsten Café eilend und hoffend, dass das Make-up das hielt, was die Kosmetikerin versprochen hatte.

Eigentlich liebte sie so ein Wetter. Früher, als sie noch jünger gewesen war, hatte sie dann mit Gummistiefeln in den Pfützen getobt, mit nassen Haaren und strahlenden Augen, sie hatte Spaß gehabt. Und manchmal fragte sie sich, wo der geblieben war. Manche Leute dachten von ihr, dass sie spielerisch war, kindisch und naiv und gutgläubig, absolut attraktiv in dieser gespielten Unschuld. Sie passte in ihre Rolle, mit den blonden Haaren und den veilchenblauen Augen – und solange die Leute nur das in ihr sahen, bitteschön, sie hatte nichts dagegen, so ein oberflächliches Spiel mitzumachen.

Sie stieß die Tür zu einem Café auf, und alle Leute darin drehten sich zu ihr um, in der Hoffnung, dass die Kälte bald verschwinden würde, mit dem bedauernden Blick derer, die zusahen und nicht helfen würden. Ino zuckte unbemerkt mit den Schultern. Kälte war etwas, das ihr mittlerweile nichts mehr ausmachte. Nicht nach Sasuke und Hikari…

„Einen Cappuccino… und… ein Stück Schokoladentorte, bitte.“ Die Frau, die vor ihr stand, war gut eingekleidet, auf die künstlerisch verwirrte und intuitive Art, die manchen Menschen eigen war. Ihr Lächeln war verhalten, aber da, die Mitte zwischen Auffallen und Nicht-Auffallen, etwas, das bei ihr absolut natürlich wirkte. Sie bezahlte, nahm das Wechselgeld entgegen und lächelte höflich, bevor sie ihr Getränk und das Kuchenstück zu einer der Nischen des Cafés balancierte. Ino wollte sich gerade von ihrer Beobachtung abwenden und bestellen, als sie in einem zittrigen Atemzug von Schicksal das Kuchenstück auf den Boden fallen sah. Direkt neben sich. „Oh-… oh mein Gott, das tut mir leid!“ Die Frau sah zerknirscht und verlegen zu Ino und sagte: „Beinah hätte ich Sie getroffen.“

Sie gehörte zu den Menschen, mit denen man Ino an einen Tisch setzen würde, die Art Frau, die wusste, wann man zuhören und wann man sich selbst ins Licht rücken sollte.

„Macht doch nichts.“ Ino klemmte sich eine ihrer langen Haarsträhnen hinters Ohr und machte Platz für die Verkäuferin, die mit einem erzwungenen Lächeln und dahinter Stahl das Chaos wegwischte.

„Ich lad Sie dafür ein, ja?“, sagte die Frau mit den kirschfarbenen Haaren. Bei welchem Friseur hat sie den Farbton hinbekommen?

„Das ist zu freundlich von Ihnen, …?“

„… Sakura.“ Sie lächelte.
 


 

Die Geräuschlosigkeit des Gestecks war bisher das einzige gewesen, das den Raum mit tosendem Lärm gefüllt hatte, und selbst das war nur sanft und leise gewesen, bedacht, niemanden zu stören, bedacht, ein idyllisches Bild zu projizieren. Nach all den Jahren kaufte Hyuga immer noch das gleiche Besteck.

„Was“, Hinata zögerte und setzte dann mit einem rauen Schlucken erneut an, „was haben-… habe ich während dieser Zeit zu tun, tou-san?“

„Es ist besonders in diesem Stadium wichtig, unsere Firma als traditionelles Familienunternehmen zu publizieren.“ Was wir zwar nicht sind, aber das soll nicht mein Problem sein. „Deswegen wirst du, Hinata, in den nächsten Wochen mit Neji zusammen einige Veranstaltungen besuchen, lächeln und nicken.“ Hinata war verblüfft über ihre Verblüffung, wo sie doch einfach hätte wissen können, dass ihr Aufgabenbereich nur die Vervollkommnung Hyugas umfassen würde. Lächeln, Hinata-chan. Immer lächeln.

„Wie du wünscht, tou-sama.“

Hiashi nickte in einer Geste, die beabsichtigt zeigte, wie wenig Interesse er für seine Tochter hegte. „Heute werdet ihr mit in die Firma kommen. Die Presse weiß, dass Hyuga wieder vereint ist – und dieses Ondit müssen wir festigen.“

Hinatas Blick fiel vorhersehbar auf Neji, der seine Hände gelassen und mit nach oben geöffneten Handflächen auf den Stuhllehnen platziert hatte. Er war so kompliziert. Sie sah nie, was er als nächstes tun wollte, sie verstand nie, was er dann tat. Hinata schluckte trocken und griff vorsichtig nach dem Wasserkrug. Als sie ihr Glas gefüllt hatte und an die Lippen setzte, konnte sie plötzlich – für einen kurzen, lasterhaften, schrecklich verlockenden Moment – ihre Gefühle nicht im Zaum halten. Tränen sammelten sich schnell, als wüssten sie nicht, wann sie das nächste Mal herauskommen würden, durften. In ihren Augenwinkeln verschwamm die Sicht. Hinata stellte das Glas lautlos auf den Esstisch und versuchte sich zu entspannen. Sie warf einen Blick in die Runde. Ihr Vater am einen Ende des Tisches, das andere unbesetzt. Ihre Großmutter zu Hinatas Linken, ihr gegenüber Neji. So viele Abwesende dazwischen. Und so viel Leere.

Die glückliche Familie, huh?

Sie grub ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen: „Darf… darf i-ich aufstehen?“

Augenblicklich lagen die Blicke aller auf ihr. Hiashis Augen voller Verachtung für den Menschen, den er sein eigen Fleisch und Blut nennen musste, ihre Großmutter Katsumi, verbittert und stumm wie eine Tote. Sie hob sich unwillkürlich Nejis Musterung zum Schluss auf. Sie war so dumm, dass sie immer noch hoffte.

Du störst, Hinata. Er war so gleichgültig, dass die Tränen wieder aufstiegen. Leise schob sie den Stuhl zurück, legte ihre ordentlich gefaltete Stoffserviette neben die Porzellanschüssel. Ihre Schritte waren langsam und bedacht und graziös.

Aber sie wusste, dass es niemanden interessierte.

Ihre Augen brannten.

Wenn sie türmen würde…

Wenn sie gehen würde…

Hinata schüttelte den Kopf. Sie weinte nicht. Oder?

Niemand merkte etwas davon.
 

„Sie hat geweint, Hiashi.“

Neji hob seinen Blick nicht bei den Worten, aber bei dem Schweigen, was darauf folgte. Unnachgiebig.

„Ja.“ Hiashi legte sein Besteck beiseite. „Ich weiß, Katsumi.“

„Siehst du nicht, was du da machst? Das alles wird sie zerstören.“ Hinatas Großmutter hob ihre Stimme nicht, und das Gewicht dahinter lag weder im Ton noch im Wort. Es war eine einfache Tatsache, und wenn diese Frau wirklich glaubte, dass es etwas Neues war, dann war sie tatsächlich zu alt für dieses Leben. Für diesen Clan.

Die Zeit dehnte sich in diesen Momenten, wie so oft in Nejis Leben, und sie zog sich und machte sich bereit für einen Todesstoß.

„Ich weiß.“

„Sie wird genauso zugrunde gehen wie Hiroko. Du hast mir meine Tochter gestohlen, Hiashi, und ich hasse dich dafür. Du hast Hanabi zerstört. Willst du wirklich so oft den gleichen Fehler machen, Schwiegersohn?“

„Sie ist anders.“ Hiashis Blick war klar und durchsichtig, inmitten von all dem Weiß und dem Marmor. Und genau deswegen konnte man nichts gegen ihn machen. Wie sollte man gegen etwas gewinnen, das keinen Widerstand leistete, weil es ihn nicht brauchte?

„Hiroko war stark. Hinata ist schwach. Darin ist der einzige Unterschied“, sagte Katsumi. „Das einzige, was sich verändert hat.“ Mit diesen Worten stand sie auf und verließ mit langsamen, müden Schritten den Speisesaal.

Neji fixierte seinen Onkel. Dann die Tür, die ins Schloss gefallen war. Und er fragte sich, wie lange er die Wut noch aushalten könnte, die er in sich verspürte, als er die einzige Person gehen sah, die sich um Hinata sorgte. Wie er den Hass auf Katsumi aushalten könnte, wenn er wusste, dass sie alles sah, aber nichts tat. Weil sie es nicht wollte. Weil sie keine Kraft mehr hatte.

Und er fragte sich, wie sehr er selbst daran schuld war, dass seine kleine Cousine gerade wirklich geweint hatte. Obwohl sie so sehr an ein verschrecktes Reh erinnerte und so zart war wie eine Schneeflocke auf der Fingerkuppe – obwohl alles in ihrem Leben schief ging… sie hatte noch nie in seiner Gegenwart geweint. So lange kannte er sie und er sah erst jetzt langsam die Spuren Hyugas in ihrer Signatur.

Neji schloss die Augen.
 

Denn er wusste, er würde ihr nicht helfen.
 


 

Ino lachte. Herzhaft. Ehrlich.

Es war ein heller, klarer Ton, und es schnitt Sakura eine kleine Kerbe ins Herz, dieser echte Ton zwischen all dem Spiel.

„Tatsächlich? Und du hast wirklich Seife gegessen? Wegen einer Wette?“ In ihrer Stimme klang Verwunderung und eine Spur Neckerei.

Sakura nickte grinsend: „Natürlich hab ich Seife gegessen. Ich war arm und jung – und ich brauchte die Hygiene.“

Sie waren nicht mehr in dem Café, in dem die Leute begannen hatten, sie nach den ersten bizarren Erzählungen aus der Vergangenheit der beiden anzustarren, sondern saßen in einem bizarr großen Kaufhaus in der Innenstadt Tokios auf einer der Bänke und unterhielten sich. Immer noch. Es war grandios.

Vielleicht kannten sie sich nicht, aber sie waren auf einer Wellenlänge und hatten auch schon längst E-Mail-Adressen und Handynummern ausgetauscht, giggelnd wie kleine Schulmädchen, die an nichts anderes dachten als an Seifenwetten und Jungsküsse.

„Und? Läuft momentan was bei dir?“, hakte Ino nach. Ihr Lächeln war noch sonniger als davor. Strahlend. Blendend.

So ein großer Unterschied zu der Dunkelheit außerhalb dieses hellen Gebäudes.

Sakura zuckte mit den Schultern, etwas bedauernd, dass es jetzt zu den Lügen kommen würde, etwas hoffend, dass es vielleicht trotzdem gut laufen würde. „Ich bin in einer Sozusagen-Beziehung mit Hyuga Neji.“

Ino grinste anerkennend. „Kaviar unter den Häppchen.“

Plötzlich nachdenklich schüttelte Sakura den Kopf. „Ich würd eher sagen… er ist der erste Strich, den man auf die Leinwand setzt.“

„Das klingt verliebt“, bemerkte die blonde Frau, während sie den Kopf schieflegte.

„Hypnotisiert“, versetzte Sakura. Sie lachte über sich selbst und setzte dann an: „Und was ist mit dir?“

„Glücklich liiert“, leuchtete Ino und vor so viel Sonne und Freude sah sie nur noch aus wie ein Mädchen, das nichts wusste. Aber Sakura beobachtete sie. Trotz allem hast du gute Augen… Sakura. Wie ein Mädchen, das nichts wissen wollte. „Und wer ist dein Begünstigter?“

Für einen kurzen Moment bekam ihr blauer Himmel einen Riss und was man dahinter sehen konnte, war… nichts. „Es ist eine sie. Matsuyama Hikari.“ Ino sah gespannt auf ihr Gesicht, und unerwartet war sie so offen, dass man ihr alles ablesen konnte.

Sakura lächelte: „Hey, ich bin Künstlerin. Unsereins hat Homosexualität und FKK-Strände erfunden!“

Inos Mundwinkel zitterte leicht. „Ich weiß immer noch nicht, wie ich darauf reagieren soll, Sakura.“

„Dass du lesbisch bist?“

Ino zuckte hilflos mit den Schultern: „Es ist Liebe, mehr nicht. Das hat nichts mit Frau oder Mann zu tun, verstehst du? Ich wünschte, ich wäre wieder in einen Kerl verliebt, das wäre um einiges einfacher. Ist ja nicht so, als wäre meine Beziehung Friede-Freude-Eierkuchen! Nein, ich hab auch noch ein Exemplar, das irgendwelche komischen Gefühlskomplexe hat, und sie sagt, dass sie mich liebt, aber sie nichts erwartet. Und ich dachte immer, das eine gehört zu dem anderen. Anscheinend habe ich mich da getäuscht!“

Sakura war eine genauso gute Zuhörerin wie Beobachterin. Sie nickte, beeindruckt von Inos Ehrlichkeit und Ungeniertheit, berührt von der Art, wie sie über Hikari redete, mitfühlend ob der Probleme, die zwischen den beiden standen.

„Und jetzt“, Ino verschluckte sich fast an dem Wortschwall, „ist da auch noch –“ Urplötzlich stoppte sie und seufzte. Ihre Augen waren resigniert auf einen Punkt hinter Sakura fixiert, als sie sagte: „Danke, dass du mir zugehört hast.“ Und das blau hinter ihren Himmelsspiegeln war nur noch schwach und schal. Aber Sakura drehte sich nicht um. Du beobachtest, Sakura. Das ist es, was du kannst.

Sie sollte nicht handeln.

„Kein Problem, Ino. Hab ich gerne gemacht. Aber ich muss jetzt auch mal langsam los. Ich meld mich per SMS oder so, ja?“

„Ja.“ Ino lächelte galant, als sie sich mit einem einfachen Händedruck verabschiedeten. „Man sieht sich.“

Ohne einen Blick hinter sich zu werfen, ging Sakura zielstrebig aus dem Kaufhaus heraus gen Bushaltestelle. Aber sie war schließlich auch so gut genug, um die dunklen Augen, die mit dem Regen schwebten, auf ihrem Rücken gesehen zu haben.
 

Du wirst nichts davon verlernen.
 

Sie lächelte kurz, als der langsame Schmerz sie erbeben ließ.
 

Du wirst nichts davon vergessen.
 

Und immer wieder sah sie seine Augen.
 

Vor allem nicht die Fehler.
 

Es war so grauenvoll schön.
 


 

~ Sag mir, ist ein Mensch schuldig, wenn er nichts weiß? ~


 


 

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Übrigens ist morgenblau der erste Teil einer Dreier-Kapitel-Geschichte. Charaktere, die aufeinander treffen sollen, treffen aufeinander. Natürlich nicht alle, wäre ja langweilig - aber es wird auf jeden Fall spannend^^ Konflikte werden ausgegraben und so weiter. Ich hoffe, es gefällt euch und danke euch für die wirklich supercoolen Reviews.
 

bells
 

PS: Zitat aus thefreedictionary.com

mittagsblau


 

mittagsblau

Mịt•tag der; -s, -e

1. nur Sg; zwölf Uhr am Tag ↔ Mitternacht <vor, gegen, nach Mittag; jeden Mittag; an einem Mittag/eines Mittags>
 


 

Wirklich nicht, Teme, echt jetzt!“ Warum waren manche Menschen bloß so dumm? „Ich mein, die werden mich doch eh nie und nimmer nehmen, stimmt’s? Warum soll ich mir dann den Stress machen und da rein gehen? Weil, so viel Glück wie ich hab, da werd ich bestimmt ihren Vater wiedersehen. Oder noch schlimmer! Und wie sagt man so schön? Morgenstund hat Gold im Mund, jawohl! Jetzt ist schon Mittag! Ich komm einfach… morgen wieder… genau! Morgen!“

Uchiha Sasuke steckte seine Hände in die Hosentaschen; eine genervte Miene zur Schau stellend. „Wie lange bist du schon arbeitslos, Uzumaki?“

„Seit… einiger Zeit.“ Narutos Blick war trotzig von seinem besten Freund weggedreht.

„Und wie lange willst du in diesem noch Zustand verweilen?“

„Noch einige Zeit.“ Er sah ihn immer noch nicht an.

„Ich könnte dir eine Wohnung besorgen. Einen Job in Itachis Firma. Ein neues Leben.“

„Was soll das denn, Sasuke?! Du weißt doch, dass ich auf eigenen Beinen stehen will! Ich brauche nicht deine Almosen und auch sonst nichts, ich brauche keine Hilfe, verdammt!“

„Du brauchst den Job bei Hyuga.“

„Ja, ich weiß!“ In seiner Verblüffung sah Naruto Sasuke doch ins Gesicht. Der hatte ein Grinsen im Gesicht; das, was er nur grinste, wenn er Naruto besiegt hatte. „Gut, okay, Sasuke. Gewonnen. Dann geh ich jetzt da rein und mache mich zum Volldeppen und kriege diesen verfluchten Job als Tippse!“

„Stenotypist, Dobe.“

„Was auch immer!“ Naruto warf in einer verzweifelten Geste die Arme in die Höhe und schritt dann hoch erhobenen Hauptes in das Firmengebäude.

Sasuke schüttelte den Kopf, bevor er in den bewölkten Himmel sah. Ein Tropfen berührte seine Wange. Sasuke wartete.
 

Und Sasuke hatte sich nicht geirrt.

Wie immer.

Es war ein unscheinbares Modell, aus dem Familie Hyuga stieg. Natürlich war das Auto von herausragender Qualität, aber sie hatten, anders als all die Uchihas, nie geprahlt, nicht so offensichtlich. Sie waren genauso korrupt und intrigant und beschädigt, aber in der stillen Würde und der Wut, die er sehen konnte – da war kein Licht mehr. Insofern es einer solch wichtigen Familie möglich war, blieben sie im Hintergrund; selbst ihre Firma war regungslos und manche mochten das als typischen Stil der Hyugas bezeichnen, aber er wusste es besser.

All die hellen Augen verschwammen mit dem Schwarz der Anzüge und dem Weiß des Mädchens, das zuerst ausstieg. Sasuke zündete sich eine Zigarette an. Natürlich war es Hyuga Hinata. Es war so offensichtlich. Ihr weißes Unschuldsengel-Kleid mit den Rüschen und dem aufbauschenden Rock zusammen mit dem blassblauen Frühlingsmantel ließen sie noch viel tödlich blasser wirken, als es sonst der Fall war, so viel mehr Fragilität um sie herum. Und ihre Augen schimmerten unter ihren dunklen blau reflektierenden Haarfransen. Unglücklich.

Auf der anderen Seite stieg beinahe parallel zu Hinata Lady Hyuga aus, die Dame des Hauses, Gebrechen und Alter und Schwäche in einem Atemzug. Hyuga Katsumi. Sie war nicht der Rede wert. Weder als Hyuga Hirokos Mutter, noch als Großmutter oder Person an sich. Vor langen Zeiten hatte sie geplant, in diese grandiose Familie mit ihrer jungen bildschönen Tochter einzuheiraten, aber der Schein trog nicht, und anscheinend hatte sie das Ende schon viel früher gesehen. Und jetzt war der Name Hyuga nur noch ein verlogenes Anhängsel an ihrem echten Namen, den, der sich in niemandes Herz geprägt hatte; damals, als sich noch niemand an sie erinnern konnte, bis ins Heute, während sie selbst nicht mehr wollte gesehen zu werden.

Das Familienoberhaupt stand nun neben seiner Tochter, seine unbarmherzige Hand auf ihrer schmalen Schulter, beinahe gebrochen von der Bürde, die er ihr tagtäglich auferlegte. Er war groß und mächtig; ein bedeutender Mann. Manchmal sah man die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen Hiashi und Fugaku. Bis ins kleinste Detail.

Der letzte in dieser Familie war Hyuga Neji. Sie hatten sich schon öfter auf exklusiven Firmenveranstaltungen getroffen, aber dort waren Hyuga und Uchiha Gegenspieler, und eigentlich hatte auch niemand den Wunsch, sich näher damit zu beschäftigen. Es war derartig, also musste es auch gut sein. So. Es musste.

Nichts an Neji war besonders, und die Gesichtszüge, die Hyuga so königlich erschienen ließen, wirkten bei ihm fehl am Platz. Die Physiognomien waren ihm mit weichem Kohlestift eingezeichnet worden, aber es korrigierte nicht dieses andere in seiner Mimik, dieses Wissen, vor dem sie eigentlich die Augen verschlossen. Er sah gut aus, auf eine unberührbare Weise. Sein Haar war nach veralteter Tradition lang und mit einem weißen Band zusammengebunden. Seine Hände zu Fäusten geballt. Nur der letzte Schliff, um diese Betrachtung zu vollenden.

Schnell schritten sie in das Firmengebäude, und wirkten, als könnten sie so viel mehr trotzen als bloß dem Gewitter, das jetzt tobte.

Hyuga wieder vereint.
 

Sasuke zerdrückte die Zigarette unter seiner Sohle.

„Du hast immer noch dieses Laster?“ Es war eine Tatsache, keine Frage. So war sie schon immer gewesen, die Stimme voll flüssigen Sonnenscheins, so gefährlich und süchtig und süchtigmachend gleichermaßen, dieses dumme Mädchen, das sich immer wieder in seine Nähe getraut hatte. Bis sie gemerkt hatte. Realisiert hatte.

Irgendwann hatte sie ihn verstanden. Und sie hatte aufgegeben. Ihn.
 

„Hallo, Ino.“
 


 

Hinata hob den Blick nicht von ihren Füßen, die in dunkelblauen teuren Stiefeln steckten, während der Fahrstuhl sie gen Himmel trug. Hölle. Neunzehn Stockwerke hoch musste sie fahren, und die Zeit zerfloss schrecklich zäh zwischen den Neubauten Tokios und der Stille und der Einsamkeit, die jeden aus der Familie Hyuga umschloss. Aber selbst hier war sie ein elender Fremdkörper, immer noch ein Makel in der perfekten Maschinerie – von innen und von außen. Jedes ihrer Familienmitglieder war stark, stand da mit gerader Haltung und festem Blick; jeder konnte für sich selbst sprechen und für sich selbst handeln. Sie allein, Hyuga Hinata, die kleine Prinzessin, hatte immer noch nicht gelernt, aufzupassen und zu verstehen.

Ihr Herz begann unfreundlich hart zu pochen, und der Grund dafür war ganz einfach, dass es keinen Grund gab. Sie war einfach so ängstlich, unberechenbar in ihrem Empfinden und sie wusste, dies war menschlich und niemand sollte ihr vorwerfen, dass sie Angst hatte. Seinerzeit hatte es Menschen gegeben, die gesagt hatten, gerade diesen Zug solle sie beibehalten, aber es war vorbei. All dieses Glück war weg.

„Hinata“, mahnte Katsumi, „heb dein Kinn, Mädchen. Du bist eine Hyuga, kein dahergelaufenes Ding von der Straße. Zeig ein wenig Stolz.“

Hinata biss sich in die Innenseite der Wange und im selben Moment verachtete sie sich dafür. Sie biss sich nicht auf die Unterlippe, obwohl sie das jahrelang getan hatte. Weil man das wahrnehmen würde. Weil man ihr die Unsicherheit ansehen könnte. Weil sie eine Hyuga war. Kein Mensch. Nur Hyuga.

Katsumi schnalzte leise mit der Zunge, als Hinatas Blick unvermeidlich wieder auf den Boden fiel, als wären dort Gefühle zu sehen, die in Augenhöhe nicht erkennbar waren. Sicherlich sogar.

Neji zischte ein „Hinata-sama“, als die Lifttür geräuschlos aufging.

Und sie zuckte so viel mehr vor seinem Klang zusammen als von allem Rügen ihrer Großmutter. Wieso musste sie auch unbedingt ihn so sehr lieben? Wieso musste sie unbedingt seine Achtung wünschen?
 

Und wieso – verdammte Scheiße – stand da plötzlich ihr Ex-Freund vor ihr?
 


 

Er hatte es gewusst. Einfach so. Er hatte es gewusst. Und da musste nur dieser beschissene Teme daherlaufen wie ein hirntoter Superheld und ihn aus diesem Scheißeintopf aus Leben und Pech rausziehen wollen, wo er sich doch gerade daran gewöhnt hatte! Wieso musste dieser blöde Idiot vorbeikommen – wie immer, wenn er mal kneifen wollte? Und wieso hatte Naruto nie das Gefühl, dass Sasuke jemals Hilfe gebraucht hatte?

Aber das schlimmste daran war – hatte er das schon oft genug erwähnt? – dass er es gewusst hatte! Jaha! Er war nämlich doch nicht so dumm und so blöde, wie alle dachten, er war genial! Echt jetzt!

Problematischerweise half es nichts. Denn da ging dieser Hightechfahrstuhl auf, mit diesem stummen Swwwshhh, das ihn immer kirre machte. Und dann stiegen da Hinatas Vater aus und noch schlimmer, Hinatas Großmutter und noch viel, viel schlimmer, dieser komische Cousin von Hinata, der niemals etwas gesagt hatte, und immer aussah, als wäre er von einer Trauerfeier gekommen, und am allerallerallerschlimmsten, da trat langsam und leise und sanft und wundervoll wie vor fünf Jahren Hinata aus dem Aufzug.

Sein Mund öffnete sich – sicherlich sah er irrsinnig idiotisch aus – und für einen surrealen Moment wollte er sie in die Arme schließen und den weichen Ton in ihrer Stimme hören, wenn sie seinen Namen flüsterte. Aber eine Sekunde später wusste Naruto, dass diese Zeiten vorbei waren. Als er die eisernen Blicke ihrer Familie sah. Ihre Augen. Zurückgezogen. Traurig. Resigniert.
 

Wo war das Mädchen hin, das niemals aufgegeben hatte?
 

Hinata lächelte nicht, während er sie anstarrte. Weil er sie anstarrte. Sie tat gar nichts. Sie war so schrecklich sehr Hyuga, dass er beinahe gestorben wäre, mitten in all diesen Horrors.
 

Dann kam der freundliche, hektische Mann von vor fünfzehn Minuten herbeigeeilt, mit einem Stapel voller Papiere, ein fahriges Lächeln auf seinen Mund gezeichnet: „Sehr schön, Uzumaki-san, wollen Sie gleich den Vertrag unterschreiben oder sich ihn noch mal zu Hause in Ruhe durchlesen?“

Erst dann schien er die hochwohlgeborene Familie Hyuga zu realisieren, aber er verbeugte sich nur dienstbeflissen und wandte sich dann sofort einer schwangeren hübschen Frau zu, die gerade mit einer Tasse dampfenden Kaffees zu ihrem Schreibtisch wollte: „Ach, Shika-kun, wie war die Ultraschalluntersuchung?“

„Danke, Keiji-kun“, antwortete die Frau mit einem warmen Glimmen ihrer rehbraunen Augen, eine schmale schöne Hand auf ihrem Babybauch, „sehr gut.“ Dann setzte sie sich in dem Großraumbüro an ihren Tisch und keine halbe Minute später hörte man das geschäftige Tippen einer perfekten Mitarbeiterin.

Keiji lächelte noch einmal mit einer knappen Verbeugung den Hyugas zu, dann wandte er sich endgültig an Naruto: „Also, wie wollen wir vorgehen?“

Narutos Blick wanderte, noch während er mit den Schultern zuckte, zu Hinata. Sie erwiderte wie gelähmt den Blick und er wusste, dass sie sich in diesem Moment nichts sehnlichter wünschte, als wegsehen zu können. Eine Münze fiel irgendwo auf den Boden und hinterließ ein leises Klingen.

„Ich unterschreibe gleich hier. Einen besseren Job werd ich eh nicht finden, echt jetzt.“ Naruto grinste Keiji mit einem Gewinnerlächeln an. Der erwiderte: „Wie Sie wünschen, Uzumaki-san.“

Er verbesserte: „Naruto – wo wir doch schon bald Kollegen sein werden.“

Sie gaben sich die Hand und Keiji lief mit geschäftigem Summen von dannen, überall und mit jedem seiner Mitarbeiter gleichzeitig sprechend und allzeit bereit. Naruto warf einen Blick zu Hinatas Familienmitgliedern, die ihn immer noch paralysiert anstarrten. Er grinste unverschämt, aber als er sah, wie Hinatas Augen sich mit unsichtbaren Tränen füllten, wusste er, dass harte Zeiten auf ihn zukommen würden.
 

Hyuga würde ihn ohne Ende fertig machen.

Echt jetzt.
 


 

Scheiße. Dies war wohl der beste Ausdruck, um das ganze Szenario vor ihm zusammenzufassen. Hinata war einem psychischen Zusammenbruch nahe, zwei Mal schon, und es war erst der dritte Tag in Gefangenschaft. Dann war da Hiashi, starr und regungslos wie eine Marmorskulptur, aber da war viel zu sehr der Hass in seinen Augen, als dass es eine schöne Figur gewesen wäre. Und Neji fragte sich, ob der Hass schon wieder auf Hinata gerichtet war, oder immer noch.

Weil sie so ein Schwächling war.

Weil sie geliebt hatte.

Ihn.

Diesen-… Dorfdeppen. Er war ein Nichts, in Nejis Augen wie in denen der restlichen Welt. Niemand brauchte Leute wie Uzumaki, und wenn sie auch noch so reißerisch grinsen konnten. Man sah selbst ihm dunkle, blaue Spuren in der Gestik an, lange, tiefe Schatten, die sich auf seinem Gesicht abzeichneten.

Das war er. Ihr Verlobter. Gewesen.

„Gratulation“, spie Neji, „da sieht man mal wieder das hohe Niveau der Familie Hyuga, was meinst du, Hinata-sama?“

Hinata senkte den Blick. Als sie irgendwann zu Uzumaki sah, der immer noch am Tresen lehnte und sie anstarrte, bekamen ihre Augen einen seichten Glanz, anders, als der, der um sie herum war, wenn sie beinahe weinte, anders als die starre Angst, die sonst ihr ganzes Selbst bestimmte. Neji kannte seine Cousine. Sie war so einfach kompliziert.

Hinata versuchte zu lächeln. Er konnte sehen, wie viel Mühe es sie kostete, ihre Stimme sanft und leicht klingen zu lassen, wie Mondlicht, genau das, was von ihr verlangt wurde. Sie war vielleicht ein dummes Mädchen und Uzumaki war vielleicht ein dummer Junge, aber irgendetwas musste er haben, dass sie sich allein wegen eines Blickes, allein seinetwegen, wieder zusammenreißen konnte. „Tou-sama, wohin müssen wir?“

Hiashis Miene veränderte sich nicht. „Konferenzraum drei.“

Hinata neigte leicht den Kopf, dann wartete sie ab, bis Hiashi sich schlussendlich bewegte. Sie war die letzte, die folgte, wie es sich gehörte, und doch war da so viel Hoffnung, Verbotenes in ihrer flüchtigen Bewegung, ihrem Verharren, als sie einen Dreiviertelblick über ihre schmale Schulter auf Uzumaki warf, der gerade durch den Speichellecker von vorhin mit einer Tasse Kaffee begrüßt wurde. Man hörte Blondschopfs Grinsen beinahe durch den Raum schallen.

Hinata auch. Und sie lächelte. Ganz schwach. Leise.

Neji wusste, dass sie ihn immer noch liebte.

Es würde ihr das Herz brechen. Und er würde zusehen.
 

Der Pressefirlefanz bereitete ihm Kopfschmerzen. Natürlich war es keine offizielle Konferenz, aber es war auch nicht Nichts. Und man erwartete von ihm, dass er sich verhielt. Beherrscht und diszipliniert. Intelligent. Reserviert.

Es war nur seine bloße Anwesenheit, die dazu gehörte, zum Unternehmen Hyuga, wenn auch niemand das zugeben wollte, am wenigsten Hiashi. Gott, dieser Mann erwartete von seinem Neffen, dass er mitspielte, ohne irgendeinen Gewinn überhaupt in Aussicht zu stellen – und aus einem unerfindlichen Grund setzte Neji mit.

Es war… einfach so, es gehörte dazu, zu diesem Spiel. Leben.

„In nächster Zeit wollen wir uns vor allem auf unser neues Arbeitssystem konzentrieren…“, fuhr Hiashi fort. Seine Stimme war leise und bar jeder Emotion, aber das, was er sagte, war so passend und vervollständigte das Spiegelbild einer durchsichtigen Familie Hyuga, einer Firma, die so ruhig und gelassen war wie Hiashi selbst; so verkauften sie sich. Sie waren weiß wie ein frisches Blatt Papier, und das wollten ihre Partner und ihre Kunden – sie wollten darauf malen wie kleine Kinder, mit blauer Tinte und schwarzer Kohle und bunten Fingerfarben, und obwohl sie anfangs etwas anderes gewollt hatten, waren sie am Ende zufrieden mit dem, was sie erhalten hatten. Weiß.

Es war die Farbe der Reinheit, der Unschuld, und Blut, rotes wie blaues, sah darauf nicht gefährlich aus.

Sie alle wollten es.
 

Irgendwann inmitten des Gemurmels und all dieser Blicke auf ihm begann sein Handy, das vor ihm auf dem Tisch lag, dezent zu vibrieren. Er warf einen Blick auf seinen Onkel – weil es von ihm erwartet wurde – der mit einem Nicken erwiderte. Alle sahen es. Alle wollten sie genau das.

„Entschuldigt mich“, sagte Neji leise und stand geräuschlos auf. Es war eine Flucht, aber niemand wollte das wissen.

„Hyuga Neji“, meldete er sich vor der Tür. Er spürte immer noch die achtsamen, ängstlichen Augen Hinatas, und sie verfolgten ihn und ließen ihn nicht wieder los.

Neji-kun.“ Sakuras Stimme, sanft und federnd. Irgendetwas war dahinter. Aber eigentlich war es Neji nicht wichtig genug. „Ich wollte wissen, wie es dir geht.“

Sakura log so oft. Sie log, wenn es um ihre Naturhaarfarbe ging, sie log, wenn sie sagte, dass sie gerne später aufs Land ziehen wollte, sie log, wenn sie mit ihm schlief. Es war merkwürdig, dass sie gerade dann am schönsten war.

Neji antwortete schroff: „Egal.“

Er hörte ihr Kichern: „Sexentzug oder weswegen hast du diese grauenvolle Laune? “ Sakura wartete nicht einmal ab, bis sie fortfuhr. Anscheinend kannte sie ihn doch besser, als er gedacht hatte. „Ich wollte nur fragen, ob du heute bei mir vorbeikommen willst. Wir…“, sie zögerte, „wir, na ja-… ich weiß nicht… wir können ’ne DVD schauen. Oder so. “ Er sah beinahe, wie sie errötete, ehrlich diesmal. Kurz flackerte das Bild von Hinata vor seinen geschlossenen Augen, dann Hiashi, TenTen, kurz Uzumaki, und er hörte Sakuras kirschsüßes Lächeln, das ihren Mund rot sein ließ und ihr Kinn hinabfloss.

Er sehnte sich nicht nach ihr.

Aber er sehnte sich nach Liebe.

„Bis später, Sakura.“

Ja…“ Neji hörte das Zögern in ihrer Stimme, aber Zögern war keine Lüge, und es war nur Sakura, niemand sonst.
 

Sie liebte ihn.

Es waren Lügen, aber es war auch Liebe. Es war genug.

Für diesen Moment.
 


 


 

~ Sag mir, ist ein Mensch grausam, wenn er liebt? ~


 


 


 

--
 

Sorry, dafür, dass es so spät ist. Die heiße Phase für Test und Arbeiten und letzte Noteneinträge hat mich und meine Beta voll in Anspruch genommen. Wer außerdem meine andere FF liest und/oder mich stalkt, weiß, dass ich ne Zahn-OP hatte und es dabei Komplikationen gab. Mit Eiter und bäh und so xD Lalala.
 

Ich mag den Hinata-Naruto- und den Sakura-Neji-Teil. Ich mag Sakura-Neji-Teile an sich <3
 

Liebe Grüße,

bells
 

PS: Es wird doch eine... Quattrologie. Oder wie man das nennt. Auf jeden Fall vier Teile xD
 

EDIT: Ich hab gerade einen Fehler entdeckt: und zwar ist Hinatas o-baa-san ja doch relativ wichtg für die Geschichte. Und in "introduktionsblau" hab ich ja hinatas tou-san sagen lassen, dass sie sterben wird. Das hab ich jetzt alles in "o-jii-san wird sterben" umgewandelt, in der Hoffnung, dass meine Erinnerung mich nicht täutscht und das Großvater heißt. Und dieser Großvater wird dann noch seinen Auftritt kriegen. Spätestens während seiner Beerdigung T_T Sorry.

abendblau


 

abendblau

Abend der; -s, -e

1. die (Tages)Zeit von Einbruch der Dämmerung bis ungefähr 24 Uhr ↔ Morgen <am frühen, späten Abend; am Abend; gegen Abend>
 


 

Hikari klingelte erneut bei Inuzuka und verschränkte demonstrativ die Arme vor ihrer Brust, als der Hundebengel öffnete, offensichtlich verschlafen und nur halb nüchtern.

„Frau, was woll’n Sie?“, nuschelte er, sich mit einer Hand durch die Haare fahrend. Er sah aus wie ein verdammter Hund.

„Ich muss mit Uzumaki sprechen.“

„Zu dieser grausamen Stunde?“

Hikari konnte nicht anders, als einen kurzen Blick auf die Uhr zu werfen – achtzehn Uhr zweiunddreißig – und dann abwertend zu sagen: „Ich möchte nur Uzumaki sprechen.“

Inuzuka zuckte nur mit der rechten Schulter, immer so wenig Arbeit wie nur möglich: „Der is’ nich’ da.“

Man konnte Hikari vieles nachsagen. Sie war schlau und riskant und attraktiv, aber sie war nicht heftig in ihren Gesten. Sie war wie fließende Seide, und auch wenn man sie hätte halten wollen, würde sie davongleiten, mit frostiger Eleganz und kühler Nüchternheit. Sie massierte mit ihrer linken Hand ihren Nasenrücken, entnervt, „Und wo ist er?“

„In diesem Riesengebäude in Nishi-Shinjuku… na, Sie wissen schon – dingens. Blabla-Companies, er hat nichts Genaues gesagt. Hat ’n Job als Tippmieze.“ Dann, als hätte er erst jetzt bemerkt, dass er ein Synonym für das Wort ‚Katze’ benutzt hatte, wurde er beinahe grün im Gesicht. „Sorry. Kommen Sie wann anders vorbei.“ Und egal wie müde Kerle waren, sie konnten immer noch einen abschließenden Blick auf die Brüste einer Frau werfen, so einfach war das. Hikari verzog keine Miene. Sie wandte sich ab, hörte noch das Schließen der Haustür, und schritt die Treppenstufen herunter.

Sie zögerte. Kurz.

Dann klappte sie ihr Mobiltelefon auf und drückte an Yamanaka I. vorbei auf Uzumaki N.
 

Vielleicht war Ino ihr nicht wichtig genug. Vielleicht war sie ihr zu wichtig.

Letztlich war es vollkommen trivial.
 

„Sasuke, bist du das? He! Sasuke?“, sagte Uzumaki, als er endlich an sein Handy ranging.

Sasuke.

Nun, es gab einfach gewisse Überschneidungen im Leben eines Menschen und vielleicht gehörte dieser Sasuke eben dazu. Es gibt Dutzende von Sasukes in Tokio, Hikari. Das muss nichts heißen. Aber ein schlechtes Omen war es dennoch.

„Matsuyama Hikari“, antwortete sie.

„Oh-… Matsuyama-san. Hab ich Ihnen noch nicht meine überfällige Miete nachgereicht? Ich bin mir ganz sicher, dass ich das Geld am Montag überwiesen –“

„Doch. Ich wollte nur wissen, warum Sie um diese Uhrzeit nicht bei sich zu Hause oder bei Inuzuka sind.“

„Ich… ähm, arbeite.“

Hikari zögerte. Und fragte sich, was der Grund dieses Telefonates war. Sie schwieg.

Irgendwann sagte Uzumaki: „Ähm, tut mir leid, aber ich muss… arbeiten. Heute ist der erste Tag im neuen Job und – na ja, ich will nicht unbedingt ’n schlechten Eindruck machen.“ Er räusperte sich leise. „Also-… wenn Sie irgendwas sagen wollen… können Sie das ruhig sagen… also, na ja…? Und… wir können morgen wegen der fehlenden Mieten reden…“ Sie verstand nicht, wieso er noch so höflich blieb, wenn seine Vermieterin – die er logischerweise nicht ausstehen konnte – ihn mitten auf der Arbeit anrief und dann nicht einmal wusste, wieso.

Sie seufzte. „Tut mir leid, Uzumaki. Tut mir leid.“

Dann legte sie auf.
 

Ihr schwirrte der Kopf von all dem Nachdenken. Eine Eigenschaft, die gewöhnlicherweise nicht zu ihr passte. Hikari war eine Denkerin, sicherlich, aber das eher im strategischen Sinne. Gefühle wurden bedeckt und vergessen; es gab wichtigere Dinge. Und sie liebte ja. Sie hasste und liebte und freute und missbilligte – sie tat alles, was auch jeder andere Mensch tat.

Nur war sie eine Lesbe. Sie war eine Geschäftsfrau. Eine lesbische Geschäftsfrau. Sie war anders.

So war es nun mal. Und eigentlich hatte Hikari auch nichts dagegen, denn sie wusste, wer sie war, und eigentlich genügte ihr das. Eigentlich.

Inos kummerblaue Blicke waren die ganze Zeit über da, während sie durch den plätschernden Tokioregen Richtung Stadtmitte fuhr, um dort den nächsten Kundentermin in einem der schicksten Restaurants der Umgebung abhaken zu können.
 

In den Wolkenlöchern sah sie inoblaue Augen.
 

Gottverdammt, geh aus meinem Kopf.
 


 

Warum lächelst du nie?

Sakura wusste nicht, wieso, aber irgendwie kam ihr diese Frage in den Sinn, als sie Hyuga Neji in ihrem Hausflur sah, wie er seinen Mantel auszog, wie er sie ansah, dann. So präzise, so sparsam in allen Bewegungen, sparsam in jedem Gefühl, das sie nicht wert war zu fühlen. Sich kleiner zu empfinden als man war, gehörte dazu, wenn man mit ihm verkehrte.

„Hallo, Neji-kun“, lächelte sie.

„Sakura.“ Seine Stirn war gerunzelt, als müsse er sich entweder davon abhalten, sie zu schlagen oder sie gleich hier zu nehmen. So war er. Bei ihr. Und irgendwie – sie konnte es ihm nicht übel nehmen. Sie wusste nicht viel, nicht genug über ihn, um irgendwie über ihn richten zu können, es zu wagen – aber das, was sie sah, tat ihr leid.

Neji war so anders als alle Männer vor ihm, als alle.

Du solltest dich zusammenreißen, Sakura.

Ihr Mundwinkel hob sich, schwankend, leicht, als sie sagte: „Ich hab Pizza bestellt.“

Neji nickte, etwas verblüfft, etwas irritiert. „Gut.“ Seine Stimme war rau, anders als der glatte Marmor, den sie sonst zu spüren bekam. Er war heute menschlicher, er war verwirrt. Vielleicht sollte sie nicht wissen, um was es ging, aber Neji war immerhin zu ihr gekommen, zu niemandem sonst, und was sollte sie auch anderes erwarten? Sie war nette Aushängeware, nicht mehr. Nicht weniger.

Da ging sie einen Schritt auf ihn zu und legte die Arme um ihn. Als hätte sie gewusst. Als hätte sie tatsächlich nicht verlernt zu beobachten. Und Neji seufzte tonlos, und so schwach, als würde er sich selbst dazu zwingen können, so zu sein, wie er war. Aber letztlich war er doch nur ein Mensch. Er erwiderte nicht die Umarmung, aber er hatte dennoch auf sie gewartet. Er wollte nehmen, nicht geben. Sakura presste die Augenlider aufeinander, verschloss sich. Davor.

Es war in Ordnung.

Dafür war sie da.
 

Die Pizza war ekelhaft. Der Käse schmeckte wie zähes Leder, der Thunfisch glich salziger Pappe und die Tomatensauce machte den viel zu dünnen Pizzaboden noch schlaffer und… nun – abartig.

Sakura lachte: „Findest du das auch so ranzig?“

Neji, in seiner eigenen Pizza stochernd, blickte auf, und sein Marmorblick war sehr gelassen und sehr ungestüm. „Sakura, das ist doch der Sinn eines Pizzaservices.“ Mehr sagte er nicht und es reichte. Sie kicherte leise, biss ab, kaute.

Sie wusste, dass Neji den Film uninteressant fand. Es war keine Romanze und kein Thriller, sondern irgendetwas dazwischen mit merkwürdigen anderen Elementen und die Schauspieler waren alle mäßig bis grottig. Wenn sie sah, wie gut die Personen in ihrer Umgebung spielen konnten, war das gar nichts.

Aber sie sagte nichts. Und er schon gar nicht.

Es war anders. Als sonst. Es war nicht schlecht.

Sie hätte sich niemals vorstellen können, mit jemandem wie ihm DVDs gucken zu können, ekelhaftes Junk Food in sich reinzustopfen und überteuerten Rotwein zu trinken. Ein großes Sortiment an heimischen Naschereien lag auf dem Couchtisch, in der süßen Umarmung des Konfekts die angebrochene Tafel ihrer Lieblingsschokolade aus Belgien, die Neji ihr nach der unfreiwillig-freiwilligen Umarmung in die Hände gedrückt hatte. Verblüffend. Es war kein besonderer Akt der Zärtlichkeit oder der Aufmerksamkeit – aber sie hatte sich darüber gefreut. Sie wusste, dass er nichts mehr von ihr wollte, als Gesellschaft, aber-…
 

Gut – wenn sie dafür Schokolade bekam, würde sie es machen.
 

Zwischen ihnen herrschte ein merkwürdiger… Sicherheitsabstand. Und dennoch war es eben nicht sicher. So fühlte es sich vorher an. Gut beobachtet. Sie hatte schon so oft mit Neji Sex gehabt. Wild, verrucht, einsam, egoistisch. Er fühlte sich nicht sehr wohl in ihrer Nähe, weil er Angst haben musste, dass sie ihm irgendwann ein Kind unterjubeln würde, aber er zögerte nicht. Er mochte sie nicht, aber er brauchte sie. Man konnte sicherlich behaupten, dass Sakura verworren war, aber sie war in ihrer momentanen Verfassung kein Vergleich zu Hyuga Neji. So einfach.

So kompliziert.
 

„Neji-kun?“ Woher kam diese Stimme? Dieses sie. Dieses Sanfte dahinter, die weiche Nachgiebigkeit in allem. Alles. Das war Sakura und es reichte nicht. Und reichte. Auf die eine – auf die andere Weise. Der Film war am Ende angelangt – der Bildschirm flackerte nur noch dunkelblau, flimmernd. Anders. Auf einmal. „Neji-kun.“ Wieder sie. Keine Frage, keine Bitte. Nur ein leises Wispern in die blaumüde Dunkelheit des Zimmers getaucht. „Wie geht es dir?“

Er wollte es nicht sagen, aber er sagte es dennoch. „Willst du das wirklich wissen?“

Sie schien ernsthaft zu überlegen, und der dunkle Schatten der Welt draußen legte sich auf ihre hoffnungsgrünen Augen. „Will ich das, Neji-kun? … Will ich das?“ Ihre Stimme verlor sich in der bald beginnenden Nacht Tokios und alles war so merkwürdig. Anders und echt, falsch und gleich.

„Du liebst mich nicht, oder Neji-kun?“, flüsterte sie und die Sehnsucht war auf die eine Antwort gerichtet, die, von der sie wusste, dass es wahr werden würde, irgendwann. Aber nicht so.

„Nein.“ Es war sachlich gesprochen, aber das änderte nichts daran. An der Berührung, die blauer nie gewesen war, die voller Lügen war, die so ehrlich war, weil sie beide es wussten.

Sie bat: „Verlieb dich niemals in mich.“ Und dann küsste sie ihn kurz auf den Mund, so kurz, dass er sich beinahe fallen gelassen hätte. So unendlich lang. Sakura lehnte sich mit ihrem Kopf an seine Schulter und Neji tat nichts, um es zu ändern.

Sie wollten es nicht. Es war in Ordnung so.
 

Sie liebten sich nicht.
 

Aber sie brauchten sich.
 


 

Yamanaka Ino und Uchiha Sasuke, das musste man zugeben, waren das hübscheste Paar, das momentan in diesem Schickimicki-Restaurant erster Klasse verweilte. Ino mit der Flut ihrer weizenblonden Haare, gertenschlank und zierlich, das Lächeln wie Puderzucker im Gesicht verstreut, himmelblaue Funken in ihren Fingerspitzen. Sasuke groß und schlank, das Gesicht so bedeutungslos, mit Augen, dunkel wie die Nacht, die sich leise und traurig ihren Weg durch Tokio bahnte. Ino nippte an ihrem Aperitif, während Sasukes Blick in dem gut besetzten Raum schwirrte.

Er sah ihre Hände zittern, und es war irgendwie eine Genugtuung. Denn er hasste sie.

Weil sie ihn geliebt hatte.

Weil er sie nicht liebte.

„Sasuke-kun, was willst du essen?“ Eine Mädchenfrage, schüchtern wie beim ersten Rendezvous, so klang ihre Stimme, und sie konnte es gut, dieses Verstellen. Sie war nicht so dumm. Aber er verstand, warum sie so tat.

„Nichts.“

Inos Mund machte ein stummes ‚O’, bevor sie ihren Blick schnell wieder auf die Speisekarte heftete.

„W-wie-…“, Ino atmete zittrig aus, setzte erneut an, „wie lang bleibst du in Tokio?“

Und er machte es mit Absicht. Als er die Hand leise hob und der Kellner sofort reagierte.

„Ihre Bestellung?“, fragte er höflich.

Sasuke brachte sie aus dem Konzept mit seinen langen, anhaltenden Blicken, während sie versuchte, sich zu sammeln, um ihre Bestellung aufzugeben. Die ganze Zeit über. Die Bedienung wandte sich an Sasuke. „Einen Espresso“, sagte er nur.
 

Wenn Ino ganz tief in sich hineinhorchte, musste sie zugeben, dass sie-… ihn hatte überraschen wollen. Sie hatte gedacht, sie hätte einen Vorteil gezogen, weil sie ihn angesprochen hatte, nicht andersherum. Aber jetzt, in diesem Augenblick, bezweifelte sie, ob er überhaupt ihretwegen hier war. Er interessierte sich nicht für sie; das hatte er auch noch nie. Aber damals hatte er sie zumindest begehrt. Jetzt war ein anderes Leben, und sie fragte sich, ob sie das Früher vermisste.

Und egal wie sehr Ino gedacht hatte, ihn zu kennen, sie wurde eines Besseren belehrt.

Sie fragte sich, ob überhaupt jemand ihn kannte.

„Mein Bruder. Mein bester Freund“, beantwortete er die Frage ihrer Augen. Als hätte er sie mitgehört. Als könnte er in ihr lesen. Das konnte er. „Eine Frau.“

Ino lächelte schwach: „Die würde ich gerne kennenlernen.“ Man hatte ihr zwar gerade den Rang abgesprochen, aber andererseits sollte sie sich eh nicht damit rühmen, ihren Ex-Freund am besten auf der Welt zu kennen. Sie hatten sich mindestens fünf Jahre nicht gesehen, seit mindestens dreizehn Jahren hatte sie ihn verloren, und Menschen änderten sich.

„Sie ist tot.“

Sie biss sich auf die Unterlippe, wusste, dass er kein geheucheltes Mitleid hören wollte, wusste nicht, was sonst zu tun war. Irgendwann nickte sie in sein leeres Gesicht. Und sie war besorgt, obwohl Sasuke ein großer Junge war und schon allein auf sich aufpassen konnte. Er sah so unverletzbar aus, dass er verletzt sein musste.
 

„Sasuke-kun“, setzte sie an, nachdem ein anderer Kellner ihren halbvollen Teller in die Küche und Sasuke einen weiteren Kaffee gebracht hatte. Sie traute sich. „Was willst du hier?“

Er sah sie einen Moment lang an, direkt an. Und es war verblüffend, wie tief sie waren, seine dunklen, dunklen Augen. So wenig man an seiner Gestik, an seiner Mimik erkennen konnte – seine Augen konnte er nicht verstecken. Und er war immer noch ein Mensch, er hatte Gefühle, er musste sie haben. „Ich bin geschäftlich hier.“

„Und wie lange bleibst du?“, wiederholte Ino die Frage von vorhin.

„Die Firma meiner Familie hat hier einen Nebensitz; ich soll die Leitung übernehmen. Ich werde hier bleiben, Ino.“ Seine Stimme. Sie schloss die Augen. Seine Stimme war so wunderschön.

Sie musste sich zwingen, ihn nicht anzuflehen, ihren Namen zu wiederholen. Aber sie schwamm in dem blauen Echo ihres Namens, seiner Stimme.
 

Sie hasste sich für die Gedanken, die in diesem Moment in ihrem Kopf schwirrten.
 


 

Und dann kam eine Bitte, die er niemals von ihr erwartet hätte.

Nie. Niemals. Nicht von ihr.

Glas zersplitterte in seinem Kopf.

„Kündige, Naruto.“

Naruto drehte sich zu seiner Ex-Beinahe-Gattin um und sein Grinsen war so unecht wie die Blumen in dem Firmengebäude. Es waren Stoffpflanzen. Natürlich. Es war so viel einfacher zu handhaben, und Kunst war schließlich immer schöner als Natur. Also – gab es überhaupt irgendeinen Nachteil? Man musste sich um keine Probleme kümmern, alles funktionierte ohne ein menschliches Zutun, ohne Gefühle. Die Blumen standen dort und blieben dort und sahen wunderschön aus.

Aber sie waren es nicht.

Und das war das Problem.

Denn sie würden es auch niemals werden. Schön werden.

„Nein, Hinata“, sagte Naruto kopfschüttelnd, „nein, das werde ich nicht. Es gab einen Grund, dass wir nicht geheiratet haben, aber durch diesen Grund lasse ich mir nicht mein restliches Leben kaputtmachen. Du solltest mich besser kennen. Nach all der Zeit.“

„Aber-“, setzte das Mädchen an. Das war sie. Nach all der Zeit. Immer noch ein Mädchen. Weil sie unschuldig war, und weil er sie nicht für das verabscheuen konnte, was sie in diesem Moment war. Eine kleine Marionette Hyugas.

Nein.

Hinata sah ihn an. Ihn an. Ein verzweifelter Zug legte sich um ihren Mund. „B-bitte, Naruto. Bitte. Tou-sama w-wird es nicht schwer fallen, dir ir-irgendwo anders einen Job zu vermitteln. Ü-überall, wo du willst. Wolltest du nicht immer schon n-n-nach Dänemark? Überall, Naruto.“ Flehend, so war ihr Tonfall. Und ängstlich, ihr Stottern. Noch vorsichtiger als früher.

Er war noch nie so gewesen.

Und es konnte nicht richtig sein.

„Hinata, was ist passiert? Warum willst du mich so verdammt dringend loswerden?“ Naruto bemühte sich, seine Stimme ruhig zu halten, obwohl er innerlich verglühte vor Wut und Enttäuschung. Wie konnte sie bloß glauben, dass er käuflich war? Einst hatte Hinata ihn am besten auf der ganzen gefickten Welt gekannt. Er hatte sich verändert, natürlich. Aber wie sehr musste sie sich verändert haben, dass sie ihn vergessen hatte? Ihn?

„Es ist n-nichts, Naruto-…san.“ Sie atmete tief ein, für den letzten Stoß. „Gehen Sie wieder a-an die Arbeit.“
 

Seine blauen Augen waren immer noch verwundbar, als er den Blick von ihr löste. So offen und benetzt. Mit einer Trauer, die sie nicht verdient hatte.
 

Er drehte sich um.
 

„Ich hab Feierabend. Genieß den schönen Abend noch, Hinata-sama.“
 


 

~ Sag mir, ist ein Mensch klug, wenn er sein eigenes Leid zulässt? ~


 


 

--
 

Ungebetate Version wegen persönlichen Zeitmangels des Betalesers. Macht ja nix. Ich bin toll genug xD
 

Info: Shinjuku ist einer der 23 Verwaltungsbezirke Japans, relativ zentral gelegen. Nishi-Shinjuku ist der östliche Teil, mit riesigen Wolkenkratzern und Verwaltungsgebäuden und Firmensitzen, etc. Deswegen hab ich Huyga Companies einfach auch mal dorthin gesiedelt. Außerdem, muss ich gestehen, erinnert es mich an Digimon Tamers, und ich liebe dieses alte nostalgische Zeug ^-^
 

Info 2: Zitat wieder einmal aus thefreedictionary.com
 

Zum Kapitel: war für mich teilweise sehr zäh zu Schreiben - nur der Teil mit Hinata und Naruto und der letztere Neji-Sakura-Teil haben Spaß gemacht... auf eine sadistische Art. Naja^^ Ich hätt niemals gedacht, dass mir so was wie SasuIno - oder so ähnlich zumindest xD - so leicht von der Hand gehen würde, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, die Situation zu beschreiben.
 

Ich bedanke mich fürs Lesen und - hoffentliche - Reviewen.
 

Grüße,

bells

nachtblau


 

nachtblau

Nạcht die; -, Näch•te

1. der Teil eines Tages, während dessen es völlig dunkel ist ↔ Tag
 


 

Ich bin wieder da, Hikari. Ich bin wieder da.

Hast du mich vermisst, Hikari?

Hikari-chan, sag schon. Hast du mich vermisst?

„Hallo.“ Es war ein kleines Hauchen in die leere Dunkelheit ihres Appartements.

„Hallo.“ Hikaris Seufzen war wie die Antwort ihrer Frage, ein leises Echo. Beinahe verloren im blau der Wohnung, ihrer Liebe, ihres Lebens. Dann: „Wo warst du?“

Ino biss sich leicht auf die Unterlippe; nicht stark genug, um ihren neu aufgetragenen Lippenstift zu zerbeißen, aber trotzdem als Geste vorhanden, mit der Bedeutung, die zu dieser Geste dazugehörte und die nur Ino innehatte. „Ich war“, Ino atmete tief aus und die Worte flossen wie flüssiges Stickstoff von ihren Lippen, „mit Sasuke-kun essen.“

„Sasuke-kun.“ Ein Echo ihrer eigenen Worte und doch so unterschiedlich, so vollkommen… anders. Ino konnte Hikaris Bernsteinaugen nicht sehen, aber sie wusste, wie dunkel sie in Nächten wie diesen aussahen. Mystisch, geheimnisvoll, mächtig. Selbst in dieser Position, während Hikari nicht sicher sein konnte, ob Ino nicht doch noch irgendwie in einer Ecke ihres Herzens in Sasuke verliebt war, war sie so viel… stärker, als Ino es je sein würde.

Und dieses Wissen tat so schrecklich weh.

So weh, dass sie sich am Boden fühlte. Allein durch dieses Wort. So weh, dass sie nur wollte, Hikari auch am Boden zu sehen. So weh, dass ihr bewusst wurde, wie sehr sie Hikari liebte.

„Er ist also wieder in der Stadt, huh?“

„Ja. Und-… er bleibt.“

„Wie schön für ihn.“ Der Sarkasmus saß tief in den Tönen, die Hikari perfekt traf. Trotz all dessen war da kein Schmerz; nur die Ironie, die dieser Begegnung innewohnte. Sie strich sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr und setzte sich Hikari gegenüber in den Ohrensessel, den sie seit ihrer ersten eigenen Wohnung – aus der elterlichen Wohnung – hatte. In dem Ding hast du es mit Sasuke-kun getrieben. Diese kleine Stimme in ihrem Kopf. Na? Ino schüttelte den Kopf.

„Wie geht’s dir?“ Vor Monaten, irgendwann zwischen Gewohnheit und Neusein, da hatte Hikari sich jeden Freitagabend zu Ino gesetzt und gefragt, wie ihr Leben aussah. Und Inos Stimme war angeschwollen, die Worte strömten den Wasserfall tosend herunter, als hätte sie Angst, irgendwann könnte die Zeit vorbei sein. Sie war es nie. Hikari war immer da.

Und jetzt war sie es, die die geheime Frage stellte, und es war Hikari, die begann zu reden: „Uzumaki, der Typ, von dem ich dir erzählt habe – er… er geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich verstehe ihn nicht. Er ist so merkwürdig. Er wohnt nur noch bei seinem Kumpel, obwohl er eine eigene Wohnung hat. Er hat jetzt einen Job als Sekretär bei Hyuga-Companies und er – scheint zufrieden damit. Wie kann er so verdammt zufrieden sein, wenn er so ein Versager ist?“ Hikari war wirklich verwirrt. Ihre Augen schwirrten und Bernstein funkelte, überall. „Und weißt du was? Uzumaki kennt Sasuke-kun.“ Das Sasuke-kun mit so viel Zynismus. „Und ich weiß, ich sollte nicht zögern, aber ich tue es, Ino. Ich zweifle. Ich zögere. Das… ist nicht meine Art und ich hasse es.“ Hikari sah sie blank an: „Wenn du die geringsten Zweifel daran hast, dass unsere Beziehung nicht… richtig ist. Dann… dann sag es jetzt.“ Ihr schönes Gesicht war verzogen und die Schatten malten auf ihre Züge dunkle, dunkle Grimassen.

Ino schluckte. Ehrlich? Ohne Zweifel?

Natürlich hatte sie Zweifel. Sie war so voller Zweifel, sie war beinahe an sich ein Zweifel! Natürlich hatte sie Befürchtungen, dass ihre Beziehung der Öffentlichkeit und ihnen selbst nicht standhalten würde, natürlich hatte sie Angst. Aber da war immer Hikari gewesen, wie ein kühler Fels in der Brandung, und sie war immer da gewesen. Jetzt eine Hikari zu sehen, die… selbst Halt brauchte – es verunsicherte Ino. Und es gefiel ihr nicht.
 

Und das.

Damit begann es.

Der Untergang begann.
 

„Keine Zweifel, Hikari. Niemals. Ich liebe dich.“
 

Es waren keine Lügen, es war so viel Wahrheit. Und trotzdem war es das größte Lügengerüst, das sie jemals aufbauen würde und was sie mit diesen Worten begonnen hatte.

Der Grundstein war gelegt.
 

In dieser blauen Nacht.
 

An diesem blauen Tag.
 


 

Im Traum. Im Traum küsste sie ihn und fiel in einen bodenlosen Abgrund. Blau, blau, blau. Im Traum sah sie seine Augen und sie trank und sie ertrank darin. Dunkel, dunkel, dunkel. Im Traum. Sie wusste, dass sie träumte. Es war ganz einfach. Ein Teil von ihr lag neben dem Traum und hörte Nejis ruhiges Atmen und der andere, der größere… der verletzlichere Teil war in diesem Traum eingesperrt, blaublaublau, und wartete auf die Erlösung.
 

In diesem Traum sah sie ihn das erste Mal. Ihr erster Kuss mit ihm. Das Lebewohl. Der Schmerz. Sie sah alles in blaueblaueblaue Tinte getunkt und sie sah die Linien, die sich… immer noch zwischen ihren beiden Leben verrankten. Im Traum brannte es. Es war rotes Feuer, unendlich viel, aber es blieb trotzdem blau. So unendlich kalt blau.

Ihr Leben war sein Leben.

Plötzlich sah sie es ein. Sie wusste es. Sie gehörte ihm. Und egal wie viele andere Leute einen Teil ihres Körpers oder ihrer Seele beanspruchen wollten und würden, sie war sein und sie hasste es.

Im Traum. Lächelte er. Im Traum spürte sie eine Träne, eine blaueblaueblaue. Er hatte nie gelächelt, nienienienienie. Es kam ihr falsch vor, dass er jetzt, jetzt, jetzt lächelte, aber es war so unendlich schön. Er war schön. Es tat ihr weh, wie schön er war, und sie blutete blaues Blut.

Im Traum hörte sie seine Stimme. Ihre Stimme. Und die blaue Verbindung, wenn sie beide nacheinander hörte und verstand, dass sie zusammen so viel schöner waren als allein, dass sie allein niemals vollständig sein würde.
 

„Wenn du wirklich versuchen würdest, zu beobachten, statt sie anzustarren und zu bedrängen, würde vielleicht auch was dabei herauskommen.“

„Lassen Sie mich in Ruhe. Halten Sie die Klappe. Schauen Sie mich einfach nicht an.“

„Ach, das bemerkst du? Dann kannst du ja doch beobachten. Der erste Schritt zum Beobachten ist, zu wissen, wann man selbst beobachtet wird.“

„Halten Sie ihren verdammten Mund.“

„Wer ist das überhaupt? Dein Freund, der dich betrügt? Oder deine Freundin?“

„Wenn Sie so gut sind, warum wissen Sie dann nicht, ob ich lesbisch bin oder hetero? Hm?“

„Nein, keins von beidem. Der Typ ist dein Kumpel, von der Universität. Das Mädchen kennst du auch. Und du willst die beiden verkuppeln.“

„Nein.“

„Lüg nicht. Beobachter sollten nie lügen.“

„Ich lüge nicht.“

„Doppelt gelogen. Beobachter sehen nur die Wahrheit. Die Wahrheit ist ohne Lügen, egal, wie sehr man sie sich wünscht.“

„Ich bin keine verdammte Lügnerin, also halten Sie ihre verfickte Fresse, okay?“

Blaue Menschen sehen sie an. Sie wird rot und es fühlt sich blau an. „Du Leute starren. Du bist wirklich noch am Anfang.“

„Hausverbot. Ab jetzt. Für immer. Verlassen Sie dieses Café. Sofort.“

„Du würdest gern mit mir schlafen, aber du traust dich nicht, weil du noch jemandem hinterhertrauerst, in den du nie wirklich verliebt warst. Stimmt’s… Künstlerin?“
 

Er verlässt den Raum mit tonlosen Schritten und lässt sie mit rasendem Herzen zurück.
 

So fängt es an.
 

Im blaublaublauen Traum sah sie ihm hinterher, und der Schmerz in ihrer Brust war beinahe schön, so schmerzhaft schön wie er selbst. Es tat so furchtbar weh.

Sie träumte. Es veränderte sich alles, alles drehte sich, verschob sich, aber es blieb trotzdem blaublaublau. Schrecklich blau.

In ihrem Traum sah sie die blonde Ino, die Löcher, die merkwürdige Gefühle in ihre himmelblauen Augen gefetzt hatten, dass es blaues Blut herausschoss und Ino weinen ließ. Sie sah eine andere Person, ein Schatten, ganz nah an Ino und weit weg. Sie sah Kakashi; der sanfte Gesichtsausdruck, als er ihr das Abschlusszeugnis in die Hand drückte, ein stolzes „Gratulation“ murmelte, zufrieden. Und da war Neji, und er stand allein in einem blauen Meer von Angst und Trauer und Einsamkeit. Seine Haltung war aufrecht und stolz, aber dann schob sich noch eine andere Gestalt heran, mit langen Haaren und fragilen Augen, und noch eine andere, die, dessen Namen er stöhnte, die, die er anscheinend geliebt hatte, obwohl Sakura nicht wusste, wer sie war und Neji nicht mehr wissen wollte, wer sie war.
 

Blaublaublau.
 

Und dann wachte die Beobachterin auf und sah den, der sie das Beobachten gelehrt hatte, durch die Fenster der Nacht in ihr blaublaublaues Herz blicken.
 


 

„Steh auf.“

Er stand nicht auf. „Was willst du hier?“ Nuscheln.

„Steh auf.“

„Verpiss dich.“

Keine Antwort; nur das Geräusch einer Flamme, gerade entstanden und schon wieder tot, der Geruch von Zigarettenrauch in der blauen Dunkelheit, eine Mischung mit abgestandenem Bratfett und Ramen.

„Steh auf, Naruto.“

„Nein, Sasuke.“

Sasuke seufzte nicht, er murmelte nichts, er sah ihn nicht einmal an. Das einzige, was er verdammt noch mal tat, war in die toten Wolkenkratzer ganz weit weg zu starren. Naruto kannte Sasuke gut genug, um zu wissen, dass es ein leerer Blick war, so wie immer, so wie alles. Alles, was Sasuke berührte. Furchtbar leer.

„Du kannst nicht aufstehen, du bist besoffen. Ich bring dich nach Hause.“

Er seufzte. Es war er, nach allem, was sie zusammen hielt und auseinanderriss, es war immer er. „Warum, Sasuke?“

Sasuke blies einen Schwall Rauch vor das Gebäude, das er vor kurzem noch anvisiert hatte, als würde er es vergessen wollen. Wie er so vieles vergessen wollte. Naruto verachtete ihn nicht dafür. Aber was war die Wahrheit? War Sasuke stark, weil er vergessen konnte und nichts war? Oder war er schwach, weil er nie mehr zurückschauen konnte? Der schwere Geruch seiner Zigarette legte sich um Sasuke, ganz blass, ganz leise, vollständig.

„Warum?“, atmete er, „Ich weiß nicht.“

„Wir sind schon seit vierzehn Jahren, zwölf Monaten und einem Tag befreundet. Gestern war unser… Jubiläum.“ Er grinste schief und betrunken, in seinem Blick zerbrochenes, vertrocknendes Meer. Und so viel Salz, dass es in seinen Augen brannte.

„Ah.“ Sasuke warf den Zigarettenstummel weg.

„Weißt du, was heute passiert ist?“ Er stemmte sich hoch, taumelte einen Moment, hatte sich dann wieder gefasst. Langsam ging er von dem Ramenstand weg. „Du bist zurückgekommen. Einen Tag zu spät. Ich hab endlich wieder Arbeit. Ausgerechnet heute muss Hinata in der Firma ihrer Familie auftauchen.“ Er war so betrunken, dass er nicht einmal lallte, so weit weg, dass er ganz nah war. „Weißt du noch, wer Hinata ist? Hyuga Hinata?“

„Nein.“

Naruto lächelte schief. „Stimmt ja. Du bist nach unserem Abschluss mit Itachi und deinem Vater durch die Welt gereist.“ Du bist einfach so gegangen, ohne ein Scheißwort. „Hinata war meine Verlobte. Ich hab’s dir geschrieben, ich hab dir Postkarten und E-Mails und Briefe geschrieben, ich hab dich angerufen. Ich wollte dich als Trauzeugen.“ Ein Lachen entfuhr ihm. „Sie hat mich bestochen, damit ich wieder kündige. Sie will mich nicht hier.“ Er weinte nicht mehr. Er hatte so lange nicht mehr geweint. Immer nur gelacht. Gelacht, gelacht, gelacht. Es tat weniger weh als das Weinen. „Warum bist du hier, Sasuke? Warum… lässt du uns nicht in Ruhe?“ Seine Stimme wurde immer leiser, immer ruhiger. Sein ganzes Gewicht lastete auf Sasukes Körper, und die Worte, die schrecklichen Worte. Ehrlich, so ehrlich. „Du tust uns allen nur weh. Du verdienst nichts auf der Welt, Sasuke. Niemanden. Du hast es noch nie. Du hast nicht verdient, dass du deine Mutter kennst und dass sie dich liebt und du hast Ino nicht verdient und Itachi und Karin… niemanden, hörst du? Wie kannst du es wagen, uns dazu zu bringen, dich zu lieben, obwohl es nur wehtut? Es tut so schrecklich weh, Sasuke. Warum lässt du uns nicht gehen?“ Er war beinahe eingeschlafen, aber mit jedem Wort sickerte Schmerz wie Blut in Sasuke ein.

„Ich kann nicht.“

„Wir hassen dich.“

„Ich hasse euch auch.“

„Warum lässt du uns dann nicht frei?“ Naruto schloss endgültig die Augen und begann kurz darauf zu schnarchen.
 

Bei sich zuhause legte Sasuke Naruto ins Gästebett, ohne Decke, ohne Schmerz, ohne Angst.
 

Uchiha Sasuke hatte nur ein Gefühl.
 

Ich hasse euch so sehr.
 


 

„Neji ist wieder in seiner eigenen Wohnung.“ Hyuga Hiashi konnte sich keine Fragen leisten. Er war ein großer Geschäftsmann, rational und ehrgeizig und erfolgsverwöhnt; alles, was er sagte, war Gesetz. Er stellte keine Fragen.
 

Aber das hier, das war das, was am ehesten an eine Frage herankam.
 

„Ja, Chichi.“

„Es gehen Gerüchte um, Musume. Man sieht ihn in letzter Zeit viel zu oft mit einer Frau. Mit der gleichen, immer wieder. Als hätte er eine Beziehung.“

„W-warum sagst du mir das, Chichi?“

„Er muss zurückkommen, Hinata. Für die nächsten Monate muss er hier wohnen.“

Hinata sah das Gesicht ihres Vaters nicht. „Ich kann das nicht.“

„Du musst.“ Hiashi drehte sich zu ihr um, ein Blick starrer als Stein, so viel ernster, so viel grausamer. So weiß.

„E-er…“, Hinata schluckte, „hasst uns. Vor a-allem hasst er m-mich.“

Manchmal wünschte sie sich so sehr einen Papa, dass es wehtat.

„Du musst.“

Bevor er ihr Zimmer verließ, legte er eine dünne transparent blaue Mappe auf ihren Nachttisch – und ohne ein weiteres Wort ging er.

Irgendwas, Papa. Fühlst du irgendetwas für deine Tochter?
 

Haruno Sakura, achtundzwanzig, talentierte Künstlerin; in vielen Kreisen bekannt dafür, eine wunderbare intuitive Farbgebung und bei jeder neuen Ausstellung einen neuen reicheren Kerl zu haben.

Hinata presste die Lippen zusammen, während sie die Fotos durchblätterte, die man von Haruno hatte schießen können.

Ihr Lächeln war schlau und kreativ und neu, als hätte sie es erfunden, als wäre es etwas furchtbar Besonderes, was sie da veranstaltete. So waren ihre Bilder. Unspektakuläre Motive, die plötzlich wunderschön aussahen. Einfache Kreationen, die sie präsentierte, ohne Aufwand, und die immer hochgepriesen waren.

Männer legten ihr gewissenhaft den Arm um die Schulter, obwohl jeder sah, dass sie es nicht brauchte. Sie war schlank und hübsch, aber über all dem war der Blick aus grünen Augen, der sie durchbohrte wie die Wahrheit, wie die ehrlichste Beobachtung von allen.

Auf anderen Bildern, wenn man Schnappschüsse von ihr gemacht hatte, sah sie einfach aus und deswegen vielleicht sogar noch fantasievoller. Mit kirschfarbenen Haaren und grünen Augen.

Aber die verblüffendsten Fotos von allen waren die mit Neji-nii-san. Wie sie ihn ansah. Zärtlich und erstaunt. Und er hielt sie nicht davon ab, sie zu berühren.

Sie waren ein durchaus hübsches Paar, wenn auch etwas zu unterschiedlich, wenn auch zu merkwürdig, wenn auch zu lieblos.
 

Das letzte Bild.

Sie. Er. Ihr Gesicht an seinem Körper versteckt, kurze Haarsträhnen zwischen seinen Fingern, in seinem Blick die Sehnsucht nach Himmel und Hölle.
 

Hinata sollte nicht eifersüchtig auf diese Frau sein. Sie war nur eine der Gespielinnen, die Neji-nii-san eben hatte, nichts Besonderes. Irgendwann würden sie getrennte Wege gehen.

Sie schluchzte in ihr Kissen.

Das ist es nicht. Niemals. Er liebt sie. So sehr. Warum liebt er sie?

Sie tat nichts außer zu lächeln und trotzdem ließ er sie da sein und er ließ alles zu, was sie tat. Er lächelte nicht. Aber wenn er sie ansah, war es, als würde Hyuga Neji seine große Liebe in Haruno Sakura suchen.

Und anscheinend hatte er sie irgendwie da drin gefunden.

TenTen.
 

Warum liebt er sie und nicht mich?
 


 

~ Sag mir, ist ein Mensch lebendig, wenn er so schrecklich verletzt hat? Wenn er verletzt ist? Sagst du mir das? Ich verstehe euch nicht. Warum tut ihr euch gegenseitig weh? Warum, wenn ihr euch so liebt? ~
 


 


 

--
 

Wuhi, nächstes Kapitel^^

Ich hab in nachtblau extrem oft das Wort "blau" benutzt. Ist vielleicht etwas "too much", aber irgendwie passend für eine Nacht wie diese; mit ganz viel Verzweiflung und negativen Gefühlen.
 

Hiermit ist die morgen-mittag-abend-nacht-Reihe fertig, die ich in meinem Word-Dokument als "Blauveränderung" bezeichnet habe. Die meisten Bande wurden jetzt gezeigt und jetzt kanns richtig losgehen. Mit dem Terror, meine ich.
 

Das nächste Kapitel ist hoffentlich noch im September fertig; aber da die Schule anfängt kann ich nichts versprechen - und die 60% sind, weil es wieder ungebetat ist und ich es auch eher schlüdderig kontrolliert hab xD
 

Info: chichi-ue - bedeutet Vater, ist nach meinen Quellen die formalere Ansprache.
 

bells

karottenblau


 

karottenblau

Die Karotte ist reich an Ballaststoffen und Mineralstoffen. Insbesondere enthält sie Selen und das fettlösliche β-Carotin, und zwar durchschnittlich 6 mg / 100 gr. Darüber hinaus enthält die Karotte bis zu 6% Zucker.
 


 

Die Welt drehte sich weiter.

Auch nach dieser Nacht. Nach diesem Tag.

Und sie weinte und lachte und schrie und zerbrach.

Und sie erwachte und erschuf sich neu und hielt stand.

Egal, wie sehr sie es verabscheute. Egal.

Die Welt drehte sich weiter.
 


 

Scheiße, dachte Naruto. Scheiße, bin ich tot.

Er hatte keine Kopfschmerzen. Er fühlte nichts mehr, es war nur noch alles taub und leer. In seinem Mund schmeckte er Trauer und Übelkeit und Wut und seine Hände lagen schwer auf der Matratze, als wären sie festgebunden. Tot.

Er stöhnte, als er sich aufrichtete; nichts drehte sich, alles war stumm und starr und scheiße. Seine Augen waren ganz schwer, obwohl alles, was er jetzt wollte, eine Bewegung sehen war.
 

Uzumaki Naruto war schon immer jemand gewesen, der etwas sehen musste, bevor er daran glaubte.
 

„Dusche. Wasser.“ Leben.
 

Sasuke sah nicht auf, als er in die Küche schlurfte, immer noch taub im Kopf, im Herzen, aber wach. Zumindest war er wach. „Du bist zu spät, Dobe. Wenn ich dein Chef wäre, würde ich dich feuern.“

Naruto antwortete nicht. Er sagte kein grinsendes Schimpfwort, er machte keine freundschaftliche Geste. Aber er nickte. Und bevor er die Haustür hinter sich zufallen ließ, sagte er: „Du bist mein bester Freund, Sasuke.“

Denn Naruto wusste, das war das schrecklichste, was Sasuke hören könnte.
 

Die Arbeit machte ihm Spaß. Nicht so viel Spaß wie Sport oder so, aber immer noch genug, um seinen Kater zu ertragen und die Gedanken, die ganz einfach waren, immer wieder die gleiche Scheiße: Hinatahinatahinata, die ganze Zeit.

Keiji kam dann und wann an seinem Schreibtisch vorbei und er hatte jedes Mal das gleiche verspiegelte Lächeln hinter seinen Brillengläsern; und er hatte Schokolade dabei. „Schokolade macht glücklich“, sagte er, „Naruto-kun, Sie müssen die Schokolade essen, damit Sie hier gut arbeiten können.“

Und dann machte er seine Runde weiter, blieb bei Shika sitzen, die mit einer rekordverdächtig schnellen Hand tippte und mit der anderen über ihren kugelrunden Babybauch strich. Naruto hatte noch nicht ganz verstanden, was wirklich der Sinn hinter Keijis Job war – aber anscheinend war Hyuga zumindest schlau genug zu erkennen, dass nur zufriedene Arbeiter gute Arbeiter waren. Ein netter Herr mit Schokolade war ein guter Schritt. Naruto seufzte, als er einen weiteren abgetippten Brief ausdruckte und auf den Stapel Büro 3 legte. Aus dem Augenwinkel sah er eine kugelrunde Gestalt auf sich zuwatscheln. „Naruto-san, ich wollte fragen, ob Sie Keiji-kun und mich auf die Mittagspause begleiten wollen“, sagte Shikas sanfte Stimme neben ihm. Ihre Stimme hatte die Grazilität eines Rehs. Wenn auch die eines schwangeren.

Er grinste: „Sorry, Shika-chan, aber ich muss mich immer noch einarbeiten. Wenn ich die Sachen abgearbeitet habe… also in zehn Wochen – oder Monaten – komm ich gern mit.“

Shikas Blick war wissend. „Soll ich Ihnen ein Obento mitbringen?“

„Gerne. Danke, Shika-chan.“

Shika lächelte mitfühlend. „Es gibt da so einen Laden bei mir um die Ecke, wissen Sie? Die Leute sind furchtbar nett dort und sie verurteilen mich nicht, weil mein Kind keinen Vater hat. Ich kenne sie nicht genauer, aber ich fühl mich immer wohl bei ihnen.“ Dann berührte sie zum Abschied sanft seine Schulter und ging aus dem Büro.

Naruto sah ihr lange nach, bis wieder dieses Schwindelgefühl in ihm hochstieg und er seinen Kopf in den Händen vergrub.

„Geht’s Ihnen gut, Naruto-kun?“ Keiji war wie aus dem Nichts neben ihm aufgetaucht, in einer Hand eine Tasse mit dampfendem Inhalt, in der anderen einen Teller voller Kekse. „Die sind für Sie. Wenn Sie schon nicht mit uns zu Mittag essen wollen.“

Ihm wurde übel von der Freundlichkeit. Dumm, dumm, dumm. Es rauschte in seinem Kopf und an dieser einen Stelle begann sein Kopf zu schmerzen. Er fluchte laut und schäbig.

Aber. Keiji lächelte nur. „Shika-kun und ich wollen nur… das Geschäft sein, in das Sie gehen können, wenn Sie sonst zu niemandem wollen.“

Dummdummdummdummdummdummdummdumm.

„Danke.“

Du bist so dummdummdummdumm. So schrecklich dumm.
 


 

Wenn Hinata ihn so, auf diese bestimmte Art und Weise, ansah, wusste er nie, wie er darauf reagieren sollte. Da war diese Sehnsucht in ihrem blassen Blick, in den gleichen Augen wie seinen, wie in denen seines Vaters und in denen ihres Vaters, aber da war noch so viel mehr. Angst immer, und niemals Wut.

Konnte Hinata Wut empfinden?

„Neji-nii-san…“, begann sie leise.

„Sprich lauter, Hinata-sama.“ Manchmal wusste er sogar, wie sehr er ihr wehtun konnte, mit ihrem eigenen Namen, zerstörerisch, ohne es zu wollen, zerstörerisch, weil er nicht anders konnte. Manchmal wusste er, dass sie ihn liebte, so sehr, so schrecklich, schrecklich sehr; weil sie ihn ansah mit offenen Augen, mit Augen, die nicht lügen konnten. Aber meistens versuchte er es zu ignorieren – und meistens funktionierte es auch. Weil sein Leben anstrengend genug war, ohne auf ein kleines dummes Mädchen aufpassen zu können, das nichts im Leben sagte und die niemand respektierte oder annahm. Die liebte, aber nicht zurückgeliebt wurde. Und mittlerweile tat es nicht einmal mehr weh, so etwas zu denken, über jemanden, der das gleiche Blut, vergiftetes Hyuga-Blut, in seinen Adern hatte.

„W-wer ist… die Frau auf diesem B-bild?“ Ihre Hand zitterte, als sie ihm das Foto hinhielt, wie Espenlaub.

Haruno Sakura sah auf dem Bild sehr viel schöner aus, als sie eigentlich war. Es lag nicht daran, dass es retuschiert worden war – obwohl ihre Haare zu voll und ihre Augen viel zu grün waren – sondern an ihrem gekünstelten, echten, fröhlichen Lächeln. Es war auf einer ihrer Galerien gewesen. Dieses Kleid, die Frisur. Sakura war schlau genug, niemals das gleiche zu tragen, aber auch nicht immer etwas anderes. Sie war Künstlerin. So waren Künstler. Sie verdrehten und verkürzten und verlängerten die Wahrheit, so sehr es ihnen gefiel, und es gefiel auch anderen. Künstler durften so sein.

Er hasste sie trotzdem. Die albernen Bildchen mit Schäfchenwolken und den paar bunten Strichen und Linien; Skulpturen, die gefühllos weinten; abstrakte Kunst.

„Sie heißt Haruno Sakura.“ Neji wandte sich von Hinata ab und blätterte in seinem Ordner nach dem Vertrag, der heute Morgen unterzeichnet worden war.

„Kennst du… s-sie gut?“

Neji sah wieder auf. Er sah sie genervt an, gelangweilt und verletzend. Hinata erwiderte seinen Blick nicht. „Wir haben Sex.“

Ruckartig hob sie ihren Kopf und sie sah beinah entrüstet aus. „Neji-nii-san!“ Dann wurde ihr Blick wieder sanfter. Nichtssagender. Dahinter war eine Frage, aber er war zu müde, um sie zu beantworten. Sie sollte endlich verschwinden.

„Sie kennt mich besser als ihr alle. Sie ist keine Hyuga.“

Sie schwieg lange, bevor sie ein schales Lächeln aufsetzte, um leise zu antworten: „Ich-… verstehe.“ Sie lächelte schwach. „Tou-sama hat gesagt, dass wir uns um zwanzig Uhr für ein Bankett im Park Hyatt Tokio Hotel einfinden sollen. Wir sollen mit Baa-sama und Misaki-san die Hyuga Companies repräsentieren.“

Neji nickte mit blankem Gesichtsausdruck und Hinata konnte nicht anders als zurückzuzucken vor diesem Mann, der sie hasste. „Ich hole dich um neunzehn Uhr auf dem Anwesen ab. Sei pünktlich.“

„Ja, Neji-nii-san.“

Dann drehte er sich wieder seinen Unterlagen zu. Sie senkte den Kopf und sah auf ihre Füße. Manchmal fragte sie sich, ob sich irgendwann etwas verändern würde zwischen ihnen. Und manchmal wusste sie nicht, ob sie es überhaupt wollte.

Aber loslassen konnte sie auch nicht.

Sie liebte ihn. Er war Neji.

„Du darfst jetzt gehen, Hinata-sama.“

Neji war der Mensch, der ihr auf dieser Welt am meisten wehtat.
 


 

Hinata war der Mensch, der Naruto am meisten wehtat.

Er merkte es, als sie an ihm vorbeiging, vortäuschend, ihn nicht gesehen zu haben, als der Geruch ihres Shampoos in seinen Augen brannte, so, so schrecklich sehr. Er wollte ihren Namen rufen, leise und ein bisschen blau, aber nur sehr ein bisschen, nur, nur, nur. Er wollte sie umarmen und er wollte sich in ihr versenken und sie atmen und sie spüren.

Er wollte sie nicht küssen. Damals, als alles noch richtig gewesen war, als es ein HinataundNaruto gab, ein NarutoundHinata, da hatte sie ihn immer angesehen, verschreckt wie ein Reh, wenn er sie geküsst hatte. In ihren Augen lächelndes Erstaunen und errötende Schüchternheit – aber er wollte sich eigentlich nicht an diese Hinata erinnern.

Vielleicht träumte er nur, dass er die Hand nach ihr ausstreckte, und dass er sehnsuchtsvoll ihren Namen sagte, aber er träumte ganz bestimmt nicht den Blick, den sie ihm zuwarf.

Voller schrecklichem Erstaunen und zerbröselnder Härte hinter weißen Wänden. Er roch Lavendel. Kokosnuss.

„Erinnerst du dich noch an Hanabi, Hinata?“, sagte er. Verletzte er.

Tränen machten ihre Augen unklar, trübe. Sie schüttelte den Kopf, schlang die Arme um ihren Körper. „Gehen Sie wieder an die Arbeit.“

Sein Lächeln war bitter.

Erinnerst du dich noch an uns?
 

Ihr Schweigen ließ den Korridor erschüttern und beben.
 


 

Ein waberndes Nichts begrüßte Kiba, als er die Wohnungstür öffnete.

Und dann Akamaru, bellend, und das Geräusch eines schweren Messers auf Holz und der Geruch von Narutos Socken, ganz klar.

„Hallo?“, zog Kiba das Wort lang, horrend und ironisch und komisch, „ist jemand da?“ Da, nicht zuhause.

„Küche.“ Das Wort rollte über den schmalen Flur, gemächlich.

Kiba seufzte, als er die Küche betrat. „Alter, ich hasse Möhren. Ich werd die zehn Pfund, die du wahllos zerhackt hast, nicht essen. Scheiße, hast du die überhaupt geschält?!“

Naruto lachte humorlos: „Fick dich, Inuzuka.“

„Ins Knie“, gab er locker zurück, aber ohne darüber nachzudenken, ohne die Konsequenzen zu sehen, die so offensichtlich waren.

„Seit wann isst du keine Möhren mehr?“

Naruto lächelte.

Kiba lächelte.

Jeder hatte etwas von Hinatas kleinen Angewohnheiten übernommen und dann in seine eigenen Macken konvertiert, sodass es eigentlich niemandem auffiel, wie man sich über die Jahre hinweg immer mehr ähnelte.

Aber.

Dieses Lächeln, bitter und schmerzhaft – es war genau wie Hinatas.

Und es verband sie beide.
 

Hinatas Lachen. Ein dunkelblaues Kleid. Karotten sind gut für die Augen, Jungs!

„Erinnerst du dich noch dran?“, lachte Kiba bellend, während er im selben Augenblick schmerzhaft nach Luft schnappte.

Naruto wischte sich ein paar Lachtränchen weg, dann nahm er einen großen Schluck aus seiner Bierflasche. Der fünften. Oder so. Hinata hatte immer furchtbar gerne Bier getrunken. Nicht das japanische Bier, sondern das gut gebraute aus Deutschland importierte, das immer im Hyuga-Anwesen gelagert worden war wie teurer Wein. Hinata hatte Bier über alles geliebt, nicht, als wäre sie süchtig, sondern als wäre jeder Schluck wie flüssiges Gold, wie der beste Kuss, den sie jemals bekommen würde, immer wieder aufs Neue.
 

Naruto wusste noch, dass er manchmal eifersüchtig auf diese schrecklichen Flaschen mit dem süchtigmachenden Inhalt gewesen war, und Naruto wusste auch noch, dass Kiba nicht nur auf das Bier eifersüchtig gewesen war, sondern als kleiner Bonus auch noch auf ihn selbst. Das lag daran, dass von Anfang an so gut wie klar gewesen war, dass natürlich Naruto gewinnen würde, auch wenn es ihm selbst vielleicht nicht sehr bewusst gewesen war. Hinata war auf den ersten Blick in ihn verschossen gewesen. Mit zitternden Händen und stotterndem Mund und so furchtbar schönen Augen, obwohl es ihm damals nicht aufgefallen war, noch nicht. Das einzige, was er damals bemerkt hatte, waren ihre todblassen Wangen, immer, wenn er sie begrüßt hatte, wenn er sie Hinata-chan genannt hatte. Und bemerkt hatte er. Wie sie sofort errötete, wenn sie dachte, er wäre schon um die Ecke verschwunden. Kiba hatte sie nie Hinata-chan genannt. Die beiden kannten sich aus der Grundschule, aus der Mittelschule, und natürlich, denn Liebe siegt immer alles, hatte er auch das Fußballstipendium bekommen, um auf die viel zu teure Oberschule zu kommen.
 

„Weißt du noch, Kiba? In der Oberstufe warst du dir fast sicher, dass du sie bekommen würdest…“

Kiba lachte, aber mehr aus dem Alkohol heraus als aus irgendeinem Gefühl. Momentan fühlte er sich zu taub, um wirklich mit Verstand zu lachen. Oder mit Herz zu weinen.

„Aber ich hab sie nicht bekommen, weil du mit deiner Scheißfresse in sie rennen musstest und warum musstest du so scheiße tollpatschig sein? Und sie hat dich angesehen, stimmt’s? Sie hat dich angesehen und sie hat nichts gedacht, das hat man gesehen oder? Sie hat nichts gedacht, sondern sich einfach in dich verknallt.“ Als hätte er es gerade erst realisiert. „Verdammte Scheiße.“

Naruto bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen und schloss die Augen vor der sich drehenden Welt, vor dem verschwimmenden Kiba, der langsam, stetig, fahrig immer weiterredete.

Aber.

Er sah.

Hinatas Lachen.

Ein dunkelblaues Kleid. Karotten sind gut für die Augen, Jungs!
 

Er sagte: „Es tut mir leid, Kiba. Ich wünschte, ich könnte es ändern.“

Kiba antwortete nicht.
 


 

Oh mein Gott, wach auf! Das kannst du mir doch nicht antun! Atme!
 

Chichi, was haben diese Männer hier gemacht? Chichi? … Kaa-chan… warum wacht ihr nicht auf?
 

Nii-chan.
 

Was hast du bloß gemacht?
 

Atme!
 


 

~ Deine Welt ist so schrecklich, dass du mich beinahe vergessen hast, oder? Hab ich nicht recht? ~
 


 


 

--
 

Meine Problemphase ist vorbei! Yieeha!

Und weil ich so gut drauf bin, ist dieses Kapitel nicht unter die Augen meiner Betali gekommen. Naja. Wird auf jeden Fall noch nach-editiert.

Ich bedanke mich bei allen, die beim letzten Kapitel reviewt haben und danke denen, die dieses gelesen haben, selbst nach so langer Pause <3
 

Liebe Grüße,

bells
 

PS: Bevor ihrs vergesst: Chichi entspricht Tou-sama und Tou-sama einem sehr höflichen "Vater".

PPS: Und falls ihr euch vielleicht wundert, warum Sasuke-kun noch keinen eigenen Stecki hat - tja. A) finde ich kein gutes Bild und b) ist mein Photoshop ein bisschen im Arsch, also kann ichs nicht bearbeiten... Falls jemand ein gutes Sasuke-Bild findet...: Ich brauchs! xD

peripherienblau


 

peripherienblau

pe·riph·er·y: n. pl. pe·riph·er·ies

1. A line that forms the boundary of an area


 


 

Beobachten war Sakuras erste Natur. Sie sah immer alles, und zwar sofort, dessen war sie sich sicher. Es war dieser eine Fakt in ihrem Leben, von dem sie wusste, er würde sich niemals ändern. Manchmal gab ihr dieses Wissen Sicherheit, aber meistens verabscheute sie sich selbst dafür, dass sie nicht einfach – da ja Vergangenheit vergangen war, sie wusste das, sie wusste es, wirklich, wirklich – damit abgeschlossen hatte. Siebenhundertneunundzwanzig Tage lang hatte sie das Beobachten gelernt, aber jetzt, Jahre später, war es kein Antasten mehr.

Beobachten und sie – es war ein Atemzug von Seele zu Seele.

Deswegen wohl war es auch nicht so schwer für Sakura, diesen Blick zu identifizieren, den das Mädchen ihr gegenüber in den Augen hatte. Wirklich, mehr als ein Mädchen war sie nicht, mit den Augen eines verblutendes Rehs.

Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, bis sie blutete, genauso blutete wie das Herz des Mädchens.
 

Du bist eine Beobachterin – erwarte nicht mehr vom Leben.
 

Seine Stimme hallte in ihrem Kopf und hinterließ das Gefühl von Reiskörnern in ihrem Mund. Erwarte nicht, dass du irgendetwas tun könntest.

Sie hatte verlernt zu schlucken.

Langsam wanderten ihre Augen von der Limousine auf die Straßen, die sie sanft und schnell hinter sich ließen. Die Welt sah durch getönte Scheiben dunkelblau aus und die vielen grellen Lichter waren gedämpft.

„Wir sind in fünf Minuten am Park Hyatt Hotel angekommen, Sir“, sagte die junge Frau am Steuer des Autos auf Englisch. Sie sprach sehr gebrochenes Japanisch, ein wenig besseres Französisch und fließendes Englisch. Sie war Kanadierin und wie es sie nach Japan als Chauffeurin der Hyuga Companies, verschleppt hatte, konnte Sakura sich aus ihren Beobachtungen nicht erschließen. Eigentlich war es auch nicht wichtig, aber es war besser, als Neji anzusehen, oder das Mädchen – alles war besser als das, und Beobachten war wie Atmen, sie konnte es eigentlich gar nicht verhindern.

Als die Limousine perfekt vor dem in Lichter getauchten Hotel stehen blieb, schaltete die Chauffeurin den Motor aus, stieg aus und öffnete sechzehn Sekunden später die Tür, um die drei Fahrgäste herauszulassen. Der Mann stieg zuerst aus, mit hoheitsvoller Sicherheit, und danach das Mädchen, sie selbst als letzte. Sakura bemerkte, dass das Mädchen beinahe schwebte, mit den Füßen einer Tänzerin und den Händen, die Seifenblasen nicht zerplatzen konnte. Und die Augen, diese Augen mit nichts dahinter und trotzdem so viel.

Sakura selbst strich eine Falte ihres Kimonos glatt, während sie, einen Meter Abstand zwischen dem Mann neben ihr und sich lassend, in die Eingangshalle des großen Hotels eintrat.
 


 

Es war wirklich nicht überraschend – ernsthaft, gar nicht überraschend. Es war das unüberraschendste, das Sakura seit Monaten gesehen hatte, aber nur seit Monaten, die kürzer als Jahre und manchmal sogar länger als Tage gewesen waren.
 

Weil Haruno Sakura beobachten konnte, weil Haruno Sakura schnell war, weil Haruno Sakura dumm und schlau und gearscht war – deswegen brach sie nicht in Tränen aus, als sie die vielen Gestalten sah, die in kleinen Grüppchen Champagner nippend dastanden.
 

Zwischen diesen vielen, vielen Gestalten sah sie schwarze, schwarze Augen, ein bernsteinfarbenes Kleid und wolkenlöcherfarbene Augen.

Und da war das Mädchen neben ihr, das fliederfarbene Tränen weinte. Sakura sah ein flackerndes Bild, einer Fata Morgana gleich, ein Bild von der Farbe sonnenblau und einer kalten Hundeschnauze.

Und vielleicht, vielleicht bildete Sakura sich das auch nur ein, aber vielleicht war das Geräusch von Nejis Herzschlag, gleichmäßig und verletzt – es sagt, dachte sie, obwohl sie es nicht denken wollte, es zerschnitt sie, tenten, tenten, tenten – keine Einbildung.
 

Wenn Haruno Sakura keine verdammte Beobachterin gewesen wäre, hätte sie angefangen zu weinen.
 


 

„Neji Hyuga!“, rief eine rothaarige schöne Frau mit einer irritierend anziehenden Mischung aus Fukuoka- und Oxford-Akzent und kam auf die drei Menschen, die starr an einem der vielen Tische saßen, während noch die letzten Vorbereitung für die Bühne der Gala getroffen wurden. „Was für eine Freude, Sie wiederzusehen!“

„Mayuri-san“, nickte Neji ihr zu.

Mayuri glitt unaufgefordert in den freien Stuhl zwischen Neji und Hinata – dieser leere Platz dazwischen, dachte Sakura, war wie ein Symbol ihrer Beziehung – ein leuchtendes Lächeln auf ihrem perfekten Gesicht. „Wollen Sie mich nicht ihren gutaussehenden Begleitungen vorstellen?“ Ihre Stimme war ein bisschen rau und ein bisschen tadelnd – aber beides auf die verführerisch-laszive Art, die sie auch irgendwo von sich selbst kannte.

Nejis starre Miene veränderte sich nicht: „Sakura Haruno.“

Mayuri nickte anerkennend. „Es ist mir eine große Ehre, Sie kennenzulernen, Sakura Haruno. Ich würde nur zu gerne später über ihre neuesten Werke, die in der Art Front Gallery ausgestellt sind, reden.“

„Und das ist Hinata Hyuga. Das zukünftige Oberhaupt von Hyuga Companies. Meine Cousine.“

„Ich bin sehr erfreut“, sagte Mayuri, aber sie log. Ihre braunen Augen waren kühl, als sie Hinata abschätzig musterte, im Kopf Gedanken, die verletzten. „So eine bezaubernde Frau. Wie schaffen Sie es, diesem Druck standzuhalten? Seit diesem… Unfall Ihrer Schwester, wissen Sie, dass sie alleinige Erbin eines riesigen Vermögens sein werden. Soweit ich weiß ist es in Japan noch üblich, an das älteste Kind zu vererben, nicht wahr?“

Die Haltung der Hyuga-Erbin wurde noch verkrampfter, Sakura sah, wie die zarten blassen Hände sich in den seidenen Kimonostoff vergruben.

„Mayuri-san, gibt es einen Grund, dass Sie wieder in Tokio sind?“

„Aber selbstverständlich, Neji Hyuga. Es ist kein erfreulicher Grund, gewiss, aber es ist ein Grund – und diese Charity-Veranstaltung konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen!“
 

Für eine Zehntelsekunde sah Sakura durch die Fassade dieser merkwürdigen Frau mit den merkwürdigen Worten – sie sah Alter und Einsamkeit und Windlichter, die man nicht vor Regen schützen konnte.
 

„Shouhei Nakamura lässt sich diese Woche von mir scheiden.“ Ihr Lächeln war furchtlos. „Seine Geliebte Louisa Clark und er bleiben in Großbritannien und vor einem Monat hat Itachi Uchiha mich gebeten, als persönliche Assistentin für ihn zu arbeiten. Und natürlich ist es wichtig, den Menschen in Haiti zu helfen, wo sie momentan in solcher Not sind. Es gibt viele Gründe, warum ich hier bin, Neji Hyuga.“ Mayuri hatte gerade ohne mit der Wimper zu zucken einen Teil ihres Lebens zwei komplett fremden Menschen weggegeben, als wären ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihre Erinnerungen nichts wert. Ihre Stimme hatte immer noch diesen leichten Schwung, wie das sanfte Wiegen von Frauenhüften, und ihre Schönheit war unangetastet von ihren Worten. Normalerweise sah man Menschen während unvorsichtiger Momente durch die Augen ins Herz, tief, tief, tief, und man sah Menschlichkeit darin – aber bei dieser Frau war da nichts mehr.

Sakura fragte sich, was einige Momente vorher geschehen war, dass sie sie hatte durchschauen können.
 

Sie wusste, sie war gut im Beobachten. Sie wusste auch, sie war kein Genie.
 


 

„Chrm, chrm.“
 

Ino hasste es, wenn Menschen sich in ein Mikrophon räuspern mussten.
 

„Darf ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit bitten?“
 

Ino hasste es, wenn Menschen diesen typischen Satz sagen mussten, nur weil er eben typisch war.

Der Saal war schon vor einigen Minuten, nachdem das Licht ausgeschaltet und die Scheinwerfer für die Bühne angeschaltet worden waren, verstummt und sah aufmerksam – zumindest teilweise – auf den dicken Mann, der im hellen Licht schwitzte.

„Ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich erschienen sind. Wie Sie alle wissen, sammeln wir während der heutigen Veranstaltung Geld für Haiti. Dieses Geld wird insbesondere den Aufräumaktionen zugute kommen – und je nach dem, wie viel zusammenkommt, auf dem Aufbau von Schulen, Wohnhäusern und so weiter. Ich bedanke mich herzlich für Ihr Erscheinen und schon jetzt im Namen von UNICEF für Ihre – hoffentlich – zahlreichen Spenden.“ Mit diesen Worten watschelte der dicke Mann von der Bühne, während jetzt eine Diashow mit Bildern des Katastrophengebiets lief und ein engagiert wirkender Mann dazu von den Umständen in Haiti berichtete.
 

Ino seufzte und ließ ihren Blick schweifen.

Sie wusste wirklich nicht, wie es dazu gekommen war, aber jetzt saß sie hier mit Matsuyama Hikari und Uchiha Sasuke an einem Tisch und fühlte sich komplett aufgeschmissen.

Hikari, die kühle Businessfrau, die sie war, hatte einen schwarzen Hosenanzug an, der mit den High Heels an den Füßen ihre Beine unendlich lang machte, ihre schwarzen Haare gingen glatt bis zu ihrer Taille, ihre Augen waren so reich wie Gold und so scharf wie Glasfragmente. Jede Fiber ihres Körpers war zum Zerreißen angespannt und ihre Schönheit war präsent, so furchtbar präsent, dass es wehtat.

Sasuke hingegen wirkte beinahe lässig in seiner Kälte. Er trug ebenfalls einen schwarzen Anzug und sein Blick war ebenfalls scharf, aber auf eine beobachtende Weise, nicht so aggressiv wie Hikaris. Er sah umwerfend aus.

Sie beide waren umwerfend.

Ino fühlte sich wie ein hässliches drittes Rad am Wagen.

Den Rest der Diashow verbrachte sie damit, sich zu sagen, dass sie dummdummdumm war.
 


 

Als sie sich mit Sasuke und Hikari ans Bankett stellte, die Tische schwer von Köstlichkeiten aus aller Welt, da ging alles so furchtbar einfach schnell.

Plötzlich stand da Hyuga Neji – sie kannte ihn vom Hören und Fern-Sehen – und Hyuga Hinata – die viel zu hübsch war für ihr eigenes Wohl, und für Inos Geschmack – und dann war da noch die Frau mit den kirschfarbenen Haaren, mit der sie sich schon seit Wochen Mails schrieb und von der sie das Gefühl hatte, sie würden sich schon viel länger und besser kennen als es wirklich der Fall war. Sie hieß Haruno mit Nachnamen, erinnerte Ino sich, als sie den Anhänger an ihrer Kette im Licht blitzen sah, der sie an frisch gemähtes Frühlingsgras erinnerte.

Der Kimono stand ihr ausgezeichnet und wäre die Situation nicht so unglaublich atemraubend, hätte sie Sakura angelächelt und sich mit ihr über Mode unterhalten.
 

Da stand Sakura in ihrem pfirsichfarbenen Kimono. Eine Strähne, die ihrer Hochsteckfrisur entwischt war, umrahmte die linke Seite ihres Gesichts schmeichelhaft – Ino fragte sich, ob sie das absichtlich gemacht hatte oder ob das bei Künstlerinnen eben so war – und sie sah mit leicht geöffnetem Mund zu Sasuke hoch.
 

Als würde sie etwas sagen wollen, als würde er es hören wollen.
 

Ino sah zu spät, wie sich die Peripherien verschoben hatten.
 


 


 

~ Ich verstehe euch nicht ~
 


 

--
 

Ein kurzes (sehr kurzes, weil ich einfach keine Muse und/oder Zeit zum Schreiben hatte) Beobachtungskapitel, das vor allem durch Inos Klamottenbeschreibungen und Sakuras Beobachtungen geprägt ist. Nächstes Kapitel, das verspreche ich, gehts dann zur Sache.
 

Ich würd mich wie immer über Reviews freuen.
 

Liebe Grüße,
 

bells-mannequin
 

PS: Front Art Gallery ist eine Gallerie in Tokio. Ich weiß nicht, ob es wem aufgefallen ist, aber normalerweise schreibe ich für die Japaner "Nachname Vorname". In Mayuri-sans Fall hab ich es auf das westliche "Vorname Nachname" umgestellt, weil sie ja in Großbritannien wohnt und so. Haiti ist ein bisschen komisch, weil ich die Jahreszeiten und all das nicht richtig getimet hätte, wenns jetzt wirklich Winter wär. Aber ich hoffe, man sieht mir diese Ungenauigkeit nach ^^

PPS: Falls es euch aufgefallen ist: Ich hab noch keine Charakterbeschreibung zu Sasuke. Das liegt einerseits daran, dass ich ihn ganz zu Anfang nicht auftreten lassen wollte (aber Sakura und Naruto ohne Sasuke? Na, ich weiß nicht...), und andererseits, dass ich kein Bild für ihn finde. Wer also zufälligerweise eins hat, der kann mich gern anENSen oder mir in den GB schreiben. Ich freu mich über jede Hilfe^^

irgendwieblau


 

irgendwieblau

1.

»Irgendwie« ist das dümmste Wort, das ich kenne. Wenn einer richtig dumm ist, dann sagt er »irgendwie« nach jedem Nebensatz. »Irgendwie« sagt man immer dann, wenn man irgendwie nix zu sagen hat.

2.

»Irgendwie« ist eines meiner Lieblingsworte. Es ist beinahe so ambivalent, hat jedoch [trotzdem] eine konkrete Bedeutung. »Etwas in der Art von« oder »fast genauso, aber doch nicht ganz«. Irgendwie ist auch an keinerlei syntaktische Vorgaben gebunden und kann an jeder beliebigen Stelle im Satz irgendwie untergebracht werden. Es hat dort einen ausgesprochen subtilen Einfluss auf den Inhalt des Satzes und kann, an richtig angebracht, diesem eine ganz andere Bedeutung geben.
 


 


 

In ihrer Kindheit hatte Hinata sich manchmal in der Küche versteckt, während die Mutter Hanabi stillte oder ihr Vater sie wieder anstarrte; anstarrte, aber nichts sagte. Manchmal, wenn es zu so einer Situation kam und sie keine Lust hatte, mit dem Kindermädchen zu spielen oder zu malen – dann schlich sie sich in die Küche, bis sie irgendwann abends, kurz vor dem Abendessen von ihrer Mutter ertappt wurde, in die Luft gehoben und gedreht wurde, bis ihr schwindelig vor Seeligkeit war.
 

Sie hatte das geschäftige Wuseln zu jeder Tageszeit geliebt, die junge fröhliche Köchin, die es nicht nur mochte, sondern Liebe empfand, aussendete, wenn sie in der Küche stand, und die die beste Misosuppe auf der Welt machte. Manchmal unterhielt sich die Köchin mit ihr, sagte Hinata, was sie in diesem und jenem Rezept doch noch umschreiben sollte, und was sie hinzufügen wollte, und dann nickte Hinata eifrig und korrigierte im Rezeptheft der Köchin – aber meistens summte die junge Frau, Mari-nee-san, fröhlich vor sich hin und Hinata setzte sich auf den Stuhl neben dem Küchentisch und steckte ihre Hand in den Sack, der damals noch größer und schwerer als sie gewesen war, voller Reiskörner, die schwer dufteten. Sie liebte das Gefühl des Nachgebens und des Widerstands und sie mochte die Ruhe, die sie dabei erfasste. Einmal hatte sie aus Neugier elf Reiskörner – sie erinnerte sich – in den Mund genommen – aber das Gefühl war ungenehm. Sie wollte nicht schlucken, aber ungewaschenen Reis in ihrem Mund zu haben… Hinata erinnerte sich noch heute daran, was für ein merkwürdig schales Gefühl es gewesen war.
 

Und in Situationen wie diesen kam ihr immer wieder diese Erinnerung in den Sinn.

Wie konnte etwas, was sich wunderbar in der einen Situation anfühlte, so fürchterlich in einer anderen sein?
 

Haruno-san und Uchiha Sasuke-kun standen sich gegenüber, immer noch, ohne ein Wort gewechselt zu haben. Der Moment wurde von den beiden im Mittelpunkt aufgesogen, dass man nichts mehr um sich herum hörte, dass tragische Stille aufkam. Hinata waren Haruno-sans Augen noch nie so grün vorgekommen und Sasuke-kun, den sie seit ihrem fünften Lebensjahr durch Hyuga-Uchiha-Verbindungen eben kannte – als der Uchiha-Clan noch glorreich und in seiner Blüte gewesen war – war ihr noch nie so furchtbar und noch nie so verletzbar vorgekommen.
 

Die Sekunden zerflossen, sammelten sich, aber gingen nicht vorbei.
 

Hinata wusste nicht, wie sie reagieren sollte.
 

Dann.

In einer messerscharfen, herzzerstörenden Bewegung wandte Sasuke-kun die Augen ab, drehte sich um und ging aus dem Saal, mit katzenartig eleganten Schritten, mit Kälte, die die Leute um ihn herum frösteln und sich umschauen ließ.

In einem Moment der Eingebung erkannte Hinata, dass Haruno-san ihm nicht sehnsuchtsvoll hinterherblickte oder voller Wut oder Schmerz die Hände zu Fäusten ballte oder sonst etwas tat, das sie hoffnungslos verliebt aussehen ließ – im Gegensatz zu der blonden attraktiven Frau, die vorher bei Sasuke-kun gestanden hatte und deren Verwirrung sie genauso wenig herunterschlucken konnte wie Hinata die Reiskörner von damals.
 

Ohne ein Wort zu sagen, ging Neji zurück zu ihrem Tisch und Hinata folgte ihm zwischen vereinzelten Grüppchen, wie sie es immer tat, zwei Schritte respektvollen Abstands hinter ihrem Cousin, immerimmerimmer.

Plötzlich tauchte Haruno-san neben ihr auf, ein nach Aprikose riechendes Parfum rechts von Hinata, und hielt ihr Handgelenk fest, mit leichtem Druck, der sie zum stehen brachte und die Distanz zwischen ihnen und Neji vergrößerte. „Kennst du ihn?“, fragte sie. Uchiha Sasuke-kun?

„Liebst du ihn?“ Es fühlte sich beinahe schmerzhaft an, nach dem Mut zu greifen, den sie sonst nie hatte; wie besonders tief in den Reissack greifen zu wollen. „Liebst du ihn oder Nii-san?“

Sakuras Lächeln war süß, viel zu süß, wie eine Frucht, die begann, von innen nach außen zu faulen. Ihr Ton war unerträglich verständnisvoll: „Ich liebe Uchiha Sasuke nicht. Und ich liebe auch deinen Nii-san nicht, Hinata-san.“ Sie hielt inne und zog Hinata dann in eine leere Ecke, die nur schwach beleuchtet war. „So etwas wie Liebe … ich erwarte das auch nicht von Neji-kun.“ Sie sah Hinata beinahe mitleidig an, aber nur beinahe, dass sie nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte.

Hinata brannten die Fragen und Tränen im Hals, und warum bist du dann an seiner Seite? Warum akzeptiert er dich? Warum … nicht ich?

Aber sie sprach nichts davon aus. Was sie sagte, war: „Wir kennen uns, seit wir klein sind. Unsere Clans waren Geschäftspartner und Sasuke-kun war gut mit jemandem befreundet … mit dem ich auch befreundet war. Soweit ich weiß, ist er momentan mit jemandem aus dem Ito-Clan liiert.“

Hinata wünschte sich, Sakura würde zerbrechen, genau in diesem Moment, zerbrechen wie eine Porzellanpuppe, sie wünschte sich, dass Sakura Sasuke-kun liebte und begehrte und dass er sie hasste.
 

Sie fragte sich, woher all diese schrecklichen Gedanken kamen, fragte sich, seit wann sie so ein furchtbarer Mensch war.
 

Es war, als hätte sie Reiskörner im Mund, die sie nicht ausspucken und nicht schlucken konnte. Sie wollte weinen und schlug die Hände vor den Mund, um nicht in lautes Schluchzen auszubrechen. In diesem Moment war sie Sakura vollkommen ausgeliefert – aber es war genau jetzt, das sie auch das erste Mal Sakura wirklich sah. Durch den Schleier von Tränen sah sie eine junge Frau mit sorgfältig gemachten Haaren und Fingern, die niemals den Geruch von Ölfarben verlor. Sie sah, dass Sakura zu blass war und von innen verblutete, ohne, dass jemand es wirklich sah. Das war der Charme, den sie hatte.

Sakura starb.

Innerlich.

Jede einzelne Sekunde ihres Lebens.
 

Da straffte Hinata sich und strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Die Reiskörner im Mund – dieses Gefühl – sie versuchte es zu unterdrücken.

„Du bist nicht der einzige schreckliche Mensch hier“, sagte Sakura mit einer Stimme, die einen bitteren Ton auf der Zunge hinterließ – und Hinata fragte sich mit neuerlangtem Verständnis, wie schlimm es sich dann wohl in Sakura anfühlte. „Dein Nii-san sitzt wieder an unserem Tisch.“ Dann ergriff Sakura Hinatas Hand und zog sie zu Neji.

Sakuras linke Hand, in ihrer rechten.
 

Sie wusste nicht, was Sakura gemacht hatte, aber sie fühlte sich plötzlich weniger wund, geheilter als eine Minute zuvor.
 

Langsam verloren die Reiskörner ihren unangenehmen Geschmack.
 

„Danke, Sakura-san.“
 

Sakura lächelte nur.
 


 

„Du kennst sie?“ Hikari nippte an ihrem Martini und Ino wusste nicht, ob es eine Frage oder eine Aussage war – aber so wie Hikari das Glas hielt und die Flüssigkeit hin- und herschwenken ließ, glaubte Ino, dass es eine Mischung aus beidem war. Mit der Größe und der Arroganz, die Hikari immer mit sich trug.

Sie lachte, als ihr der abstruse Gedanke kam, dass sie wohl auf bad guys stand, lachte, weil dieser Abend so verwirrend, so unlogisch war, dass ihr der Kopf beinahe von all den Nachdenkereien vom Hals fiel. Ihr war immer noch ganz schwindlig von all den Geschehnissen, von Hikaris und Sasukes Art, von der Kälte, auf die sie anscheinend stand.

Bin ich ’ne Sadistin, oder was?

„Hmm…“ Ino nickte und nahm sich ein Lachshäppchen, das auf ihrem Teller lag. „Haruno Sakura-chan. Sie ist eine Künstlerin und hat eine Affäre oder Beziehung oder so mit Hyuga Neji. Die beiden sind ein schönes Paar, oder? Als würden sie gerade von einer Teezeremonie oder einem Dojo oder so was Traditionellem kommen.“

Hikari schien weiterhin unberührt, aber Ino wusste einfach, dass sie ihre Nachforschungen betreiben würde. Hikari war nun mal der Typ dafür.

Aus Kuriosität sagte sie, bevor sie wirklich darüber nachdachte: „Wie findest du ihn?“

„Wen?“

Dann kam ihr der Gedanke, der vorher gefehlt hatte, und sie schluckte hörbar und griff nach dem nächsten Häppchen.

„Wen?“, wiederholte Hikari in ihrer ungeduldigen Art, die drängte, aber auch Platz ließ, so etwas wie wenn du mir was sagen willst, sag es jetzt, und wenn du noch nicht kannst, dann warte ich eben noch.

„Sasuke-kun.“

Hikari schwieg und sah sich um; es schien, als sehe sie sich nach einer interessanteren Attraktion als Sasuke-kun um.

Sie sagte nichts dazu, sondern ließ sie nachdenken.

Einige Minuten später stellte Hikari das leere Martini-Glas auf dem Tisch ab und sagte langsam: „Es scheint mir, dass er ein interessanter Mann ist.“ Die dunkelhaarige Schönheit warf Ino einen amüsierten Seitenblick zu. „Ich kann durchaus verstehen, warum er bei Frauen so beliebt ist.“ Sie prüfte ihre Fingernägel. „Und er ist intelligent. Mit ihm wird die Firma des Uchiha-Clans nicht aussterben. Er muss nur eine ebenso schlaue Gattin finden, um sein Erbe zu sichern.“

Ino versuchte, ein Stirnrunzeln zu verhindern – damit Hikari ihr nicht alles vom Gesicht ablesen konnte, damit sie nicht zu früh Falten bekam, aber vor allem letzteres – wieder ein Mal überrascht, wie objektiv Hikari sein konnte.

Hikari lachte und einige Männer – und Frauen, wenn es darum ging – drehten sich zu dem silberhellen Klang um, nur um Hikari zu sehen – genau so, wie sie es vorgehabt hatte.

Ino schüttelte den Kopf, irgendwie amüsiert, wie gut Hikari es verstand, sich in Szene zu setzen.

Mit ihr würde Sasuke keine Probleme haben, das einstige Uchiha-Imperium wieder zu seinem früheren Ruhm zu bringen. Sie stellte es sich vor; der schöne Sasuke, die schöne Hikari, verheiratet, mit Kindern, die Marktwelt regierend. Es lief ihr ein Schauer runter bei der kalten Perfektion, die sich in ihre Einbildung genistet hatte.

Bevor Ino es richtig realisiert hatte, hatte sich Hikari vorgebeugt, ganz nah, und mit einem arroganten Funkeln in den bernsteinfarbenen Augen. „Stell dir nicht so einen Mist vor, Ino-chan.“

„Was denn?“ Ino kicherte. „Es wäre möglich.“
 

Hikari zuckte mit den Schultern und stand auf. „Jetzt, wo Uchiha gegangen ist, können wir auch heim. Oder willst du warten, bis er zurückkommt?“

„Nein, nein, muss nicht sein.“ Mit diesen Worten stand Ino ebenfalls auf, hakte sich bei Hikari ein – und gemeinsam gingen sie aus dem großen Saal.
 

Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie wirklich alles bezüglich Sasuke losgeworden war, ob sie Hikari hundertfünfzig Prozent liebte, ob sie die Sache mit Sasuke und Sakura nicht doch irgendwo störte.

Aber für den restlichen Abend – und vielleicht auch noch für die nächsten paar Tage, beschloss Ino, als sie Hikaris Parfum einatmete und sie einen warmen Kuss auf die Stirn gedrückt bekam – sollte es ihr egal sein.
 


 

Irgendwann gegen Elf klingelte Sasuke an Kibas Haustür und Kiba machte auf. Er brauchte einen kurzen Moment, um zu koordinieren, wer gerade was machte und machen sollte. Dann sah er auf die Bierflasche in seiner Hand und auf die Seidenkrawatte um Sasukes Hals, zuckte mit den Schultern und sagte: „Komm rein, Alter.“

Während Sasuke schweigend seinen Mantel auszog, nahm Kiba einen Schluck von seinem Bier: „Lange nicht gesehen. Was treibt dich hierher?“
 

Und irgendwas an Sasukes Haltung – oder vielleicht an den Bildern von früher, die ihm in den Kopf schossen – erinnerte ihn an Hinata. Er wusste nicht genau, was es war, aber irgendwas an dem Bild störte Kiba, er kam nur nicht drauf. Was bitteschön hatten Hinata und Sasuke gemeinsam?

Klar, sie waren beide reich – und hatten beide dunkle Haare. Aber die Persönlichkeiten… die Charaktereigenschaften… die Wünsche… die Ziele – nichts davon ähnelte sich.
 

Kiba seufzte genervt.
 

Und ließ beinahe die Flasche fallen, als Sasuke die ersten Worte seit ein paar Jahren – wie viele waren es? Fünf? Sieben? – mit ihm wechselte.
 

„Wo ist Naruto?“
 

Wo ist Naruto-kun?

Ich muss ihm etwas Wichtiges sagen, Kiba-kun. Hast du ihn gesehen?

Oh Gott, ich bin so aufgeregt!
 

Glas zerbrach.

Akamaru hatte mal wieder irgendetwas in der Küche runtergeschmissen, huh? Der dumme Hund. Kiba drehte sich schnell weg von Sasuke und zog die Nase hoch. Du bist so ein Idiot, Kiba.
 

Jetzt sah er die Parallele zwischen Hinata und Sasuke.
 

Einmal mehr hasste er Naruto.
 


 

„Sasuke will mit dir reden, Alter.“ Kiba sah ihn an, als solle er jede Sekunde tot umkippen – und als würde er das genießen. Er war nonchalant wie immer, aber irgendwas war trotzdem faul.

Naruto konnte nicht seinen Finger drauflegen, aber irgendwas… irgendwie verhielt sich Kiba äußerst merkwürdig.

„Sasuke ist da?“

„Hmm.“

Naruto schaltete den Fernseher aus, als er in Kibas Gesicht sah. „Wir sind gleich weg.“

„Um so besser.“
 

Kiba drehte sich um und ging wieder aus dem Zimmer.
 

„Was ist bloß mit dem der Flohschleuder los?“, murmelte Naruto, während er sich ein frisches Paar Socken anzog und sein Handy suchte.
 

Irgendwas an der Art, wie Sasuke im Flur stand, der einzige schwarze Fleck in der Wohnung, gab ihm die Antwort auf seine Frage. Sasuke sagte: „Hyuga Hinata. Ich habe sie heute gesehen.“
 

Irgendwas stimmt an dem Bild einfach nicht.
 

Irgendwie…
 

„Und Sakura.“
 

Naruto nickte bloß, schnappte sich seine Jacke und öffnete die Wohnungstür.

„Lass uns losfahren“, sagte er.
 

Es gab Momente, da war alles wieder so wie früher, als ihre Freundschaft noch nicht so merkwürdig kaputt und verständnisvoll geworden war, Momente, da war es Naruto ganz egal, was für ein Idiot er selbst und was für ein Flachwichser Sasuke war.
 

Es gab Momente, da waren sie einfach beste Freunde.
 


 

~ Reiskörner im Mund? Ich frage mich wirklich, was in deinem Kopf vorgeht… ~


 


 

--
 

(c) der beiden Textstellen oben - assoziations-blaster.de
 

--
 

Ein bisschen zu spät dran, aber besser später als nie.
 

Das Kapitel ist so eine Mischung aus Reiskörnern-im-Mund- und einem Irgendwie-Gefühl. Habt ihr schon mal ungekochte Reiskörner im Mund gehabt? Ich habs extra für dieses Kapitel ausprobiert.

Und es ist... komisch.
 

So wie dieses Kapitel. Irgendwie-halt.
 

Aber nicht mehr so krass dark und angst wie die vorherigen - und das war mein Ziel. Auf das nächste Kapitel freu ich mich sehr, denn endlich kommen wir zu einem Punkt, auf den ich lange warten musste.
 

Na, wir werden sehen, was das wohl ist^^
 

Frohes Rest-Ostern,
 

bells-mannequin
 

PS: Ich brauch immer noch ein gutes Sasuke-Bild. Hat denn da draußen niemand eins...?



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Kommentare zu dieser Fanfic (58)
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Von:  Noiree123
2020-07-15T14:12:05+00:00 15.07.2020 16:12
Deine FF verwirrt und irritiert mich total! Im positiven Sinne :) ich finde sie echt toll und sie hat mich richtig gepackt. Dein Schreibstil ist so schön flüssig und deine Vergleiche sind so treffend.
Ich weiß sie ist gerade pausiert aber solltest du doch Lust haben weiterzuschreiben hast du eine Neue Leserin die sich über eine ENS freuen würde.
Liebe Grüße

Von:  SxSHime96
2011-04-21T19:37:52+00:00 21.04.2011 21:37
Kapii war toll <33
Mir tut Hinata so richtig leid.
und das mit tenten verwirrt mich etwas.
Uhhh~ ich möchte wissen was
zwischen Sasuke und Sakura vorgefallen ist.
Bin schon gespannt

LG
_SasuSaku_
Von:  bootred
2011-04-05T21:52:57+00:00 05.04.2011 23:52
Wie immer hast du mich mit einem deiner Kapitel
und deinem Schreibstil begeistert.
Ich liebe ihn einfach. Deinen Schreibstil.
Du kannst die Gefühle der verschiedenen Persönlichkeiten
wirklich gut beschreiben, und vor allem kann ich mir
bei deiner Geschichte alles wirklich, wirklich gut vorstellen.
Und ich bin auch total gespannt wie es jetzt weitergeht *gg*
Oh man! Bin ich vielleicht aufgeregt! Ich kann es kaum erwarten das
nächste Kapitel zu lesen!
Und ich glaub, dass dieses Kapitel bis jetzt das war, das mir am meisten
gefallen hat. :)
Von:  saku-ne-chan
2011-01-01T21:02:34+00:00 01.01.2011 22:02
ein super kapi
ich freu mich schon aufs nächste
Von: abgemeldet
2010-04-08T23:48:41+00:00 09.04.2010 01:48
Sehr interessante Verbindung mit den Reiskörnern :)
ich bin immernoch ganz begeistert von deiner Story :)

Verfolge sie weiterhin interessiert!

<3
Von:  inkheartop
2010-04-08T15:28:33+00:00 08.04.2010 17:28
Wuah. Ich finde, es ist immer noch dark und angst genug. Aber da ist auch dieser winzige Hoffnungsschimmer.
Grandios.
Reiskörner im Mund. Hm, ich überlege jetzt echt, ob ich das mal ausprobieren sollte...(?)
Na ja, es ist ein gutes Kapitel. Das beste seit einer Weile, würd ich sagen. Ich mochte den Naruto-Kiba-Sasuke-Teil, der hat was. Der Hinata-Sakura-Teil ist extrem gut was Metaphern und Verständnis und Verwirrung und so angeht. Und der Ino-Hikari-Teil ist einfach gut, weil es Ino und Hikari sind und die sind toll. So.
Sprachlich gesehen fast einwandfrei, allerdings ist der Satzbau manchmal etwas zu konfus, zu zusammengestückelt und da muss man dann mehrmals einen Satz lesen, um ihn zu verstehen.
Ansonsten... haaaaach (stell dir hier den rosa-Herzchen-Smiley vor ^.^)

Ich mag dark blue.
inkoire
Von: abgemeldet
2010-04-07T18:27:56+00:00 07.04.2010 20:27
Das Kappi war der Hammer^^
Mach weiter so! <3
lg
Black_Arashi
Von:  Aoki_lee
2010-04-07T17:45:08+00:00 07.04.2010 19:45
Sasuke und sakura haben ne vorgeschichte!!!!
O_O
I WANT TO KNOW
los mach hinne!
super kapitel und ja ich esse oft ungekochte reiskörner wenn ich en schlechtes gewissen habe, anscheinend ist es doch nicht so ungewöhnlich wie ich dachte.
Von:  Hikaru_Hyuga
2010-04-05T17:31:11+00:00 05.04.2010 19:31
hey
also, ich hab mir den link angesehen und: keine Ahnung, was die da meinen. (und ich hohlkopf will jetzt Hausaufgaben machen)
Also mir gefällt es, wie du dein Kapitel anfängst und zu Ende bringst. Es hat etwas rituales an sich.
Und ja, ich kenne das Gefühl von Reiskörnern im Mund. Du hast es sehr treffen beschrieben, muss ich sagen. Und, was ich echt lobenswert finde, ist, dass du das dafür extra ausprobiert hast.
So, den Mittelteil habe ich vom Satzaufbau nicht verstanden und das Ende vom Inhalt her, aber ich denke, das kommt noch^^
Also.. falls du Kritik haben willst, wirst du dich gedulden müssen.. ^^
Liebe Grüße Hikaru
Von:  Sakura-Jeanne
2010-04-05T15:56:42+00:00 05.04.2010 17:56
hammer kapitel

freue mich wenn es weiertre geht



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