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Games

von

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act one

Titel: Games

Teil: 1/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

GAMES
 

act one
 

"Also, eins muss man dem Drogengeschäft ja lassen - es ist verdammt lukrativ."
 

Bewundernd betrachtete Go die riesige, weitläufige Villa, die in der Dunkelheit der Nacht wie ein monströses Ungetüm vor ihm in den schwarzen Himmel ragte. Mehrere Stufen führten zu dem von Säulen gesäumten Eingang empor und erweckten eher den Eindruck eines öffentlichen Museums über die Antike denn eines Privathauses. Verschnörkelte Giebel zierten das Dach und Pilaster gaben der Fassade ein prunkvolles Aussehen, das von dem riesigen, runden Springbrunnen direkt vor dem Eingang noch unterstrichen wurde. Die Blumenbeete rechts und links des Weges, der auf den Eingang zuführte, bewahrten kleinere Scheinwerfer, die das Gebäude - >Haus< hatte eindeutig eine zu minderwertige Bedeutung - von unten anstrahlten wie ein Ausstellungsstück.
 

"Höre ich da etwa Neid heraus?", fragte Taki, ohne von seinem Laptop aufzusehen, dessen viergeteilter Bildschirm ihm die Übertragungen verschiedenen Videokameras im und ums Haus zeigte.
 

"Ach, wie könnte?" Go nahm das Fernglas herunter und schielte auf den Bildschirm. "Aber so eine Villa ist doch mal was anderes als die ständigen Lagerhäuser, Firmengaragen oder irgendwelche Hafengebäude. Du musst zugeben, sie hat was."
 

Kurz hob Taki den Blick an, um über den Bildschirmrand auf die Villa zu schauen, die sie von ihrem Standort aus gut sehen konnten.

"Viel zu protzig", war sein einziger Kommentar dazu, ehe er sich wieder auf die Videoüberwachungen konzentrierte. Er wusste ganz genau, dass sich Hikari Kuzowan noch irgendwo in diesem verflixt großen Haus aufhielt, auch wenn ihn keine seiner eigenen Kameras vor die Linse bekam. Vielleicht saß er gerade auf dem Klo oder nahm ein erfrischendes Bad oder lag sogar schon im Bett - Bad und Schlafzimmer waren nämlich nicht mit Kameras versehen. Aber der Mann war laut den Informationen, die sie für diesen Auftrag bekommen und teilweise gesammelt hatten, ein Drogendealer im großen Stil. Eigener Anbau, eigene Zusammensetzung. So ein mächtiger Mann würde sich an einem Freitagabend doch nicht vor halb zwölf ins Bett begeben.
 

Es sei denn, er hat Gesellschaft und legt es darauf an, so schnell wie möglich ins Bett zu kommen, dachte Taki säuerlich, wobei ihm aus irgendeinem Grund Gos Gesicht vor Augen sprang.
 

"Protzig?", echote sein Partner und schaute Taki mit schiefem Blick von der Seite an. "Sag bloß, du favorisierst lieber das einfache Leben eines Ottonormalverbrauchers ohne jeglichen Luxus?"
 

Mit gerunzelter Stirn begegnete Taki seinen dunklen Augen. "Was tut das denn jetzt zur Sache? Wir haben einen Auftrag, Go, also wäre etwas Konzentration vielleicht angebrachter als eine Grundsatzdiskussion über Luxus."
 

Go schnaubte. "Ja, ja. Aber wenn es da drinnen gleich die neuesten Computermodelle gibt, kann ich mich allein auf die Suche nach dem Heroin machen, während du dir die ganz unluxuriösen Computer zu Gemüte führst. Außerdem", fuhr er fort und auf seine Züge sprang plötzlich ein breites Grinsen, "werde ich es nicht allzu lange in einer simplen Berghütte aushalten, wenn wir zusammenziehen."
 

"Wir wohnen schon zusammen, Go", entgegnete Taki trocken, ohne auf die unterschwellige Anspielung einzugehen, dass Go mit ihm richtig und ganz offiziell zusammenziehen möchte, wenn sie zusammen wären.
 

"Du weißt genau, wie ich das gemeint habe", bestätigte Go ihn keine Sekunde später in seiner Annahme, worauf Taki jedoch nicht weiter einging.
 

Es war ja ohnehin, als würde er gegen eine Wand anreden. Da konnte ihm dreimal >Hetero< auf die Stirn oder sonst wohin tätowiert sein und Go würde ihm immer noch so mir nichts, dir nichts seine Liebe gestehen.

Taki schnaubte innerlich, sah aus den Augenwinkeln aber gleichzeitig zu Go hinüber, der ihn beobachtete.

Er hatte zwar noch immer keine Bestätigung, dass Go wirklich ihn in dieser Bar Maniera gemeint hatte, als er einem völlig Fremden sein Leid über seine unglückliche Liebe geklagt hatte, während Taki einen Meter davon entfernt Gläser poliert hatte, aber im Grunde sprach alles dafür.

Oder hätte er das gerne nur so gehabt?
 

"Mann, für mich sieht das so aus, als wäre da keiner zu Hause. Wollen wir nicht langsam mal reingehen? Ich sitz mir hier noch den Hintern platt."
 

"Lauf doch ein paar Runden ums Auto."
 

"Was weder effektiv noch sinnvoll wäre, falls mich jemand dabei beobachten sollte." Go lehnte sich etwas weiter zu Taki auf dem Beifahrersitz hinüber, um einen besseren Blick auf den Computerbildschirm zu haben.
 

Die vier Einzelbilder zeigten die Küche, das Wohnzimmer, das Arbeitszimmer und den Eingangsflur und wenn Taki auf eine Taste drückte, wechselten die Bilder zu vier Außenansichten und bei weiteren Klicks auf noch insgesamt sechzehn weitere Kameras. Für Gos Geschmack waren das eindeutig zu viele Beobachter. Hikari Kuzowan konnte sich doch keine Minute unbemerkt in diesem Haus bewegen, ging ihm das nicht irgendwann fürchterlich auf den Geist?

Andererseits... als mächtiger Drogendealer war man sich seines Lebens natürlich nicht mehr so sicher, da mussten schon gewisse Sicherheitsvorkehrungen her. Aus dem Grund hatte der Mann schließlich auch die vier schrankartigen Wachleute, die alle dieselbe Pitbullvisage zu haben schienen, angeheuert, die in regelmäßigen Abständen um das Haus patrouillierten. Der Zutritt in die erste Etage war ihnen offensichtlich verboten, wie ihnen lange Studien der Videoaufzeichnungen verraten hatten. Diesen Bereich betrachtete Hikari Kuzowan offensichtlich also doch als seinen privaten. Glücklicherweise vermuteten sie auch nur irgendwo oben das Heroin.
 

Als sich nach mehreren Minuten noch immer nichts auf den insgesamt vierundzwanzig Bildern getan hatte, sagte Go: "Da ist doch keiner, Taki. Lass uns rein gehen."
 

"Ich will ganz sicher gehen."
 

Go rollte mit den Augen. "Wir gehen schon seit zwanzig Minuten ganz sicher. Ich hab' langsam keine Lust mehr."
 

Mit einem Laut irgendwo zwischen einem gereizten Knurren und einem resignierenden Aufseufzen klappte Taki den Laptop zu, um sich dann zu Go umzudrehen. Sein Gesicht war etwas näher gekommen, als noch beim ersten Mal, aber Taki ignorierte es.
 

"Wenn wir da drinnen erwischt werden, geht das auf deine Kappe."
 

Go grinste. "Aber klar. Ich versprech' dir auch, mich vor dich zu werfen, sollte es brenzlig werden."
 

Obwohl Taki wusste, dass es nur im Scherz gesagt war, weil keiner von ihnen sich weder eine brenzlige Situation ausmalen wollte, noch mit einer rechnete, verzog er unwillig die Mundwinkel.

"Das lässt du gefälligst bleiben. Ich kann auf mich selbst aufpassen und es nützt mir auch nicht viel, wenn du tot bist und ich nicht." Quälende Selbstvorwürfe wären bei diesem Szenario noch die glimpflichste Begleiterscheinung. Viel schlimmer wäre wahrscheinlich tatsächlich die Trauer um Go. Er konnte ja noch so ein aufdringlicher Macho sein, der auf kuhäugige Jünglinge stand, irgendwo war sich Taki sicher, dass er ihn vermissen würde. Wahrscheinlich sogar mehr, als er bereit war zuzugeben.

"Immerhin ist es fast unmöglich, einen zuverlässigen Partner aufzutreiben. Ich habe keine Lust, ein paar Monate auf Suche zu sein und mir dabei sämtliche Jobs durch die Lappen gehen zu lassen."
 

"Das kann man auch etwas romantischer ausdrücken", murrte Go und stieg wie Taki aus dem Wagen aus. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, schlug er vor: "Zum Beispiel, dass dein Leben ohne mich trist und langweilig wäre oder dass du es nicht ertragen könntest, wenn ich sterben würde."
 

Mal ganz davon abgesehen, dass Go damit wahrscheinlich Recht hatte, rollte Taki genervt mit den Augen und erwiderte nur lakonisch: "Ich wollte nicht romantisch sein. Und jetzt hör auf mit dem Mist und pack deinen Kram zusammen. Wir gehen rein."
 

~*~
 

"Mann, ich fass' es nicht! Wie viele Fernseher braucht der Kerl eigentlich? Ach was, Fernseher! Das sind Kinoleinwände! Ich - whoa! Taki, Taki! Komm sofort her, das musst du sehen! Das ist der absolute Wahnsinn!"
 

Taki war kurz davor, sich das Headset vom Kopf zu reißen, weil er dank Go sonst einen minder schweren Gehörsturz bekommen würde, ließ es aber bleiben, als er plötzlich ganz aufgeregt klang.

"Was denn? Hast du das Heroin gefunden?"

Dann hätte er ausnahmsweise mal ein Lob verdient. Taki warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Keine zehn Minuten, nicht schlecht, Go.
 

Sie hatten sich nach Betreten des Hauses durch den Hintereingang so schnell wie möglich nach oben gestohlen, während Hikari Kuzowans Wächter unwissend weiter ihre Runden ums Haus drehten. Die Videokameras und den Mann, der sich möglicherweise die Mühe machte, die Aufzeichnungen ganz genau unter die Lupe zu nehmen, hatten sie mit dem ältesten Trick der Welt überlistet: Sie spielten einfach zuvor aufgenommene Bilder ab.

Zugegeben, ganz so leicht war es nicht gewesen, da Hikari Kuzowans Sicherheitssystem nicht von schlechten Eltern und somit das absolut Neueste war, was derzeit auf dem Schwarzmarkt für horrende Preise zu bekommen war, aber sie hatten es hinbekommen. Besser gesagt, Taki hatte es hinbekommen, während Go ihn nörgelnd zur Eile angetrieben hatte.
 

Bereits auf dem Weg aus dem Arbeitszimmer heraus, in dem Taki angefangen hatte, nach den Drogen zu suchen, ertönte Gos verwirrte Stimme in seinem Ohr: "Heroin? Wer redet denn von Heroin?"
 

Taki rollte mit den Augen und zwang sich zur Ruhe. War ja klar, dass er mit seinem Lob viel zu übereilt bei der Hand war. "Ich. Wir suchen das, schon vergessen? Wo bist du denn?"
 

"Im Badezimmer natürlich. Oder in einem von vielen. Du musst dir das ansehen, das haut dich echt um. Diese Badewanne! Diese Badelandschaft! Mein Gott, wenn ich mir vorstelle, da drinnen eine Runde mit dir zu plantschen, würde ich glatt ebenfalls Drogen verticken."
 

Taki presste die Lippen zusammen, bewegte sich aber trotzdem weiter in Richtung Badezimmer. Dank der Videoaufnahmen hatte er eine ungefähre Ahnung davon, wo es sich befinden müsste.

Erschrocken zuckte er zusammen, als Go einen weiteren, verzückten Ausruf machte.

Wenn das so weitergeht, hätte ich mir die Mühe mit den Kameras schenken können.
 

"Whoa! Mit integriertem Whirlpool!" Seine Stimme wurde plötzlich um einige Nuancen ruhiger und ein verführerischer, leicht rauer Unterton mischte sich mit in seine Stimme. Sie in dieser Form so dicht an, eigentlich eher in seinem Ohr zu hören, jagte Taki einen wohligen Schauer über den Rücken.

"Soll ich schon mal etwas Wasser für uns zwei einlassen, Taki...?"
 

Taki schloss die Augen und versuchte sich möglichst nicht vorzustellen, wie es wohl wäre, mit Go zusammen in dieser offensichtlich umhauenden Badewanne zu baden, sondern verdrängte den Gedanken stattdessen.

Grimmig raunzte er ins Mirkofon: "Nein. Und vielleicht reißt du dich jetzt mal von dieser verdammten Badewanne los und suchst das Heroin, hm?"

Mit finsterer Miene betrat er das Badezimmer. Für einen Sekundenbruchteil war er tatsächlich ein wenig überrumpelt, viel mehr überwältigt von dem, was er sah, versuchte aber, es sich nicht anmerken zu lassen.
 

Das Badezimmer hatte wirklich mehr Ähnlichkeit mit einer ganzen Badeanstalt, die einzig zum Zwecke des Vergnügens und Entspannens da war, und nicht etwa, um sich einer flüchtigen Katzenwäsche zu unterziehen.

Die Mitte des in sanften Orange- und Blautönen gehaltenen Raumes wurde von einer riesigen, runden Badewanne dominiert, die auf einem leicht erhöhten Podest stand und über zwei Stufen zu erreichen war. Vier schmale Säulen rahmten die Wanne ein. Grünpflanzen aller erdenklichen Arten waren dekorativ im Zimmer verstreut und verströmten ein exotisches Ambiente.

Wie ein Fremdkörper wirkte dahingegen die in die Ecke gequetschte Dusche links hinten, die wohl doch zum Zwecke der schnellen Morgenwäsche noch aufgestellt worden war. Rechts an der Wand erstreckte sich ein riesiger, rechteckiger Spiegel, der über zwei Waschbecken hing. Kommoden und Medizinschränkchen warteten mit unzähligen Türchen und Schubladen auf.

Eine Toilette musste es in einem separaten Raum geben. Kleine, gedimmte Glühbirnen erleuchteten das Bad schwach. Die Deckenbeleuchtung war nicht eingeschaltet.
 

Taki entdeckte Go natürlich bei der Badewanne. Er hatte sich auf dem Rand niedergelassen und starrte die runde Wanne, die im Übrigen nicht mit Wasser gefüllt war, wie das achte Weltwunder an.

Unwillig runzelte Taki die Stirn und schritt dann mit langen Schritten zu den Kommoden und Schränken hinüber, um sich durch die Schubladen zu wühlen.
 

"Du hättest ruhig schon mal anfangen können, zu suchen, Go", murrte Taki und klapperte in den Schubladen herum.
 

"Ach, nun sei doch kein Spielverderber, Taki. Außerdem wird Kuzowan kaum zu der Sorte Mensch gehören, die ihre Drogen im Badezimmer aufbewahren. Zumindest nicht in irgendwelchen offensichtlichen Schubladen. Sie sind bestimmt besser versteckt."
 

"Dann hör auf, schlaue Sprüche von dir zu geben, und such nach besseren Verstecken!", sagte Taki schroff und öffnete die nächste Schublade, aus der ihm eine Wagenladung Kondome entgegen sprang.

Na, hervorragend...

Eilig schloss Taki die Schublade wieder. Wenn Go mitbekommen würde, dass man als Drogendealer nicht nur super verdiente und sich so eine tolle Badewanne leisten konnte, sondern offensichtlich auch noch ein sehr befriedigendes Sexleben vorzuweisen hatte, könnte er sich bald tatsächlich nach einem neuen Partner umsehen.

Oder es würde wieder irgendeine Bemerkung kommen, die er im schlimmsten Fall nicht zu parieren wusste...
 

Plötzlich spürte er warme Hände rechts und links an seinen Hüften und kurz darauf einen Körper, der sich sehr dicht, schon fast viel zu dicht hinter ihm aufbaute. Als Taki den Blick hob, um im Spiegel nachzusehen, erkannte er natürlich Go, dessen Kopf links neben seinem hing, nur eine Winzigkeit höher. Die dunklen Augen sahen ihn im Spiegel direkt an. Ein leichtes Prickeln setzte sich in seinem Bauch fest, das jedoch nicht nach draußen auf sein ungerührtes Gesicht drang.
 

"Was soll das?", knurrte er und schoss einen fragenden wie verärgerten Blick auf Go im Spiegel ab.
 

"Ich geb' mich grad der Illusion hin, dies wäre unser Badezimmer", gestand Go mit leiser, leicht rauer Stimme. Die Art, wie er das >unser< betonte, machte deutlich, wie er es meinte. "Meinst du nicht, es wäre phantastisch, zusammen in einem Haus zu leben, das so ein Badezimmer hat?"
 

Im Spiegel konnte Taki erkennen, wie Go den Kopf etwas über seine Schulter reckte und seinen Mund dicht an sein Ohr heranbrachte, an dem das Headset nicht verankert war. Warmer Atem streifte sanft darüber hinweg und verstärkte das Kribbeln in Takis Bauch noch.

Er bemühte sich um eine kontrollierte, normale Atmung, stieß Go aber nicht weg - noch nicht. Wenn er -
 

"Nach gemeinsamen Nächten", fuhr Go flüsternd fort und schien Taki mit den Worten geradezu zu streicheln, während sich gleichzeitig seine Hände von den Hüften nach vorne schoben, um Taki von hinten zu umschlingen, "ein erfrischendes Bad nehmen und mit trägem Sex -"
 

"Sei still", unterbrach Taki, ohne sich zu bewegen. Er amtete nun doch ein wenig schneller, als er gewollt hätte und spürte auf seinem Bauch deutlich Gos ineinander verschränkte Hände, die ihn dichter an ihn heranzogen. Er hätte lügen müssen, dass es ihm nicht gefiel, wie sich Gos Körper in seinem Rücken an ihn anschmiegte. Reglos begegneten sich ihre Blicke im Spiegel, beide darauf trainiert, nicht zu viel von dem preis zu geben, was in ihrem Inneren stattfand. Aus Gos dunklen Augen sprach jedoch eindeutig die Begierde.
 

"Warum?", murmelte Go und seine Lippen streiften kurz über Takis Ohr hinweg. "Hast du Angst, es könnte dir gefallen?"
 

"Nein." Taki zog den Kopf etwas zur Seite, weil Gos Lippen dem anhaltenden Kribbeln in seiner Bauchgegend gerade einen weiteren Schub gegeben hatten.
 

"Nein?"

Go lächelte leicht. Für ihn sah das aber ganz so aus, wenn Taki schon versuchte, sich seinen Zärtlichkeiten zu entziehen. Er war ohnehin schon ganz erstaunt darüber, dass er nicht längst eine Faust im Magen oder eine spitze Nadel am Hals hatte. Das ermutigte doch ungemein und er wagte es, sich noch dichter an Taki heranzudrücken, seinen Unterleib an diesen unglaublichen, festen, kleinen Hintern anzuschmiegen. Fast war es soweit, und er hätte geschnurrt wie ein verwöhnter Kater.
 

"Go, verdammt, lass das!", fauchte Taki ihn auf einmal wenig zärtlich, dafür zischend an. Er befreite sich allerdings noch immer nicht aus der Umarmung.
 

"Aber -"
 

"Halt die Klappe!", fuhr Taki ihm erneut über den Mund und neigte leicht den Kopf zur Seite. Dass er damit Go praktisch ein Stückchen seines Halses, da die Haare zur Seite fielen, präsentierte, bemerkte er gar nicht.
 

Go biss die Zähne zusammen. Natürlich hörte er die Warnung in Takis Stimme, aber, Himmel, dieser Hals... diese Haut... Gos Herz raste wie nach einem Marathonlauf und ein heißes Ziehen durchzuckte seine Lenden. Er wollte ihn. Er wollte ihn so sehr, dass es wehtat. Körperlich, psychisch. Taki... Taki...

Wie in Trance senkte Go seine Lippen auf die leicht blasse Haut am Hals hinab, küsste sie sanft. Wie erwartet war sie unheimlich warm und weich und Go zitterte regelrecht bei dem Gedanken daran, dass er Takis Hals küssen durfte. Er wollte -
 

Eine Hand drückte Gos Kopf weg und Taki blaffte ihn immer noch leise an: "Lass den Scheiß! Bist du taub, oder was? Ich glaube, da ist jemand!"
 

"Huh?", machte Go vollkommen verständnislos. Für einen Moment hatte er tatsächlich Zeit, Ort und Situation vergessen und nur noch Taki gesehen, gefühlt, geschmeckt und gerochen.

Dann jedoch konnte er es auch hören.

Schwere Schritte, die langsam näher kamen.

Undeutliche Stimmen, die langsam lauter wurden.

"Da kommt jemand", konstatierte Go ein wenig überrascht und begriff die Tragweite dieser Tatsache noch gar nicht so richtig.
 

"Genau, Idiot!", zischte Taki und wand sich endlich aus der Umarmung, da er sich sicher sein konnte, dass Go nun nicht mehr lautstark protestieren würde. Das hatte ihn die ganze Zeit über nämlich davon abgehalten, Go von sich zu stoßen.

Zumindest war das ein ziemlich wichtiger Hauptgrund dafür.
 

Einige Sekunden lang lauschten beide einträchtig den näher kommenden Geräuschen, bis sich herausstellte, dass sich offensichtlich zwei Personen näherten.

Taki fluchte lautlos. Sie hätten doch noch länger warten sollen, ehe sie das Haus betreten hätten. Hikari Kuzowan war offenbar nämlich doch noch nicht tief und fest am Schlafen oder außer Haus oder sonst wo, sondern hatte sich die ganze Zeit irgendwo in einem von den Kameras nicht aufgenommenen Raum aufgehalten.

Verdammt!
 

Wenigstens schien ihre Anwesenheit noch nicht bemerkt worden zu sein, denn sonst würde Hikari Kuzowan - wenn er es denn war - mit Sicherheit nicht so gelassen mit einer zweiten Person die Treppe hinaufspaziert kommen. Dann wären sie bestimmt schon längst vom Wachpersonal eingekreist, wenn nicht sogar gefangen genommen worden.

Oder getötet worden.
 

"Scheiße", murmelte auch Go nun, der endlich aus seiner Traumwelt in die Realität zurückgekehrt schien.
 

Taki drehte sich zu ihm um und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, wagte aber nicht, etwas zu sagen, amtete ganz flach und leise, um herauszubekommen, wohin sich die Schritte wohl wenden mochten. Wer nahm schließlich noch um kurz vor zwölf ein ausgiebiges Bad, bevor er ins Bett ging?

Andererseits ist er ein Drogendealer und wer so ein Bad besitzt, benutzt es wahrscheinlich auch gerne, um mal wie Go zu denken, dachte Taki verdrießlich.

Außerdem... wenn er gerade irgendwoher kam, musste er vor dem Schlafengehen garantiert noch mal ins Bad.
 

Er packte Go am Ärmel seiner schwarzen Einbrecherkluft und raunte ihm fast lautlos ins Ohr: "Wir müssen uns verstecken."
 

Go ignorierte den wohligen Schauer, der ihm den Rücken hinunter gelaufen war, als er Takis Stimme so dicht an seinem Ohr vernahm, den Atem sacht über sein Gesicht streifen fühlte, und unterdrückte den Drang, ihn zu packen und zu küssen. Dazu, befand er, war momentan einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Er wollte schließlich auch etwas von Taki haben und nicht mit ihm tot irgendwo verscharrt werden.
 

Daher nickte er nur knapp und sah sich suchend im Badezimmer um. An gute Verstecke hatten der Erbauer dieses Raumes und später der Innenarchitekt allerdings nicht viele Gedanken verschwendet.

Allerdings drängte die Zeit. Go konnte die Worte, die gesprochen wurden, schon verstehen und einer der zwei Personen war hundertprozentig Kuzowan. Auch ihm gingen dieselben Gedanken wie Taki durch den Kopf, also mussten sie jetzt irgendwohin.
 

Kurzerhand schnappte er sich nun Taki und eilte mit ihm im lautlosen Laufschritt zu der schmalen Dusche in der hinteren, rechten Ecke hinüber. Auch er hoffte, dass jetzt niemand mehr den Drang verspürte, noch eine schnelle Dusche oder ein Bad zu nehmen.
 

Die winzige Dusche bestand eigentlich nur aus einer zehn Zentimeter Vertiefung im Boden und einem Wandvorsprung, der vor Blicken schützen sollte. Einen mattdurchsichtigen Duschvorhang gab es auch, hinter dem man allerdings garantiert Silhouetten würde erkennen können. Sie mussten sich ganz dicht an die Wand drücken, wenn sie eine Chance darauf haben wollten, nicht entdeckt zu werden.
 

Go deutete in die winzige Duschkabine hinein, woraufhin Taki ihm einen finsteren Blick zuwarf. Auch ihm musste aufgegangen sein, dass es da drin sehr eng werden könnte.
 

"Nun mach schon", murmelte Go und schob Taki eilig in die Dusche, wo dieser sich unwillig ganz dicht gegen die Wand presste und auf Go einen scharfen Blick abschoss.
 

"Wenn du etwas versuchst -"
 

"Ja, ja", winkte Go hastig ab und zeichnete eine Linie mit seinem Zeigefinger über seinen Hals, woraufhin Taki bedrohlich nickte.
 

Go ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern, stieg ebenfalls in die Dusche, zog nachlässig den Vorhang davor, damit niemand auf die Idee kam, er war davor gezogen, damit sich hier jemand verstecken konnte, und stütze dann rechts und links von Taki die Hände an der Wand ab. Nach einem kurzen, versichernden Blick, den Taki mit einem harschen Nicken bestätigte, lehnte sich Go so dicht er sich traute gegen Taki. Das Gesicht hielt er leicht versetzt, so dass er die kalte Kachelwand neben Takis Kopf anstarrte und nicht auf dumme Gedanken kam, wenn er Takis Gesicht nur Millimeter vor sich hatte.

Er glaubte angesichts der Situation zwar nicht, dass Taki ihn im Falle eines Kusses wegstoßen und anschreien würde, womit sie unweigerlich aufgeflogen wären, aber er wollte nichts riskieren.

Und neben Taki konnte er sich nicht stellen. Dafür war die Dusche zu klein.
 

Riesige Badewanne und winzige Dusche - für letztere war kein Geld mehr übrig, dachte Go säuerlich, als ihm fast schmerzlich Takis Nähe und die Wärme seines Körpers bewusst wurden. Der ihm eigene Geruch stieg ihm in die Nase und er schloss verdrängend die Augen.

Er war ein Profi, verdammt!

Dies hier war eine äußerst beschissene Situation!

Und jetzt ging auch noch die verfluchte Badezimmertür auf!
 

Wie auf Kommando atmeten Go und Taki beide nur noch leise und flach und bewegten sich nicht mehr, als die Tür mit einem schelmischen Lachen aufgestoßen wurde. Beide schienen zu regelrechten Salzsäulen erstarrt und hofften genau das Gleiche: Bitte lass ihn jetzt nicht duschen wollen!
 

"Aber natürlich!", lachte der Jemand, der ins Bad trat und die Deckenbeleuchtung einschaltete; offenbar war es nur einer. Der Stimme nach zu urteilen, war es Hikari Kuzowan. "Ich werde mich beeilen, schließlich möchte ich nicht, dass du ohne mich einschläfst. Gib mir zehn Minuten, ja?"
 

Zu Takis und Gos maßloser Überraschung antwortete eine tiefe Männerstimme: "Alles, was du willst. Möchtest du lieber, dass ich angezogen oder nackt auf dich warte?"
 

Hikari Kuzowan lachte vergnügt. "Das, mein Lieber, überlasse ich ganz dir."
 

Ganz vorsichtig, um keine raschelnden Geräusche zu verursachen oder Taki zu erschrecken, zog Go den Kopf zurück und schaute Taki fragend an, der die Stirn ebenfalls kraus gezogen hatte. Lautlos bildete Go mit den Lippen das Wort: Schwul?

Taki deutete ein Schulterzucken und schließlich ein halbes Nicken an; offensichtlich.

Bei ihren Recherchen und den bereits gegebenen Informationen über Hikari Kuzowan hatte mit keiner Silbe etwas über die sexuelle Neigung von Kuzowan gestanden, und so hatten Go und Taki beide unbewusst angenommen, dass er heterosexuell sein musste. Immerhin war das nichts Besonderes, das erwähnt werden müsste, wohingegen eine etwaige Homosexualität schon eher hätte aufgeführt werden können.

Vielleicht fühlte sich Kuzowan auch nur zu beiden Geschlechtern hingezogen und hatte es bisher vermeiden, seine homosexuelle Neigung öffentlich zu machen?
 

Reglos lauschten sie beide, wie die Tür vom Bad geschlossen wurde und kurz darauf der Wasserhahn eines der Waschbecken aufgedreht wurde. Geräusche des Zähneputzens und Gesichtwaschens folgten, ein paar Schubladen und Schranktüren klapperten und Taki war sich ziemlich sicher, dass unter diesen Schubladen auch diejenige dabei war, in der Kuzowan seinen Kondomvorrat aufbewahrte.
 

Er bemerkte gar nicht, dass Gos Gesicht immer noch Millimeter von seinem entfernt war, da er es nicht wie zuvor abgewandt hatte. Die dunklen Augen schienen sein gesamtes Gesicht minutiös zu taxieren und in sich aufzunehmen, damit er es im Geiste haargenau und bis ins kleinste Detail wiedergeben konnte.
 

Unwirsch verzog Taki den Mund, was Go wohl dazu brachte, wieder in seine Augen zu blicken, die Taki zu Schlitzen verengt hatte. Gos hingegen blitzten daraufhin nur belustigt und er lehnte sich etwas mehr mit seinem Körper gegen Takis, was diesen verärgert die Augen aufreißen ließ. Wütend presste er die Lippen zusammen, um Go deutlich zu machen, dass er das bleiben lassen sollte.
 

Immerhin, dachte dieser, schreit er nicht oder stößt mich weg.

Trotzdem wandte er kurz darauf wieder das Gesicht ab und starrte die Kachelwand an. In seinen Lenden prickelte es zu stark, als dass er riskieren wollte, Taki noch länger anzustarren und somit gewisse Körperteile von ihm zum Leben zu erwecken. Kachelwände waren weitaus unerotischer als ein Taki.

Wenn nur sein Geruch nicht wäre... und diese Hitze, die er ausstrahlt...

Go biss die Zähne zusammen und schloss erneut die Augen. Kontrolliert atmete er ein und aus. Er war Profi, er war Profi, er war Profi!

Wenn er sich das immer wieder sagte, glaubte er es vielleicht irgendwann.
 

Hikari Kuzowan räusperte sich laut vor dem Spiegel, raschelte mit irgendetwas herum und marschierte dann leicht summend durch das Bad zur Tür, öffnete diese und kurz darauf schloss er sie wieder. Das Licht im Bad erlosch.

Sie waren wieder allein. Tatsächlich allein. Und sie waren nicht aufgeflogen.
 

In stiller Übereinkunft warteten Go und Taki noch ein paar reglose Minuten darauf, ob Kuzowan oder sein Bettgefährte für die heutige Nacht noch mal ins Bad zurückkämen, aber alles blieb ruhig.

Trotzdem bewegte sich Go nicht von ihm weg.
 

"Ich glaube, die Luft ist rein, Go", sagte Taki mit etwas gedämpfter Stimme. Er wollte nichts riskieren; möglicherweise hielt sich noch jemand auf dem Flur auf.
 

"Hm", machte Go und wandte Taki wieder das Gesicht zu. Viel zu nah. Viel zu nah. "Wonach riechst du eigentlich?"
 

"Du sollst nicht an mir herumschnüffeln, du sollst zurücktreten!", blaffte Taki und japste im nächsten Moment ungewollt nach Luft, als Go seinen Unterleib unvermittelt gegen seinen drängte. "Go!" Taki zog die Hände nach vorne und legte sie auf Gos Bauch, um ihn selbst zurückzuschieben. Dann war er jedoch von einem weichen Paar Lippen abgelenkt, das sich ungefragt auf seine legte.
 

Zärtlich, aber dennoch unmissverständlich fordernd strich Go mit der Zunge über Takis Lippen, rieb immer wieder mit seinem gierigen Mund über den fest verschlossenen und ließ sich noch weiter gegen Taki sinken.

"Taki... Taki...", murmelte er selbstvergessen und wartete nur darauf, dass Taki ihm etwas erwidern wollte, so dass er mit seiner Zunge schnell in das andere Reich vordringen könnte. Dieser Mann brachte ihn total um den Verstand...!
 

Zu seiner maßlosen Enttäuschung schien Taki jedoch zu wissen, was ihm blühte, wenn er etwas sagen wollen würde, und hielt die Lippen daher fest verschlossen, bis... er den Kuss erwiderte.

Ganz vorsichtig.

Ganz zart.

Go glaubte zu träumen, ließ sich aber nicht beirren und tauchte mit seiner Zunge begierig in Takis Mundraum ein, wo er auf eine etwas zurückhaltendere Spielgefährtin traf.
 

Dann erhielt er unvermittelt einen harten Stoß vor den Bauch. Buchstäblich wie geschlagen wich Go keuchend ein Stück zurück, nahm aber weder die Hände herunter noch den Blick von Taki. Dieser schaute ihn undeutbar aus seinen rauchgrauen Augen an, die Lippen noch leicht geschwollen vom Kuss. Sie sahen so verführerisch aus.
 

"Warum... hast du das gemacht?"
 

"Weil du mir ungefragt deine Zunge in den Hals geschoben hast."
 

"Du hast mich ja auch gelassen!"
 

Taki schnaubte und funkelte Go wütend an, während er die Arme vor der Brust verschränkte. "Hast du zufällig vergessen, wo wir uns gerade befinden und was wir an diesem Ort eigentlich tun sollten?"
 

"Lenk nicht ab", forderte Go unwillig und war mit einem Schritt wieder dicht vor Taki getreten, berührte ihn aber nicht mit seinem Körper. "Du hast es soweit kommen lassen, also beschwer' dich nicht. Außerdem... außerdem hast du mich schon mal... wesentlich mehr machen lassen." Fragend suchte er Takis unergründliche Augen ab. "Aus welchem Grund sonst, wenn nicht dem, dass es dir gefällt, was ich mit dir anstelle?"
 

Mürrisch verzog Taki den Mund und wollte sich endlich von der kalten Kachelwand der Dusche abstoßen, doch Go ließ ihn nicht. Seine Arme bildeten immer noch eine Art Absperrung, wie sein ganzer Körper ebenfalls.

"Gerade stellst du dich allenfalls sehr dumm an", entgegnete Taki und schaute Go wütend an. "Vielleicht gelüstet es Kuzowan nach einer aufschlussreichen Runde Sex mit seinem Bettgefährten nach einer gemeinsamen Dusche oder Bad und dann sitzen wir hier fest oder werden gar entdeckt. Also lass uns besser verschwinden. Ich habe sowieso kein Heroin gefunden."
 

Reglos starrte Go ihn nur an und schüttelte dann langsam den Kopf, als wollte er all das, was Taki gerade gesagt hatte, von sich weisen. "Du weichst mir aus, Taki. Warum weichst du mir aus?"
 

"Was interessiert dich das, wenn ich ohnehin nicht dein Typ bin, Go?", blaffte Taki unfreundlich und stieß Go erneut vor die Brust, dieses Mal härter und kräftiger, so dass der Abstand, der dabei zwischen ihnen entstand, groß genug für Taki war, aus der Dusche zu flüchten. "Und nun setz dich endlich in Bewegung, ich bin müde und will nach Hause."
 

~*~
 

(c) Ashling
 

Hoffe, es gefällt bis hierher^^

Kommentare in Form von Kritik, Lob, Vorausahnungen, Vermutungen etc. sind gerne gesehen und noch viel mehr erwünscht :)
 

lg

act two

Hey^^

Freut mich, dass euch die Geschichte bis jetzt gefällt und dass ihr meinen Schreibstil so lobt *erröt* Danke schön :)

Die Szene in der Dusche mochte ich auch unheimlich gern, obwohl ich sie mir erst in einer Besenkammer (oder so XD") vorgestellt habe - aber das passte da dann nicht so wirklich hin ^_^;;
 

Titel: Games

Teil: 2/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

act two
 

Warmes Wasser prasselte in einem stetigen Strom auf Takis Rücken hinab und massierte ihn sanft. Die Hände hatte er an der Wand abgestützt und den Kopf ließ er hängen, damit der Wasserstrahl auch seinen Nacken etwas entspannte. Die Augen hielt er geschlossen, obwohl das egal gewesen wäre. Er hätte sie auch auf haben können, ständig sah er sich und Go wieder in dieser Dusche in Hikari Kuzowans Badezimmer, fühlte die Nähe von Gos Körper und spürte seine Lippen auf seinen.

Unwillkürlich presste Taki die Lippen aufeinander, als wollte er überprüfen, ob noch etwas von Gos Geschmack auf ihnen verblieben war, was natürlich nicht der Fall war.
 

Wenn er im Nachhinein darüber nachdachte, war er gestern tatsächlich vor Go geflüchtet.

So wie immer.

Es war immer dasselbe Spielchen zwischen ihnen, so lange, bis Go es irgendwann satt haben würde. Und Taki zweifelte nicht daran, dass Go es irgendwann satt haben würde. Aber, verdammt, es war doch alles nun mal nicht so einfach. Go tat zwar immer so, als wäre alles nur ein Spiel und als wäre es keine große Veränderung, aber für Taki wäre die Veränderung riesig, wenn er sich auf Go einließe. Und nicht nur die Veränderungen... auch die Gefahren würden zunehmen und wachsen. Noch zu gut hatte Taki Keis Worte in den Ohren.
 

"Miteinander schlafen dürft ihr beiden nicht."
 

"Verdammt, das bringt doch alles nichts", murmelte Taki und drehte das Wasser ab, um dann aus der Dusche zu steigen und sich abzutrocknen. Kurz schaute er ihre Dusche länger, als nötig gewesen wäre, an und fragte sich dabei, ob er sie wohl jemals würde benutzen können, ohne an Hikari Kuzowans Badezimmer denken zu müssen.
 

Aber dann dürfte ich ja kaum etwas benutzen, ohne gleich an Go denken zu müssen, dachte er säuerlich und schlagartig fiel ihm die Couch im Wohnzimmer ein, auf der er Go viel zu weit hatte vordringen lassen.

Und Taki hasste sich dafür, dass sich bei dieser Erinnerung ein erwartungsfrohes Kribbeln in seinem Bauch, vielleicht sogar ein wenig tiefer meldete.
 

Mürrisch stieg er in eine Jeans und ein Hemd, fuhr sich nachlässig mit den Fingern durchs noch feuchte Haar und verließ dann das Bad.

Go lümmelte mit einer Tasse Kaffee, die Mimi zweifellos von unten hoch gebracht hatte, am Küchentisch herum und las irgendetwas auf Takis Laptop. Hin und wieder drückte er ein zwei Tasten, sonst war er jedoch ganz in seiner Lektüre versunken.
 

"Morgen", grüßte Taki, ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl plumpsen, griff nach der zweiten Tasse, die garantiert für ihn gedacht war, und schaute Go über die Schulter. Er hatte nichts dagegen, wenn er seinen Laptop benutzte, immerhin gehörte er irgendwo ihnen beiden, da sie beide mit ihm arbeiteten. Es waren auch keine verbotenen oder geheimen Dateien darauf abgespeichert, die Go um keinen Preis hätte sehen dürfen. Trotzdem war Taki gerne darüber informiert, was sich sein Partner da so eifrig zu Gemüte führte.

Erstaunt stellte er fest, dass Go tatsächlich arbeitete. Er sah sich im Schnelldurchlauf die Aufzeichnungen der Videokameras an.
 

"Morgen", nuschelte Go abgelenkt zurück und tippte wieder auf eine Taste. "Kuzowan ist tatsächlich schwul. Oder zumindest bi. Warte, ich zeig's dir." Eine paar weitere Tastenklicke später hatte Go ein Standbild erreicht, das Hikari Kuzowan und seinen Begleiter am Haupteingang zeigte. Sie hielten sich umschlungen und gingen ganz dicht nebeneinander her, außerdem war Kuzowans rechte Hand hinten bei seinem Begleiter in die Hose gerutscht, wo sie normalerweise sicherlich nichts zu suchen gehabt hätte.
 

"Und hier, das ist wesentlich eindeutiger." Abermals klimperte Go auf drei, vier Tasten und nach ein paar Bildern war wieder ein Standbild auf dem Monitor, das in der Küche aufgenommen worden war. Kuzowans Begleiter stand mit dem Rücken an eine Arbeitsfläche gelehnt da, während Kuzowan, eine Weinflasche in der Hand, sich in der Absicht, Gläser aus dem Schrank neben seinem Begleiter zu holen, vorlehnte und die Chance gleich nutzte und seinem Begleiter einen heißen Zungenkuss stahl.
 

"Ich würde sagen" - Go lehnte sich vom Bildschirm zurück und wandte sein Gesicht mit einem leichten Grinsen Taki zu - "da haben wir doch mal was ganz Feines über den werten Herrn herausgefunden."
 

"Hm." Taki drehte den Bildschirm etwas weiter zu sich, um besser sehen zu können. Nein, ein Irrtum war ausgeschlossen. Das war weder ein aufgedrängter Kuss noch ein Bussi unter Freunden. Das war Leidenschaft.

"Ob die zwei wohl zusammen sind?" Er deutete auf das Etikett an der Weinflasche, das in schlechter Qualität zu erkennen war. "Der Wein ist jedenfalls nicht von schlechten Eltern."
 

Go legte kurz die Stirn in Falten und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn. Dann meinte er nachdenklich: "Kannst du nicht das Gesicht dieses Kerls vergrößern und dann mit den Angestellten der umliegenden Callboy-Agenturen abgleichen? Vielleicht haben wir ja Glück und er ist dabei." Nach kurzem Zögern fügte er noch hinzu: "Nur weil der Kuss furchtbar leidenschaftlich aussieht, heißt das nicht, dass er echt sein muss."
 

Taki warf ihm einen humorlosen Blick zu. "Vielen Dank, Herr Lehrer, soeben haben Sie mein komplettes Weltbild zerstört." Er schnaubte verächtlich und zog den Laptop nun ganz zu sich hinüber, um Gos Vorschlag, der ihm ausnahmsweise ziemlich gut gefallen hatte, in die Tat umzusetzen.

Das liebte er so an ihrer Zusammenarbeit. Wenn es drauf ankam, spielten sie zusammen wie eine Person. Genau wie gestern in der Dusche... Als Kuzowan im Zimmer gewesen war, hatten sich beide an die Regeln zum Überleben gehalten - zumindest größtenteils. Als er dann das Bad verlassen hatte, war das Ganze zwar etwas eskaliert, aber trotzdem.

Und auch jetzt, am Tag danach, wurde das nicht mehr angesprochen und sie konnten wieder zusammenarbeiten, als wäre nichts gewesen, konnten sich auf den anderen einlassen, ihre Gedanken austauschen und zu gleichen Zielen kommen.
 

Taki schielte kurz zu Go rüber, der in seiner Kaffeetasse rührte, während der Computer den Gesichtsausschnitt von Kuzowans Begleiter scharf zeichnete.

Allerdings konnte dieses ständige Aufleben-lassen und wieder Ignorieren ganz bestimmt nicht gesund sein. Taki merkte es ja bei sich selbst. Er begann schon während der Arbeit über Dinge nachzudenken, die hier definitiv nicht hingehörten. Er durfte sich von so einem Scheiß nicht ablenken lassen, verflucht!
 

"Whoa", murmelte Go fassungslos und drehte den Laptop etwas zu sich. Taki zuckte erschrocken zusammen, weil er ganz in Gedanken versunken gewesen war, und sah ebenfalls auf den Monitor. Der Computer hatte den Ausschnitt inzwischen scharf bekommen.
 

"Oh", machte auch Taki und blinzelte etwas irritiert.
 

"Der sieht dir aber ziemlich ähnlich", sprach Go dann die Fakten aus.
 

"Na ja", druckste Taki herum. Er fühlte sich aus irgendeinem Grund unwohl dabei. "Im Gegensatz zu mir sind seine Augen grün, das Haar ist dunkler und ein wenig länger... und die Gesichtszüge weicher."
 

"Aber eine gewisse Ähnlichkeit besteht", beharrte Go und nickte bekräftigend, indessen er erst Taki, dann das Foto und dann noch einmal Taki genauestens musterte. "Oh ja."
 

"Dann kannst du ihn ja als Ersatz für mich flachlegen", konnte sich Taki in einem bissigen Tonfall nicht verkneifen. Anschließend drehte er den Laptop grimmig wieder zu sich und glich die Fotos der Angestellten sämtlicher umliegenden Callboy-Agenturen mit dem des Begleiters von Kuzowan ab.
 

Go schaute Taki dabei aufrichtig verwirrt von der Seite an und wirkte sogar fast ein wenig verletzt. "Das war unnötig. Außerdem gibt es für dich keinen Ersatz."
 

Flüchtig blickte Taki zu ihm auf. "Das war auch unnötig."
 

"Mann, dir kann man es aber auch nicht recht machen, oder?", rief Go dann etwas lauter und wütender als beabsichtigt aus. Mit einem harschen Klirren landete die fast leere Tasse wieder auf dem Unterteller und Go sprang vom Stuhl auf.

Taki beobachtete ihn dabei äußerlich gelassen und ruhig, während sich in seinem Inneren die Fragezeichen auftürmten und sich eine leichte Unruhe in ihm ausbreitete. Er befürchtete, dass der Moment, in dem Go es satt haben könnte, ihn und alles satt haben könnte, nun gekommen war.
 

"Erst passt es dir nicht, dass ich mich in dich verliebt hab', obwohl du nicht mein Typ bist, dann glaubst du es mir nicht einmal, weil ich unglücklicherweise das Verlangen danach hab', mit dir zu schlafen, und wenn ich jetzt sage, dass es sowieso keinen Ersatz für dich gibt, egal mit wie vielen ich schlaf', ist es auch wieder nicht richtig!"

Aufgebracht tigerte Go durch den Raum und raufte sich die Haare. "Was zum Henker soll ich denn noch machen, verdammt? Sag's mir, Taki, sag's mir!" Er wirbelte zu ihm herum und schaute ihn aus dunklen Augen fast ein wenig verzweifelt an. "Sag's mir doch einfach!"
 

Taki fuhr sich mit der Zunge über die etwas trocken gewordenen Lippen, ohne zu wissen, was er damit bei Go anrichtete, und atmete ein paar Mal ruhig und kontrolliert ein und aus. Gott, dieser Kerl trieb ihn irgendwann noch einmal in den Wahnsinn, so viel war sicher! Wie konnte er ihm so etwas einfach aus dem Nichts heraus den Kopf knallen?!

"Zunächst beruhigst du dich mal, okay?", schlug Taki nach einer Weile vor. "Und setzt dich vielleicht mal wieder. Der Computer hat nämlich einen Abgleich gefunden: Kiichi Nanoya. Ein Callboy der Agentur >Sweet Dreams<. Die Abbildungen stimmen überein, willst du's sehen?" Fast wie eine Entschuldigung drehte Taki den Bildschirm zu Go hin, damit er sich selbst davon überzeugen konnte, dass Kuzowans Begleiter keinesfalls sein Freund, sondern Kiichi Nanoya von >Sweet Dreams< war.
 

Go biss allerdings nur die Zähne zusammen und schenkte dem größeren und weniger verpixelten Foto auf dem Monitor keine Beachtung, sondern schoss stattdessen einen wütenden Blick auf Taki ab.

"Du lenkst schon wieder ab, Taki."

In einer fließenden Bewegung ließ Go sich zurück auf seinen Stuhl gleiten und fasste Takis rauchgraue Augen ein. "Einmal möchte ich es erleben, dass du mir auf solche Fragen ehrlich antwortest."
 

"Und was für Fragen sollen das sein?", erwiderte Taki nur mit hochgezogener Augenbraue. "Wann du bei mir landen kannst? Ich glaube, da könnte dir niemand einen genauen Zeitpunkt nennen."
 

"Nein." Go presste die Lippen zusammen. "Aber du könntest wenigstens so ehrlich sein und mir sagen, ob es überhaupt eine Chance für mich gibt."
 

"Ich bin nicht schwul, Go", sagte Taki und war sich im selben Moment bewusst, dass er ihm damit schon wieder auswich. Was hieß dieses Sätzchen schon?
 

"Und warum lässt du dich immer wieder von mir küssen? Warum... warum hast du..." Go fuhr sich ein wenig verzweifelt durch das rabenschwarze Haar. "Warum hast du... da auf der Couch... es hätte nicht mehr viel gefehlt und... Argh! Da hast du dich auch nicht gewehrt."
 

Taki spürte, wie sich ein paar verräterische Schatten auf seinen Wangen abzeichneten, und hastig wandte er sich wieder dem Monitor zu. "Das war vor ein paar Wochen. Könnten wir uns jetzt wieder auf unsere Arbeit konzentrieren? Wir haben noch kein Bisschen von dem Heroin gefunden und du weißt, dass unser diesmaliger Auftraggeber wieder die Polizei ist. Wir sollten das nicht versauen."
 

Unwillig verzog Go die Mundwinkel. "Gut, gehen wir also wieder nach dem Prinzip der Verdrängung vor."
 

Taki überhörte ihn geflissentlich und sagte, weiterhin auf den Laptop starrend: "Da wir wissen, dass Kuzowan zumindest teils auch auf Männer steht, ist dies wohl offensichtlich ein Job für dich."
 

"Ach, jetzt ist es mir also wieder erlaubt, mir einen Ersatz für dich zu suchen, ja? Um des guten Erfolgs willen?"
 

Getroffen schloss Taki kurz die Augen und schaute Go dann direkt an. "Go, bitte", sagte er aufrichtig und wirkte fast etwas hilflos dabei, was seine innere Zerrissenheit wunderbar widerspiegelte. "Lass uns wieder unsere Arbeit machen, okay?"
 

Stur begegnete Go dem bittenden Blick einige Sekunden lang und war aus reinem Trotz bereits drauf und dran, dem Job nur zuzustimmen, wenn Taki sich einmal vernünftig mit ihm zusammensetzen und ehrlich mit ihm reden würde. Dann griff er jedoch nur nach der fast leeren Kaffeetasse und kippte sich den kalten Rest in einem Zug hinunter.

"Von mir aus."
 

Taki nickte kurz und hoffte, dass damit das Thema vom Tisch war und sie wieder normal zusammenarbeiten könnten. Immerhin hatten sie den Ausgleich von Arbeit und Gos Affinität für ihn sonst auch immer perfekt gemeistert. Mittlerweile hatte Taki jedoch das Gefühl, dass dieser Ausgleich zu bröckeln anfing.

Und zwar seitdem ich ihn soweit habe kommen lassen... Verdammt!

Deutlicher konnte es einem doch nicht aufgezeigt werden, dass Partner nicht gleichzeitig Liebespaare sein konnten.
 

"Dann würde ich sagen, suchst du so schnell wie möglich den Kontakt zu Kuzowan", fuhr Taki fort, als wäre nichts gewesen. "Vielleicht verrät er dir dann ja aus Versehen oder sonst wie, wo das Heroin versteckt ist. Falls es tatsächlich in seinem Haus sein sollte, werden wir es wohl nämlich nicht finden, dazu wird es zu gut versteckt sein. Und wenn er es außerhalb aufbewahrt, werden wir es vermutlich auch nicht durch bloßes Suchen finden."
 

"Hm-hm", machte Go und erhob sich. "Dann werde ich mal gehen."

Aus Versehen oder sonst wie? Was stellt er sich bitte darunter vor? Dass er mir kurz vor dem Orgasmus ins Ohr stöhnt, wo die verfluchten Drogen sind?!

Ohne ein weiteres Wort schnappte Go sich seine Jacke und verließ ihrer beider Wohnung. Auf der Treppe nach unten begegnete er glücklicherweise weder Mimi noch Kanji oder gar Tsunega. Er war gerade absolut nicht erpicht darauf, irgendwem zu begegnen, den er kannte und der ihm möglicherweise ein Gespräch hätte aufzwingen wollen.

Er wollte allein sein.

Das kam selten vor, aber wenn er dieses Bedürfnis verspürte, war es meistens so stark, dass er am liebsten die Anonymität von riesigen Menschenmassen suchte. Einkaufsstraßen oder irgendwelche Veranstaltungen; Orte, bei denen es den Mitmenschen vollkommen egal war, was mit den Leuten rechts und links neben ihnen passierte. Diese Anonymität brauchte er jetzt und zwar ganz gewaltig.

Hikari Kuzowan lief ihm schließlich nicht weg.
 

Die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, schob sich Go mit dem pulsierenden Strom der Masse mit und verließ sich bei seinem Weg ganz darauf, dass ihn die Menge mit treiben würde. Mit seinen Gedanken war er ganz woanders, so dass er den Weg, den er ging, gar nicht sah.
 

Er verstand Taki nicht. So simpel und einfach das klingen mag, es entsprach genau Gos Gefühl. Er verstand Taki einfach nicht. Und im selben Moment hatte er eine solche Sehnsucht nach ihm, dass es ihn innerlich fast zerriss.

Möglicherweise war er hetero, das hatte er ihm inzwischen häufig genug vor die Nase gehalten, aber warum zum Teufel ließ er sich von ihm küssen? Berühren? Streicheln? Und das auf eine ganz und gar nicht freundschaftliche Art?

An diesem einen Tag auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer... er hatte sich nicht gewehrt, nicht protestiert. Zumindest nicht auf die Art, wie er es sonst immer tat. Er hatte sich Gos Berührungen gefallen lassen.
 

War das aus Versehen gewesen?

Aus einer Laune heraus?

Oder vielleicht um Go grausam aufzuzeigen, dass er Taki niemals bekommen würde?

Oder hatte seine Gefügigkeit etwas mit seiner Abwesenheit, seinem schrecklichen Wachtraum oder was immer das zuvor gewesen sein mochte zu tun? War er so durcheinander gewesen, dass ihm alles egal gewesen war?
 

Was auch immer, er raubt mir langsam, aber sicher mein Selbstbewusstsein, dachte Go mürrisch und warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. Kurz vor elf. Laut ihren Informationen frequentierte Kuzowan in seiner Freizeit mit Vorliebe italienische Restaurants, von denen er in dreien mit regelmäßiger Häufigkeit gesehen wurde. Go würde sie alle drei um die Mittagszeit einfach abklappern und gucken, ob Hikari Kuzowan irgendwo saß.
 

Noch hatte er jedoch Zeit bis Mittag, also würde er noch ein wenig durch die überfüllten Straßen schlendern und in trüben Gedanken versinken. Vielleicht kam er so ja zufällig dem großen Rätsel um Taki auf die Spur. Ihn zog es vorerst jedenfalls nicht zurück in die Wohnung, nur um dort eben Taki wieder zu sehen und sich schlecht zu fühlen.
 

Ich weiß nicht, was er für mich empfindet. Ich weiß einfach nicht, was er für mich empfindet.
 

~*~
 

Den ganzen Vormittag über bis hinein in den späten Nachmittag tigerte Taki unruhig durch ihre Wohnung. Irgendein ruheloses Gefühl hatte von ihm Besitz ergriffen und wollte ihn nicht mehr loslassen. Es war sogar soweit gekommen, dass er, als er unten im Café Roost gesessen hatte, sich freiwillig Kanjis Zaubershow angetan hatte, nur um eventuell ein wenig Ablenkung zu finden.

Die Tricks des Jungen waren zwar allesamt grottenschlecht gewesen, auch wenn Taki sie nicht auf den ersten Blick hatte durchschauen können, so wie Go es tat, aber die frohe Natur Kanjis hatte ihn wenigstens etwas von seinen Grübeleien abgebracht. Außerdem war es eine Wonne gewesen, mitzuverfolgen, wie Mimi die Gäste des Cafés über ihre Begeisterungsausbrüche hinweg fast völlig vergessen und Tsunega sie beide schon das eine oder andere Mal hatte zurecht weisen müssen, weil sie sich lieber vergnügten, statt zu arbeiten.
 

Auch wenn Taki hin und wieder geschmunzelt hatte, war sein Kopf die meiste Zeit über doch ständig mit Gos Worten beschäftigt gewesen.

Ja, zum Teufel, er wusste doch, dass Go darauf beharrte, in ihn verliebt zu sein und dass sein Körper sich unglücklicherweise etwas mehr Zuspruch von Taki erhoffte - das hatte er doch alles schon in dieser Maniera gehört, in der Go das einem vollkommen wildfremden Menschen erzählt hatte, während Taki daneben als Barkeeper hinter der Bar stand.

Und ja, möglicherweise behandelte er Go alles andere als fair, wenn er ihn erst immer wieder ranließ und dann wieder abwies. Aber... wieso verstand er das denn nicht?
 

Weil er deine Vergangenheit nicht kennt, du Idiot, raunzte Taki sich selbst in Gedanken an, während er abwesend mit seinem Laptop spielte. Wenn er sie kennt, wäre alles einfacher.

"Oder auch nicht", murrte er laut, als ob er ein Gespräch mit einer anderen Person führen würde. "Vielleicht macht das alles auch nur noch schlimmer. Vielleicht... will er mich dann nicht mehr." Taki konnte nicht sagen, warum ihm das so viel ausgemacht hätte; es war schon schlimm genug, das laut von ihm selbst zu hören.
 

"Miteinander schlafen dürft ihr beiden nicht."
 

Vielen Dank, Kei, grummelte Taki, möchtest du jetzt den Moralapostel für mich spielen?
 

Unvermittelt hörte Taki die Wohnungstür aufgehen und kurz darauf trat Go in die Küche hinein, ohne sich vorher seine Jacke oder die Schuhe ausgezogen zu haben. Seine dunklen Haare waren ein wenig zerstrubbelt, als hätte er entweder lange Spaziergänge durch Windböen gemacht oder... oder er war gerade aus irgendeinem fremden Bett gefallen.

Der Zug um seinen Mund herum war grimmig, der Blick in den dunklen Augen angepisst.
 

"Wir haben ein Problem." Go warf sich auf einen Küchenstuhl und fuhr sich in einer etwas hilflosen Geste durch die Haare.
 

Mit einer hochgezogenen Braue ließ sich Taki ebenfalls nieder. "Das da wäre?"
 

Humorlos verzog Go den Mund. "Offenbar gibt es noch jemanden, der nicht auf mich steht - und der ist sogar an Männern interessiert. Mann, langsam wird das Ganze echt frustrierend!"
 

Überrascht riss Taki die Augen auf. "Sag bloß, Kuzowan hat dich abgewiesen?"
 

Go schnaubte. "Nett ausgedrückt." Wenn er ehrlich sein sollte, hatte Kuzowan sogar den Kellnern gesagt, dass sie ihn doch bitte von dieser ihn belästigenden Person befreien sollten. Hausverbot hatte er in dem italienischen Restaurant obendrein auch noch aufgedrückt bekommen und die Polizei wäre ihm auch noch auf den Hals gehetzt worden, wenn er vor dem Restaurant auf Herrn Kuzowan gewartet hätte. Nein, danke.
 

"Hast du es auch... na, mit voller Überzeugung versucht? Vielleicht... vielleicht..." Taki geriet ins Stammeln und wusste selbst nicht warum. "Vielleicht hast du es nur nicht richtig probiert?"
 

"Hätte ich ihn noch mehr angegraben, hätte ich meine Hand in seine Hose schieben müssen." Seufzend vergrub Go das Gesicht in den Händen und schüttelte langsam den Kopf. Er sah wirklich reichlich fertig aus, als hätte sein Selbstbewusstsein dadurch einen noch größeren Knacks abbekommen als ohnehin schon.
 

Dabei entsprach Kuzowan eigentlich gar nicht Gos normalem Beuteschema. Er war weder klein, noch hatte er große Kuhaugen oder die Figur eines Jungen. Ihren Informationen über den Mann zufolge war er sogar älter als sie beide, einunddreißig, seine Augen waren ein Mischmasch aus Grün und Blau und sie waren eher schmaler und etwas schräg wie bei Katzen, denn groß und rund wie bei Kühen. Von der Größe her müsste er selbst Go noch um ein paar Zentimeter überragen und von einer knabenhaften Figur konnte auch keine Rede sein. Zumindest ließen die Anzüge, die er auf all den ihnen zugänglichen Fotos trug, eher auf eine Figur schließen, die der Takis nahe kam. Dazu kamen noch kurze, dunkelbraune Haare, die immer sehr gepflegt aussahen.

Alles in allem also absolut nicht Gos Typ.
 

"Na ja, immerhin entspricht er ja auch nicht deinem Typ, vielleicht... ist es deswegen etwas schief gelaufen", mutmaßte Taki und versuchte damit gleichzeitig Go ein wenig aufzumuntern.
 

Mit noch mehr zerzausten Haaren nahm Go die Hände wieder vom Gesicht und sah Taki fast etwas gekränkt an. "Also, erstens bin ich ein Profi." Und das wohl in mehrfacher Hinsicht. "Dementsprechend hätte ich ihn trotzdem mit ganzer Energie angegraben, aber das Problem liegt wohl eher darin, dass ich nicht sein Typ bin. Du hast doch diesen Callboy gesehen. Du hingegen hättest garantiert Chancen." Er hob eine Hand, bevor Taki darauf protestieren konnte. "Ja, ja, ich weiß, du bist nicht schwul. Ich wollt's ja auch nur gesagt haben."
 

Mit einem weiteren Seufzen warf er sich gegen die Lehne des Stuhls, streckte die langen Beine aus und ließ die Arme baumeln. "Vielleicht sollten wir Tsunega sagen, dass wir den Job dieses Mal nicht erledigen können."
 

"Das können wir nicht." Taki schüttelte den Kopf. "Und das weißt du auch. Wir hätten schon um ein Haar die Sache mit den Waffen und diesem Kazuki vermasselt. Noch ein Fehler, und wir können die Polizei als Auftraggeber vergessen."
 

Go warf die Hände in die Luft. "Gut, dann mach' einen besseren Vorschlag. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Wir könnten das Haus noch mal auf Verdacht untersuchen, aber wenn er das Heroin gar nicht dort, sondern ganz woanders aufbewahrt, begeben wir uns umsonst in Gefahr."
 

Taki presste die Lippen zusammen und starrte die Tischplatte an. Es musste doch irgendeine Möglichkeit geben, diese verfluchten Drogen zu finden, selbst wenn sich keiner von ihnen an diesen Kerl heranschmiss. Sie brachten ihre Aufträge schließlich nicht nur mit Erfolg zu Ende, weil sie so gut darin waren, Männer wie Frauen zu verführen.

"Wir könnten ihn verfolgen."
 

Go nickte knapp. "Könnten wir. Nur glaube ich nicht, dass wir dabei etwas anderes herausbekommen würden als die Polizei. Er ist ein total unauffälliger Kerl. Bis auf diese drei Restaurants geht er kaum weg und sonst schmeißt er höchstens noch hin und wieder eine größere Party bei sich im Haus. Meistens besuchen ihn Leute, anstatt das er irgendwohin geht."
 

"Dann sind die Drogen doch in seinem Haus!", meinte Taki entschlossen.
 

"Aber wo?"
 

"Dazu müssten wir ihn beobachten."
 

"Was wir schon getan haben", seufzte Go. "Es sind aber nicht überall Kameras angebracht, schon vergessen? Das Badezimmer und sein Schlafzimmer im Obergeschoss sind kamerafrei."
 

"Dann ist das Heroin da."
 

"Ja, aber wo?", wiederholte Go nur und fuhr sich ruhelos durch die Haare. "Um dorthin zu kommen, müsstest du mit ihm schlafen. Oder zumindest die Absicht vortäuschen. Mit seinen Gästen bleibt er immer unten, die Partys finden unten statt und nur oben lässt er seine Bettgefährten hin. Der Kerl ist vielleicht einfach, ein Langweiler und Drogendealer, aber er ist nicht blöd. Wir haben doch schon die Räume durchsucht."
 

"Na, um genau zu sein, hast du im Bad nur die Wanne angestarrt."
 

Go warf ihm einen schrägen Seitenblick zu. "Danke sehr. Dafür hast du die Schränke durchwühlt. Allerdings glaube ich kaum, dass er erst so super vorsichtig ist, um seine Drogen dann im Medizinschränkchen zu lagern."
 

Nun war es auch an Taki, sich die Haare zu raufen. Nachdenklich stand er vom Stuhl auf, tigerte erst ein paar Runden in der Küche umher und stellte sich dann ins Küchenfenster, von dem er hinaus auf die Straße sehen konnte. Seine Stirn war noch immer grüblerisch in Falten gelegt, allerdings hatten sich in seine Gedanken Dinge gemischt, die dort absolut nichts zu suchen hatten.

Gerade wieder einmal war ihm aufgefallen, wie gerne er so mit Go zusammen über einem Auftrag saß und sie ihre Ideen und Gedanken gegenseitig austauschten. Der eine wusste sofort, was der andere meinte, ergänzte oder negierte oder korrigierte Vorschläge und Vermutungen. Sie waren ein so eingespieltes Team wie zwei Basketballspieler, die sich den Ball gekonnt immer wieder hin und her warfen.

Wie um alles in der Welt konnte Go das einfach alles so aufgeben wollen, nur weil er unbedingt mit ihm, Taki, schlafen wollte?
 

ARGH! Taki, konzentrier dich, verdammt noch mal!
 

"Dann mach ich's", sagte Taki und starrte noch immer aus dem Fenster.
 

Müde fuhr sich Go übers Gesicht und schaute dann leicht verwirrt zu Taki. "Machst was?"
 

"Was du vorgeschlagen hast." Mit einem etwas gezwungenen Lächeln wandte Taki den Kopf zu Go um. "Ich täusche Kuzowan vor, mit ihm schlafen zu wollen."
 

Gos Augen wurden groß und rund wie Untertassen. Er klappte den Mund auf und wieder zu, ohne etwas zu sagen, und schüttelte stattdessen vehement den Kopf. Als er seine Sprache wieder gefunden hatte, protestierte er sofort: "Nein. Nein, tust du nicht. Vergiss es. Nein." Er schüttelte immer noch den Kopf.
 

"Und warum nicht?", wollte Taki mit erschreckend ruhiger Stimme wissen. Wahrscheinlich war es noch nicht bis zu seinem bewussten Denken vorgedrungen, was er da eigentlich gerade vorgeschlagen hatte. "Du hast doch eben selbst gesagt, dass ich eher seinem Typ entspreche als du."
 

"Ja." Go sagte das so, als würde er sich nun für diese Worte innerlich verfluchen. "Ja, verdammt, aber das war doch nicht ernst gemeint! Taki!" Er sprang vom Stuhl auf und war mit ein paar schnellen Schritten bei Taki am Fenster angelangt, ließ aber bewusst etwas Abstand zwischen ihnen. "Du... du weißt doch gar nicht... ich meine..." Etwas verlegen kratzte sich Go am Hinterkopf. "Wenn er nun über dich herfällt und du dich nicht zu wehren weißt?"
 

"Bitte." Taki sah Go skeptisch an. "Ich erwehre mich tagtäglich drei oder vier Übergriffen deinerseits, Go."
 

Go schnaubte. "Ja, aber das ist etwas anderes. Ich höre auf, wenn du es willst -"
 

"In den meisten Fällen", warf Taki säuerlich ein. "Sonst sorge ich dafür, dass du aufhörst."
 

" - und Kuzowan tut das mit Sicherheit nicht. Er kennt dich nicht. Außerdem sieht er stärker aus als ich und... und überhaupt! Ich will das nicht, Taki", fuhr Go, als wäre er gar nicht unterbrochen worden, fort und wurde dabei immer leiser. "Wenn er... wenn er dich verletzt, wenn er dir Drogen ins Getränk oder Essen mischt, ein Aphrodisiakum oder so..." Go unterbrach sich, weil ihm selbst der Gedanke Übelkeit erregte. Er wollte ihn gar nicht weiter verfolgen. Wenn er sich das allein vorstellte... könnte er Kuzowan umbringen.
 

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht." Als wollte er damit das Gespräch für beendet erklären, drehte er den Kopf wieder zum Fenster und starrte hinaus. Es konnte doch nicht so schwer sein, einem Mann, der sowieso auf seinen Typ stand, weiszumachen, dass er furchtbar gerne mit ihm schlafen wollen würde. Kinderspiel... Er hatte sicherlich noch nicht alles verlernt.
 

Grob wurde Taki am Arm gepackt und wieder herumgedreht. Verärgert begegnete er Gos wütendem Blick. "Doch, verdammt, das glaube ich. Du gehst da nicht hin, Taki."

Und verlierst deine Unschuld womöglich an dieses Arschloch, das nur an eine Runde Sex denkt!
 

"Oh doch." Mit genauso viel Wut in der Stimme riss Taki sich von Go los. "Ich kann zum Teufel noch mal auf mich selbst aufpassen, verstanden, Go?" Seine Augen wurden schmal. "Er wird nichts mit mir machen, was ich nicht selbst -"
 

Fast schon ein wenig brutal verschloss Go Takis Mund mit seinem eigenen und schob grob seine Zunge zwischen die Lippen. Gleichzeitig schlang er seine Arme fest um Taki, dass dieser dicht an Gos Körper gedrückt wurde, der sich in unmissverständlicher Art und Weise an ihm rieb.

Taki schoss die Röte ins Gesicht und er versuchte, seine Arme zwischen sich und Go zu bringen, um ihn wegzustoßen, was ihm aber nur mäßig gelang. Go schien sich dieses Mal von nichts aufhalten lassen zu wollen.
 

"Hnn.. G...Go...!", brachte Taki irgendwie hervor, ehe seine Zunge wieder in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt wurde, der so intensiv war, dass ihm das Herz in der Brust wie nach einem Marathonlauf raste. Sein Atem ging stoßweise, weil Go ihn kaum zu Atem kommen ließ und weil ihn der Kuss irgendwo... in einem hinterletzten Eckchen seines Körpers... ein wenig erregte.
 

Er spürte, wie Go seine Hand hinten in seine Hose rein schob und über seinen nackten Hintern strich. Entsetzt riss er die Augen auf und erwog allen Ernstes, Go einfach auf die Zunge zu beißen, ganz gleich, ob er sie dabei abbeißen würde, als er mit einem Male herumgewirbelt und gegen die Wand neben das Fenster gedrückt wurde. Er kam gerade noch dazu, verwundert und aus akutem Luftmangel nach Atem zu ringen, als er merkte, dass Go es irgendwie zwischen dem Kuss und allem anderen geschafft hatte, seine Jeans zu öffnen. Während sich sein Körper von hinten gegen Takis presste, rutschte nun vorne eine Hand in seine Hose hinein.
 

"Nein! Go! Lass das! Was -!" Taki biss sich auf die Unterlippe, weil ihm sonst ein Stöhnen über die Lippen gekommen wäre, als Go ihn fest umschloss. Tiefrote Schatten tauchten auf seinen Wangen auf und explosionsartig verbreitete sich ein heißes Feuer in seinen Lenden, das ihn das bisschen Blut von seiner Lippe fast vergessen ließ. "Go...", keuchte er und schüttelte den Kopf.

Im nächsten Moment biss er fest die Zähne zusammen, spannte seinen Körper an und wollte mit dem Ellbogen ausholen, um ihn Go mit voller Wucht in den Magen zu rammen. Doch der musste es irgendwie geahnt haben, was er vorhatte, denn er schnappte sich Takis Arm, zog kurz die Hand aus seiner Hose, um auch den anderen Arm einzufangen, und hielt ihn währenddessen mit seinem eigenen Körpergewicht gegen die Wand gepresst. Takis Arme wurden über seinen Kopf gezogen und an den Handgelenken mit einer kräftigen Hand festgehalten, während die andere wieder zielsicher in seine Hose wanderte.
 

Taki verbiss sich das Stöhnen eine Sekunde zu spät und die Röte auf seinem Gesicht vertiefte sich noch. Verdammt, was war das denn jetzt? Verdammt, verdammt! Er konnte gar nichts machen! Er wollte es nicht, zum größten Teil zumindest, aber er fühlte sich so verdammt wackelig auf den Beinen, wie Wachs in Gos Händen - buchstäblich. Er schien überhaupt keine Kraft für nichts aufzubringen. Auf einmal war er so... so hilflos.
 

Mit zusammengepressten Lippen schloss er die Augen, als sie plötzlich unangenehm zu brennen anfingen.

Das darf nicht wahr sein... nein, nein... Lass... lass... mich, Go... lass das...
 

Er erstarrte, als er heißen Atem dicht an seinem Ohr entlang streifen fühlte. Dann sagte eine raue Stimme leise: "Und du willst mir erzählen, dass du dich selbst zur Wehr setzen kannst?"
 

Schlagartig wurde er losgelassen.

Schwankend und schwer atmend ließ sich Taki gegen die Wand sinken, weil er sonst wahrscheinlich zu Boden gestürzt wäre. Er spürte, dass seine Jeans nur ganz locker auf seinen Hüften saß, aber er besaß nicht die Energie, den Knopf zu schließen. Die heiße Stirn gegen die halbwegs kühle Wand gelehnt, starrte er die weiße Tapete an und versuchte, zu begreifen, was sich hier gerade abgespielt hatte. Die Tränen auf seinem Gesicht bemerkte er gar nicht.

Dafür bemerkte er sehr wohl, dass ihn Gos mieses Spielchen trotz allem erregt hatte, was sich auch deutlich zeigte.
 

Er zuckte zusammen, als er Gos Hand auf seiner Schulter spürte, die sich daraufhin sofort wieder zurückzog. "Tut mir Leid, Taki." Wenigstens klang das ehrlich. "Ich wollte nur... ich weiß auch nicht. Man kann so leicht über dich herfallen und du hast keine Chance, dich zu verteidigen... ich... wollte... es dir nur beweisen."
 

Aber bei dir ist es doch etwas ganz anderes, du verdammter Idiot!
 

"Soll... soll ich...", druckste Go etwas hilflos herum und Taki war sich ziemlich sicher, dass er seine Tränen nicht sehen konnte, denn sonst hätte er diesen Satz niemals zu Ende gesprochen. "Soll ich... dir... na ja... soll ich da weitermachen, wo... ich aufgehört hab'?"
 

Eine Welle der Wut rauschte über Taki hinweg und riss ihn mit so gewaltiger Kraft mit sich, dass er gar nicht lange darüber nachdachte, was er tat. Er wirbelte herum, holte noch im selben Moment aus und verpasste Go einen harten Faustschlag direkt ins Gesicht, dass sein Kopf von der Wucht herumflog. Unglücklicherweise war er sich ziemlich sicher, dass Go die Tränen nun doch entdeckt hatte, weil er ihn so entsetzt und fassungslos angestarrt hatte in den Hundertstelsekunden, bevor er ihn geschlagen hatte.

Trotzdem rannte Taki sofort danach, die Hose festhaltend, in sein Zimmer hinüber und schloss sich ein. Er wollte jetzt weder mit Go reden, noch ihn sehen.

__________
 

(c) Ashling
 

Vielen Dank fürs Lesen^^

Kommentare in Form von Kritik, Lob etc. ist gerne gesehen und erwünscht :)

act three

Titel: Games

Teil: 3/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar:
 

Hey^^
 

Vielen lieben Dank an euch alle für eure Kommentare *smile* Es freut mich riesig, dass ihr die Geschichte bis jetzt und meinen Schreibstil mögt - auch wenn ich kaum sagen würde, dass ich besser als Makoto Tateno bin XD" (obwohl mich das Lob natürlich unglaublich anspornt ;))

@Ebi: Bist jetzt weiß ich ja noch gar nicht, ob überhaupt Lemon drin vorkommen wird XD" Ich schreibe so was fürchterlich schlecht und belasse es zumeist dann nur bei Andeutungen, also keine Angst ;)

@Sanzo-girl: Wie ich die Kluft zwischen den beiden überwinden werde...? *hehehe* Glaubst du, dass sage ich dir? *sfg*

Obwohl... im Grunde ist das eine gute Frage XD"
 


 

act three
 

"Taki! Taki, bitte! Mach die verdammte Tür auf! Taki!"
 

Seit geschlagenen zwanzig Minuten hämmerte Go nun schon gegen die Zimmertür von Taki, aber von drinnen kam entweder gar keine Antwort oder nur ein gefauchtes: "Verschwinde!"

Gott, er könnte sich ohrfeigen, erschießen und erwürgen gleichzeitig, nur weil es mal wieder mit ihm durchgegangen war. Oder auch nicht. Verdammt noch mal, was zum Teufel hatte er sich eigentlich dabei gedacht?!

Ach, eigentlich hatte er gar nicht gedacht und genau das war das verfluchte Problem!

Das Einzige, woran er wirklich hatte denken können, war an Taki gewesen, hilflos und überrumpelt, in den Armen von Hikari Kuzowan, der sich rücksichtslos genommen hatte, was er brauchte.

Selbst jetzt brachte ihn allein dieser Gedanke schon wieder zur Raserei. Verstand Taki das denn nicht? Wenigstens ein klitzekleines Bisschen?
 

"Es tut mir Leid, ehrlich! Ich wollte dich nicht... verletzen. Ich bin so ein Idiot. Taki. Taki?"

Gott, es war so schwierig, mit einer Person zu reden, die man nicht direkt vor Augen hatte, sondern die sich hinter einer Holztür verschanzt hatte. "Es war nicht böse gemeint. Es war nicht mal aus reinem Eigennutz meinerseits. Ich mach' mir doch nur Sorgen um dich!"
 

Immer noch kam keine Antwort zurück, nicht einmal eine gefauchte Abweisung. Langsam kam sich Go wie das Schäbigste, was je auf Erden gekrochen war, vor, aber er konnte es jetzt auch nicht mehr ändern. Wenn Taki wenigstens diese verfluchte Tür aufmachen würde! Wenn er ihn wenigstens bei seinen Entschuldigungsbekundungen ansehen könnte! Wenn er wenigstens antworten würde, verflucht noch eins!
 

"Ich... ich wollte dir doch nur glaubhaft vor Augen führen, dass du... dass du... nicht der Richtige für so einen Job bist", versuchte Go sich zum wiederholten Male zu erklären. "Und... ich will nicht, dass du zu diesem Kuzowan gehst. Hast du gehört? Taki?"
 

Für ein paar Sekunden unterbrach Go sein Gehämmer an die Tür und legte stattdessen ein Ohr gegen das Holz. "Taki?"

Wieso antwortete er jetzt gar nicht mehr?

"Taki, wenn du nicht sofort diese verfluchte Tür aufmachst, trete ich sie ein!", grollte Go und hämmerte nachdrücklich ein letztes Mal dagegen. Für den Moment vergaß er völlig, dass er nahezu ungeschlagen in der Disziplin des Schlösserknackens war, aber er bezweifelte, dass er momentan die Geduld und das Feingespür aufbringen würde, eine Tür umständlich aufzuknacken, wenn man sie ganz einfach eintreten konnte.
 

"Versuch's, wenn du erschossen werden willst!", kam daraufhin erstmals wieder ein gezischtes Lebenszeichen von Taki aus seinem Zimmer.
 

Go war so erleichtert, dass ihm ein ganzes Gebirge vom Herzen fiel.

"Taki, bitte! Ich habe schon gesagt, dass es mir Leid tut. Wirklich. Wir werden einen anderen Weg finden, um -"
 

"Nein!", blaffte Taki dazwischen. "Dank deiner hervorragenden Vorarbeit bin ich nun wunderbar auf das Kommende vorbereitet und kann mir Kuzowan sehr gut vom Hals halten, falls es nötig werden sollte."
 

Go fiel fast alles weg, als er das hörte. Um Himmels willen, wozu machte er sich hier überhaupt ein schlechtes Gewissen?!

"Verdammt, Taki, das sollte dir gerade zeigen, dass du dich seiner möglichen Übergriffe nicht erwehren kannst! Und jetzt lass den Scheiß und mach' die Tür auf!"
 

"Nein."
 

"Taki...!"
 

"Ich sagte Nein, Go, und jetzt verzieh dich!", raunzte Taki so unfreundlich und zornig, wie es ihm im Moment noch möglich war. Er war längst über den Punkt hinaus, an dem er Go im Stillen verfluchte, und war stattdessen zu wilder Entschlossenheit umgewechselt, getreu nach dem Motto: "Jetzt erst recht!" Möglicherweise spielte da eine gewisse Trotzreaktion mit hinein, aber das war ihm gerade so was von egal. Go wusste nichts, aber auch absolut gar nichts von ihm und er sollte sich gefälligst nicht anmaßen, ihm irgendetwas vorschreiben zu wollen! Er konnte erstens wunderbar auf sich selbst aufpassen und zweitens hatte er ja wohl auch schon oft genug Frauen zum Zwecke der Informationsbeschaffung oder Ähnlichem hinters Licht geführt - warum also sollte ihm das mit Männern nicht gelingen? Zumal Kuzowan auch noch auf seinen Typ zu stehen schien.
 

Da er jedoch wusste, dass Go ihn niemals gehen lassen würde, musste er eben ein wenig improvisieren.
 

Er hatte schon alles zusammengesucht, was er glaubte, zu brauchen, und hatte Go hoffentlich auch klar gemacht, dass er seinem Zimmer fern bleiben sollte. Glücklicherweise ging sein Fenster zur Seite hinaus, so dass vorbeifahrende Autos oder vorbeigehende Passanten nicht misstrauisch werden konnten, wenn er plötzlich aus dem Fenster kletterte.
 

Entschlossen öffnete Taki das Fenster, überprüfte noch einmal, ob er die ausfahrbare Nadel mit dabei hatte - seine Pistole wäre wohl zu auffällig gewesen; immerhin wollte er von Kuzowan nicht für einen Polizisten gehalten werden -, und schwang dann die Beine über den Fensterrahmen. Geschickt hielt er sich mit den Händen am Fensterbrett fest, während er scheinbar haltlos mit dem Rest seines Körpers an der Wand hing. Dann ließ er sich mit angespanntem Körper fallen, bis er den oberen Rahmen eines Fensters im Erdgeschoss zu fassen bekam, und mit einem harten Ruck, der durch seine Arme fuhr, hielt er wieder an.

Glücklicherweise lag sein Zimmer nur im ersten Stock, von daher war der Fall in die Tiefe nicht allzu lange.

Nun fast am Boden angekommen, ließ er einfach los und fiel den letzten halben Meter zu Boden, wo er gekonnt fest auf beiden Beinen landete. Ein letzter Blick nach oben sagte ihm, dass Go noch nicht in sein Zimmer gekommen war, da er ihn nicht am Fensterrahmen entdecken konnte.
 

Gut, umso besser.
 

Zielgerichtet marschierte Taki los zu den bekannten drei italienischen Restaurants und hoffte, dort zum Abend hin Kuzowan in einer der Bars anzutreffen.
 

Währenddessen stand Go noch immer nichtsahnend vor Takis Tür, entschuldigte sich und nannte sich abwechselnd einen rücksichtslosen Idioten.
 

"Taki, komm schon. Bitte sprich wenigstens mit mir, wenn du mich schon nicht rein lassen willst." Go wartete einen Moment ab, aber aus Takis Zimmer sprach fortwährend nur die Stille.
 

Um Himmels willen, wie stur konnte ein Mensch eigentlich sein? Ja, er hatte eingesehen, dass er zu weit gegangen war - möglicherweise weiter als Kuzowan gehen würde -, aber im Grunde hatte er das doch nur getan, um Taki zu schützen, weil er sich Sorgen um ihn machte und ihn nicht irgendeiner Situation aussetzen wollte, mit der er möglicherweise nicht klar kommen würde. Es war doch ein himmelweiter Unterschied, ob er, Go, Annäherungsversuche - mal mehr, mal weniger starke - unternahm oder ob Kuzowan es tat. Er hatte zumindest eine Ahnung davon, wann er Taki wirklich verletzte, und ihm machte es dann auch etwas aus. Kuzowan hingegen... dachte wahrscheinlich nur an sein eigenes Vergnügen und nahm keine Rücksicht auf Taki, der zudem überhaupt keine Erfahrung mit Männern hatte.

Go schüttelte es regelrecht bei dem Gedanken, wenn er sich den Mann mit Taki im Bett oder sonst wo vorstellte.
 

Flüchtig fragte er sich, ob Taki jedes Mal von dem selben Gefühl übermannt wurde, das ihn jetzt nieder rannte, wenn er zusehen musste, wie Go sich an einen potenziellen Informanten heranmachte.
 

"Du kannst nicht ewig sauer sein", versuchte Go es mit einem Appell an Takis Vernunft. "Und selbst wenn, irgendwann musst du rauskommen und etwas essen oder trinken oder einfach nur auf die verfluchte Toilette gehen. Taki. Taki?"
 

So langsam kam ihm das Ganze komisch vor und er legte abermals ein Ohr gegen die Holztür.

Er hörte nichts.

"Taki?"

Keine Regung.

"Wenn du jetzt kein Lebenszeichen von dir gibst, muss ich annehmen, dass du extrem suizidgefährdet bist, und komm' herein! Hast du gehört, Taki?"

Erschreckenderweise konnte er noch immer keinen Laut vernehmen, nicht einmal ein Rascheln von der Bettdecke oder sonst etwas.

"Okay", murmelte Go, "du hast es nicht anders gewollt."
 

In alte Gewohnheiten zurückfallend, zückte Go nun doch einen winzigen Dietrich aus seiner Hosentasche, um das Schloss professionell aufzuknacken und die Tür nicht stümperhaft einzutreten. Wahrscheinlich würde er von Taki dann noch die Rechnung für die Reparatur des Schlosses aufgebrummt bekommen.

In weniger als einer Minute gab das einfache Schloss seinen geschickten Fähigkeiten nach und ein hereinbetendes Klicken war zu hören. Go stieß die Tür aber nicht sofort auf, sondern öffnete sie nur einen Spalt breit.
 

"Ich komm' jetzt rein, Taki. Wenn du's nicht willst, sag was."
 

Keine Antwort.
 

Ohne noch weiter zu zögern, stieß Go die Tür auf und blickte einige Sekunden lang verblüfft in ein leeres Zimmer. Es dauerte einige Augenblicke, ehe sein Hirn begriff, was seine Augen ihm da zeigten, aber dann brach sich der Ärger Bahn.
 

"Scheiße!" Go stopfte wütend den Dietrich zurück in die Hosentasche und begann automatisch suchend im Zimmer auf und ab zu gehen, als erwartete er, Taki versteckt unterm Bett oder sonst wo zu finden. "Verdammte Scheiße!"

Zielsicher wanderte er schließlich zum geöffneten Fenster hinüber und sah auf die schmale Seitenstraße zwischen den Häuserreihen hinunter, die sich zwischen ihrem und dem nächsten Haus entlang schlängelte.
 

Na toll, na toll! Und ich stemple mich ganz umsonst zum kompletten Idioten ab. Der Kerl hat es noch nicht einmal gehört! Verdammt!
 

Andererseits war er vielleicht doch ein Idiot, weil er es sich eigentlich hätte denken können, dass Taki nicht der Typ dafür war, der sich in sein Zimmer einschloss und erst einmal ein bis zwei Stunden schmollte, ehe er wie verwandelt aus seinem Loch wieder hervor kroch. Er kannte Taki noch nicht lange und er kannte auch nicht seine Vergangenheit, aber so viel wusste er dann doch über seinen Partner.

Gott, war er ein Hornochse!
 

Und was hast du nun vor, Partner? Bei einem gemütlichen, ausgiebigen Spaziergang deine Wut abreagieren?
 

Ein Geistesblitz unterbrach den sarkastischen Gedanken und Go riss die Augen auf. "Oh, verdammt! Er wird doch nicht...?"

Natürlich würde er.
 

"Dank deiner hervorragenden Vorarbeit bin ich nun wunderbar auf das Kommende vorbereitet und kann mir Kuzowan sehr gut vom Hals halten, falls es nötig werden sollte."
 

Er würde tatsächlich!
 

Go wirbelte auf dem Absatz herum, schnappte sich im Laufen seine Jacke vom Haken, den Wohnungsschlüssel von der Kommode und stürmte hektisch aus der Wohnung heraus. Ganz egal wie, er musste Taki finden, bevor er Kuzowan fand. Irgendwie musste er ihn aufhalten und ihm diesen Schwachsinn ausreden. Nur... wo sollte er nach Taki suchen? Wahrscheinlich war er auf den gleichen Gedanken wie Go gekommen und würde zunächst die drei italienischen Restaurants abklappern.
 

Ein rascher Blick auf die Uhr sagte Go, dass es gerade mal kurz vor halb sechs Uhr abends war, zu früh, um sich in einer Bar aufzuhalten. Oder nicht? Konnte natürlich auch sein, dass Kuzowan sich trotzdem schon in einem der Restaurants aufhielt, entweder, um doch schon zu Abend zu essen oder um in einer der Bars einen Drink einzunehmen. Offenbar kannte der Mann keine anderen Freizeitaktivitäten außer kleinere und größere Gesellschaften in seinem Haus zu geben oder in einem dieser italienischen Restaurants zu sitzen.

Eine Gesellschaft stand bis jetzt noch nicht an.

Oder doch?

Verdammt!
 

Hin und her gerissen zwischen den Optionen, sofort kopflos loszurennen und nach Taki zu suchen oder seine Aktion etwas besser durch zu strukturieren, verlor Go im Treppenhaus wertvolle Minuten.
 

"Ach, verdammt noch mal!"
 

Fluchend kehrte er wieder um in ihre Wohnung, warf Takis Laptop an und tippte die Codes für die Kameras in Kuzowans Haus ein, die Taki ihm anvertraut hatte. Sollte Kuzowan heute wieder eine seiner kleinen Partys steigen lassen, müssten inzwischen doch schon irgendwelche Vorbereitungen laufen, oder nicht?

Suchend glitt Gos Blick über den viergeteilten Bildschirm hinweg, fand aber nichts Aufschlussreiches, das auf eine Party hindeute.

Okay, keine Party an einem Samstagabend. Darüber hinaus entdeckte er jedoch auch Kuzowan nirgendwo in seinem Haus, was natürlich nicht bedeutete, dass er nicht da war. Er konnte immer noch im Schlaf- oder Badezimmer sein, da diese beiden Räume nach wie vor nicht überacht wurden.
 

Go ging jedoch das Risiko ein und beschloss für sich, dass Kuzowan nicht zu Hause war. Er verließ sich darauf, dass er sein Schlaf- sowie sein Badezimmer tagsüber nur dann benutzte, wenn er nicht allein war. Gut, möglicherweise war er jetzt nicht allein, aber...

Ach, er konnte sich nicht mit tausend Eventualitäten herumärgern, verflucht!
 

Er verkleinerte die Kameraübertragungen und öffnete stattdessen eine andere Datei, die ihm mittels des Senders in Takis Ohrring, den auch Go trug, verriet, wo sich sein Partner gerade herumtrieb.

Ah, also doch.

Laut Computer befand sich Taki gerade in einem der drei italienischen Restaurants.
 

Hastig rief Go noch einmal die Videoaufzeichnungen auf den Schirm, konnte Kuzowan aber immer noch nicht entdecken. Unglücklicherweise ließ das die wenig erfreuliche Schlussfolgerung zu, dass Kuzowan sich gerade in einem der Restaurants aufhielt und Taki bereits kennen gelernt hatte.
 

Go verdrängte den Gedanken so gut es ging, fuhr den Laptop wieder herunter und sprintete dann los zu dem Restaurant.
 

~*~
 

Das Giovanni's war ein anderes Restaurant als das, in dem Go zuvor bereits sein Glück bei Kuzowan versucht hatte. Von außen wirkte es wesentlich spelunkenähnlicher und weitaus weniger imposanter. Die Treppen, die zum Eingang führten, gingen nicht nach oben, sondern zwei Stufen nach unten, so dass unwillkürlich eine rauchige Kelleratmosphäre entstand, sobald man die Tür öffnete.

Go schlug auch sofort der brennende Geruch von Zigarettenqualm entgegen, allerdings noch nicht so schlimm, dass er sich vorkam, als würde er gegen eine Wand laufen. Das Licht war heruntergedreht, im Hintergrund lief im Fernsehen, der über der Bar angebracht war, die Übertragung eines Fußballspiels. Vereinzelte Gäste tummelten sich an kleineren und größeren Tischen oder an der Bar.

Seltsamerweise waren die Kellner und der Barkeeper gekleidet, als arbeiteten sie in einem fünf Sterne Restaurant und einen Blick auf die Tafel, die das Tagesmenü verriet, sagte Go auch, dass die Gäste des Giovanni's keineswegs so heruntergekommen und abgehalftert sein konnten, wie das Ambiente gerne den Augenschein erwecken mochte. Go glaubte jedenfalls kaum, dass sich ein Dahergelaufener von der Straße zuerst Kaviar, dann den lebensgefährlichen Kugelfisch und anschließend ein unaussprechliches Dessert schmecken lassen würde und das ganze Zeug dann auch noch bezahlen konnte.

Da reichte die stinknormale Pizza.
 

Go fühlte sich daher in seinen ausgewaschenen Jeans, der abgewetzten Sportjacke und den Turnschuhen etwas fehl am Platze, aber er war ja auch nicht hier, um zu essen oder Eindruck zu schinden, sondern um seinen Partner zu retten.
 

Dieser befand sich nämlich an der Theke und unterhielt sich - verdammte Scheiße! - mit Kuzowan. Und wie er sich unterhielt!

Im ersten Moment wusste Go nicht, ob der Mann dort an der Bar tatsächlich Taki, sein Partner, war oder jemand anderes, der ihm nur verteufelt ähnlich sah - Kiichi Nanoya beispielsweise. Als er Taki dann aber erkannte, war er so verblüfft, dass er wie festgewachsen gleich hinterm Eingang stehen blieb und die beiden Männer anstarrte.
 

Taki sah fantastisch aus. Sexy. Sinnlich. Erotisch.
 

Er hatte sich umgezogen. Eine enge, schwarze Hose, die er normalerweise vermutlich auf Diebestour anziehen würde und von der Go wusste, dass sie Takis Hintern phänomenal betonte - was er offensichtlich auch zu wissen schien -, zog Gos Blick an wie ein Magnet, obwohl Taki auf dem hohen Barhocker saß und er daher nicht viel zu gucken hatte; aber immer noch genug. Darüber trug er ein graues, ärmelloses Hemd, dessen Knopfleiste sich schräg über seinen Oberkörper zog. Die Farbe musste grandios zu seinen rauchgrauen Augen passen und sie so stark betonen, dass es seinem Gegenüber kaum mehr möglich sein durfte, den Blick von ihnen zu nehmen.

Auch hatte er irgendetwas mit seinen Haaren gemacht. Go kam nicht darauf, was, aber sie erweckten den Eindruck, als wollten sie es geradezu herausfordern, dass jemand mit den Fingern durch sie hindurch strich.

Oder bildete er sich das nur ein, weil es in seinen eigenen Fingern wie verrückt juckte?

In Takis schlanken Fingern lag jedenfalls eine gerade erst angezündete Zigarette und immer, wenn er sie auf diese suggestiv laszive Art zum Mund führte, verspürte Go in sich den starken Wunsch, die Zigarette zu sein.

Und er kochte vor Wut, wenn er sich vorstellte, dass Kuzowan möglicherweise die gleichen Gedanken durch den Kopf gehen mochten.
 

Vor ihm auf dem Tresen stand ein halb gefülltes Rotweinglas, dessen Gegenstück vor Kuzowans Nase seinen Platz hatte. In einem Weindekanter rechts von Kuzowan befand sich der restliche Wein aus der Flasche und da es noch sehr viel war, vermutete Go, dass die zwei wohl erst kürzlich ihr Gespräch begonnen hatten.
 

Plötzlich wurde Go die Eingangstür in den Rücken gerammt und unsanft wurde er aus seinen Tagträumereien gerissen.
 

"Hey, Sie! Können Sie nicht aufpassen?", mokierte sich eine dickere Frau im - sicherlich echten - Pelzmantel und schob sich mit missbilligender Miene an Go vorbei. Ihr folgte ein ebenso dickerer Mann mit Schnauzbart, der Go hastig eine Entschuldigung für seine Frau zumurmelte und ihr dann in das Restaurant hinein folgte.
 

Go verzog unwillig den Mund und rieb sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht den pochenden Rücken, während er seine Augen wieder auf Taki und Kuzowan richtete, die von dem kleinen Zwischenfall offensichtlich nichts mitbekommen hatten.
 

Na, das muss ja ein anregendes Gespräch sein...
 

Unauffällig schlich sich Go an einen Tisch, von dem aus er die beiden wunderbar im Blick hatte, er selbst aber nur schlecht gesehen werden konnte. Es wäre Kuzowan sicherlich merkwürdig vorgekommen, wenn er Go schon wieder in einem seiner Lieblingsrestaurants über den Weg gelaufen wäre und er ihn zudem auch noch beobachtete. Irgendwann würde sich für Go schon eine Gelegenheit ergeben, die er nutzen konnte, um Taki allein zu erwischen. Er musste ihm diese Aktion unbedingt - unbedingt und jetzt erst recht - ausreden.

Verflucht, wie dieser Kerl ihn ansah! Go hätte schlecht werden können dabei. Der Ausdruck >Jemanden mit Blicken ausziehen< traf diese Gier in den grün-blauen Katzenaugen nur unzureichend. Aus nahezu jeder Faser von Kuzowans Körper schien das Verlangen nach Takis Körper zu schreien, einzig und allein danach, denn mehr konnte dieser Mistkerl in den paar Minuten wohl kaum für Taki empfinden.
 

Go merkte, wie er das Tischtuch brutal massakrierte, und zwang sich dazu, sich zumindest ein wenig zu entspannen, als ein Kellner an seinen Tisch trat.
 

"Guten Abend, Sir", grüßte er steif und förmlich und ohne jegliche Emotion dahinter, während er Go die Speisekarte reichte, die zwei Seiten umfasste. Na, wie war das? Qualität statt Quantität. "Darf es schon etwas zu trinken sein?"
 

"Eh..." Mit aller Macht überredete Go sich dazu, den Kellner anzusehen. "Ein Wasser. Ein kleines. Und ich möchte nichts essen, danke." Er reichte dem Kellner die Karte zurück. Wenn er allein schon an die horrenden Preise hier dachte, wollte er sich gar nicht erst ausmalen, wie viel hier wohl für einen einfachen Blattsalat ohne Brot, Dressing oder sonst was verlangt wurde.
 

"Ein Wasser, Sir?" Skeptisch und mit nicht zu übersehender Verachtung hob der Kellner eine schmale Augenbraue an. Sein Blick glitt taxierend über Gos etwas zerschlissenes Äußeres hinweg.

Zum Teufel! Wer sein Restaurant einem dreckigen Keller nachempfand, sollte nicht so verflucht wählerisch sein, was seine Gäste anbelangte!
 

"Ja, zum Henker", entgegnete Go gereizt. "Oder kann ich hier erst etwas ab einer bestimmten Preishöhe bestellen?"
 

Der Kellner zog ein Gesicht, als wüsste er ganz genau, dass von diesem Gast kein Trinkgeld zu erwarten war, dass von ihm eigentlich gar nichts zu erwarten war, außer dass er allein einen Tisch für insgesamt fünf Leute für wer weiß wie lange einzunehmen gedachte.

"Ein kleines Wasser, kommt sofort, Sir."

Als hätte er einen Besen verschluckt, stolzierte der Mann zur Theke zurück und schüttelte den ganzen Weg über verärgert den Kopf.
 

"Danke", murmelte Go ihm hinterher und starrte wieder zu Taki und Kuzowan hinüber.
 

Unglücklicherweise hatte er sich so hingesetzt, dass Taki ihm den Rücken zugewandt hatte und er die ganze Zeit Kuzowans gierigen Blick sehen konnte. Er konnte ihr Gespräch nicht hören und er konnte auch Takis Gesicht nicht sehen, aber er sah deutlich, dass Kuzowan häufig lächelte oder sogar lachte. Seit wann war Taki ein so hervorragender Gesellschafter, verdammt? Warum konnte er mit diesem Kuzowan umgehen wie mit einem langjährigen Freund, während er, Go, ständig nur bissige Beleidigungen an den Kopf geworfen bekam?
 

Vollkommen irrsinnigerweise nistete sich ein nagendes Gefühl der Eifersucht in Go ein.

Mit schmalen Augen beobachtete er, wie sich die Knie der beiden immer wieder wie zufällig berührten, da sie sich so dicht gegenübersaßen und sich richtig gedreht hatten - oder falsch. Je nach dem. Hätte er das bei Taki gemacht, hätte er schon seit zehn Minuten eine Faust im Magen gehabt!
 

Der Kellner brachte sein Wasser - eine o,33-Flasche, die ihn vermutlich das gesamte Geld in seinem Portemonnaie kosten würde - und ein Glas dazu, was er beides etwas unsanft auf den Tisch knallte. Anschließend rauschte er wieder von dannen.

Go griff sofort nach dem Glas und klammerte sich daran fest, ohne etwas davon zu trinken. Das war vermutlich sowieso besser, denn wenn er die Flasche geleert hätte, hätte er sicherlich eine neue bestellen müssen, um hier weiterhin sitzen bleiben zu dürfen. Eine Ahnung sagte ihm, dass er sich das fast nicht mehr würde leisten können.
 

In der nächsten Stunde verfolgte er mit wachsender Wut, Eifersucht, Verzweiflung und Fassungslosigkeit wie sich das Gespräch entwickelte. Die beiden schienen die ganze Zeit miteinander zu sprechen, schienen währenddessen noch enger zusammenzurücken und Kuzowan hatte es tatsächlich ein paar Mal gewagt, Taki zu berühren. Zufällig, freundschaftlich, kameradschaftlich, wie es im Gespräch manchmal vorkam.

Eine kurze Berührung am Arm, an der Schulter, eine längere am Oberschenkel.
 

Go hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass er sie knirschen hörte. Um nicht zu schreien oder sonst etwas Unüberlegtes zu tun, kippte er das ganze Wasserglas in einem Zug herunter und füllte es dann gleich wieder, womit die kleine Flasche auch schon leer war.

Gott, und Taki sagte nichts dazu. Wehrte sich nicht. Protestierte nicht. Oder schlug die verdammten Griffelfinger weg!

Außerdem registrierte Go mit steigender Nervosität, wie Kuzowan Taki wesentlich häufiger und mehr Wein nachschenkte als sich selbst.

Der Arsch wollte ihn betrunken machen! Er wollte ihn betrunken machen, damit er mit ihm anstellen konnte, was er wollte, ohne dass Taki etwas dagegen tun konnte, verdammt!
 

Merkt er das denn nicht? Warum zur Hölle merkt er das denn nicht?!

So wie Taki die Weingläser hinunterstürzte, war er entweder äußerst zufrieden, etwas ausgegeben zu bekommen, oder aber er war so nervös, dass er sich so Beruhigung verschaffen wollte.

Verfluchte Scheiße, Mann, damit schaufelst du dir nur dein Grab!
 

Händeringend harrte Go unruhig aus, bis sich ein Moment ergab, in dem er zu Taki gehen und ihm diesen Schwachsinn ausreden konnte, und endlich - endlich! -, als Go schon fast alle Hoffnungen über Bord geworfen und darüber nachgegrübelt hatte, einfach zu den beiden hinüber zu gehen und Taki von dort wegzuzerren, erhob sich Taki und ging in Richtung der Toiletten davon.

Go musste dabei unweigerlich hart schlucken. War Taki schon immer so gegangen, dass man sich am liebsten sofort auf ihn stürzen wollte?
 

Und dieser Arsch glotzt ihm auf den Hintern, als gäbe es kein Morgen mehr! Wenn ich dich in die Finger kriege, du Wichser, wirst du bald gar nichts mehr anstarren können!
 

Als Taki endlich hinter der Tür zu den Männertoiletten verschwunden war und Kuzowan sein Augenmerk gezwungenermaßen woanders hinwenden musste, sprang Go von seinem Tisch auf und flog förmlich Taki hinterher. Ohne Rücksicht auf Verluste riss er die Tür auf und fand Taki, die Hände auf dem Waschbeckenrand abgestützt und den Kopf zwischen den Schultern hängen lassend, vor den Spiegeln vor.

Er blickte nicht auf, als Go die Tür hinter sich wieder schloss und sich mit dem Rücken dagegen lehnte, als wollte er weitere Gäste davon abhalten, das Klo aufzusuchen. In Wahrheit musste er irgendwo Halt finden.
 

"Was zur Hölle machst du hier?", fragte er so langsam und eindringlich, als hätte er es mit einem begriffsstutzigen Erstklässler zu tun.
 

Takis Kopf fuhr hoch und aus beinahe entsetzt geweiteten Augen starrte er Go an. "Go! Was... was tust du hier? Wie lange... bist du schon hier?"
 

"Lang genug! Verdammt, Taki!"

Go wusste nicht, ob er die Kraft dazu hatte, aber dann stieß er sich von der Tür ab und trat ein paar Schritte auf Taki zu, der offenbar so geschockt war, ihn hier zu sehen, dass er sich gar nicht mehr regte. Unweigerlich fielen Go die erschöpften Anzeichen in Takis Gesicht auf und ein nicht zu deutender Schatten lag über den wundervollen Augen.

Für den Moment registrierte Go das jedoch nur, während sich die angestaute Wut und Verzweiflung in seinem Herzen plötzlich Bahn brach.

"Ich hab' dir doch gesagt, dass du dich nicht mit Kuzowan treffen sollst, warum zum Teufel hast du es doch getan? Und wie siehst du eigentlich aus? Und wieso bist du auf einmal so sexy? Und warum verdammt noch mal machen dir seine Berührungen nichts aus? Scheiße!" Go raufte sich die Haare. "Scheiße, Taki, ich hab' Angst um dich. Er macht dich betrunken, siehst du das nicht? Hast du gesehen, wie er dich anschaut? Wie er jeden Zentimeter von dir analysiert? Wie er... Gott!"
 

Er überbrückte den letzten Meter zu Taki und zog ihn in eine enge Umarmung, von der er nicht wusste, was er damit ausdrücken wollte. Er brauchte Halt. Er wollte Taki nie wieder loslassen, nicht da raus lassen.

"Bitte geh' da nicht wieder hin, Taki", murmelte Go leise und vergrub das Gesicht in Takis Halsbeuge, wo er den ihm eigenen Geruch tief in sich aufnahm. "Bitte nicht."
 

Für ein paar Sekunden geschah gar nichts. Taki erwiderte auch nicht seine Umarmung, sondern schien einfach nur total perplex und überrumpelt.

Dann sagte er ebenso leise, aber weitaus tonloser: "Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Heute. Gleich. Jetzt."
 

Go erstarrte, als ihm ein glühend heißer Spieß mitten ins Herz gestoßen wurde. Dann riss er sich von Taki los, hielt ihn aber immer noch an den Schultern fest. "Was? Nein. Nein! Dir ist ja wohl klar, warum er das will. Du wirst nicht mit ihm gehen. Verstanden? Taki?" Er merkte gar nicht, dass er Taki an den Schultern etwas zu heftig schüttelte. "Verstanden, Taki?"
 

Mit einem etwas verärgerten Gesichtsausdruck befreite sich Taki aus Gos Griff. "Verdammt, Go, hör auf damit. Mir wird ganz schlecht davon."
 

"Ja! Ja!", rief Go heftig nickend aus. "Weil du schon total betrunken bist!"
 

"Unsinn!" Nun wirklich wütend blitzte Taki ihn aus harten Augen an. "Ich mache hier gerade unseren Job."
 

"Falsch", zischte Go. "Du rennst mit offenen Augen in eine offensichtliche Falle. Ich bitte dich, Taki! Geh nicht mit ihm."
 

Einen Augenblick lang schaute ihm Taki fast etwas gequält in die Augen und Go wagte schon zu hoffen, dass er es sich anders überlegte, aber Taki sagte nur: "Mir passiert schon nichts, Go. Bisher hat auch alles wunderbar geklappt. Ich weiß, was ich tue."
 

"Das weißt du eben nicht!", fuhr Go aufgebracht fort. "Verdammte Scheiße, wenn er wirklich diese Macht mit einem einzigen Blick hätte, hätte er dich in der Stunde, die ich euch gesehen habe, schon hundertmal ausgezogen und mindestens doppelt so oft genommen! Er giert geradezu nach dir!" Er wollte wieder nach ihm greifen, aber dieses Mal entzog sich Taki ihm mit grimmigem Gesichtsausdruck.
 

"Zum Teufel, könntest du mal aufhören, dich wie ein eifersüchtiger Arsch zu benehmen, und das große Ganze wieder ins Auge fassen? Wäre er auf dich angesprungen, hätte ich mich auch nicht so verrückt verhalten wie du in diesem Moment. Von mir aus kannst du uns ja über die Kameras beobachten, wenn du dich dadurch beruhigter fühlst, und meinetwegen kannst du auch eingreifen, wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass er kurz davor ist, mich... mit mir..." Taki machte ein paar Gesten und brach dann einfach ab. "Aber ich schwöre dir, solltest du vorher das Haus stürmen, weil er mich angesehen hat oder sonst was, dann werde ich eigenhändig auf dich losgehen, als wärest du ein wildfremder Einbrecher!"
 

Go rang um Ruhe und versuchte zu ignorieren, dass Taki völlig logisch klang.

"Du weißt ganz genau, dass es im Bad und im Schlafzimmer keine Kameras gibt!"
 

"Dann wirst du wohl draußen bleiben müssen."
 

"Herrgott noch mal!" Wie konnte er darüber nur so gelassen bleiben und ihn so kalt anfunkeln? Wann hatte er was verpasst?
 

"Überleg doch mal", versuchte Taki es in einem beschwichtigenden Tonfall. "Wenn der Tag vorbei ist, weiß ich vielleicht, wo er die Drogen hat."
 

"Ja", grollte Go. "Oder aber du weißt es nicht und bist stattdessen mehrfach vergewaltigt worden. Hey, das Risiko lohnt sich echt!"
 

Mit einem Augenrollen wandte sich Taki ab und drehte den Wasserhahn auf. "Mit dir kann man sich darüber echt nicht unterhalten."
 

"So, meinst du?" Abermals packte Go Taki am Arm und drehte ihn wieder zu sich herum. "Ich mach' mir verfluchte Sorgen um dich, und es macht mich schier wahnsinnig, wenn ich mir vorstelle, dass du mit diesem Scheißkerl allein in seiner riesigen Villa in dieser Badewanne planschst und er plötzlich dichter an dich heranrückt, einen Arm um dich legt, mit dem zweiten unter Wasser nach deinem Oberschenkel sucht und seine Hand langsam höher gleiten lässt, während er dir seine dreckige Zunge in den Rachen schiebt. Denn genauso würde ich es machen, wenn ich im Besitz eines solchen Badezimmers wäre, verdammt noch mal!"
 

Taki starrte ihn an, ohne etwas zu sagen oder eine Miene zu verziehen. Dann drehte er sich nach einiger Zeit wieder zum laufenden Wasserhahn um, hielt die Hände in einer Schale darunter und trank ein paar große Züge Wasser, ehe er den Hahn wieder zudrehte und sich wieder Go zuwandte.

"Okay", sagte er. "Dann weiß ich ja jetzt, wie er wahrscheinlich vorgehen wird, und bin vorbereitet."
 

Go wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen. Es konnte auch nicht schlimmer sein, gegen eine massive Betonwand anzureden.
 

"Ich werde gehen, Go, und du kannst mich nicht davon abhalten. Ich verspreche dir, dass nichts passieren wird, okay? Es ist ein Job, nichts weiter."
 

Auf einmal, von einem Moment auf den anderen resignierte Go. Er wusste nicht, warum, und ein Teil von ihm war damit auch absolut nicht einverstanden, aber dieser Blick in Takis Augen verriet ihm, dass aller Protest nicht helfen würde. Und seine Energie reichte nicht mehr, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Mit einem Mal wurde er sich der schrecklichen Tatsache bewusst, dass er tatsächlich eifersüchtig war. Eifersüchtig darauf, dass Taki Kuzowan aus irgendeinem Grund - gut, dem ihres Jobs - so behandelte, wie Go es sich schon so lange über wünschte. Eifersüchtig darauf, dass Taki möglicherweise mit Kuzowan schlafen wollte. Das machte ihn rasend und verzweifelt zugleich.
 

Sanft hob Go eine Hand an Takis linke Wange und war überrascht, dass dieser schon wieder nicht zurückwich. Zärtlich strich er mit dem Daumen über die leicht vom Wein erhitzte Haut und hatte unsinnigerweise Mühe, die Tränen zurückzudrängen, die sich in ihm hoch drückten.

"Ich hab' solche Angst um dich", flüsterte er heiser und ließ Taki dabei keine Sekunde aus den Augen.
 

Langsam legte Taki eine Hand über Gos und hielt sie fest. Zögernd drehte er etwas den Kopf und drückte einen warmen Kuss in die Handfläche.

"Ich weiß."

Dann ließ er Gos Hand los und wandte sich zum Gehen. Kuzowan fragte sich sicherlich schon, wo sein heutiger One-Night-Stand blieb und es wäre unpraktisch, wenn er nachsehen käme und Go hier entdeckte.
 

"Pass auf dich auf", murmelte Go rau und war erschrocken darüber, wie trocken seine Kehle auf einmal war.

Wenn Taki die Worte gehört hatte, zeigte er es nicht damit, indem er stehen blieb, sondern verließ ohne zu zögern das Bad.
 

Go schluckte hart und blinzelte in einem Anflug von Ärger ein paar Tränen aus seinen Augen. Gott, er konnte das Gefühl in seinem Inneren nicht beschreiben, aber er wollte nicht, dass es blieb. Er fühlte sich so schrecklich wie schon lange nicht mehr.
 

Unvermittelt ging auf einmal eine Spülung in einer der Toilettenkabinen und kurz darauf wurde die Tür aufgeschlossen. Ein schlaksiger Mann mit Brille und Anzug trat etwas verlegen ans Waschbecken heran und räusperte sich betreten, als er Gos starrenden Blick bemerkte.
 

"Entschuldigen Sie, ich dachte, ich warte lieber bis zum Schluss, als dass ich die Szene unterbreche. Ich... habe auch nicht... viel mitbekommen."
 

Go hatte noch nie jemanden so schlecht lügen sehen.

"Es hätte nichts geändert", sagte er dumpf.

________
 

(c) Ashling
 

Okay, der Schluss klingt irgendwie blöd mit diesem Mann da, aber sonst hätte es so abrupt geendet. Hoffe, ihr verzeiht mir das und lasst trotzdem ein, zwei Kommentare für mich da - gerne auch mit begründeter Kritik^^
 

lg

act four

Titel: Games

Teil: 4/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Du meine Güte, vielen, vielen Dank für ihre ausnahmslos super lieben Kommentare *großeAugenmacht* Da fühle ich mich ja richtig schlecht, dass ich dieses Mal so lange gebraucht habe XD" Dafür ist der Teil dieses Mal etwas länger... und verläuft komisch *möp* Naaa, lest selbst^^
 

act four
 

"Da wären wir."
 

Kuzowan warf Taki ein fröhliches Lächeln zu und schlug die Tür des Taxis zu, aus dem sie gerade ausgestiegen waren. Ohne weitere Verzögerungen fuhr es davon, obgleich Taki sich gut vorstellen konnte, dass der Fahrer die immer kleiner werdende Villa in Rück- und Seitenspiegeln anstarren würde, bis sie nicht mehr zu erkennen wäre. Schon als Kuzowan dem Fahrer die Adresse genannt hatte, wäre dem Mann fast alles aus dem Gesicht gefallen, aber als er das Anwesen dann tatsächlich sehen konnte, hatte Taki zeitweise befürchtet, der gute Mann würde sie in einen Straßengraben manövrieren. Unglücklicherweise war Kuzowans Anwesen schon von weitem, von sehr, sehr weitem zu sehen.
 

Locker legte Kuzowan eine Hand auf Takis Rücken und schob ihn langsam mit sich vorwärts. Taki ließ ihn gewähren. Kuzowan mochte zwar ein Drogendealer und hemmungsloser Aufreißer sein, er war niemand, der einen billig bedrängte - und das erstaunte Taki.

Im Taxi hatte er sittsam auf seiner Seite der Rückbank gesessen und auch jetzt kam Taki die Hand in seinem Rücken nicht unangenehm vor.

Sicher, im Giovanni's hatte er ihn schon das eine oder andere Mal berührt, das war ihm nicht entgangen, aber es war Taki zu keiner Zeit so vorgekommen, als hätte er keine Chance gegen diesen Mann, als würde er nicht von ihm ablassen, wenn er es wirklich verlangte.

Er hoffte, dieser Eindruck hatte ihn nicht getäuscht.
 

Aus den Augenwinkeln konnte Taki die Bodyguards oder Hauswächter ausmachen, die er in der Nacht zuvor bereits mit Go zusammen entdeckt hatte. Sie verzogen sich beim Anblick ihres Bosses jedoch in uneinsichtige Winkel des Hauses, als wollten sie ihrem Boss eine gewisse Menge an Privatsphäre zusprechen oder seine Gäste mit ihrer Anwesenheit nicht nervös machen.

Gut. Dann gab es wenigstens keine Zuschauer.

Außer Go.

Taki war sich sicher, dass Go sich, kaum zu Hause, sofort hinter den Laptop geklemmt hatte und die Augen nicht einen Lidschlag lang vom Bildschirm nahm. Vielleicht war er mitsamt dem Laptop auch ins Auto gesprungen und bereits auf dem Weg hierher, um im Notfall tatsächlich schnell eingreifen zu können.

Taki hoffte, dass es zu so einem Notfall nicht kommen würde, auch nicht zu einem scheinbaren, bei dem die Nerven einfach mit Go durchgegangen waren, weil Kuzowan ihm näher als zwanzig Zentimeter gekommen war.
 

"Möchtest du bei Wein bleiben oder lieber etwas anderes trinken?"
 

Sie standen in der Küche und Kuzowan hielt bereits zwei Weingläser in der Hand, ehe er das Wort an Taki richtete. Er selbst hatte sich auf einen der Küchenstühle niedergelassen, obwohl er lieber stehen geblieben wäre. Allerdings hätte er sich dann auf unangenehme Art und Weise an Kiichi Nanoya erinnert gefühlt.
 

"Wein ist okay."
 

Mit einem Lächeln wandte sich Kuzowan wieder ab und holte zusätzlich zu den Gläsern noch eine Flasche Rotwein aus dem gleichen Schrank; offenbar hortete er dort seinen Vorrat für >ganz besondere Gäste<, denn den Wein für Kiichi Nanoya hatte er auch dort aufbewahrt.

Flüchtig kam es Taki in den Sinn, ob die Flaschen deshalb gesondert gelagert wurden, weil irgendetwas mit ihnen nicht in Ordnung war - möglicherweise waren sie mit Drogen vermischt? Gos grausige Schwarzmalerei von irgendeinem Aphrodisiakum geisterte durch seinen Kopf und Taki verbot sich, weiterhin darüber nachzudenken. Das machte ihn nur nervös und Nervosität konnte er jetzt absolut nicht gebrauchen. Kiichi hatte sich auch ganz normal verhalten, als sie die Videobänder überprüft hatten.

Allerdings... vielleicht hatte Kiichi auch schon vorher wesentlich deutlicher gemacht, dass er mit Kuzowan ins Bett wollte? Taki hatte auf solche Andeutungen bisher verzichtet. Sicher hätte er sie machen und hinterher nicht einhalten können, aber er hatte ja nicht alles verlernt. Es ging auch so.
 

Kurz und unauffällig hob er den Blick zur Deckenbeleuchtung, von der er wusste, dass sie die Überwachungskameras verbargen. Kuzowan hatte sein Haus zwar verwanzt und verkabelt wie kein Zweiter, aber er hatte es wenigstens so unauffällig getan, dass es nicht sofort jedem auffiel. Nur im Flur und am Haus selbst waren sichtbare Kameras installiert, die wiederum von den nicht sichtbaren nur ablenken sollten.

Es beruhigte Taki ein wenig, zu wissen, dass Go vor dem Laptop saß und ihn beobachtete, in gewisser Weise auf ihn aufpasste. So wie immer.
 

Er vertrieb den etwas nachdenklichen Gesichtsausdruck von seinen Zügen und setzte ein charmantes Lächeln auf, als sich Kuzowan in sein Blickfeld schob, die beiden Gläser in der einen, die bereits entkorkte Flasche in der anderen Hand.

"Es gibt so viele gemütliche Räume in diesem Haus, sag bloß, du ziehst die Küche vor?"
 

"Oh, ich überlasse die Entscheidung ganz dir. Immerhin kenne ich dein Haus nicht, sondern bin dir nur nachgelaufen."
 

Kuzowan lachte leise und angenehm. "Ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass du eine Hausbesichtigung möchtest?" Unüberhörbarer Stolz schwang in seiner Stimme mit, als er fortfuhr: "Ich weiß, dass es sehr imposant aussieht."
 

Taki nickte bewundernd, obwohl er bereits vor Go erklärt hatte, dass ihm dieses Imposante ganz und gar nicht zusagte. Dieses Haus hatte mehr Räume, als man tagtäglich durchlaufen konnte. Was sollte er mit so einer Platzverschwendung anfangen?

Trotzdem log er: "Eine kleine Führung wäre wunderbar." Dabei konnte er vielleicht herausfinden, wo Kuzowan das Heroin lagerte.

Und alles war ungefährlicher, als zu zweit gemütlich auf einem Sofa dicht beieinander zu sitzen.
 

In jedem Raum, den sie durchquerten, gab Taki geheuchelte Bewunderungslaute von sich und konnte dabei geradezu hören, wie Kuzowans Brust vor lauter Stolz weiter anschwoll. Er stellte unregelmäßige, interessierte Fragen zu diesem oder jenen Möbelstück und betrachtete sich unter dem Deckmantel der Neugier und Begeisterung jeden Winkel jedes Zimmers analytisch genau. Ausnahmslos alle kannte er bereits von den Überwachungskameras und es wurde für ihn erst interessant, als Kuzowan allmählich die obere Etage ansteuerte. Er war noch immer fixiert darauf, dass das Heroin sich irgendwo im Bade- oder Schlafzimmer befinden musste, aber unglücklicherweise führte Kuzowan ihn erst durch alle anderen zwölf oder dreizehn Räume im ersten Stock und Taki wurde allmählich ungeduldig.
 

Endlich hielt Kuzowan vor dem riesigen Badezimmer an.

"Und das hier ist mein mit Abstand liebster Raum im ganzen Haus", zögerte er den Moment noch weiter hinaus, indessen seine Augen selbstgefällig glitzerten, als würde er sich in Gedanken schon ausmalen, wie Taki ihm beim Anblick der gigantischen Badewanne um den Hals fiel und darum bettelte, ein Bad nehmen zu dürfen.
 

Taki konnte nur mühsam ein Schnauben unterdrücken und betrat vor Kuzowan das Bad. Perfekt in seine Rolle zurückfallend, riss er hingerissen die Augen auf und rief aus: "Whoa! Das ist ja wirklich... wirklich... unbeschreiblich." Unbeschreiblich Wichtigtuerisch und großspurig.

Er verstand weder Go noch Kuzowan, weshalb sie so ein Aufhebens um dieses blöde Badezimmer machten, immerhin war es doch nur ein... Bad. Und es blieb auch eines, egal wie groß die verflixte Badewanne war. Himmel Herrgott.
 

Kuzowan schob sich neben ihn. "Ja, nicht wahr?", stimmte er ihm ohne zu zögern zu und schien geradezu begierig darauf zu warten, dass Taki ihm vorschlug, ein kleines Bad zu nehmen.

Nun, darauf konnte er lange warten. Er wollte zuerst dieses dusselige Heroin in die Finger bekommen.

"Und du glaubst nicht, wie es ist, in dieser Wanne dort zu sitzen." Kuzowan deutete auf die den Raum dominierende Badewanne in der Mitte und schob Taki langsam vorwärts, als wollte er ihn nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten in seine gewünschte Richtung schieben.
 

"Ich kann es mir kaum vorstellen."

Jetzt wird er gleich fragen, ich bin mir sicher.

Die Frage war nur, was er dann tun sollte. Unter normalen Umständen wäre gegen ein Bad nichts einzuwenden gewesen, aber Kuzowans Absicht dahinter war vollkommen klar und Taki durfte ihn nicht zu früh auf den Gedanken bringen, dass er möglicherweise gar nicht hier war, um mit ihm zu schlafen.
 

"Was meinst du, hast du nicht Lust, zusammen mit mir ein Bad zu nehmen? Hm?"

Der Arm mit der Flasche schob sich um Takis Taille und zog ihn dichter an Kuzowan heran, so dass es ihm gelang, einen sanften Kuss auf Takis Wange zu hauchen.
 

Taki schloss die Augen und versuchte, ruhig zu bleiben. Er hoffte, dass Go das auch gelang, denn im Badezimmer gab es keine Kameras, die ihm verraten hätten, was sich hier drinnen zutrug. Und Gos Phantasie war ja bereits vorher mit ihm durchgegangen.
 

"Taki?", murmelte Kuzowan und gab ihm noch einmal einen harmlosen Kuss auf die Wange.
 

Taki gab sich einen Ruck. Er durfte nicht zu lange zögern, sonst erweckte er womöglich noch Kuzowans Misstrauen. Außerdem hatte er doch auch schon früher zusammen mit anderen Männern gebadet, was... war also schon dabei?

"Das klingt wunderbar."

Leicht drehte er den Kopf, ließ es aber nicht so weit kommen, dass Kuzowan Gelegenheit hätte, seine Lippen einzufangen. Stattdessen drückte nun Taki ihm einen verheißungsvollen Kuss auf die Wange, ehe er sich seinem Arm entwand und auf die Badewanne zuging. Währenddessen war er schon dabei, die schräg gesetzte Knopfleiste seines grauen, ärmellosen Hemds aufzuknöpfen. Er war sich ziemlich sicher, dass Kuzowan ihm gerade lüstern auf den Hintern starrte. Irgendwie hatte er das im Gefühl. Oder waren es Erinnerungen?

Was auch immer...
 

In der Tat hatte Hikari Kuzowan gerade nichts Besseres zu tun, als Taki hungrig nachzusehen.

Er spielt mit mir, stellte er grinsend fest und darüber hinaus fiel ihm auf, dass ihm das ausnehmend gut gefiel.

Gestern Kiichi, heute Taki, dieses Prachtexemplar von Mann... Er konnte sich wirklich selbst beglückwünschen, dass ihm endlich einmal eine glorreiche Glückssträhne hold war. Da war er sogar bereit, ein bisschen Risiko zu übernehmen, indem er diese verdammten Heroinröhrchen bei sich lagerte und als Aushängeschild fungierte.
 

Voller Vorfreude beeilte er sich, Taki hinterher zu kommen, stellte hastig die Weinflasche und die Gläser am Wannenrand ab und drehte eine Reihe von Wasserhähnen auf.

Mit einem anzüglichen Blitzen in den Augen fragte er Taki zweideutig: "Magst du es gern heiß?"
 

Oh ja, unglaublich gern.

"Klar, solange ich mir nicht die Haut verbrühe."

Man konnte Kuzowan ansehen, dass er mit so einer Antwort nicht gerechnet hatte, aber trotz allem schien sie ihn zu amüsieren.
 

Taki öffnete den letzten Knopf am Hemd und streifte es langsam ab. Ihm entging nicht, dass Kuzowans Blick erst überrascht, dann rettungslos begeistert über seinen durchtrainierten Oberkörper glitt. Fast erwartete er, dass er sich gleich noch mit der Zunge über die Lippen lecken würde, aber das blieb glücklicherweise aus. Taki hätte nicht gewusst, ob er dabei in schallendes Gelächter oder in ein genervtes Augenrollen mit dazugehörigem spöttischem Schnauben ausgebrochen wäre.
 

Letztendlich blieb Kuzowans Blick an seinen ansehnlichen Bauchmuskeln haften.

"Nicht schlecht", sagte er aufrichtig und wandte seine Aufmerksamkeit mühsam wieder Takis Gesicht zu. "Du trainierst wohl?"
 

Taki machte eine vage Geste, die alles hätte bedeuten können, und nickte stattdessen Kuzowan zu, um ihn dazu aufzufordern, sich doch ebenfalls schon einmal etwas seiner Kleidung zu entledigen. Wenn er nicht als einziger in so einer Situation halb nackt war, fühlte er sich wesentlich besser. Das war früher auch schon so gewesen.

Trotzdem hatte er das Gefühl, noch ein wenig unruhiger zu werden, als er sah, wie Kuzowan tatsächlich mit einem lasziven Grinsen die Hemdknöpfe zu öffnen begann.
 

Oh man, reiß dich gefälligst zusammen, Taki!, schalt er sich selbst in Gedanken, als er drauf und dran war, das Gesicht abzuwenden. Nackte Männer hast du vorher in deinem Leben auch schon gesehen. Stell dir vor, sie haben die gleichen Körperteile wie du.
 

Ohne übermäßig übereilt auszusehen, schlenderte Taki zu den abgestellten Gläsern und der Flasche Rotwein hinüber. Ein Glas mehr oder weniger würde ihn jetzt auch nicht mehr aus den Schuhen hauen. Außerdem hatte er somit wenigstens etwas zu tun, während sie darauf warteten, dass sich das riesige Bassin endlich mit genügend Wasser füllte. Inzwischen verstand Taki, wieso Kuzowan gleich mehrere Wasserhähne aufgedreht hatte, sonst könnten sie vermutlich bis zum Ende des Jahres auf ihre kleine Plantschpartie warten.
 

Go würde sicherlich ganz grün vor Neid werden, wenn er ihm erzählte, dass er das Vergnügen hatte, in der Badewanne aus Gos Träumen gebadet zu haben... nachdem er sich darüber aufgeregt hatte, dass Taki zusammen mit Kuzowan und nicht mit ihm da drin gesessen hatte.
 

Mit einem leichten Kopfschütteln vertrieb er Go aus seinen Gedanken. Vielleicht war es besser, jetzt nicht über ihn nachzudenken, wenn er all seine Konzentration für diesen kleinen Badespaß hier brauchte. Er musste Kuzowan so lange wie möglich weismachen, dass er die feste Absicht hatte, mit ihm zu schlafen, ohne mit ihm zu schlafen.

Für sich selbst hatte er bereits ausgemacht, dass Küssen notgedrungen dazu gehören würde. Ebenso wie Berührungen - solange sie nicht an den falschen Stellen stattfanden.

Er würde das schon irgendwie hinbekommen, versicherte er sich abermals. Er bekam es immer irgendwie hin.
 

Hatte! Verdammt, hatte!
 

Die zwei gefüllten Gläser in der Hand drehte er sich wieder zu Kuzowan um, der mittlerweile nur noch in Unterhose - unglücklicherweise trug er keine Boxershorts - auf dem Badewannenrand saß und die langen Beine in die sich langsam füllende Wanne baumeln ließ. Die grün-blauen Augen hatten ihn offenbar keine Sekunde aus den Augen gelassen und der Ausdruck, der nun in ihnen lag, bewirkte, dass Takis Herz einen Satz bis hoch in seinen Hals machte.

So sah Go ihn manchmal auch an.

Nein. Nicht so aber ähnlich. Bei Go hatte er niemals das Gefühl, Freiwild bei einer reißerischen Jagd zu sein.
 

Taxierend ließ auch er nun seinen Blick über Kuzowan wandern, ohne dabei allzu interessiert auszusehen - das war er auch nicht. Aber er wollte es nicht einmal spielen, sonst käme Kuzowan womöglich noch auf dumme Gedanken. Bisher hatte noch niemand von ihnen explizit gesagt, dass er mit dem anderen einen netten, unkomplizierten One-Night-Stand verbringen wollte. Zur Not hoffte Taki, sich damit herauszureden, dass sie offenbar beide die Zeichen absolut missverstanden hatten, und er nun gehen würde.

Sollte das nicht helfen... nun, er hatte immer noch ein paar Muskeln einzusetzen und die Nadel in seiner Hosentasche hatte er auch nicht vergessen.
 

Allerdings beschlich ihn bei Kuzowans Betrachtung das unangenehme Gefühl, dass es ein harter Kampf werden würde, wenn es zu einem kommen sollte. Hikari Kuzowan war zwar nicht ganz so durchtrainiert wie Taki selbst es war, aber auch seine Muskelstränge zeichneten sich deutlich unter der Haut ab und die breiten Schultern hielten, was sie unter den Anzügen, die Kuzowan ständig trug, versprachen. Ein dünner Flaum dunklen Brusthaares zierte den gut ausgebildeten Brustkorb und Taki hätte fast die Augen verdreht.

Er hasste Brusthaar.

Bei der Gelegenheit fiel ihm ein, dass Go keines hatte.
 

Mit seinem geübten charmanten Lächeln ging er die letzten Schritte zu Kuzowan hinüber und reichte ihm das Glas. Dass sich dabei ihre Finger berührten, war mit Sicherheit kein Zufall.
 

Kuzowan klopfte neben sich auf den Badewannenrand. "Komm, setz dich."
 

Taki tat, wie ihm geheißen, beließ seine Hose aber an und krempelte sie ein Stückchen hoch, damit sie nicht nass wurde, was Kuzowan zweifellos ein weiteres Mal enttäuschte.
 

Er zeigte es jedoch nicht und lächelte nur belustigt. "Wie hoch kannst du die denn schieben, wenn ich fragen darf? Die sitzt nicht gerade weit."
 

Hoch genug.

"Ich friere schnell", log Taki, ohne mit der Wimper zu zucken. Er missachtete dabei geflissentlich, dass von dem heißen Wasser bereits warmer Dampf aufstieg, der die Haut erwärmte und leicht feucht werden ließ. Bis der ganze Raum jedoch von dem Dampf erfüllt war, konnte es noch gut und gerne zwei Stunden dauern, also war seine Lüge gar nicht von so weit her gegriffen.
 

In seinen Augen allerdings noch immer weit genug.

"Ich friere schnell"? Ich verliere offensichtlich schneller meinen Verstand an den Alkohol, als gut für mich ist.

Entschlossen stellte er das Glas links neben sich.
 

Auch Kuzowan fand diese Bemerkung skeptisch, was er Taki mit einer hochgezogenen Augenbraue bewies.

"So? Soll ich die Heizung hochdrehen? Oder..." Er rutschte näher an Taki heran und legte eine warme Hand auf Takis Oberschenkel, der sich ganz sicher nicht kalt oder auch nur kühl anfühlte. Innerlich verfluchte Taki sich für seine Worte. Das war doch der Aufhänger für Kuzowan gewesen!

"Oder soll ich dich vielleicht etwas wärmen? Glaub mir, ich bin gut in so was."

Für keine Sekunde ließ er Taki aus den Augen, als er seine Hand langsam höher schob und dabei auch immer weiter zur Innenseite hinwanderte.
 

Taki konnte nur mühsam dem Drang widerstehen, seine Hand sofort beiseite zu schlagen. Er zwang sich regelrecht dazu, abzuwarten, wie weit Kuzowan gehen würde, verfolgte die Hand mit Blicken und war heilfroh, dass es hier drinnen keine Kameras gab.

Offenbar fühlte Kuzowan sich allerdings dadurch ermutigt, dass Taki ihm keine Gegenwehr leistete, und dachte gar nicht daran, sein Tun zu stoppen.
 

Unvermittelt stand Taki auf und Kuzowan folgte der Bewegung mit einem verblüfften wie verärgerten Blick.

Zum Teufel, was sollte das jetzt werden? Er hatte doch nicht Unmengen von Geld für diesen schweineteuren Wein im Giovanni's und einen ganzen Abend für ein bisschen Getatsche und Geknutsche verschwendet! Wenn sein Begleiter das wirklich glauben sollte, dann...

Die verfinsterten Züge glätteten sich zu Takis Glück bald wieder, weil Kuzowan Takis Rückzug darauf schob, dass der blonde Schönling offensichtlich immer noch mit ihm spielen wollte.

Nun gut, das war mal etwas anderes. Kiichi gestern war relativ schnell zur Sache gekommen und hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er von ihm gevögelt werden wollte, aber, verdammt, das war ja auch sein Job als Callboy.

Zugegeben, hin und wieder brauchte er so etwas Unkompliziertes einfach, kein großes Gerede, keine geistreiche Verführung, aber an anderen Tagen war ein bisschen Aufwand vielleicht gar nicht verkehrt.

Und Taki sah definitiv so aus, als würde sich der Aufwand lohnen.

Besonders, als er anfing, seine Hose über die Beine zu schieben.
 

Darunter trug er eine schlichte schwarze Unterhose, die sofort sein Verlangen nach Taki weiter ansteigen ließ. Sie verriet nichts, ließ nur erahnen und stachelte dennoch im höchsten Maße seine Phantasie an, die fast mit ihm durchzugehen drohte.

Kiichi gestern hatte nichts unter der Jeans getragen. Auch nett. Aber bei weitem nicht so erotisch wie dieses sexy Ding an Taki.
 

"Der Saum wurde nass", erklärte Taki seinen plötzlichen Meinungswechsel mit einem um Entschuldigung heischenden Lächeln und schob die Hose mit dem Fuß etwas vom Beckenrand weg. Nicht zu weit, damit er sie im Notfall noch schnell erreichen konnte.

Dann setzte er sich nicht erneut der Gefahr aus, sich neben Kuzowan niederzulassen, sondern stieg ohne zu zögern mit Unterhose in die riesige, runde Badewanne hinein, die allmählich bis zur Hälfte gefüllt war. Mit einem zufriedenen Lächeln, weil er der etwas brenzligen Situation entkommen war, ließ er sich auf den einmal rundherum laufenden Wandvorsprung nieder, der als eine Art Bank diente.
 

"Oh? Ich wusste gar nicht, dass du so schüchtern bist", bemerkte Kuzowan nun doch, zweifellos auf die Unterhose anspielend, die Taki nicht ausgezogen hatte.

Da ihm keine gescheite Erwiderung einfiel, nickte er einfach und zuckte gleichzeitig entschuldigend die Schultern hoch.

"Nun, aber es wird dir doch hoffentlich nichts ausmachen, wenn ich...?"
 

Selbst wenn es Taki etwas ausgemacht hätte - und ja, das tat es! -, hätte er nicht schnell genug antworten können, um zu verhindern, dass Kuzowan sich seiner Unterhose entledigte.

Und er wünschte sich, er hätte sie wieder angezogen, als kurze, vage Erinnerungen durch sein Gedächtnis zuckten wie der Kopf einer Schlange, kurz bevor sie ihrem Opfer den tödlichen Biss gab.
 

Kuzowan war bereits ziemlich erregt und als wenn er wollte, dass Taki das ganz genau mitbekam, blieb er einige Sekunden länger, als nötig gewesen wäre, am Wannenrand stehen, ehe er ebenfalls ins Wasser stieg.

Taki konnte allerdings nicht sagen, ob sich dadurch seine Situation nennenswert verbessert hatte. Egal, wohin er mit seinen Beinen rutschte, Kuzowan schien sie ständig mit seinen Füßen zu erreichen. Verdammte Scheiße, wo war denn auf einmal die gigantische Größe dieser Wanne hin?!
 

Die Arme zu beiden Seiten auf den Rand ausgestreckt, legte Kuzowan den Kopf in den Nacken und stieß ein wohliges Seufzen aus. "Ah, herrlich, findest du nicht? Da fällt doch der ganze Stress des Tages von einem ab."
 

Na ja, eigentlich...
 

Kuzowans Kopf kippte nach vorne. "Oh, das hätte ich ja fast vergessen." Ohne Vorwarnung stieg er aus dem Bad, so dass Taki nicht rechtzeitig den Blick abwenden konnte.

Um Himmels willen, wenn im Wein auch keine aufputschenden Drogen drin sein mochten, irgendetwas war garantiert im Wasser, dass Kuzowan ganz schön einheizte.

Und Taki wusste leider auch was.

Er.
 

Vorsichtig über die glatten Fliesen laufend, kam Kuzowan bei den Waschbecken an und zog zielsicher eine Schublade auf.

Taki brauchte sich gar nicht umzudrehen, um zu wissen, um welche Schublade es sich dabei handelte. Glücklicherweise, konnte er abermals nur wiederholen, gab es keine Kameras in diesem Raum. Spätestens jetzt wäre Go drauf und dran das Haus zu stürmen.

Kurz schloss Taki die Augen, als er die Schublade wieder zugehen hörte. Langsam musste er sich irgendetwas einfallen lassen, um aus Kuzowan herauszubekommen, wo das Heroin ist, wenn er nicht bis zum Äußersten gehen wollte.

Und das wollte er ganz bestimmt nicht.

Nicht nur um seinetwillen, sondern verrückterweise auch um Kuzowans willen.
 

Er hörte, wie Kuzowan wieder zu ihm in die Wanne stieg, öffnete die Augen und erschrak etwas. Der Mann saß jetzt nicht mehr im angemessenen Abstand zu ihm, sondern erschreckend dicht neben ihm.
 

"Da bin ich wieder", grinste Kuzowan gut gelaunt.
 

Taki konnte das Kondom nirgendwo entdecken und vermutete, dass er es erst noch am Badewannenrad abgelegt hatte. Diese Rücksichtnahme war ja wirklich erstaunlich.

"Schön", rang sich Taki ein Lächeln ab und zog im nächsten Moment etwas den Kopf zurück, als Kuzowan ihm mit seinem Gesicht näher kam.
 

"Sag mal, Taki, weswegen bist du hier?"
 

Er zögerte einen Moment, bevor er antwortete. Fragte er das jetzt, weil er endlich zur Sache kommen wollte oder weil er ihm auf die Schliche gekommen war.

"Na ja...", druckste er herum und suchte verzweifelt nach irgendeiner Ablenkung. "Du... bist nett, hast mir den Wein ausgegeben, mich zu dir eingeladen und ich dachte - oh!" Endlich die ersehnte Ablenkung. "Du solltest die Wasserhähne ausdrehen, wenn du dein Bad nicht fluten willst."
 

Einen Moment lang sah Kuzowan Taki sichtlich verwirrt an, dann schien ihm jedoch aufzugehen, was Taki meinte, drehte den Kopf und stieß einen leisen Fluch aus. Hastig rutschte er von Taki fort und drehte die Hähne zu. Vielmehr hätte auch nicht in die Wanne gepasst.

Taki erwartete, dass jeden Moment der integrierte Whirlpool ansprang, aber offensichtlich musste dafür ein Extraknopf betätigt werden. Unglücklicherweise konnte er nun, wo das Wasser relativ ruhig lag, viel zu viel von Kuzowans Erektion sehen und er bemühte sich, überallhin zu schauen nur nicht dahin.
 

Kuzowan rutschte wieder zu ihm rüber und sein linkes Bein berührte Takis. Auf einmal kam ihm der Gedanke, dass diese ganze Aktion vielleicht doch nicht so klug und schlau gewesen war, wie er es gerne gehabt hätte. Wo zum Teufel hatte Kuzowan die Drogen? Warum bot er sie ihm nicht an oder nahm selbst etwas davon, damit Taki zumindest eine Ahnung davon bekam, wo er sie versteckt hielt, verdammt!?
 

Stattdessen hob er eine nasse Hand an Takis Kinn und drehte sein Gesicht sanft, aber bestimmt in seine Richtung.

"Wo waren wir stehen geblieben?", flüsterte er rau und legte beinahe zärtlich seine Lippen auf Takis, der innerlich mit sich rang, ob er ihn gewähren lassen sollte, oder nicht.
 

Andererseits hatte er die Drogen noch nicht. Er konnte ihn nicht wegstoßen, ohne ihn misstrauisch zu machen.

Argh, verdammt, es war nur ein Kuss. Er hatte vorher mit sich ausgemacht, dass Küsse okay waren... selbst wenn es keine von Go waren, der ohnehin viel besser küssen konnte als Kuzowan.
 

Oh Gott! Dachte er jetzt wirklich an Go, während er sich von einem fast fremden, dafür aber fürchterlich nackten Mann mit Brusthaar küssen ließ?
 

Irgendwas war in dem Wein...
 

Als Kuzowan von ihm abließ, lächelte er zufrieden. Gut, beruhigte sich Taki und bemühte sich ebenfalls um ein Lächeln, dann hatte er wenigstens nicht ganz falsch gehandelt, wunderbar. Nur wie brachte er jetzt die Sprache auf die Drogen? Wie brachte er überhaupt irgendetwas zur Sprache, ohne dass Kuzowan das gleich als Zeichen auslegte, mit ihm schlafen zu wollen?
 

Unbehaglich beobachtete er, wie Kuzowan sich ihm schon wieder näherte, als er einfach das Erstbeste sagte, was ihm in den Kopf kam: "Äh, sag mal, wieso funktioniert denn der Whirlpool nicht? Ich... habe noch nie in einem Whirlpool gesessen." Taki deutete auf die Löcher in der Wannenwand und kam sich gleichzeitig so dermaßen bescheuert vor, dass er abermals glücklich war, Go nicht als Zuschauer zu haben.
 

Kuzowan folgte seinem Fingerzeig leicht verdrießlich und meinte dann schulterzuckend: "Funktioniert eben nicht. Normalerweise springt es automatisch an, nachdem die Wasserhähne abgestellt sind. Ich wollte schon länger deswegen jemanden kommen lassen, aber" - er wandte Taki wieder seine volle Aufmerksamkeit zu - "wieso interessiert dich das? Mir gehen gerade ganz andere Dinge durch den Kopf."
 

Das kann ich mir vorstellen.

Vor allen Dingen konnte er sich auch vorstellen, dass Kuzowan spätestens innerhalb der nächsten zehn Minuten Erleichterung verschafft haben wollte. Allerdings würde er die ganz bestimmt nicht von Taki bekommen, also fand er jetzt entweder ganz schnell das verfluchte Heroin oder machte ganz schnell den Abgang.
 

Kuzowan legte eine Hand auf Takis Oberarm, um sich seiner Aufmerksamkeit zu sichern, die er auch prompt bekam.

"Vielleicht zeige ich dir einfach mal, welche Dinge das sind."
 

Im nächsten Moment schwang Kuzowan ein Bein über Takis und ließ sich auf seinem Schoß nieder. Taki erstarrte, als sich Kuzowans Erregung gegen seinen Unterbauch presste, und ihm wurde schlecht. Automatisch hob er die Arme und wollte Kuzowan von sich herunter schieben, der jedoch ziemlich sicher auf seinem Schoß saß und die Hände auf Takis Schultern gelegt hatte.

Verärgert meinte er: "Also, jetzt reicht mir dieses schüchterne Getue langsam."
 

Hart presste er seinen Mund auf Takis, der grimmig die Lippen zusammenkniff und immer noch versuchte, Kuzowan von sich herunter zu stoßen. Gos Version eines solchen Übergriffs wollte er auf keinen Fall zur Wirklichkeit werden lassen. Den richtigen Ansporn bekam er auch noch, als Kuzowan ihm wenig sanft in die Unterlippe biss.

Wütend stieß er Kuzowan mit einem starken Ruck von sich herunter, als er Blut schmeckte.
 

"Verdammt, bist du wahnsinnig?!" Taki betastete finster seine Unterlippe, die tatsächlich blutete, und stieg gleichzeitig aus der Badewanne heraus. "Ich glaube, ich gehe besser, bevor du mich noch mehr verletzt. Auf so was stehe ich nicht, Kumpel." Und mit diesen Worten hatte er sich schon seine Hose, die Schuhe mit Socken und das Hemd gegriffen, während Kuzowan noch mit fassungslos aufgerissenen Augen in seiner heißgeliebten Badewanne hockte und ihn anstarrte, als wären ihm just in diesem Moment drei weitere Köpfe an unmöglichen Stellen gewachsen.
 

"Bitte was?"
 

Taki sah gar nicht ein, warum er darauf weiter eingehen sollte, und stürmte zur Tür hinüber. Wenigstens hatte Go mit seinem Horrorszenario nicht richtig gelegen, aber das wäre sowieso nur in dem Falle eingetreten, wenn sich Taki rettungslos betrunken hätte. Natürlich konnte er sich gegen andere aufdringliche Männer wehren. Zumindest konnte er es jetzt.

Das Einzige, was ihn wirklich wurmte, war, dass er die verfluchten Drogen immer noch nicht bekommen hatte. Wie viel Zeit würde ihnen die Polizei wohl noch lassen, wenn sie weiterhin mit keinerlei Ergebnissen da standen? Verdammt!
 

"Hey!"
 

Taki drehte sich bei dem zornigen Ruf um und stellte grimmig fest, dass Kuzowan nackt aus der Wanne gestiegen war und ihm hinterherlief. Er selbst hatte es im Gehen gerade mal fertig gebracht, einen Arm durch sein Hemd zu ziehen. Aber er würde garantiert nicht hier bleiben und sich ganz gemütlich anziehen, selbst wenn er das, nass wie er war, draußen in der nächtlichen Kühle am Straßenrand würde tun müssen.

Gott sei Dank hatte er noch seine Unterhose an.

Im Gegensatz zu Kuzowan.
 

"Hey, bleib sofort stehen, Taki! Du kannst jetzt nicht gehen!"
 

"Oh, und wie ich das kann."
 

Er riss die Tür auf und stürmte aus dem Flur hinaus. Kuzowan hatte offensichtlich ernsthaft damit gerechnet, dass Taki auf ihn hören würde, denn auf diese Aktion hin folgte ihm ein weiterer, empörter Ruf und als Taki einen erneuten Blick zurückwarf, lief ihm Kuzowan doch tatsächlich nackt über den Flur hinterher.

Meine Güte, was wollte er denn damit bezwecken?
 

Taki sprintete mit großen Schritten die Stufen ins Erdgeschoss hinunter und entdeckte leicht geschockt einen der vier riesigen Wachmänner mit Pitbullvisage, die das Anwesen bewachten.

Scheiße, die hatte er bei seiner Flucht gar nicht eingeplant!

Egal. Auch die würden ihn nicht aufhalten, wie sollten sie auch? Sie konnten ja wohl keine Männer hier gefangen halten, die ausnahmsweise einmal nicht mit ihrem Boss schlafen wollten.
 

"Aus dem Weg!", bellte Taki den Riesen am unteren Treppenabsatz angekommen auch sogleich an und wand sich schon an ihm vorbei, als ihn ein stahlharter Griff um seinen Arm ruckartig zurückriss.
 

"Ja, sehr gut, Toshiro!", jubelte Kuzowan von ungefähr der Mitte der Treppe aus. "Halt ihn fest! Ich bin gleich da!" Offensichtlich machte es Hikari Kuzowan nicht das Geringste aus, dass einer seiner Hauswächter ihn in ganzer Pracht bewundern konnte. Allerdings schien das dem Bodyguard selbst auch nichts auszumachen, da dieses wie aus Stein gemeißelte Gesicht so ungerührt blieb, als hätte er solche Szenen schon hundertmal mitverfolgt und wäre dieser langsam überdrüssig.
 

Da Taki sich nicht losreißen konnte und der Schrank kaum so aussah, als würde ihm ein gezielter Schlag auf die Nase, der einen Bruch zur Folge hatte, etwas ausmachen, entschied sich Taki kurzerhand für ein anderes Angriffsmanöver.

Mit voller Wucht sprang er dem Bodyguard in die Kniekehlen, so dass er wie ein abgesägter Baum und mit einem leisen Schmerzenslaut auf den Lippen nach vorne wegkippte. Er lockerte seinen Griff dabei glücklicherweise etwas, so dass Taki sich nun losreißen konnte.

Hastig nahm er seine Flucht wieder auf, ehe die drei Kollegen des Wachtpostens auf einmal hereinstürzten und ihn einkesseln konnten. Er glaubte nicht wirklich, dass er gegen alle drei auf einmal eine Chance hätte.

Verdammt! Wie hatte er die Kerle auch nur vergessen können?! Das war dämlich, schlichtweg dämlich von ihm gewesen!
 

"Nein!", jaulte Kuzowan hinter ihm und beeilte sich offenbar noch mehr, schnellstmöglichst die Treppen herunterzukommen.
 

Irgendwo in einer hinteren Ecke seines Gehirns wünschte Taki sich, er würde fallen und sich das Genick brechen. Dann hätten sie zwar Probleme, das Heroin zu finden, aber zumindest er wäre ein Problem losgeworden.

Allerdings hatte dieser Wunsch das letzte Mal schon nicht viel gebracht.

Ruppig schüttelte Taki den Kopf. Gott, wie konnte er da ausgerechnet jetzt nur dran denken? Diese ganze Aktion war eine vollkommene Schnapsidee seinerseits gewesen, aber niemals im Leben hätte er damit gerechnet, dass er mit ihr so viele Erinnerungen wieder wachrufen würde. Er hatte es so lange erfolgreich geschafft, sie zu verdrängen, und dann kam ein scheinbar unlösbarer Fall und sein entsetzlicher Dickkopf dazu und dann das.

Verdammt!
 

Taki riss die Tür auf und rannte in einen weiteren Wachposten hinein.

Oder auch nicht.

Die Statur war zu schmal, der Geruch zu vertraut...
 

Ungläubig riss Taki die Augen auf. "Go?"
 

Bestürzt klammerten sich Gos warme Finger in seine nackten Oberarme, indessen die besorgten, dunklen Augen über ihn hinwegrasten, als suchten sie in Sekundenschnelle nach irgendwelchen tieferen Verletzungen.

Was sie auch taten.

Hätten sie welche gefunden, hätte Go sich augenblicklich auf den splitternackten Mann gestürzt, der jetzt das untere Ende der Treppe erreicht hatte, und hechelnd durch den Flur auf sie zugeprescht kam, und ihm den Hals umgedreht.
 

"Ja! Halt ihn fest, ich bin... Hey! Sie kenne ich doch!"

Vor lauter Verblüffung geriet Kuzowan etwas aus seinem Laufrhythmus heraus, ehe er anklagend mit einem Finger auf Go und dann auf Taki zeigte. "Rühren Sie sich nicht von der Stelle! Was für ein abgekartetes Spiel ist das hier überhaupt?!"
 

Go achtete überhaupt nicht auf ihn, sondern blickte Taki mit einer Mischung aus Wut, Hilflosigkeit, Besorgnis und Erleichterung an. "Ist alles in Ordnung mit dir? Hat er was -"
 

"Nein." Taki ließ ihn absichtlich nicht aussprechen. Wieso musste sich Go immer so ungünstige Orte und Zeitpunkte aussuchen, um alles durchzudiskutieren?
 

Allerdings hatte Go wohl auch nicht vielmehr hören wollen, obgleich er es mit Sicherheit anzweifelte, was Taki ihm da so entgegenschleuderte. Das verrieten ihm seine Augen.

Trotzdem bohrte er nicht weiter nach, sondern sagte nur: "Lass uns von hier verschwinden."
 

"Das hatte ich gerade vor." Und er konnte sich nicht verkneifen, hinzuzufügen: "Du hättest nicht kommen und mich retten müssen. Das hätte ich auch sehr gut alleine geschafft."
 

"Jetzt bin ich aber hier, oder?", knurrte Go gereizt, während sie über den Vorplatz des Hauses sprinteten.
 

Einen weiteren Wächter hatten sie bereits an ihren Fersen dran kleben und ein zweiter stürzte plötzlich aus einem Gebüsch links von ihnen in ihren Weg. Standen die Kerle mittels Ultraschall in Kontakt, oder was?

Go fackelte nicht lange und rammte dem Kerl seinen Fuß in die Magengegend, noch bevor dieser überhaupt festen Boden unter den Füßen erlangt hatte. Ja, sicher, er war für Fair Play, aber nicht, wenn es um Taki und sein Wohlbefinden ging. Ihm war fast das Herz stehen geblieben, als er auf dem Bildschirm des Laptops plötzlich die Badezimmertür hatte auffliegen sehen und Taki mit nichts an und nass aus dem Raum hinausgestürmt war, einen erschrockenen wie wild entschlossenen Ausdruck zugleich auf dem Gesicht. Als dann auch noch ein ebenso nackter und nasser Kuzowan hinter ihm herjagte, war Go bereits dabei gewesen, aus dem Wagen zu springen, mit dem er so nah es ihm erlaubt war an Hikari Kuzowans Anwesen geparkt hatte.

Erst als Taki ihm an der Haustür in die Arme gelaufen war, hatte er erkannt, dass Taki wenigstens noch seine Unterhose trug, aber er wusste nicht zu sagen, ob ihn das in irgendeiner Art und Weise mehr beruhigte. Was machte schließlich schon so ein bisschen Stoff aus?
 

Gott!

Niemals wieder würde er es Taki erlauben, so einen Unsinn durchzuführen! Das war glatter Wahnsinn!
 

"Wo zum Henker hast du geparkt, verdammt? Es ist eiskalt hier draußen", brachte Taki ein wenig atemlos und mit klappernden Zähnen hervor. Da er keine Zeit gehabt hatte, sich gebührend abzutrocknen, fror er noch erbärmlicher als ohnehin schon.
 

Go warf ihm einen flüchtigen Seitenblick zu, konnte aber allein dabei schon eine Gänsehaut ausmachen, die sich über Takis ganzen Körper zog. Außerdem blieben seine Augen abermals an der blutenden Unterlippe hängen. Das war ihm eben unter der Haustür schon aufgefallen, aber da war er zu erleichtert gewesen, Taki halbwegs gesund zu sehen, als dass er dem mehr Beachtung geschenkt hätte.

Dafür kam sie nun, auch wenn Go sich sagte, dass Fragen auf später verschoben werden mussten. Er konnte noch immer die schnellen Schritte des einen Wachposten hinter ihnen hören.

Aber... dieser Bastard hatte es gewagt, Taki zu verletzen!!

Er hätte ihn doch umbringen sollen!
 

"Dort vorn."
 

Go zog bereits den Schlüssel hervor und öffnete das Autoschloss per Knopfdruck. Keine Sekunde später erreichten sie das Auto, rissen die Türen auf und warfen sich hinein. Unglücklicherweise hatte Go den Laptop auf dem Beifahrersitz abgelegt, wo er nun unter Takis Gewicht keine gesunden Geräusche von sich gab.
 

"Verdammt!", fluchte er und versuchte, den Computer unter sich hervorzuziehen, als Go auf einmal Vollgas gab und Taki in den Sitz gepresst wurde. "Verdammt!", wiederholte er nur und schaute Go finster an, der sie eben davor bewahrt hatte, ins Visier der Pistole des Wachposten genommen zu werden. Sicherlich hätte er dann sofort ohne zu zögern abgedrückt.
 

"Ja, ja", winkte Go lässig ab, als eine Kugel dröhnend den Kofferraum traf und Taki zusammenzucken ließ. "Danken kannst du mir später."
 

--
 

(c) Ashling
 

Danke fürs Lesen^^
 

Kommentare und Kritik und alles sind immer gerne gesehen :)
 

P.S.: Kann überhaupt einer von den beiden Auto fahren? Haben die überhaupt ein Auto? XD"

act five

Titel: Games

Teil: 5/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar:

Hey^^

Halleluja, Leute, wann schreibt ihr denn eure Kommentare? o7:o4? o2:27? Bei ersterer bin ich gerade unterwegs zur Schule und bei letzterer im Bett XD" (außer es ist Wochenende, versteht sich *möp*)

Aber *grins* ich fühle mich total geehrt^^ Vielen, vielen Dank für eure lieben Reviews, ihr wisst gar nicht, wie ungemein aufbauend das ist :)
 

@Ebi: Ich rate bzw. lasse meiner Phantasie freien Lauf^^ Ich wünschte, ich könnte Japanisch, aber bei mir reicht es gerade mal dazu, dass ich die Anreden nicht durcheinander würfle. Wenn ich also was falsch mache, sagt's mir ruhig^^
 

@Elisya: Hey, stimmt. Da sitzt er in dem Auto *batsch* Ganz vergessen *drop* Danke dir^^
 

@Sanzo-girl: *lacht* Da musst du doch nicht für bedanken. Hin und wieder schreibe ich was zurück, wenn's was zu sagen gibt, aber wenn ich jedem antworten würde, würde sich das hier ja endlos hinziehen XD" (bitte also nicht sauer sein, wenn ich hier grade mal jemanden nicht anspreche .___.)

Öh... für Go ist das sicherlich ein Anreiz *grins* Allerdings... naah, es kommt ihnen wohl noch was dazwischen ;)
 

@_Luca_: Gedruckt? Du meine Güte... O__o
 


 

act five
 

Die restliche Fahrt nach Hause hatten sie nicht weiter miteinander gesprochen. Aus irgendeinem Grund schien keiner von beiden ausgerechnet das Auto für einen vernünftigen Ort zu halten, um dem jeweils anderen seine Meinung zu geigen. Außerdem war Go am Anfang ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, den Wagen so schnell wie möglich von Kuzowans Anwesen weg zu bringen. Auf dem Weg zum Café Roost, über dem sie ihre Wohnung hatten, war er dann einige Umwege gefahren und hatte einige rasante Überholmanöver unternommen oder scharfe Kurven genommen, damit er etwaige Verfolger abschüttelte.

Taki hatte ihm dabei mehr als einmal einen finsteren Blick zugeworfen, da es sich äußerst schwierig gestaltete, sich vernünftig anzuziehen, wenn man ständig im Sitz hin und her geschleudert wurde.
 

Irgendwie hatte er es während der Fahrt dann allerdings doch bewerkstelligt. Ihm waren dabei nicht die schnellen Seitenblicke seitens Go entgangen, die der ihm immer wieder zugeworfen hatte. Nicht etwa, um die Situation auszunutzen und ein paar Blicke auf Takis nackten Körper erhaschen zu können, sondern um gründlich zu überprüfen, ob er irgendwo noch weitere Verletzungen an Taki ausmachen konnte, obgleich ihm die blutende Lippe schon fast reichte.

Allerdings hatte Go auch dabei feststellen müssen, dass das Auto nicht der richtige Ort für so etwas war.
 

Kaum war die Wohnungstür hinter ihnen beiden ins Schloss gefallen, deutete Go herrisch auf das Sofa im Wohnzimmer hinüber und schnappte: "Setz dich da hin."
 

"Wozu?"
 

"Tu es einfach, okay?"
 

Kopfschüttelnd und die Hände in die Luft werfend, verschwand Go kurz auf einen Abstecher in die Küche. Taki konnte ihm vom Sofa aus, auf dem er sich nun doch niedergelassen hatte, fluchen und schimpfen hören. Die meiste Zeit über ging es dabei um seine eigene Dämlichkeit und wie er ihn, Taki, nur so einer Gefahr hatte aussetzen können.

Mit einem feuchten Tuch bewaffnet, kam er schließlich zurück ins Wohnzimmer, hatte seine Schimpftirade aber noch längst nicht beendet.
 

"Was fällt diesem Bastard eigentlich ein, so mit dir umzuspringen? Hat der noch alle Latten am Zaun? Mann, wenn ich den in die Finger kriege! Ich dachte, der wollte dich verführen und nicht als Prügelknaben benutzen!"
 

Er ließ sich neben Taki auf das Sofa plumpsen, das Gesicht vor Wut verzerrt, die dunklen Augen blitzend. Allerdings war die Wut mehr gegen ihn selbst und wahrscheinlich auch gegen Kuzowan gerichtet, denn gegen Taki.
 

"Er wollte mich ja auch verführen", wandte Taki ein und tippte dann gegen seine inzwischen leicht geschwollene Lippe. "Das kommt nicht von einem Schlag." Kurz zögerte er, dann fuhr er jedoch fort: "Er hat mich gebissen."
 

"Gebis...?" Go fiel fast alles aus dem Gesicht, ehe er die Lippen so fest zusammenpresste, dass nur noch ein weißer Strich von ihnen übrig geblieben war. "Arsch", presste er dann hervor. "Dieses Arsch. Ich werde ihn umbringen. Verdammt, er kann dich doch nicht beißen! Ich werde ihn umbringen, ganz sicher! Zum Teufel!"

Sich weiter in Rage redend und fortwährend in seiner Wut gefangen, griff Go etwas härter, als nötig gewesen wäre, nach Takis Kinn, der sich ihm daraufhin sofort entzog.
 

"Hey!"
 

"Ich will doch nur..." Vielsagend wedelte Go mit dem feuchten Tuch in seiner anderen Hand, das Taki ihm kurzentschlossen wegschnappte.
 

"Ich weiß. Aber das kann ich auch sehr gut allein."

Vorsichtig führte Taki das Tuch an seine Unterlippe, um zunächst die groben Blutspuren wegzuwischen. Etwas schwierig war es schon, da er sich selbst nicht sehen konnte und auch keinen Spiegel zur Verfügung hatte. Andererseits war die Verletzung wiederum auch nicht so schlimm. Es brannte nur etwas.
 

Go starrte ihn entgeistert an. "Okay. Okay, Moment. Ich möchte, dass du mir ganz genau erzählst, was passiert ist. Verdammt, alles, verstanden, Taki?"
 

Aha. Damit war die Schonfrist, die er ihm im Auto gewährt hatte, also vorüber. Taki hätte sich eigentlich denken können, dass diese Frage kommen würde. Natürlich. Go war zuvor schon nicht von seinem Vorschlag angetan gewesen und dass Taki sich dann ganz auf eigene Faust losgemacht hatte, dürfte ihm noch weniger gefallen haben. Außerdem hatte es ihn bestimmt verwirrt, was er im Giovanni's gesehen hatte oder auf den Videoaufzeichnungen.
 

"Sonst lässt du dich wenigstens von mir berühren und jetzt steckt nicht einmal eine Absicht dahinter", fuhr Go mit leicht verengten Augen fort. "Also sag mir, was ihr gemacht habt. Im Badezimmer. Warum seid ihr... nackt und nass herausgekommen?"
 

Die Antwort war so offensichtlich, dass Taki ihm nur einen halb genervten Seitenblick zuwarf.

"Warum wohl, Go? Außerdem war ich nicht nackt." Er fand, dass das unbedingt betont werden musste.
 

"Ihr wart baden. In dieser riesigen Badewanne." Go ärgerte sich, dass seine Stimme so gepresst und abgehackt klang, aber er konnte es nicht ändern. Seit er Taki in diesem Aufzug im Giovanni's gesehen hatte, geisterten ihm entsetzliche Phantastereien von ihm und Kuzowan durch den Kopf, die ihn abwechselnd übel und wütend werden ließen.

Und jetzt war aus Taki auch kein vernünftiges Wort herauszubekommen!

"Verdammt, Taki, sag was!"
 

Wütend riss Taki das Tuch herunter und blitzte Go zornig aus seinen sturmgrauen Augen an.

"Was willst du denn hören? Ja, wir waren baden, aber ich hatte zu jeder Zeit noch was an."
 

"Und er nicht", warf Go tonlos ein. Abermals verspürte er den schier unbändigen Drang, seine Finger um Kuzowans Hals zu legen und gnadenlos zuzudrücken. Dieses Schwein!
 

"Nein, er nicht", schoss Taki zurück. "Warum regst du dich überhaupt so auf? Ich erinnere nur mal an Rei oder Kazuki oder an einen unserer anderen hundert Fälle, bei denen du Beteiligte verführen durftest, ohne dass ich mich anschließend wie eine eifersüchtige Glucke aufgeführt habe. Und ihr habt es sicherlich jedes Mal weitergetrieben als ich mit Kuzowan."

Dem letzten Satz haftete etwas Spöttisches, Verächtliches an, das Go sich augenblicklich anspannen ließ.

"Außerdem" - Taki holte tief Luft, weil er das nächste eigentlich nicht aussprechen wollte, aber es kam einfach so über ihn - "hat es dich bisher auch nicht gestört, wenn ich mit Frauen schlafe."
 

"Das ist ja auch, verdammt noch mal, etwas ganz anderes!", begehrte Go auf und sprang vom Sofa auf, um unruhig davor hin und her zu tigern. Ab und an fuhr er sich grimmig durch das dunkle, schwarze Haar. "Und wenn es dich interessiert, ich rege mich jetzt so auf, weil ich etwas für dich empfinde und nicht will, dass irgendein dreckiger Drogendealer dich vergewaltigt!"

Abrupt blieb er stehen, drehte sich zu Taki um und fixierte ihn gnadenlos mit seinen dunklen Augen.

"Und jetzt will ich wissen, was da im Bad abgelaufen ist."
 

"Vielleicht fragst du mich mal, ob ich das Heroin gefunden habe."

Taki erwiderte den feindseligen Blick mit genauso viel Intensität, obwohl seine Worte ein angenehmes Kribbeln in seiner Magengegend ausgelöst hatten.

Aber dass er etwas für mich empfindet, wusste ich auch schon vorher.

Unglücklicherweise. Warum hatte er nur Go als Partner und nicht irgendjemand anderes? Irgendjemanden, der sich nicht so aufgebracht um einen sorgte. Irgendjemanden, der ihm nicht die Welt zu Füßen legen würde, der nicht so clever war, der nicht so verflucht attraktiv war und der verdammt noch mal nicht so gut küssen konnte...!
 

"...ki. Taki! Hey! Taki!"

Go schnipste mit den Fingern nervtötend vor seinem Gesicht herum, bis Taki sie gereizt festhielt, und ein aggressives: "WAS?!", knurrte.
 

Für einen Moment sah Go ihn an, als würde er ihn für verrückt halten, dann wiederholte er ruhig: "Hast du das Heroin gefunden?"
 

"Nein."
 

"Siehst du? Das wusste ich, deshalb habe ich auch nicht gefragt. Hättest du es gefunden, hättest du es mir wahrscheinlich noch im Auto erzählt."
 

Wahrscheinlich...
 

Taki war schon wieder drauf und dran, Gos Hand loszulassen, doch zu seiner Überraschung verschränkte der einfach ihre Finger miteinander und ließ sich wieder neben Taki auf das Sofa fallen.

Unwillkürlich spannte Taki sich an und versuchte, möglichst abweisend auszusehen. Wenn Go ihn jetzt küssen wollte, konnte er absolut nicht vorhersagen, was er dann tun würde.

Ihn wegstoßen, was nicht nur das Logischere, sondern auch das Vernünftigere - für sie beide - wäre?

Oder ihn dichter zu sich heranziehen?
 

"Miteinander schlafen dürft ihr beiden nicht."
 

Verdammt, das weiß ich doch selbst!
 

Mit gerunzelter Stirn beobachtete Go seinen Partner und befand, dass er sich nach diesem Abend noch ein wenig merkwürdiger verhielt als sonst. Warum riss er sich nicht los? Go konnte sich kaum vorstellen, dass Taki jetzt irgendwelche Zärtlichkeiten haben wollte, obgleich es Go sehnsüchtig danach verlangte. Nicht nach mehr. Einfach nur danach, Taki im Arm zu halten, ihm ein wenig beruhigend und beschützend übers Haar oder den Rücken zu streichen, seinen Nacken zu kraulen...

Als er nass und nackt an Kuzowans Haustür in seine Arme gelaufen war, hatte er genau den gleichen Wunsch verspürt; Taki einfach an sich zu ziehen und zu beschützen - egal vor was. Das war merkwürdig, weil Taki eigentlich nicht aussah, als würde er einen Beschützer benötigen. Seine sonstigen Liebhaber passten da schon eher in das Schema, aber Taki... wirkte meist über allem erhaben, kühl und unnahbar. Als wollte er sich selbst vor der Außenwelt beschützen.

Vielleicht war das der Grund, warum Go ihn in den Arm nehmen wollte, um ihm ein wenig von dieser Aufgabe abzunehmen.
 

"Gib mir das, ja?"

Er deutete auf das feuchte Tuch in Takis anderer Hand.
 

Taki folgte seinem Fingerzeig. "Ich kann das wirklich allein, Go", betonte er daraufhin nur, ohne das Tuch rüberzureichen. Dieses Mal war es an Go, es ihm einfach wegzuschnappen.
 

"Ich weiß. Aber lass mir doch die Freude, mich in meinem Gluckendasein zu suhlen, okay?"
 

Sanft löste er die ineinander verschränkten Finger und hob die nun freie Hand erneut an Takis Kinn, diesmal jedoch wesentlich sanfter. Die Berührung war fast nur ein Hauch und dennoch gelang es Go spielerisch, Takis Gesicht etwas weiter in seine Richtung zu drehen. Vorsichtig tupfte er mit dem Tuch über die geschundene Lippe und entfernte somit das restliche Blut, das noch getrocknet an ihr geklebt hatte.

Taki zuckte kein einziges Mal zusammen oder versuchte, sich ihm zu entziehen, und als Go ihm anschließend in die Augen blickte, erkannte er, dass er ihn die ganze Zeit beobachtet haben musste.

Sein Mund wurde plötzlich ganz trocken und abermals wurde er sich der Nähe Takis fast schmerzhaft bewusst. Verdammt, seit wann war er eigentlich so ein Masochist?
 

Irgendwie rang er sich ein Lächeln ab. "Siehst du?" Seine Stimme klang leicht rau, aber das konnte und wollte er nicht verstecken. "So geht es viel leichter und schneller."
 

Er spürte sein Herz bis zum Hals schlagen, als Taki sich noch immer nicht rührte, nicht einmal den Blick abwandte. Hatte Kuzowan ihm doch irgendwelche Drogen verabreicht? War irgendetwas in diesem blöden Bad geschehen, was Takis Gehirn etwas aufgeweicht hatte?
 

Mit aller Macht versuchte Go, sich zusammenzureißen, sich wieder zurückzulehnen und die Wärme, die Taki ausstrahlte, zu ignorieren.

Stattdessen ertappte er sich dabei, wie er sein Gesicht noch näher an das seines Partners heranbrachte, kurz nach einer Warnung in den unleserlichen Augen suchte und dann zärtlich seine Lippen auf Takis legte. Der Kuss wurde sofort erwidert, was Gos Herzschlag ins Stolpern brachte. Dann begann es, das Blut heftiger durch seine Adern zu pumpen, vermischt mit viel zu viel Adrenalin, als ihm klar wurde, dass sie sich auf demselben Sofa befanden, auf dem Taki ihn schon einmal so weit hatte fortschreiten lassen.

Bei den Erinnerungen rann ein wohliger Schauer durch seinen Körper. Er streckte die Hände nach Taki aus, um ihn dichter zu sich heranzuziehen und diese Erinnerungen wieder aufleben zu lassen, doch da machte sich Taki unversehens von ihm los.

Go wollte frustriert protestieren, aber Taki ging nicht wie sonst zum wütenden Gegenangriff über und holte mit einer Faust aus, sondern hatte den Kopf zur Seite gedreht und die Augen geschlossen.

So, als müsste er sich... davon... davon abhalten... Go nicht ebenfalls zu sich heranzuziehen.
 

Das muss die Missinterpretation des Jahrhunderts sein.
 

"Nicht", murmelte Taki mit ein wenig Verspätung und schaute Go zögerlich in die Augen. Er war überrascht, einen Hauch von Verzweiflung darin zu erkennen. "Mach es nicht kaputt."
 

Kaputt machen?!, wollte Go ausrufen. Was denn? Was gibt es da kaputt zu machen?

Aber er ließ es. Der Ausdruck in Takis Augen wirkte einige Sekunden lang zu gequält, auch wenn er absolut nicht sagen konnte, wieso.

Es musste doch irgendetwas in Kuzowans Badezimmer geschehen sein.
 

Unvermittelt katapultierte Taki sich vom Sofa hoch, so plötzlich, dass Go ein wenig zurückweichen musste.

"Ich gehe ins Bett. Ich bin furchtbar müde."
 

Er war fast schon hinter seiner Zimmertür verschwunden, als Go ihm noch verwirrt hinterher rief: "Okay, gut. Bis... morgen. Und gute Nacht!"
 

Taki antwortete ihm, indem er die Zimmertür zuschlug.

Go blieb mehr als durcheinander zurück.
 

~*~
 

Die schwere, zweiflüglige Tür flog mit so viel Schwung auf, dass beide Türhälften rechts und links laut krachend mit der Wand kollidierten.

Taki kümmerte sich nicht im Mindesten darum, ob er hier gerade irgendetwas demoliert hatte, sondern rauschte wie ein Wirbelsturm in das riesige Büro hinein. Hinter sich konnte er die adrette Blondine, die Seiji sich als Empfangsdame und Sekretärin hielt, immer wieder verzweifelt seinen Namen rufen hören, nur hin und wieder abgewechselt mit der wenig einschüchternden Aufforderung, auf der Stelle stehen zu bleiben, oder sie würde das Sicherheitspersonal rufen.
 

Taki ging das, gelinde gesagt, am Arsch vorbei.
 

Sein Augenmerk war auf den breitschultrigen, gutaussehenden Mann hinter dem modern geschwungenen Schreibtisch aus hellem Holz vermischt mit grauem Stahl gerichtet. Seiji sprach gerade in ein Headset, das er auf dem Kopf trug, während seine schlanken Finger gleichzeitig über eine Computertastatur rasten.

Als Taki hereingeplatzt war wie eine ganze Armee auf Vormarsch, hatte er für ihn nur ein skeptisches Hochziehen einer einzigen Augenbraue übrig. Ansonsten blieb seine Haltung fortwährend entspannt und er unterbrach sein Gespräch ebenso wenig wie das Tippen auf der Tastatur.
 

Das machte Taki nur noch wütender, mehr noch, da er ganz genau wusste, dass Seiji wusste, dass er ihn damit aufregen konnte.
 

Noch im Laufen auf den Schreibtisch zu rief er aufgebracht: "Wo ist sie?!"
 

Seiji reagierte mit keiner Geste darauf, dass er Taki gehört hatte, sondern hörte sich konzentriert an, was sein Gesprächspartner ihm mitzuteilen hatte, und antwortete dann: "Die Fertigstellung hat oberste Priorität. Wenn ein Fehler aufgetreten ist und sei er noch so klein, dann erwarte ich von Ihnen, dass er schnellstmöglichst behoben wird. Die ersten Kunden für diese Computerchips stehen Schlange, Fusiaki, und jeder Tag kostet mich Millionen. Sie kennen doch dieses nette Sprichwort? Zeit ist Geld."
 

Taki spürte, wie sein Blut anfing zu kochen, als er nur mit gleichgültiger Missachtung bedacht wurde. "Ich habe dich was gefragt, Seiji! Wo zur Hölle ist sie? Und erzähl mir keine Lügen!"

Ein wenig atemlos kam Taki am Schreibtisch an, stützte die Hände an der Kante ab und lehnte sich aggressiv zu dem anderen Mann hinüber, ohne dabei auch nur die Hälfte des Tisches überbrückt zu haben. "Wo ist sie?!"
 

Fast gelangweilt richtete Seiji endlich seinen Blick vom Computerbildschirm auf Taki. Die eisblauen Augen verrieten nichts.

"Fusiaki, ich habe hier ein kleines, internes Problem, ich werde Sie später zurückrufen. Sorgen Sie dafür, dass sie die Produktion in der Zwischenzeit wieder zum Laufen bekommen."

Er tippte auf der Festnetzstation auf einen Knopf und zog sich das Headset in aller Ruhe vom Kopf, um es daneben zu legen und anschließend einen Blick zu seiner Sekretärin hinüber zu werfen.
 

"Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, Reiyamata-san, aber er war durch nichts zu stoppen", verteidigte sich die Blondine sofort mit ihrer wohlmodulierten Stimme.
 

"Tatsächlich?" Seiji warf Taki einen gelassenen Blick zu.
 

"Ja, ich habe ihm gesagt, dass Sie schwer beschäftigt sind, aber -"
 

Taki unterbrach sie, indem er einmal nachdrücklich mit den flachen Händen auf den Tisch schlug. Geradezu glühend lagen seine Augen auf Seiji, der den Blick immer noch unleserlich erwiderte. Allerdings machte er zu seiner Sekretärin eine abwinkende Bewegung, die sie stumm hinausschickte. Offensichtlich gehorchte sie auch sofort, denn einige Sekunden später wurde die Tür ins Schloss gezogen.
 

Eine erdrückende Stille senkte sich über den Raum, bis Taki zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorzischte: "Wo ist sie?"
 

"Wo ist wer?"
 

"Das weißt du ganz genau!", explodierte Taki.

Wie konnte er die Dreistigkeit besitzen, vorzutäuschen, von nichts zu wissen?! Wie konnte er, dieser verdammte Bastard?!
 

Seiji gab ein humorloses Geräusch von sich und lehnte sich in seinem schwarzen Sessel mit hoher Rückenlehne zurück, die Ellbogen auf den Lehnen abgestützt und die Fingerspitzen aneinander gelegt.

"Komisch", meinte er ernsthaft nachdenklich und inspizierte die schlanken Finger, als würden sie ein nur ihm bekanntes Geheimnis verbergen. "Gestern Nacht hat dich das noch herzlich wenig interessiert."
 

Taki rang um Beherrschung, obgleich er sich am liebsten auf den anderen Mann gestürzt, ihn am Kragen gepackt und geschüttelt hätte, so lange, bis er endlich den Mund aufmachte. Niemals hätte er geglaubt, dass Seiji so schnell reagieren würde.

"Es interessiert mich jetzt!" Er grub seine Augen in das eisige Blau vor ihm, als könnte er ihn durch pure Willenskraft dazu bringen, zu reden. "Verdammt, sag es mir, Seiji! Ich... ich..." Er verschluckte sich fast an seiner Zunge, als er hervorwürgte: "Ich tue alles, was... du willst."
 

Aus einem unverständlichen Grund stand Seiji plötzlich binnen eines Lidschlages hinter ihm und strich sanft die Haare aus Takis Nacken, um dort einen zärtlichen Kuss zu platzieren. Augenblicklich verkrampfte Taki sich. Warmer Atem fuhr an seinem Ohr entlang, als Seiji raunte: "Ich habe dich oft genug gewarnt."
 

Eine feste Hand fuhr seinen Rücken hinab zu seinem Hintern, blieb dort liegen und fing dann an, ihn durch den Stoff der Jeans hindurch zu massieren.

Taki biss die Zähne zusammen und schloss die Augen, während sich seine Finger in das Holz des Schreibtisches gruben, den sie noch immer umklammerten.
 

Nicht denken. Nicht denken! Hör einfach auf, zu denken!
 

Seiji drückte ihm einen weiteren Kuss in den Nacken und ersetzte seine Hand durch seinen ganzen Körper, der sich gegen Takis Rücken schmiegte. Unmissverständlich konnte er Seijis Härte spüren, die sich gegen seinen Hintern drückte. Ihm wurde übel.
 

"Lass das", brachte er schließlich trotz der zusammengebissenen Zähnen hervor.
 

Tatsächlich schien Seiji einen Moment innezuhalten, fuhr dann aber fort, mit seinen Händen über Takis Körper zu streichen. Über Brust, Bauch, Unterbrauch...
 

"Ich habe gesagt, du sollst das lassen!", kam es nachdrücklicher von Taki und er befreite sich ruppig aus der unfreiwilligen Umarmung, die Seiji jedoch unvermutet verstärkte. "Lass das! Lass mich los! Geh weg! Seiji!"
 

Unüberlegt rammte er dem Mann hinter sich einen Ellbogen in den Bauch und riss endlich die Augen auf.

Ihm blieb fast das Herz stehen, als er sie hinter dem Schreibtisch stehen sah, mit dem Rücken zu ihm, das Gesicht dem Fenster und dem Treiben darunter zugewandt.

"Asako!"

Oh Gott, das hier konnte nicht wahr sein! Sie hatte doch vorhin noch nicht dort gestanden, oder? Oder? Sie konnte sich doch nicht die ganze Zeit hinter dem Schreibtisch versteckt haben!
 

Seijis Zärtlichkeiten wurden zudringlicher und zielten auf eine ganz bestimmte Region seines Körpers ab.

"Nein! Lass das! NIMM DIE PFOTEN WEG, SEIJI!"
 

"Es wäre mir egal gewesen."
 

Takis Kopf ruckte hoch und zurück zu ihr. Ihre weiche Stimme ging fast unter zwischen dem lauten Rauschen, das das Blut in seinen Ohren verursachte. Sie hatte ihm nun ihr Profil zugewandt, alles wirkte so schrecklich vertraut, schmerzhaft vertraut. Die Linien der hohen Wagenknochen; die feine Stupsnase; die Formen der vollen Lippen; winzige Sommersprossen, die sie immer gehasst und mit jeder möglichen Form von Make-up zu übertünchen versucht hatte; die kleine Windpockennarbe unter dem rechten Mundwinkel...

Das feine Blutrinnsal, das von ihrer Schläfe hinab über die rechte Gesichtshälfte lief, war das Einzige, was die Vertrautheit zerstörte.
 

"Asako! Was... was ist mit dir? Bist du verletzt?"

Taki versuchte noch immer verzweifelt, sich aus Seijis stählerner Umklammerung zu befreien, und als ihm das nicht gelang, wenigstens seine ganze Präsenz zu ignorieren.
 

"Es wäre mir egal gewesen."
 

Langsam drehte sie sich ganz um und je mehr Taki von ihrer anderen Gesichtshälfte zu sehen bekam, desto mehr wünschte er sich, sie würde sich nicht weiterdrehen.

Er wusste, was kommen würde, was er sehen würde, aber er konnte den Blick nicht abwenden. Er fühlte seinen Puls rasen, seine Augen brennen und Seiji die ganze Zeit hinter sich, während ihn gleichzeitig alles dazu drängte, nach vorne zu ihr zu stürzen.
 

Ihre linke Gesichtshälfte war nicht mehr da.

Verschwunden.

Weg.
 

"Aber nun bist du Schuld, Taki."
 

Mit einem ohrenbetäubenden Klirren zersprang die Fensterfront in ihrem Rücken in Tausende von Splittern, als sie sich mit ausgebreiteten Armen nach hinten warf.
 

"Nein! Asako! Asako!" Taki streckte beide Hände nach ihr aus, stemmte sich mit aller Kraft gegen Seiji, aber er blieb wie festgewachsen.
 

"Asako!"
 

"Taki!"
 

"Asako!"
 

"Taki, verdammt! Wach auf! Wach auf, hab ich gesagt! Taki!"
 

Mit einem grässlichen Ruck befand sich Taki wieder in der bewussten Realität. Sein Oberkörper schnellte hoch, wie von einer Sprungfeder abgeschleudert, und seine Atmung ging so schnell, als hätte er gerade in Rekordzeit die ganze Welt umrundet. Feine Schweißperlen bedeckten nahezu seinen ganzen Körper und irgendetwas hielt ihn noch immer fest.
 

Erschrocken machte er sich los und starrte aus weit aufgerissenen Augen in Gos Gesicht, das ihm für einige Schrecksekunden ganz fremd erschien. Einige Momente mussten verstreichen, eher er erkannte, wen er da ansah, ehe er wieder wusste, wo er sich befand.
 

Ein Traum. Natürlich. So hatte es sich ja auch gar nicht zugetragen. Nicht... so.
 

"Alles in Ordnung mit dir, Taki?"

Gos sanfte Stimme trug einen erheblichen Teil dazu bei, dass Taki sich langsam wieder beruhigte und sich zurück in die Wirklichkeit einfand.
 

Etwas überhastet nickte er.

"Ja, alles bestens. Ich hab' nur... schlecht geträumt."

Und er wusste auch, wieso.

Die Sache mit Kuzowan hatte gnadenlos alle verschütteten Erinnerungen wieder aufgerissen, dazu kam noch Keis plötzliches Auftauchen vor ein paar Wochen, seine Warnung...
 

"Hey!"
 

Takis Kopf ruckte zurück zu Go hinüber. Er musste ihn gerade irgendetwas gefragt haben.

"Hm?"
 

Misstrauisch ließ sich Go langsam neben Taki auf dem Bett nieder. "Ich glaub' dir kein Wort."

Taki wusste nicht so genau, worauf sich das bezog, vermutete dann aber auf sein Befinden.

"Du bist weiß wie die Wand, schweißüberströmt und du... du hast im Schlaf geschrien. Ich meine... so richtig."

Go erinnerte sich noch zu gut an das letzte Mal, als er Taki in einer Art Wachtraum schreiend vorgefunden hatte. Damals hatte er ihn angebrüllt, wegzugehen, ihn in Ruhe zu lassen und seine Pfoten von ihm zu nehmen.

Dabei hatte er sich die ganze Zeit über an Go festgeklammert.
 

Der alte, abweisende Ausdruck kehrte zurück auf Takis Züge und grimmig meinte er: "Es war eben ein Alptraum von der etwas schlimmeren Sorte, okay? Kein Grund zur Panik." Dann entschärfte er seine Stimme etwas. "Tut mir Leid, wenn ich dich wach gemacht habe." Leicht zerknirscht zog er die Bettdecke etwas enger um sich. Er hasste es, laute Alpträume zu haben, bei denen ihm jeder x-beliebige zuhören konnte.

Und bei Go war es noch mal schlimmer.
 

"Aha", machte Go in einem Tonfall, der deutlich sagte, dass er absolut nicht überzeugt war.
 

Taki versuchte jedoch, das geflissentlich zu überhören. "Ja, passiert. Könntest du das Licht ausmachen, wenn du gehst?" Eine höfliche wie deutliche Aufforderung, zu verschwinden. "Ich möchte weiterschlafen."

Der lange Blick, den Go ihm daraufhin zuwarf, machte deutlich, dass er sich nicht so leicht aus dieser Situation herauswinden konnte, wie er gerne gewollt hätte. Verdammt noch mal, musste Go denn von allem so einen Aufstand machen? Als ob er niemals schlecht träumen würde...
 

"Du möchtest nicht über den Traum reden? Vielleicht geht es dir danach besser."
 

"Nein, schon okay. Ich kann... mich an das meiste auch schon gar nicht mehr erinnern", wiegelte Taki ab, obgleich er Seijis Hände auf seiner Haut fast noch spüren konnte.

Und wie sie... nein, daran wollte er lieber nicht erneut zurückdenken.
 

Einen Moment lang schien es so, als würde sich Go damit zufrieden geben. Dann spielte er seinen Trumpf aus.

"Und wer ist Asako?"
 

Taki erstarrte. Sein Herzschlag schien für einige Sekunden auszusetzen, ehe er trommelnd seinen Rhythmus wieder aufnahm.

Go ließ ihn dabei keine Sekunde aus den Augen.

Er hatte ihren Namen laut gesagt, wahrscheinlich sogar gerufen. Go musste... es gehört haben.

Ein heftiges Zittern wollte sich seines Körpers bemächtigen, doch Taki rang es tapfer nieder und wandte den Kopf ab, damit Go seine Lüge nicht sofort erkannte.
 

"Keine Ahnung."
 

"So? Im Traum hast du sie offenbar gekannt."
 

Himmel noch mal, warum musste er denn jetzt weiterbohren? Sah er denn nicht, dass ihn das verletzte, zum Teufel?!
 

"Wie gesagt", murmelte Taki, "ich kann mich nicht erinnern."
 

"Hieß eine deiner früheren Bettbekanntschaften vielleicht so? Eine, an der dir etwas gelegen hat?"
 

Der leichte Spott sowie der Hauch von Eifersucht in Gos Stimme machten Taki aus irgendeinem Grund wütend und trieben ihn dazu an, zornig aufzubegehren.

Asako! Eine Bettbekanntschaft!

Allein das Wort klang schon abwertend.

Da er jedoch vermutete, dass es genau das war, was Go wollte - ihn wütend machen -, damit er in Rage vielleicht irgendetwas ausplauderte, was er sonst lieber für sich behalten hätte, biss er die Zähne so fest aufeinander, dass die Kiefernknochen hervortraten, und beließ es bei einem einfachen Kopfschütteln.
 

"Hm...", machte Go nach einer Weile und Taki konnte spüren, wie sich die Matratze etwas anhob, als Go aufstand. "Gut. Dann sag' es mir nicht."
 

Ohne Taki noch einmal tröstend zu berühren oder weitere Worte zu verlieren, ging er langsam zur Zimmertür hinüber und schaltete das Licht aus. Ob er ihm dabei irgendwelche wie auch immer gearteten Blicke zuwarf, konnte Taki nicht sehen, weil er den Blick immer noch starr auf die Bettdecke gerichtet hielt, die er zwischen verkrampften Fingern knetete.
 

--
 

(c) Ashling
 

Ich betone noch einmal, dass ich keine Ahnung habe, wie es mit Yellow nach den Absichten Makoto Tatenos weitergeht und dass ich mir hier nur meine Vision davon zurecht spinne^^

Ihr dürft übrigens auch gerne spinnen, wenn ihr wollt ;)
 

Danke fürs Lesen!
 

lg

- Ashling

act six

Titel: Games

Teil: 6/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO"

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Hey^^

Uh, es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat. Ich hoffe, einige wissen noch, worum es hier geht, und haben nicht ganz den Anschluss verloren.

Vielen Dank für all eure lieben Reviews :)
 

@Sanzo-girl: *lacht* Eigentlich ist es sogar beabsichtigt, dass Seiji nicht widerlich rüberkommt. Ich meine, zweifellos ist er das, (höh? Huh? War was? *pfeift*) aber ich mag die Bösewichte nicht, die man gleich von vornherein als solche... nya identifiziert. Himmel, versteht das irgendwer? XD"
 


 

act six
 

Für Go war die restliche Nacht hinüber gewesen. Schon bevor Taki schreiend mit einem Alptraum gekämpft hatte, hatte er nur nachlässig auf dem Sofa im Wohnzimmer vor sich hingedöst. Hin und wieder war er zwar von mehreren Minuten Schlaf übermannt worden, war dann aber jedes Mal nach kurzer Zeit wieder aufgeschreckt, wenn seine überbordende Phantasie ihm irgendwelche Hirngespinste von Taki und Kuzowan gezeigt hatte. Er konnte nur hoffen, dass seine Phantastereien weitaus abenteuerlicher waren, als das, was sich in Wirklichkeit abgespielt hatte. Taki hüllte sich diesbezüglich ja noch immer in Schweigen.
 

Nachdem er dann mitten in der Nacht von Takis Rufen nach einer Asako in sein Zimmer gegangen war, um ihn zu beruhigen, konnte er erst recht nicht einschlafen.

Sicher, oberflächlich betrachtet schien Taki nur einen einfachen Alptraum gehabt zu haben, aber in Bezug auf diese Asako war sich Go sicher, dass er gelogen hatte. Es hatte eine solche Panik in seinen Augen gestanden und sein gesamter Körper war so verkrampft und mit Schweißperlen bedeckt gewesen, dass sie ihm wirklich etwas bedeuten musste. Im Traum konnte man schließlich keine Bekanntschaften schließen, die einen so mitnahmen... oder?
 

Blieb nur die große Frage zu klären, warum Taki diesbezüglich log.

Weil Asako ihm mehr bedeutete, als Go hören wollte, vielleicht?

Weil Asako aus seiner Vergangenheit stammte, die er genauso wie Go selbst stets verschwieg?

Weil er sich jetzt noch mit Asako traf?
 

"Himmel..."
 

Go presste die Hände aufs Gesicht und versuchte, seine Gedanken abzuschalten, um vielleicht doch noch ein wenig einzudösen, wo er sich schon mal die Mühe gemacht und in sein Bett gekrabbelt war. Er wurde jedoch das Gefühl nicht los, dass er eifersüchtig auf Asako war, weil Taki wegen ihr solche Panik bekommen konnte. Ab und an hatte er vielleicht auch einmal Angst um Go, aber das bezog sich doch eher auf den freundschaftlichen Aspekt ihrer Beziehung und ihrer Partnerschaft als Drogendiebe.
 

"Asako, Asako..."
 

Er murmelte den Namen fast lautlos vor sich hin, als erhoffte er sich eine Blitzeingebung oder irgendeine Verbindung, die er mit diesem Namen anfangen konnte, aber es bewirkte nur, dass er einen leicht hämmernden Kopfschmerz bekam und sich rüde auf die Seite drehte.
 

Vergiss es einfach und schlaf!, wies er sich scharf zurecht und schloss in bester Absicht die Augen.
 

Als er sie das nächste Mal jedoch öffnete, zeigte ihm die digitale Anzeige seines Radioweckers in aggressiv roten Ziffern o6:19 an und er fühlte sich immer noch wie gerädert und absolut nicht ausgeschlafen.

Dann war es ihm jedoch auch egal und er schwang die Beine aus dem Bett, um sich erst einmal eine wach machende, ausgiebige Dusche zu gönnen.
 

Knappe zwei Stunden später nahm er von dem laut plappernden Kanji ein Tablett mit zwei Tassen frisch gebrühten Kaffees und einer zusammengerollten Tageszeitung an der Tür entgegen. Anschließend hatte er alle Mühe, den Pseudozauberer wieder aus der Wohnung hinauszubugsieren, damit er mit seinem Geschrei Taki nicht weckte, dem ein bisschen Schlaf nach der Kräfte zehrenden Nacht sicherlich nur gut tat.
 

"Ja, versprochen", raunzte Go schroff und balancierte das Tablett mit akrobatischen Fähigkeiten mit nur einer Hand, um mit der anderen Kanji irgendwie aus der Tür hinauszuschieben, "ich seh' mir deine Show nachher mal an, wenn ich Zeit hab'."
 

"Taki hat sie gestern schon gesehen", verkündete Kanji fröhlich und in einer Lautstärke, als wollte er den ganzen Bezirk darüber informieren. "Aber er ist nicht so gut als Kritiker. Du könntest mir bestimmt eher sagen, was ich falsch mache und wie ich mich verbessern kann."
 

"Natürlich."

Um aus dir einen anständigen Zauberer zu machen, bräuchtest du eine komplette Generalüberholung, Kumpel.
 

"Super!", strahlte Kanji. "Aber bis vier muss das über die Bühne gegangen sein, danach gehe ich zu einem Kurs. Vielleicht lerne ich da noch was."
 

"Bestimmt. Ich werd's bis vier einrichten. Könntest du... jetzt gehen?"

Mit einer bemüht freundlichen Geste wies er auf die Tür, wobei die Tassen auf dem Tablett leise klirrten, da seine Bewegung etwas zu ausschweifend ausgefallen war.
 

"Oh, ja. Klar. Bis nachher!"
 

Kanji wirkte ihm gut gelaunt zum Abschied zu und Go hatte schon fast die Tür hinter ihm ins Schloss geworfen, da wirbelte der Junge urplötzlich wieder herum. Hastig riss Go die zweite Hand zurück zum Tablett, als die Tür dagegen krachte, konnte aber nicht verhindern, dass der Inhalt beider Tassen überschwappte und die Untertassen in schwarzem Kaffee ertränkte.
 

Go knurrte gereizt. "Verdammt, Kanji!"
 

"Oh. Tut mir Leid, entschuldige. Wirklich."

Kanji legte ein reumütiges Gesicht auf und wirkte dabei so aufrichtig schuldbewusst, dass Go ihm fast nicht richtig sauer sein konnte. Zum ersten Mal an diesem Morgen sprach er so leise, dass Go Mühe hatte, ihn zu verstehen.
 

Kurz schloss er die Augen und zwang sich zur Ruhe, ehe er Kanji seufzend wieder ansah. "Schon gut. Ist ja nichts weiter passiert."

Dann heute eben nur die halbe Ration Kaffee. Ist vielleicht auch gesünder.

"Hast du was vergessen?"
 

"Nicht direkt." Kanji fischte die Zeitung vom Tablett, die einige Kaffeespritzer abbekommen hatte, und bemerkte dabei nicht Gos entgeisterten Blick.
 

Wie?! Nicht direkt?! Der spinnt wohl!
 

"Tsunega meinte nur, dass ihr euch unbedingt die Zeitung zu Gemüte führen sollt." Er rollte sie auseinander. "Da er mir das extra gesagt hat, wollte ich es nicht vergessen. Irgendwas auf der Titelseite, meinte er..." Flüchtig studierte er die Überschriften und drehte sie dann schulterzuckend so, dass Go sich die Titelseite ansehen konnte. "Weißt du, was er damit gemeint haben könnte? Sonst gehe ich noch mal runter und frag' und komm dann -"
 

"Heilige Scheiße!", rief Go inbrünstig dazwischen.
 

Im selben Moment rammte er dem verdutzten Kanji das vollbeladene Tablett vor den Bauch und schnappte sich die Zeitung, noch bevor Kanji nach dem Tablett gegriffen hatte.
 

"Uuuaaaahh! Go!"
 

Es klirrte unheilvoll, als die Ordnung auf dem Tablett in vollkommenes Chaos gestürzt wurde. Die zwei bereitgestellten Kaffeetassen polterten wild durcheinander und verteilten ihren kläglichen restlichen Inhalt teils auf dem Tablett, teils auf dem Boden. Das Porzellan blieb jedoch heile, trotzdem war der Lärm so ohrenbetäubend, als Kanji mit unmöglichen Verrenkungen nach dem Tablett griff, damit es nicht zu Boden fiel, dass Taki geweckt wurde.
 

Mit zerzausten Haaren und buchstäblich wie aus dem Bett gefallen, stand er in seiner Zimmertür und blinzelte gegen die Helligkeit im Wohnraum an. Aufgrund des Traumes hatte er eine sehr unruhige Nacht mit unterbrochenen Schlafphasen erlebt, was sich deutlich in den dunklen Ringen unter seinen rauchgrauen Augen widerspiegelte. Allerdings - zumindest glaubte er das - war er gerade in eine Tiefschlafphase gefallen, die ihm zumindest ein bisschen Erholung verschafft hätte, wenn da nicht diese rücksichtslosen Holzköpfe wären.
 

"Himmel Herrgott noch mal, was treibt ihr da eigentlich?" Seine Stimme war vom Schlaf etwas aufgeraut, doch ansonsten klang sie schon wieder grimmig und laut genug, dass Go mit geweiteten Augen von der Zeitung aufsah.
 

"Er wurde umgebracht."
 

Durch den anhaltenden Nebel, der sich nur schleichend aus seinem Hirn vertreiben lassen wollte, verstand Taki nicht.

"Was?"
 

"Kuzowan. Er wurde umgebracht."
 

"Was?" Irgendwie ergab das immer noch keinen Sinn.
 

Go rollte gereizt mit den Augen, überbrückte die Strecke zu seinem Partner mit wenigen Schritten, ohne Kanji auch nur eines Blickes zu würdigen, und hielt ihm raschelnd die Zeitung unter die Nase, wobei er mit dem Zeigefinger auf einen Artikel tippte, der fast die gesamte obere Hälfte des Titelblatts einnahm.
 

"Hikari Kuzowan wurde in der Nacht umgebracht. Seine Wächter haben die Leiche gefunden und sofort die Polizei verständigt. Keine Zeugen, keine Verdächtigen, keine Mordwaffe", umriss Go den Artikel in knappen Sätzen, damit auch Taki endlich aus seiner Lethargie gerissen wurde.

Der starrte jedoch noch immer auf den Artikel, dem ein lachendes Foto von Hikari Kuzowan beigefügt war.
 

Ungeduldig fuhr Go fort: "Da es kurz nachdem wir dort verschwunden waren, passiert sein muss und die Zeitung wahrscheinlich gerade in Druck gegangen ist, steht nicht viel mehr Informatives dabei. Weder wie er getötet worden ist noch sonst etwas. Vielleicht in den Morgennachrichten..."
 

Murmelnd drehte Go sich zum Fernseher um, indessen Taki mit leicht zitternden Fingern nach der Zeitung griff und den Artikel Wort für Wort durchging. Er war wirklich nur spärlich mit Informationen gespickt, alles wirkte eher reißerisch und es gab auch keinen Verweis auf einen ausführlicheren Bericht im Innenteil der Zeitung.

Schlagartig fühlte sich Taki hellwach, als er den Artikel wieder und wieder las, nachdem sein müdes Gehirn von der Nachricht zuerst schockgefangen war.

Nun nahm er langsam die nackte Tatsache in sich auf.
 

Hikari Kuzowan war tot.
 

Das bedeutete, er war hier.
 

Oh Gott! Er war hier.
 

Zu Tode erschrocken wirbelte Taki herum, als mit einem Mal laut der Fernseher ansprang und irgendein grell-kreischendes Lachen erklang.
 

"Ich hasse Comedy am Morgen...", hörte er Go grummeln, ehe er nach der Fernbedienung griff und auf einen vernünftigen Kanal umschaltete, auf dem eher eine Nachrichtensendung zu erwarten war. "In zehn Minuten", informierte er Taki, ohne aufzusehen, und warf sich anschließend in einen Sessel.
 

Kanji, den beide Anwesenden über die plötzliche Neuigkeit hinweg vollkommen vergessen hatten - er hatte erstaunlicherweise auch nichts mit seiner lauten Stimme beizutragen gehabt -, schob sich langsam auf die zwei zu, die Hände tief in den Taschen vergraben und ein neugieriges Glitzern in den Augen.
 

"Ein Fall von euch? Dieser Kuzowan?" Dass Go nur mit einem Brummen reagierte und Taki schlichtweg gar nicht, befriedigte seine Neugierde keineswegs. "Deshalb wollte Tsunega wohl, dass ich euch die Zeitung bringe. Er hat sie auch so komisch angestarrt wie Taki."
 

Bei diesen Worten sah Go hoch und schaute Taki an diesem Morgen erstmals richtig an.

Zuvor war er zu sehr von der Nachricht gefesselt gewesen. Es kam zwar hin und wieder schon vor, dass der Besitzer irgendwelcher Drogen starb, die sie eigentlich hatten klauen sollen - das brachte das Geschäft wohl einfach mit sich -, aber nervenaufreibend war es immer wieder.

Vor allem dieses Mal. Der Mord hatte nicht viel später als ihr Verschwinden von dort stattfinden können, denn sonst hätte die Angelegenheit heute garantiert nicht in der Zeitung gestanden. Sie hatten den oder die Täter nur knapp verpasst.

Eine schaurige und faszinierende Vorstellung zugleich.

Außerdem würde sich nun klären müssen, ob sie die Drogen immer noch suchen sollten oder ob sich der Auftrag damit erledigt hatte.

Am besten sprachen sie nachher noch einmal mit Tsunega darüber.
 

All diese Gedanken verblassten, als Go Taki anschaute. Wie üblich schlief sein Partner nur in langen, weiten und äußerst bequemen Stoffhosen und verzichtete großzügig auf ein Hemd, doch genau wie in der Nacht, als er von dem Alptraum geplagt worden war, fiel ihm das erst hinterher auf.

Taki sah geschockt aus. Mehr noch, geängstigt und nervös.
 

Go zog die Stirn in tiefe Falten. "Hey."

Takis Kopf ruckte von der Zeitung hoch. Er hatte gar nicht gehört, was besprochen worden war und war mit den Gedanken vollkommen woanders gewesen.

"Alles okay bei dir?"
 

"Was? Hm... ja. Nur ein bisschen... Schlafmangel." Er lächelte gezwungen.
 

Auch ohne diese äußerst schlechte schauspielerische Darbietung hätte Go ihn durchschaut.

"Sicher?", fragte er daher vorsichtshalber nach.
 

"Sicher."

Taki zwang sich dazu, die Zeitung zusammenzufalten - möglichst so, dass Hikari Kuzowans Bild und die reißerische Überschrift verdeckt wurden - und deutete dann damit auf den kleinen Kaffeesee vor der Tür.

"Ihr habt da eine ziemliche Schweinerei angestellt."
 

Ein schwacher Versuch, zur Normalität zurückzukehren, aber den brauchte er jetzt einfach.

Ein paar Minuten Pause, ein paar Minuten, um sich wieder zu sammeln.

Himmel, diese ganze Scheiße hatte ihn so unvorbereitet getroffen wie selten etwas zuvor!
 

Glücklicherweise ging Kanji gleich darauf ein: "Das ist Gos Schuld! Er hat mir das Tablett einfach in den Magen gerammt. Ich konnte gar nicht reagieren, da wäre das Ding schon fast auf dem Boden gelandet."
 

"Ja, ja", winkte Go genervt ab. "Ich wisch das gleich auf. Darf ich mir zuerst ansehen, ob sie über Kuzowan berichten? Zu gütig", schob er hinterher, ohne eine Antwort abzuwarten. Dann wedelte er jedoch mit der Hand in Richtung Tür. "Du könntest uns allerdings neuen Kaffee holen, Kanji. Taki braucht noch ein bisschen aufputschendes Koffein, so wie er aussieht." Er warf seinem Partner einen halb sorgenvollen, halb stichelnden Seitenblick zu, der humorlos erwidert wurde.
 

"Vielleicht möchte ich den Bericht ja auch sehen?", murrte Kanji.
 

"Sieh's dir in den Mittagsnachrichten an", meinte Go schulterzuckend und zückte die Fernbedienung, um den Fernseher lauter zu stellen, als die Nachrichten anfingen.
 

Kanji blieb noch einige Sekunden schmollend und nachdenklich im Raum stehen, ehe er ein übertriebenes Seufzen ausstieß und sich das Tablett schnappte, um es nach unten zu bringen und zwei neue Tassen Kaffee zu holen. Besser, er verärgerte Go nicht, wenn er wollte, dass er sich nachher seine Zaubershow ansah und ihn korrigierte. Immerhin wollte er wirklich besser werden und von Go konnte er sicherlich eine Menge lernen.

Die Nachrichten... würde er sich eben tatsächlich erst heute Nachmittag ansehen, was soll's?
 

Zögernd trat Taki näher und setzte sich auf die Couch, nachdem ihn das Klappen der Wohnungstür zurück in die Realität geholt hatte. Die Zeitung hielt er noch immer zusammengefaltet in den Händen, die sich leicht um das Papier verkrampft hatten, wie die weiß hervortretenden Knöchel anzeigten. Unruhig starrte er auf den Bildschirm, während die hübsche, brünette Nachrichtensprecherin in einem viel zu ernsten Ton von irgendwelchen Regierungskorrespondenzen berichtete, die ihn nur mäßig interessierten. Auch Go schien dieser Report eher zu nerven, da er ungeduldig mit den Fingerspitzen auf der Sessellehne herumtrommelte.
 

Um sich ein wenig zu beruhigen, versuchte Taki in Gedanken die Situation ein wenig zu entschärfen. Nur weil irgendein Drogendealer, an dessen Fersen sie sich zufällig geheftet hatten, ermordet worden war, bedeutete das noch lange nicht, dass er so eine Panik schieben musste. Jeder x-beliebige hätte Kuzowan umbringen können.

Ein verärgerter Junkie.

Ein verärgerter Freund.

Ein verärgerter Einbrecher.

Ein verärgerter Callboy.

Ein verärgerter Sei-
 

Nein! Der nicht!, schalt sich Taki grimmig in Gedanken.
 

Allerdings musste er zugeben, dass die Tatsache, dass Kei vor ein paar Wochen mit seiner - für Go sicherlich sehr kryptischen - Botschaft hier aufgekreuzt war, schon ein ziemlich deutlicher Hinweis darauf war, dass sich ein >furchtbarer Jemand< furchtbar schnell näherte. Sollte er wirklich Kuzowan getötet haben, musste Taki davon ausgehen, dass sie beobachtet wurden.
 

Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken.
 

Zudem überfiel ihn der Drang sich nach allen Seiten umzusehen, aus dem Fenster zu spähen und jede schattige Ecke zu inspizieren.

Schätzungsweise nannte man so etwas Paranoia. Aber das ungute Gefühl wollte sich trotzdem nicht abschütteln lassen.
 

"Hey, das ist es", rief Go plötzlich aus und stellte den Fernseher noch ein wenig lauter.
 

Die brünette Nachrichtensprecherin umriss in kurzen, knappen Worten, was Taki und Go auch schon aus der Zeitung erfahren hatten, bevor sie dann zu einem Reporter direkt vor Ort schaltete. Kuzowans riesige Villa ragte fast ein wenig bedrohlich hinter dem Mann in den Morgenhimmel auf. Im Hintergrund waren eine Polizeiabsperrung und das rotierende Licht der Polizeiautos zu erkennen. Schaulustige tummelten sich neugierig am Rand der Absperrung herum, während mehrere uniformierte Polizisten das weiträumige Gelände abliefen.

Da Hikari Kuzowan der allgemeinen Öffentlichkeit weniger als ein Heroindrogendealer bekannt war, sondern eher als Leiter einer High-Tech-Firma und Mitglied der oberen Gesellschaftsschicht - was allein schon sein Anwesen vermuten ließ -, war das Getümmel kaum verwundernswert.
 

"Ich stehe hier vor Hikari Kuzowans Villa, wo der Besitzer von >Newro-Technologies< in der Nacht auf brutalste Weise ermordet worden ist. Wie sie im Hintergrund erkennen können" - zur Verdeutlichung schwang die Kamera einmal über die sensationsgeile Meute hinweg - "hat der Tod dieses Mannes die Bevölkerung in Aufruhr versetzt. Die Villa Kuzowan ist eine der am besten gesicherten Gebäude in der ganzen Stadt; ein persönliches Wachpersonal sowie neueste >Newro<-Technologien sollten die Sicherheit Kuzowans gewährleisten.

Noch ist vollkommen unklar, wie sich der oder die Täter Zutritt zum Gebäude verschafft hat oder haben oder welches Motiv der Tat vorausging. Die Videokameraaufzeichnungen sowie die Aussagen des Wachpersonals werden derzeit noch von der Polizei untersucht, die sich weitgehend in Schweigen hüllt, was das Verbrechen betrifft.

Sicher ist jedoch, dass Hikari Kuzowan durch das Durchschneiden der Kehle getötet worden ist - eine sehr mittelalterlich zu nennende Tötungsmethode.

Aus nicht ganz glaubwürdigen Quellen wurde uns zudem verraten, dass sich sein Körper obendrein in keinem guten Zustand befindet, was die Polizei jedoch nicht gewillt war, zu bestätigen.

Wir werden Sie auf jeden Fall auf dem Laufenden halten und Sie sofort informieren, sollte sich etwas Neues ergeben.

Zurück zu Rei Shitanji."
 

Bevor die brünette Nachrichtensprecherin zum nächsten Thema kommen konnte, stellte Go den Fernseher ab und schüttelte brummig den Kopf.
 

"Viel mehr wissen wir jetzt auch nicht", beschwerte er sich. "Durchgeschnittene Kehle. Du meine Güte, wer kommt denn auf so eine Idee? Das muss eine riesige Sauerei gegeben haben. Und was bedeutet überhaupt >sein Körper befindet sich in keinem guten Zustand<? Der Interpretationsspielraum umfasst ungefähr ganz Japan. Oder was meinst..." Er wandte Taki das Gesicht zu. Der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken.
 

Wie erstarrt saß Taki auf dem Sofa und starrte mit leerem Blick und aufgerissenen Augen auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers. Ohne es zu merken, hatte er die Zeitung in seinen Händen so fest umklammert, dass er sie schon zusammenknüllte. Da sein Oberkörper nackt war, konnte Go sehen, wie angespannt er war; die Muskeln in den Armen waren nahezu bis zum Zerreißen gespannt.
 

"Taki?"
 

"Er ist hier", hörte Go seinen Partner undeutlich murmeln und runzelte verwirrt die Stirn.
 

"Er? Wer, er? Was meinst du damit? Taki? Alles in Ordnung?"
 

Da er sich noch immer nicht rührte oder auch nur ein Zeichen gab, dass er Go überhaupt gehört hatte, stand dieser, allmählich etwas besorgt, vom Sessel auf und trat an das Sofa heran, um Taki vorsichtig an der Schulter zu berühren.

Bevor es jedoch zu einem Körperkontakt kommen konnte, schnellte Taki auf einmal so plötzlich vom Sofa hoch, dass er fast mit Go zusammenstieß.
 

"Hey, was -?" Gerade noch so bekam Go Taki am Arm zu fassen, bevor dieser ohne ein Wort an ihm vorbei gerauscht wäre.

Zum Teufel noch mal, hatte er irgendwas nicht mitgekriegt, oder was?!

"Verdammt, Taki! Was ist denn in dich gefahren?"
 

Mit fest zusammengebissenen Zähnen wandte Taki ihm das Gesicht zu. Die rauchgrauen Augen hatten sich zu regelrechtem Stahl gehärtet, konnten aber das leicht panische Aufflackern dahinter nicht ganz verbergen.

"Nichts. Gar nichts. Ich will... mich nur anziehen."
 

"Was?" Das konnte er Kanji erzählen, aber ganz bestimmt nicht ihm! "Erzähl doch keinen Scheiß. Du bist den ganzen Morgen schon so komisch und ich will wissen, was los ist. Und lüg mich nicht an!", schob er noch hinterher, als Taki den Mund aufmachte und es so aussah, als wollte er einen "Es-ist-wirklich-nichts"-Spruch loslassen.
 

"Ich lüge nicht", behauptete Taki stumpf, obwohl er es fast spüren konnte, wie seine Stimme etwas schwankte. "Ich sagte doch, ich will mich nur anziehen."

Als Go die Augen zu Schlitzen verengte, erkannte er, dass er vielleicht doch noch mit irgendetwas Gescheiterem daherkommen sollte, wenn er aus dieser Situation glimpflich herauskommen wollte.

"Die ganze... Sache macht mich nur etwas unruhig. Ich meine, wir... wir müssten den Mörder in der Nacht nur knapp verpasst haben und... und es erschreckt mich, dass ein Mann jetzt tot ist, mit dem ich vor ein paar Stunden noch gebadet habe. Ich bin einfach etwas durcheinander."
 

Das entsprach zumindest zum Teil der Wahrheit. Mehr konnte er Go jedoch nicht anvertrauen - um seinetwillen nicht.

Allerdings schlug die Erwähnung des gemeinsamen Bades mit Kuzowan bei Go sowieso ein wie eine Bombe, da sein Partner dabei unwillig den Mund verzog, als wollte er nicht gerne daran erinnert werden. Zögernd ließ er Takis Arm los.
 

"Okay." Go schob seine Hände in die Hosentaschen, damit sie nicht unvermittelt nach Taki griffen und ihn so lange schüttelten, bis die Wahrheit aus seinem Mund purzelte. "Okay", wiederholte er, mehr um sich selbst davon zu überzeugen, dass es okay war. "Dann zieh dich an und danach gehen wir runter zu Tsunega und besprechen, wie es mit diesem Job weitergehen soll."
 

Taki nickte knapp, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und stürmte auf sein Zimmer zu. Die Zeitung hielt er noch immer mit der einen Hand umkrampft, wie Go kopfschüttelnd bemerkte. Nachdenklich zog er in Richtung Küche davon, um den kleinen Kaffeesee vor der Tür aufzuwischen, um sich zu beschäftigen, bis Taki fertig war.
 

Der jedoch stand abermals zur Salzsäule erstarrt mitten in seinem Zimmer, kaum dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

Die Kehle durchgeschnitten.

Das war das Stichwort gewesen, das einen Irrtum ziemlich ausgeschlossen machte. Hinzu kamen noch die ganzen Umstände und -
 

"Miteinander schlafen dürft ihr beiden nicht."
 

"Verflucht, ich habe nicht mit Kuzowan geschlafen!", murmelte Taki und schleuderte die Zeitung wütend in eine Ecke.

Warum zum Teufel hatte er nicht mehr nachgedacht?!

Ach, woher hätte er denn wissen sollen, dass Seiji schon praktisch vor seiner Haustür stand? Wie hatte der Mistkerl ihn überhaupt gefunden? Und was zur Hölle sollte er jetzt tun?
 

In einer halb verzweifelten wie wütenden Geste fuhr sich Taki wild durch das zerzauste Haar, so dass es nur noch mehr so aussah, als hätte er erst kürzlich nähere Bekanntschaft mit einer Steckdose geschlossen.

Normalerweise würde er jetzt seine Sachen zusammenpacken - nur das Nötigste, versteht sich - und in einer Nacht- und Nebelaktion das Weite suchen.

Allerdings gab es bei normalerweise keinen Go.
 

Zum jetzigen Zeitpunkt konnte Taki noch nicht sagen, ob das gut oder schlecht war.
 

Kurz entschlossen rauschte er zu seinem Schreibtisch hinüber, fuhr den Laptop hoch und tippte eilig ein paar Befehle ein, während er sich bewusst war, dass er sich hier drinnen nicht mehr allzu lange aufhalten sollte, wenn er nicht wollte, das Go plötzlich im Zimmer stand, weil er so trödelte.

Als er sich versichert hatte, dass die Suche problemlos lief, tauschte Taki seine Schlafsachen hastig gegen eine Jeans und ein ärmelloses Hemd ein und knöpfte die Knöpfe noch im Gehen zum Badezimmer zu. Er warf Go, der gerade den riesigen Kaffeefleck beseitigte, einen kurzen Blick zu und rief: "Bin sofort fertig!"

Dann verschwand er im Bad und tauchte nach zehn Minuten wieder auf, zeitgleich mit Kanji, der mit einem neuen Tablett in der Wohnungstür stand und etwas grummelig: "Kaffee ist da", murrte.
 

"Klasse", strahlte Go und schlug Kanji freundschaftlich auf die Schulter, während er ihn gleichzeitig vor sich her aus der Wohnung schob. "Den kannst du uns gleich unten im Café servieren."
 

--
 

(c) Ashling
 

--
 

Ich bin eine Niete im Schreiben von irgendwelchen Berichten - sei es nun fürs Fernsehen, Radio oder für die Zeitung. Allerdings wollte ich nicht auch noch zusammenfassen, was der Fernsehreporter da nun von sich gibt, nachdem ich schon den Zeitungsartikel und die Nachrichtensprecherin ziemlich abgewürgt habe XD"

Gibt's dafür vielleicht Verbesserungsvorschläge?

Oder für eine andere Stelle?

Kritik? Anmerkungen? Spekulationen?
 

Ich warte^^
 

Danke fürs Lesen.
 

lg

- Ashling

act seven

Titel: Games

Teil: 7/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Tut mir Leid, dass ich schon wieder so lange für den nächsten Teil gebraucht habe, aber dieses Mal habe ich eine wirklich, wirklich gute Entschuldigung dafür: Ich habe im Abi-Stress gesteckt XD“ Tue es eigentlich immer noch, aber nur noch für den mündlichen Teil, von daher habe ich jetzt wieder etwas mehr Luft zum Atmen.

So. Ich hoffe, ihr seid alle noch nicht raus aus der Geschichte und findet euch wieder in die Story ein :) Vielen, vielen Dank für die superlieben Kommentare – auch die in meinem Gästebuch ;) Ich habe sie alle begeistert zur Kenntnis genommen, auch wenn ich jetzt nicht auf sie eingehe. Ich hoffe sowieso, dass ich nicht vergessen habe, irgendwem eine ENS zu schicken, der darum gebeten hat ^_^;; Wenn doch: Nicht böse sein, es war keine Absicht *smile*
 

act seven
 

„Darüber werde ich mit Hatozaki sprechen müssen“, meinte Tsunega nachdenklich, während er gleichzeitig abwesend ein Glas polierte.
 

Taki und Go hatten vor ihm auf zwei Barhockern am Tresen Platz genommen, jeder eine frische Tasse Kaffee vor sich. Sie konnten sich fast ganz ungestört unterhalten, da der Sonntagmorgen nicht allzu viele Gäste aus ihren Betten getrieben hatte und das Café Roost dementsprechend nur von einigen wenigen besetzt war.

Mimi, die ihnen beim Eintreten fröhlich zugewinkt, sich dann aber wieder ihrer Kundschaft zugewandt hatte, hätte die anfallenden Arbeiten problemlos alleine regeln können, aber das hätte Kanji vor lauter Freizeit dazu veranlasst, ständig in ihrer Nähe herumzuhängen.

Tsunega bedachte den Jungen das eine oder andere Mal mit strengen Blicken und wies ihn an, der armen Mimi etwas von ihrer Arbeit abzunehmen, um ihn aus der Hörweite zu bekommen.

Er mochte den blonden Jungen mit seinem frohen Naturell furchtbar gerne und wenn nicht gerade Taki und Go im Café waren oder jemand, der sich für seine Zaubertricks interessierte, leistete er auch wirklich gute Arbeit.

Nur musste etwas gegen seine laute Stimme getan werden. Und gegen seine Neugier. Jemand, der zu viel wusste und unbedacht dies laut herausposaunte, konnte gefährlich für Go und Taki werden.

Vorerst jedoch begnügte Tsunega sich damit, Kanji, wann immer er ihnen zu nahe kam, zu irgendeinem Tisch zu schicken oder ihm eine unnütze Arbeit aufzutragen, die möglichst viel Zeit in Anspruch nahm.
 

„Es ist noch nicht häufig vorgekommen“, fuhr Tsunega fort, während er das polierte Glas akribisch auf weitere Schmierflecken untersuchte und dann zurück in die Regalwand in seinem Rücken stellte, „dass einer unserer Auftragsprotagonisten inmitten des auszuführenden Auftrags stirbt.“
 

„Umgebracht wird“, korrigierte Go nachlässig und rührte abwesend in seiner Kaffeetasse.
 

„Meinetwegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein einfacher Einbrecher gewesen sein soll. Oder ein vergrämter Kunde.“ Tsunega schwang das Handtuch über seine Schulter und rückte seine Brille zurecht, ehe er sich dichter zu Go und Taki hinüber beugte. „Wenn ihr mich fragt, war das entweder jemand, den er sehr gut kennt und den er zu später Stunde noch ungefragt in sein Haus lässt, oder aber ein Profi.“
 

Takis Löffel fiel ihm aus der Hand und klirrte laut auf den Unterteller der Kaffeetasse. Er selbst erschrak über das plötzliche, laute Geräusch wohl mehr als Go, der zu seinem Partner herumfuhr. Auch Tsunega warf ihm einen stirnrunzelnden Blick zu.
 

Taki lächelte entschuldigend. „Tut mir Leid. Ist mir aus der Hand gerutscht.“
 

Go taxierte ihn aus schmalen Augen. Er war drauf und dran, das auszusprechen, was ihm schon den ganzen Morgen, ach was, bereits in der Nacht, als Taki diesen Alptraum gehabt hatte, auf der Zunge lag, entschied sich dann aber anders und schluckte die Worte mühsam hinunter. Wenn Taki sich ihm schon nicht mitteilen wollte, wenn sie beide allein waren, konnte er es wohl gleich bleiben lassen, zu fragen, wenn Tsunega bei ihnen stand, Kanji um sie herumscharwenzelte und einige Gäste des Cafés eventuell auch etwas hören könnten.

Aber er würde noch fragen, das schwor er sich. Taki war schon die ganze Zeit so abwesend, so nervös. Und seine beständigen Beteuerungen, dass absolut nichts wäre, straften seinen rein äußerlichen Zustand schon Lügen. Er sah… abgezerrt aus. Übernächtigt. Scheiße, um es in einem Wort zusammenzufassen.
 

Die Lippen fest zusammengepresst, damit ihm nicht doch noch ein unbedachtes Wort über sie hinwegrutschte, schaute Go zurück zu Tsunega, in dessen Blick er die gleiche Frage erkannte, die ihm bereits die ganze Zeit durch den Kopf geisterte. Allerdings sprach auch der Cafébesitzer sie nicht aus und vertraute damit wohl auf Go, dass er das schon regeln würde.

Was er auch tun würde.
 

„Ein Profi also“, nahm Go den Gesprächsfaden wieder auf, als wären sie niemals unterbrochen worden. „Ein Profi, der unsauber tötet, indem er seinem Opfer die Kehle durchschneidet? Auf was für einer Schule ist der denn gewesen?“
 

Tsunega zuckte mit den Schultern. „Ein Auftragskiller muss sich nicht dadurch auszeichnen, dass er mit einer überteuerten Feuerwaffe mordet. Hauptsache, er hinterlässt keine Spuren und sein Opfer ist tot. Das Wie ist dabei nebensächlich.“
 

„Dieses Wie ist mir eindeutig eine Spur zu widerlich“, betonte Go und trank einen Schluck Kaffee. Die Pause des Gesprächs nutzte er weiterhin, um Taki einen kurzen Seitenblick zuzuwerfen. Seit sie hier saßen, hatte er sich noch nicht durch besondere Teilnahme an ihrer Unterhaltung ausgezeichnet.
 

„Wie gesagt, es könnte auch jemand sein, den Kuzowan gut gekannt hat. Aber das ist nur meine Meinung.“ Abermals zuckte Tsunega mit den Schultern.

Er trat kurz einen Schritt zur Seite, um von Mimi eine Bestellung entgegenzunehmen, die gerade an der Theke erschienen war. Kanji trieb sich irgendwo im hinteren Bedienungsbereich herum und räumte einen Tisch ab; weit weg von der Gefahrenzone.
 

Als Tsunega wieder vor Go und Taki trat, meinte Go: „Ich schließe einen engen Bekannten aus. Der Mord muss passiert sein, kurz nachdem wir da weggefahren sind. Kuzowan hätte in seiner Wut und Schmach wohl kaum einen guten Bekannten angerufen, um sich bei ihm auszuheulen. Dafür ist er nicht der Typ. Gewesen“, setzte Go etwas verspätet nach.
 

„Schmach?“ Fragend hob Tsunega eine Augenbraue hoch.
 

Go warf einen Daumen in Richtung Taki. „Taki hier hat den guten Kuzowan ziemlich eiskalt abblitzen lassen.“
 

„So?“
 

Taki schoss einen grimmigen Blick auf Go ab, ehe er achselzuckend an Tsunega gewandt meinte: „Ich habe ihm nie gesagt, dass ich mit ihm ins Bett will.“
 

„Hätte ich auch nicht erwartet.“
 

Für einen Moment schien der Blick Tsunegas hinter den runden Brillengläsern mehr auszudrücken als das Offensichtliche. Taki überlief es sekundenlang eiskalt, als er den undurchschaubaren Augen begegnete, und unwillkürlich fragte er sich, wie tief sein Kontakt zur Polizei überhaupt war und wie gut ihm Informationen zugänglich waren, die sonst niemand einsehen durfte. Irgendwie bezweifelte er, dass Tsunega in diesem Augenblick davon sprach, dass Taki immer auf seine Heterosexualität pochte und niemals etwas mit einem Mann anfangen würde.

Vielleicht erlag er gerade aber auch nur einem weiteren Anflug von Paranoia.
 

Dann war der Moment jedoch vorbei und Tsunega machte sich geschäftig daran, nebenher einen Tee und zwei Cappuccino zuzubereiten, während er weiter sprach: „Dann legen wir uns also auf einen Profi fest.“
 

„Ja.“

Go nickte. Auch ihm war der merkwürdige Blickwechsel zwischen seinem Boss und seinem Partner eben nicht entgangen, allerdings wusste er dort viel weniger hineinzuinterpretieren als die anderen beiden.

„Und ein Profi impliziert, dass es jemanden geben muss, der ihn angeheuert hat. Jemand, der etwas gegen Kuzowan hatte und ihn aus dem Weg geräumt wissen wollte.“
 

„Oder aber der Profi ist der Auftraggeber selbst“, hielt Taki eine Spur zu schnell dagegen, was ihm verblüffte Blicke von zwei Seiten einbrachte. Er biss sich auf die Zunge und hätte sich am liebsten geohrfeigt für diese unüberlegten Worte. „Na ja, ich meine… also… nur so als eine Überlegung. Warum sollte der, der Kuzowan tot sehen wollte, nicht dieselbe Person sein, die ihn umgebracht hat?“
 

„Das könnte natürlich auch sein“, gab Go nach einer kurzen Weile des Schweigens zu. „Ist nur ungewöhnlich. Wie kommst du darauf?“
 

„Hn. Nur so.“ Plötzlich interessierte Taki sich wieder furchtbar intensiv für den Kaffee in seiner Tasse und nur, um etwas zu tun zu haben, riss er das beigelegte Päckchen Zucker auf und schüttete den gesamten Inhalt hinein. Da die Tasse nur noch knapp bis zur Hälfte gefüllt war, dürfte der Kaffee nun rettungslos versüßt sein.
 

Go bemerkte das mit einem skeptischen Blick, ermahnte sich aber erneut dazu, den Mund zu halten. Stattdessen konzentrierte er sich weiter auf ihre Arbeit.

„Wenn du schon mit Hatozaki sprichst“, wandte er sich an Tsunega, „könntest du ihn auch gleich mal fragen, was >sein Körper ist in keinem guten Zustand< bedeutet. Offensichtlich haben wir es mit einem gewaltbereiten Profi zu tun.“
 

Tsunega nickte langsam. „Ganz genau. Und aus diesem Grund wäre es mir auch lieber, Hatozaki würde euch von dem Job abziehen.“ Als Go verwundert den Kopf hob, fuhr er fort: „Ihr seid Auftragsdiebe mit dem Spezialgebiet Drogen und Waffen, keine Ermittler bei der Mordkommission. Ich möchte euch keiner unnötigen Gefahr aussetzen.“
 

„Gefahr ist Gefahr“, meinte Go abwinkend und führte die Kaffeetasse vor sich erneut an den Mund, als Taki überraschend ein verächtliches Schnauben ausstieß.
 

Abermals richteten sich zwei verwunderte Augenpaare auf ihn, was Taki dieses Mal jedoch gar nicht zur Kenntnis nahm. Düster starrte er in die zuckersüße, dunkelbraune Flüssigkeit in seiner Tasse, als würde sie ihm etwas offenbaren, was den anderen bisher verborgen geblieben war.
 

„Dieses Mal nicht“, murmelte er so undeutlich, dass sowohl Tsunega als auch Go, der direkt neben ihm saß, Schwierigkeiten hatten, ihn zu verstehen.
 

Dennoch verstand Go mehr, als nötig gewesen wäre. Und als Mimi mit einem Tablett zum Tresen kam, um die zwei Cappuccino und den Tee aufzuladen, handelte er sogleich. Er packte Taki am Arm und zog ihn nicht gerade sanft von seinem Hocker herunter.
 

„Hey, verdammt!“, rief Taki wütend und schien zum ersten Mal an diesem Morgen wirklich aus seiner beängstigenden Lethargie gerissen worden zu sein, als er Go aus sturmgrauen Augen anfunkelte.

Gut, wenn er Taki erst zornig machen musste, damit er sich nicht mehr so merkwürdig benahm, dann nahm er das nur zu gern in Kauf. Alles war besser als diese finstere Gestalt, die andauern kryptische Andeutungen machte.
 

„Wir müssen reden.“ Gos Stimme klang hart und befehlend; sie duldete keinen Widerstand. „Jetzt.“
 

„Wir reden doch schon die ganze Zeit! Au! Lass mich los, Go. Du tust mir weh!“
 

Mit aller Macht stemmte sich Taki gegen Gos schraubstockartigen Griff, versuchte irgendwie, sich daraus frei zu winden, erreichte mit seinem Gezeter und Gezerre jedoch nur, dass die Aufmerksamkeit aller Gäste des Cafés ungeteilt auf ihnen lag.

Tsunega verfolgte sie ebenfalls leicht belustigt mit Blicken, obwohl es Taki alles andere als gefiel, dass er von Go wie ein störrischer Hund an der Leine hinter ihm her quer durch das Café gezogen wurde. Ihr Ziel war unverkennbar die Tür, die zu dem Treppenhaus und somit auch zur ersten Etage zu ihrer Wohnung führte.

Kanji starrte sie verdattert an, als sie ihn passierten.
 

„Soll ich euch irgendwas hochbringen?“, fragte er mit Unschuldsmiene und erhoffte sich einen winzigen Augenblick Anwesenheit während des Streitgesprächs, das sicherlich gleich folgen würde.
 

„Nein“, raunzte Go, ignorierte weiterhin Takis Proteste und stieß die Tür zum Treppenhaus auf, bugsierte seinen Partner hindurch und zog die schwere Tür wieder ins Schloss.
 

Unheimliche Stille kehrte ins Café ein, die nur von der leise gestellten Musik im Hintergrund unterbrochen wurde.

„Keine Sorge“, beruhigte Tsunega seine verwirrten Gäste im fröhlichen, gut gelaunten Ton und lächelte breit wie ein Löwendomteuer, der seinen Zuschauern erklärte, dass seine süßen Kätzchen niemandem etwas zuleide tun würden. „So geht es bei den beiden immer zu. Möchte noch jemand etwas bestellen?“
 

~*~
 

Kaum war die Wohnungstür hinter den beiden ins Schloss gefallen, ließ Go Takis Arm los, der ihn auch sofort besitzergreifend an sich riss. Seine protestierende Tirade wandelte sich augenblicklich in eine anschuldigende.
 

„Was zur Hölle sollte das?! Du kannst mich doch nicht wie ein Stück Vieh hinter dir herzerren! Ich bin weder dein Eigentum noch unfähig zu gehen! Außerdem hatte ich noch Kaffee in meiner Tasse und nicht die geringste Lust, jetzt schon aufzubrechen! Zu welchem Zeitpunkt ist mir entgangen, dass du dich plötzlich zum totalitären Leiter unseres Teams aufgeschwungen hast?!“
 

Mit verschränkten Armen wartete Go mehr oder minder geduldig darauf, dass Taki sich seine Wut von der Seele geredet hatte, obwohl es ihn teilweise echte Anstrengung kostete, nicht doch dazwischen zu platzen. Als es jedoch nicht so aussah, dass Taki sich in den nächsten Minuten endlich den Mund fusselig geschimpft hatte, er sich im Gegenteil sogar noch richtig in Rage redete, wie seine wild in der Luft herumfuchtelnden Hände verdeutlichten, fuhr Go einfach dazwischen.
 

„Halt mal für ’ne Sekunde den Schnabel und erklär’ mir, was hier los ist.“
 

„Was hier los ist?“, echote Taki und blitzte Go zornig an. Mit ein paar schnellen Schritten kam er vor ihm zu stehen und stieß ihm wenig sanft vor die Brust. „Das hätte ich gerne von dir gewusst!“
 

Go biss die Zähne zusammen und reagierte nicht auf den körperlichen Angriff. „Was weißt du über diese ganze Sache?“, fragte er stattdessen und hoffte darauf, dass Taki sich so in seiner Wut verloren hatte, dass er einfach alles ausplaudern würde.
 

Allerdings hatte er sich dabei getäuscht. Taki blinzelte nur einen Augenblicklich lang irritiert und wollte dann wissen: „Was? Über welche Sache?“
 

„Über diese Sache.“ Go machte eine ausschweifende Bewegung. „Über unseren Auftrag. Über Kuzowan. Über seinen Tod oder seinen Mörder. Was weiß ich. Das sollst du mir ja sagen.“

Er sah, wie Taki zögerte und einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und Go brachte. Aha. Da war also doch was.

„Du weißt was.“ Es war eine reine Feststellung. Für Go war es mittlerweile unumstößlich, dass Taki ihm irgendetwas vorenthielt.

Warum?

Aus irgendeinem Grund versetzte ihm das einen unangenehmen Stich in der Herzgegend.
 

„Ich weiß so viel wie du“, schnappte Taki. Es war jedoch eine gewisse Vorsicht in seine Augen getreten, die nun wiederum Go wütend machte. Irgendetwas war hier doch, verdammt noch mal, im Busch!
 

„Aha. Wieso nur glaube ich dir nicht?“
 

„Weil du paranoid bist und einen Hang zu Halluzinationen hast?“, schlug Taki freundlich vor. In seinen Augen stand jedoch beißender Sarkasmus.
 

„Lustig.“ Gos Stimme troff ebenfalls vor Spott. „Du benimmst dich den ganzen Morgen total seltsam, bist weggetreten, panisch und schreckhaft, machst merkwürdige Andeutungen, bist über diesen Mord völlig geschockt und weißt offensichtlich mehr als ich. Dann dieser Alptraum in der Nacht.“
 

„Herrgott noch mal, man darf ja wohl noch schlecht träumen.“ Aufgebracht warf Taki die Hände in die Luft und marschierte auf sein Zimmer zu, als wollte er diese Diskussion abrupt dadurch beenden, indem er einfach eine verschlossene Tür zwischen sie brachte.
 

„Oh nein, so nicht!“

Go sprang vor und hielt Taki erneut am Arm zurück, woraufhin dieser zornbebend herumfuhr und sich in derselben Bewegung so ruckartig losriss, dass Go keine andere Chance hatte, als ihn loszulassen.

„Wir werden da jetzt drüber reden“, sagte er dennoch und folgte Taki, der weiter auf seine Zimmertür zu stob. „Was verheimlichst du vor mir?“
 

„Gar nichts!“, explodierte Taki und wirbelte zu Go herum. Erschrocken japste er nach Luft, als nun er hart vor die Brust gestoßen wurde und mit dem Rücken gegen seine Zimmertür fiel, die er fast erreicht hatte.
 

Go stemmte seine Arme rechts und links seines Kopfes an der Tür ab, verbaute jeden Fluchtweg zur Seite oder nach vorn, wobei sich ihre Körper jedoch nicht berührten.

Ihrer beider Atem ging vor unterdrücktem Zorn schnell, die Luft um sie herum war geradezu angespannt von der Feindseligkeit, die sie sich gegenseitig an den Kopf warfen. Geschlagene zwanzig Sekunden starrten sie sich nur stumm und mit vor Wut verzerrten Gesichtern in die Funken sprühenden Augen.
 

Dann meinte Go hart: „Okay. Dann sag mir: Wer ist Asako?“
 

Taki riss keuchend die Augen auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Damit hatte er absolut nicht gerechnet. Ihr zerstörtes Gesicht flammte so plötzlich vor seinem inneren Auge auf, dass er zusammenzuckte. Der makabere Traum, der ihn in der Nacht noch gequält hatte, kehrte in schillernden Farben in sein Gedächtnis zurück und vermischte sich auf grässliche Weise mit der Realität. Unbewusst krampfte er die Hände zu Fäusten zusammen, als wollte er damit gegen die Gespenster seiner Vergangenheit antreten; ein Kampf, der von vornherein aussichtslos war, weil alles schon geschehen war.
 

„Sie… hat nichts damit zu tun“, würgte Taki heiser hervor und war geschockt über den Zustand seiner Stimme. Er schloss die Augen, schluckte einmal hart und begegnete dann wieder Gos dunklen Augen. „Sie hat nichts damit zu tun“, wiederholte er fester.
 

„Sie existiert also doch“, stellte Go fest, als hätte sich gerade etwas bestätigt, das er ohnehin schon längst wusste. So war es auch. Dazu kam allerdings auch noch die etwas verblüffende Erkenntnis, dass es ihn tatsächlich leicht eifersüchtig machte, dass Asako aus Fleisch und Blut war und keine Figur, die eine einfache Rolle in Takis Alptraum übernommen hatte.

„Du hast mich angelogen.“
 

Taki starrte Go an und war für ein paar Sekunden noch mehr aus dem Gleichgewicht gebracht als ohnehin schon, da sich leichter Schmerz in den dunklen Augen abzeichnete. Ihm lag auf der Zunge, Go damit zu sticheln, dass er seine Vergangenheit auch nicht gerade wie ein jedermann zugängliches Fotoalbum vor sich hertrug, brachte die Worte letztendlich aber nicht über die Lippen. In seinem Inneren bröckelte die sehr hohe und sehr dicke Mauer, die er seit damals um sich herum aufgebaut hatte.
 

Irgendwie hatte Go gehofft, dass Taki nun vielleicht doch von selbst anfangen würde, über Asako und ihren aktuellen Job zu sprechen, was ja offensichtlich alles irgendwie zusammenhing. Die Tatsache, dass er es nicht tat, wurmte und verärgerte ihn zugleich. Er hätte nicht gedacht, dass Taki ihm so wenig vertraute.
 

„Was hat Asako mit dem Auftrag zu tun?“

Er konnte genau erkennen, dass Taki bei der Nennung des Namens zusammenzuckte. Das hatte er auch schon in der Nacht getan und Go wusste, dass er Taki mit dem Aussprechen dieser paar Buchstaben verletzte. Aber… anders war aus ihm nichts herauszubekommen. Vor lauter Wut hatte er sich nicht verplappert, vielleicht aus… seelischem Schmerz?
 

Taki schloss die Augen. „Nichts“, sagte er fest, und dann, Go wieder ansehend: „Gar nichts.“
 

„Wer ist sie dann?“
 

„Das geht dich nichts an“, flüsterte Taki und wich seinem Blick aus.
 

„Aber offensichtlich hängt sie auf irgendeine Art und Weise mit in dieser Sache drin“, beharrte Go und versuchte anschließend, an Takis Vernunft zu appellieren. „Taki, hör mal. Wenn du irgendetwas zu diesem Job weißt, das uns weiterbringen könnte, dann sag es, bitte. Oder… oder vertraust du mir nicht genug?“
 

Taki machte eine vage, hilflose Geste, die von einem gequälten Gesichtsausdruck begleitet wurde. „Das hat damit nichts zu tun.“ Er hasste sich dafür, dass seine Stimme so schwach und brüchig klang, aber er konnte es nicht ändern. Einerseits wollte er sich Go gerne anvertrauen, sich alles von der Seele reden, aber andererseits wollte er ihn nicht verlieren, gleich auf welche Art das sein mochte. Wenn Seiji wirklich so nah war…

„Ich vertraue dir. Und du solltest mir diesbezüglich auch vertrauen. A…Asako“ – er merkte, wie seine Stimme allein bei ihrem Namen heftiger zu zittern anfing – „hat nichts mit Kuzowan zu tun.“

Wie sollte sie das auch?, dachte er qualvoll und schloss hastig abermals die Augen, als er sie verräterisch brennen fühlte. Nicht. Vor. Go.
 

Er zuckte zusammen und sah wieder auf, als Go mit den flachen Händen rechts und links seines Kopfes gegen die Tür schlug. Sein Gesichtsausdruck hatte sich erneut von vernünftig zu wütend gewandelt.
 

„Verdammt, Taki! Wenn sie irgendeine deiner zig Affären ist und du sie aus irgendeinem bescheuerten Grund oder einem unangebrachtem Anflug von Beschützerinstinkt schützen willst, dann –“
 

„Halt die Klappe!“, rief Taki nun ebenfalls wieder zornig dazwischen. „Sie ist keine verfluchte Affäre, klar?! Du weißt nichts, aber auch rein gar nichts über sie, also red’ gefälligst nicht so abfällig von ihr, verstanden?!“
 

Binnen Sekunden hatte Go entschieden, dass ihm ein wütender Taki immer noch tausendmal besser gefiel als ein gequälter und damit wusste er sich wenigstens auseinanderzusetzen.
 

„Wunderbar!“, erwiderte er in derselben Lautstärke schroff. „Dann sag mir doch einfach, wer sie ist!“
 

Taki biss verdrießlich die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. „Diese Diskussion ist ein Witz.“
 

Dann fiel er plötzlich nach hinten und aus Gos Blickfeld heraus, während er selbst ein paar verdutzte Schritte nach vorne taumelte, ehe er begriff, dass Taki unbemerkt die Tür zu seinem Zimmer geöffnet hatte.
 

„Ich habe keine Lust, mich weiter mit dir darüber zu streiten“, stellte Taki eisern klar und positionierte sich wohlweißlich so vor seinem Schreibtisch, dass er hoffte, dass Go den Laptop nicht sah. Ein schneller Blick hatte ihm genügt, zu erkennen, dass die Suche, die er heute Morgen gestartet hatte, abgeschlossen war. Go würde dafür mangels Kenntnis etwas länger brauchen, aber er wollte trotzdem nichts riskieren.

„Kühl erstmal dein hitziges Gemüt ab.“
 

Go schnaubte verächtlich und war immer noch etwas verwirrt davon, wie Taki sich aus der räumlichen Zwickmühle geschlichen hatte. Allerdings erkannte er, dass sein Partner mal wieder auf vollkommen stur schaltete. Möglicherweise wusste ja Tsunega, wer Asako war? Oder er gab ihren Namen einfach in eine Suchdatenbank ein? Aber wie viele Asakos gab es wohl? Und außerdem hatte er nicht so viel Ahnung von Computern wie Taki, der die passenden Informationen sicherlich in wenigen Minuten heraussuchen könnte.

Mal ganz davon abgesehen, dass er gar keinen Computer hatte und so wie Taki seinen Laptop bewachte, sah es nicht danach aus, als wollte er ihn demnächst freigeben.
 

Apropos bewachen.
 

Bildete er sich das ein oder verbaute Taki ihm tatsächlich die Sicht auf den Laptop?
 

Er erkannte nicht viel auf dem Bildschirm, registrierte in ein paar Augenblicken aber dennoch, dass ein Fenster beständig und ziemlich penetrant rot blinkte: Suche abgeschlossen.
 

Was für eine Suche?
 

Mit zwei schnellen Schritten war er näher getreten, was Taki mit entsetzt geweiteten Augen bemerkt hatte und sich ihm direkt in den Weg stellte.

„Raus aus meinem Zimmer“, sagte er in so eisiger Tonlage, die alles und jeden im Umkreis von zehn Metern gefrieren ließ. Der passende Blick dazu traf Go aus stahlharten Augen.
 

Einen Moment lang rührte Go sich nicht vom Fleck und begegnete dem Blick mit der gleichen Härte, die bei ihm jedoch eher daherrührte, dass ihn mehr und mehr das Gefühl beschlich, dass Taki ihn ausschloss. Ihm nicht vertraute. Gar nicht mehr vertraute.

Dann beschloss er, es drauf ankommen zu lassen. Offenbar kam er mit Worten hier ohnehin nicht weiter.

Ohne lange zu zögern, schubste Go Taki an die Seite. Für seinen Partner kam dies so überraschend, dass er sich die ersten Sekunden lang nicht dagegen wehren konnte. Diese Sekunden reichten Go jedoch, um das blinkende Feld auf dem Computerbildschirm genauer unter die Lupe zu nehmen. Was er sah, verstärkte den Schmerz in seinem Herzen noch. Ein offener Beweis von Takis Misstrauen gegen ihn.
 

Wenige Sekunden später war Taki vorgeschnellt und klappte resolut den Laptop zu, doch es war bereits zu spät.
 

„Wer ist Seiji Reiyamata?“, fragte Go leise und ohne Taki aus den Augen zu lassen.
 

Flüchtig erwog Taki, seine Universalantwort „Niemand“ zu geben, aber nach einem Niemand hätte er wohl kaum eine Suche gestartet und sie obendrein vor Go verheimlicht. Außerdem würde er Go damit noch wütender machen.

Also entschied er sich für die Wahrheit.
 

„Das geht dich nichts an.“
 

„Hat er was mit dem Auftrag zu tun?“
 

„Nein.“
 

„Lüg mich nicht an!“
 

Taki biss die Zähne zusammen und zwang sich dazu, Go geradewegs in die Augen zu sehen. „Er hat nichts mit dem Auftrag zu tun!“
 

„Genau wie Asako?“
 

Taki zuckte zusammen, antwortete aber: „Sie auch nicht.“
 

„Hat er Kuzowan umgebracht? Reiyamata?“
 

„Das…“ Taki holte tief Luft. „Das versuche ich gerade herauszufinden.“
 

Anstatt dass diese Antwort Go beruhigte, wie Taki insgeheim gehofft hatte, da sie vollkommen der Wahrheit entsprach, brachte sie Go schier zum Explodieren.

„Und seit wann, verdammt noch mal, arbeitest du allein?! Ich dachte, wir sind ein Team, Taki. Wieso schließt du mich hierbei aus?“
 

„Ich schließe dich nicht aus! Ich gehe nur meinen Weg bei diesen Ermittlungen.“
 

„Was gleichbedeutend ist mit >ausschließen<“, schnappte Go, inzwischen jedoch mit weit weniger Nachdruck als zuvor. Er wusste nicht mehr weiter. Takis Verhalten entzog sich vollkommen seinem Verständnis und egal, was er tat, er bekam nichts aus ihm heraus. Er hatte versucht, ihn wütend zu machen, ihn bewusst zu verletzen, ihn mit knallharten Fakten zu konfrontieren, und bei all diesen Versuchen waren seine Lippen verschlossen geblieben.

Go war nicht so dumm, dass er nicht begriff, dass es hier um etwas aus Takis Vergangenheit ging, das sich offensichtlich zufällig mit einem ihrer Aufträge verwebte. Um etwas, über das er partout nicht sprechen wollte, das ihm obendrein Angst machte und das mit zwei, Go unbekannten Personen zu tun hatte. Asako und Seiji Reiyamata.

Aber er begriff den Zusammenhang nicht. Und er begriff nicht, warum Taki ihn so eisig anfunkelte, statt sich ihm anzuvertrauen und so seine Bürde vielleicht leichter werden zu lassen.

Er begriff gar nichts mehr.
 

Taki schluckte hart, als er fast wie in Zeitlupe mitverfolgen konnte, wie Go resignierte. Allerdings bemühte er sich darum, den harten Blick in seinen Augen und die abweisende Körperhaltung nicht einbrechen zu lassen. Es war doch bloß das Beste für Go, wenn er sich hier heraushielt! Er mochte dies vielleicht nicht einsehen, aber Taki wusste es besser; jetzt noch mehr, nach Kuzowans Tod.

Gleichzeitig wuchs jedoch das kaum zu ignorierende Bedürfnis in ihm heran, Go in irgendeiner Art und Weise Halt zu geben, denn offensichtlich verlor der gerade absolut jegliches Vertrauen in ihn. Aber das konnte er nicht ändern. Vielleicht konnte er es später wieder aufbauen, aber im Moment… war es vielleicht besser so.
 

„Go.“ Takis Stimme war während der kurzen Pause, die sich in ihr Streitgespräch eingeschlichen hatte, ebenfalls wesentlich ruhiger geworden und vermittelte jetzt nur noch reservierte Kühle. „Wenn du mir diesbezüglich nicht vertraust, dann… dann…“

Der Blick aus den dunklen Augen seines Gegenübers war so verloren, dass Taki ins Stammeln geriet.
 

„Dann was?“, wollte Go tonlos wissen.
 

„Dann… gehe ich besser.“

Taki konnte beinahe körperlich miterleben, wie diese Worte Go trafen, da er, als er sie aussprach, selbst einen tiefgehenden Schmerz in sich spürte. In Gedanken versuchte er, sich immer wieder damit zu trösten, dass es nicht anders ging, dass er Go somit nur half und dass er ihn aus der Gefahrenzone brachte. Also tat er damit nur das, was gut für Go war. Er fragte sich allerdings, warum es sich dann trotzdem so falsch anfühlte.
 

„Gehen“, wiederholte Go dumpf, als hörte er dieses Wort heute zum allerersten Mal. „Wohin gehen?“
 

Traurig schüttelte Taki den Kopf. „Wenn ich es dir sagen würde, würdest du mir doch nur folgen.“ Händeringend, weil Gos Gesichtsausdruck immer verzweifelter und verständnisloser wurde, erklärte Taki weiter: „Bitte, Go. Ich muss das hier erledigen. Allein. Kannst du das nicht verstehen?“
 

„Nein“, war Gos schlichte Antwort darauf, kurz bevor er widerstandslos das Zimmer verließ und leise die Tür hinter sich ins Schloss zog.
 

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(C) Ashling
 

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Uh, ich hoffe, das war nicht zu viel Streit in einem einzigen Teil XD“

Danke fürs Lesen^^
 

lg

- Ashling

act eight

Titel: Games

Teil: 8/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Vielen Dank für eure lieben Reviews :) Ich bin immer noch ganz begeistert, dass ihr offenbar so begeistert von der Story hier seid^^ Und sie findet und findet kein Ende XD“ Nun denn, wünsche euch trotzdem viel Spaß beim Lesen *smile*
 

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act eight
 

Am nächsten Tag war Taki verschwunden.

Für Go kam das nicht sonderlich überraschend, da er seinen Partner am Tag zuvor bereits mehr oder weniger unauffällig dabei beobachtet hatte, wie er einige Sachen zusammengepackt hatte – darunter natürlich auch den Laptop. Go hatte versucht, sich so wenig wie möglich von Takis Auszugsplänen getroffen zu zeigen und sich dem sogar vermeintlich gleichgültig gegenübergestellt, so dass sie nach ihrem Streit kaum noch miteinander geredet hatten. Es wäre ohnehin sinnlos gewesen, Taki danach zu fragen, wo er gedachte, unterzutauchen, wann er vorhatte, zurückzukehren, und wie es jetzt mit ihnen weitergehen sollte. Taki hätte ohnehin nicht vernünftig auf diese Fragen geantwortet.

Ebenso aussichtslos war es natürlich gewesen, Taki aufhalten zu wollen, was Go jedoch nicht einmal versucht hatte, nachdem er sich mit Taki gestritten hatte.
 

Dass Taki verschwunden war, bemerkte Go gleich beim Aufwachen am Montagmorgen. Es war ein komisches Gefühl, als er halbwegs wach war und sich so gar nichts in der Wohnung regte. Alles war still und… leblos um ihn herum. Von draußen konnte er dumpf den Lärm des allmorgendlichen Verkehrs wahrnehmen, der ihm auf einmal viel lauter als sonst erschien. Allerdings bildete er sich das vermutlich nur ein, weil er sich so sehr darauf konzentrierte, um überhaupt irgendetwas anderes als seine eigene Atmung zu hören.

Irgendwann machte ihn das jedoch verrückt und er schwang die Beine aus dem Bett, um nachzusehen, ob Taki wirklich nicht da war, so wie er vermutete. Immerhin hätte er sonst wohl kaum gestern stundenlang seine Sachen gepackt.
 

Takis Zimmer war tatsächlich verlassen, wenn auch nicht ausgeräumt. Außer dem Laptop schienen nur ein paar Kleidungsstücke zu fehlen und im Bad seine Waschsachen. Wahrscheinlich war er ganz früh morgens aufgestanden und gegangen, oder vielleicht sogar schon in der Nacht; er hatte auf jeden Fall wert darauf gelegt, Go nicht noch einmal zu begegnen.
 

Unglücklich verzog Go die Mundwinkel und murmelte einen unverständlichen Fluch, während er sich lustlos auf ins Bad machte, um sich zu waschen und anzuziehen. Nur weil Taki einen Alleingang plante, hieß das noch lange nicht, dass er ihm das durchgehen lassen, geschweige denn erlauben würde. Gestern hatte er zwar schnell während ihres Streitgespräches aufgegeben, aber das nur, weil es ihn zu sehr verletzt hatte, weiter zu bohren, ob Taki ihm wirklich so wenig vertraute.

Bisher hatte er geglaubt, dass sich das Vertrauen zwischen ihnen eher wesentlich verstärkt hatte. Sie hatten sich schließlich schon häufiger ohne Worte verstanden, hatten einander aus brenzligen, wenn nicht gar lebensgefährlichen Situationen herausgeholfen, hatten die eine oder andere Zärtlichkeit ausgetauscht und… hatten sich einfach vertraut.

Go wollte weder glauben, dass das alles nur gespielt gewesen war, noch dass das alles nun von einem Moment auf den anderen vorbei sein sollte.
 

Deshalb war er auch zu dem Entschluss gekommen, dass er Taki nicht einfach machen lassen würde, sondern sich – wenn sein sturer Partner es offensichtlich so wollte – ebenfalls im Alleingang an die Lösung dieses Falls machen würde. Da sie das gleiche Ziel verfolgten, mussten sich ihre Wege unweigerlich irgendwann wieder treffen. Wenn er dabei hin und wieder auf Takis Weg rüber sprang, nur ganz kurz und vorsichtig, um zu gewährleisten, dass sich sein Partner nicht starrsinnig in irgendwelche Schwierigkeiten brachte, wäre das allerdings sicherlich auch okay.
 

Nachdem er sich angezogen hatte, machte sich Go auf den Weg nach unten ins Café Roost. Tsunega musste inzwischen mit Hatozaki gesprochen haben und vielleicht hatte er ein paar Informationen für ihn, die ihm weiterhalfen.

Zu Gos Überraschung traf er den Polizisten persönlich unten im Café an, wo er es sich auf einem Hocker am Tresen gemütlich gemacht hatte und Kanji dabei zuschaute, wie er einen Kartentrick vorbereitete. Mimi war nirgends zu sehen und Go erinnerte sich erst etwas verspätet daran, dass das Mädchen hier nur aushilfsweise arbeitete und vermutlich gerade in der Schule saß. Tsunega hingegen wirkte ein wenig grummelig, dass sein einziger, anwesender Kellner seine wenigen Gäste sträflich vernachlässigte, um stattdessen lieber seinem leidigen Hobby der Zauberei zu frönen.
 

„So.“ Kanji hielt dem Polizisten verdeckt zehn auf der Hand aufgefächerte Karten entgegen. „Jetzt ziehen Sie eine, bitte. Nein, doch nicht die. Nehmen Sie lieber die hier.“ Kanji zupfte verführerisch an einer Karte herum, die Hatozaki mit verblüfft hochgezogenen Augenbrauen tatsächlich nahm.
 

„Wo ist der Trick dabei, wenn du die Karte kennst, die ich ziehe?“
 

„Ich kenne sie doch gar nicht“, behauptete Kanji scheinheilig. „Haben Sie sich das Blatt gut gemerkt? Ja? Dann stecken Sie sie wieder rein – nein! Hierhin, hierhin.“ Kanji zeigte ihm die Stelle, indem er die Karten etwas auseinander schob.
 

Go rollte mit den Augen und trat endlich näher an den Tresen heran, nachdem er erkannt hatte, dass Kanji den Trick mal wieder vollkommen versaute.

„Guten Morgen“, grüßte er in die Runde und bestellte gleich im Anschluss bei Tsunega einen Kaffee. Allerdings hätte er sich den Atem sparen können, weil noch im selben Augenblick eine Tasse vor ihm auf der Theke landete. Unwillkürlich musste Go grinsen. „Siehst du, Kanji? Das ist Zauberei.“
 

„Ah, warte, das hier ist auch Zauberei“, beteuerte Kanji eifrig, breitete die zehn Karten verdeckt ziemlich aufwändig auf der Theke aus und pendelte theatralisch mit dem ausgestreckten Zeigefinger über den Karten herum. „Sie haben gezogen… Sie haben gezogen…“, murmelte er fast wie in Trance, ehe sein Finger auf einmal auf eine Karte zuschoss. „Die hier!“ Er drehte die Karte um. „Die Kreuz Neun!“
 

„Eh…“ Man konnte Hatozaki förmlich ansehen, dass er sich unwohl dabei fühlte, nicht die Kreuz Neun gezogen zu haben, als er schließlich zögerlich herausrückte: „Eigentlich… war es die Karo Vier.“
 

Kanjis Augen wurden groß und rund wie Untertassen. „Was? Aber… aber… was habe ich denn falsch gemacht?“
 

„Die Wahrheit? So ziemlich alles, was du falsch machen konntest, Kanji.“ Go lehnte sich über Hatozaki hinweg und tippte auf eine andere verdeckte Karte. „Das ist die Karo Vier.“
 

Misstrauisch verengte Kanji die Augen, ehe er doch ein wenig neugierig die Karte aufdeckte. Eine Karo Vier kam zum Vorschein, die Tsunega und Hatozaki in lautes Gelächter ausbrechen ließ und Kanji vor Ehrfurcht fast auf die Knie beförderte.

„Das kann nicht wahr sein“, flüsterte er achtungsvoll und hob ganz langsam den Blick, um dem Gos zu begegnen. „Wie hast du das gemacht? Du hast den Trick doch nicht einmal ausgeführt!“
 

„Stimmt. Aber so wie du ihn ausgeführt hast, war das ein Kinderspiel.“

Eigentlich hatte Go mit seinen etwas schroffen Worten erreichen wollen, dass Kanji endlich von der Zauberei abließ, um nicht alle Zauberkünstler und Trickbetrüger in Verruf zu bringen, aber zu seinem Entsetzen sprang Kanji auf einmal an seine Seite und bettelte und flehte darum, dass Go ihm die richtige Ausführung dieses Tricks unbedingt beibringen müsste – und sowieso noch viel, viel mehr, das er alles beherrschte.
 

„Kanji“, schaltete sich Tsunega irgendwann knurrend ein, „ich glaube, heute bist du dein Gehalt absolut nicht wert. Da drüben möchte jemand zahlen und die zwei Damen da hinten haben auch schon seit einer Weile nichts mehr zu trinken.“
 

„Was?“ Kanjis Kopf fuhr in die angegebene Richtung herum. „Oh. Mist. Ich komme!“, rief er dem erneut hektisch mit seiner Geldbörse winkenden Gast zu, schnappte sich sein Tablett vom Tresen und sauste zu den Tischen hinüber.
 

Tsunega rollte mit den Augen und murmelte etwas Unverständliches, ehe er sich mit einem verschmitzten Grinsen an Go wandte: „Und, wo hast du Taki gelassen? Ist er dir noch sauer wegen gestern?“
 

„Könnte man so sagen. Er ist gegangen.“
 

„Gegangen? Wohin?“
 

„Weg?“, schlug Go schulterzuckend vor, obwohl er das nur halb so lässig aufgenommen hatte, wie er es sagte. Auf den irritierten Blick von Tsunega hin führte er weiter aus: „Wir haben uns oben etwas heftiger gestritten und es hat sich herausgestellt, dass Taki offensichtlich lieber allein an diesem Fall arbeiten wollte als mit mir zusammen. Er verhielt sich schon die ganze Zeit etwas merkwürdig. Tja… und dann… ist er in der Nacht wohl verschwunden.“
 

Tsunega starrte ihn noch immer an, als ergäben die ganzen Worte absolut überhaupt keinen Sinn für ihn, und in der Tat wollte sein Gehirn die sich hier offenbarende Tatsache auch nur langsam aufnehmen. Für ihn hatten Taki und Go als Partner bei ihrer Arbeit immer zusammengehört. Er hatte sich selbst beglückwünscht, als er Taki damals Go zur Seite gestellt hatte; diesen kühlen, blonden, jungen Mann, der ganz plötzlich aufgetaucht war. Zusammen hatten sie viele, teilweise sehr schwierige Jobs gemeistert, und Tsunega hatte bei keinem einzigen vermutet, dass Taki es irgendwie lästig oder müde geworden wäre, als Drogendieb und obendrein mit Go zusammen zu arbeiten.

Aber offensichtlich hatte er sich da getäuscht.
 

„Jetzt sieh mich nicht so an“, murrte Go ein wenig geknickt. „Ich habe auch nicht gewollt, dass er geht, aber er hatte wohl irgendwie das Gefühl, dass er das alleine machen muss. Ich…“ Go zögerte einen Moment, ob er seine Vermutung laut aussprechen sollte, aber dann dachte er sich nur: Was soll’s? Wenn er Taki nicht verstand, tat es vielleicht ein anderer oder half ihm zumindest dabei, Taki zu verstehen. War Hatozaki nicht Polizeiermittler? War es nicht seine Aufgabe, Puzzleteile zu einem Ganzen zusammenzusetzen? Vielleicht konnte er ihm ja helfen.
 

„Ich glaube, dass der aktuelle Fall irgendwie mit ihm zusammenhängt“, rückte er dann mit der Sprache heraus und sah abwechselnd Tsunega und Hatozaki an. „Oder besser gesagt mit seiner Vergangenheit. In diesem Zusammenhang tauchen zwei Namen auf und da… nun, da Taki in unserem Team der Computerspezialist ist, habe ich mich gefragt, ob Sie vielleicht etwas über die beiden in Erfahrung bringen könnten, Hatozaki-san?“ Er schaute den Polizisten neben sich fragend an, der sich nachdenklich das Kinn rieb.
 

„Bevor Sie irgendwelche Bitten an mich richten, sollte ich vielleicht erst einmal klarstellen, dass die Polizei Sie von dem Auftrag abzieht.“
 

Go riss überrascht die Augen auf. „Was? Wieso?“ So etwas war nicht gerade normal bei ihren Auftraggebern.
 

„Nun, wie Ihnen sicherlich nicht entgangen sein dürfte, wurde Kuzowan ermordet, und das auf keine sehr erfreuliche Weise.“ Er nickte in Richtung Tsunega. „Tsunega hat mir schon Ihre Fragen übermittelt. >sein Körper befindet sich in keinem guten Zustand< bedeutet nichts anderes, als dass er offensichtlich vor seinem Tod gefoltert wurde.“ Hatozakis Miene wurde hart. „Es wurden ihm drei Finger gebrochen, einer abgetrennt und unter drei weiteren steckten Nadeln.“
 

„Nadeln?“, ächzte Go geschockt.
 

„Ja. Er hat mehrere Verletzungen im Gesicht, als wenn er geschlagen worden wäre, und zwei Rippen sind gebrochen. Unter seiner linken Fußsohle befinden sich frische Brandnarben.“
 

Go presste die Lippen zusammen und versuchte mit aller Macht, die sich ihm aufdrängenden Bilder aus seinem Kopf zu bekommen. Ein starkes Gefühl der Übelkeit machte sich penetrant in ihm breit und ohne, dass er sich dessen bewusst war, schob er die Kaffeetasse etwas aus seiner Reichweite.

„Interessant“, würgte er hervor.
 

„Nein. Grauenhaft.“
 

Go machte eine vage Handbewegung, um auszudrücken, dass er das ja meinte. Allerdings wusste Hatozaki das vermutlich ohnehin und er wollte gleichfalls nur seinen Ekel vor dieser Tat ausdrücken.

„Schätzungsweise wollen Sie nicht, dass wir ins Kreuzfeuer geraten.“
 

„Ganz genau. Die Polizei ermittelt natürlich in dieser Sache, also bestünde für Sie und Taki ein erhöhtes Risiko, geschnappt zu werden, selbst wenn wir Ihre Auftraggeber sind. Aber davon mal abgesehen möchte auch niemand bei der Polizei, inklusive mir, riskieren, dass der Täter Sie oder Taki in die Finger bekommt. Wenn es stimmt, was Tsunega mir erzählt hat, dann müssten Sie beide Kuzowans Haus nur wenige Minuten vor dem Mord verlassen haben. Vielleicht hat der Täter Sie gesehen und bringt Sie auf irgendeine Art und Weise mit Kuzowan in Verbindung. Bis jetzt ist uns leider vollkommen unklar, was für eine Art Mord uns hier vorliegt. Der Täter könnte es also auch auf Sie abgesehen haben.“

Er zögerte einen winzigen Moment, als er sah, dass Go auf einmal ganz blass geworden war. Da er aber nichts sagte, fuhr er fort: „Dafür würde sprechen, dass der Täter die Videoaufzeichnungen hat mitgehen lassen. Zumindest sind sie verschwunden und wurden nicht einfach zerstört. Taki dürfte deutlich auf einigen Bildern zu erkennen… Go? Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
 

Die Hände in das Holz der Theke verkrampft, versuchte Go mehr oder weniger erfolgreich, seinen hämmernden Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Eine anrauschende Panikwelle drohte ihn unter sich zu begraben, doch er kämpfte standhaft gegen das Gefühl an. Es würde niemandem – und ganz besonders nicht Taki – helfen, wenn er jetzt den Verstand verlor und in einer Kurzschlussreaktion, die nur auf aufbrausenden Emotionen baute, handelte. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass ihn die aufflammende Sorge um Taki schier aus der Bahn geworfen hatte.
 

„Haben Sie schon einen Verdächtigen?“, wollte er ruhig wissen und zwang sich erbittert zur Konzentration.
 

„Nein, bis jetzt nicht. Uns fehlt auch jegliches Motiv. Die Wachleute haben niemanden hereingelassen, sagen sie zumindest, und es fällt schwer, sie für Beihilfe zum Mord zu belangen, wenn man sich ihr Monatsgehalt einmal ansieht. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht, Go?“
 

„Bestens. Überprüfen Sie einen Seiji Reiyamata.“
 

Hatozakis dunkle Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen und auch Tsunega lehnte sich auf einmal äußerst interessiert dichter über den Tresen zu ihnen. Kanji hatte im hinteren Teil des Cafés noch immer alle Hände voll zu tun, als dass er sie hätte stören können.

„Warum?“
 

„Weil Taki ihn in einem Zusammenhang zu diesem Auftrag sieht. Er hat bereits selbst eine Suche nach dem Kerl gestartet, mir allerdings nichts davon gesagt. Ich hab’s nur durch einen Zufall mitbekommen. Verdammt!“ Go hieb mit der flachen Hand hart auf den Tresen, als sich die Emotionen in ihm plötzlich Bahn brachen. Hatozaki und Tsunega zuckten nicht einmal zusammen, während die Köpfe der Gäste kurz beunruhigt zu ihnen hinüber ruckten. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Taki den Kerl aus seiner Vergangenheit kennt. Er muss an irgendetwas erkannt haben, dass es sich hierbei um Reiyamata handelt, und hat sich dann gleich entschlossen, den Auftrag allein zu erledigen.“
 

„Warum sollte er das tun?“ Hatozaki runzelte die Stirn. „Wenn er weiß, wie gefährlich dieser Mann ist, wäre das äußerst dumm von ihm.“
 

Go zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Diese ganze Sache hat ihn sowieso ziemlich aufgewühlt.“ Ein wenig wütend verzog er das Gesicht. „Trotzdem wird er das bestimmt nicht alleine machen. Wenn er sich von diesem Kerl schnappen lässt und er dann…“ Zu seinem eigenen Besten brach Go mit einem Kopfschütteln ab.
 

„Seiji Reiyamata“, wiederholte Hatozaki murmelnd und tippte sich gedankenverloren mit einem Zeigefinger gegen das Kinn. „Irgendwie kommt mir der Name bekannt vor.“
 

„Vielleicht ist er vorbestraft?“, riet Go ins Blaue hinein. Wenn Reiyamata bereits in den Polizeiakten verzeichnend wäre, wäre es wesentlich leichter für sie, ihn aufzuspüren und herauszubekommen, ob er tatsächlich etwas mit diesem Fall zu tun hatte. Und je schneller sie ihn fanden, desto schneller fanden sie Taki und desto weniger setzte er sich irgendeiner Gefahr aus.
 

„Nein.“ Abwesend schüttelte Hatozaki den Kopf. „Nicht in diesem Zusammenhang.“

Einige Sekunden herrschte konzentriertes Schweigen, da sogar Tsunega hinter seinem Tresen aufgehört hatte, irgendwelches Geschirr hin und her zu schieben. Hatozakis Stirn war so zerfurcht von nachdenklichen Stirnfalten, dass sie aussah wie ein Gebiet voller verlassener Schützengräben.

Letztendlich zuckte er jedoch seufzend mit den Schultern. „Ich komme nicht drauf, keine Ahnung, woher ich diesen Namen kenne. Aber natürlich werde ich ihn trotzdem überprüfen“, fuhr er an Go gewandt fort. „Ist das die erste Person, die ich für Sie ausfindig machen soll?“
 

„Ja“, bestätigte Go. „Die zweite ist eine Frau namens Asako. Einen Nachnamen habe ich nicht, aber auch sie steht in einem engen Zusammenhang mit Takis Vergangenheit. Schätzungsweise hat… hat er… sie…“ Es ärgerte Go, dass er über diese Worte stolperte, doch plötzlich fühlte sich seine Zunge wie ein einziger Knoten an. Er unterbrach sich, schloss kurz die Augen und sagte dann in eins heraus: „Schätzungsweise hat er sie geliebt. Damals. Sie ist auf jeden Fall keine seiner unzähligen Affären. Eher was… Ernstes.“
 

Falls Hatozaki oder Tsunega bemerkt hatten, dass er sich ausgerechnet bei diesem Thema verhaspelte, erwähnte es keiner von beiden oder ließ es sich anmerken. Stattdessen verzog Hatozaki nur abschätzig das Gesicht. „Das wird schon schwieriger werden, aber ich werde mein Bestes geben. Sonst noch etwas?“
 

Go überlegte einen Moment, ob er noch irgendetwas vergessen hatte, und wollte die Frage gerade verneinen, als sich Tsunega ein wenig zögerlich zu Wort meldete.

„Was ist mit Taki?“
 

„Taki?“ Verständnislos schauten Go und Hatozaki zu dem Besitzer des Café Roost hinüber.
 

„Nun, wo ihr schon dabei seid, sämtliche Leute aus Takis Vergangenheit zu überprüfen… warum überprüft ihr nicht Taki selbst? Möglicherweise könnte das irgendwelche Aufschlüsse geben.“
 

Ganz automatisch öffnete Go den Mund, um vehement zu protestieren. Er konnte doch nicht einfach Taki, seinen eigenen Partner, durch die Datenbank der Polizei jagen, um sich so Informationen über seine Vergangenheit zu beschaffen! Und das auch noch hinter seinem Rücken! Das wäre nicht nur schäbig, sondern auch noch rigoros unfair und verräterisch. Sie beide hatten eine Vergangenheit, von der der jeweils andere so gut wie nichts wusste, und Go würde es mit Sicherheit nicht gefallen, wenn er im Nachhinein herausfinden würde, dass Taki sich klammheimlich über ihn informiert hätte.

Ihre Vergangenheiten hatten bisher nie eine Rolle gespielt. Sie waren einfach Go und Taki. Nichts davor, nichts dahinter.
 

Allerdings klappte Go nach einigen Herzschlägen den Mund wieder zu und schwieg zu diesem Vorschlag.

Möglicherweise half es ihnen wirklich. Und überhaupt, es ging hier doch einzig und allein darum, Taki davor zu bewahren, irgendetwas Dummes zu tun, und Reiyamata zu fassen, falls er Kuzowan tatsächlich umgebracht hatte. Darum und um nichts anderes.

Würde Go sich vollkommen eigennützig irgendwelche Informationen beschaffen wollen, das wäre etwas anderes, aber hier ging es nicht darum. Trotzdem, bemerkte Go, würde er sich ein wenig schuldig fühlen, wenn er Hatozaki den Auftrag gab, in Takis Vergangenheit herumzuschnüffeln. Wenn er etwas von dem alten Taki erfuhr, dann wollte er das wenigstens von ihm selbst hören, und nicht in irgendwelchen Akten lesen, die Ereignisse dadurch verfälschen könnten, indem sie sie zu nüchtern, zu emotionslos darstellten.
 

Andererseits… Taki war so ein Computergenie… vielleicht hatte er schon längst Erkundungen über Gos Vergangenheit eingezogen…?
 

„Möglicherweise“, bestätigte Hatozaki. „Wenn er tatsächlich mit diesen beiden Personen in seinem Leben schon einmal Kontakt hatte. Ein Versuch wäre es wert.“
 

Nun schüttelte Go doch den Kopf. „Nein“, murmelte er, und dann noch einmal bestimmter: „Nein. Es muss auch ohne den Weg über Takis Vergangenheit gehen. Ich will nicht, dass wir…“

Was?, fragte er sich selbst in Gedanken. Irgendetwas Schreckliches herausfinden? Irgendetwas herausfinden, das mein Bild von Taki völlig verrückt? Irgendetwas herausfinden, das einfach nicht zu Taki passen würde?

„Ich will es einfach nicht“, führte er den Satz dann schließlich etwas lahm zu Ende. Allerdings vermutete er, dass Hatozaki und Tsunega schon wussten, warum er das nicht wollte.
 

„Gut“, nickte Hatozaki, ohne irgendwelche Einwände zu erheben. „Also nur eine Suche nach Seiji Reiyamata und einer gewissen Asako.“
 

„Ja“, bestätigte Go noch einmal. Er hob kurz den Blick an, um zu überprüfen, was Tsunega davon hielt. Eventuell empfand sein Boss das als Schwäche, weil es sie vielleicht wirklich weiter gebracht hätte, mehr über Taki zu erfahren. Aber Tsunega blickte weder wütend noch enttäuscht drein, sondern sah eher so aus, als hätte er gar nichts anderes erwartet.
 

„Okay.“ Hatozaki schob sich von dem Barhocker herunter. „Dann werde ich mal unsere Polizeicomputer etwas fordern. Ich melde mich, wenn ich etwas herausgefunden habe. Und bis dahin“ – er bohrte seinen dunklen Blick mahnend in Gos Augen – „lassen Sie es bleiben, irgendwelche Verzweiflungsaktionen zu starten, die Sie in Gefahr bringen könnten, verstanden?“
 

Unwillig verzog Go den Mund. „Sagen Sie das nicht mir.“ Ein wenig unruhig zupfte Go an seinem Ohrring herum, dessen Gegenstück Taki hoffentlich auch noch trug. „Sagen Sie das Taki.“
 

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Obwohl Go sich redlich Mühe gab, keine >Verzweiflungsaktionen< zu starten, wie Hatozaki es genannt hatte, konnte er doch nicht verhindern, dass er sich im Laufe des Tages immer größere Sorgen um Taki machte. Die wildesten Gedanken spukten ihm durch den Kopf und ständig hatte er die grausigsten Visionen von Taki und einer nur schemenhaft zu erkennenden Gestalt, die er mit >Seiji Reiyamata< betitelte. So gerne er sich auch in den schillernsten Farben Szenarien ausdachte, in denen er und Taki und ein riesiges, großes Bett eine Hauptrolle spielten, so ungern wollte er sich realitätsgetreu ausmalen, was Reiyamata wohl mit Taki machte, wenn er ihn in die Finger bekam. Hatozakis Beschreibungen der Anzeichen vorausgegangener Folter vor Kuzowans Tod gaben ihm da unglücklicherweise viel zu viel Nahrung, so dass ihm hierbei seine überbordende Phantasie ganz und gar nicht recht kam.
 

Letztendlich hielt er es nicht mehr nichtstuend und nur mit den Gespenstern in seinem Kopf kämpfend in der Wohnung über dem Café Roost aus, die ihm so unsagbar still, leer und leblos ohne Taki erschien. Sicherlich hatten sie vorher auch nicht jede Minute aufeinander gehockt, aber trotzdem hatte Go immer die Gewissheit gehabt, dass Taki ganz in der Nähe oder gleich wieder da war.

Jetzt wusste er mit ziemlicher Sicherheit, dass Taki nicht einfach in den nächsten paar Minuten durch die Tür hereinspazieren würde, weil er es garantiert nicht geschafft hatte, in der wenigen Zeit diesen Reiyamata zu finden und auch noch des Mordes zu überführen oder was er sonst vorhatte, mit ihm zu tun.
 

Daher hatte er sich in einer Art Kurzschlussreaktion hinter den Computer geworfen, den Taki zurückgelassen hatte. Es wäre sicherlich weit mehr Aufwand nötig gewesen, diesen auch noch abzubauen, anstatt nur schnell seinen Laptop einzupacken. Das kam Go allerdings nur gelegen, da er hastig das Programm aufgerufen hatte, dass ihm mittels des Senders, den Taki in seinem Ohrring trug, mitteilte, wo Taki sich gerade aufhielt. Leider konnte er den Computer allerdings ebenfalls nicht mitnehmen und so musste sich Go darauf verlassen, dass Taki seinen Standort nicht so schnell verlassen würde.
 

Um ihn trotzdem nicht zu verpassen, beeilte er sich anschließend, schnell aus dem Haus und zu Takis derzeitigem Aufenthaltsort zu kommen: dem Hotel Aya’s Room. Go kannte es, da er in dem Restaurant im Erdgeschoss zufällig einmal einen äußerst hübschen, jungen Kellner kennen gelernt hatte… Aber das lag schon Jahre zurück, wie ihm schien. Zumindest konnte er sich daran erinnern, dass das Hotel gutes Mittelmaß war, nichts Exklusives, aber auch keine heruntergekommene Bruchbude. Es würde vermutlich seinen Zweck erfüllen, wenn Taki nur gedachte, dort zu übernachten und den Rest der Zeit Reiyamata hinterher zu jagen.
 

Zu seinem Glück hatte Taki nicht ihren Wagen genommen, sondern war wohl auf ein öffentliches Verkehrsmittel oder ein Taxi umdisponiert, um in das Hotel zu kommen, was es Go wiederum erleichterte, binnen zwölf Minuten am Hotel zu sein.

Mit quietschenden Reifen parkte er quer auf drei Parkplätzen – er hatte es nun mal eilig –, sprang aus dem Wagen und warf sich im nächsten Moment in Deckung hinter ein parkendes Auto, als er Taki fliegenden Schrittes das Hotel verlassen sah.

Eine Sekunde später fragte er sich, warum er sich vor seinem Partner versteckte und nicht mit Fanfaren und Trompeten auf ihn zustürmte, um ihm die Leviten zu lesen. Von wegen, er musste das alleine machen. So ein Blödsinn. Bevor Reiyamata ihn erwischte und ihm einen oder mehrere seiner geschickten Finger abhackte, würde Taki wohl oder übel mit Go zusammenarbeiten müssen.
 

Allerdings hatte sein Unterbewusstsein offenbar schneller geschaltet, als er selbst mitbekommen hatte, denn natürlich würde Taki ihn wieder wegschicken. Da war es doch wesentlich klüger, ihm unauffällig zu folgen, um dann da zu sein, falls sich Taki mal wieder in Schwierigkeiten manövrierte.

Nur durfte Taki jetzt nur nicht ihr Auto wieder erkennen. Immerhin hatte Go sich keine besondere Mühe gegeben, es unauffällig irgendwo abzustellen.
 

Vorsichtig lugte Go über die Kühlerhaube des Wagens, hinter dem er Deckung gesucht hatte, und erspähte Taki in einiger Entfernung. Er ging in die entgegen gesetzte Richtung und schien ein klares Ziel vor Augen zu haben, da er schnurstracks und ohne zu zögern die Straße entlang lief. Go fackelte nicht lange, verließ sein Versteck und heftete sich ihm an die Fersen.
 

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(c) Ashling
 

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@Rika-san: Also, ich hätte auch weiter geschrieben, wenn du mir nicht so einen langen Kommentar geschrieben hättest *lacht* Aber es freut mich natürlich trotzdem, dass du es getan hast – und dass er eigentlich nur aus Lob besteht OO“ (Uh, und bitte lass deine Deutschlehrerin da raus XD“) Und ich hoffe, dass du wegen mir nicht zu viel Schlafmangel erlitten hast ;)
 

@Gothic_Pumuckel: (lustiger Nick^^) Ähem… du vergisst manchmal den Namen deiner besten Freundin? .___. Auweia, das… ist wesentlich schlimmer, als die Namen hier zu vergessen, die ich mir selbst aufschreiben muss, damit ich sie noch richtig schreibe XD“ Aber wenn die Namen nicht wenigstens japanischen klingen – und ich habe nicht einmal eine Ahnung davon, ob sie das überhaupt tun *möp* – und da plötzlich ein Heinz-Dieter mit Bindestrich rumläuft… nun, das sähe komisch aus^^ Da lob ich mir doch Go und Taki, das geht rein und über die Tastatur flugs wieder raus *smile* Aber ich hoffe, die Namen sind nicht zu verwirrend?
 

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Vielen Dank fürs Lesen :)
 

lg

- Ashling

act nine

Titel: Games

Teil: 9/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: *puh* Also, ich weiß, dass ich euch immer ziemlich lange sitzen lasse, und umso mehr freut es mich, dass ich trotzdem für jeden neuen Teil so wunderbare Kommentare von euch bekomme. Danke schön!

Aber irgendwie… brauche ich immer wieder aufs Neue einen kleinen Arschtritt XD“

Okay, was ich hierzu auf jeden Fall noch sagen muss: Ich habe die ganze Geschichte nach dem zweiten Teil von Yellow begonnen, dementsprechend kann ich also gar keine Rücksicht auf Band drei und vier nehmen, die inzwischen ja schon draußen sind (und jetzt ist Yellow zu Ende, ich könnt’ heulen .___.). Ergo… ist die Vergangenheit, die ich Taki angedichtet habe, in keiner Weise mit der zu vergleichen, die sich Makoto Tateno ausgedacht hat… *pfeift* Aber da ihr bestimmt alle die Bände schon gelesen haben werdet, bemerkt ihr das sicherlich selbst XD“ … spätestens im nächsten Teil…
 

Und jetzt halte ich die Klappe und mach’ die Bühne frei…
 

act nine
 

„Seiji Reiyamata“, sagte Taki ohne zu zögern, als er an der Rezeption des Viersternehotels Sakura erneut nach seinem Namen gefragt wurde. Unglücklicherweise sah er sich keiner hübschen, weiblichen Angestellten gegenüber, die er sicherlich leicht hätte um den Finger wickeln können, sondern einem grimmigen älteren Herren mit scheußlichem Zwicker auf der Nase. Sicherlich hätte er den auch um den Finger wickeln können, wenn er sich genügend Zeit und Mühe genommen hätte, aber Zeit fehlte ihm im Moment eindeutig und Geduld konnte er gerade auch nicht aufbringen. Er hatte keine Ahnung, wann Seiji wieder ins Hotel zurückkehren würde, und es hatte ihm schon gereicht, eine halbe Stunde in der Hotellobby herumzulungern, ehe Seiji das Hotel endlich verlassen hatte. Noch einmal würde er diese Beherrschung nicht aufbringen können.
 

Flüchtig kam ihm der Gedanke, dass er sich diesen ganzen Zirkus an der Rezeption hätte sparen können, wenn er mit Go zusammenarbeiten würde. In Null Komma Nichts hätte er es bestimmt geschafft, dieses neumodische Schloss an den Hotelzimmertüren zu öffnen. Taki hingegen traute seinen Fähigkeiten diesbezüglich nicht. Wenn er Pech hatte und er zu langsam war, kam just in dem Moment, in dem er sich Zugang zu Seijis Zimmer verschaffen wollte, irgendjemand – sei es nun ein Gast, eine Putzfrau oder irgendein anderer Angestellter – vorbei und ertappte ihn buchstäblich auf frischer Tat.

Genauso schlimm wäre es, wenn er dank seiner mangelnden Kenntnis beim Versuch, das Schloss aufzubrechen, den hausinternen Alarm auslösen würde.
 

Aber Go war nicht hier, um ihm aus der Patsche zu helfen. Er hatte es selbst so entschieden, und er wusste – irgendwo tief in sich drinnen –, dass es die einzig richtige Entscheidung gewesen war.
 

Etwas verspätet bemerkte Taki, dass der Kerl hinter der Rezeption ihn angesprochen hatte.

„Entschuldigung?“
 

Mürrisch verzog der Mann die Mundwinkel. „Ihre Zimmernummer, Reiyamata-san?“
 

„Woher soll ich das wissen?“, schoss Taki augenblicklich mit schmalen Augen zurück. Herrisch deutete er auf den Computer direkt neben dem Mann. „Schauen Sie doch nach. Ich kann mir auch nicht jede Nummer von jedem Hotel merken, in dem ich übernachte.“
 

Kaum merklich verblüfft starrte ihn der Mann über den Rand seines Zwickers hinweg an und zögerte einige Schrecksekunden lang. Taki befürchtete schon, zu dick aufgetragen zu haben, doch dann wandte sich der Mann dem Monitor zu. „Verzeihung, Reiyamata-san, ich wollte nicht unhöflich sein.“
 

Taki nickte knapp und – wie er glaubte – selbstherrlich. „Besser ist das für Sie.“
 

Der Mann tippte den genannten Namen in den Computer ein und sah dann wieder Taki an. „Dürfte ich trotzdem Ihren Ausweis sehen? Reiyamata-san?“ Ein minutiöses Lächeln umspielte die dünnen Lippen des Mannes. „Nur zur Sicherheit unserer Gäste. Sie verstehen?“
 

Verdammte Sch…!

Taki war kurz davor, wütend zu knurren, konnte aber noch rechtzeitig die Zähne zusammenbeißen. Verdammt! Wieso hatte er ausgerechnet heute so ein Pech und mit so einem sturen, widerlichen Dickschädel zu tun?! Konnte er nicht einfach Seijis Nummer rausrücken und gut war? Aber natürlich hatte sich Seiji wieder einmal eines der teureren und luxuriöseren Hotels aussuchen müssen. Da war kein einfaches Rein- und wieder Rausflitzen, ohne dabei von jemandem bemerkt zu werden.

Aber gut. Vielleicht wenn er…
 

Einer spontanen Eingebung folgend, umklammerte Taki den Empfangstresen und beugte sich dicht zu dem Mann dahinter vor, den Blick keine Sekunde abwendend. „Wissen Sie was?“, grollte er leise und mit einem drohenden Unterton. „Stecken Sie sich Ihren Ausweis sonst wohin.“ Einige Sekunden starrte er den Mann noch an, dann lehnte er sich langsam wieder nach hinten und erhaschte dabei aus den Augenwinkeln einen Blick auf den Monitor. Ein durchgängiger Balken unterlegte den Namen Reiyamata, Seiji und die Nummer des Zimmers, das er in diesem Hotel bewohnte: 612.

Ein triumphierendes Schmunzeln tanzte um seine Lippen. Na bitte. War doch gar nicht so schwer.
 

Allerdings war der Mann offenbar misstrauisch geworden, da er mit zusammengekniffenen Augen den Monitor weiter von Taki wegdrehte – eindeutig zu spät, aber bis zu einem gewissen Grad war dieser Mann sein Geld auf jeden Fall wert.

„Wenn Sie nicht Seiji Reiyamata sind, möchte ich Sie bitten, jetzt zu gehen. Sonst rufe ich die Polizei“, setzte er noch hinzu und verdeutlichte diese Worte damit, dass er schon mal nach dem Telefonhörer griff.
 

Gelassen hob Taki abwehrend die Arme, machte auf dem Absatz kehrt und verließ lässig und möglichst ganz unauffällig die Empfangshalle des Hotels. Dass ihm der Mann trotzdem argwöhnisch hinterher starrte, konnte er nicht ändern. Er hoffte bloß, dass er diesen Vorfall binnen der nächsten fünfzehn Minuten vergessen haben würde. Ihm selbst fehlten jetzt zwar auch wichtige Minuten, aber wenn er nicht anders an Seiji, oder besser gesagt an seine Sachen herankommen konnte, musste es eben so sein. Er musste sich einfach davon überzeugen, dass Seiji wirklich der Mörder von Kuzowan war, obwohl daran für Taki fast keine Zweifel mehr bestanden. Aber vielleicht fand er trotzdem irgendetwas.

Wenn nicht… nun, er könnte Seiji immer noch irgendwelches Gift in seinen heiß geliebten Whiskey kippen, den es sicherlich in der Minibar gab. Das wäre für alle Beteiligten die einfachste Lösung, um aus diesem ganzen Schlamassel herauszukommen.

Und Taki wäre nicht mehr ständig auf der Flucht oder müsste sich verstecken.
 

So schnell er konnte, ohne dabei aufzufallen, legte er den Weg zu seinem Hotel zurück, sprintete in sein Zimmer hoch und fuhr den Laptop hoch. Er musste sich beeilen, wenn er nicht wollte, dass Seiji schon wieder zurück war, wenn er in sein Zimmer einstieg. Unglücklicherweise wusste er nicht, aus welchem Grund er überhaupt das Hotel verlassen hatte. Möglicherweise wollte er sich die Stadt ansehen oder einen längeren Einkaufsbummel machen – Seiji konnte nie genügend Armani-Anzüge besitzen –, möglicherweise war er aber auch nur mal schnell zum nächsten Zeitschriftenladen, um sich irgendein Wirtschaftsmagazin zu kaufen.

Gleichwie, Taki musste schnell sein.
 

Einigermaßen problemlos hackte er sich in die Stadtarchive ein und fand bald schon den Grundriss für das Hotel Sakura. Zimmer 612 bedeutete – wie er fast schon vermutet hatte –, dass sich das Zimmer im sechsten Stock befand. Gut. Je höher, desto besser. Und die sechste Etage bei insgesamt acht war doch schon relativ weit oben.

Eilig, aber gründlich prägte er sich den Aufbau der Etage ein und wo genau Zimmer 612 lag. Dann fuhr er den Laptop wieder runter und sammelte in Windeseile seine Einbruchsutensilien zusammen, die er vorsorglich mitgenommen hatte. Zu seinem Glück, wie sich jetzt herausstellte. Er würde zwar am helllichten Tage bei Seiji einbrechen müssen, wenn er nicht riskieren wollte, auf ihn zu treffen – und das wollte er auf gar keinen Fall. Zwei oder möglicherweise drei Stunden zu warten, ehe die Dämmerung einsetzte, war ihm eindeutig zu viel. Nichtsdestotrotz zog er sich zudem seine dunkle Kleidung an, obwohl diese aus reinem Tarnungsgrund nicht notwendig gewesen wäre. Es war jedoch ein Stück weit Gewohnheit, dass er sie anzog, und außerdem hatte er bei ihr die Gewissheit, dass sie ihn bei seinem Unterfangen nicht stören würde.
 

Keine zehn Minuten nachdem er sein Zimmer betreten hatte, verließ er es auch schon wieder und spurtete mit einem voll gepackten Rucksack zum Sakura zurück. In der Eingangshalle des Hotels hatte er einige Schwierigkeiten, ungesehen am Empfangsschalter vorbei zu den Fahrstühlen zu kommen, aber nachdem er ein paar Minuten gewartet hatte, kam ihm eine große Reisetruppe zu Hilfe, die offensichtlich gerade einchecken wollte. Taki nutzte die Gunst der Sekunde und flitzte einmal quer durch die Eingangshalle zu den Fahrstühlen, wo er sich unauffällig einer Gruppe laut diskutierender Geschäftsmänner anschloss, die gerade in die Kabine stieg. Er fuhr bis zum achten Stock hoch und suchte dann nach der Treppe, die ihn rauf aufs Dach bringen würde. Dank des Grundrisses musste er nicht lange Ausschau halten und stand schon kurz darauf auf dem zugigen Dach des Hotels.
 

Der Wind, den er unten kaum zu spüren bekommen hatte, riss und zerrte hier oben an seiner Kleidung und wehte ihm die Haare ins Gesicht, die er kurzerhand mit einem Gummiband zurück band. Gleichzeitig sah er sich schon mal nach einer geeigneten Befestigung um, an der er sein Seil befestigen konnte. Die richtige Dachseite, an der er sich hinunterhangeln musste, hatte er bereits ausfindig gemacht. Einige Probleme dürfte es jetzt nur noch dabei geben, das richtige Zimmer zu finden; das würde er auf der Etage abzählen und sich dann eventuell hinüberschwenken müssen.
 

Abermals kam Taki flüchtig in den Sinn, dass er bei dieser Aktion sehr gut Gos Hilfe hätte gebrauchen können. Einer von ihnen wäre ganz einfach auf dem Dach stehen geblieben und hätte den anderen, der am Seil hängen würde, in die gewünschte Richtung geschwungen, um dann später, wenn der andere im richtigen Zimmer angekommen wäre, hinterherzukommen.

Das würde um einiges schneller gehen und wäre nicht ganz so kraftaufwendig, auch wenn das Risiko, erwischt zu werden, bei zwei Fassadenkletterern natürlich größer war.
 

Aber Go ist nicht hier, wies sich Taki scharf zurecht, und bis zu einem gewissen Grad war das auch gut so. Besser, er und Seiji trafen nicht aufeinander.
 

Zielstrebig schlang Taki das Seil um einen massiven Steinschornstein und befestigte es anschließend an dem extra dafür vorgesehenen Gürtel, den er sich umgebunden hatte. Routiniert überprüfte er, ob er alles richtig gesichert hatte, schnappte sich seinen Rucksack und seilte sich anschließend vorsichtig, aber nicht langsam über den Rand des Daches hinunter in die Tiefe ab.
 

Am sechsten Stockwerk angekommen, zählte er rasch die Zimmer durch, bis er meinte, das dritte Fenster zu seiner Linken als Zimmer 612 identifiziert zu haben. Er hangelte sich wieder ein kleines Stückchen nach oben, bis er oberhalb der Fenster hing, spannte sich dann an und drückte sich mit aller Kraft von der Hauswand ab, um soweit wie möglich nach links zu springen. Unglücklicherweise machte ihm der immer noch heftige Wind hier oben einen Strich durch die Rechnung, so dass er gerade mal das eine Fenster übersprungen hatte, ehe er etwas ungeschickt gegen die Wand knallte. Sogleich wollte ihn das Seil wieder zurück in seine Ursprungsposition ziehen, doch Taki ließ sich schnell ein Stück nach unten rutschen, um mit den Füßen halt am oberen Rahmen eines der Fenster im sechsten Stock zu finden.
 

Schwer atmend gönnte er sich einige kostbaren Sekunden Pause, in denen er Architekten im Allgemeinen und die Erbauer genau dieses Hotels im Besonderen inbrünstig verfluchte. Wo waren die guten alten zweigeschossigen Häuser geblieben, von denen jeder Einbrecher nur träumen konnte? Wobei er vermutlich noch dankbar sein konnte, dass das Sakura trotz seiner vier Sterne kein zwanzig Stockwerke hoher Wolkenkratzer war.
 

Egal.

Hör auf zu wimmern, umso schneller hast du es hinter dir.

Abermals sammelte Taki seine Kräfte, um zu einem zweiten Sprung anzusetzen, den er anschließend noch einmal wiederholen musste, ehe er am richtigen Fenster ankam. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, als er sich endlich auf dem Fenstersims niederlassen konnte, um sich daran zu machen, das Fenster zu öffnen. Eine Ewigkeit zu viel, in der ihn vorbeigehende Passanten oder gar irgendwelche Vogelbeobachter entdeckt haben könnten.
 

Diese unangenehme Möglichkeit verdrängte er jedoch resolut aus seinen Gedanken, war dafür aber umso erleichterter, als er endlich durch das Fenster in Zimmer 612 einsteigen konnte. Es musste doch ein erheblich größerer Druck auf ihm gelastet haben, als er anfangs gedacht hatte, da er die Erleichterung regelrecht von sich abfallen spüren konnte.
 

Dann verschwendete er jedoch keine Zeit mehr, hakte sich von dem Seil los und band dieses stattdessen um die Heizung direkt unter dem Fenster, damit er nachher auch wieder zurückkam. Den Rucksack ließ er ebenfalls dort stehen, um sich leichter und schneller durch das Zimmer bewegen zu können.
 

Es war ein ganz gewöhnliches Hotelzimmer, etwas luxuriöser vielleicht und mit einem etwas breiteren und bequemer aussehenden Bett als üblich, da es schließlich ein Viersternehotel war, aber ansonsten konnte er nicht viel entdecken, was Aya’s Room nicht auch zu bieten gehabt hätte. Zwei Nachtschränke, ein Kleiderschrank, zwei Sessel, ein kleiner, runder Tisch, eine Kommode mit Fernseher obendrauf und integrierter Minibar, ein Schreibtisch mit Telefon, eine Tür, die wahrscheinlich zum Bad führte, die üblichen, geschmacklosen Bilder an den Wänden – der ganz normale Schnickschnack.
 

Augenblicklich ging Taki auf den großen Kleiderschrank links neben dem Bett zu, öffnete ihn und fing wahllos an, sich umzusehen. Jacketttaschen, Schubladen, Hosentaschen. Er wusste ja nicht einmal genau, wonach er eigentlich suchte – obwohl, so gesehen, ein blutverschmiertes Messer, das mittels DNA-Analyse als Mordwaffe im Fall Kuzowan identifiziert werden konnte, wäre schon nicht schlecht gewesen –, aber wenn er es gefunden hatte, würde er es wissen.
 

Das leise Klirren von Eiswürfeln gegen Glas ließ ihm schier das Blut in den Adern gefrieren.

Er war nicht allein.
 

Mit einem Keuchen wirbelte er herum. Das Herz hämmerte ihm so stark in der Brust, als wollte es sie entzweireißen. Und es wurde noch schlimmer, als er ihn erkannte.
 

„Du hast schon immer gerne in meinen Sachen herumgewühlt. Interessant, dass du diese Eigenart in all der Zeit nicht abgelegt hast.“
 

Mit einem amüsierten Schmunzeln im Gesicht stand Seiji gelassen an den Rahmen der Tür zum Bad gelehnt. In einer Hand hielt er ein Glas mit Eiswürfeln und – höchstwahrscheinlich – Whiskey. Er war ganz normal angezogen, hatte nur seine Anzugjacke ausgezogen, aber was… machte er dann im Bad? Zudem mit einem Whiskeyglas? Hatte er… auf ihn gewartet? Verdammt, warum hatte er vorher nicht nachgesehen, ob das Zimmer wirklich leer war?!

Nicht, dass ihm das viel genützt hätte, weil Seiji schließlich trotz allem da gewesen wäre, aber… verdammt!
 

„Wie… hast du mich gefunden?“, wollte Taki wissen, obwohl ihm eigentlich wesentlich wichtigere Fragen durch den Kopf geisterten.

Eine davon war zum Beispiel, wie er hier so schnell wie möglich wieder herauskam. Jetzt, wo er wusste, dass Seiji in der Stadt war, war er sich noch mal zu hundert Prozent sicher, dass er Kuzowan getötet haben musste. Wer wusste schon, wozu der Kerl noch alles fähig war?

Go… ich muss Go warnen…
 

„Ich habe gesagt, dass ich dich finden werde.“ Elegant hob er die Schultern an, ein schwaches Eingeständnis eines Fehlers. „Es hat etwas gedauert, aber ich habe dich gefunden.“
 

„Du bist krank.“
 

„Vielleicht.“ Das Schmunzeln kehrte zurück auf seine Lippen. Ein eisiger Schauer rann Taki den Rücken hinunter. Verdammt, dieser dämliche Kerl an der Rezeption musste Seiji irgendwie gewarnt haben, dass jemand hier gewesen war, der sich für ihn ausgegeben hatte. Die perfekte Warnung.
 

Takis Puls schnellte rasant in die Höhe, als er mit Blicken verfolgte, wie Seiji das Glas auf der Kommode abstellte und dann langsam auf ihn zukam.

„Hast du Kuzowan umgebracht?“, griff sich Taki wahllos die nächste Frage raus, die in seinem Kopf umherschwebte. Ablenken… er musste ihn irgendwie ablenken, dann das Überraschungsmoment ausnutzen und nichts wie weg hier. Und sei es durch die Zimmertür.
 

Verblüfft blinzelte Seiji, aber die Irritation erreichte nicht die eisblauen Augen, die kalt und berechnend wie eh und je blieben und ihn verrieten. Natürlich wusste er, von wem die Rede war. Trotzdem fragte er: „Wen?“
 

„Also ja“, murmelte Taki und drückte sich unbewusst dichter an den Schrank heran, was nicht ganz einfach war, da dieser noch immer geöffnet war. Für seinen Geschmack war Seiji mittlerweile nah genug. „Bleib stehen.“
 

Das Schmunzeln verwandelte sich in ein hämisches Grinsen, obwohl Seiji tatsächlich im ersten Moment auf der Stelle stehen blieb. „Warum? Hast du Angst vor mir?“ Seiner Stimme war zu entnehmen, dass er diese Vorstellung äußerst erregend fand.
 

„Nein“, log Taki deshalb aus purem Trotz, obwohl sein gewaltiges Herzrasen diese Worte Lügen strafte. Das Dumme daran war nur, dass er wusste, wozu Seiji fähig war und wie skrupellos er vorzugehen bereit war, dass er wusste, dass Seiji stärker war als er, rein physisch betrachtet. Taki hatte seit seiner… nun, Flucht vor ihm zwar noch etwas an Kraft und Muskeln zugelegt, aber er bezweifelte trotzdem stark, dass es gegen Seiji reichen würde.
 

Auf seine Antwort hin hob Seiji eine seiner elegant geschwungenen Augenbrauen und kam Taki wieder näher. „Und warum zitterst du dann wie ein Baby?“ Direkt vor ihm kam er zum Stoppen. Ihre Fußspitzen berührten sich fast und Taki war gezwungen, den Kopf leicht in den Nacken zu legen.

Er hasste sich dafür, dass er seine Angst nicht unter Kontrolle halten konnte, dass er wusste, dass er wahrscheinlich wirklich leicht zitterte und dass sich seine Furcht wie ein gefundenes Fressen für Seiji in seinen Augen widerspiegelte.

Und er hasste es umso mehr, weil er ganz genau wusste, dass Seiji sich daran aufgeilte.
 

„Geh zur Seite.“

Ein dünnes Lächeln. „Nein.“ Langsam streckte Seiji einen Arm nach ihm aus. „Ganz bestimmt nicht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe. Taki.“
 

Taki überkam es eiskalt, als Seiji seinen Namen auf diese gierige Art und Weise aussprach, aber er versuchte, es zu ignorieren und spannte stattdessen nahezu jeden einzelnen Muskel in seinem Körper an. Das Ablenkungsmanöver hatte nicht hingehauen, damit war das Überraschungsmoment hinfällig. Also musste er jetzt auf Schnelligkeit setzen.
 

Noch bevor Seiji ihn berühren konnte, holte Taki mit seiner geballten Faust aus, fest darauf hoffend, dass Seiji zu sehr von sich überzeugt war und Taki in seiner Angst vor ihm unterschätzte.

Allerdings hatte er offensichtlich eher Seiji unterschätzt.
 

Blitzschnell schoss Seijis Arm hoch, fing Takis Arm ab, drehte ihn ihm brutal auf den Rücken und wirbelte Taki anschließend in dem schmerzvollen Griff einmal um die eigene Achse, um ihn dann rücksichtslos gegen die Wand neben dem Schrank zu drücken. Taki entfuhr ein leiser Schmerzensschrei, als seine linke Gesichtshälfte wenig sanft mit der harten Wand kollidierte. Kurz darauf schmeckte er Blut; er hatte sich auf die Lippe gebissen.

Anstatt dass er das jedoch überhaupt zur Kenntnis nahm, beschäftigte er sich eher damit, sich gegen Seijis stahlharten Griff zu wehren, ruckte und zappelte in dem ihm zur Verfügung stehenden Bewegungsfreiraum, bis Seiji diese Versuche mit einem weiteren Ruck an seinem Arm nach oben unterband, bei dem Taki glaubte, sein Schultergelenk wäre raus gesprungen. Erneut konnte er es nicht verhindern, dass ihm ein Schmerzenslaut über die Lippen kam, zu dem sich auch noch erste Schmerzenstränen in den Augenwinkeln sammelten.
 

„Ah, komm schon, Taki. Kuzowan kann nicht so gut gewesen sein, dass du mich darüber hinaus vergessen hast.“
 

„Ich habe nicht mit Kuzowan geschlafen!“, presste Taki zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Instinktiv hob er ein Bein an und rammte Seiji seinen Hacken mit voller Wucht auf die Zehenspitzen, die unglücklicherweise in Schuhen steckten.
 

„Verdammt!“, zischte Seiji dennoch schmerzhaft auf.
 

Für eine Winzigkeit lockerte er den Griff um Takis Arm, doch die Sekunde reichte nicht aus, um sich zu befreien. Stattdessen riss ihn Seiji abermals herum und schleuderte ihn mit Schwung auf das große, breite Bett. Mit rasendem Herzen nutzte Taki hastig die Gelegenheit der Freiheit, kämpfte sich auf Hände und Knie hoch und wollte über den Rest der Matratze auf die andere Seite springen, zum Fenster stürzen und sich aus dem Fenster schwingen, ungesichert, in sechs Stockwerken Höhe in der Luft an einem winzigen Seil baumelnd, aber das wäre ihm egal gewesen. Absolut egal. In seinem Kopf existierte nur ein einziger Gedanke, und der pumpte mit beständiger Intensität Adrenalin durch seine Adern.
 

Weg. Weg. Weg. Weg, weg, weg!
 

Bevor er jedoch vom Bett springen konnte, ließ sich ein schwerer Körper auf ihn fallen und drückte ihn mit ganzem Gewicht in die weiche Matratze hinein.
 

Nein.

Einen Moment lang erstarrte Taki in purem Entsetzen. Schweiß brach ihm aus und er erkannte, dass er nur kurz davor stand, in absolute Panik auszubrechen, an deren Rand er schon gefährlich schlingerte. Doch sollte das der Fall sein, konnte er nicht mehr klar denken, konnte er nicht mehr rational handeln und er würde sich in ein winselndes, hilfloses Etwas verwandeln, das Seiji mühelos überwältigen konnte.

Aber nicht mit ihm! Nicht schon wieder!
 

So schwer es auch war, die sich langsam regenden Dämonen der Vergangenheit zurück in ihre dunklen Ecken zu drängen, Hände, die rau über seinen Körper fuhren, zu vergessen, Lippen, die sich nahmen, was sie wollten, zu verdrängen, und die Schatten vergangener Schmerzen zu ignorieren, so sehr bemühte sich Taki trotzdem darum. Er versuchte, sich gegen Seijis Gewicht auf ihm zu stemmen, was jedoch nur mäßigen Erfolg hatte, ebenso wie der Versuch, unter ihm hervor zu kriechen.
 

„Geh runter von mir! Verdammt, geh runter von mir!“ Er wollte sich herumdrehen, damit er Seiji besser angreifen konnte als in seiner momentanen Position auf dem Bauch, aber gekonnt wusste Seiji das zu verhindern. Zielsicher wanderten seine Hände unter Takis Körper und fingen an, an dem Gürtel seiner Hose herumzufummeln. „Nein! Lass das! Seiji! Hör auf!“ Die Panik nagte wieder an ihm, als er mittels erfolglosen Aufbäumens seines Körpers Seiji von sich herunter katapultieren wollte. Glücklicherweise verhalf ihm ihre ungünstige Stellung dabei, dass Seiji nickt wirklich leichtes Spiel damit hatte, seinen Gürtel zu öffnen und die Hosen herunterzuziehen, vor allen Dingen nicht, wenn Taki sich auch weiterhin so vehement wehrte.

Trotzdem machten ihm die tastenden, suchenden Finger des anderen zunehmend Angst. „Nein! Hör auf damit!“
 

„Ach, halt die Klappe, verflucht!“, blaffte Seiji, packte Takis Hinterkopf und drückte sein Gesicht mit einer Hand, die er gezwungenermaßen unter Taki hervorziehen musste, in die Bettlaken. Taki japste erschrocken nach Luft und musste notgedrungen seinen kräftezehrenden Widerstand ein wenig abschwächen, wenn er nicht riskieren wollte, zu ersticken. Denn Luft konnte er so nur bedingt in seine Lungen bekommen.
 

„Seiji, bitte…“
 

„Stell dich nicht so an“, schnappte Seiji mit deutlich verärgerter Stimme, was vermutlich auf dieses für ihn zu lange andauernde ‚Vorspiel’ zurückzuführen war. „Als ob du es nicht gewohnt wärst, gevögelt zu werden.“ Rüde biss er Taki in den Nacken, bis er Blut schmeckte und Taki erneut schmerzhaft aufjammerte. „Selbst wenn es nicht Kuzowan ist, gibt es da noch einen hübschen Kerl auf seinen Überwachungsvideos. Deinen edlen Ritter, der dich geradezu mit Blicken verschlungen hat, als du ihm an der Tür halbnackt in die Arme gelaufen bist.“
 

Go!
 

Für den Bruchteil einer Sekunde setzte Takis Herzschlag aus, brach sich die Panik in ihm mit solcher Wucht Bahn, dass er vollkommen unüberlegt und auch wenig wirksam, weil er noch immer das Bettlaken direkt vor der Nase hatte, fauchte: „Wenn du Go was antust, bring ich dich um.“
 

„Ah, Go heißt der Gute“, entgegnete Seiji hämisch. „Gut zu wissen.“
 

Erst da ging Taki auf, was er gerade möglicherweise für einen fatalen Fehler begangen hatte.

Gleichzeitig brachte ihm diese Erkenntnis jedoch auch einen neuen Energieschub ein, angefacht von der schieren Angst um Go.

Intuitiv holte er mit seinem frei schwingenden Bein aus und ließ es hart auf Seijis Rücken krachen. Da er auf dem Bauch lag, konnte er nicht so genau sehen, wo er ihn getroffen hatte, aber das war ihm auch herzlich egal. Es war eine Stelle, die offensichtlich schmerzte, da Seiji ein gequältes Ächzen ausstieß und sein Körper mit einem Schlag alle Spannung verlor. Ohne wirklich darüber nachzudenken, kämpfte Taki sich mit Händen und Füßen unter Seiji hervor, als dieser sich bereits wieder erholt zu haben schien und nach ihm greifen wollte.

Rücksichtslos verpasste Taki ihm einen deftigen Faustschlag auf seine gerade Nase, der seinen Kopf nach hinten fliegen ließ.
 

In der nächsten Sekunde war er vom Bett gesprungen und zum Fenster hinüber gehechtet. Er kümmerte sich nicht groß um irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen, als er das Seil von der Heizung losmachte und sich daran wie Tarzan an einer Liane aus dem Fenster schwang, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen. Das Blut rauschte ihm wie ein ganzes, aufgepeitschtes Meer in den Ohren und er zitterte so sehr am ganzen Körper, dass er sich kaum an dem Drahtseil festhalten konnte, doch irgendwie und mit absolut eisernem Willen schaffte er es, sich hoch zu hangeln, ohne zu registrieren, dass sich dabei das Drahtseil durch die Handschuhe in seine Handflächen schnitt.
 

Oben auf dem Dach angekommen, warf er sich schweratmend auf den Rücken und gönnte sich einige kostbaren Sekunden Verschnaufpause. Erst dabei bemerkte er, dass sein Gesicht tränenüberströmt war, als er den kalten Wind bewusst über es hinwegwehen spürte.
 

--
 

Unruhig tigerte Go im Zimmer mit der Nummer 12 des Hotels Aya’s Room auf und ab. Es war Takis Zimmer, in das er auf freundliches Bitten und Betteln seiner alten Kellnerbekanntschaft aus dem Restaurant im Erdgeschoss hineingelassen worden war. Dazu hatte er dem Guten Hayate zwar versprechen müssen, sich demnächst mal wieder bei ihm zu melden und sich mit ihm zu verabreden, aber was tat ein sich sorgender Partner nicht alles, um die Gelegenheit zu bekommen, Taki die Leviten zu lesen? Hayate war jedenfalls deutlich leichter Zugang zu Zimmer Nummer 12 gewährt worden – er hatte einfach gesagt, er müsste dort Geschirr abholen –, als es Go nicht mit den besten schauspielerischen Fähigkeiten erlaubt worden wäre.

Sicherlich hätte er auch einfach sein Einbrecherwerkzeug einsetzen können, aber obwohl Aya’s Room nur ein mickriges Zweieinhalbsternehotel war, war das Personal wachsam und die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend, um ihn ganz schön ins Schwitzen zu bringen. Zur Not hätte er natürlich auf seine diebischen Fähigkeiten zurückgegriffen, aber wo er nun schon mal Beziehungen hatte...
 

Überhaupt, eigentlich wäre ein Eindringen in Takis Zimmer gar nicht erst nötig gewesen, hätte Go sich nicht von Taki abschütteln lassen und wäre mit ihm zusammen in dieses Zimmer marschiert. Unglücklicherweise hatte er seinen Partner auf den mit muffeligen Passanten überladenen Straßen verloren, als dieser überhastet aus dem Sakura gestürmt war. Go hatte absolut keine Ahnung davon, was Taki dort drinnen getrieben hatte, da er draußen gewartet hatte. Ziemlich lange, um genau zu sein. Irgendwann hatte er sich so sehr gelangweilt, dass ihm Taki beinahe durch die Lappen gegangen wäre, als er plötzlich aus dem Hotel gefegt war.

Na ja, und letztendlich hatte er ihn dann im Gewühl der Menschen verloren. Er hatte zwar noch einige Zeit darauf verwand, ihn vielleicht zufällig wiederzusehen, aber da er sich auch keine Vorstellung davon machen konnte, wo Taki hingelaufen sein könnte, war er schließlich zum einzigen Ort zurückgekehrt, an den Taki unweigerlich ebenfalls zurückkehren musste, wenn ihm nichts passiert war.
 

Ein wenig wütend war Go dann schon gewesen, als er festgestellt hatte, dass Taki in der Zwischenzeit offenbar einmal in seinem Hotelzimmer gewesen war, da seine Einbruchskleidung fehlte – und die hatte er beim ersten Verlassen des Hotels garantiert nicht bei sich gehabt.

Er wollte also irgendwo einsteigen – ohne ihn. Fragte sich nur, wo? Und warum? Und vor allen Dingen: am helllichten Tag?
 

Als Go diese Fragen zum x-ten Mal durch den Kopf geisterten, knurrte er frustriert auf und warf sich verdrießlich in einen der zwei unbequemen Sessel, die das Hotelzimmer zu bieten hatte. Wenn er hier noch länger warten musste, würde er wahnsinnig werden. Nein, erst würde er anfangen, vor lauter Ungeduld die gesamte Einrichtung zu zertrümmern, und dann würde er wahnsinnig werden.

Wo zum Teufel trieb Taki sich nur um?!
 

Das verhaltene Klicken, als ein Schlüssel ins Schloss der Zimmertür geschoben und langsam herumgedreht wurde, katapultierte Go mit einem Satz aus dem Sessel heraus. Er hatte ein finsteres Gesicht aufgesetzt und eine gesalzene Strafpredigt auf der Zunge, die er Taki gleich mit allem, was er hatte, entgegen schießen würde, doch sobald sein Partner mit hängendem Kopf ins Zimmer getreten war und die Tür leise hinter sich ins Schloss gezogen hatte, verpuffte seine Wut zu einem Häufchen Asche und verwandelten sich die harten Worte in einen einzigen Buchstabensalat.

Was zur Hölle war hier los?!
 

„Taki...“ Go war selbst überrascht, wie leise der Anruf klang, aber das vollkommen kraftlose, aufgewühlte Bündel Mensch dort an der Tür hatte ihn total aus der Bahn geworfen.
 

Mit einem Ruck fuhr Takis Kopf nach oben und der gehetzte Ausdruck in den grauen Augen war fast zu viel für Go. „Go. Was... machst du denn hier?“
 

„Sag mir lieber, was mit dir passiert ist“, forderte Go, dessen Stimme sich mittlerweile wieder etwas erholt hatte. Im Gegenteil. Inzwischen formte sich in ihm sogar eine leichte Wut auf das große, unbekannte, schwarze Etwas, das Taki so zugesetzt hatte. „Du siehst absolut scheiße aus.“ Er ging zu Taki hinüber, der noch immer an der Tür stand und sich, seit er Go erblickt hatte, nicht gerührt hatte. Jetzt, wo Go allerdings auf ihn zukam, hob er Einhalt gebietend eine Hand und wich einen Schritt vor ihm zurück.
 

Das schnitt Go so tief ins Herz, dass er es fast körperlich spüren konnte. Am liebsten hätte er schmerzhaft aufgeheult.

Er riss sich jedoch zusammen und versuchte, sich stattdessen auf die Situation zu konzentrieren. Irgendetwas war absolut nicht in Ordnung. Eben hatte er nur eine Ahnung davon gehabt, jetzt sprang es ihn regelrecht an, dass etwas nicht stimmte. Und er wollte das unbekannte, schwarze Etwas auf der Stelle in Stücke reißen.
 

„Okay, gut.“ Zum Zeichen seiner Harmlosigkeit hob Go die Hände in die Luft. „Ich fass’ dich nicht an, versprochen. Aber du bist so weiß wie die Wand. Könntest du mir den Gefallen tun und dich setzen, bevor du zusammenklappst?“
 

Taki sah ihn an, als hätte er Suaheli gesprochen. „Was machst du hier?“, wiederholte er seine Frage von eben.
 

„Ich hab’ auf dich gewartet“, antwortete Go ruhig und wagte es, noch einen Schritt nach vorne zu gehen. Als er sah, dass Taki weder zusammenzuckte, noch weiter vor ihm zurückwich, wurde er mutiger und streckte vorsichtig die Arme nach ihm aus, um ihn am Arm zu packen. „Taki, bitte. Setz dich irgendwo- Scheiße!“ Unvermittelt war jegliche Kraft aus Taki gewichen und er brach einfach so in sich zusammen. Wie ein Kartenhaus.
 

Go hatte Mühe, ihn gerade noch so aufzufangen, ehe er unsanft auf den Boden aufschlagen konnte. Ohne noch weiter zu fackeln, hob er ihn hoch und trug ihn zum Bett hinüber; der einzige Gegenstand in dem winzigen Hotelzimmer, auf dem es möglich war, sich in die Horizontale zu geben – vom Fußboden einmal abgesehen.

Vorsichtig legte er Taki auf die viel zu weiche Matratze ab und setzte sich selbst neben seinen Partner. Etwas zögerlich strich er ihm einige der blonden Strähnen aus dem Gesicht zurück, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten.

Augenblicklich öffnete Taki die Augen wieder, sah Go jedoch nicht an.
 

„Geht’s wieder? Taki?“

Keine Reaktion.

Verdammt.

„Taki? Alles okay?“

Kaum merklich schüttelte er den Kopf.

Verdammt.

„Möchtest... du mir erzählen, was los ist?“, zwang sich Go zu fragen, obwohl in ihm mit rasend schneller Geschwindigkeit der Wunsch heranwuchs, sofort und auf der Stelle die gesamte Wahrheit von Taki zu erfahren, damit er diesem an ihm nagenden schwarzen Etwas gegenübertreten konnte. Um es zu vernichten. Innen drin war er bei weitem nicht so ruhig, wie er sich befahl, zu sein.
 

Taki seufzte leise, schüttelte dann wieder kaum wahrnehmbar den Kopf.

„Vielleicht geht es dir dann besser“, redete ihm Go weiterhin gut zu. Vielleicht geht es aber auch nur mir selbst dann besser. So voller Ungewissheit hatte er das Gefühl, jeden Moment zu platzen und etwas ganz Dummes zu tun.
 

„Nein.“ Taki fuhr sich mit einer Hand über die Augen, um die herum Go deutlich Tränenspuren hatte ausmachen können. Ihm zog sich regelrecht das Herz zusammen bei dem Gedanken, dass Taki geweint hatte. Warum hatte er geweint? Was hatte ihn zum Weinen gebracht? Und wo zur Hölle konnte er es finden, um es umzubringen?!
 

„Nein“, wiederholte Taki nur, ließ die Hand jedoch weiterhin seine Augen verdecken. „Ich muss... mich nur etwas ausruhen. Ein bisschen.“
 

Go presste die Lippen zusammen. Sicherlich wäre es relativ leicht für ihn gewesen, Taki jetzt mit lauter Fragen zu bombardieren und ihn mit Feststellungen und Bemerkungen zu überrumpeln, die er früher oder später bestätigen oder korrigieren würde, um seine Ruhe zu haben. Er könnte ihn nach Seiji Reiyamata ausfragen, nach Asako, nach diesem Fall. Eine Frage nach der anderen abschießen, bis Taki so sehr von ihnen zerlöchert war, dass die Antworten regelrecht aus ihm heraus fließen würden.

Aber er tat es nicht. Was das anbelangte, fühlte er sich gerade, als hätte ihm jemand einen unentwirrbaren Knoten in die Zunge gemacht.

Morgen ist auch noch ein Tag, sagte er sich. Vielleicht fühlte sich Taki dann bereit, ihm endlich zu sagen, was hier gespielt wurde.
 

Und wenn nicht... Nun, morgen wäre die Schonfrist guten Gewissens vorbei. Dann hätte sich sicherlich auch der Knoten aufgelöst und dann würde er Taki mit Fragen bombardieren. Das hier war doch kein Zustand.
 

Außerdem hatte Go eine ungefähre Ahnung davon, dass Taki gerade vermutlich Kontakt mit seiner Vergangenheit hatte. Wahrscheinlich in Form von diesem Reiyamata oder in Form von Asako. Möglicherweise nächtigte einer von beidem im Hotel Sakura.

Die große Quizfrage blieb dann nur, weshalb Taki wie ausgekotzt aussah.
 

„Okay“, murmelte Go, sich halb geschlagen gebend – wieder einmal. Er stand vorsichtig vom Bett auf und warf von oben herab einen Blick auf Taki, der noch immer so auf der Matratze lag, wie Go ihn dort abgelegt hatte. Die Hand verdeckte immer noch seine Augen. Go konnte nur hoffen, dass er nicht schon wieder weinte. Sein Körper zitterte so verräterisch.
 

Seine Augen wanderten weiter zu den schweren Schuhen, die Taki an den Füßen trug und die sicherlich reichlich unbequem waren.

„Ich zieh’ dir die Schuhe aus, okay? Dann ist’s bequemer.“

Da von Taki keine Reaktion kam, machte sich Go einfach an die Arbeit. Sobald er die Schuhe neben das Bett gestellt hatte, zog Taki die Beine an, drehte sich auf die Seite, versteckte das Gesicht in einem Kissen und rollte sich ganz klein zusammen.

Go musste bei diesem Anblick den dicken Kloß in seinem Hals hinunterschlucken.
 

Er wollte sich gerade umdrehen und zurück zu den Sesseln gehen, um es sich in der Zwischenzeit dort drinnen irgendwie gemütlich zu machen, als ihm etwas Ungewöhnliches ins Auge sprang.

Blut. Auf Takis Nacken.

Mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen Augen hielt Go in der Bewegung inne und bewegte sich leise zur Seite des Bettes, um sich davor hinzuhocken und einen besseren Blick auf den roten Fleck zu haben.

Es stellte sich tatsächlich als Blut heraus, das aus einer kleinen –

Go erstarrte.

Wie, verdammt noch mal, kam eine Bisswunde auf Takis Nacken?!
 

Ein Teil seines Verstandes wollte ihn noch davon abhalten, aber da hatte er schon einen Arm nach Taki ausgestreckt, ihn an der Schulter gepackt und mit Schwung zu ihm herumgedreht.

Taki japste erschrocken nach Luft und starrte Go aus geröteten Augen an, in denen tatsächlich Tränen schwammen.

Trotzdem kratzte er noch eine beachtliche Menge Wut zusammen, als er Go anfauchte: „Verdammt, was soll das?“
 

„Du hast eine Bisswunde im Nacken, weißt du das?“
 

Ertappt klatschte sich Taki eine flache Hand in den Nacken, nur um gleich darauf zusammenzuzucken und die Hand wieder nach vorne zu ziehen. An seinen Fingerspitzen klebte eine kaum zu benennende, geringe Menge verschmierten Blutes.

Und seine Handfläche zierte ein hässlicher, dünner, blutiger Striemen.
 

„Scheiße.“ Gos Hand schoss vor und hielt Takis am Handgelenk fest, um sich die Verletzung näher zu begutachten. Wenn ihn nicht alles täuschte, stammte die von dem Drahtseil, mit dem sie sich normalerweise von irgendwelchen Dächern abseilten.
 

Ruppig riss Taki seine Hand wieder zurück und begegnete anschließend trotzig Gos Blick, der diesen langsam anhob und Taki fragend ansah. „Was denn, verdammt? Ich war... ich war... unvorsichtig.“
 

„Und jetzt noch mal ohne zu stammeln“, entgegnete Go trocken, was ihm einen zornigen Blick einbrachte. „Weißt du, eigentlich wollte ich dir deine Ruhe gönnen, aber inzwischen habe ich es mir anders überlegt.“ Er schwang sich aufs Bett hinauf. „Ich möchte jetzt wissen, wo du warst und wie zum Teufel du dir all diese Wunden eingehandelt hast.“
 

Taki biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kieferknochen hervortraten. „Und ich will jetzt meine Ruhe“, presste er hervor.
 

„Na gut.“ Go spürte, dass er schon wieder auf Krawall gebürstet war. Niemand konnte ihn so schnell in irgendwelche Stimmungsschwankungen stürzen wie Taki. „Spielen wir doch ein Spiel. Ich rate und du musst nur mit dem Kopf nicken oder ihn schütteln, was hältst du davon?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, legte er los: „Du warst im Hotel Sakura und hast dich da mit jemandem getroffen.“
 

Taki schnappte nach Luft. „Woher weißt du –“
 

„Punkt für mich“, unterbrach Go ihn schneidend. „Gut, dann wollen wir doch mal sehen. Du hast eine Bisswunde im Nacken, also hast du dich vermutlich mit Asako getroffen und euer anfänglich zärtliches Liebesspiel ist ein wenig ausgeartet.“
 

Takis Augen weiteten sich in einer Mischung aus Entsetzen, Trauer und Schmerz. „Sei still“, forderte er krächzend.
 

Doch Go machte gnadenlos weiter. Er war sich bewusst, dass er verletzte – erneut. Aber anders, hatte er das Gefühl, konnte er an Taki in dieser Sache nicht herankommen. Er musste ihn immer erst aufwühlen, ehe ihm ein winziger Brocken Information zugeworfen wurde.

Und außerdem... mit seinem ewigen Misstrauen und Verschwiegenheit Go gegenüber verletzte Taki Go selbst mehr, als er eingestehen würde.
 

„Okay, das war kein Ja und kein Nein, also war wohl nur die Hälfte richtig. Stimmte vielleicht der Sexpartner nicht? Hast du dich nicht mit Asako getroffen, sondern gar mit Reiyama-“
 

„DU SOLLST DIE KLAPPE HALTEN!“, brüllte Taki in einer unerwartet heftigen Reaktion, schlug die Hände vors Gesicht und drehte sich wieder auf die andere Seite, von Go weg, so dass er ihm nur noch den Rücken zukehrte. Sein Körper zitterte nun unübersehbar, als er verzweifelt versuchte, die in ihm aufsteigenden Schluchzer herunterzuschlucken.
 

Perplex und mit einem tonnenschweren Schuldbewusstsein starrte Go Taki an und verfluchte sich im selben Moment. Gott, wie schaffte es eigentlich ein einziger Mensch, ihn so innerlich zu zerreißen, dass er in der einen Minute vor Wut Bäume in den Boden stampfen könnte und in der anderen so unsicher war ein kleines Baby, das sich zum ersten Mal auf seine eigenen Füße stellte?
 

Go fluchte lautlos, ballte hilflos die Hände zu Fäusten, nur um sie dann gleich wieder zu lockern, und rutschte Taki auf dem Bett hinterher.

„Verdammt, Taki, es tut mir Leid“, murmelte er zerknirscht. „Egal, womit ich dich verletzt hab’, es tut mir Leid. Ich bin ein Idiot.“ Es juckte ihm in den Fingern, eine Hand beruhigend auf Takis Schulter zu legen oder seinen Rücken besänftigend rauf und runter zu fahren, aber er glaubte, dass er im Moment nichts Falscheres hätte machen können. „Es ist nur so, dass... Ich mach’ mir verdammt große Sorgen um dich und mittlerweile weiß ich nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Du schneidest mich vollkommen von deinem Leben ab und langsam macht mich das wahnsinnig. Ich will... ich will dir nur helfen, aber jedes Mal schiebst du mich ein Stückchen weiter zur Seite. Ich... ich weiß einfach nicht mehr, was... ich überhaupt noch tun soll.“
 

Daraufhin herrschte eine Weile Schweigen. Go fühlte sich regelrecht ausgelaugt von dieser Wortflut, aber es musste einfach raus. Er glaubte zwar nicht, dass Taki seinen Zustand nicht schon längst kannte, aber manchmal half es einfach, ihn auszusprechen und somit alles wesentlich greifbarer zu machen.

Zudem wusste er inzwischen wirklich nicht mehr weiter. Wenn Taki ihm nicht bald etwas mehr Informationen zuschusterte, war er vollkommen auf die von Hatozaki angewiesen – und wer wusste schon, ob das die Richtigen waren?

Und obendrein... er hatte das entsetzliche Gefühl, auf dem besten Weg zu sein, Taki zu verlieren.
 

„Ich weiß was“, hörte Go Taki leise sagen, kaum zu verstehen hinter den Händen, die er sich noch immer vors Gesicht presste.

Neugierig spitzte Go die Ohren und beugte sich etwas dichter zu Taki hinüber.

„Halt mich fest.“
 

Go runzelte die Stirn. „Was?“ Er glaubte, sich verhört zu haben.
 

Taki stieß ein leicht genervtes Seufzen aus und nahm die Hände vom Gesicht, nicht jedoch, ohne sich vorher unauffällig übers Gesicht zu wischen. Dennoch konnte er die Tränenspuren nicht gänzlich tilgen. Die Haut unter seinen Augen war inzwischen ebenfalls gerötet.
 

„Du hast schon verstanden“, murmelte er und sah Go kurz über die Schulter hinweg an. „Wenn ich heute überhaupt noch mal ein bisschen schlafen will, muss ich mich sicher fühlen, sonst geht gar nichts.“ Eine sanfte Röte zog sich bei diesen Worten über sein Gesicht.
 

„Halt. Stopp. Moment mal.“ Hatte er hier irgendwas verpasst, oder was? „Du willst, dass ich...?“
 

Um Takis Mundwinkel zuckte es ein wenig. „Ich möchte, dass du dich zusammen mit mir hier aufs Bett legst und mich festhältst, ohne irgendwelche Hintergedanken. Meinst du, das ist möglich?“
 

Ein wenig erleichtert seufzte Go auf und fuhr sich durch das schwarze Haar. Für einen Augenblick hatte er doch tatsächlich geglaubt... Na ja, und wenn schon. So hätte er das ohnehin nicht gewollt.

„Okay“, stimmte Go zu, streifte sich die Schuhe von den Füßen und legte sich vorsichtig, wirklich ganz vorsichtig, als wäre Taki aus Glas, hinter ihm aufs Bett. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er das hier gerade wirklich tun durfte, ohne Gefahr zu laufen, jede Sekunde mit einer Pistole bedroht zu werden.
 

„Himmel, und bei deiner Erfahrung hab’ ich gedacht, du hättest so was schon mal gemacht“, meinte Taki mit einem Tick Spott in der Stimme, der sich vermutlich auf Gos äußerst bedächtiges Vorgehen bezog. Kurzerhand packte Taki Go blind am Arm und zog diesen wieder mit sich nach vorne, um ihn sich um den Bauch zu legen. Gleichzeitig kuschelte er sich unerwartet mutig mit dem Rücken gegen Go, der dabei unverhofft einen ganz trockenen Mund bekam.
 

„Was machst du?“

„Ich fühle mich sicher“, erwiderte Taki mit einem Lächeln in der Stimme.

Sekundenlang starrte Go irritiert blinzelnd auf Takis blonden Hinterkopf, dann musste er unwillkürlich auch lächeln und rückte sich seinerseits in eine bequemere Position.
 

--
 

lg

- Ashling

act ten

Titel: Games

Teil: 10/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht.

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^.
 

Kommentar: Erst einmal wieder vielen, vielen Dank für eure lieben Kommentare *smile*. Ich weiß, dass ich die lahmste Schnecke diesseits des Äquators bin, und ich entschuldige mich mal wieder für die ätzend lange Wartezeit *seufz*.

Des Weiteren stelle ich noch mal das Schildchen auf, dass diese FF spätestens mit diesem Kapitel absolut AU wird .____. Trotzdem dürft ihr gerne meckern, wenn es in dem Rahmen irgendwelche Logikfehler gibt *nickt*.

So, und auf den freundlichen Arschtritt von Spielkind hin geht’s jetzt weiter :D

… ah, nachdem ich eine Frage gestellt habe: Was zum Teufel hat Kei für eine Haarfarbe? Oder Augenfarbe?
 

act ten
 

Niemals hätte Taki gedacht, dass er die komplette Nacht – die zudem recht früh begonnen hatte – würde durchschlafen können. Er hatte eigentlich nicht einmal damit gerechnet, überhaupt einschlafen zu können. Doch als er langsam von einem tiefen, erholsamen und, was am wichtigsten war, absolut traumlosen Schlaf erwachte, musste der Morgen schon weiter fortgeschritten sein, der Helligkeit draußen und dem Lärm auf den Straßen nach zu urteilen.

Er hatte tatsächlich ohne Probleme geschlafen. Ohne Alpträume, ohne von Gedanken an Seiji und Bildern von Asako gequält worden zu sein.

Und er wusste ganz genau, wem er das, dieses unbezahlbare Gefühl der Sicherheit, das ihn ruhig hatte schlafen lassen, zu verdanken hatte.
 

Er konnte Gos warmen Körper noch immer hinter sich fühlen. Sein Arm lag nach wie vor um Taki geschlungen und hielt ihn dicht an sich gepresst. Sanft streichelte ihn regelmäßiger Atem im Nacken, fuhr fast ein wenig heilend über die Bisswunde, die Seiji ihm verpasst hatte.
 

Seiji… dieses Arsch.

Er war es also doch gewesen, derjenige, der Kuzowan umgebracht hatte, nur weil er in seiner grenzenlosen Eifersucht überall Liebhaber von Taki gesehen hatte. Gut, möglicherweise hatte es so ausgesehen, als wäre Kuzowan sein Liebhaber, aber – verdammt – genau das hatte Taki den Mann ja auch glauben machen wollen.

Allerdings… Seiji musste schon vorher in der Stadt gewesen sein, weil er mit eigenen Augen verfolgt haben musste, wie Taki Kuzowan erlaubt hatte, ihn abzuschleppen. Er war die ganze Zeit irgendwo in der Nähe gewesen… und hatte ihn beobachtet.
 

Takis Magen zog sich in einem leichten Übelkeitsgefühl zusammen, als er sich vorstellte, wie Seiji ihm auf Schritt und Tritt gefolgt war. Auf was hatte er gewartet? Warum hatte er ihn nicht schon vorher irgendwo aufgegriffen? Wahrscheinlich war er mit voller Absicht so geduldig gewesen, bis er seine Eifersucht in irgendeinem Kerl bestätigt gesehen hatte – in diesem Fall unglücklicherweise in Kuzowan. Taki hatte fast sofort gewusst, dass es sich bei dem Mörder sehr gut um Seiji handeln könnte. Die Art des Mordes hatte es ihm verraten. Das Messer, die unnötige Grausamkeit, das viele Blut… Seiji war vernarrt in all das, und besonders abgöttisch liebte er Messer, je größer und schärfer, desto besser.
 

Und er Idiot hatte Go mit ins Spiel gebracht.

Verdammt!

Hätte er ihn bloß nicht erwähnt, hätte er bloß nicht auf Seijis Provokation reagiert, hätte er am besten seine verdammte Klappe gehalten!

Möglicherweise war er Seiji zwar schon vorher aufgefallen, aber da sie – zumindest größtenteils – einigermaßen professionell miteinander umgingen, wenn sie arbeiteten, wäre es durchaus möglich gewesen, dass Seiji ihn auch einfach nur als Arbeitskollegen gesehen hatte. Einer von der hübscheren Sorte, aber ein harmloser Arbeitskollege.
 

Aber er, Taki, hatte dem Arbeitskollegen einen Namen und eine Bedeutung gegeben, eine Rolle in diesem verfluchten Spiel.
 

Taki stieß ein schwermütiges Seufzen aus und schloss erneut die Augen. Nein, diesen Moment wollte er sich nicht mit solchen Gedanken kaputt machen; er würde sich dem noch früh genug stellen müssen und im Moment… wollte er einfach nur genießen.
 

„Wach?“, wurde zu seiner Enttäuschung jedoch leise an seinem Nacken gemurmelt und für einen Moment war er tatsächlich versucht, sich schlafend zu stellen und nicht zu antworten. Damit würde er alles zwar nur noch weiter hinauszögern, aber er könnte noch ein wenig länger hier so liegen bleiben, ganz ohne Rechtfertigung.
 

„Hm-hm“, entschied er sich dann allerdings zu brummeln. Mehr sagte er nicht. Es war ja nicht so, dass er gerne darüber sprechen würde. Sollte Go anfangen, wenn er unbedingt wollte. Vielleicht gewährte er ihm noch eine letzte Gnadenfrist.
 

„Geht’s dir besser?“
 

Hatte seine Stimme jemals so sanft geklungen? Warum zum Henker machte er ihm ausgerechnet solche Momente so schwer?

„Ja.“ Er zögerte kurz, dann: „Danke.“
 

„Dafür nicht.“ Go platzierte einen gehauchten Kuss auf seinen Nacken, der – ob nun bewusst oder unbewusst – weit genug weg von der Bisswunde war. „War ja nix Unangenehmes für mich.“
 

Um Takis Mundwinkel herum zuckte es leicht. Natürlich nicht.

Er wollte sich umdrehen, um Go ins Gesicht sehen zu können – und vermutlich auch, um ihn nicht zu sehr hoffen zu lassen; jetzt, wo Seiji wusste, dass ein Go für Taki existierte, konnte das nur fatale Folgen haben. Doch zu seinem Erstaunen verstärkte Go den Griff um seinen Körper und schmiegte sich dichter an ihn.
 

„Das heißt nicht“, meinte Go schmunzelnd, „dass du jetzt gleich wieder aufspringen musst.“
 

„Ich wollte nicht aufspringen.“ Tatsächlich war ihm das gar nicht in den Sinn gekommen. Er hätte sich nur in Gos Armen zu ihm herumgedreht. In Gos Armen… wie sich das anhörte.

Andererseits wäre das vielleicht nicht unbedingt die richtige Position, um ihm von seiner Vergangenheit zu erzählen.

„Aber ich kann so nicht mit dir reden.“
 

„Ich finde, das geht ganz gut“, bemerkte Go und pustete Taki neckend über den Hals, bis dieser die Schultern hochzog.
 

„Das kitzelt.“
 

„Gut. Dann tut es wenigstens nicht weh.“
 

Taki wusste nicht so recht, was er mit diesem Satz anfangen sollte, doch als Go seine Lippen zu einem zärtlichen Kuss auf Seijis Bisswunde auf seinem Nacken senkte, konnte er sich ungefähr vorstellen, was Go meinte. Ungewollt versteifte sich Taki, ehe er trotz Gos liebevoller Behandlung die Schultern hochzog und Go abschüttelte, was dieser auch bereitwillig mit sich machen ließ. Offenbar hatte er nichts anderes erwartet.
 

„Nicht.“

Taki presste die Lippen zusammen, wartete darauf, dass Go irgendetwas sagte, ihn zu einer Erklärung drängte – verdammt, konnte er ihn denn nicht drängen, oder was?! –, aber alles, was er tat, war still hinter ihm zu liegen und sich scheinbar nicht zu rühren.

Und dann brach es auf einmal aus ihm heraus: „Das war Seiji.“
 

Go schwieg erst eine Weile, dann meinte er, zum Zeichen, dass er verstanden hatte: „Aha.“

In seinem Inneren musste er sich jedoch arg zusammenreißen, um Taki nicht zu packen und zu schütteln. Wieso zum Teufel ließ sich Taki von Seiji Reiyamata beißen und kam dann wie eine ausgekotzte Leiche hier hierein gewankt? Der Scheißkerl hatte seinem Taki doch nicht etwa irgendetwas… aufgezwungen?
 

„Er war es, den ich gestern… im Hotel gesehen hab’. Also, ich meine, eigentlich wollte ich ihn nicht sehen, aber er war da, als ich in sein Zimmer eingestiegen bin.“

Zitternd stieß Taki die Luft aus und erinnerte sich an den regelrechten Schock, der durch ihn hindurch gefahren war, als Seiji auf einmal aus dem Bad aufgetaucht war. Seine linke Gesichtshälfte, mit der Seiji ihn gegen die Wand geknallt hatte, dürfte heute auch schön in allen erdenklichen Grün- und Blautönen schimmern. Glücklicherweise war das gestern noch nicht zu sehen gewesen, sonst wäre Go vermutlich gleich ins Sakura gestürmt, auch wenn er dann wahrscheinlich nicht gewusst hätte, was er als nächstes hätte tun sollen.
 

Taki merkte erst, dass er inzwischen eine ganze Zeitlang geschwiegen hatte, als Go die Stille plötzlich durchbrach. „Ist er dein Ex?“ Seine Stimme klang unterkühlt, eisig, betont teilnahmslos, als hätte er sich im Inneren auf alles vorbereitet und könnte es doch nicht ertragen, wenn seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt würden.
 

Augenblicklich schnaubte Taki spöttisch auf, ehe er erst den Kopf schüttelte und dann die Schultern zuckte. „Es ist kompliziert.“
 

„Ich lauf’ nicht weg.“
 

Taki lächelte schwach, ehe er sich dazu zwang, zu sagen: „Er war… er… wir… hatten was… miteinander.“
 

Die Worte krachten wie Steine in den Raum. Taki spürte, wie sich Gos Griff um ihn unvermittelt lockerte, als wäre mit einem Mal alle Spannung aus ihm gewichen.

Und tatsächlich war es auch so. Go starrte Takis Hinterkopf mit weit aufgerissenen Augen an und versuchte irgendwie zu begreifen, was Taki gerade gesagt hatte. Die Worte ergaben für ihn keinen Sinn, schlichtweg keinen Sinn.

Taki hatte was mit einem anderen Mann gehabt.

Taki, der absolut davon überzeugt war heterosexuell zu sein und absolut nur auf Frauen stand.

Taki, der Tag für Tag Go abwies.

Taki… hatte was mit einem anderen Mann gehabt.
 

Nervös lauschte Taki auf irgendein Geräusch hinter sich, musste jedoch erkennen, dass Go absolut gar keinen Mucks von sich gab. In diesem Moment war er doch ganz froh darüber, dass der andere ihn sich gerade nicht hatte umdrehen lassen. Würde er Go jetzt ins Gesicht sehen, würde er vermutlich gar nicht mehr weiterreden können.

„Er war…“ Tief holte Taki Luft, weil die Worte sich einfach nicht über seine Lippen bringen lassen wollten, spuckte dann aber aus: „… mein Kunde.“
 

Er wurde so ruckartig herumgerissen, dass er sich fast den Nacken verrenkt hätte. Go hatte sich halb aufgerichtet, schob sich jetzt, auf den Armen aufgestützt, über ihn und sah von oben mit ungläubig aufgerissenen Augen auf ihn herab, sein Gesicht ein einziges Fragezeichen, versetzt mit einer schier unbändigen Wut.
 

„Dein was? Reiyamata war dein was? Kunde? Kunde?! Dein Kunde als was? Autoverkäufer? Friseur? Dein Kunde als was, Taki?“
 

Gequält sah Taki in die dunklen Augen direkt über ihm, bis er es nicht mehr aushielt und zur Seite sah. Fast wünschte er sich zurück nach gestern Abend, als Seiji ihm mit seinem Gewicht ins Bett gedrückt hatte. Lieber das, als… das hier. Er wusste schon, warum er Go nicht in seine Vergangenheit eingeweiht hatte.
 

„Oh nein“, stieß Go hervor, der Takis Ausweichen wohl offensichtlich als eine Bestätigung seiner absolut wahnsinnigsten Phantasien ansah. „Oh nein, du verarschst mich. Das kann nicht… du… nein.“
 

„Ganz so schlimm, wie du denkst, ist es vermutlich doch nicht“, murmelte Taki kleinlaut, woraufhin Go ihn harsch anfuhr: „Nicht so schlimm? Taki, sieh mich an. Sieh mich an, verdammt!“ Als Taki langsam zurück zu Go sah, erkannte er einen wahren Krieg, der auf dessen Gesicht ausgefochten wurde. Zorn kämpfte mit absoluter Hilflosigkeit, Unglauben rang mit Verdrängung und irgendwo… fast kaum zu erkennen… breitete sich die Enttäuschung aus.
 

Der Zorn behielt jedoch vorerst die Oberhand, als Go mit schmalen Augen zischte: „Hast du ihn für Geld gevögelt, oder nicht?“
 

Am liebsten hätte Taki geschwiegen, wäre im Erdboden versunken, hätte sich in Luft aufgelöst, wäre von Monstern zerfleischt worden… alles, nur das nicht. Er schämte sich mit einem Mal so unsagbar, dass er es selbst kaum aushielt. Das Schlimmste war jedoch, wie Go ihn anstarrte.
 

Er befahl sich, sich wenigstens ein bisschen Mut zu bewahren, und wandte den Blick nicht ab, als er mit zitternder Stimme antwortete: „Ja, anfangs.“
 

Go rührte sich nicht. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, klappte ihn dann jedoch, ohne ein Wort gesprochen zu haben, wieder zu. So sprachlos war er noch nie in seinem Leben gewesen. Er wusste nicht einmal etwas daraufhin zu sagen, geschweige denn zu denken.

Ohne es zu merken, schüttelte er ungläubig den Kopf, als wollte er so verhindern, dass die eben gehörten Worte bis in seinen Kopf vordrangen, wo sie natürlich längst schon waren.

Dann wandte er selbst den Blick ab, indem er den Kopf hob und zur Decke starrte, als würde er dort die Antworten finden, die er sich selbst nicht geben konnte.
 

„Aber… Go… hör zu, das ist alles… ein bisschen anders, als du denkst.“ Unvermittelt erwachte in Taki der Drang, sich zu verteidigen und zu rechtfertigen. Verdammt, im Zusammenhang gesehen, war alles ja auch ein wenig anders. Das änderte zwar nichts an den nackten Tatsachen, war aber zumindest für mildernde Umstände zu gebrauchen.

Voller Tatendrang richtete er sich auf die Ellenbogen auf und versuchte, Gos Blick einzufangen, der noch immer in Richtung Decke ging.
 

„Ich war Angestellter bei einem Begleitservice, eingetragen als Begleiter für Frauen und Männer. Ich wurde auf der Straße angesprochen, weil ich… na ja, du weißt, mein Aussehen… Jedenfalls war es ein guter Nebenverdienst und –“
 

„Ich glaube nicht, dass ich das hören will“, meinte Go kopfschüttelnd und sah wieder zu Taki herunter. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich das hören will, oder?“
 

Schwungvoll warf er sich auf dem breiten Bett neben Taki auf die Matratze, schwang die Beine aus dem Bett und wollte gehen. Einfach so.

Taki hätte schreien können.
 

„Nein, Go. Warte. Warte!“ Hastig griff Taki nach seinem Handgelenk, als Worte ihn nicht aufhalten konnten, und zog ihn unbeabsichtigt grob zurück aufs Bett. Aber er musste doch zuhören! Er musste alles hören, damit er es verstand.

Alles, dachte er bestimmt und Asakos Bild geisterte vor seinem inneren Auge herum.
 

„Scheiße!“, fluchte Go, als er sich wieder aufrichten wollte, nachdem er auf dem Bett gelandet war. Dann schien er es sich jedoch anders zu überlegen und wirbelte auf dem Bett herum, so dass er Taki wieder ansehen konnte. Der Blick aus den dunklen Augen war kalt und bar jeder Emotion. Wut wäre vielleicht noch am ehesten zu bestimmen gewesen.

„Weißt du was?“, schnappte er. „So langsam verstehe ich, warum du dir sicher warst, es mit Kuzowan aufnehmen zu können, als du angeboten hast, den Lockvogel zu spielen. Hah! Und wie du ihn gespielt hast!“ Go schnaubte spöttisch auf. „Und ich Vollpfosten mach mir auch noch Sorgen um dich und deine verfluchte Unschuld! Muss ja tierisch komisch gewesen sein.“
 

Taki stand kurz vor dem Verzweifeln. „Nein, Go, hör zu. Dieser Begleitservice beinhaltete keinen Sex in seinem Programm. Verstehst du? Zu Partys und Gesellschaften gehen, ja, irgendwo rumsitzen und reden, ja, Frauen und Männer becircen und Charme versprühen, auch ja, aber kein Sex.“
 

Das schien Go zumindest stutzig zu machen, denn er blieb mit einem eindeutig angepissten Gesichtsausdruck auf dem Bett sitzen, statt zornbebend aufzuspringen. Dann fuchtelte er verständnislos mit den Armen in der Luft herum und blaffte: „Aber gerade hast du noch gesagt –“
 

„Ich weiß, was ich gesagt habe“, unterbrach Taki ein wenig harsch. Allerdings wollte er es weder ein weiteres Mal hören, noch erneut sagen müssen, dass er Geld für Sex mit Seiji genommen hatte. „Aber du lässt mich ja nicht ausreden.“
 

„Weil du dir alles aus der Nase ziehen lässt!“, schoss Go zurück, ehe er die Hände zu Fäusten ballte und sich dazu zwang, die Arme wieder sinken zu lassen. Ruhig, befahl er sich in Gedanken, während er gleichzeitig die Augen schloss, bleib ganz ruhig, zähl bis zehn und atme tief durch.

Aber – zur Hölle! – was sollte er denn bitte schön denken, wenn Taki erst sagte, dass er für Geld mit anderen Männern schlief – oder geschlafen hatte – und wenn er sich dann im nächsten Atemzug wieder etwas anderes ausdachte?! Was denn nun?

Verdammt! Du sollst dich beruhigen!
 

Er öffnete die Augen wieder und sah in Takis betretenes Gesicht. Die grün-blaue, linke Gesichtshälfte war ihm gerade schon aufgefallen, allerdings war er so voller unterdrücktem Zorn gewesen, dass ihm diese Blessuren im ersten Moment tatsächlich egal gewesen waren. Mittlerweile sah er auf sie und fragte sich, was Reiyamata mit seinem Partner angestellt hatte. Das Zusammentreffen konnte nicht sonderlich friedlich verlaufen sein, wenn Taki so zerschunden davon zurückgekehrt war.

Oder… vielleicht hatten sie… möglicherweise machte Taki… das ja an…?
 

Oh Gott!

Augenblicklich verbot er sich, weiter in diese Richtung zu denken.
 

„Gut. Okay. Gut.“ Go nickte und gab damit unbewusst seine Zustimmung dazu, sich die ganze Geschichte anzuhören. „Wenn du meinst, ich unterbreche dich ständig, werde ich jetzt gar nichts mehr sagen.“ Unvermittelt erhob er sich vom Bett, was Taki sogleich wieder ein wenig panisch die Augen aufreißen ließ.
 

„Nein, warte, wo –“
 

„Ich hol’ dir nur was zum Kühlen“, beruhigte Go in einem ruppigen Tonfall, der seine eigentliche Sorge nicht richtig transportieren konnte. Aber das sollte er auch gar nicht.
 

Ohne einen Blick zurückzuwerfen oder auf eine Antwort zu warten, verschwand Go kurz in dem winzigen Badezimmer des Hotelzimmers, in dem mit Mühe und Not eine Toilette, ein Waschbecken mit dazugehörigem Spiegel, ein einziges Regal und eine Dusche gequetscht worden waren.

Routiniert nahm er sich eines von den zwei bereitliegenden, weißen Handtüchern, hielt es unter den kalten Wasserhahn und starrte dabei wie hypnotisiert auf den Wasserstrahl aus dem Hahn.
 

Taki hatte für Geld Sex mit Männern gehabt. Oder zumindest mit einem Mann. Mit Seiji Reiyamata. Einem Mann, der höchstwahrscheinlich Kuzowan umgebracht hatte. Nachdem er ihn gefoltert hatte. Auf grausamste Art und Weise.

Was zum Teufel hatte er ihm nur noch zu erzählen? Konnte da überhaupt noch etwas Schlimmeres kommen? Wie fügte sich Asako in dieses vollkommen neue Bild, das er sich von seinem Partner machen musste?

Go bezweifelte ein wenig, dass er es überhaupt wissen wollte.

Auf der anderen Seite allerdings brannte er regelrecht darauf, alles zu erfahren. Er hatte sogar das Gefühl, dass er es musste, um aus dem Zusammenhang heraus irgendwelche begnadigenden Details zu finden, die das bis jetzt Gehörte erheblich abschwächen würden.

Es musste solche Details einfach geben.
 

Als seine Finger vom kalten Wasser allmählich taub wurden, drehte er den Hahn zu, wrang das Handtuch aus und ging damit zurück ins Zimmer, wo er es Taki zuwarf. Anschließend schritt er weiter durchs Zimmer auf die zwei unbequem aussehenden Sessel zu und ließ sich darauf nieder.
 

Für Taki ein schmerzhaftes Zeichen dafür, dass Go ganz bewusst auf Abstand zu ihm ging.
 

„Okay, schieß los. Ich bin ganz Ohr.“
 

Taki schluckte hart und spielte erst ein wenig mit dem Handtuch, ehe er es sich auf die linke Gesichtshälfte drückte. Allerdings ließ er das Auge frei, weil er sonst vermutlich den Drang verspürt hätte, sich beide Augen damit zu verdecken. Damit er Go nicht ansehen musste… und damit er nicht sehen musste, wie Go ihn mehr und mehr hasste.

Allerdings wäre er sich feige erschienen, hätte er es getan.
 

„Okay.“ Zeitschindend befeuchtete Taki seine trockenen Lippen mit der Zunge. „Also… der Begleitservice war eine ganz harmlose Sache, obwohl ich gehört hatte, dass einige der dort Angestellten ihren Kunden hin und wieder… gewisse Extras gewährten. Ich nicht“, fügte Taki betonend hinzu, woraufhin von Go aber keine Reaktion kam. Immerhin hatte er eben auch schon etwas anderes gehört.

„Weder mit Frauen noch mit Männern. Ich hatte mich… hinterher zwar außerhalb der Agentur noch mit einigen Frauen getroffen, aber das war nie für Geld. Und… und ich hatte es auch nicht vor, aber Seiji…“ Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, verhärtete sich der grimmige Zug um Gos Mund herum ein wenig und brachte Taki so unwillkürlich dazu, eine kurze Pause einzulegen.

Go allerdings hielt sein Versprechen und erwiderte nichts.
 

„Es stimmt, dass ich Seiji über den Begleitservice kennen gelernt habe. So richtig, meine ich“, nahm Taki den Faden dann an einem anderen Ende wieder auf. „Er ist der Besitzer einer größeren Computerfirma und zu der Zeit, als wir uns kennen lernten, bastelte er gerade an irgendeinem neuen, revolutionären Chip herum und er sagte… er meinte… nun… ihm fehlte etwas die Gesellschaft. Was mir… komisch vorkam, weil…“

Abermals stockte Taki und rutschte ein wenig unruhig auf dem Bett hin und her. Niemals hätte er gedacht, dass es so schwer sein könnte, etwas auszusprechen. Dass sich sein ganzer Körper physisch dagegen wehrte.

„… weil ich ihn vorher bereits… mit einer Frau zusammen gesehen hatte. Mit A… Asako.“ Er presste die Lippen zusammen, als er merkte, wie sich ein Zittern seines Körpers bemächtigen wollte. Mühsam versuchte er, es zu unterdrücken, und sah gleichzeitig abwartend zu Go herüber.
 

Der war bei der Erwähnung des zweiten, ominösen Namens aus Takis Vergangenheit sogleich hellhörig geworden, auch wenn ihn dieser Zusammenhang nun doch etwas verwirrte. Aber er wollte ja nichts sagen. Obwohl er genau erkennen konnte, dass ihn der Name Asako wesentlich mehr aus der Fassung brachte als der Name Seijis. Mit ihr hatte ihn also offenbar erheblich mehr verbunden, wie er es sich bereits gedacht hatte, doch die Bestätigung versetzte ihm abermals einen unerwartet heftigen Stich ins Herz. Es war ihm jedoch vollkommen schleierhaft, wie Taki, wenn er doch offenbar so große Gefühle für Asako hegte, hinter ihrem Rücken mit Seiji…

Scheiße, er wollte es nicht einmal denken.
 

„Jedenfalls“, begann Taki, nachdem er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, „gerade weil ich das wusste, war ich überrascht, zu hören, dass Seiji mich… gebucht hatte.“

Von Go war bei dieser Formulierung ein gurgelndes Geräusch zu vernehmen.

„Allerdings wollte er nur reden. Über… Asako. Und ein Probleme mit ihr, mit der Firma. Er sagte, dass es so schwierig wäre, Freundschaften zu schließen, wenn man so im Berufsleben eingespannt ist wie er, und es wäre doch schön, wenn wir uns näher kennen lernen würden, wo wir… uns doch schon ein paar Mal gesehen hätten und… so. Es war… echt nett, der Abend, nur…“ Taki zögerte abermals und suchte auf Gos Gesicht nach irgendeiner Reaktion, aber die Miene seines Partners schien versteinert.
 

„Wir hatten ziemlich viel getrunken. Hauptsächlich Wein. Und irgendwann… küsste er mich einfach. Es war… mein erster Kuss mit einem Mann. Ich… ich weiß auch nicht. Es fühlte sich okay an, er war… sehr zärtlich und dann… dachte ich gar nicht mehr nach und eins führte zum anderen und –“
 

Er brach ab, als Go kopfschüttelnd eine Hand Einhalt gebietend hochhob. „Gut, ich wollte dich nicht unterbrechen, aber das musst du mir wirklich nicht erzählen.“ Er holte einmal tief Luft. „Überspring den Part. Du hast mit Seiji gevögelt, obwohl du wusstest, dass er was mit einer Asako hatte. Weiter im Text.“
 

„Er hatte nichts mit einer Asako“, betonte Taki ungewohnt bissig. „Das war noch… in der Anfangsphase. In der fortgeschrittenen Anfangsphase.“
 

„Als ob es das besser machen würde“, ätzte Go, wobei Taki ihm unumwunden zupflichten musste.
 

„Nein, stimmt“, murmelte er leise und wandte kurz den Blick ab, um an einem imaginären Fleck auf seiner schwarzen Einbrecherkleidung, die er seit gestern noch nicht ausgezogen hatte, herumzukratzen. Dann schaute er jedoch wieder auf. „Das wurde mir am nächsten Tag, als ich… als wir… als ich realisiert hatte, was passiert war, auch klar. Ich wollte es als einmaligen Ausrutscher abtun und Seiji bestand darauf, mir… Geld für… dafür zu geben. Meinte, dass es das Ganze noch unpersönlicher machen würde, noch leichter zu vergessen. Ein… Job eben. Ich war einverstanden.

Aber in der nächsten Woche wurde ich wieder von ihm gebucht und wir… haben wieder…“
 

Als er sah, wie Go erst ungläubig die Augen aufriss, sie dann gen Decke rollte und fassungslos den Kopf schüttelte, gestand Taki kleinlaut: „Ich hätte das nicht tun sollen, ich weiß. Ich habe mich auch extrem scheiße gefühlt und tue es immer noch. Aber Seiji… wenn er einmal angefangen hat, dich zu überreden, saßt du irgendwann in der Falle. Und er hatte nur logische Argumente gebracht. Das Geld, dass es nur ein Job ist, und… außerdem“, fügte Taki leise, fast nicht verständlich hinzu, „… war es ganz gut mit –“
 

„Stopp!“ Go sprang vom Sessel hoch und funkelte Taki wütend an, der unwillkürlich zusammengezuckt war. Aber das war Go egal, vollkommen egal. Er konnte hier nicht länger stillschweigend sitzen und sich diesen ganzen Mist anhören, sonst würde er explodieren. Er verstand diese merkwürdige Dreiecksbeziehung ohnehin nicht. „Verdammt, musst du solche Lobeshymnen auf den Kerl verfassen, zur Hölle?! Es interessiert mich einen Scheißdreck, was für ein Held dein Reiyamata im Bett ist! Kannst du dir nicht denken, dass das ein klein wenig verletzend für mich ist, nachdem du vor mir die Heilige Jungfrau gemimt hast?! Verdammte Scheiße!“
 

Mit vor Zorn blitzenden Augen trat Go so heftig gegen den Sessel, auf dem er gerade noch gesessen hatte, dass er schwungvoll nach hinten umkippte und polternd auf dem Boden landete.

Danach brach eine geradezu beängstigende Stille über den Raum herein, in dem man nur noch Gos schnelle Atmung wahrnehmen konnte.

Und das Zerbröseln von Takis zerstampftem Herzen. Verflucht, er hatte hier doch überhaupt niemandem wehtun wollen, aber… es ging doch nun mal nicht anders. Go hatte es wissen wollen und nachdem Taki in der Nacht so unvorsichtig war und Seiji Gos Namen preisgegeben hatte, der ihm in Verbindung mit seinem Aussehen, das er von Kuzowans Überwachungsvideos hatte, erheblich weiterhelfen würde, hatte er es auch wissen müssen.
 

„Ich habe niemals die Heilige –“, wollte Taki mit betont ruhiger Stimmer erklären, als Go ein scharfes: „Halt die Klappe!“, dazwischen warf und dann schnurstracks im Bad verschwand. Mit einem ohrenbetäubenden Knall landete die Tür hinter ihm im Schloss.

Gequält schloss Taki die Augen und presste die Lippen zusammen. Er fühlte sich jetzt schon schlimmer als jemals in seinem Leben zuvor – sogar schlimmer, als diese ganze Sache sich zugetragen hatte – und er war immer noch nicht fertig mit auspacken. So langsam hatte er das Gefühl, das überhaupt nicht zu packen. Ihm tat jetzt schon das Herz so sehr weh, als wäre er angeschossen worden. Vollkommen bescheuert, aber absolut wahr.
 

Rücklings ließ er sich nach hinten auf das Bett fallen und murmelte verzweifelt: „Scheiße…“
 

--
 

Verdammt! Verdammt! Verdammt!

Go krallte seine Hände so fest in den Waschbeckenrand, dass die Muskeln an seinen Armen überdeutlich hervortraten. Er verspürte den unbändigen Drang, irgendetwas zu zerstören, seine Wut an irgendetwas auszulassen, die sich wie ein ganzer Stausee in ihm ansammelte, aber vorerst würde er dieses Gelüst leider unterdrücken müssen, denn in diesem mickrigen Bad hätte er höchstens das Regal herunterreißen oder den Spiegel einschlagen können.

Das war irgendwie nicht das, was er wollte.

Am liebsten wollte er Knochen splittern hören.

Reiyamatas Knochen. Sein Genick beispielsweise.
 

Als er einen lauten Wutschrei seine Kehle aufsteigen fühlte, biss er die Zähne so fest aufeinander, dass er meinte, es knirschen zu hören. Es brachte ihm doch absolut nichts, jetzt die Nerven zu verlieren.

Gut, er hatte die Nerven verloren, indem er Taki unterbrochen und ins Bad geflüchtet war, um sich diese verrückte Geschichte nicht weiter anhören zu müssen.

Aber es brachte ihm mit Sicherheit noch weniger, wenn er etwas zerschlug, das er hinterher teuer würde ersetzen müssen, oder wenn er das ganze Hotel zusammen schrie und damit wahlweise einen Freifahrtschein ins Irrenhaus oder wenigstens eine reißerische Schlagzeile in irgendeinem billigen Boulevardblatt gewann.
 

Nur warum zum Henker erzählte Taki in den höchsten Tönen von Reiyamata? Hatte er was nicht mitbekommen oder war Taki schlichtweg entgangen, dass der Kerl höchstwahrscheinlich einen Menschen umgebracht hatte?

Und was hatte es mit dieser merkwürdigen Dreiecksbeziehung auf sich? Taki hatte eine von ihm sehr geliebte Frau namens Asako mit einem schmierigen Geschäftsmann und Mörder für Geld betrogen, obwohl er noch nicht einmal auf Männer stand? An welchem Punkt hatte er den verflixten Faden in dieser Sache verloren?
 

Gut, möglicherweise hatte beim ersten Mal zu erheblichen Teilen der viele Alkohol eine große Rolle gespielt, wie Taki es auch gesagt hatte, aber spätestens beim zweiten Mal hätten bei ihm doch alle Alarmsirenen angehen müssen und er hätte diesen Kerl genauso eiskalt abservieren müssen, wie er es mit Go die ganze Zeit über tat!

Warum hatte er nicht? Was hatte Reiyamata, was…
 

„… ich nicht habe“, murmelte Go nach einem kurzen Zögern und stufte sich im selben Moment als eifersüchtigen Teenager ein. War das wirklich das einzige Problem an dieser beschissenen Angelegenheit? Wenn er ehrlich war, war es zumindest ein großes Problem, was es eigentlich nicht sein sollte. Aber, verdammt noch mal, er konnte doch nichts dafür, dass er Taki… dass er ihn gern hatte. So gern, dass er das Gefühl hatte, es zerriss ihn innerlich, wenn er sich dieses Geständnis noch länger anhören musste.
 

Warum hatte Taki ihn immer wieder abgewiesen? Warum ihn, und Reiyamata nicht?

Weil er nicht Takis Geschmack traf…?

Oder weil er nicht… bezahlte…?
 

„Oh, gottverdammt!“, fluchte Go und fuhr sich verzweifelt durch die Haare, während er sich selbst im Spiegel zornig anfauchte: „Wenn du es unbedingt wissen willst, dann geh’ raus und frag’ ihn!“

Oder aber, er stellte seine egoistischen Gefühle hinten an und kümmerte sich mal um den vorliegenden Fall.

Unglücklicherweise schien nur auf einmal alles miteinander verbunden zu sein.
 

Ihr Fall, dass sie das Heroin von Kuzowan finden sollten – Seiji Reiyamata, der mutmaßliche Mörder von Kuzowan – Takis gemeinsame Vergangenheit mit Reiyamata – seine wie auch immer gearteten Gefühle für diesen Kerl – Gos Gefühle für Taki und… eventuell auch Takis Gefühle für Go.

Obwohl… so wie er sie mit Füßen getreten hatte, durften zumindest die in dieser Kette nicht allzu viel Gewicht haben.
 

Er zuckte regelrecht zusammen, als es unerwartet an die Badezimmertür klopfte, jedoch niemand eintrat. Traute sich Taki jetzt nicht einmal mehr das ihm gegenüber oder wie durfte er das verstehen? Wo war ihr mühsam aufgebautes Vertrauen hin, ihre Freundschaft? Sollte es beides jemals gegeben haben?
 

„Was?“, blaffte er dementsprechend unfreundlich.
 

Einige Sekunden lang herrschte eine solche Stille hinter der Tür, dass Go sich fragte, ob er sich das Klopfen nur eingebildet hatte. Dann erklang jedoch Takis Stimme: „Go, ich… ich muss dir das zu Ende erzählen. Bitte. Es tut mir Leid, wenn ich dir damit wehtue, aber… ich muss es dir erzählen. Verstehst du? Go? Bitte.“
 

Allein schon weil sich Takis Stimme so ungekannt flehentlich anhörte, hätte Go ihn schon weiterreden lassen. Ja, meine Güte, dann wurde das Messer in seinem Herzen eben noch ein paar Mal häufiger herumgedreht, na und? Das würde er auch schon noch irgendwie aushalten.

Trotzdem gönnte er sich noch einige weitere Sekunden, um sich zu sammeln, ehe er die Tür aufmachte, vor der Taki als ein Häuflein Elend stand.

So gut es ging, versuchte Go, sich nicht von diesem Anblick erweichen zu lassen.
 

„Warum willst du mich nicht?“, fragte er geradeheraus.
 

„W…Was?“ Verwirrt blinzelte Taki ihn an. „Ich habe nie gesagt, dass ich… Ich meine, was soll die Frage jetzt?“
 

„Es interessiert mich. Und außerdem scheint mir diese Frage zu diesem Zeitpunkt jetzt perfekt zu passen. Wo wir doch schon mal Klartext reden.“
 

„Go“ – er unterstrich seine Worte mit ein paar bedachten Handbewegungen, die Go eher vom Thema ablenken sollten – „das hat absolut nichts mit dir zu tun.“
 

„Hm, finde ich schon. Mit Reiyamata schläfst du, ich darf dich nicht einmal anfassen.“
 

Als würden ihn diese Worte ernsthaft treffen, schloss Taki für einen Moment die Augen und wollte das Gespräch wieder in eine andere Richtung lenken, überlegte es sich dann aber doch anders.

„Weil mit dir sonst das Gleiche passiert wäre wie mit Kuzowan.“
 

„Kuzo… huh?“ Verständnislos runzelte Go die Stirn. „Wie darf ich das verstehen? Wie spielt der denn da jetzt mit rein?“
 

„Seiji hat geglaubt, ich hätte mit ihm…“ Taki senkte den Blick und ließ den Satz in einem Schulterzucken enden. „Er ist furchtbar eifersüchtig. Auch schon damals. Er wollte mich dazu überreden, aus der Begleitagentur auszutreten. Ich wollte aber nicht, weil es gutes, leicht verdientes Geld war. Dann meinte er, dass ich wenigstens mit keinem anderen… nun… ins Bett gehen sollte. Ich sagte, das wäre kein Problem, weil… so was mache ich ja nicht.“
 

Go verschränkte die Arme vor der Brust. Noch sah er den Punkt nicht wirklich in dieser ganzen Erzählung. Warum noch mal durfte Reiyamata als einziger Taki berühren? Weil er sonst alle anderen umbrachte? Hervorragend, dann würden sie den Kerl bei nächster Gelegenheit schnappen und wegsperren.

Unvermittelt erinnerte er sich allerdings an die Folter, die Kuzowan vor seinem Tod offenbar hatte durchmachen müssen, und unwillkürlich schluckte er. Gut. Wenn Taki davon gewusst hatte, dann war es eventuell sogar… ganz nobel von ihm, ihn nicht ranzulassen.

Aber irgendwie hatte er trotzdem noch das Gefühl, dass da ein wichtiges Bindeglied fehlte. Irgendetwas passte an der ganzen Sache noch nicht ganz.
 

„Ein paar Tage ging das gut“, fuhr Taki nach einer Weile fort und starrte noch immer den Fußboden zwischen seinen und Gos Füßen an. „Dann unterstellte er den meisten Männern, mit denen ich aus war, dass sie… gewisse Absichten auf mich hätten und dass ich mir das ja alles gefallen lassen würde. Bei Frauen sagte er so was nie; die waren ihm egal. Den Abend, als er das sagte, sprang er… nicht wirklich… sanft mit mir um, legte aber zur Entschädigung einen Extrabonus auf den Preis drauf.“ Takis Stimme rutschte gen Ende hin ins Verächtliche ab. „Es war das dritte Mal, dass wir…“ Sein Blick huschte kurz nach oben, brach dann aber erneut bei Gos Blick in den Augen ab.
 

„Du hast ihm doch hoffentlich einen ordentlichen Faustschlag verpasst“, grollte Go, während sich in ihm schon wieder die Wut auf Reiyamata anstaute.
 

„Nein“, gestand Taki kleinlaut, woraufhin Go unbewusst ungläubig den Kopf schüttelte. Offenbar hatte sich Taki in der Zeit, seit er Reiyamata – auf welche Art auch immer – verlassen hatte, grundlegend in seinem Verhalten geändert. Go konnte nur sagen, dass ihm die kratzbürstige Variante wesentlich besser gefiel als die alles Hinnehmende. Auch wenn sie manchmal etwas schwierig war.
 

„Aber ich wollte mich daraufhin nicht mehr mit ihm treffen. Auch nicht wegen… Asako.“ Taki presste kurz die Lippen zusammen. „Seiji war nicht begeistert. Und das zeigte er mir auch. Er bedrohte mich und als das nicht wirklich half, erpresste er mich mit meiner damals einzigen Schwachstelle.“
 

„Asako“, schlussfolgerte Go, woraufhin Taki zustimmend nickte.
 

„Asako“, wiederholte er murmelnd. „Er drohte, er würde ihr was antun, ihr wehtun. Das war keine Schwierigkeit für ihn, er sah sie ja fast jeden Tag. Also“ – Taki holte tief Luft – „also war ich wieder häufiger bei Seiji. Meist… meist nur für… ziemlich harten Sex. Ohne Bezahlung.“ Unbewusst schlang Taki die Arme um seinen Oberkörper, als er erneut eine Sprechpause einlegte. Beim Erzählen blitzten immer wieder Bilder in seinem Kopf auf, die er so lange Zeit verdrängt hatte und vergessen wollte. Aber besonders Asako hatte sich ihm wie mit einem glühenden Eisen ins Gehirn gebrannt.
 

Erschrocken sah er auf, als er eine leichte Berührung an der Schulter spürte. Gos dunkle Augen lagen undurchschaubar auf ihm.

„Vielleicht setzen wir uns wieder. Nachher kippst du noch mal um.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, dirigierte er Taki zurück zum Bett hinüber und drückte ihn dort sanft auf die Matratze. Er selbst machte sich jedoch wieder auf den Weg zu den Sesseln, allerdings weniger aus Abneigung Taki gegenüber heraus, sondern viel eher aus reinem Selbstschutz.

Wenn er diesem Reiyamata jemals über den Weg laufen sollte, würde er ihn eigenhändig, vollkommen skrupellos und obendrein genüsslich umbringen. Das schwor er sich schon beinahe.
 

„Irgendwann hatte ich genug davon“, nahm Taki den Faden leise wieder auf und bei diesen Worten hätte Go beinahe einen Freudentanz aufgeführt. Endlich. Das war der Taki, den er kannte. Nur dass der schon fünf Sekunden nach den ersten Worten, die ihm nicht passten, zurückschlug. „Ich wehrte mich anfangs zunehmend, drohte nun ihm, die Polizei einzuschalten, wobei er allerdings belastendes Material gegen mich wegen Hackens in der Hand hatte. Keine große Sache, aber groß genug, um mich damit zusätzlich einzuschüchtern. Außerdem war er immer noch mit… Asako zusammen.

Dann… habe ich mich ihm eines Abends verweigert. Ich bin zwar da gewesen, habe ihm… eine verpasst, als er wieder mit mir ins Bett wollte, und bin dann gegangen.“ Er legte eine bedeutungsschwangere Pause ein, die Go sagte, dass jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt zum Jubeln war.
 

„Am nächsten Tag war Asako verschwunden.“ Takis Stimme zitterte, als er mit dieser Offenbarung herausrückte. „Sie… sie war einfach nicht mehr da. Sie…“ Langsam hob er den Blick an und schaute Go mit Tränen in den Augen an. „Go, sie war meine Schwester.“
 

--
 

lg

- Ashling

act eleven

Titel: Games

Teil: 11/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Ich möchte mich wie immer brav bei meinen Lesern und Kommentarschreibern bedanken und gleichzeitig meine Bewunderung dafür aussprechen, dass ich trotz unzumutbar langen Wartezeiten immer noch welche habe XD“ Vielen, vielen Dank dafür :)

Ach, und da mir offenbar niemand bei meinem Dilemma mit Keis Haarfarbe aushelfen konnte, muss ich schlichtweg etwas improvisieren. Ich hoffe, es ist zu jedermanns Zufriedenheit *smile*
 

act eleven
 

Go starrte Taki an, außerstande auch nur einen Millimeter weiter zu denken als bis zu Takis letzten Worten.

Takis Schwester.

Asako.

Takis… Schwester…
 

Er konnte sich weder rühren, noch blinzeln oder sein Gesicht zu sonst einer Regung überreden. Er saß einfach in seinem Sessel, den Blick auf Taki gerichtet, und lauschte dem widerhallenden Echo in seinem Kopf, das immer weniger Sinn ergeben wollte, je häufiger es sich wiederholte.

Die ersten Tränen lösten sich aus Takis rauchgrauen Augen, über die Wangen hinab zum Kinn, um dann auf das Bett zu tropfen.

Go verfolgte dieses Tränenspiel wie besessen, als wäre es etwas, mit dem sich sein Verstand besser auseinandersetzen könnte. Dann schloss Taki jedoch die Augen, wandte den Blick ab und ließ den Kopf hängen, um sich mit dem Handrücken über das Gesicht zu fahren. Es kam nicht ein Laut über seine Lippen.
 

„Deine… deine… Schwester…“, wiederholte Go etwas unsicher, als wüsste er diesem Wort keine Bedeutung zu geben. Für ihn hatte in den letzten Tagen nur die Kombination Asako – Takis Geliebte existiert und plötzlich musste er komplett umdenken.

Die mysteriöse Asako hatte Taki noch mehr bedeutet, als er sich in seinen wildesten Phantasien ausgemalt hatte. Aber nicht, weil sie seine einzig wahre Liebe gewesen war, sondern weil sie seine Schwester war. Seine Schwester. Taki hatte eine Schwester. Asako.

„Asako… ist… Aber… wieso… warum…“ Mit einem Mal stockte er und seine Stimme war um einige Nuancen sanfter, als er fragte: „War?“
 

Taki nickte. Blonde Haarsträhnen fielen ihm wirr ins Gesicht, so dass sie es nahezu gänzlich versteckten.

„Seiji hat sie umgebracht“, flüsterte er rau. In seinem Schoß knetete er seine ineinander verschränkten Hände, bis sie ganz rot waren.
 

„Was?“ Die Fassungslosigkeit in Gos Stimme war echt. Ohne es zu merken, war er von seinem Sessel aufgesprungen.
 

„Als ich mich ihm… verweigert hatte in dieser einen Nacht, hat er sie bei sich festgehalten. Denke ich. Sie waren… ja so was wie ein Paar. War bestimmt leicht für ihn. Er hat sie als Druckmittel gegen mich benutzt, aber als ich nicht wollte, hat er sie… umgebracht. Und grausam zugerichtet. Er hat…“

Taki schüttelte leicht den Kopf und presste die Augen noch fester zusammen, als könnte er so nicht nur die Tränen zurückhalten, von denen er schon so viele um Asako vergossen hatte, sondern auch die aufsteigenden Bilder abwehren, die ihm eine Asako zeigten, die er fast nicht wieder erkannt hätte. Seijis Vorliebe für Messer war an ihr eindeutig nicht zu kurz gekommen.
 

„Schon gut“, lenkte Go besänftigend ein, als er erkannte, dass es Taki höchste Überwindung kostete, überhaupt so weit zu erzählen. Er wollte ihm noch größere Qualen ersparen und ihn nicht weiter erzählen lassen, was Reiyamata mit Asako angestellt hatte. Hatozakis Bericht darüber, wie Reiyamata Kuzowan zugerichtet hatte, war bestimmt ein guter Vorgeschmack darauf, was er mit Asako getan hatte. Um ehrlich zu sein, so genaue Details wollte er gar nicht hören. Er hasste Seiji Reiyamata ohnehin jetzt schon aus tiefster Seele und sollte er ihn irgendwann zwischen die Finger bekommen, würde er sich einen Scheiß um die Polizei kümmern und wie die möglicherweise mit Leuten wie Reiyamata umsprang.

Nämlich viel zu sanft.

Keiner von ihnen hatte schließlich einen in sich zusammengesunkenen Taki vor sich gesehen, so wie Go es jetzt gerade tat, und keiner von ihnen hatte sich so aufgewühlt und hilflos gefühlt wie er im Moment, in dem sicheren Wissen, rein gar nichts tun zu können, um Taki irgendwie beizustehen.
 

Gut, vielleicht waren da einige Punkte in dieser Geschichte, mit denen er nicht ganz einverstanden war. Er hätte Taki beispielsweise nie zugetraut, dass er sich in eine wachsende Liebesbeziehung seiner Schwester zu einem anderen Mann einmischte.

Allerdings hätte er ihm auch nie zugetraut, schon einmal mit einem Mann geschlafen zu haben, so wie er sich immer bei Gos Annäherungsversuchen verhielt. Noch dazu für Geld.

Aber wenn er sich das große Ganze betrachtete, war er mehr in die ganze Situation hineingerasselt, als dass er selbst etwas dafür gekonnt hätte. Außer vielleicht, dass er diesem verdammten Begleitservice beigetreten war und Reiyamata leichtes Spiel beschert hatte, als er sich so hemmungslos besoffen hatte, dass er sich von ihm hatte flachlegen lassen.

Trotzdem. Die Rechnung, die Taki dafür hatte zahlen müssen, war eindeutig zu hoch gewesen.
 

Gos Schweigen machte ihn wahnsinnig. Nein, eigentlich war es nicht nur das Schweigen, sondern vielmehr auch das Verständnis, das er ihm offenbar entgegenbrachte, wie die zwei simplen Worte: „Schon gut“, vermittelten.

Er hatte kein Verständnis verdient. Nicht in dieser Angelegenheit. Er hatte gewollt, dass Go sich alles anhörte und dass er erkannte, warum er gehandelt hatte, wie er gehandelt hatte. Aber er wollte kein Verständnis dafür, dass er zu großen Teilen am Tod seiner Schwester verantwortlich war. Die restliche Verantwortung trug Seiji, der auch absolut nicht unschuldig war, aber egal, wie Taki das Ganze drehte und wendete, irgendwo hatte auch er Schuld.
 

Er hatte nicht mitbekommen, dass Go sich durch den Raum bewegt hatte, aber da sich die Matratze unter seinem Gewicht nach unten senkte, als er sich hinsetzte, musste er wohl von den Sesseln zu ihm herübergekommen sein. Ein Zeichen dafür, dass die Zeit der Distanz jetzt wieder vorbei war, weil sie von Go für beendet erklärt worden war. Ein Stück weit überkam Taki bei diesem Gedanken Erleichterung und gleichzeitig versuchte er erneut, die Tränen auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Seiner Selbstbeherrschung dankte er ohnehin schon, dass er bis jetzt nicht hemmungslos zu schluchzen angefangen hatte, aber vermutlich hatte er das zuvor schon so häufig im Zusammenhang mit Asako getan, dass er jetzt einfach nicht mehr konnte. Eher beiläufig fragte er sich, wann er auch endlich aufhören würde, zu heulen.
 

Unabsichtlich zuckte er leicht zusammen, als Go einen Arm um seine Schulter legte, jedoch mehr aus Überraschung denn aus Angst heraus, was er im nächsten Moment auch dadurch unter Beweis stellte, dass er vertrauenswürdig seinen Kopf an Gos Schulter bettete. Und das hatte er auch. Vertrauen zu Go. Ob er es glauben mochte, oder nicht.
 

„Ich bin froh, dass du es mir erzählt hast“, murmelte Go und drückte einen liebevollen Kuss auf Takis blonden Haarschopf. Denn im Nachhinein konnte er sich sehr gut vorstellen, was für eine Überwindung das Taki gekostet haben musste. Immerhin hatte er mit den einen oder anderen Worten Go ziemlich heftig getroffen, was ihm vermutlich genauso bewusst war wie Taki selbst.
 

„Und ich bin froh, dass du dir alles angehört hast“, flüsterte Taki zurück. Eine Hand hob er an, um sich Halt suchend und dankbar zugleich in Gos Hemd festzukrallen. „Wirklich.“
 

„Hm“, machte Go und schielte auf die Hand hinunter, die in der Nähe seines Herzens warm auf seiner Brust lag. „Du hättest es mir allerdings auch ruhig eher sagen können. Dann hätten wir uns den ganzen Mist drumherum erspart.“
 

„Tut mir Leid.“
 

„Hm. Schon okay.“
 

Go spürte, wie Takis Hand an seiner Brust hinaufwanderte, den Hals entlang, bis sie an seiner Wange zu liegen kam. Sanft drehte sie sein Gesicht zu Taki, der leicht den Kopf wandte, um Go von unten herab ansehen zu können.
 

„Nein. Es tut mir wirklich Leid.“
 

Und dieses Mal begriff Go, dass Taki mit dieser Entschuldigung nicht nur seine gesamte Geheimniskrämerei und die verspäteten Erklärungen meinte, sondern tatsächlich noch den ganzen Mist drumherum, wie Go es eben noch ausgedrückt hatte. Allen voran Takis ständige Zurückweisungen gegenüber Go, der nun zumindest einen handfesten Grund hatte, warum Taki ihn nicht rangelassen hatte.

Das hatte weder etwas mit Abscheu oder Ekel zu tun oder gar mit dem, dass Taki Go nicht mochte, sondern einfach damit, dass Reiyamata wie das sprichwörtliche Damoklesschwert über Takis Kopf geschwebt hatte. Oder in diesem Fall sogar noch über Go selbst, da er Taki wohl kaum etwas getan hätte, wenn er so besessen von ihm war.
 

Go lächelte matt. „Du musst dich nicht dafür entschuldigen, dass Reiyamata ein Arschloch und kaltblütiger Mörder ist.“ Da es sich nun anbot, küsste Go Taki sachte auf die Stirn. „Außer natürlich, du hast weiterhin vor, dich von ihm einschüchtern zu lassen und zu spuren, wenn er pfeift.“
 

Taki stieß ein halb spöttisches, halb hilfloses Schnauben aus. „Du bist lustig.“
 

Bestimmt drückte Go Taki von sich weg, um ihn streng ansehen zu können. „Ich meine es ernst, Taki. So kann das nicht weitergehen.“
 

„So? Wie denn?“

Erschöpft fuhr er sich durch das ohnehin schon total zerstrubbelte Haar, das nur noch provisorisch von dem Zopfband in seinem Nacken zusammengefasst wurde.
 

Obwohl Go gedacht hatte, dass die durchgeschlafene Nacht Taki gut getan hätte, musste er bei dieser Geste feststellen, dass Taki wohl doch angegriffener war, als er zugeben wollte. Nicht nur rein körperlich, sondern auch psychisch. So wie Go die Sache sah, lief Taki schon längere Zeit vor Reiyamata davon, und er argwöhnte auch, dass er schon häufiger in einer Nacht- und Nebelaktion eine Stadt verlassen hatte, weil er das Gefühl hatte, Reiyamata wäre ihm zu dicht auf den Fersen gewesen.

Er konnte nur raten, die wievielte Station das Café Roost gewesen war und den wievielten Neuanfang er an Gos Seite gestartet hatte. Sicherlich hätte er auch nachfragen können, aber so wichtig war ihm diese Information nicht. Die Erzählung seiner Vergangenheit hatte Taki schon genug geschlaucht und entkräftet und er wollte nicht noch tiefer bohren, indem er eher profane Fragen stellte.

Im Moment war er tatsächlich einfach nur froh, dass Taki sich ihm anvertraut hatte. Wer weiß, wenn er es nicht getan hätte, vielleicht hätte er dann eines Tages wieder plötzlich die Koffer gepackt und wäre ohne ein Wort verschwunden.
 

„Du weißt genau, was ich meine. Du kannst nicht ewig vor ihm weglaufen und ihn dein Leben bestimmen lassen. Wir werden es bei nächster Gelegenheit Hatozaki erzählen. Am besten heute noch.“

Erst sah es so aus, als wollte Taki protestieren, doch dann schloss er, ohne etwas gesagt zu haben, wieder den Mund und wandte unsicher den Blick ab.

„Ich weiß, dass du Angst hast. Aber das ist die einzige Lösung, wie du ihn loswerden kannst und wie er zu seiner gerechten Strafe kommt. Du willst doch nicht, dass er mit dem davon kommt, was er Asako angetan hat, oder?“
 

Taki schüttelte den Kopf, sah ihn jedoch immer noch nicht an. „Darum geht es nicht.“
 

„Worum dann? Um mich?“

Er spürte, wie Taki leicht erstarrte, da er ihn noch immer an den Schultern von sich geschoben festhielt. Ah, da lag das Problem.

„Ich weiß deine Sorge um mich sehr zu schätzen, Taki“, sagte Go leise, konnte sich ein leichtes Schmunzeln aber nicht verkneifen. Auch wenn er jetzt vielleicht den Grund wusste, warum Taki ihn immer wieder zurückgewiesen hatte, so war es doch eine schöne Bestätigung für ihn, zu sehen, dass er Taki tatsächlich so viel bedeutete. „Aber ich kann auf mich selbst aufpassen. Versprochen.“
 

Idiot, dachte Taki. Du kennst Seiji nicht. Du kennst ihn verdammt noch mal nicht.

Allerdings wusste Taki, dass, wenn er Go jetzt wieder mit solchen… zugegeben recht wenig handfesten Argumenten kam, er sie nur wieder auf Takis Angst schieben würde. Und sagen würde, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte.

Aber, verdammt! Er musste sich Sorgen machen, wenn Go Seiji offenbar so auf die leichte Schulter nahm! Glaubte er denn allen Ernstes, dass Taki sich aus reinem Spaß von dem Kerl verfolgen und terrorisieren ließ?

Ja, zum Teufel, es war zum Großteil Angst vor ihm, die Taki meistens ihm gegenüber gefügig machte und ihn immer wieder dazu brachte, vor ihm wegzulaufen, aber zu einem anderen, nicht geringen Teil wusste er, wie Seiji gestrickt war.

Und wenn er so gestrickt war, wie Go Taki gerade weismachen wollte, dann hätte er sich, verdammt noch mal, schon längst an die Polizei gewandt! Oder ihn im schlimmsten Fall sogar selbst beseitigt!

Aber Seiji war kein normaler Stalker.

Doch da er wusste, dass Go das nicht verstehen würde, versuchte er es mit halbwegs logischen Argumenten.
 

„Es geht darum“, erklärte Taki, ohne zu leugnen, dass er sich Sorgen um Go machte, es jedoch auch nicht bestätigte, „dass es keine Beweise gibt.“ Er hob den Kopf wieder an, um Go anzusehen, um ihm – wenn schon nicht mit Worten, so wenigstens mit Blicken – deutlich zu machen, wie wichtig das hier war. „Weder dafür, dass er Asako getötet hat, noch dafür, dass er Kuzowan getötet hat.“
 

„Du weißt es.“
 

„Aber ich bin kein Augenzeuge. Er hat es mir gesagt, aber somit steht sein Wort gegen meines.“

Und das war so ziemlich das Schlimmste, was ihnen passieren konnte, denn dann würde Seiji mit hundertprozentiger Sicherheit davonkommen – allein schon sein guter Ruf und sein Reichtum würden ausreichen, um die richtigen Leute zu bestechen – und sich für den Ungehorsam rächen wollen.

Und dann wäre als aller erstes Go dran.
 

„Dann finden wir eben Beweise. Oder konstruieren welche. Mach es dir doch nicht so schwer.“
 

Mann, genauso gut könnte er mit einer Backsteinmauer diskutieren!

„Aber –“

Weiter kam er nicht, da Go sich zu ihm vorbeugte und seinen Mund mit einem beruhigenden Kuss versiegelte.
 

Zuerst wollte Taki sich aus reinem Reflex heraus wehren, doch aus irgendeinem Grund fehlte ihm ausgerechnet heute die Kraft dazu. So ließ er Go gewähren und kam ihm sogar etwas entgegen, indem er den Kuss vorsichtig erwiderte.

Jetzt war es ja auch egal, ob er es zugab, oder nicht, aber es hatte ihm schon immer gefallen, wenn Go ihn küsste.
 

„Kein ‚Aber’“, murmelte Go an seinen Lippen, ehe er neckisch mit ihnen über Takis hinweg strich.

Im nächsten Moment schwang er sich über Takis Beine und drückte seinen Oberkörper aufs Bett hinunter, um sich auf ihn zu legen.
 

Augenblicklich wurden Takis Augen schmal. „Was wird das?“ Er knurrte die Frage nicht direkt, aber wirklich freundlich klang seine Stimme auch nicht. Go hatte doch nicht allen Ernstes vor, jetzt, wo alle Geheimnisse gelüftet waren, erst einmal nachzuholen, was er ihm verwehrt hatte. Oder? Wie konnte er in so einem Moment an Sex denken?
 

Zu seiner Überraschung grinste Go ihn fröhlich an und drückte ihm noch mal einen kurzen Kuss auf die Lippen.

„Woran du wieder denkst. Ich wollte Hatozaki anrufen.“ Zum Beweis dieser Worte streckte sich Go etwas und kam so an das Telefon auf dem Nachtschrank auf der anderen Seite des Bettes heran.
 

„Der Gedanke ist berechtigt“, verteidigte Taki sich und weigerte sich, rot zu werden. „Du liegst auf mir.“
 

„Das ist der angenehme Nebeneffekt dabei“, grinste Go und wählte die Nummer von Hatozakis Handy. Auf Takis grimmige Miene hin meinte er: „Lass mir doch den Spaß. Wenigstens muss ich jetzt nicht mehr damit rechnen, jeden Moment von dir erschossen zu werden.“
 

„Ich hätte dich nie erschossen.“

Zu spät biss Taki sich auf die Unterlippe. Scheiße. Grandiose Scheiße.
 

„Freut mich zu hören.“
 

Verdammt, langsam ging ihm Gos triumphales Strahlen gehörig auf den Zeiger. Nur weil er ihm jetzt einen Grund genannt hatte, weshalb er ihn immer wieder abgewiesen hatte, musste er nicht automatisch davon ausgehen, dass sie sich in der nächsten freien Minute durch die Kissen wälzen würden.

Irgendwann eventuell… sicherlich sogar… wenn… wenn das Alles vorbei war, aber ganz bestimmt nicht jetzt.
 

„Mist.“ Go legte den Hörer auf, um ihn sogleich wieder aufzunehmen. „Er geht nicht ran. Ich versuch’s mal auf dem Revier.“

Nach einem kurzen Gespräch mit einem Polizisten am anderen Ende der Leitung wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass sich Hatozaki im Moment nicht im Revier befand und er es doch mal auf seinem Handy versuchen sollte, wenn es so wichtig wäre.

„Habe ich schon. Wissen Sie, wo er sich gerade herumtreibt?“
 

„Nein, tut mir Leid. Aber ich sage ihm Bescheid, dass Sie ihn sprechen wollten. Wie war der Name?“

„Go.“

„Go. Und weiter?“

„Einfach Go. Er weiß dann schon, wer gemeint ist.“
 

Er legte den Hörer zurück und verzog verdrießlich das Gesicht.

Mist, das durfte doch jetzt nicht wahr sein. Wo lungerte Hatozaki bloß herum und warum zum Teufel ging er nicht an sein Handy? Gehörte es als Polizist nicht zu den ungeschriebenen Gesetzen, dass man immer und überall zu jeder Zeit erreichbar sein musste? Er wollte diesen Reiyamata endlich hinter Schloss und Riegel sehen, musste es sogar, um dieses Kapitel für sich als abgeschlossen betrachten zu können – und natürlich damit Taki es als abgeschlossen betrachten konnte, denn vorher würde dieser gehetzte Ausdruck vermutlich nicht aus seinen Augen verschwinden.
 

„Go?“

„Hm?“ Er sah auf Takis Gesicht hinunter.

„Du bist schwer.“

„Oh, entschuldige.“
 

Er rollte sich von Taki herunter, zog diesen dabei allerdings mit sich, so dass Taki schließlich auf ihm lag.

„Besser?“

„Na ja“, druckste Taki herum, denn in Anbetracht der Tatsache, dass sie noch immer aufeinander statt nebeneinander lagen, hatte sich die Situation nicht wirklich verbessert. „Hatozaki ist nicht zu erreichen?“, wechselte er daher wie beiläufig das Thema und erhob sich von Go, was dieser ein wenig missmutig zur Kenntnis nahm. Er beherrschte sich jedoch damit, Taki festzuhalten oder gar zurückzuziehen.
 

„Nein.“

„Vielleicht ist er beim Chef?“

„Und warum hat er dann sein Handy aus?“ Go richtete sich in eine sitzende Position auf und beobachtete Taki dabei, wie er seine Reisetasche aus dem Kleiderschrank zerrte. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Tasche vernünftig auszupacken, was darauf schließen ließ, dass er offenbar nicht vorhatte, lange in diesem Hotel zu bleiben.
 

„Keine Ahnung. Aber vielleicht weiß Tsunega, wo er ist? Er kann ihn doch eigentlich immer erreichen.“
 

„Hm. Vielleicht.“

Taki warf die Tasche neben Go aufs Bett und suchte eine Jeans und ein Hemd daraus hervor.

„Sag mal, was machst du da?“
 

„Mich umziehen. Und nebenbei packen. Ich wollte nicht mehr Geld als nötig für dieses Zimmer hier rauswerfen.“

Go riss die Augen auf. „Heißt das, du kommst zurück?“

Taki lächelte sanft. „Das heißt es wohl.“
 

--
 

Während Taki sich oben in seinem Zimmer umzog und die wenigen Dinge, die er doch aus der Tasche rausgeräumt hatte, wieder zusammensuchte, machte Go sich auf nach unten zur Rezeption, um den Rest der Hotelrechnung zu begleichen, da Taki beim Einchecken nur eine Anzahlung gemacht hatte.

Gelangweilt wartete er darauf, dass die junge Frau hinter dem Tresen im Computer das richtige Zimmer gefunden hatte, da sie offenbar nicht wirklich gut mit der modernen Technik zurecht kam. Im Sekundentakt entschuldigte sie sich für die lange Wartezeit, ehe sie wieder einen fast lautlosen Fluch ausstieß, da sie erneut eine falsche Taste gedrückt hatte.
 

Meine Güte, gegen die bin ja selbst ich ein Computergenie!, dachte Go und trommelte zunehmend ungeduldiger mit den Fingerspitzen auf dem Tresen herum, während er seinen Blick gelangweilt durch die – im Gegensatz zum Sakura – wesentlich kleinere Hotellobby schweifen ließ. So viele Sachen hatte Taki nun auch wieder nicht einzupacken, und Go konnte es gar nicht erwarten, endlich wieder mit ihm zusammen in ihrer Wohnung über dem Roost zu sein. Es war vielleicht eine bescheuerte Vorstellung, aber wäre das nicht vergleichbar mit einem gemeinsamen Einzug in ihr eigenes Heim? So als… Paar?
 

„Entschuldigen Sie vielmals, ich bin noch nicht ganz vertraut mit diesem neuen Programm“, lächelte die junge Frau ihm jetzt bestimmt schon zum zwölften Mal entgegen, wobei es immer weniger selbstbewusst herüberkam.
 

Go war schon drauf und dran, ihr seine Hilfe anzubieten, als sein umherschweifender Blick plötzlich einen rotbraunen Haarschopf einfing, der ihm irgendwie arg bekannt vorkam. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er, wie die schlanke Gestalt in Richtung der Fahrstühle unterwegs war, sich dann aber der Tür direkt daneben zuwandte; der Tür zum Treppenhaus. Sie öffnete die Tür und kurz bevor sie hindurch trat, warf sie einen flüchtigen Blick über die Schulter, als müsste sie sich davon überzeugen, nicht verfolgt zu werden.
 

Go riss die Augen auf.

Kei! Was zum Teufel hat der hier verloren?
 

Ohne länger darüber nachzudenken, wandte er sich vom Rezeptionstresen ab, genau in der Sekunde, in der die Frau erleichtert und zufrieden zugleich verkündete: „So, jetzt habe ich es!“
 

Perfektes Timing, grollte Go in Gedanken und machte nur eine abwehrende Handbewegung.

„Ich bin gleich wieder da.“

Und schon durchquerte er schnellen Schrittes die Hotellobby, während die junge Frau an der Rezeption fassungslos irgendetwas daherfaselte von wegen, es täte ihr wirklich Leid, aber jetzt wäre sie tatsächlich für die Ausstellung der Rechnung bereit.

Go argwöhnte missmutig, dass die ganze Prozedur gleich wieder von vorne losgehen würde, wenn er zurück wäre, aber das hier hatte eindeutig Vorrang!

Was machte Kei hier?
 

Kurz vor der Tür zum Treppenhaus wäre er fast mit einer großen Reisegruppe zusammengerasselt, durch die er sich dann aber doch schnell hindurch wand und ins Treppenhaus stürzte. Von Kei war natürlich weit und breit nichts mehr zu sehen.

So ein Mist!
 

Go stellte sich dicht ans Geländer und warf einen Blick nach oben, ob er dort vielleicht irgendwo noch jemanden die Stufen hochsteigen sah, als ein Knall wie von einer zufallenden, schweren Tür von unten ihn zusammenzucken und nach unten schauen ließ.

Es ging nur noch ein einziges Stockwerk von zwanzig Stufen nach unten; und das war die hoteleigene Tiefgarage. Go hatte auch zuerst überlegt, ihren Van über Nacht dort unten zu parken, hatte es dann aber als unnötig abgetan, wenn er auf dem hoteleigenen Parkplatz draußen stand. Beides wurde schließlich Video überwacht.
 

Da er annahm, dass es Kei gewesen war, der in die Tiefgarage verschwunden war, stieg er die Stufen nach unten und zog die tatsächlich sehr schwere Tür mit einiger Kraft auf. Er gelangte in einen schmalen Durchgang, den eine weitere, ebenfalls schwere Tür vom eigentlichen Parkbereich abtrennte. Auch diese öffnete er und fand sich in der schwach beleuchteten Tiefgarage wieder, die offenbar nur von sehr wenigen Hotelgästen in Anspruch genommen wurde. Sie besaß nur eine einzige Ebene, so wie es auf den ersten Blick aussah, und die Anzahl der Autos, die Go erkennen konnte, schätzte er auf um die fünfzehn. Kei sah er nicht.

Zudem war es gespenstisch still hier unten. Der Verkehr von der Straße oben drang nur bedingt nach unten.
 

Augenblicklich schrillten bei Go alle Alarmsirenen los. Unbewusst spannte er seinen ganzen Körper an, bereit, sich jederzeit in Deckung zu werfen oder auf jemanden loszugehen.

Abermals stellte sich ihm die Frage, was Kei ausgerechnet heute und ausgerechnet jetzt im selben Hotel wollte, in dem er und Taki übernachtet hatten. Hatte er sie beschattet? Oder war das wirklich nur ein ganz dummer Zufall gewesen? Und… hatte er nicht damals irgendwelche kryptischen Bemerkungen fallen lassen, dass er und Taki nicht miteinander schlafen dürften? Er würde doch nicht… für Reiyamata… arbeiten?
 

Auf leisen Sohlen schlich er langsam durch die schummrig beleuchtete Garage, ein Ohr immer darauf gerichtet, ob er von irgendwoher ein anderes Geräusch vernehmen konnte.

Aber da war nichts.

Allerdings war er sich hundertprozentig sicher, dass vor nicht einmal einer Minute jemand die Tür zur Tiefgarage ziemlich unachtsam ins Schloss hatte fallen lassen, und selbst wenn das nicht Kei gewesen sein sollte, weil er sich bei dem kurzen Blick, den er auf das Gesicht des Jungen erhascht hatte, getäuscht hatte, so konnte doch auch ein anderer Jemand nicht plötzlich vom Erdboden verschwunden sein.

Und dass er hier nun niemanden sah, machte die ganze Sache oberfaul.
 

Aus den Augenwinkeln heraus meinte er, eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Go wirbelte herum, sah sich jedoch nur einem verdreckten, weißen Kleintransporter gegenüber.
 

Scheiße. Langsam brach ihm der Schweiß aus.
 

„Hey!“, rief er dann, entschlossen, es darauf ankommen zu lassen. „Ist hier jemand? Kei?“
 

Das Echo, das seine Stimme in diesem großen, nahezu leer stehenden Gemäuer verursachte, hätte es ihm fast verwehrt, die kaum wahrnehmbaren, knirschenden Schritte zu hören, die sich irgendwo hinter ihm lang schlichen.

Go wandte sich abermals um und ging ein paar Schritte auf zwei nebeneinander geparkte Wagen zu.
 

„Kei! Hör auf mit dem Scheiß, ich hab’ dich eben gesehen!“

Stille.

Die Schritte hatten gestoppt.

Verdammt! Ich werd’ hier noch wahnsinnig!

„Kei!“
 

Es war Glück, dass er gerade in diesem Moment wieder aufgehört hatte, zu rufen, denn jetzt konnte er erneut hinter sich leise, schnell Schritte vernehmen, die sich erschreckend hastig auf ihn zu bewegten.

Go wirbelte herum, riss instinktiv einen Arm zur Verteidigung hoch, als er etwas Schemenhaftes heransausen sah und gleich darauf spürte er einen scharfen Schmerz durch seinen Arm rasen, weil er einen ausholenden Faustschlag abgeblockt hatte.
 

Hinter ihm war ein Mann aufgetaucht, groß, breitschultrig, kohlschwarzes Haar und eisblaue Augen, die vor Zorn fast Funken sprühten. Die Gesichtszüge wären augenfällig attraktiv gewesen, wären sie nicht in rasender Wut zu einer hässlichen Fratze verzogen gewesen. Die schmalen Lippen wurden so fest aufeinander gepresst, dass von ihnen nur ein blutleerer Strich übrig blieb und unter dem piekfeinen Anzug spannten sich unverkennbar gut ausgebildeten Muskeln bis zum Zerreißen an.
 

„Seiji Reiyamata, nehme ich an.“ Es war keine Frage, sondern eine reine Feststellung von Go. Er hatte den Mann noch nie gesehen, aber er musste es einfach sein.
 

„Oh, er hat von mir erzählt?“

Der grollende Unterton in der Stimme wollte nicht so ganz zu dem oberflächlichen Plauderton passen, den Reiyamata anschlug. Und offensichtlich war ihm auch nicht nach Plaudern zumute, denn schon im nächsten Augenblick holte er zu einem erneuten Faustschlag aus, unter dem Go flink wegtauchte.
 

„Nur Schlechtes“, versicherte Go zuckersüß und machte einen weiteren Satz zurück, als Reiyamta ihm nachsetzte. Er haderte noch ein wenig mit sich und seiner Überraschung, was er jetzt mit Reiyamata anfangen sollte, aber da der es augenscheinlich auf einen Kampf mit ihm abgesehen hatte, konnte er diesem Wunsch nur schwerlich widerstehen.

Er würde diesem Mistkerl sämtliche Knochen im Leib brechen.
 

Also blieb er stehen und ließ den größeren Mann auf sich zukommen, ehe er selbst zu einem Faustschlag ausholte, der erstaunlich gekonnt abgeblockt wurde und dem zu schnell, viel zu schnell ein weiterer Schlag folgte, der Go fast ausknockte. Zumindest riss es ihn herum und ließ ihn benommen auf den Boden krachen. Sein Kiefer fühlte sich an, als hätte er Bekanntschaft mit einer Eisenfaust gemacht, und er konnte Blut schmecken und es wenig später auch über sein Kinn rinnen fühlen.

Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass Reiyamata über seine rechte Faust einen Schlagring gezogen hatte. Vermutlich konnte er da noch von Glück sagen, dass er ihm den Kiefer nicht gebrochen hatte.

Bastard.
 

Hastig versuchte er, sich wieder aufzurappeln, doch als Reiyamata das erkannte, sprang er rasch auf ihn zu und versetzte ihm einen Fußtritt gegen die Schulter, der Go ächzend zur Seite wegkippen und ein Stück über den Boden kugeln ließ.

Scheiße. Scheiße! Das durfte doch nicht wahr sein!

Er rollte sich noch ein Stück weiter über den Boden, als Reiyamata ihm schon wieder nachkam, und versuchte gleichzeitig, auf die Beine zu kommen. Jedoch schaffte er es nur bis auf ein Knie, da kam Reiyamata bei ihm an, packte ihn grob an seinem Shirt und riss ihn brutal hoch. Keine Sekunde später donnerte er mit dem Rücken gegen die Wand der Tiefgarage und das mit so viel Wucht, dass ihm sämtliche Luft aus den Lungen gepresst wurde.
 

Reiyamata stieß ein spöttisches Schnauben aus und brachte sein Gesicht dichter an Gos heran, der zornig zurück starrte, aber nicht viel tun konnte, um sich aus dieser seiner misslichen Lage zu befreien.

„Und du hast geglaubt, mir das Wasser reichen zu können? Es wäre mir vollkommen neu, dass Taki auf Waschlappen steht.“
 

Go verstärkte den Griff um Reiyamatas Handgelenke, der ihn noch immer am Shirt gepackt und gegen die Wand gedrückt hielt, doch der schien überhaupt keine Notiz davon zu nehmen.

„Lass deine Finger von Taki.“
 

„Was denn? Du erteilst mir Anweisungen?“ Reiyamata wirkte sichtlich amüsiert, ehe sich sein Gesicht wieder in die wutverzerrte Fratze verzog. „Ich sag’ dir was“, zischte er, „besser für dich, wenn du deine Finger von Taki gelassen hast!“
 

Dann zerrte er Go an seinem Shirt nach vorne, ehe er ihn wieder nach hinten knallte, wobei dieses Mal sein Hinterkopf unglücklich mit der Wand zusammenstieß. Go spürte noch regelrecht wie alle Kraft binnen eines Lidschlages aus seinen Gliedern wich und sich Dunkelheit wie eingeknipst vor seinen Augen ausbreitete, hatte jedoch bereits das Bewusstsein verloren, als Reiyamata ihn achtlos losließ und Go wenig sanft auf dem Boden aufschlug.

Zwischen seinem schwarzen Haar auf dem Hinterkopf schimmerte dunkelrotes Blut hervor, das alsbald die dichten Strähnen zusammenklebte.
 

--
 

Seiji sah mit einem angewiderten Blick auf Go hinab, als wäre er etwas, das er nicht einmal zermatscht unter seinem Schuh kleben haben möchte. Ohne Rücksicht stieß er Go mit einem Fuß an, so dass er aus seiner in sich zusammengefallenen Position gänzlich auf den Rücken fiel und Seiji noch mal ruhiger in sein Gesicht sehen konnte.

Ja, zugegeben, er sah nicht schlecht aus.

Aber was bitte schön konnte dieser Knilch Taki bieten, wenn er einen echten Mann haben konnte? Er hatte sich ja nicht einmal zwei Minuten lang auf den Beinen halten können!

Aber wir werden schon noch sehen, wie viel du aushältst. Niemand – NIEMAND! – legt ungestraft Hand an meinen Taki!
 

„Los, komm her!“, blaffte Seiji unfreundlich, während er gleichzeitig einen Autoschlüssel aus seinem Jackett holte und per Knopfdruck die Türen des verschmutzten, weißen Transporters schräg hinter ihm entriegelte.
 

Kei hingegen schob sich etwas unsicher hinter den zwei nebeneinander geparkten Wagen hervor, hinter denen Go ihn vor kurzem noch richtig vermutet hatte. Vorsichtig, als rechnete er damit, dass Seiji seine noch nicht ganz verrauchte Wut urplötzlich gegen ihn richtete, ging er zu Seiji und dem am Boden liegenden Go hinüber. Letzterem warf er einen langen Blick zu, der deutlich das Unbehagen ausdrückte, das sich in einem dicken Knoten in seinem Magen festgesetzt hatte.
 

„Ist er… ist er tot?“
 

„Blödsinn!“, herrschte Seiji ihn an, als wäre er ein unwissendes, kleines Kind. „Das würde nur halb so viel Spaß machen.“ Mit dem Kopf deutete er auf Gos Füße. „Du nimmst seine Beine. Beweg dich! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“

Was eine glatte Lüge war. Für diesen ganz speziellen Anlass würde er sich alle Zeit der Welt nehmen, selbst wenn das seine Firma mehrere Millionen kosten würde.
 

Zusammen hoben Seiji und Kei Go hoch und trugen ihn zu dem schmutzigen Kleintransporter hinüber, in dessen Laderaum sie Go wenig rücksichtsvoll hineinwarfen wie einen leblosen Sack Kartoffeln.

Mit gequältem Gesichtsausdruck betrachtete Kei sich den Mann, den er einst geliebt hatte und der jetzt irgendwie verknotet bewusstlos auf dem dreckigen Boden des Transporters lag, Seijis Willen hilflos ausgeliefert.
 

„Was… hast du jetzt mit ihm vor?“
 

Seiji schoss einen Blick aus eiskalten, strahlend blauen Augen auf ihn ab und sagte mit vor Sarkasmus triefender Stimme: „Ihn in einen schicken Anzug stecken und meinen Eltern als meinen neuen Freund vorstellen, was denkst du denn?“
 

Schwungvoll warf er die Türen des Transporters zu, so dass sie knallend im Schloss landeten und das Echo gespenstisch durch die verlassene Tiefgarage hallte. Wenn wenigstens einmal ein einziger Mensch hier durchgelaufen wäre, dann hätte Seiji seinen Plan vielleicht nicht ausführen können.

Kei warf einen fast verzweifelten Blick auf eine in einer Ecke angebrachten Videokamera, die etwas aufnahm, das nur von einem Mann gesehen wurde, den Seiji mit viel Geld bestochen und in der Tasche hatte. Videoaufzeichnungen würde es aus irgendeinem einfach zu erklärenden Grund von diesen paar Minuten nicht geben. Lockeres Kabel vielleicht, ein Fehler im System und auf dem Video würde es nur wildes Schneetreiben geben, sollte sich irgendjemand dazu entschließen, es sich noch einmal anzusehen.
 

„Ach, bevor ich’s vergesse.“ Seiji war bereits um den Transporter herumgegangen und hatte die Fahrertür aufgerissen, als ihm noch etwas einfiel und er sich zu Kei herumdrehte, der schlurfend näher kam. „Dein Lohn. Das war gute Arbeit.“
 

Er drückte Kei einen Batzen zusammengefasster Scheine in die Hand, die Kei nicht nachzuzählen brauchte, um festzustellen, dass es exakt die ausgerechnete Summe war. In Geldsachen irrte sich Seiji nie und beglich immer gewissenhaft seine Schulden.

Kei starrte das Geld an wie ein Reagenzglas voller gefährlicher Pestviren und konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass diese Scheine – genau diese Scheine – mit Blut befleckt waren. Gos Blut.
 

„Du warst mir wirklich eine echte Hilfe, Kleiner, daher gebe ich dir einen guten Rat“, meinte Seiji und seine dunkle Stimme hatte jetzt fast so etwas wie einen väterlichen Ton angenommen. Er wartete, bis Kei ihm in die Augen sah, bevor er fortfuhr: „Verlass den Begleitservice. Kündige am besten sofort. Das ist absolut nicht das richtige für dich.“
 

Fassungslos starrte Kei Seiji an und wusste im ersten Moment nicht, wie er diesen Ratschlag auffassen sollte. Ernst gemeint – oder beleidigend?

Bevor er jedoch eine Chance hatte, etwas zu erwidern, schwang Seiji sich auf den Fahrersitz, zog die Tür ins Schloss und startete keine Sekunde später den Motor. Ohne ein weiteres Wort oder einen weiteren Blick zurück drückte er aufs Gaspedal und fuhr ein wenig zu schnell aus der Tiefgarage heraus, so dass der bewusstlose Go hinten im Laderaum sicherlich unsanft hin und her geworfen wurde.
 

Kei blieb mit einem wie leergefegten Kopf stehen und starrte erst einige Minuten lang dem Transporter hinterher, nur um dann wieder eine halbe Ewigkeit auf das Geld in seinen Händen zu starren.

Verdammt, fühlte er sich mies.
 

--
 

Danke fürs Lesen!
 

lg

- Ashling

act twelve

Titel: Games

Teil: 1/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: *puh* Mir wird absolut niemand glauben, wie schwer es mir gefallen ist, dieses Kapitel zu schreiben OO“ Und ich finde es immer noch… narf. Ich hoffe, ich habe es so geschrieben, dass es nicht in den adult-Bereich fällt XD“

So, und bevor ich euch jetzt weiter lesen lasse, sage ich noch schnell ein Dankeschön für die superlieben Reviews^^ Danke :)
 

@SonGokuDaimao: Wow, vielen, vielen Dank für diesen Wahnsinnskommentar :) Über den ich mich nebenbei auch noch amüsieren konnte^^ Du hast ja interessante Dinge mit meinem Seiji vor OO“ Finde ich klasse, dass er bei dir solche Reaktionen auslöst *smile* Uh, und was die reingekloppte Lemonszene angeht: Du wirst lachen, ich habe ungefähr drei Absätze oder so von eben dieser Lemonszene, weil ich das erst vorgehabt habe. Aber dann ging irgendwie gar nichts mehr und Go und Taki haben sich total gesträubt und ich hab das erst mal auf später verschoben – offenbar eine gute Entscheidung ;)
 

act twelve
 

Bestimmt schon zum zehnten Mal während der letzten paar Minuten warf Taki einen Blick auf den hoteleigenen Radiowecker auf einem der Nachtschränke neben dem Bett und stieß ein gelangweiltes Seufzen aus. Go hatte sich garantiert schon vor einer Dreiviertelstunde aufgemacht, die Hotelrechnung zu bezahlen, wo zum Henker blieb er so lange? Er wusste doch, dass Taki nicht mehr wirklich viele Sachen einzupacken hatte, und er hatte wieder hochkommen wollen, wenn alles erledigt war. Oder hatten sie da irgendwie aneinander vorbeigeredet?
 

Kopfschüttelnd stand Taki vom Bett auf, schnappte sich seine Reisetasche und die Umhängetasche, in der er seinen Laptop transportierte. Noch länger würde er hier oben jedenfalls nicht warten und sich den Arsch platt sitzen. Wahrscheinlich war Go unten in der Lobby irgendein gerade der Pubertät entsprungener Junge über den Weg gelaufen, den er zum Anbeißen süß fand. Hatte er nicht sogar gesagt, dass er irgendjemanden kannte, der hier in diesem Hotel arbeitete? Vielleicht hatte er sich auch bei dem fest gequatscht.
 

Noch während er diesen Gedanken hatte, musste er über sich selbst schmunzeln.

Hey, es machte ihm jetzt ja offenkundig glatt was aus, wenn Go sich anderweitig umsah.

Aber… würde er das jetzt überhaupt noch tun? Nachdem er… nun… nachdem er augenscheinlich doch recht starke Gefühle für Taki entwickelt hatte?

Na, er würde es gleich herausfinden.
 

Die zwei Taschen geschultert, marschierte er zur Zimmertür herüber, öffnete sie und wäre fast in jemanden hineingelaufen, der bewegungslos direkt vor der Tür stand. Laptop- und Reisetasche rutschten ihm von den Schultern und er hielt es für klüger, die Tasche mit dem Laptop aufzufangen, während die andere zu Boden krachte.
 

„Meine Güte, was…“

Taki unterbrach sich mitten im Satz, als er Kei erkannte.

„Du?“ Misstrauisch verengte er die Augen. „Was willst du hier? Go ist nicht…“ Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er hätte um ein Haar doch noch seinen Laptop fallen lassen. „Scheiße, du arbeitest für Seiji!“
 

Mit rasendem Herzschlag suchte Taki den Flur rauf und runter nach einem Anzeichen von Seiji ab, bereit, jederzeit in die andere Richtung loszurennen, aber das war überhaupt nicht nötig. Kei befand sich allein auf dem Flur. Und, wenn er ihn sich so genauer betrachtete, sah er reichlich… scheiße aus.
 

Aus irgendeinem Grund jagte das Taki mehr Angst ein als eben noch die Vorstellung, Seiji könnte sich nur ein paar Meter weiter im Hotelflur befinden.

„Kei, was ist los?“

Als Kei gequält seine großen Augen zum ersten Mal auf Taki richtete, verwandelte sich Takis Angst schlagartig in Panik.

„Go?“, krächzte er heiser und stützte sich unbewusst am Türrahmen ab. Seine Gedanken waren nur so kurz davor, vollkommen verrückt zu spielen, aber er zwang sich, ruhig ein und auszuatmen und nicht auszuticken. Noch nicht.
 

Kei nickte abgehackt. Dann sprang er plötzlich vor und warf seine Arme um Taki, so dass dieser spüren konnte, wie Kei zittere. Zusätzlich drückten sich tiefe Schluchzer seine Kehle hoch und machten es Taki fast unmöglich, ihn zu verstehen.
 

„Ich… ich hab’ das… nicht gewollt… ich meine… ich wusste nicht… nicht, dass ich es nicht gewollt habe, weil ich… ich es ja wollte… wegen dir… und… und Go, aber… aber als ich eben… Seiji… und Go… und… ich kann… wenn ich… es… es tut mir Leid, Taki…“ Am Ende des Satzes erstickte seine Stimme einfach.
 

Taki stand wie erstarrt da, automatisch einen Arm um Kei gelegt. Zuerst vermutlich noch in dem vagen Versuch, ihn zu trösten, inzwischen eher, um sich selbst irgendwo dran festzuhalten.

Seiji hatte Go.

Oh Gott, Seiji hatte Go!

Erst als seine Lungen zu schmerzen anfingen, bemerkte Taki, dass er die ganze Zeit nicht geatmet hatte und mit einem überhasteten Japsen holte er das schnell nach.

Seiji hatte Go.

Er musste etwas tun. Jetzt, sofort.

Seiji hatte Go.
 

Er zwang sich dazu, Kei loszulassen und ihn von sich weg zu schieben, um ihm in die Augen sehen zu können. Trotzdem krallten sich seine Finger wohl ziemlich schmerzhaft in Keis Schultern, da sie ansonsten wie verrückt gezittert hätten.

„Okay.“ Seine Stimme war nur ein krächzendes Flüstern. Unauffällig versuchte er, sich zu räuspern. „Okay. Wir müssen jetzt… wir müssen…“ Seine Gedanken drohten abzudriften, sein Verstand war dabei, sich einfach zu verabschieden und ihn vollkommen nutzlos zurückzulassen, also atmete er noch ein paar Mal tief durch, und sagte dann vollkommen klar: „Wir müssen ihn da rausholen. Erzähl mir alles, was du weißt, verstanden, Kei? Alles. Egal, was.“

Er musste ruhig bleiben, ruhig und rational. Er durfte jetzt – verdammt noch mal – nicht in Panik geraten!

Seiji hatte Go!
 

„Hm-hm“, nickte Kei mit Tränenschimmern in den Augen. „Ich versuch’s.“

„Sehr gut. Komm mit. Erzähl’s mir unterwegs.“
 

Taki schnappte sich seine Reisetasche vom Boden und lief im Schnellschritt den Flur entlang, Kei im Schlepptau.

Auf den Gedanken, dass Kei ihm vielleicht nur eine Farce vorspielte, damit er blind zurück zu Seiji lief, kam er nicht. Dafür hatten die Angst und das Entsetzen in Keis Augen zu echt gewirkt, als dass er es hätte schauspielern können. Möglicherweise war dies insoweit eine Falle, dass Kei ihn mittels eines Hinterhalts zu Seiji führen sollte, aber das war egal, vollkommen egal.

Denn Tatsache blieb, dass Seiji Go in seiner Gewalt hatte. Und allein deshalb musste Taki schon zurück zu ihm, und wenn er Go frei handeln musste.
 

--
 

Go stöhnte. Sein ganzer Kopf brummte wie ein gewaltiges Wespennest und verursachte ihm obendrein höllische Kopfschmerzen. Irgendetwas pochte mehr als schmerzhaft an seinem Hinterkopf und sein Kiefer fühlte sich an, als hätte er vor kurzem versucht, einem heransausenden Laster einen Kuss aufzudrücken.

Am liebsten wollte er schlicht wieder einschlafen und in bequeme Vergessenheit abtauchen, doch das Hämmern in seinem Kopf hielt ihn effektvoll davon ab.

Brummelnd wollte er sich wenigstens in eine etwas komfortablere Position bringen, um noch etwas nachlässig zu dösen, als er merkte, dass das nicht ganz funktionierte.
 

Mühsam schlug er die Augen auf, halb in der Erwartung, von gleißend hellem Sonnenlicht geblendet zu werden, was das Wespennest in seinem Kopf sicherlich zum Explodieren gebracht hätte. Zu seinem Glück herrschten einigermaßen vernünftige Lichtverhältnisse, die von einer nackten Glühbirne unter einem einfachen metallenen Lampenschirm herrührten, die ziemlich mittig im Raum von der Decke hing.
 

Erst jetzt fiel Go auf, dass er nicht wusste, wo er war, geschweige denn, wie er hierher gekommen war. Leicht nervös stellte er zudem fest, dass er auf einem schlichten Holzstuhl saß, nahezu unfähig, sich zu bewegen. Seine Hände waren ihm auf dem Rücken zusammengebunden und zusätzlich an der Lehne des Stuhls festgemacht worden, und das eindeutig mit etwas, das unglücklicherweise kein Schloss hatte. Go würde auf einen dünnen und leider – wie er nach einigem kräftigem Rucken zugeben musste – auch ziemlich reißfesten Strick tippen.

Das konnte er sich sogar selbst bestätigen, denn als er sich mit dem Oberkörper so weit es ihm möglich war nach vorne beugte, fand er denselben Strick um seine Fußgelenke und die zwei vorderen Stuhlbeine gewickelt vor, so dass er sich wie ein gut verschnürtes Weihnachtspaket vorkam.

Und das mit nackten Füßen.
 

Plötzlich setzte ihm für einen Schlag das Herz aus, als sich Hatozakis Stimme in seinem Kopf wiederholte.

„Unter seiner linken Fußsohle befinden sich frische Brandnarben.“
 

„Scheiße.“
 

Mit einem Ruck brachte sich Go wieder in eine aufrechte Position, was ihm sein Kopf mit einer Salve pochender Hammerschläge dankte, und sah sich hektisch und dieses Mal mit wesentlich wacheren Augen in dem Raum um, in dem er sich befand.
 

Er tippte auf einen Keller irgendwo im Nirgendwo, als er einen Blick aus dem schmalen Fenster rechts von ihm warf, das ziemlich weit oben angebracht war und zudem nur auf dichtes Gewächs hinausging.

Am anderen Ende des Raumes ging eine schmale Holztreppe nach oben zu einer Tür, die er nur erahnen konnte, da sie sich außerhalb seines Blickfeldes befand. Rechts neben ihm unter dem Fenster stand ein uralter, zerkratzter Schreibtisch mit mehr Schubladen und Fächern als Arbeitsfläche. Wenn er raten müsste, würde er sagen, dass er selbst auf dem dazugehörigen Stuhl saß.

Etwa ein paar Meter vor ihm stand ein großer, recht neu aussehender Tisch, auf dem mehrere Gegenstände abgelegt worden waren, bei deren Anblick sich Gos Herzschlag unnatürlich beschleunigte.
 

Ein Baseballschläger; ein durchsichtiger Kasten mit mehreren kleinen Fächern, in denen sich verschieden lange und spitze Nadeln, Nägel und Stifte befanden; eine merkwürdig aussehende Säge direkt neben einer kleinen, handlichen Axt; mehrere Flaschen unterschiedlicher Größe, die alle keine Etiketten trugen; ein paar Putzlumpen; drei Streichholzpacken; zwei Feuerzeuge; eine Schachtel Zigaretten; der vermaledeite Schlagring, mit dem er fast ausgeknockt worden war und... woran Gos Blick am längsten hängen blieb: Messer. Und zwar so viele und so unterschiedliche, dass sich ein Jäger hier kaum hätte wohler fühlen können.

Scharfe, spitze, stumpfe. Lange, kurze, dicke. Gezackte, glatte, geschwungene.
 

Go schluckte trocken und versuchte mit aller Macht, Hatozakis Stimme aus seinem Kopf zu bekommen, die dort immer wieder wiederholte:
 

„‚sein Körper befindet sich in keinem guten Zustand’ bedeutet nichts anderes, als dass er offensichtlich vor seinem Tod gefoltert wurde. Es wurden ihm drei Finger gebrochen, einer abgetrennt und unter drei weiteren steckten Nadeln. Er hat mehrere Verletzungen im Gesicht, als wenn er geschlagen worden wäre, und zwei Rippen sind gebrochen. Unter seiner linken Fußsohle befinden sich frische Brandnarben.“
 

Unvermittelt wurde ihm speiübel, und ohne, dass er es richtig mitbekam, versuchte er, seine Hände irgendwie von den straff gebundenen Fesseln zu befreien. Das gleiche probierte er mit seinen Füßen, bis er den Stuhl schließlich sogar fast zum Umstürzen brachte.
 

„Scheiße, Scheiße!“, fluchte er unruhig und versuchte als nächstes, mit dem Stuhl zu dem alten Schreibtisch hinüberzurutschen, änderte dann jedoch die Richtung und wollte nach vorne auf den Tisch zu ruckeln. Diese Messer wären sicherlich wunderbar dafür geeignet, diese verdammten Fesseln zu durchtrennen. Sie waren sicherlich auch noch für andere nette Sachen gut, die Reiyamata sicherlich im Sinn hatte, aber in diese Richtung wollte er nicht weiterdenken.

Verflucht noch eins, warum musste er sich auch ausgerechnet von diesem Verrückten schnappen lassen?! Grandios! Wirklich grandios!
 

Er hatte keine Ahnung, warum Reiyamata ihn so lange alleine ließ oder wann er zurückkommen würde, doch mit jedem weiteren, erfolglosen Versuch, sich mit dem Stuhl zu bewegen, schien die Angst in ihm zu wachsen.

Vermutlich war es sogar genau das, was Reiyamata wollte. Ihn hier vor Angst sterben lassen, mit all diesen hübschen Utensilien direkt vor der Nase, während er inzwischen schon längst hinter Taki her war und Go einfach so lange hier hocken ließ, bis er verschimmelt war.
 

Taki...

Und er Idiot hatte ihm noch versichert, dass er auf sich selbst aufpassen konnte, verdammt!

Hah! Er hatte sich zusammenschlagen und entführen lassen wie ein blutiger Anfänger mit Spatzenhirn und jetzt...!

Scheiße, verdammte, er musste hier irgendwie raus und das möglichst in der nächsten Sekunde! Wie er Taki kannte, würde er ganz bestimmt irgendetwas sehr, sehr Dummes tun, um ihn hier herauszuholen. Vorausgesetzt, er kam je dahinter, wo Go überhaupt steckte.
 

Ein Geräusch ließ seinen Kopf nach oben zur Treppe schnellen. In der nächsten Sekunde blieb ihm das Herz stehen, als er erst hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss herumdrehte, anschließend die Tür geöffnet wurde und jemand die Treppe herunterkam. Zwei Sekunden später erkannte er Reiyamata der die Stufen nach unten ging. Er hatte sich offenbar umgezogen, obwohl die schwarze Hose und das schwarze Hemd immer noch sehr elegant aussahen – auf beidem würde man Blutflecke allerdings weniger deutlich sehen als auf dem weißen Hemd, das er vorher noch unter einem dunkelblauen Anzug getragen hatte.
 

Oh, hervorragend. Genau solche Gedanken brauch’ ich jetzt.
 

Reiyamata warf Go einen wütenden Blick zu, der sich seit ihrem Treffen in der Tiefgarage nicht wirklich aufgehellt hatte. Allerdings hatte sich ein unverkennbar triumphierender und vorfreudiger Zug auf seinem Gesicht eingenistet, bei dem Go abermals schlecht wurde.
 

„Gut geschlafen?“, fragte er in einem beiläufigen Tonfall, ging um den Tisch mit den ganzen Horrorutensilien herum und lehnte sich auf der Seite, die Go zugewandt war, mit der Hüfte dagegen.
 

„Etwas eingeschnürt, aber sonst...“ Verdammt, musste man seiner Stimme seine Angst unbedingt anhören? „Nettes Arbeitszimmer. Gibt es ein bestimmtes Mittelchen, mit dem du die Blutflecke beseitigst?“ Davon hatte er nämlich keinen einzigen ausmachen können. Allerdings wusste er nicht, ob er das irgendwie beruhigend finden sollte.
 

Reiyamata ließ ein trockenes Auflachen vernehmen und langte auf dem Tisch lässig nach der Zigarettenschachtel und dem Feuerzeug, wobei er sich genüsslich an Gos leicht panischem Blick ergötzte. „Es ist so was wie eine einmalige Freizeitresidenz“, erklärte Reiyamata im Plauderton und zündete sich eine Zigarette an, ehe er die Packung mitsamt Feuerzeug wieder beiseite legte. „Ich habe sie mir sozusagen für dies hier ausgeliehen.“
 

„Dies hier?“ Go konnte sich zwar denken, was Reiyamata damit meinte, aber solange er sich mit dem Mistkerl unterhielt, schien der wenigstens nicht das Bedürfnis danach zu haben, ihn mit Messern aufzuschlitzen. Also faselte er lieber Stuss daher.
 

Gemächlich entließ Reiyamata feine Rauchkringel aus seinem Mund und hätte dabei fast etwas amüsiert wirken können, wenn nicht dieser absolut tödliche Blick in seinen eisblauen Augen gelegen hätte.

„Ich glaube, du weißt, was ich damit meine. Du bist doch ein kluges Kerlchen.“

Er klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen und griff nach einem langen, scharfen Messer, das er sich interessiert direkt vors Gesicht hielt, als hätte er es noch nie in seinem Leben gesehen. Seine Augen verrieten ihn allerdings abermals, da ein vorfreudiges Glitzern so schnell und begeistert in ihnen auftauchte, dass sich Gos Magen verkrampfte.

Scheiße, der Arsch würde auch noch riesigen Spaß an der Sache haben.
 

„Aber offensichtlich nicht klug genug.“ Er stieß sich von dem Tisch ab und kam auf Go zu, der hinter seinem Rücken erneut mit fiebriger Verzweiflung versuchte, die Fesseln los zu werden. „Sonst hättest du nämlich die Finger von Taki gelassen.“
 

„Ich hab’ Taki nicht angerührt“, zischte Go wahrheitsgemäß, während er mit etwas zu panisch geweiteten Augen das Messer im Blick behielt. Bis zu einem gewissen Grad stimmte das sogar tatsächlich. Er hatte Taki mehrmals geküsst, er hatte ihn mehrmals bedrängt, er war geradezu über ihn hergefallen, als er sich als Lockvogel für Kuzowan angeboten hatte, aber er hatte nie mit ihm geschlafen. Noch nicht. Und er hatte nie etwas getan, was strikt gegen Takis Willen gewesen war. Hin und wieder hatte er ihn etwas... überzeugen müssen und bei seinem Überfall in der Küche auf ihn hatten die Umstände schlicht und ergreifend sein Handeln verlangt – woher hätte er da auch wissen sollen, dass Taki mal beruflich Männern Gesellschaft geleistet hatte?

Aber vielleicht war das für Reiyamata und sein krankes Hirn bereits zu viel gewesen?
 

„Oh bitte“, spottete Reiyamata und ließ das Messer gekonnt um seiner Finger herumtanzen, „fang jetzt nicht an, um dein Leben zu winseln. Das ist so... erbärmlich.“
 

„Es ist die Wahrheit“, presste Go zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor – einerseits, damit ihm nicht wesentlich unbedachtere Worte über die Lippen rutschten, andererseits, weil er verzweifelt versuchte, ruhig zu atmen. So, wie Reiyamata mit dem Messer umging und es spielerisch durch die Luft wirbelte, war er eindeutig geübt mit seinem Umgang. Und das war schlecht. Denn dann wusste er ziemlich genau, was er tun musste, ohne dass ihm dabei ein Fehler unterlaufen würde, der es wesentlich schneller beendet hätte.
 

Immer noch mit dem Messer spielend, ging Reiyamata ganz gemächlich an Go vorbei und blieb hinter ihm stehen, so dass Go nicht mehr sehen konnte, was er tat. Sein Herzschlag machte daraufhin noch einmal einen ängstlichen Hüpfer, gefolgt von einem kurzen Aussetzer, ehe es rasend schnell weiter schlug.

Einige Minuten lang geschah nichts, selbst das sirrende Geräusch des durch die Luft tanzenden Messers war verklungen. Go versuchte angestrengt, auf jedes Geräusch hinter sich zu hören, um Reiyamatas nächsten Schritt eventuell vorauszuahnen, ohne dabei zuzulassen, dass sich das leichte Zittern, das ihn überkam, seines Körpers bemächtigte.

Er würde diesem verdammten Scheißkerl nicht eine verfluchte Sekunde Genugtuung gönnen, nicht eine!
 

Plötzlich krallte sich eine Hand in sein Haar und riss Gos Kopf grob nach hinten, entblößte seinen Hals, über den nur Herzschläge später die kühle Schneide des Messers glitt. Zaghaft, sanft, ohne die Haut auch nur anzuritzen. Trotzdem hatte sich Gos Atmung erneut beschleunigt, während er die Augen zusammenkniff und sich mit aller Macht darauf konzentrierte, ruhig zu bleiben, obwohl alles in ihm danach schrie, sich zu wehren.

Keine Genugtuung!, rief er sich immer wieder ins Gedächtnis, weil er, wie ihm resigniert bewusst wurde, sich gar nicht wehren konnte.
 

Er spürte, wie Reiyamata sein Gesicht von hinten dicht an seins heranbrachte, und hörte ihn dann, wie er ihm fast liebenswürdig ins Ohr flüsterte: „Selbst wenn es stimmt, wenn du Taki kein einziges Mal angefasst haben solltest... wofür ich dich dann zutiefst bedauern würde... aber wenn es so wäre... es ist mir scheißegal.“
 

Er veränderte die Bewegung des Messers minimal und Go konnte nicht verhindern, dass er leicht zusammenzuckte, als die Klinge ihm einen nicht sehr tiefen Schnitt am Hals verpasste, der nicht einmal besonders schmerzte.

Aber er konnte nicht sagen, dass diese Spielerei ihm weniger ausmachte, als wenn Reiyamata endlich loslegen würde.

Dann verschwanden die Hand und das Messer jedoch, wobei letzteres keine Sekunde später mit einem leisen Klappern zu Boden gelegt wurde.
 

Go befeuchtete seine ausgetrockneten Lippen und meinte etwas rau: „Dann töte mich doch einfach.“ Besser wäre das angesichts der verschiedenen... Instrumente auf dem Tisch sicherlich. Und auch, weil er dann möglicherweise Taki davor bewahrte, irgendeinen Unsinn anzustellen. Gut, Go selbst würde dabei draufgehen, aber sonst...
 

„Töten?“, wiederholte Reiyamata in seinem Rücken fast belustigt. „Einfach so? Wie langweilig.“
 

Dann spürte Go, wie starke, schlanke Finger nach seinen griffen. Hastig wollte er seine Hand zur Faust ballen, doch blitzschnell schnappte sich Reiyamata Gos Ringfinger der rechter Hand und hielt ihn fest umschlungen fest. Ohne sein Zutun geisterten ihm unpassenderweise schon wieder Hatozakis Worte durch den Kopf – „Es wurden ihm drei Finger gebrochen, einer abgetrennt und unter drei weiteren steckten Nadeln.“ – und in Erwartung des Kommenden presste Go schon mal vorsorglich seine Kiefer so fest zusammen, wie er nur konnte. Abermals probierte er, seinen Finger Reiyamata zu entziehen, aber der hielt ihn eisern fest.
 

„Warum sollte ich dir unspektakulär eine Kugel durch den Kopf jagen, wenn es doch viel mehr Spaß macht, dich langsam sterben zu lassen?“
 

Kaum hatte er seine Frage beendet, riss er Gos Ringfinger brutal nach hinten und brach ihn.

Go – entgegen aller guten Vorsätze – schnappte vor Schmerz nach Luft, unterdrückte aber jeden weiteren Schmerzlaut tapfer. Schweiß trat ihm auf die Stirn und er spürte die Angst in seinem Inneren weiter wachsen.

Wenig erfolgreich wollte er sich den langen Fingern entziehen, die sich ein zweites Mal um einen seiner Finger – den Mittelfinger – schlossen und dabei schmerzhaft gegen den gebrochenen Ringfinger stießen.
 

„Interessante Selbstbeherrschung“, lobte Reiyamata, was sich jedoch eher nach einem abfälligen Kommentar anhörte, ehe er auch den Mittelfinger brach.
 

Gos Lippen entfloh ein unartikulierter, unterdrückter Laut. In seine Augen schossen Tränen, die er durch heftigstes Blinzeln verscheuchen wollte. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie vom Schmerz stammten oder von der Welle tiefer Hoffnungslosigkeit, die ihn soeben übermannt hatte. Zum ersten Mal, seit er hier war, war ihm klar geworden, dass er Reiyamata wirklich mit Leib und Seele ausgeliefert war und dass er mit ihm tun und lassen konnte – und auch würde –, was er wollte.

Und wenn er sich genug amüsiert hatte, würde er ihn entweder barmherzig erschießen oder mit mildem Interesse zusehen, wie er nach langem Kampf seinen Verletzungen erlag.

Er verspürte das starke Bedürfnis, sich zu übergeben.
 

„Hm.“

Reiyamata klang irgendwie nicht sonderlich befriedigt, als Go Stoff rascheln hörte und Reiyamata im nächsten Moment in sein Blickfeld trat. Gos schmerzverzerrtes Gesicht schien ihn dann gleich schon wieder etwas milder zu stimmen.

Er nahm die Zigarette aus dem Mund, warf sie auf den Boden und trat sie sogar umsichtig aus, bevor er sich nach dem abgelegten Messer bückte.
 

„Ich sehe“, begann er, während er fast zärtlich an Gos Hals entlang strich, bis er am Kinn angekommen war, „dass du dir alle Mühe gibst, dich zurückzuhalten.“ Unvermittelt packte er grob Gos Kinn und legte die Klinge des Messers auf Gos linker Wange ab. Dass dabei erneut Panik in seine Augen sprang, ließ Reiyamata zuckersüß lächeln. Mit nur geringfügigem Druck presste er die Spitze des Messers in die weiche Haut und ließ sie eine dünne, gerade, rote Linie über Gos Wange zeichnen.

„Aber wenn du nicht mehr kannst, darfst du auch gerne schreien.“
 

--
 

„Komm schon, Kei, wirf deinen Grips an! Was hat Seiji genau gesagt? Was hat er vor?“
 

Taki bemühte sich um eine drängende und einschmeichelnde Stimme zugleich, was schwierig war, da ihm lieber nach hysterischem Schreien zumute war. Schon seit einer halben Stunde redete er mit Engelszungen, wie ihm schien, auf Kei ein, um ein paar Informationen aus ihm herauszubekommen, und gleichzeitig konnte er die ganze Zeit nur daran denken, wie die Sekunden verstrichen, die Go länger in der Gewalt von Seiji festsaß. Und jede Sekunde war im Prinzip schon zu viel.
 

„Ich... ich weiß nicht... Oh, Taki... es... es tut mir so Leid... ich hätte nie... ich meine... Go...“
 

„Ja, Go“, raunzte Taki und riss das Lenkrad so scharf zur Seite, dass die Reifen des Vans quietschen. Holpernd zuckelten sie auf einen seitlichen Parkstreifen drauf, wo Taki ruppig die Handbremse anzog und zu Kei herumwirbelte. „Es geht hier verdammt noch mal um Go und während du dir hier irgendetwas zurecht stammelst, stellt Seiji wer weiß was mit ihm an, verflucht! Wenn du also deine beschissene Handlungsweise wieder ausbügeln willst, dann sag mir jetzt zum Teufel, wo Seiji ist und was er vorhat! Er muss dir doch irgendetwas gesagt haben!“
 

„Er... er... hat gesagt, dass er... Go... in einen sch-schicken Anzug stecken will und... seinen Eltern... vorstellen will. Aber das hat er doch nicht ernst gemeint!“
 

„Gut erkannt“, schnappte Taki und ballte hilflos die Hände zu Fäusten, damit er sie nicht aus Versehen ausstreckte, Kei um den Hals legte und gnadenlos zudrückte. Wie konnte ein einzelner Mensch auch so dämlich sein und ausgerechnet Seiji Reiyamata helfen, einen Menschen irgendwohin zu verschleppen? Das konnte doch nicht gut gehen!

„Okay.“ Taki kämpfte um Ruhe. „Ganz von vorne. Du hast ihn beim Begleitservice kennen gelernt, richtig?“
 

„Ja.“
 

„Und bei einem Plauderstündchen seid ihr auf Go und mich gekommen?“
 

„So in etwa.“
 

„Seiji hat die viel Geld dafür geboten, wenn du uns ausschnüffelst, was du natürlich ohne mit der Wimper zu zucken getan hast.“
 

„Es war wirklich viel Geld –“, brachte Kei den schwachen Versuch einer Rechtfertigung zustande, doch Taki schnitt ihm mit einer harschen Geste das Wort ab.
 

„Für Seiji zählt Geld überhaupt nichts!“, blaffte er, als müsste er einem begriffsstutzigen Kind erklären, dass eins und eins immer noch zwei ergab, auch wenn es sich auf den Kopf stellte. „Er ist damit aufgewachsen, er hatte ständig Geld. Er hätte dir sogar Milliarden dafür geboten, wenn du sie verlangt hättest!“
 

Keis Augen glänzten. Einen Moment sah es so aus, als wollte er zu einer erneuten Verteidigung ansetzen, doch dann klappte er, ohne ein Wort gesagt zu haben, den Mund zu und ließ den Kopf hängen.

„Tut mir Leid“, flüsterte er kaum verständlich.
 

„Ja, ja.“ Taki winkte ab. Er konnte jetzt kein heulendes von Gos Ex-Betthäschen gebrauchen, immerhin war er selbst auch irgendwo auf Seiji reingefallen und Geld hatte dabei ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. „Also. Geld. Du hast ihm berichtet, wahrscheinlich, dass Go dich nicht anfassen wollte, weil er mich... im Auge hatte... hat...“ Oh Gott, bloß keine Vergangenheitsform! „Und Seiji ist hierher gekommen. Er wollte, dass du ihm noch mal hilfst und zwar dabei, Go in die Tiefgarage zu holen, soweit richtig?“
 

Kei nickte kläglich und fuhr sich unter seinem Pony dichten Haares verstohlen über die Augen. „Ja. Seiji hat Go zusammengeschlagen, er ist bewusstlos geworden, Seiji hat ihn in einen Transporter geworfen und ist weggefahren.“
 

„Wohin?“
 

„Weiß ich nicht.“
 

Eine jähe Welle der Verzweiflung erfasste Taki und ließ ihn zurück in den Sitz fallen. Er kämpfte mit den Tränen. Das konnte doch nicht das Ende sein. Das durfte einfach nicht das verdammte Ende sein! Irgendwie... irgendwie mussten sie doch...
 

„Glaubst du... denkst du... er... lebt... noch?“, fragte Kei rau, ohne Taki dabei anzusehen. Stattdessen starrte er auf das Armaturenbrett direkt vor sich, als wäre die Antwort dort hineingeritzt worden.
 

Taki ließ einen kläglichen Laut vernehmen – ein halbes Lachen, ein halbes Schluchzen. „Ja, glaube ich. Go ist zäh und... und Seiji... er hat eine Vorliebe für... Messer und Grausamkeiten und... F...Folter.“

Unvermittelt ruckte Keis Kopf in seine Richtung und selbst aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, wie sich die ohnehin schon großen Rehaugen vor Entsetzen noch weiter geweitet hatten. Zweifellos hatte Seiji diese winzige Kleinigkeit gegenüber seinem Gesellschafter nie erwähnt.

„Er wird seine helle Freude an Go haben und...“ Takis Stimme versagte ihm, als vor seinem inneren Auge abrupt Asakos zerstörtes Gesicht aufblitzte. „Ich... mache mir weniger Sorgen darum, ob er... noch lebt oder... sondern um seinen... Zustand.“
 

„Glaubst du... Seiji... k...könnte ihn in... Stücke –“

„Das ist nicht wirklich hilfreich, Kei“, unterbrach Taki ihn scharf, da er schon genug zu tun hatte mit den Auswüchsen seiner eigenen überbordenden Phantasie, da musste er sich nicht auch noch Keis Horrorversionen vor Augen führen, geschweige denn anhören. Das Einzige, worauf sich seine Gedanken jetzt richten sollten, war, wie er Go finden konnte. Er hatte ihn doch schließlich auch in Aya’s Room
 

„Natürlich! Gott, bin ich bescheuert!“, rief Taki mit einem Mal so laut aus, dass Kei neben ihm zusammenfuhr.

„Was? Was?“
 

Aber Taki antwortete nicht, sondern kletterte etwas umständlich über den Schaltknüppel und die Handbremse in den hinteren Teil des Vans, wo er eben noch bei ihrem überhasteten Aufbruch seine Reisetasche und seinen Laptop hineingeworfen hatte. Den Laptop zog er jetzt zu sich herüber und krabbelte damit zurück auf den Fahrersitz. Hastig zerrte er die Tasche auf und rupfte den Laptop daraus hervor, fuhr ihn hoch. Er betete, dass der Akku noch genug Saft hatte, um sie wenigstens bis zu Go zu führen zu können, und als das ganze System endlich hochgefahren war, zeigte ihm die Ladeleiste noch etwas über fünfzig Prozent an.

Am liebsten hätte Taki vor Erleichterung gejauchzt, verkniff es sich aber, da er sich lieber nicht zu früh freuen wollte.
 

Stattdessen pflanzte er den Laptop auf Keis Schoß – „Was? Was ist, Taki? Was tust du?“ –, warf die Laptoptasche ungeachtet nach hinten und startete den Motor.

„Auf dem Laptop ist ein Programm gespeichert, über das wir Gos Aufenthaltsort herausfinden können. Sein Ohrring ist ein Peilsender.“ Zur Verdeutlichung zupfte er an seinem eigenen Ohrring herum und erklärte Kei weiter, wie er das Programm aufrufen konnte. „Also – wohin?“
 

„Eh... außerhalb der Stadt.“ Jetzt, wo er was zu tun hatte, schien es Kei gleich viel besser zu gehen. Gebannt starrte er auf den Monitor. „Hauptstraße westlich stadtauswärts. Sieht wie ein Vorort oder so aus.“
 

Taki drückte aufs Gaspedal, scherte aus und suchte sich unter lautem Hupkonzert einen Platz in der endlos langen Autoschlange, von wo aus er sich beständig um haltende oder zu langsam fahrende Autos herumschlängelte. Rote Ampel missachtete er genauso konsequent wie Zebrastreifen oder sogar Radwege und Bürgersteige. Verdammt, es ging hier um Leben und Tod!

Kei rief ihm in unregelmäßigen Zeitabständen „Rechts!“ oder „Links!“ zu, was Taki auch recht abrupt befolgte und unter weiteren Hupkonzerten drei Fahrspuren auf einmal überquerte, um noch links abbiegen zu können.
 

Ihr Weg führte sie zusehends aus der Stadt raus. Sie ließen überfüllte Straßen und belebte Bürgersteige alsbald hinter sich, rasten ein Stück Schnellstraße entlang und befanden sich dann tatsächlich in einem kleineren Vorort, durch den Kei sie allerdings auch durchlotste.

Takis Blick huschte immer wieder zu der Uhr am Armaturenbrett hinüber und er wurde mit jeder Minute ungeduldiger. Sie mussten doch langsam mal da sein, verdammt! So weit konnte Seiji doch gar nicht gefahren sein!
 

Doch dann sagte Kei: „Hier“, und Taki war so überrascht, dass er gleich auf die Bremse sprang, was sie beide in ihre Sicherheitsgurte presste. Glücklicherweise hatten sie kein Auto hinter sich, denn das wäre mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ungebremst auf sie aufgefahren.
 

„Wo?“, wollte Taki wissen und schnappte sich den Laptop von Keis Schoß, um selbst einen Blick auf den Monitor zu werfen.
 

Das kleine, blinkende Pünktchen, das Gos Standort markierte, befand sich zweifelsfrei im letzten Haus dieser Straße. Es stand gute fünfzig Meter abseits von den anderen und man musste erst noch ein Stückchen Straße mit Wiesen rechts und links zurücklegen, ehe man bei dem Haus ankam, aber das Pünktchen war da und blinkte. Takis Herzschlag stellte sich bald auf dieses Blinken ein.

Go...
 

„Im Handschuhfach ist ein Handy“, sagte er zu Kei, während er sich losschnallte. „Ruf bei der Polizei an und verlang’ nach einem Hatozaki. Sag ihnen, es ist ein absoluter Notfall, und Hatozaki nennst du unsere Namen, verstanden? Verstanden, Kei?“

„J-Ja. Was... hast du denn vor, Taki?“
 

Taki langte unter den Fahrersitz und holte eine Pistole darunter hervor. Keis Augen weiteten sich. „Willst du Seiji –“

„Wenn ich muss“, unterbrach Taki mit belegter Stimme, obwohl sich ganz hinten in seinem Bewusstsein noch eine andere, wesentlich schlimmere Variante, die Pistole einzusetzen, bemerkbar machte. Eventuell müsste er jemanden... von seinem Leiden erlösen. Wenn Seiji... wenn Go...

Er schüttelte den Gedanken ab und fuhr an Kei gewandt fort: „Du bleibst hier und wartest auf die Polizei. Unter deinem Sitz ist auch eine Pistole, falls... falls Seiji abhaut musst du ihn aufhalten, okay?“

Taki wartete, bis Kei in einer Art Zustimmung mit dem Kopf nickte, dann sprang er auch schon aus dem Wagen heraus und rannte die Straße entlang.
 

Nichts und niemand hätte ihn noch länger in dem Van halten können. Sie hatten schon viel zu lange gebraucht, um Go überhaupt zu finden. Warum zur Hölle war er nur nicht eher auf die Idee gekommen, ihn mittels des Peilsenders zu verfolgen?! So fanden sie sich doch immer, genau dafür war das verdammte Ding da! Wie lange war Go Seiji schon ausgeliefert? Gute zwei Stunden?

Oh Gott... das war viel zu lange...
 

Taki erreichte das letzte Haus in der Straße und musste notgedrungen seinen Schritt etwas verlangsamen, wenn er Seiji nicht in die offenen Arme rennen wollte. Er hatte absolut keine Informationen über dieses Haus – weder einen Grundriss noch Informationen darüber, wo Go sich darin befand. Möglicherweise lauerte Seiji hinter einem der vorderen Fenster und suchte die Straße nach ihm ab, um ihn abzufangen. Damit würde er Go letztendlich auch nicht wirklich helfen. Er wollte verhandeln und sich nicht ausliefern und dann eventuell die Bitte äußern, Go auf schnellstem Weg in ein Krankenhaus bringen zu lassen.
 

Im Schutz einiger Büsche, die den Garten umgaben, schlich Taki sich zur Rückseite des Hauses vor, die Pistole fest mit seiner rechten Hand umklammernd, was gar nicht so einfach war. Seine Hand war so verschwitzt, dass ihm die Waffe ständig aus den Händen gleiten wollte.
 

Auf der Rückseite des Hauses sah er vorsichtig durch mehrere Fenster, musste jedoch feststellen, dass Seiji und Go sich in keinem dieser Räume aufhielten. Dafür entdeckte er eine Terrassentür, die zwar geschlossen war, aber andererseits auch nicht bewacht wurde.

Schnell hastete Taki zu ihr hinüber und probierte aus, ob sie auch verschlossen war, was leider der Fall war. Ärgerlich brummelnd zog er mit zittrigen Fingern seine ausfahrbare Nadel hervor und stocherte eine gefühlte Ewigkeit damit in dem Schloss herum, ehe es endlich ein fast widerwilliges Klicken von sich gab und die Tür aufschwang. Glücklicherweise befand er sich auf der Rückfront des Hauses, denn sonst hätte ihn am Ende noch jemand dabei beobachtet, wie er in dieses Haus einbrach und möglicherweise Seiji gewarnt.

Go hätte das Schloss sicherlich in wenigen Sekunden aufbekommen.
 

Bei dem Gedanken an Go zog sich Takis Herz schmerzhaft zusammen und die wenig zuversichtliche Vision, dass er nie wieder Go dabei beobachten konnte, wie er mit flinken Fingern ein Schloss knackte, geisterte durch seinen Kopf. Resolut versuchte er, sich von diesen Hirngespinsten zu befreien, weil er für diese Aktion garantiert einen kühlen Kopf brauchen würde. Er konnte sich irgendwelche emotionalen Ausbrüche jetzt absolut nicht erlauben.
 

Auf leisen Sohlen schlich er durch das scheinbar verlassene Haus. Allerdings hatte der Peilsender zweifelsfrei dieses Haus angezeigt, Go musste sich also hier befinden.

Oder nur ein Teil von ihm.

Taki biss die Zähne zusammen und weigerte sich, diesen Gedanken weitere Gestalt annehmen zu lassen.
 

Nachdem er einmal durch das ganze, verlassene Erdgeschoss geschlichen war, wollte er sich gerade der Treppe nach oben zuwenden, als er unter dieser Treppe eine Tür entdeckte, hinter die er noch keinen Blick geworfen hatte.

Bis zum letzten Muskel angespannt, legte Taki wachsam ein Ohr gegen die Tür, bereit, beim kleinsten Geräusch zur Seite zu springen. Er hörte tatsächlich etwas. Eine gedämpfte Stimme, als wenn sich hinter der Tür noch mehrere Räume befinden würden oder aber...
 

Ein Keller, schoss es Taki plötzlich durch den Kopf. Oder ein Kellerraum. Das bedeutete, es musste eine Treppe nach unten geben. Und das wiederum bedeutete höchstwahrscheinlich, dass er den ganzen Raum im Blick haben würde, wenn er auf der Treppe stand. Hoffte er zumindest. Das wäre das einfachste.

Und wenn schon. Ich muss da jetzt rein.
 

Er hatte Angst, die Tür aufzumachen, Angst davor, was er finden könnte. Aber er hielt sich mit dem Gedanken aufrecht, dass Seiji sicherlich nicht zu einer… zu einem leblosen Körper sprechen würde. Außerdem hatte er eine Pistole und das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Und er sollte sich verdammt noch mal jetzt endlich bewegen!
 

Er legte eine zitternde Hand auf den Türgriff und drückte ihn so leise wie möglich nach unten, um die Tür einen Spaltbreit aufzuschieben. Glücklicherweise war sie nicht verschlossen und er betete, dass sie auch nicht quietschen möge, was sie nicht tat. Alle Umstände waren bisher zu seinen Gunsten ausgefallen, jetzt gleich musste einfach irgendwas schief gehen…
 

„… willst doch nicht jetzt schon schlapp machen? Go? Ich rede mit dir!“
 

Irgendetwas knallte.

Erschrocken fuhr Taki zusammen. Um ein Haar wäre ihm die Pistole aus den schwitzigen Händen gerutscht, aber er umklammerte sie, bis seine Finger schmerzten.

Allerdings wurde er dadurch auch wachgerüttelt. Er konnte hier nicht rumstehen und die ganze Zeit Angst vor Seiji haben, wenn der Go da unten festhielt! Also los jetzt!
 

Mit einem Satz sprang er mindestens vier Stufen nach unten, lief dann einige weitere runter, bis er Seiji und Go im Blickfeld hatte. Die Waffe hielt er ausgestreckt und mit bis zum Zerreißen angespannten Muskeln direkt auf Seiji gerichtet, der bei dem Lärm viel zu schnell reagiert hatte. Mit einem blutbeschmierten Messer in der Hand war er schnell hinter einen Stuhl gesprungen und hielt es der darauf sitzenden Person an den Hals, an den Hals von…
 

„Go…“, japste Taki und hatte im nächsten Augenblick das Gefühl, zu ersticken.
 

An einen spärlichen Holzstuhl gefesselt, hing Go mehr in den Seilen, die ihn hielten, als dass er aufrecht saß. Auf seiner Kleidung – das Hemd hing ihm nur noch in Fetzen vom Körper – und auf dem Boden um ihn herum war Blut, so viel Blut. Überall an ihm waren kleinere und größere Schnitte zu erkennen. Es roch nach verbranntem Fleisch.

Sein Gesicht konnte er nicht sehen, weil sein Kopf fast auf der Brust ruhte und ihm schwarze, teilweise blutverkrustete Haarsträhnen in die Stirn fielen. Er schien nicht bei Bewusstsein.

Trotzdem lag das Messer in einer tödlichen Vorahnung direkt an seinem Hals und Seiji hatte vorsorglich auch schon eine Hand in Gos Haare gekrallt.
 

„Sieh an. Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst.“
 

Taki bekam kaum mit, dass Seiji das Wort an ihn gerichtet hatte. Für einen Moment hatte er sogar tatsächlich seine Anwesenheit vergessen so wie alles andere um sich herum auch. Er hatte nur Go gesehen. Die bekannte, verhasste Stimme machte ihm jedoch schnell wieder bewusst, dass es noch nicht vorbei war.
 

„Was… was hast du…“
 

„Es würde zu lange dauern, da zu sehr ins Detail zu gehen.“ Mit einem süffisanten Grienen nickte er auf die Pistole in Takis Händen. „Was hast du denn damit vor? Willst du mich erschießen?“
 

Ja, das würde er tun. Ohne mit der Wimper zu zucken.

Unglücklicherweise traute er seinen zitternden Händen und seiner damit verbundenen Treffsicherheit nicht. Seiji stand immerhin direkt hinter Go. Wenn er sich duckte? Auswich? Go hochriss?

Außerdem würde Seiji Go ohne zu zögern die Kehle durchschneiden, sobald Taki es wagen würde, abzudrücken. Das hatte er im Gefühl.
 

Scheiße. Scheiße, verdammte! Er musste doch irgendetwas tun! Er konnte hier doch nicht so tatenlos rumstehen und warten, bis einer von ihnen aus reiner Müdigkeit umkippte! Denn der erste wäre zweifelsfrei Go.
 

Gott, er musste so schnell wie möglich in ein Krankenhaus.
 

„Mach ihn los“, befahl Taki schließlich. „Ich bin hier. Das reicht doch.“
 

„Das ist eine hübsche Prämie, aber das reicht bei weitem nicht“, schmunzelte Seiji süffisant. „Weißt du, dass er die ganze Zeit über beteuert hat, dich nicht ein einziges Mal angefasst zu haben?“
 

„Hat er auch nicht!“, fauchte Taki sofort, obwohl es so nicht ganz der Wahrheit entsprach. Aber Seiji konnte unmöglich von allen, hie und da ausgetauschten Küssen, jeder Umarmung, jeder winzigen Berührung wissen. Go hätte bei weitem nicht mehr alle Körperteile, wenn er vor Seiji so aus dem Nähkästchen geplaudert hätte. Außerdem war für ihn sowieso etwas ganz anderes wichtig. Und geschlafen hatten sie nicht miteinander. Nein, verdammt!
 

„Tatsächlich? Mein Gott, habe ich dich gut erzogen.“
 

Taki biss die Zähne zusammen. So was Ähnliches hatte Go auch gesagt.

Sein Blick rutschte von Seiji runter zu Gos Haarschopf. Er hatte sich noch immer nicht gerührt, seitdem er den Keller betreten hatte. Atmete… er überhaupt noch? Was, wenn er nicht mehr atmete…?

Takis Herz fing an zu rasen bei der Vorstellung, zu spät gekommen zu sein, weil er nicht eher auf den Gedanken mit dem Peilsender gekommen war. Aber wenn er ganz genau hinsah… unter all den Schnitten und blutigen Kratzern… hob und senkte sich nicht ganz schwach seine Brust? Bitte…!
 

„Okay. Was… wenn…“ Verflucht. Er bekam es nicht über die Lippen. Los jetzt! „Tauschst… tauschst du Go gegen… mich?“
 

Seiji lachte amüsiert. „Ich habe darauf gewartet, dass du mir das anbietest.“ Und Taki wusste auch warum. Weil Seiji es sichtlich genoss, über so viel Macht zu verfügen. Weil er sich an Takis Verzweiflung ergötzte. Weil er ein perverses Schwein war.
 

All das schluckte Taki jedoch herunter, während er ein zittriges: „Und?“, zustande brachte.
 

„Ich habe allen Ernstes darüber nachgedacht. Zweifellos hätte ich den besseren Deal gemacht, wenn ich darauf eingegangen wäre.“
 

Taki erstarrte. Wäre? Wieso wäre? Wollte er etwa nicht darauf eingehen? Er musste darauf eingehen!
 

Ein leises Klicken in seinem Rücken, wie von einer Pistole, die entsichert wurde, ließ ihm das Herz gefrieren.

Nein…

Das durfte nicht sein.
 

„Aber dann dachte ich mir: Warum sollte ich mich mit nur einem Stück Kuchen zufrieden geben, wenn ich den ganzen haben kann? Mit Sahne oben drauf?“
 

„Du Arsch!“, zischte Taki, während er mit den Tränen kämpfte. Und er Volltrottel hatte diesem miesen, kleinen Bastard auch noch gesagt, wo er die Scheißpistole finden konnte! War er denn ein blutiger Anfänger?!
 

„Na, na, wir wollen doch jetzt nicht ausfallend werden, oder?“, grinste Seiji schadenfroh, ehe sich sein Gesicht zu einer dreckig feixenden Grimasse verzog. „Würdest du die Pistole jetzt bitte an Kei aushändigen? Und dann kommst du langsam die Treppe runter.“
 

Am liebsten hätte er vor Frust und Verzweiflung aufgeschrien und in blinder Wut auf Seiji geschossen. Aber das konnte er nicht riskieren, weil er möglicherweise Go treffen würde oder selbst tot war, ehe er Seiji erschießen konnte. Und damit wäre Go auch nicht weitergeholfen.

Zur Hölle! Wie hatte er nur so dämlich sein und mit offenen Augen in diese offensichtliche Falle rennen können? Wie?!
 

Aber noch während er sich das fragte, wusste er schon die Antwort.

Wegen Go.
 

--
 

Danke schön fürs Lesen^^
 

lg

- Ashling

act thirteen

Titel: Games

Teil: 13/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Oh Gott, ja, ich weiß, es ist schon wieder tausend Jahre her, seit es den letzten Teil gab, und ich finde es einfach nur unglaublich, was für eine Geduld ihr mit mir habt und was für wunderbare Kommentare ich dennoch bekomme. Am liebsten würde ich alle ausdrucken und einrahmen XD" Vielen, vielen Dank! :)

Für diesen Teil habe ich mich jetzt auch richtig ins Zeug gelegt – was die „Schnelligkeit“ der Produktion angeht. Die Hälfte hatte ich zwar schon, aber irgendwie … na ja. Aber weil ich weiß, dass ich bis Ende Januar wieder keine Zeit dafür haben werde und ich euch nicht noch länger warten lassen wollte, gibt’s jetzt einen etwas … schnellen Teil XD“ In mehrfacher Hinsicht *drop* Was die japanischen Anhängsel anbelangt, hoffe ich, dass ich das wieder einigermaßen richtig gedeichselt habe, sonst sagt mir einfach Bescheid^^

Ach, und habe ich mich schon bei euch für die vielen, superlieben Kommentare bedankt? Danke schön! *euch alle drückt* :)
 


 

act thirteen
 

Taki war in einer Ecke des Kellerraums geparkt worden, genauer gesagt: mit Handschellen an ein verdammtes Heizungsrohr gefesselt worden. Ein Lieblingsspielzeug von Seiji, von daher wunderte es Taki kaum, dass er noch welche von den Dingern übrig hatte. Bei Go war er leider so geschickt gewesen, einen dünnen Strick zu verwenden, den sich momentan eher Taki gewünscht hätte. Seiji und Kei verhandelten am Fuße der Kellertreppe bereits seit ein paar Minuten über Geldbeträge in Millionenhöhe und wenn die sich weiterhin nicht einig wurden, hätte Taki seinen Strick mit Sicherheit schon längst an den scharfkantigen Ecken einiger Schrauben durchtrennen können.

Aber es war kein Strick, es waren verdammte Handschellen.
 

Die ganze Zeit über versuchte er schon, an seine ausfahrbare Nadel heranzukommen, was mit minimaler Bewegungsfreiheit ein zeitaufwändiger wie schmerzhafter Akt war. Seine Handgelenke waren schon leicht wundgescheuert, aber das merkte er kaum. Mit einem Ohr hörte er immer auf das, was Seiji und Kei sagten, und hoffte gleichzeitig, dass sie sich noch etwas länger streiten mögen. Kei ging es natürlich ums Geld. Und er wollte den Preis dafür, dass er sich offenbar spontan dazu entschieden hatte, Taki doch auszuliefern, beständig in die Höhe treiben, indem er Seiji immer wieder unter die Nase rieb, dass Geld ihm doch gar nichts bedeutete und er deshalb auch ruhig etwas mehr davon an ihn herausrücken könnte.
 

Taki hätte sich am liebsten erwürgt dafür, dass ihm ausgerechnet das im Auto gegenüber dem geldgierigen Kei herausgerutscht war. War er vorher vielleicht tatsächlich dazu bereit gewesen, Taki zu helfen, Go zu befreien, so hatte diese dumme Bemerkung von Taki Kei wieder weich werden lassen. Das Geld hatte für ihn den Ausschlag gegeben. Wie schon damals, als er Go als Partner im Stich gelassen hatte.

Scheiße, er war ja so bescheuert!
 

„Du bist verrückt, wenn du glaubst, dass ich darauf eingehe“, erklärte Seiji sachlich, aber mit einem deutlich genervten Unterton in der Stimme. Offenbar war er des Verhandelns müde, was für Taki bedeutete, dass er nicht mehr viel Zeit hatte.
 

Er warf einen hastigen Blick zur Treppe hinüber und streifte dabei unweigerlich Go, der mit dem Rücken zu ihm eingesunken auf dem Stuhl saß. Er hatte sich noch immer nicht gerührt, seitdem Taki den Keller betreten hatte. Hatte er sich eben die leichte Atembewegung etwa doch nur eingebildet?

Scheiße, nein! Er war mit Sicherheit nur bewusstlos – wer weiß, was Seiji in der Zeit, in der er Go ganz für sich gehabt hatte, mit ihm angestellt hatte – und versuchte, irgendwie Kräfte zu sparen, um nicht vorzeitig … aufzugeben.
 

Takis Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Verdammt! Go war niemand, der einfach so aufgab, und das sollte er, Taki, verflucht noch mal auch nicht tun!

Mit einem kräftigen Ruck, der ihm fast das Handgelenk zu brechen schien, kam er endlich an die ausfahrbare Nadel heran. Hastig blinzelte er die Schmerzenstränen in den Augen beiseite, um jetzt nicht auch noch die Nadel zu verlieren, und bohrte damit dann schnell im Schloss der Handschellen herum. Scheiße, bei nächster Gelegenheit musste er sich unbedingt von Go zeigen lassen, wie man binnen eines Lidschlags so ein simples Schloss knacken konnte. Das war ja erbärmlich, dass er dafür so lange brauchte!
 

„Du hast dich spontan dazu entschieden, mir doch zu helfen, also müsste ich mit dem Preis eher runtergehen“, bemerkte Seiji mit unbestechlicher Logik.
 

„Aber…“ Keis Stimme nach zu urteilen, gingen ihm langsam die Argumente aus. Taki versuchte sich, auf das Schloss zu konzentrieren. Hatte das da nicht gerade geklickt? „Aber wenn du nicht zahlst, werde ich … werde ich die Polizei verständigen!“
 

Seiji schnaubte. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“
 

Plötzlich krachte irgendetwas und Kei stieß einen Schmerzensschrei aus. Taki zuckte zusammen und wagte einen flüchtigen Blick zur Treppe hinüber. Seiji versperrte ihm mit seinem breiten Rücken den Großteil der Sicht, aber so, wie es aussah, hatte er Kei umgestoßen und er war rücklings auf die Treppenstufen gefallen.

Seiji zog etwas aus seiner Hosentasche heraus und warf es Kei zu.
 

„Der vereinbarte Preis und keinen Yen mehr. Und jetzt verschwinde.“

Kei rappelte sich auf, wurde dann aber noch mal von Seiji gepackt und gegen die Wand gedrückt. Taki erkannte die flackernde Angst in Keis großen Augen, die Seiji anderen Menschen immer einflößte, verspürte aber nicht das geringste Mitleid. Das hatte sich der kleine Verräter selbst zuzuschreiben.

„Noch was. Ich finde dich, solltest du irgendwelche Dummheiten machen, verstanden?“
 

Kei nickte hastig und wurde dann losgelassen. Wie vom Teufel persönlich gejagt, fetzte er die Stufen ins Erdgeschoss hoch und nur ein paar Sekunden später fiel hinter ihm die Tür ins Schloss.

Dann drehte Seiji sich zu Taki um.
 

Scheiße!

Takis Herz setzte mit einem lauten Hämmern wieder ein. Eilig versteckte er die Nadel erneut, wählte dieses Mal aber ein Versteck, an das er nachher wieder schneller dran käme. Hoffentlich entdeckte Seiji sie nicht.
 

Seiji kam bei Taki an und lehnte sich lässig neben ihn an die Wand. „Nun zu uns beiden, Taki.“
 

Er streckte eine Hand nach Takis Gesicht aus, doch Taki drehte sich weg und trat zudem noch einen Schritt nach hinten. Scheiße, was sollte das nun werden? Wenn Seiji die ganze Zeit hier bei ihm stehen blieb, konnte er das verdammte Handschellenschloss nicht knacken!

Andererseits… war es nicht besser, Seijis Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet, statt auf Go? Wenn er Go vor seinen Augen irgendetwas antun würde, dann… dann…
 

Seijis Hand schoss vor und packte Taki grob am Kinn, zwang sein Gesicht zurück in Seijis Richtung, der sich inzwischen wieder von der Wand abgestoßen und vor Taki aufgebaut hatte.

„Sag bloß, du hast mich nicht vermisst.“ Seine Stimme troff nur so vor Ironie.
 

„Kein Bis-“
 

Weiter kam er nicht, weil Seiji seinen Mund unbarmherzig auf Takis presste. Gleichzeitig drängte er Taki zurück gegen die Wand, so dass er zwischen ihr und Seijis Körper gefangen war, der sich fordernd gegen Takis lehnte. Taki stand nur einen Millimeter davor, einfach zuzubeißen, selbst wenn er Seiji damit fuchsteufelswild machen würde. Aber er hatte Angst, dass er seine Wut dann an Go auslassen würde …
 

Stattdessen versuchte er, etwas weniger offensiv seine Arme vom Körper abzuspreizen, um Seiji so auf etwas Abstand zu bringen. Wenn diese beschissenen Handschellen nicht wären, würde er sich hier und jetzt auf einen, sicherlich auf verlorenen Posten aufgebauten Kampf einlassen. Aber mit den Dingern, die ihn an das Heizungsrohr ketteten, hatte er noch weniger Chancen.
 

Zu seinem Glück störten Seiji die Arme zwischen ihren Körper wirklich und er ließ von Taki ab, lehnte sich aber nur minimal zurück. Taki musste immer noch den Kopf leicht in den Nacken legen, um Seiji in die Augen sehen zu können, und überall um ihn herum herrschte Seijis mächtige Gegenwart, die ihn zu erdrücken schien.
 

„Mach das noch mal und ich beiß dir die Zunge ab“, drohte Taki mit schmalen Augen. Nur weil er es vermutlich trotzdem nicht tun würde, musste er Seiji diese wenig freundlichen Gedanken ja nicht vorenthalten. Vielleicht half es ja.
 

Seiji schmunzelte belustigt. „So brutal auf einmal? Kenne ich gar nicht von dir. Aber ich lasse es auf einen Versuch ankommen.“
 

Gerade wollte er Taki wieder näher kommen, als ein Geräusch hinter ihnen sie beide verharren ließ. Ein verhaltenes Stöhnen, das eigentlich nur von einem Menschen in diesem Raum kommen konnte. Takis Augen weiteten sich und sein Herz machte einen befreiten Euphoriehüpfer in seiner Brust.
 

„GO!“, rief er erleichtert und streckte sich etwas, um an Seiji vorbeisehen zu können. Er wollte Go wissen lassen, dass er hier war und er Seiji nicht mehr allein überlassen war – auch wenn seine Rettungsaktion, zugegeben, etwas schief gelaufen war. Er war sich sicher, dass es Go stärken würde, wenn er wusste, dass er diesem Arsch nicht mehr allein gegenüberstand.
 

Als Antwort bekam er jedoch nur ein weiteres Stöhnen, das sich irgendwie matt, verzweifelt und voller Schmerz anhörte.

Taki schluckte. Er würde Seiji umbringen!

Mit vor Wut blitzenden Augen richtete er seinen Blick zurück auf Seiji.

„Er muss in ein Krankenhaus.“
 

„Tatsächlich? Dabei habe ich mein kleines Programm doch nur unterbrochen, weil es mit Bewusstlosen keinen Spaß macht. Die Show ist noch lange nicht zu Ende.“ Er grinste höhnisch und seine Augen musterten Taki mit sadistischer Vorfreude.

Dann ließ er von ihm ab und drehte sich um.
 

„Halt!“, rief Taki entsetzt. „Was hast du vor?“ Aus einem Reflex heraus wollte Taki ihm hinterher stürmen, ihn aufhalten, hatte dabei aber für einige Sekunden seine Handschellen vergessen, die sich jetzt schmerzhaft in die leicht wundgescheuerte Haut schnitten.
 

Seiji lachte vergnügt. „Ich werde mich jetzt noch etwas um das Dornröschen kümmern. Du darfst zusehen, dann muss ich dir nicht ständig erklären, was ich mit ihm mache.“ Er griff nach einem gezackten Messer.
 

Takis Herz setzte aus.

Nein! Seiji! Hör auf damit!“
 

Voller Entsetzen beobachtete Taki, wie Seiji mit dem Messer hantierte, als wäre es keine tödliche Waffe, sondern eine weiche Feder. Die Schneide glänzte scharf in dem hässlichen Kellerlicht und machte jeden einzelnen Zacken überdeutlich sichtbar. Unwillkürlich drängten sich Taki wieder Bilder von Asako auf, die plötzlich von Gos Gesicht überlagert wurden. Oder was davon noch übrig war, denn Asakos Gesicht war nicht mehr … vollständig gewesen.
 

Die tanzenden Bewegungen des Messers stoppten augenblicklich, als Seiji sich ganz gemächlich hinter Go gehockt hatte. Ganz bewusst so, dass er Go mit seinem Körper nicht verdeckte. In aller Seelenruhe langte er mit der freien Hand nach Gos Fingern und spreizte den Zeigefinger ab. Taki zuckte zusammen, als von Go ein unartikulierter Schmerzlaut kam. Mehr nicht. Er versuchte nicht einmal, Seiji seine Finger zu entziehen. Scheiße, war er überhaupt vernünftig bei Bewusstsein? Hatte er eben gehört, dass er nach ihm gerufen hatte? Und warum … warum war da überhaupt so viel Blut auf seiner Hand?
 

„Was meinst du?“, fragte Seiji lässig und ohne den Blick von Gos Fingern zu nehmen. Die Frage war jedoch zweifelsfrei an Taki gerichtet, weil selbst ihm im Rausch seiner perversen Spielchen aufgegangen sein musste, dass Go gerade nicht wirklich ansprechbar war. „Kann dein Partner wohl auch noch mit ein, zwei Fingern weniger Schlösser knacken?“
 

Taki wurde eiskalt. „Wag es nicht …“

Sein Herz hämmerte ihm bis zum Hals, als Seiji die gezackte Klinge ansetzte. Unvermittelt stürzte Taki sich in die Handschellen, so dass sie laut am Heizungsrohr klackerten und das Rohr selbst ein dumpfes Vibrieren von sich gab. Das kalte Metall, das sich dabei erneut schmerzhaft in seine Handgelenke rammte, bemerkte er kaum.

„SEIJI! Hör auf! Bitte!“
 

Er tat es tatsächlich. Allerdings wohl kaum, weil sich plötzlich sein moralischer Anstand gemeldet hatte. Taki hörte ihn sogar leise lachen, wusste in den ersten Sekunden aber nicht einzuordnen, ob das nun gut oder schlecht für ihn war. Für den Moment war er einfach nur erleichtert, dass er Go keine Gliedmaßen abhackte. Er hatte so schöne, schlanke Finger, die so geschickt darin waren, alle Arten von Schlösser aufzuknacken, die so beruhigend über Haut streicheln und so liebevoll durch Haare streichen konnten …

Ein einziger weniger wäre schon zu viel.
 

„Ich muss zugeben, ich bin ein wenig beleidigt“, bemerkte Seiji in einem Tonfall, der eher unterdrückte Wut ausdrückte, denn ehrliche Verletztheit. Geschmeidig richtete er sich auf, legte das Messer beiläufig bei Seite und trat wieder auf Taki zu.
 

Er zwang sich dazu, Seiji in die harten Augen zu schauen. Gleichzeitig versuchte er, seinen rasenden Herzschlag unter Kontrolle zu bringen, was allerdings ein ziemlich erfolgloses Unterfangen war. Es war ohnehin zu spät, Seiji noch vorzuspielen, dass Go in keiner Weise wichtig für ihn war, womit Seiji sein Interesse an ihm sicherlich schnell verloren hätte. Verdammt, er war immerhin hierher gekommen und hatte sich im Austausch angeboten! Seiji wusste ganz genau, wie viel Go ihm bedeutete. Und dieses Wissen gab ihm eine Macht, die sich in einem gefährlichen Glitzern in den eisblauen Augen niederschlug.
 

Er lehnte sich dichter zu Taki hinüber, ohne ihn direkt zu berühren. Trotzdem war Taki sofort danach, nach hinten auszuweichen oder gar gleich zu flüchten, befahl sich aber eisern, stehen zu bleiben. Er konnte eh nirgends hin.

Seijis Stimme war ein raues Flüstern, als er fragte: „Was bist du bereit, zu tun, um ihn zu retten?“
 

Kühle Finger strichen betörend sanft über Takis Wange, jede Bewegung eine einzige Lüge. Seiji war nicht sanft oder zärtlich, nur dann, wenn er einen Vorteil für sich daraus ziehen konnte. Jetzt gerade glaubte er wohl, Taki damit einlullen zu können oder seine Kooperationsbereitschaft oder was auch immer zu signalisieren, aber er war komplett verrückt, wenn er auch nur eine Sekunde dachte, dass Taki das schlucken würde.

Dennoch ließ er die Berührung zu. Er musste nachdenken, Zeit schinden, irgendetwas tun, aber ihm wollte einfach nicht einfallen, was. Seiji müsste für einige Minuten abgelenkt sein, damit er erneut versuchen könnte, die Handschellen aufzubekommen, aber diese Minuten würde er sich Go widmen. Wie viele Finger kann ein Mensch in fünf Minuten verlieren?
 

Seiji beugte sich noch mehr zu ihm rüber, raunte ihm jetzt direkt ins Ohr: „Mehr, als du für Asako bereit warst, zu tun?“ Hauchzart platzierte er einen kleinen Kuss hinter Takis Ohr. Dann einen auf seinen Hals, gefolgt von einem zweiten.
 

Taki schloss die Augen und versuchte, sich zu konzentrieren. Sein ganzer Körper krampfte sich zusammen, war bis in den letzten Nerv auf Flucht programmiert. Seiji konnte noch so liebevoll sein, am liebsten würde Taki ihn wegschubsen und anschließend kräftig in gewisse Weichteile treten, ohne Rücksicht auf mögliche Verluste. Der Drang war allerdings noch relativ leicht zu bezwingen, im Gegensatz zu dem, nicht bei jeder Berührung zusammenzuschrecken.
 

Scheiße, verdammte, was sollte er denn tun?! Seiji das Versprechen abgeben, auf immer und ewig bei ihm zu bleiben? Wäre das genug für ihn? Und wie wollte er kontrollieren, dass Taki das auch tat? Ihn von Heizungsrohr zu Heizungsrohr ketten?

Verflucht. Taki ertappte sich dabei, wie er sich mit dem Gedanken anzufreunden versuchte, nur damit Seiji Go nicht dasselbe antat wie Asako. Oder noch mehr. Aber bevor er hier das Kapitulationsfähnchen schwenken würde, ließe er sich was einfallen. Musste er sich was einfallen lassen, weil Go ihn sonst umbringen würde, wenn er erfuhr, was er für ihn getan hatte.
 

Als Seijis Mund sich wieder Takis näherte, drehte dieser doch wieder rein instinktiv den Kopf weg. Seiji stieß ein gereiztes Schnauben aus.

„Wenn ich mit dir schlafe, lässt du ihn gehen?“, wollte Taki sachlich wissen, als ginge es um ein nüchternes Aktiengeschäft, starrte dabei jedoch den kahlen Fußboden an. Allein bei der Vorstellung drückte sich Übelkeit seinen Hals hoch. Aber er würde es überleben, wenn er Go dafür freiließ.
 

Seiji gab einen belustigten Laut von sich. Sachte fuhr er durch Takis Haare und ließ seine Hand schließlich in Takis Nacken ruhen. „Wenn ich nur das wollte, würde ich dich hier und jetzt nehmen.“ Wie nebenbei begann er, Takis Nacken zu kraulen, was Takis Brechreiz augenblicklich zurückkommen ließ. „Aber ich will, dass du bei mir bleibst.“
 

Er hatte es ja gewusst. Dieser verrückte Spinner. Wovon träumte der eigentlich nachts?!

„Du spinnst wohl“, entfuhr es Taki impulsiv.
 

Seiji reagierte sofort und wandelte das sanfte Kraulen in seinem Nacken in einen stahlharten Griff um, der Taki zusammenfahren ließ.

„Ich glaube, du bist nicht in der Position, so etwas Unvernünftiges von dir geben zu können“, zischte er. „Wenn dir dein treuer Partner …“ Abrupt unterbrach Seiji sich und war auf einmal mucksmäuschenstill. Seine Augen wurden schmal und wanderten zur Decke hoch, ehe er Taki misstrauisch ansah. „Kei hat gesagt, du bist allein.“
 

Im ersten Moment war Taki so überrumpelt von der unerwarteten Wendung, die Seijis Drohung angenommen hatte, dass er daraufhin nichts zu erwidern wusste. Das Erste, was ihm einfiel, war, dass er natürlich allein war. Go und er arbeiteten immer nur zu zweit, und dass er Kei vertraut hatte, hatte er bereits hinlänglich bereut. Seines Wissens nach wusste niemand, wo sie sich jetzt befanden.

Die Frage war jedoch eher, wieso Seiji das auf einmal interessierte. Hatte er gerade etwa jemanden oben gehört?

Taki wagte es fast nicht, das zu glauben, aber sollte dem so sein, dann musste er binnen der nächsten Sekunden entweder tierischen Lärm machen, damit der Jemand oben wusste, dass hier unten jemand war, oder aber er musste sehr schnell sein, sollte sich Seijis Aufmerksamkeit gleich für kurze Zeit von ihm abwenden.
 

Seiji ruckte einmal hart an dem Griff in seinem Nacken. „Antworte!“, befahl er harsch, aber dennoch auf eine geringere Lautstärke bedacht. Das änderte allerdings nichts daran, dass seine Worte so schneidend wie seine heiß geliebten Messer waren. „Bist du allein?“, betonte er jede Silbe mit grollendem Unterton.
 

„Ja“, zischte Taki zurück und focht die nächsten, ewig erscheinenden Sekunden einen non verbalen Kampf mit Seiji aus, der ihn in Grund und Boden zu starren versuchte. Wenn er ihn nicht kennen würde, würde er diese kalten Augen und den dazugehörigen Menschen bemitleiden. So jedoch fragte Taki sich nur, wie er jemals so blind hatte sein können, dass er nicht auf den ersten Blick erkannt hatte, was für ein Typ Seiji war. Einem Vergleich mit Go hielt er keinen kurzen Lidschlag stand.
 

Abrupt ließ Seiji ihn los und stieß einen wüsten Fluch aus. Für einen Mann seiner Größe bewegte er sich äußerst behände zu dem schmalen Kellerfenster hinüber, durch das er mit Mühe und Not gucken konnte, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte.
 

Taki zögerte nur einen winzigen Herzschlag lag, während dem er sich sicher sein konnte, dass Seiji nicht wieder auf dem Absatz kehrtmachen würde, und verrenkte sich hastig, um an die ausfahrbare Nadel heranzukommen. Das Blut rauschte ihm wie ein ganzer Wasserfall in den Ohren, als er mit zittrigen Händen das Handschellenschloss bearbeitete und innerlich an die Tausend Gebete gen Himmel schickte, ihm wenigstens in diesen Sekunden Gos Geschick zu schenken.
 

„Verdammt!“
 

Fast wäre ihm die Nadel heruntergefallen, als Seiji – dieses Mal lauter – fluchte. Als Taki einen schnellen Blick über die Schulter warf, erkannte er bereits, wie Seiji zurück auf ihn zukam. Zeit, die Nadel zu verstecken, blieb ihm keine. Also schloss er eine Faust um sie und betete inständig, dass Seiji zu beschäftigt mit was auch immer war, um sie zu bemerken.
 

Als er beim Tisch ankam, langte Seiji im Vorbeigehen nach einem langen, schmalen Messer. Für eine Schrecksekunde befürchtete Taki, dass Seiji jetzt kurzen Prozess mit Go machen würde, aber stattdessen wandte er sich ihm zu und schlug ihm unvermittelt mit der flachen Hand vor die Stirn, so dass sein Hinterkopf schmerzhaft mit der Wand in seinem Rücken kollidierte. Sterne explodierten vor seinen Augen und für einen Moment griff ein schwarzer, wabbeliger Nebel nach seinem Bewusstsein, ehe er wieder klar denken und das kalte Metall an seiner Kehle fühlen konnte.
 

„Lüg mich nicht an, Taki! Ich frage dich jetzt noch mal: Wer ist mit dir hier? Und es wäre besser für dich, wenn du die Wahrheit sagst.“
 

Takis Kopf pochte unangenehm und machte ein logisches Denken fast unmöglich. Eines wusste er allerdings ganz genau. Wenn Seiji ihm gegenüber derart die Beherrschung verlor, war das ein sicheres Anzeichen für seine Nervosität.

„Ich bin nur zusammen mit Kei gekommen“, wiederholte Taki, während sein Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Wen zum Teufel hatte Seiji durch das Fenster gesehen?
 

„Und was zur Hölle machen die ganzen Autos in der Auffahrt?!“, fauchte Seiji, als über ihnen wieder ein Geräusch zu hören war, dieses Mal laut genug, das Taki es auch hörte. Der Boden knarrte leicht, als wenn jemand darüber hinwegging. Taki wollte es fast nicht zulassen, um nicht nachsichtig zu werden, aber er konnte es einfach nicht verhindern, dass sich ein warmer Hoffnungsschimmer in seiner Brust festsetzte.

„Da hörst du’s!“, raunzte Seiji. „Wer ist das? Die Polizei?“
 

Die Polizei! Augenblicklich dachte Taki an Hatozaki, den sie am Nachmittag nicht hatten erreichen können. War er vielleicht irgendeiner anderen Spur nachgegangen, die ihn schließlich bis hierher gebracht hatte? Hatte … hatte Kei etwas damit zu tun?
 

„Ich bring’ den kleinen Wurm um!“, grollte Seiji, dem offensichtlich gerade derselbe Gedanke gekommen war. Mit einer schnellen Bewegung nahm er das Messer von Takis Hals zurück, jedoch nicht ohne die Haut kurz anzuritzen.
 

Taki zuckte zusammen, bezweifelte aber, dass Seiji sich daran vernünftig erfreuen konnte, da er sich bereits abgewandt hatte und zum Schreibtisch hinüber hechtete. Der Hauch geringfügiger Panik in den eisblauen Augen war ein gänzlich ungewohnter Anblick, an dem sich Taki jedoch nicht lange aufhalten konnte. Mit rasendem Herzschlag stocherte er erneut in dem Handschellenschloss herum. Das musste doch irgendwie zu bewerkstelligen sein! Verdammte Scheiße! Und er wollte sich Dieb nennen? Das konnte doch nicht …!
 

Es klickte.

Er hatte das Schloss geknackt!
 

Fast hätte er gejauchzt vor Freude, hatte aber gerade noch so viel Selbstbeherrschung übrig, um es nicht zu tun. Stattdessen streifte er die Dinger endlich ab und sah sich dann einem entgeisterten Seiji gegenüber, der zudem eine Pistole aus dem Schreibtisch gekramt hatte und damit jetzt noch mal doppelt so gefährlich war wie ohnehin schon.
 

„Wie hast du …“
 

Als Taki lossprang, um hinter dem Tisch in der Mitte Deckung zu suchen, befand Seiji, dass es vollkommen unwichtig war, wie Taki sich befreien konnte, und schoss stattdessen.

Gerade noch rechtzeitig warf Taki den Tisch mit den ganzen Horrorutensilien um, um mit rasendem Pulsschlag dahinter in Deckung zu gehen, als der Schuss losging. Gleichzeitig fielen Messer, Nadeln, Zangen und noch viel mehr von Seijis Spielzeug zu Boden und machten einen Höllenlärm. Im selben Augenblick ging ein Stockwerk höher ein wahrer Tumult los, als zig Leute, sich gegenseitig Befehle zubrüllend, durch die Gegend liefen.
 

„Verdammt! Komm sofort raus, Taki, oder ich töte deinen Partner!“, drohte Seiji kalt, aber in Anbetracht der Situation immer noch unheilvoll gefasst.
 

Von seiner Deckung aus schielte Taki um die eine Ecke des umgestürzten Tisches, um sich zu vergewissern, wo Seiji sich genau im Raum aufhielt, als ihm plötzlich eiskalt wurde.

Eine Hand in sein dichtes, schwarzes Haar gekrallt, hatte sich Seiji neben Go aufgebaut und hielt die Pistole gegen Gos Schläfe. Die, die nicht von einer gewaltigen Platzwunde verziert wurde, aus der immer noch Blut über die linke Gesichtshälfte lief. Die Lippe war dick und aufgeplatzt, aus der Nase lief Blut, ein Auge schwoll langsam zu, auf seinem Hals befand sich eine hässliche Brandwunde …

Er könnte ewig so weitermachen.
 

Hastig ging er wieder in Deckung und versuchte, seinen abgehackten Atem zu kontrollieren. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war eine ausgewachsene Panikattacke, die mit irgendwelchen Kurzschlussreaktionen verbunden war.

Aber – zum Teufel! Er konnte nicht denken! Kopfschmerzen breiteten sich unbarmherzig zwischen seinen Augen aus und das Einzige, worum sich seine Gedanken kümmern wollten, war Gos Anblick auf diesem verdammten Stuhl!
 

„Taki!“, rief Seiji ein weiteres Mal, ehe oben die Kellertür aufgestoßen wurde und schnelle Schritte die Treppe runtertrampelten.
 

„Polizei! Keine Bewegung!“
 

„Stehen bleiben!“, brüllte Seiji dazwischen, um sich in dem ganzen Chaos Gehör verschaffen zu können. „Ich habe hier zwei Geiseln! Und ich habe keine Skrupel, sie umzubringen, wenn sich mir auch nur einer nähert!“
 

Das markerschütternde Klicken einer Pistole, die entsichert wurde, erreichte Takis Ohren und ließ seine Angst auf einen neuen Höhepunkt schnellen. Vorsichtig wagte er einen Blick zur Kellertreppe hinüber, die er nur bedingt einsehen konnte. Mehrere Polizeibeamte hatten sich dort aufgebaut und richteten konzentriert ihre Waffen auf Seiji … der seine Waffe auf Go richtete.
 

„Geben Sie auf, Reiyamata-san, Sie haben keine Chance. Das Gebäude ist umstellt“, verkündete die unverkennbare Stimme von Hatozaki, der bei seiner kleinen Rede jedoch offensichtlich ein wichtiges Detail vergessen hatte.

Seiji hielt Go eine Pistole an den Kopf, verdammt! Da konnte er doch nicht solche Drohungen aussprechen!
 

„Das sehe ich anders“, erwiderte Seiji freundlich. „Sie werden mitsamt ihren Leuten jetzt schön das Haus verlassen, dann sehen wir weiter. Ich will … verhandeln.“
 

Verhandeln, hah! Wenn auch nur einer von der Polizei ein bisschen Grips im Kopf hatte, dann würden sie darauf garantiert nicht eingehen. Das Einzige, was Seiji wollte, ist, die Beamten aus dem Haus zu bekommen, um dann irgendeinen Plan B in Angriff zu nehmen. Seiji hatte immer einen Plan B. Und in diesem Fall beinhaltete der wohl nicht, Go am Leben zu lassen.
 

„Dann signalisieren Sie uns ihre Verhandlungsbereitschaft, Reiyamata-san. Lassen Sie Taki zu uns rüberkommen.“
 

WAS?!

Seine berufliche Erfahrung in allen Ehren, aber war Hatozaki spontan dem Schwachsinn anheim gefallen?! Wenn er hier ohne Go raus ging, dann hatte er überhaupt keine Überlebenschance mehr!
 

„Nein!“, rief Taki von seinem Platz hinter dem Tisch, ehe Seiji daraufhin etwas erwidern konnte. „Ich bleibe.“
 

„Taki, sei vernünftig“, zischte Hatozaki ihm eindringlich zu. „Du kannst hier nichts tun.“
 

Doch. Er war Gos Lebensversicherung, verdammt! Warum wusste Hatozaki das nicht? Wenn er schon das Haus stürmen musste, hätte er sich wenigstens vorher über die darin befindlichen Personen kundig machen müssen.
 

„Er will nicht gehen, das hören Sie doch“, mischte Seiji sich triumphierend ein. „Und jetzt raus aus meinem Haus!“
 

„Soichiro Matsuda-sans Haus, Reiyamata-san. Wir haben seine Leiche bereits gefunden.“
 

„Ich fürchte, der Name sagt mir nichts. Und ich wiederhole mich ungern. Verlassen Sie auf der Stelle mein Haus.“
 

„Nicht ohne wenigstens eine Ihrer beiden Geiseln.“
 

„Hatozaki, ich muss –“
 

„Halt du dich da raus, Taki!“, fuhr Hatozaki ihn scharf an.
 

Scheiße! Da war ja eine Wand einsichtiger!

„Verdammt, ich kann nicht!“
 

„Genau. Weil er jetzt nämlich zu mir rüber kommen wird“, befand Seiji unvermittelt, woraufhin Hatozaki resigniert etwas vor sich hinmurmelte. „Los, Taki, komm her. Oder ich erschieße Go.“
 

Das würde er nicht tun. Weil er dann riskieren würde, dass die Polizei sofort darauf ihn erschoss.

Zumindest vermutete das Taki, aber wer wusste schon, was sich in Seijis verworrenen Gedankengängen abspielte. Wenn er hier sitzen blieb, würde Hatozaki unter Garantie seine Freilassung verhandeln, ohne vorher Go gerettet zu haben. Wahrscheinlich würde er ihn hier einfach rauszerren, weil Seiji ihn von seinem jetzigen Stand aus gar nicht treffen konnte. Und dann war alles zu spät.

Aber … wenn er zu Seiji hinüberging und schnell war, vielleicht konnte er dann Go aus der Schusslinie bringen und Hatozaki somit die Sekunde verschaffen, die er brauchte, um Seiji zu erschießen. Er musste es auf einen Versuch ankommen lassen. Hatozaki war ein guter Polizist. Er würde mit Sicherheit nicht daneben schießen.
 

„Taki! Was zur Hölle tust du da?! Bleib in Deckung!“, brüllte Hatozaki ihn an, sobald er sich hinter dem Tisch aufgerichtet hatte.
 

Langsamen Schrittes ging er um den Tisch herum auf Seiji zu, dessen Mundwinkel ein siegessicheres Schmunzeln umspielte, das jedoch nicht die kalten Augen erreichte. Die blickten nach wie vor wachsam drein.

Hinter sich hörte er Hatozaki fluchen und ihm Befehle zufauchen, aber er ignorierte sie komplett und konzentrierte sich stattdessen auf Seiji. Wenn er einfach lossprang und Go mit sich umriss, würde Seiji dann noch genug Zeit haben, zu schießen, ehe Hatozaki es tat?

Auch das würde er auf einen Versuch ankommen lassen müssen.
 

Sein Mund schien mit jedem Schritt, den er machte, trockener zu werden. Sein Herzschlag hämmerte in seinen Ohren und die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer, als er beständig einen Fuß vor den anderen setzte. Und noch einen. Und noch einen … War er jetzt nah genug, um zu springen? Noch ein Schritt. Gleich könnte Seiji nach ihm greifen. Ein weiterer Schritt. Seiji wandte seinen Blick nicht von ihm ab. Jetzt … gleich … müsste er springen, ein Schritt noch, dann –
 

Taki stieß sich vom Boden ab und in derselben Sekunde schien die Schießerei loszugehen. Ein ohrenbetäubender Lärm brach um ihn herum los, als Kugel um Kugel abgefeuert wurde. Holz splitterte, irgendwo klirrte was oder fiel um, als tödliche Geschosse ihr Ziel verfehlten.

Taki nahm es kaum war, schlang die Arme um Go und riss ihn im Fall mit sich zu Boden, schützte ihn mit seinem eigenen Körper, als ein gleißender Schmerz durch seine Brust fuhr. Für eine Sekunde ächzte er gequält auf, schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, aber er durfte jetzt verdammt noch mal nicht das Bewusstsein verlieren!
 

Hartnäckig blinzelte er den Nebel fort, und klammerte sich wie ein Ertrinkender an Go. Er sollte so etwas zu diesem Zeitpunkt nicht denken, weil es absolut fehl am Platz war, aber … es fühlte sich so gut an. Er hätte nicht gewusst, wie er weiterleben sollte, wenn er Go nie wieder hätte anfassen können.

Sein rationaler Verstand sagte ihm, dass sie sich in Deckung bringen mussten, dass sie hier ein viel zu offensichtliches Ziel abgaben. Aber Go war immer noch an den Stuhl gefesselt und somit nicht leicht ins nächste Schlupfloch zu bringen. Es musste auch so gehen.

Verdammt, warum war hier nur so viel Blut?
 

„Taki!“
 

Irgendjemand riss ihn an der Schulter zur Seite, schickte damit eine weitere Welle scharfen Schmerzes durch seinen Körper, aber er ließ sich nicht von Go wegzerren. Eine Kugel könnte ihn treffen. Außerdem konnte er, wenn er ihn so umklammerte, seine leichte Atmung spüren, seinen regelmäßigen Herzschlag. Er hatte noch nie ein schönes Geräusch gehört.
 

„Taki, bist du in Ordnung? Es ist vorbei, hörst du?“
 

Vorbei?

Takis Kopf ruckte nach oben. Tatsächlich. Der Lärm hatte aufgehört. Polizeibeamte rannten überall umher. Dort auf dem Boden lag Seiji auf dem Rücken. Mehrere Kugeln hatten ihn getroffen. Er war … tot.
 

„Ein Krankenwagen …“, murmelte Taki, während er sich zu Hatozaki umwandte und keinen weiteren Blick oder Gedanken an Seiji verschwendete. „Wir brauchen einen Krankenwagen“, rief er dann lauter und sah auf Go hinab, der immer noch nicht bei Bewusstsein war. Aber sein Herz schlug … sein Herz schlug … „Wir brauchen sofort einen Krankenwagen!“
 

Er rutschte von Go runter und zerrte die Fesseln von seinem Körper, ohne zu genau auf seine zahlreichen Verletzungen zu achten. Scheiße, warum musste er eigentlich so zittern? Es war vorbei, hatte Hatozaki gesagt. Seiji war tot und konnte ihnen nichts mehr antun. Auch Go nicht.

Aber die Kälte kroch trotzdem unaufhaltsam seinen Körper entlang, machte seine Bewegungen abgehackt, als er Go eine blutverkrustete Haarsträhne aus der Stirn strich und in das blasse Gesicht sah. Er atmete. Und sein Herz schlug. Er war nicht tot. Im Gegensatz zu Seiji.
 

„Du schaffst das“, flüsterte er rau und wischte notdürftig etwas von dem vielen Blut von seinem Gesicht.
 

Am liebsten würde er mehr tun, irgendwas. Am liebsten würde er seinen Kopf wieder auf Gos Brust legen und dem regelmäßigen Herzschlag lauschen. Einfach nur so. Damit er wusste, dass Go lebte.

Seine Augen glitten über das so vertraute Gesicht hinweg, an dem Seiji sich nicht voll und ganz ausgelassen hatte. Er mochte dieses Gesicht. Liebte das Lachen. Die attraktiven Gesichtszüge. Diesen wundervollen Mund. Und die dunklen Augen, die ihn manchmal ansahen, als wenn … als ob … er der Einzige für ihn wäre.

Takis Blick wanderte ein Stückchen höher.

Die Platzwunde sah schlimm aus. Ob sie gefährlich war? Wo zum Henker blieb der verdammte Krankenwagen?!
 

„Du hast es gefälligst zu schaffen, weil ich mich gerade an dich gewöhnt habe, du Idiot, verstanden?“

Oh, verdammte Scheiße, musste er jetzt auch noch anfangen zu heulen, oder was?!
 

Mit zittriger Hand wischte er sich verstohlen über die Augen, als endlich die Sanitäter mit einer Trage und medizinischen Utensilien die Treppe in den Keller hinuntertrampelten. Taki hob einen Arm, zuckte zusammen, als erneut ein heißer Schmerz durch seine Brust rannte, und winkte den Sanitätern dann zu.
 

„Hier rüber! Schnell!“
 

Er wich zurück und war ein wenig wütend darüber, wie wackelig er auf den Beinen war. Er keuchte wie ein uralter Mann! Trotzdem erklärte er den Männern bemüht sachlich, dass Go aller Wahrscheinlichkeit nach gefoltert wurde, während er sich neben einem der Sanitäter die Stufen ins Erdgeschoss hoch kämpfte. Scheiße, hatte Seiji nicht gewusst, wie der Heizung funktionierte oder warum war es hier so kalt wie in der Antarktis?
 

Im Laufschritt hechteten die Sanitäter zum Krankenwagen hinüber. Gleichzeitig war einer von ihnen schon die ganze Zeit dabei, obligatorische Untersuchungen an Go vorzunehmen und im feinsten Fachkauderwelsch seinen Kollegen seine Ergebnisse mitzuteilen.

Taki verstand kein Wort.
 

Als die Trage in den Krankenwagen bugsiert wurde, schickte Taki sich an, hinter den zwei Sanitätern einzusteigen, als ihn ein dritter am Arm zurückhielt.

„Tut mir Leid, aber Sie können da nicht mitfahren. Oder gehören Sie zur Familie?“
 

„Partner“, keuchte Taki und pflückte mühsam die Finger des Sanitäters von seinem Arm. Der Griff schien stahlhart zu sein; das war ja wohl wirklich unnötig. „Wir sind … Partner.“
 

Der Sanitäter legte den Kopf schief und sah ihn mit schmalen Augen an. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen … ähm …?“
 

„Taki.“
 

Er wandte sich wieder dem Krankenwagen zu. Sie würden nicht ohne ihn hier wegfahren. Wenn Go aufwachte, wollte er bei ihm sein.

Zu seinem Erstaunen schien der Boden hier ganz schön uneben zu sein, weil er geradezu auf den Krankenwagen zufiel, als er sich umdrehte. Hier draußen war es noch kälter als im Haus und das Zittern hatte sich jetzt seines ganzen Körpers bemächtigt. Verdammt! Jetzt konnte er sich so langsam aber mal wieder beruhigen! Go war in guten Händen und in Sicherheit und Seiji war Geschichte.
 

Der Sanitäter stürzte ihm hinterher und packte ihn abermals, ehe er hinfallen konnte.

„Taki-san …“
 

„Nein, Sie werden … mich nicht … davon abhalten … Ich fahre … im Kranken…wagen“, brachte Taki abgehackt zustande und war für einen Augenblick – was er jedoch nie zugegeben hätte – wirklich froh über die Stütze, die der Sanitäter ihm bot. Die pochenden Kopfschmerzen waren zwar besser geworden, aber dafür legte sich der betörende Nebel wieder um sein Bewusstsein und ließ sein Gesichtsfeld unangenehm verschwimmen.
 

„Das glaube ich auch“, bestätigte der Sanitäter mit beunruhigtem Unterton, während er seine Hände über Taki hinweg fliegen ließ.
 

Was sollte das denn für eine billige Anmache sein …?

„Lassen … Sie das! Mein Partner …“

Taki brach ab. Das Sprechen strengte ihn aus irgendeinem Grund zu sehr an. Atmen konnte er auch schon mal besser. Mann, der sollte endlich die Hände von ihm nehmen und sich um Go –
 

„Scheiße! Er wurde angeschossen!“, brüllte der Sanitäter vor ihm seinen Kollegen im Krankenwagen zu, ehe er sich wieder an Taki wandte. „Sie wurden angeschossen, Taki-san. Schnell, kommen Sie.“
 

„Ange…schossen? Dann … tun Sie …“

Taki japste nach Luft, als eine eisige Kälte nach seinem Herzen griff und erbarmungslos zudrückte, indessen der Nebel um sein Bewusstsein wieder stärker wurde.
 

„Herzstillstand! Wir haben hier einen Herzstillstand!“
 

--
 

Danke schön fürs Lesen!
 

lg

- Ashling
 

(Ich mach's jetzt mal am Ende, weil ich schon am Anfang so viel gequasselt habe *drop*)
 

@Seranita: Vielen Dank erst mal für das riesige Lob *smile* Ich hätte die Folterszene, glaube ich, selbst nicht vernünftig beschreiben können, deswegen habe ich es - wie du sagst - zum Großteil der Phantasie des Lesers überlassen - also aus meinem Wunsch heraus, so was nicht schreiben zu müssen XD" Ich habe mir schon die Finger an den paar Absätzen abgebrochen .____.

Ahm, warum Taki so schnell darauf gekommen ist, dass Kei mit Seiji im Bunde ist, hatte ich eigentlich wegen dieses Sätzchen: "Aber miteinander schlafen dürft ihr beiden nicht", und dann noch irgendwas mit einem "furchtbaren Jemand" oder so gedacht. Da wusste Taki ja schon, von wem die Rede ist, und weil gerade Kei ihn warnt, muss er Seiji ja kennen. Okay, gut, das muss ja nun auch nicht unbedingt heißen, dass die zwei bei Gos Entführung miteinander unter der Decke stecken, aber diese Schlussfolgerung liegt doch ... ein wenig nahe ...? Nicht? O___O
 

Aahw, und ich möchte noch auf so viel mehr Kommentare antworten, damit sich hier niemand vernachlässigt fühlt, aber dafür könnnte ich ja schon fast ein zweites Kapitel nur für die Kommentare freischalten lassen XD"

Ich lese und liebe wirklich jeden einzelnen Kommentar abgöttisch!

act fourteen

Titel: Games

Teil: 14/?

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen.
 

Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Ich weiß! Sagt nichts! Es ist Monate her seit dem letzten Kapitel und es tut mir wirklich furchtbar Leid, dass ich euch schon wieder eine so unzumutbar lange Zeit habe warten lassen. Vor allen Dingen, wo wir uns doch mit Riesenschritten dem Ende nähern OO“ Das hier ist entweder der vorletzte oder der vorvorletzte Teil, das habe ich mir noch nicht so genau überlegt, aber lange bis zum schönen Ende dauert es nicht mehr ;)

Und ihr habt wieder so wahnsinnig tolle Reviews geschrieben, vielen, vielen Dank dafür! *euch alle mal knuddelt* Und so viel Lob *oGottoGottoGott* Danke schön!

Ich hoffe, ihr bleibt mir die ein, zwei letzten Kapitel noch treu, auch wenn die Wartezeiten jedes Mal wieder kleine Ewigkeiten sind *seufz*
 

@Seranita: *lol* Ach du je, da habe ich gar nicht drauf geachtet *drop* Nya, aber wenn er Kei einen Scheck hingeworfen hätte, wäre das ja auch irgendwie blöd gewesen, nicht? Aber stimmt schon, solche Millionensümmchen in die Hosentasche zu quetschen *ähem* Ich könnte mich jetzt über die Größe von Seijis Hosen auslassen, aber stattdessen gebe ich lieber mal zu: Da habe ich nicht nachgedacht ;)
 

Viel Spaß beim Lesen^^
 


 

act fourteen
 

Je weiter er sich der Oberfläche seines Bewusstseins näherte, desto stärker wurden die Schmerzen. Zuerst war es nur ein unangenehmer Druck, nicht viel lästiger, als würde ihn jemand mit hartem Griff festhalten. Dann jedoch fing das Pochen und Ziehen an. Jeder Atemzug, den er tat, schien seinen Körper auseinander zu reißen. Er hatte das Gefühl, sich überhaupt nicht bewegen zu können, aber selbst das einfache Liegen tat weh. Am liebsten wäre er einfach wieder in die tiefe und so verlockende Bewusstlosigkeit abgedriftet. Dorthin, wo die Schmerzen ihn nicht erreichen konnten.

Aber er wollte seinen Körper auch nicht so einfach diesem Scheißkerl Seiji Reiyamata überlassen. Er musste wieder aufwachen. Einfach die Augen öffnen. Ein winziger Lidschlag.

Noch nie hatte sich eine so simple Muskelbewegung so furchtbar anstrengend angefühlt.
 

„Go! Gott sei Dank, du bist wach!“
 

Ein verschwommener Schemen schob sich in sein schwammiges Gesichtsfeld. Im ersten Moment glaubte er an Reiyamata, aber die Stimme passte nicht. Der Umriss auch nicht. Aber warum zur Hölle fiel ihm nicht ein, wen er da vor sich hatte? Die Stimme konnte er auch nicht so wirklich einordnen. Wo war Reiyamata? Und warum saß er nicht mehr? War das eine neue Spielerei von diesem kranken Irren?

Was auch immer … Diese Position war weitaus bequemer und zusätzlich nicht so hart. Er könnte glatt wieder … einschlafen.
 

„Oh nein, jetzt werd’ nicht schon wieder ohnmächtig! Go. Go! Hörst du mich?“
 

Er zwang seine Augen wieder auf und konnte dieses Mal etwas mehr erkennen.

Er befand sich eindeutig nicht mehr in Reiyamatas kleinem Folterkeller. Dafür war hier alles zu weiß. Ein … Krankenhaus?
 

„Meine Güte, wie viele Schmerzmittel haben sie dir denn gegeben? Go? Go! Erkennst du mich?“
 

Ach ja. Da war ja noch diese Stimme. Dieses Gesicht. Mit den vertrauten Zügen. Und Brille.

„Ts…unega?“

Go war so erschrocken über seine krächzende Stimme, dass er darüber einen kleineren Hustenanfall bekam. Schleifstein auf Schmirgelpapier war der reinste Engelsgesang dagegen.
 

Tsunega sprang bei dem trockenen Husten sofort zum Nachtschrank hinüber und füllte dort aus einer bereitgestellten Karaffe stilles Wasser in ein Glas mit Strohhalm, den er Go zwischen die Lippen schob. Fast automatisch wollte Go eine Hand anheben, um das Glas selbst zu halten, aber sein Arm wog gefühlte tausend Tonnen, und so ließ er es bleiben und nuckelte stattdessen so an dem Strohhalm.
 

„Langsam. Nicht zu schnell“, mahnte Tsunega wie eine überfürsorgliche Glucke.
 

Go war mittlerweile wieder so weit beisammen, dass er ein kurzes Augenrollen zustande brachte. Je länger er wach war, desto mehr kehrten seine verloren geglaubten Lebensgeister in seinen Körper zurück, auch wenn die unglücklicherweise wiederum bewirkten, dass er sich seines schmerzenden Körpers überdeutlich bewusst wurde. Aber das war ihm im Moment egal. Es war gleichzeitig ein schönes Gefühl, weil es ihm mitteilte, dass er erstens noch lebte und dass er zweitens offensichtlich keine Gliedmaßen eingebüßt hatte. Auch wenn seine beiden Hände höllisch wehtaten. Ein kurzer Blick aus den Augenwinkeln heraus sagte ihm, dass sie beide dick einbandagiert waren. Eigentlich tat ihm alles höllisch weh. Aber augenscheinlich war alles noch an ihm dran. Go hoffte nur, dass er sich das jetzt nicht nur einbildete und er unter Phantomschmerzen litt.
 

„Danke“, murmelte Go, als Tsunega das Glas wieder wegstellte. Die – wenn auch nicht wirklich kühle – Flüssigkeit hatte seiner aufgerauten Stimme etwas von ihrem alten Klang zurückgegeben, auch wenn er sich immer noch entsetzlich schwach anhörte.
 

„Ah, gern gestehen.“ Tsunega rückte mit dem Besucherstuhl etwas dichter ans Kopfende des Bettes heran und sah mit einem unverkennbar sorgenvollen Blick in den Augen auf ihn herab. „Wie geht es dir, Go?“
 

Eine selten dämliche Frage in Anbetracht dessen, was er zweifellos durchgemacht hatte. Aber Tsunega war ja nicht anwesend gewesen, woher sollte er es also wissen? Wenn Go daran zurückdachte, was der Mistkerl ihm in diesem verdammten Keller alles angetan hatte, liefen ihm eiskalte Schauer den Rücken hinunter. Verursacht von den unglaublichen Schmerzen und dem begeisterten Ausdruck in Reiyamatas eisblauen Augen, wenn er Go mit irgendeiner seiner perversen Handlungen zum Schreien gebracht hatte.
 

Er wollte gar nicht weiter daran zurückdenken.
 

„Hm“, brummte Go, die grässlichen Erinnerungen etwas mühsam abschüttelnd, „als wäre ich gefoltert worden.“
 

Tsunega lächelte gequält. „Das kommt in etwa hin. Deine Verletzungen lesen sich wie das Drehbuch eines Horrorfilms.“
 

Und seine Erinnerungen waren dieser Horrorfilm. Er würde bestimmt einige Wochen brauchen, ehe er wieder ein Messer ohne Hintergedanken benutzen konnte. Oder eine Zange. Oder einen Nagel. Oder …
 

Go blendete die Bilder fieberhaft aus und fragte, um ganz sicher zu gehen, mit leicht bebender Stimme: „Hat er irgendwas … abgetrennt?“
 

Tsunega schmunzelte leicht. „Nein, alles noch dran, keine Sorge.“
 

„Wenigstens etwas“, murmelte Go erleichtert. Da kamen ihm die paar Schmerzen ja auch schon gleich ganz anders vor. Lieber ein paar waschechte Schmerzen, als halb so schlimme Phantomschmerzen.
 

„Oh, es dürfte dich freuen, zu hören, dass Reiyamata keinem Menschen mehr so etwas antun kann. Er ist tot.“
 

Überrascht hob Go die Augenbrauen an. Reiyamata … tot?

Nun. Im Prinzip eine erfreuliche Nachricht. Auch wenn Go damit das Recht verweigert worden war, diesem Arsch in einem stillen Kämmerlein sämtliche Knochen im Leib zu brechen. Aber wahrscheinlich war das sogar besser. Er wollte sich weder mit dem Kerl auf eine Stufe stellen, noch seinetwegen ein paar Jährchen wegen Totschlags im Affekt oder sonst was im Gefängnis versauern. Auch wenn Reiyamata es zweifellos verdient hatte, fand Go, dass man ihm etwas von dem zurückgab, was er offenbar so voller Genuss und sadistischer Freude austeilte.
 

Erst jetzt fiel ihm auf, dass er so gar keine rechte Erinnerung daran hatte, was eigentlich geschehen war. Natürlich – oder besser gesagt: unglücklicherweise – erinnerte er sich in ziemlich farbenfrohen Bildern an manche Dinge, die Reiyamata getan hatte, und auch daran, dass er mehrmals das Bewusstsein verloren hatte. Aber zwischen der letzten Ohnmacht und dem nächsten Aufwachen vor ein paar Minuten hier im wirklich sehr bequemen Krankhausbett musste noch einiges mehr geschehen sein, wenn Reiyamata jetzt tot war.
 

„Tatsächlich? Wie ist das passiert? Was ist überhaupt passiert?“

Wenn er raten müsste, würde er sagen, dass Taki sich eingemischt hatte. Er hatte sich bestimmt eingemischt, nachdem Go so blöd gewesen war, sich von Reiyamata schnappen zu lassen.
 

„Es wird dich überraschen“, eröffnete Tsunega ihm leicht lächelnd, „aber so, wie es aussieht, hast du deine Rettung Kei zu verdanken.“
 

„Bitte was?“ Go fiel aus allen Wolken. Kei? Dieser kleine Verräter? War er nicht der Grund dafür gewesen, weswegen er Reiyamata überhaupt erst in die Hände gefallen war?
 

„Ja, ich war selbst auch ganz überrascht, zumal er sich während eurer gemeinsamen Partnerschaft nie als sonderlich heldenhafte Person hervorgetan hat. Offenbar bedeutest du ihm doch noch mehr, als er selbst zugeben will.“
 

Unwillig verzog Go den Mund. So was wollte er über die kleine Ratte ganz bestimmt nicht hören. Er hatte ihn damals, als sie noch Partner waren, wegen eines Batzen Geldes verlassen, er hatte seine und Takis Partnerschaft völlig durcheinander gewirbelt, als er vor kurzem auf einen kleinen Besuch oder was auch immer vorbeigekommen war, und zu guter Letzt hatte er offenbar mit Reiyamata zusammengearbeitet und ihn in diesem Zusammenhang höchstwahrscheinlich an das Schwein verkauft.
 

„Das Einzige, was Kei irgendwas bedeutet, ist Geld“, raunzte Go angefressen, weil er nicht glauben wollte, dass er sich ausgerechnet von dem kleinen Verräter hatte retten lassen müssen. Wo zur Hölle war Taki gewesen? Wenn ihn schon jemand heldenhaft aus den Klauen Reiyamatas befreien musste, weil er selbst zu unfähig dafür gewesen war, dann gefälligst er. Und wo war Taki jetzt überhaupt?
 

„Nun ja, das mag sein, aber scheinbar fühlt er sich sehr zwischen dem Geld und dir hin- und hergerissen.“
 

„Pech für ihn.“ Konnte Tsunega diese kryptischen Hinweise nicht einfach bleiben lassen und sagen, was Sache war? „Und was hat Kei nun Heldenhaftes getan?“
 

„Er hat die Polizei, oder besser gesagt Hatozaki, auf die Spur von Soichiro Matsuda gebracht.“ Als Go ihn daraufhin nur verwirrt ansah, setzte Tsunega erklärend hinzu: „Das ist der Mann gewesen, in dessen Haus Reiyamata dich gebracht hat. Jetzt ist er tot, allerdings ist Reiyamata ziemlich unvorsichtig vorgegangen. Vielleicht hat aber auch Kei die entscheidenden DNA-Beweise, die uns letztendlich zu Reiyamata, geführt haben, dort verstreut. Wir würden ihn gerne befragen, aber offenbar ist Kei, nachdem er sich das Geld für den Deal mit dir hat auszahlen lassen, untergetaucht.“
 

Go schnaubte verächtlich. Typisch Kei. Kaum knisterten ein paar große Scheine in seiner Hand, verriet er erst alles und jeden, um sich dann klammheimlich aus dem Staub zu machen. Unglücklicherweise musste Go dem kleinen Mistkerl trotzdem irgendwo dankbar sein.
 

„Es läuft eine Fahndung nach ihm, weil sich die Polizei nicht sicher ist, ob er bei dem Mord nicht vielleicht doch mitgeholfen hat. Auf alle Fälle ist er Mitwisser und hat dabei geholfen, dich zu entführen.“ Tsunega lehnte sich etwas auf dem Stuhl zurück und fuhr dann fort: „Jedenfalls ist die Polizei so auf das Haus aufmerksam geworden. Es ist zu einer Schießerei gekommen, bei der Reiyamata tödlich getroffen wurde.“
 

„Aha“, machte Go, ein klitzekleines bisschen enttäuscht darüber, dass der Bastard eines nur so unspektakulären Todes gestorben war. Aber das war nun auch nicht mehr zu ändern.
 

Was Go viel mehr verwunderte, war, dass Tsunega, seit sie dieses Gespräch angefangen hatten, noch kein einziges Mal auf Taki zu sprechen gekommen war. Der würde ja wohl kaum immer noch in diesem Hotelzimmer hocken und darauf warten, dass Go zurückkehrte.

Eigentlich hätte er sogar erwartet, dass er hier anstatt Tsunega an seinem Bett saß und ein winziges bisschen Angst um ihn hatte. Immerhin wusste Taki doch, wozu Reiyamata in der Lage war. Wahrscheinlich becircte er gerade eine der Krankenschwestern, während er hier leidend herumlag. Tolle Aussichten. Jetzt war der ganze Scheiß vorbei, und es hatte sich scheinbar nichts zwischen ihnen geändert, obwohl Taki nun keine Angst mehr davor haben dürfte, dass ihm sein durchgeknallter Ex irgendetwas antat.

Verdammt, Taki musste schon einen wirklich, wirklich guten Grund haben, warum er hier nicht an seinem Bett saß und um sein Leben bangte, wie es sich für einen anständigen Partner gehörte!
 

„Und“, begann Go im etwas flapsigen Plauderton, um zu überspielen, dass es ihm sehr wohl etwas ausmachte, dass Taki nicht auf diesem Stuhl saß, „wo treibt sich Taki herum? Muss er sich von den furchtbaren Strapazen des Wartens ausruhen oder warum –“
 

Go brach mitten im Satz ab, als Tsunega plötzlich den Blick abwandte. Es war, als würde ein dunkler Schatten über sein Gesicht krauchen, der fast augenblicklich auf Go übersprang. Ihm wurde eiskalt. Eine entsetzliche Ahnung wollte sich schleichend in seinem Kopf breit machen, aber er weigerte sich strikt, sie auch nur minimal Gestalt annehmen zu lassen.

Natürlich hatte Taki nicht die ganze Zeit in diesem verdammten Hotelzimmer auf ihn gewartet.

Natürlich hatte er ihn gesucht und natürlich war er irgendwie unweigerlich auf Reiyamata gekommen.

Aber wenn er jetzt nicht hier war …
 

„Tsunega?“, hakte Go unsicher nach. Seiner Stimme haftete ein wackliger, angstvoller Unterton an, für den er sich selbst hassen könnte.
 

Tsunega presste die Lippen zusammen und schob seine Brille auf seiner Nase zurecht. Go überkam dabei das ungute Gefühl des Zeitschindens. Und das war immer schlecht. Das Einzige, was eines Aufschubs bedurfte, waren schlechte Nachrichten.

„Ich hatte gehofft“, fing Tsunega zögernd an und richtete seinen Blick wieder auf Go; dieses Mal jedoch war es ihm unmöglich, auch nur die kleinste Gefühlsregung daraus zu lesen, „du würdest nicht fragen. Der Arzt hat gesagt, dass du Ruhe brauchst, und wenn –“
 

„Ruhe?!“, platzte es aus Go heraus und er wollte sich erbost im Bett aufrichten, kam aber nicht weit, weil sein ganzer Körper mit Pauken und Trompeten dagegen protestierte. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut ließ er sich zurück in die Kissen fallen, sah Tsunega aber trotzdem aus blitzenden Augen an. Er glaubte doch nicht ernsthaft, dass er jetzt noch irgendwie wieder ruhig werden konnte, ohne vorher zu wissen, was zum Teufel mit Taki los war! „Verdammt, sagen Sie schon!“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Was ist mit Taki?“
 

Er hatte wahnsinnige Angst vor der Antwort. Alles in ihm schien sich zusammenzukrampfen, während der paar schnellen Herzschläge, die Tsunega brauchte, um einmal tief aufzuseufzen und um zu überlegen, was er Go erzählen sollte.
 

„Offensichtlich ist er dich auf eigene Faust suchen gegangen. Wahrscheinlich zusammen mit Kei. Er ist mit in dem Keller gewesen, als die Schießerei losging. Er hat dich mit seinem eigenen Körper geschützt.“
 

Wenn Tsunega glaubte, dass dieses langsame, in einem ätzend schonenden Tonfall vorgetragene Erzählen von Details die richtige Art war, ihm zu sagen, dass Taki … Damit lag er jedenfalls verdammt noch mal falsch!
 

„Eine Kugel hat ihn getroffen …“
 

Gos Herz setzte aus. Gequält schloss er die Augen, wartete zittrig auf die simplen drei Worte, die ihm den Rest geben würden. Taki ist tot.
 

„… und er hat sehr viel Blut verloren.“
 

Abrupt riss Go die Augen wieder auf. „Er lebt?“, krächzte er mit einer Stimme, die er nicht wieder erkannte.
 

„Noch, ja“, entgegnete Tsunega leise, während seine Augen ruhig auf Go lagen. Dieses Mal war der Ausdruck in ihnen unmissverständlich. Er wollte keine falschen Hoffnungen wecken. „Sein Herz ist zweimal stehen geblieben. Momentan befindet er sich, wie die Ärzte sagen, in einer kritischen Phase. Es hängt ziemlich viel von der nächsten Nacht ab. Und natürlich davon, wann er wieder aufwacht.“
 

Im ersten Moment konnte Go nichts anderes tun, als Tsunega stumm anzustarren. In seinen Ohren rauschte es laut, weil sein Herz plötzlich viel schneller wieder angefangen hatte, seinen Rhythmus aufzunehmen. Sein Magen war ein einziger, ungesunder Knoten. Nur langsam wollten Tsunegas Worte bis in sein Bewusstsein vordringen, das sich immer noch an der Tatsache aufhängte, dass Taki lebte. Lebte!

War das nicht das Wichtigste? Warum war er dann nicht beruhigt?
 

Sie waren in einem Krankenhaus, richtig? Also gab es hier mit Sicherheit auch wenigstens einen Defibrilator. Sowie Blutkonserven. Fähige Ärzte, die irgendeine Kugel aus Taki herausoperieren konnten. Eine Kugel, die –
 

Sein Kopf ruckte hoch, was ihm sein Nacken mit einem kurzen, schmerzhaften Ziehen dankte, dem er jedoch keine weitere Beachtung schenkte.

„Er wurde verletzt, weil er mich geschützt hat?“
 

Tsunega schien etwas überrascht, dass Go ausgerechnet diesen Satz aufnahm, aber er bestätigte es mit einem Nicken und einem schlichten: „Ja.“
 

Go legte den Kopf in den Nacken und starrte die Decke an. „Dieser Idiot.“

Er hatte irgendwie Schwierigkeiten, die Worte über die Lippen zu bringen. Sein Hals war schon wieder so zugeschnürt, dass er gerade noch so ohne Probleme einigermaßen Luft bekam. Ein dumpfer, kaum zu lokalisierender Schmerz hatte sich leise pochend in seinem Körper eingenistet. Fast nicht der Rede wert neben den größeren Qualen und trotzdem nicht wegzudenken.
 

Was fiel diesem Kerl überhaupt ein, sich einfach so als lebendes Schild vor ihn zu werfen? Verdammt! Wenn er nur bei Bewusstsein gewesen wäre, hätte er das vielleicht noch irgendwie abwenden können. Wenn er nur ein bisschen mehr Stärke bewiesen hätte …

Aber darum ging es hier überhaupt nicht! Taki war offensichtlich lebensmüde gewesen, verdammt noch mal! Ist ihm denn nichts Besseres eingefallen, um ihn aus der Schusslinie zu bringen? Mit diesem dramatischen Auftritt hatte er es nur geschafft, sich in ein verdammtes Krankenbett zu bringen. Und es reichte doch wirklich, wenn einer von ihnen beiden flach lag.
 

Er drehte den Kopf und sah Tsunega wieder an. „Wo ist er?“
 

„Was? Taki? Auf der Intensivstation. Was …“

Tsunega unterbrach sich, als er sah, wie Go sich mühsam in eine aufrechte Sitzlage kämpfte und dabei vor Anstrengung und Schmerz die Zähne fest aufeinander biss. Kleine Schweißperlen glänzten auf der zu Furchen verzogenen Stirn.

„Go, was machst du denn da?“
 

„Ich stehe auf“, keuchte Go zurück, als er endlich im Bett saß. Die dick einbandagierten Hände störten ihn etwas dabei, die Decke von seinem Körper zu zerren, aber mit einiger Mühe schaffte er es schließlich doch. Kurz kramte er in seinem Gedächtnis nach Erinnerungen darüber, was Reiyamta mit seinen Händen angestellt hatte, obwohl er lieber so schnell wie möglich alles vergessen würde. Allerdings konnte er nicht leugnen, dass ihn die Verbände doch etwas nervös machten, ganz gleich was Tsunega dazu zu sagen hatte.

Sobald er jedoch ein bisschen grub, kamen die Eindrücke ziemlich heftig zu ihm zurück, so dass er selbst jetzt noch allein bei dem Gedanken daran am liebsten zusammenzucken würde. Der Bastard hatte ihm wenigstens zwei Finger gebrochen, einen Fingernagel rausgerissen und –
 

„Wozu?“, unterbrach Tsunega glücklicherweise seine Gedankengänge. „Der Arzt hat gesagt, dass du Ruhe brauchst.“
 

„Ich habe solange keine Ruhe, wie ich nicht weiß, wie es Taki geht.“
 

Tsunega seufzte. „Das habe ich dir doch gerade gesagt.“
 

„Sein Zustand kann sich schon geändert haben“, blieb Go störrisch und ächzte im nächsten Moment nach Luft, als er versuchte, seine tonnenschweren Beine aus dem Bett zu schwingen. Scheiße, seine Füße waren auch einbandagiert. Er mochte sich gar nicht daran zurückerinnern, was Reiyamata dazu wieder eingefallen war.

Trotzdem tat er es.

Er hörte das Schnappen des Feuerzeugs, als wäre das Ding direkt neben seinem Ohr, sah die viel zu grelle Flamme und spürte die immer stärker zunehmende Hitze …
 

„Dann bleib liegen und ich werde nachsehen.“
 

„Nein“, japste Go und schüttelte den Kopf, um die verdammten Bilder da rauszubekommen. „Er hat sich vor mich geworfen, also werde ich auch nachsehen.“ Wenigstens das war er Taki schuldig, wenn er schon sonst zu nichts beigetragen hatte.
 

„Du kannst ja kaum aufrecht sitzen.“
 

„Ich will ja auch nicht sitzen, sondern aufstehen. Helfen Sie mir mal.“
 

In einer unendlich anstrengenden Geste hielt Go Tsunega einen Arm hin, während er sich an den Rand des Bettes vorschob. Etwas skeptisch musterte er seine Füße und fragte sich flüchtig, ob sie ihn überhaupt tragen würden. Aber das war eigentlich auch nebensächlich, weil sie es mussten. Wenn Taki nur zwei, drei Räume oder Stockwerke weiter den Löffel abgab, während er hier überflüssig wimmernd ans Bett gefesselt war, würde er sich das nie verzeihen. Und Taki auch nicht. Der Volltrottel würde sich von ihm wenigstens eine anständige Standpauke für sein völlig hirnloses Verhalten anhören müssen und er würde damit garantiert nicht warten, bis sie sich beide auf irgendeiner Wolke sitzend im Himmel wieder sahen. Oder sonst wo.
 

„Go“, wandte Tsunega in einem Tonfall ein, der eindeutig an Gos Vernunft appellierte, „ich halte das für keine gute Idee.“ Trotzdem griff er gleichzeitig nach Gos Arm und stütze ihn etwas. Es war ja kaum mit anzusehen, wie er sich bei jeder noch so kleinen Bewegung abmühte.
 

„Zur Kenntnis genommen“, entgegnete Go etwas atemlos. Vielleicht wäre es besser, wenn er für die nächsten zehn Minuten erst einmal die Klappe hielt. Oder zumindest so lange, bis er wieder einigermaßen bei Puste war. Verdammt, es fühlte sich an, als hätte er am ganzen Körper und in jeder noch so winzigen Sehne Muskelkater. Schlimmer eigentlich noch. Er konnte dieses Gefühl überhaupt nicht beschrieben. Er wusste nur, dass er es hasste. Im Moment ganz besonders, weil es ihn davon abhielt, zu Taki zu kommen.
 

Aber er wollte ja nicht mehr wimmern. Taki hatte sich bestimmt auch nicht stundenlang den Kopf darüber zerbrochen, ob und wie er Go helfen sollte, sondern hatte es einfach getan. Impulsiv.
 

Mit Hilfe von Tsunegas helfender Hand stellte Go sich mit all seiner zusammengekratzten Willenskraft hin.

Ein scharfer Schmerz schoss augenblicklich durch seine Füße, der Go fast wieder zurück in den grässlichen Keller katapultiert hätte. Seine Knie zitterten erbärmlich, seine Beine hatten gerade mal annähernd die Konsistenz von Wackelpudding und dann knickten sie ihm auch noch einfach unter seinem Körper weg wie dünne Zweige, die jemand mutwillig durchbrach.

Dass er nicht wie ein lebloser Sack Kartoffeln auf dem Boden aufschlug, hatte er einzig und allein Tsunegas schnellen Reflexen zu verdanken.
 

Schwer landete er in den Armen des älteren Mannes, der bei dem plötzlichen, zusätzlichen Gewicht, das er halten musste, leicht zu schnaufen anfing. Aber er hielt Go fest und setzte ihn wieder auf dem Bett ab, verkniff sich allerdings jeglichen belehrenden Kommentar, als Go auf einmal wild zu fluchen anfing. Eine einbandagierte Hand wollte sich in das dichte, schwarze Haar krallen, was aufgrund des Verbandes jedoch nicht möglich war. Stattdessen presste Go die Handfläche nur in einer regelrecht verzweifelten Geste auf seinen Kopf, während der gequälte Gesichtsausdruck eine Mitleid erregende Mischung aus Wut, Verzweiflung und – was Tsunega am meisten schockte, weil es ihn Go fast nicht wieder erkennen ließ – absoluter Hilflosigkeit widerspiegelte.
 

„Go.“ Tsunega fing an zu sprechen, ohne dass er wusste, wie er den Satz fortführen sollte. Natürlich wusste er um die Zuneigung der beiden zueinander, aber er hatte offensichtlich nicht mitbekommen, wie stark diese inzwischen gewachsen war. „Wenn du willst, sehe ich nach Taki.“
 

Go hob den Kopf an. „Nein“, fauchte er ungehalten und viel zu heftig. „Ich sehe nach ihm.“ Er schloss kurz die Augen und holte ein paar Mal tief Luft, als wollte er versuchen, seinen den aufbrausenden Gefühlen zum Opfer gefallenen Verstand wieder zu finden. Dann sah er Tsunega wieder an und meinte mit erstaunlich klarer Stimme: „Würden Sie mir einen Rollstuhl besorgen? Bitte?“
 

„Ich … ich kann es ja mal versuchen“, lenkte Tsunega ein. Er war immer noch dagegen, dass Go schon jetzt einen Blick auf Taki warf. Ihn hatte sein Anblick schon ziemlich erschüttert, als er ihn vor etwa einer Stunde kurz hatte sehen dürfen. Er wollte nicht riskieren, dass Go auf das Krankenhauspersonal losging oder sonst etwas Unvernünftiges tat.

„Wenn du mir versprichst, dass du keinen zweiten Versuch, aufzustehen, unternimmst.“
 

Go ging nicht auf das leichte Lächeln Tsunegas ein, sondern nickte nur. Mit Blicken verfolgte er, wie sein Chef das Zimmer verließ, ehe sich irgendetwas Verknotetes in ihm zu lösen schien. Ein Laut irgendwo zwischen einem unterdrückten Aufseufzen und einem Schluchzen kroch über seine Lippen, obwohl er sie so fest aufeinander presste. Seine Augen brannten verräterisch, also kniff er sie fest zusammen. Er konnte doch jetzt, verdammt noch mal, nicht losheulen wie ein allein gelassenes Baby. Dazu gab es überhaupt keinen Anlass!

Wieder hob er eine einbandagierte Hand an seinen Kopf und klopfte damit leicht gegen seine Stirn, als wollte er diese Tatsache dort mit Gewalt hineinprügeln, weil sein Verstand offensichtlich etwas langsam im Denken war.

Er und Taki lebten, Seiji nicht. Sie waren gerettet. Er sollte sich freuen, jubeln und glücklich sein!

Warum zur Hölle war er es nicht?
 

Fünfzehn Minuten später wusste er es.

Im ersten schrecklichen Augenblick glaubte er, Tsunega habe ihn eiskalt angelogen. Ihm nur irgendetwas erzählt, damit er nicht sofort wieder in eine so tiefe Ohnmacht fiel, aus der er freiwillig nie wieder erwachen würde.
 

Taki sah aus wie eine Leiche.
 

Er war so blass, dass er vor der weißen Bettwäsche praktisch nicht zu erkennen war. Um ihn herum summten, brummten und piepten irgendwelche Geräte, von denen wenigstens die Hälfte mittels hässlicher Schläuche mit Taki verbunden war. Seine Brust hob und senkte sich kaum und das auch nur in einem sehr trägen Rhythmus. Als wäre sein ganzer Stoffwechsel heruntergefahren worden. Als würde er Winterschlaf halten. Als müsste er sich erst noch überlegen, wieder aufzuwachen oder nicht.
 

„Taki“, hörte Go sich selbst wie aus weiter Ferne sagen und griff in einer ganz unbedachten Geste nach Takis Hand auf der Matratze. Beinahe wäre er zusammengezuckt. Sie war eiskalt. Wenn da nicht diese winzige Atembewegung seiner Brust wäre … hätte er wirklich tot sein können.

Nur, weil er ihn unbedingt mit seinem Körper hatte schützen müssen.
 

Go konnte im Moment nicht einmal richtig wütend über diese Tatsache sein. Er konnte gerade gar nichts sein. Er sah Taki nur von seiner Position im Rollstuhl aus an und hatte das Gefühl, die Welt wäre stehen geblieben, und hätte dabei gleich seinen Herzschlag, sein Denken, seine Atmung und seine Gefühle mit angehalten.
 

Hinter sich vernahm er ein um Aufmerksamkeit heischendes Räuspern, das der Welt unvermittelt wieder einen kräftigen Schubs gab, so dass sie sich weiter drehte. Dass Go tatsächlich die Luft angehalten – oder zumindest nur minimal eingeatmet hatte –, wurde ihm erst bewusst, als er auf das Geräusch hin einen tiefen Atemzug tat.

Er hatte fast vergessen, dass er gar nicht allein hier bei Taki war. Tsunega und ein aufdringlicher Arzt, der sie nicht allein ins Zimmer hatte lassen wollen, standen in einigem Abstand hinter ihm.
 

„Tut mir Leid, aber Sie können hier nicht ewig bleiben. Der Patient braucht Ruhe.“
 

Ruhe?!

Noch mehr Ruhe, und Taki würde freiwillig den Löffel abgeben. Er war noch nicht tot, verdammt noch mal!

Außerdem – wo war hier Lärm? Der einzige, der hier Lärm machte, war der Arzt selbst, also sollte er einfach den Raum verlassen, sich irgendwelche anderen Patienten suchen, denen er auf die Nerven fallen konnte, und ihn und Taki in Ruhe lassen, wo er schon mal beim Stichwort war.
 

„Go?“

Musste sich jetzt auch noch Tsunega einmischen?
 

„Ich bleibe hier“, erklärte er stur, ohne dabei den Blick von Taki abzuwenden. Er hatte Angst, eine noch so kleine Regung in den schlaffen Gesichtszügen zu verpassen. Oder vielleicht, wenn sich seine Augen unter den Lidern bewegten … Er brauchte einfach ein größeres Lebenszeichen als dieses schwache Heben und Senken von Takis Brust.
 

„Ich fürchte, das wird nicht möglich sein“, meckerte der Arzt und wagte es sogar, sich neben ihn zu stellen.
 

„Warum nicht? Stellen Sie mir ein zweites Bett hier rein und fertig.“
 

„Das ist die Intensivstation“, musste der Typ weiter klugscheißen. „Da können wir nicht einfach ein Bett für einen gesunden Menschen dazu stellen. Außerdem ist Ihr Freund noch nicht bereit für so viel Hektik. Sie wollen doch, dass er wieder gesund wird, ja?“
 

Go sah gar nicht ein, warum er auf diese Frage antworten sollte.
 

„Go, vielleicht solltest du wirklich wieder in dein Zimmer gehen.“
 

„Nein.“
 

Der Arzt schnaubte missbilligend. „Da wird gar nicht drüber diskutiert.“
 

Unvermittelt packte er die Griffe von Gos Rollstuhl, zog ihn aber nicht mit einem Ruck vom Bett weg, wie Go im ersten Moment erwartet hatte. Aber wahrscheinlich hat sich der Typ im letzten Moment dann doch noch daran zurückerinnert, dass das nicht unbedingt förderlich sein könnte für seinen Patienten. Möglicherweise war er also doch ein richtiger Arzt, der wusste, was er tat.

Auch wenn Go das momentan überhaupt nicht einsehen wollte. Er wollte hier bleiben, verdammt!
 

„Lassen Sie Ihren Freund jetzt freiwillig los oder muss ich erst den Sicherheitsdienst kommen lassen?“
 

Ach, darum ging es. Er wollte sich nur nicht selbst die Hände schmutzig machen.

Wie egal Go in diesem Moment der Sicherheitsdienst war. Taki musste doch irgendwie wissen, dass er nicht alleine war. Er musste doch hier bleiben, um ihm einen Ansporn zu geben, aus diesem grässlichen Zustand wieder aufzuwachen.

Sanft strich er mit dem Daumen über Takis kalten Handrücken.

Er musste einfach wieder aufwachen.
 

„Go.“ Tsunega trat neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. „Du kannst hier jetzt eh nichts tun. Sobald Taki wieder aufwacht, wird man dir Bescheid geben, okay?“ Er wandte sich an den Arzt. „Nicht wahr?“
 

„Natürlich. Aber wenn Sie mit Ihrem Rollstuhl hier bleiben, könnten Sie uns im Weg sein, falls –“
 

„Ich denke“, unterbrach Tsunega freundlich, aber bestimmt, „das hat er verstanden.“
 

Go presste die Lippen zusammen.

Falls … falls was?

Falls sein Herz erneut stehen blieb?

Falls sie ihn wieder reanimieren mussten?

Falls sie den Raum betreten mussten, um den Todeszeitpunkt zu verkünden?
 

„Wehe, du stirbst“, murmelte Go und lehnte sich etwas in seinem Rollstuhl vor. „Du kannst dich nicht erst vor mich schmeißen und dann sterben, verstanden? Dafür wirst du dich schön bei mir entschuldigen. Mehrere Male. Also … also wehe, du stirbst, Taki.“ Er zog Takis Hand an seine Lippen und drückte einen langen Kuss auf den Handrücken, ehe er die Augen schloss und sein Herz dazu zu überreden versuchte, Takis Hand loszulassen.
 

In seinem Inneren wusste er, dass er es tun musste. Dass es auch nichts Schlimmes bedeutete. Dass Taki ihm deswegen nicht böse sein würde.

Trotzdem kam er sich wie ein Verräter vor, als er den läppischen Worten irgendeines dämlichen Arztes folgte, und Takis Hand losließ.
 

--
 

Zwei Tage lungerte er jetzt schon nichtsnutzig in dem Krankenhaus herum, ohne dass Taki in der Zwischenzeit einmal aufgewacht wäre. Sein Zustand hatte sich jedoch im Gegensatz zu vorher ein wenig gebessert, auch wenn die Sorge der Ärzte jetzt darauf gerichtet war, wann er wohl endlich wieder aufwachen würde.
 

Go hatte es ein weiteres Mal probiert, sich zu Takis aufs Zimmer verlegen zu lassen, war aber wieder abgewiesen worden. Dabei war er mittlerweile eh die meiste Zeit über in seinem Zimmer anwesend und drehte nur zu Alibizwecken einmal seine Runde über den Krankenhausflur, wenn ihn irgendeine keifende Schwester oder ein nörgelnder Arzt aus seinem Zimmer trieb, weil der Patient ja Ruhe bräuchte.

War eigentlich noch keinem von denen aufgegangen, dass Taki vielleicht schneller aufwachen würde, wenn nicht ständig um ihn herum eine Friedhofsatmosphäre herrschen würde?
 

Ihm selbst ging es mittlerweile ebenfalls wieder besser. Natürlich hatte er bei vielen Bewegungen noch Schmerzen, mal stärkere, mal schwächere. Seine Hände waren immer noch einbandagiert, seine Füße auch und alles in allem sah er immer noch reichlich zugerichtet aus, aber wenigstens war er zur Fortbewegung nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen, sondern nur noch auf Krücken. Das war zwar noch immer nicht nach seinem Geschmack, aber auf jeden Fall eine Verbesserung. Auch wenn er damit sicherlich noch keinen längeren Spaziergang um die Stadt bewerkstelligen könnte. Aber für die Alibirunden im Flur und den Weg von seinem zu Takis Zimmer und zurück reichte es allemal.
 

Und natürlich, um vor Kanji zu flüchten.

Der war nämlich gestern zusammen mit Tsunega im Krankenhaus aufgetaucht, mit der grandiosen Idee, Go die langweiligen Stunden des Nichtstuns mit ein paar verkorksten Zaubertricks zu versüßen.
 

„Na ja, und da du im Moment ja eh nichts zu tun hast, kannst du mir auch gleich verraten, wie ich besser werden kann!“, hatte Kanji fröhlich gebrüllt und zeitgleich ein Kartenspiel aus seiner Tasche zu Tage gefördert, um mit leichten Taschenspielertricks anzufangen. Da er aber selbst die nur auf grottige Art und Weise bewerkstelligen würde und Go absolut keine Lust darauf gehabt hatte, sich stundenlang mit Kanji zum Üben hinzusetzen, hatte er sich eilig seine Krücken geschnappt und war Tsunega hinterher gehechtet, der in weiser Voraussicht schon mal das Zimmer verlassen hatte und als Entschuldigung nach Taki sehen wollte.
 

Besuch hatte er außerdem auch noch von Hatozaki-san bekommen. Heute, um genau zu sein. Besser noch: vor einer Viertelstunde. Der Polizist hatte sich nach seinem und Takis Befinden erkundigt und ein paar weitere Lücken in seinem Gedächtnis geschlossen, was sich denn nun genau kurz vor Reiyamatas Tod zugetragen hatte.

Trotzdem hätte er die Zeit gerne um eine gute Stunde zurückdrehen mögen, weil nämlich eine der weniger gescheiten Krankenschwestern Hatozakis Besuch offensichtlich als Grund angesehen hatte, ihm nicht sofort mitzuteilen, dass Taki währenddessen für ein paar Minuten aufgewacht war.
 

Natürlich war Go auf diese verspätete Nachricht hin sofort in Takis Zimmer gestürmt, aber zu dem Zeitpunkt war Taki schon wieder seit wenigstens zwanzig Minuten bewusstlos gewesen.

Drecksschwestern. Er hatte doch gewusst, er hätte hier bleiben sollen.
 

Go strich abwesend über Takis Arm, während er ihm beschwörend ins Gesicht sah.

Hättest ruhig noch ein paar Minuten länger wach bleiben können, verdammte Scheiße. Wenn du mich nicht sehen willst, dann sag es mir gefälligst und spiel nicht ständig den Bewusstlosen!
 

„Ich hätte wissen müssen, dass ich Sie hier finde.“

Sein Lieblingsarzt betrat den Raum und warf ein paar routinierte Blicke auf die ganzen Gerätschaften neben und hinter dem Bett. Zufrieden nickte er.

„Es ist ein gutes Zeichen, dass er kurz wach geworden ist. Seine Werte sind auch alle einigermaßen stabil. Scheint, als wäre er endgültig über den Berg.“
 

Go schnaubte. „Warum schläft er jetzt schon wieder?“
 

„Weil er angeschossen worden ist und viel Blut verloren hat“, belehrte ihn der Arzt, als würde er mit einem Kleinkind sprechen. Außerdem waren das keine neuen Informationen für ihn. Das hatte er alles schon gewusst.
 

„Wann wacht er wieder auf?“
 

„Wann er will.“
 

Go gab ein unzufriedenes Grollen von sich und sah den Arzt missbilligend an, der sich daraufhin sogar erdreistete, sachte zu lächeln.
 

„Entschuldigung, aber darauf kann ich Ihnen wirklich keine Antwort geben. Fakt ist, er wird wieder aufwachen. Das sollte Sie doch eigentlich beruhigen?“
 

Natürlich tat es das, was für eine Frage! Aber er fand einfach, dass Takis Schönheitsschlaf schon viel zu lange andauerte. Er vermisste ihn. So simpel, so einfach. Es reichte nicht, nur zu wissen, dass er am Leben war und bald wieder aufwachen würde. Er wollte endlich wieder etwas von ihm haben. Ein Gespräch. Ein Blick. Eine Berührung. Egal was, nur irgendwas.
 

--
 

Als Go spätabends wieder in seinem Zimmer in seinem Bett lag, starrte er putzmunter hoch zur weißen Krankenhausdecke und überlegte, wie er zu etwas Schlaf kommen sollte. Selbst wenn die Tage im Krankenhaus schon recht früh begannen, hatte er keine Lust dazu, mehrere Stunden wach hier herumzuliegen. Er hatte in letzter Zeit ohnehin nicht sonderlich viel oder gut geschlafen und jetzt, wo er wusste, dass Taki auf dem Genesungsweg war, müsste er die Gelegenheit eigentlich beim Schopf packen und endlich ein bisschen Schlaf nachholen.
 

Leichter gesagt, als getan.
 

Ob er aufstehen und sich zu Taki ins Zimmer schleichen sollte? Vielleicht konnte er besser schlafen, wenn er auf einem Stuhl neben Takis Bett saß. Oder gleich mit in dem Bett. Würde zwar etwas unbequem werden, dafür aber auch sehr kuschelig.

Wenn er nicht genau wüsste, dass die Krankenschwestern ihm dann wieder mit Schlafmittel drohen würden, könnte er sich sogar glatt dazu verleitet fühlen. Allerdings wollte er nicht schon wieder so zugedröhnt sein, wie nach seiner ersten Nacht hier. Da hatte er auch nicht schlafen können, teilweise auch, weil jede Bewegung, die er im Bett gemacht hatte – selbst das Atmen – kleine Schmerzwellen durch seinen Körper geschickt hatte.

Die Idee, ein Schlafmittel zu nehmen, war ihm da ganz vernünftig erschienen.

Jetzt würde er sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Das Mittelchen hatte ihn fast aus der Welt geschossen.
 

Unvermittelt hörte er, wie die Tür leise und vorsichtig geöffnet wurde. Meine Güte, hatte er die Zeiten nicht hinter sich, wo man noch mitten in der Nacht nach ihm gesehen hatte? Ihm ging es doch wieder gut, verdammt!

Aus diesem Grund bewegte er sich auch nicht. Nachher wollte ihm eine übereifrige Schwester doch noch ein Schlafmittel verpassen. Er schloss sogar die Augen und bemühte sich um eine ruhige, regelmäßige Atmung, um seinen nächtlichen Besucher schnellstmöglich von seinem gesunden Schlaf zu überzeugen und dann wieder loszuwerden.
 

Die Tür wurde auch wieder recht schnell geschlossen – zu seiner Überraschung jedoch war die Person eingetreten.

Tapsende, etwas unsichere Schritte näherten sich seinem Bett und er konnte eine etwas angestrengte Atmung vernehmen. Außerdem rollte zusätzlich irgendetwas leise quietschend über den Boden.
 

Okay, irgendwelche Ärzte und Schwestern konnte er also schon mal ausschließen. Ein Schlafwandler? Jemand, der sich im Raum geirrt hatte? Jemand, der ihn … im Schlaf abstechen wollte?
 

Unvermittelt riss Go die Augen auf, den gesamten Körper trotz Schmerzen bis zum Zerreißen angespannt, um sich im Notfall hastig vom Bett rollen zu können. Sein Herzschlag hämmerte wild in seiner Brust, und hörte dann so abrupt auf, dass Go erschrocken nach Luft japste.
 

„Taki!“
 

Ohne weiter zu überlegen, sprang er aus dem Bett heraus, kam schmerzhaft auf seinen verwundeten Füßen auf, kümmerte sich aber nicht darum und sprintete den letzten Meter zu der schwer atmenden Person mitten im Raum hinüber. Ein Rollständer mit Infusionsbeutel – das hatte eben also so gequietscht – stand neben ihm und die Infusionsnadel steckte in seinem linken Handrücken.
 

All das erfasste Go gerade noch so mit einem Blick, ehe er vor Taki ankam und ihn ungestüm in seine Arme zog und ganz fest an sich drückte.

Oh Gott, wie hatte er das vermisst! Er konnte ihn fühlen, er konnte ihn wirklich mit jeder Faser seines Körpers fühlen! Taki lebte!
 

„Go! Scheiße, Go!“, ächzte Taki mit krächzender Stimme. „Nicht so fest. Au.“
 

Go zuckte zurück. „Oh, verdammt. Entschuldige. Aber …“ Er konnte nicht anders und musste seinen Partner noch einmal umarmen, auch wenn er dieses Mal etwas vorsichtiger war. Er vergrub sein Gesicht in Takis Haar und sog seinen Geruch ganz tief in sich ein. Es war ihm völlig egal, dass er mehr Krankenhausaroma wahrnahm als alles andere, aber nichtsdestotrotz war darunter Takis eigener Geruch. Und er war so herrlich!

„Du hast mir so gefehlt“, murmelte er rau und musste sich regelrecht dazu zwingen, die Umarmung nicht zu verstärken.
 

„Du mir auch“, krächzte Taki, ehe er etwas kurzatmig fortfuhr: „Aber jetzt … muss ich … mich … hinsetzen …“
 

„Natürlich.“
 

Mit Mühe und Not löste Go sich von Taki und stützte ihn schnell so gut es ging zu seinem Bett hinüber. Wenn er ihm jetzt zusammenklappte, wäre es für Go schwierig, ihn mit seinen einbadagierten Händen vernünftig aufzufangen. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen.
 

Schwer atmend ließ Taki sich auf die Matratze sinken und wäre fast nach hinten weggeklappt, wenn Go nicht schnell einen Arm um ihn geschlungen hätte. Stattdessen fiel Taki zur Seite, so dass sein Kopf auf Gos Schulter zu liegen kam.

Verdammt, er fühlte sich, als hätte er eine Weltreise zu Fuß hinter sich! Dabei waren es gerade mal ein paar Flure und ein Stockwerk gewesen. Zum Glück hatte er dank der Schwester, die heute Nachmittag bei ihm gewesen war, als er kurz wach geworden war, gewusst, wo er lang musste. Eine lange Suche mit etlichen Umwegen hätte er nie und nimmer bewerkstelligt.
 

Go schlang auch noch seinen anderen Arm um Taki und legte seine Wange auf seinem Kopf ab. Eine Weile saßen sie einfach nur still da, genossen die Nähe des anderen, während sich Takis Atmung allmählich wieder etwas normalisierte.
 

Dann meinte Go: „Du Vollidiot solltest eigentlich im Bett liegen. Du bist angeschossen worden, da kannst du hier nicht durch das Krankenhaus turnen.“
 

„Und du solltest nicht so überhastet aus dem Bett springen.“ Taki zog an Gos rechtem Arm, bis er einen Blick auf die einbandagierte Hand werfen konnte. „Hat Seiji … hat er dir …“ Er brachte die Frage nicht über die Lippen, weil er Angst vor der Antwort hatte. Da war so viel Blut in diesem verfluchten Keller gewesen. Und Go bedeute seine Fingerfertigkeit so viel …
 

„Nein, er hat nichts abgetrennt, falls du das fragen wolltest“, antwortete Go leise.
 

Taki fiel ein Stein vom Herzen. Wenigstens etwas. Seiji hatte schon so viel Unheil angerichtet, dass er ihm auch noch zugetraut hatte, Gos wunderbare Finger abzuschneiden. Das hätte er sich selbst nie verzeihen können. Nur wegen ihm hatte dieses Monster Go so zugerichtet. Er würde nie wieder dieses Bild aus dem Kopf bekommen, wie Go blutüberströmt an diesen Holzstuhl gefesselt war.

„Es tut mir Leid.“
 

„Unsinn“, entgegnete Go harsch. „Ist doch nicht deine Schuld. Dir sollte es viel mehr Leid tun, dass du dich einfach vor mich geworfen hast. Du hättest dabei drauf gehen können, verdammte Scheiße.“
 

Taki gab einen belustigten Laut von sich und hob dann etwas den Kopf an, um Gos Blick begegnen zu können. „Hab’ ich gern gemacht.“
 

„Hmpf.“ Was war das denn für eine Antwort?! Da wusste er ja gar nichts drauf zu erwidern.
 

„Go?“
 

„Hm?“ Automatisch drehte er etwas den Kopf, um einen besseren Blick auf Taki zu haben, da hatte er plötzlich seine Lippen auf seinem Mund.
 

Im ersten Augenblick war Go so überrascht, dass er gar nicht reagieren konnte. Irgendwie passte das so gar nicht hierher und hatte ihn somit auch total überrollt.

Als Taki dann jedoch seine Lippen fordernder gegen seine bewegte, warf Go mit Freuden alle Gedanken über Bord und küsste Taki sanft zurück.

Ein wohliges, warmes Kribbeln breitete sich langsam über seinen ganzen Körper aus. Am liebsten hätte er seine Hände in Takis Nacken geschoben oder wenigstens streichelnd über dessen Rücken geschickt, aber mit den klobigen Verbänden um sie herum war das eine äußerst schwierige Angelegenheit.
 

Als sie den Kuss wieder lösten, flüsterte Taki unverhofft: „Ich liebe dich“, und brachte Go damit ein weiteres Mal binnen weniger Sekunden ziemlich ins Trudeln.
 

„Wow, die müssen dir ja wirklich starke Schmerzmittel oder weiß der Geier was gegeben haben.“ Dennoch konnte er nicht leugnen, dass sich diese simplen drei Worte absolut phantastisch aus Takis Mund angehört hatten.
 

Unvermittelt knuffte Taki ihn und sah ihn offen aus seinen rauchgrauen an. „Das meine ich ernst.“
 

„Du meinst das ernst?“, wiederholte Go stumpfsinnig. Irgendwie ergab diese Wortkombination überhaupt keinen Sinn.
 

„Ja. Habe ich doch gerade gesagt.“
 

„Einfach so?“

Er hatte wer weiß wie viel Zeit darauf verwandt, Taki davon zu überzeugen, dass er sich wirklich und aufrichtig in ihn verliebt hatte, und jetzt … jetzt sagte er es einfach?
 

„Quatsch.“
 

„Hä?“ Jetzt war Go völlig raus.
 

Taki rollte mit den Augen. „Das ist nicht von jetzt auf gleich gekommen. Aber … aber bevor wieder so was passiert wie mit Seiji … Ich dachte nur, du solltest es wissen.“

Bevor er nicht mehr die Gelegenheit dazu hatte, Go das mitzuteilen. Bevor es zu spät war. Er hatte dieses Mal schon befürchtet, dass es zu spät gewesen war. Nur weil er zu stur, feige oder was auch immer war, so einen lumpigen Satz zu sagen. Jetzt hatte er es wenigstens hinter sich und Go wusste, woran er war.
 

„Aha.“ Go legte die Stirn in Falten und langsam schien sein Verstand zu begreifen, dass Taki ihm soeben wirklich seine Liebe gestanden hatte.

Zumindest mehr oder weniger.

Wie viele verschiedene Bedeutungen hatte dieses dumme Wort schließlich?

„Also … du liebst mich“, vergewisserte er sich noch mal, woraufhin Taki ihm einen leicht angesäuerten Blick zuwarf. „Ich frag’ ja nur.“ Er presste die Lippen zusammen, überlegte einen Moment und fuhr dann fort: „So richtig?“
 

„Nein, nur halb richtig. Bist du zugedröhnt?“
 

„Nein, nur überrumpelt.“
 

„Aha“, brummte nun Taki und machte Anstalten, aufzustehen. „Wenn das so ist, gehe ich mal wieder in mein Zimmer.“

Er wusste ja nicht so genau, was er sich erhofft oder erwartet hatte, aber das hier ganz bestimmt nicht. Er war … ja, er war ein klitzekleines bisschen beleidigt.
 

„Von wegen.“ Go packte ihn am Arm und zog ihn zurück aufs Bett. „Du wurdest angeschossen, glaubst du, da lasse ich dich schon wieder quer durchs ganze Krankenhaus rennen? Du schläfst hier.“
 

Taki hob die Augenbrauen an. „Hier?“, wollte er skeptisch wissen und bedachte das einzige Bett im Raum, auf dem er und Go gerade saßen, mit einem bedeutsamen Blick.

Na hervorragend. Da hatte er sich wohl doch zu weit aus dem Fenster gelehnt mit seiner Liebesbekundung. Go interpretierte da gleich schon wieder zu viel rein.
 

„Na klar“, grinste Go. „Du hast gesagt, du liebst mich, also wird es ja wohl kein Problem sein, im selben Bett zu schlafen, hm?“
 

„Ich bin verletzt“, merkte Taki an.
 

„Ich weiß.“
 

„Und du bist auch verletzt.“
 

„Richtig.“
 

„Das heißt, du lässt deine Finger bei dir.“
 

Go starrte Taki geschlagene zehn Sekunden aus großen Augen an, und brach dann unabsichtlich in belustigtes Gelächter aus. Mal ganz davon abgesehen, dass seine Finger gerade dick einbandagiert waren – glaubte er ernsthaft, das war momentan das einzige, woran er dachte?
 

„Was ist so komisch?“, wollte Taki grimmig wissen, als Go ihm seine gut verpackten Hände unter die Nase hielt. „Oh.“
 

„Es war noch nie so sicher wie jetzt, mit mir zusammen in einem Bett zu liegen, klar?“
 

„Witzig.“
 

Go konnte nicht anders, lehnte sich leicht vor und küsste Taki noch einmal sachte. Fast rechnete er mit dem gewöhnlichen Widerstand oder wenigstens einem Zusammenzucken, aber zu seiner Überraschung ging Taki sofort auf den Kuss ein.

Vielleicht hatte er es ja wirklich ernst gemeint.
 

--
 

Danke schön fürs Lesen!
 

lg

- Ashling

act fifteen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

act fifteen - ohne adult

Titel: Games

Teil: 15/15

Autor: Ashling

Fandom: Yellow

Pairing: Go x Taki
 

Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir

ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu

verdienen.
 

Warnungen: lime, drama, sap, etwas Humor und, jaaaaah, definitiv ein Lemon, auch wenn das hier die zensierte Version ist OO" Zumindest hoffe ich, dass das als zensiert gilt^^

Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^
 

Kommentar: Hey^^

Sagt nichts, ihr habt schon wieder ganz vergessen, dass es da noch diese FF hier

gibt .__________. Ich bin untröstlich, aber dafür habe ich die Story jetzt

auch endlich beendet^^ Keine langen Wartezeiten für euch mehr ;)

Wie immer bedanke ich mich allerdings artig für die vielen, lieben Kommentare

zum letzten Kapitel^^ Ich glaube, die werden mir fast ein bisschen fehlen

*möp*

Ganz besonders möchte ich mich bei abgemeldet bedanken,

der dieses Mal die Betaarbeit übernommen hat, weil ich euch speziell dieses

Kapitel nicht unkorrigiert präsentieren wollte. Danke schön! :)

Okay, jetzt höre ich auch schon auf, zu quasseln, und wünsche euch ein letztes

Mal viel Spaß beim Lesen^^
 


 

act fifteen - ohne adult
 

Nach ein paar weiteren Tagen war Go so weit, dass er wieder halbwegs normal umherlaufen konnte. Halbwegs normal deswegen, weil ihm vorsichtshalber ein Paar Krücken in die Hand gedrückt worden war. Sein linker Fuß hatte mehr abbekommen als der rechte und auch wenn letzterer bei Überbelastung ebenfalls wieder zu schmerzen anfing, tat ihm momentan nur noch der linke Fuß beim Auftreten weh. Was aber völlig okay war, solange er nicht mehr auf diesen Rollstuhl angewiesen war, in dem er sich zu Anfang hatte fortbewegen müssen. Da biss er doch lieber etwas die Zähne zusammen und nahm das dumpfe Pochen in Kauf.
 

Sowieso verbesserte sich sein körperlicher Zustand allmählich, auch wenn vier seiner Finger –drei rechts, einer links – immer noch einbandagiert waren.

Das Einzige, womit er wirklich noch zu kämpfen hatte, waren die schlaflosen Nächte. Bedingt durch grässliche Alpträume, die wahlweise ihn oder Taki oder sie beide beinhalteten, auf jeden Fall aber immer Reiyamata. Das Schlimmste an der Sache war, dass er nicht genau unterscheiden konnte, was wirklich geschehen war und was sich seine ekelhaft kreative Phantasie nur ausdachte. In dieser Hinsicht spielte ihm sein Gedächtnis immer noch einen Streich. An manches glaubte er, sich tatsächlich erinnern zu können, andere Dinge hielt er für ziemlich unmöglich, wurden aber unglücklicherweise von seinen Verletzungen unwiderruflich belegt. Sein behandelnder Arzt hatte ihm schon nahe gelegt, die ganze Angelegenheit, die sich da in diesem Keller abgespielt hatte, mittels eines Therapeuten in den Griff zu bekommen, aber momentan stand das für ihn außer Frage. Vielleicht wollte er einfach nicht wissen, was Reiyamata alles getan hatte, um ihn zu quälen. Warum dann also danach buddeln? Er würde sicherlich nicht besser schlafen, wenn er es wusste.
 

Taki erholte sich auch gut von seiner Schussverletzung – wenn auch wesentlich langsamer als ihm oder Go lieb war. Sobald die Ärzte Go guten Gewissens entlassen konnten, zogen sich die Tage, bis Taki auch endlich nach Hause konnte, hin wie Kaugummi. Und das, obwohl Go während der Zeit praktisch doch wieder im Krankenhaus wohnte, weil es ihm allein in der Wohnung schlichtweg zu langweilig war und es Taki in seinem Krankenzimmer auch nicht besser erging. Überhaupt fand Go, dass die Ärzte in diesem Krankenhaus absolut überempfindlich waren. Taki ging es wieder gut, er hätte ohne weiteres wieder nach Hause gehen können. Irgendein Quacksalber hatte allerdings immer irgendetwas auszusetzen.

Hier noch eine Untersuchung, da noch ein Test, möglicher Rückfall, eine Schussverletzung wäre nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, blabla.
 

Go kannte die Palette an Ausreden mittlerweile auswendig und anstatt weniger zu werden, wurden sie auf verrückte Weise immer mehr. Jedenfalls kam es ihm so vor, weil das natürlich völliger Blödsinn war.

Natürlich hätte Taki sich einfach auf eigene Faust entlassen lassen können. Immerhin war das hier trotz allem noch ein freies Land und wenn er sich nicht weiter behandeln lassen wollte, hätte er einfach seine spärlichen Sachen zusammenpacken und gehen können.

Dagegen hatte allerdings wiederum Tsunega etwas. Der schaute zwar nicht jeden Tag von morgens bis abends vorbei, ließ sich aber doch mehrmals in der Woche blicken und verbat Taki dabei jedes Mal regelrecht, sich frühzeitig entlassen zu lassen.
 

„Du willst doch wieder ganz gesund werden, oder nicht, Taki? Dann vertrau, verdammt noch mal, auf die Ärzte und hab’ ein wenig Geduld.“
 

„Er ist wieder ganz gesund“, beharrte Go nahezu jedes Mal starrsinnig, woraufhin er in ebenso schöner Regelmäßigkeit von Tsunega angeblafft wurde, wann und wo er denn bitte schön seinen Doktor gemacht hätte?
 

Als Go schon fast nicht mehr daran glauben wollte, ließen die Ärzte Taki irgendwann schließlich doch gehen. Mittlerweile konnte Go sogar wieder ohne Krücken laufen – beziehungsweise schnell humpeln – und einer seiner vier Finger war den Verband losgeworden.
 

Go schloss die Tür zu ihrem Appartement über dem Café Roost auf und war bereits seit der ersten Treppenstufe fieberhaft am Überlegen, wie er Kanji wieder loswerden konnte. Der hatte sich unten unerwartet und sehr aufdringlich angeboten, Takis Tasche hoch zu tragen, und quasselte seitdem ohne Punkt und Komma, so dass Go der ganze Wortwust mittlerweile nur noch als einziger Buchstabensalat erreichte.
 

„Mann, du kannst dir echt nicht vorstellen, was wir uns alle für Sorgen um dich gemacht haben, Taki! Ich meine – Himmel! – du hättest ruhig mal erwähnen können, dass dir da so ein irrer Psychopath nachläuft, der keine Skrupel hat, Leute umzubringen oder zu foltern“, plapperte Kanji ohne Sinn und Verstand und in einer Lautstärke, als müsste er ein Nebelhorn übertönen. „Der Chef hat mir ein bisschen was von Gos Verletzungen erzählt und – Mann! – mir ist schon vom Zuhören total schlecht geworden!“
 

Go rollte mit den Augen, zog Taki ins Appartement, nahm Kanji seelenruhig die Tasche aus der Hand – „… so lange nicht aufgewacht und wir haben alle schon gedacht, du würdest es nicht schaffen, allein weil …“ – und schlug der Quasselstrippe schlicht und ergreifend die Tür vor der Nase zu.
 

„Vielen Dank, Kanji! Aber Taki braucht jetzt etwas Ruhe!“, rief er etwas lauter durch die Tür, hinter der es recht abrupt mucksmäuschenstill geworden war. Aber das war ihm im Moment herzlich egal. Irgendjemand musste diesem Kerl doch mal annähernd so etwas wie Feingefühl beibringen.
 

„Das war aber nicht sehr freundlich“, bemerkte Taki skeptisch und verschränkte missbilligend die Arme vor der Brust.
 

„Ach komm“, winkte Go ab und warf die Tasche achtlos neben das Sofa, „du hättest dich doch noch bis zum Armageddon von ihm zutexten lassen. Und erzähl mir nicht, du brauchst keine Ruhe. Der Arzt hat gesagt, du brauchst sie.“
 

„Ich dachte, du weißt alles besser als die Ärzte?“, feixte Taki und ließ sich auf das Sofa nieder.
 

„Richtig“, nickte Go und setzte sich dazu. „Deswegen traue ich dir auch zu, ein bisschen was auszuhalten.“
 

Irritiert legte Taki die Stirn in Falten und wollte gerade nachhaken, was Go denn damit meinte, als dieser plötzlich ein Bein über ihn schwang und keinen Lidschlag später auf seinem Schoß saß. Noch ehe Taki überhaupt auf den Gedanken kam, zu protestieren, schob Go eine Hand in seinen Nacken und streichelte dort sanft mit den Fingern die Haut. Seine dunklen Augen lagen so intensiv auf ihm, dass Taki einen ganz trockenen Mund dabei bekam. Sein Herz begann, viel zu schnell in seiner Brust zu schlagen.
 

Er hatte nicht vergessen, dass er Go im Krankenhaus seine Liebe gestanden hatte. Auch wenn das inzwischen schon ein Weilchen her war und sie seitdem nicht dazu gekommen waren, irgendwelche größeren Zärtlichkeiten auszutauschen. Hin und wieder mal ein Kuss, zugegeben, aber die Krankenhausatmosphäre mit ständig nervenden Schwestern, Ärzten oder sonst wem hatte nicht unbedingt zu mehr eingeladen. Außerdem … na ja, war Taki irgendwie noch etwas … gehemmt gewesen.

Aber er hatte die Worte ernst gemeint. Er hatte schon immer alles ernst gemeint, was er diesbezüglich zu Go gesagt hatte, weil er sich seiner Gefühle unglücklicherweise schon viel zu früh klar gewesen war. Allerdings hatte Seiji ihn tatsächlich so sehr geprägt, dass er Go nicht an sich heranlassen wollte, um ihn vor Seiji zu schützen. Er hätte es sich nie verziehen, wenn Go seinetwegen so wie Kuzowan geendet wäre.
 

Und jetzt … jetzt war Seiji tot und er konnte tun und lassen, was und vor allen Dingen mit wem er wollte.

Hah, und genau darin lag das Problem.

Verdammte Scheiße, er mochte es ja fast nicht zugeben, aber … er war nervös.
 

„Hm.“
 

Go gab einen humorlosen Laut von sich und war im nächsten Moment wieder von Takis Schoß verschwunden. Freiwillig!

Verdutzt sah Taki zu ihm rüber. Normalerweise war er nicht mal vor irgendwelchen ausfahrbaren Nadeln zurückgeschreckt und jetzt … zog er sich freiwillig zurück? Seiji hatte ihm vielleicht keine Gliedmaßen entfernt, dafür aber offensichtlich ein Stück seines verdammten Gehirns!
 

„Ich wusste, dass du’s nicht ernst gemeint hast.“ Es klang beinahe ein bisschen triumphierend. Beinahe. Wenn die Enttäuschung nicht gewesen wäre.
 

„Was?“, wollte Taki vorsichtig wissen.
 

Go gab schon wieder diesen merkwürdigen Laut von sich, der mit viel Phantasie so etwas wie ein Lachen hätte sein können.

„Na, das, was du im Krankenhaus zu mir gesagt hast.“

Er lehnte sich im Sofa zurück und legte die an den Fußknöcheln überkreuzten Füße auf dem Wohnzimmertisch ab. Die Arme hob er verschränkt hinter den Kopf.
 

Vermutlich wollte er locker, gelassen und absolut nicht tangiert aussehen, schoss jedoch völlig am Ziel vorbei. Für Taki machte er eher den Eindruck, als versuchte er krampfhaft zu überspielen, wie hart ihn das traf.

Das … was für ein das überhaupt? Hatte Taki ihn vielleicht irgendwie zurückgewiesen? Gut, er hatte nicht sonderlich viel Kooperation gezeigt, aber er hatte einfach … nicht schnell genug geschaltet.
 

„Ich wusste, dass du das nur wegen der ganzen Medikamente gesagt hast. Aber irgendwie“ – ein verräterisches Seufzen kam über seine Lippen – „hat es sich wohl zu gut angehört.“
 

„Ich habe das nicht nur wegen der Medikamente gesagt.“
 

Jetzt lachte Go doch. Ein bisschen bitter allerdings.

„Ist schon gut, Taki. Ich komm’ damit klar.“
 

„Oh ja, das sieht man, du Volltrottel“, versetzte Taki ein wenig ärgerlich und schubste mit seinem Fuß Gos vom Wohnzimmertisch. „Vielleicht trägst du beim nächsten Mal einfach ein bisschen weniger dick auf und versuchst nicht, einen auf ganz besonders cool zu machen.“
 

Überrascht schaute Go zu Taki hinüber, der finster zurücksah, und nahm dann die Arme herunter. Vielleicht verhielt er sich wirklich ein bisschen zu albern. Oder aufgesetzt. Aber was sollte er denn machen? Er konnte nichts dafür, dass es ihn tatsächlich irgendwo traf, dass Taki wohl doch nur halluziniert hatte. Er hatte gewusst, verdammt noch mal, dass er nicht so viel darauf geben sollte, hatte sich dann aber aus irgendeinem Grund doch dazu verleiten lassen, Taki zu glauben.

Ha. Aus irgendeinem Grund. Der war gut.
 

Er hätte es schon mitbekommen müssen, nachdem Taki die Worte nicht wiederholt hatte. Oder sich im Krankenhaus nicht zu mehr hatte hinreißen lassen als einem harmlosen Kuss hier und einer furchtbar netten, aber verflucht noch mal nicht ausreichenden Berührung da.

Go hatte ja gar nicht verlangt, dass sich Taki gleich vor versammelter Belegschaft auf ihn stürzen und ihm die Kleider vom Leib reißen sollte – obwohl ihm das zweifellos auch irgendwo gefallen hätte –, aber … irgendetwas wäre schon ganz nett gewesen.
 

„Okay, fein, dann steck’ ich das eben nicht so locker weg, wie ich es gern hätte“, lenkte Go widerwillig ein. „Aber deswegen musst du mich nicht anlügen.“
 

„Ich habe das nicht wegen der Medikamente gesagt, Go“, wiederholte Taki eindringlicher, weil Gos Schädel gerade offensichtlich wieder einmal die Konsistenz von einer verdammten Betonwand anzunehmen schien. „Ehrlich.“
 

„Und warum hast du mich dann im Krankenhaus gemieden?“
 

Gemieden? In welchem Krankenhaus war Go die letzte Zeit gewesen?!

„Du hast mich jeden Tag mehrere Stunden lang besucht, wie soll ich dich da wohl gemieden haben, hm?“
 

Go sah ihn scharf an. „Du weißt genau, wie ich das meine.“
 

Geschlagene zehn Sekunden erwiderte Taki stur Gos Blick, ehe er als erster auswich und stattdessen den Wohnzimmertisch anstarrte.

„Ich kann nicht so schnell umdenken.“
 

„Umdenken? Was gibt’s da umzudenken? Entweder du liebst mich oder du liebst mich nicht. Was denn nun?“, moserte Go ein wenig ungeduldig. Taki konnte es ihm nicht einmal wirklich verdenken, obwohl ihm der drängelnde Ton nicht ganz zusagte. Scheiße, er war eben eine sehr lange Zeit mit dem Gespenst Seiji im Kopf herumgerannt, das ließ sich nicht einfach daraus verscheuchen wie eine Scheißhausfliege.
 

„Im Moment würde ich dir nur liebend gerne den Kopf abschlagen“, knurrte Taki gereizt zurück.
 

„Danke, das war eindeutig.“
 

Mit einem Ruck stand Go vom Sofa auf, mit den Gedanken schon irgendwo an der frischen Luft und bei mehreren beruhigenden Zigaretten, ehe er noch irgendetwas sagen oder tun würde, was ihm hinterher mit ziemlicher Sicherheit sehr Leid tun würde.

Er kam nicht einmal einen Meter weit, weil Taki ihn unvermittelt am Arm zurückhielt.
 

„Scheiße, seit wann bist du so empfindlich?“, brummelte Taki und zerrte etwas an Gos Arm herum, damit der sich zurück aufs Sofa sinken ließ.
 

„Empfindlich?!“, echote Go angefressen und rupfte Taki seinen Arm aus der Hand. „Ich bin empfindlich, weil das hier eine verflucht … empfindliche Angelegenheit für mich ist, okay? Ich … ach, Scheiße! Du weißt doch ganz genau, dass ich dich liebe, verdammt! Und es ist keine unglaublich prickelnde Erfahrung, wenn’s eine einseitige Liebe ist. Immer noch.“
 

Für ein paar schnelle Herzschläge schien Taki zu einer regelrechten Statue mutiert zu sein. Dann schloss er kurz die Augen, atmete ein paar Mal bedächtig ein und aus und sah Go dann wieder an.
 

„Setz dich wieder hin.“
 

„Ich habe keine Lust, mich zu setzen.“
 

Bitte“, betonte Taki, allerdings hörte sich das viel mehr gezischelt und voll von unterdrückter Wut an, denn wie eine liebevolle Bitte.
 

„Nein. Im Gegenteil. Ich werde jetzt gehen.“
 

Und damit drehte er sich um.

Das hieß, er wollte sich umdrehen.

Wieder war Taki schneller gewesen und hatte sich seinen Arm gegriffen wie das letzte Rettungsseil auf hoher See. In der gleichen Bewegung stand er vom Sofa auf und noch ehe Go ihn zornig anblaffen konnte, presste er ihm seine Lippen auf den Mund.
 

Im ersten Augenblick war Go so verblüfft, dass es für Taki ein leichtes war, seinen Mund zu erobern. Seine Hände lagen rechts und links an Gos Wangen und hielten ihn damit zusätzlich sehr effektiv davon ab, den Kuss zu unterbrechen.

Aber Go wäre ohnehin absolut verrückt gewesen, wenn er das gewollt hätte.

Stattdessen schlang er nun seinerseits die Arme fest um Taki und presste somit seinen Körper ganz dicht an seinen eigenen heran. Er merkte gar nicht, wie seine Hände über den muskulösen Rücken strichen, als müssten sie sich unablässig davon überzeugen, dass er nicht plötzlich eingeschlafen war und einen äußerst realistischen Traum hatte. Aber allein das Glücksgefühl in seinem Bauch hätte ihn eines Besseren belehren müssen. Er hielt Taki im Arm und küsste ihn gleichzeitig, ohne dass der sich wehrte. Besser noch, vielmehr drängte sich Taki regelrecht an ihn, was ihm langsam aber sicher den Verstand raubte.

Und er war sich zu fast hundert Prozent sicher, dass Taki das verteufelt gut wusste.
 

„Wolltest du nicht gehen?“, fragte Taki atemlos zwischen zwei Küssen, ohne nennenswert von Go abzulassen.
 

„Hab’s mir anders überlegt.“ Mühsam schob er seine Hände auf Takis Schultern und drückte ihn etwas von sich weg, um sich dann eine seiner Hände zu schnappen und Richtung seines Schlafzimmers hinter sich herzuziehen. „Ich wechsle nur die Örtlichkeiten.“
 

„Wie rücksichtsvoll“, spöttelte Taki, ließ sich aber widerstandslos in Gos Schlafzimmer ziehen, wo er gleich wieder seine Lippen auf seinen spürte. Allerdings hatte sich jetzt eindeutig etwas an dem Kuss verändert. Er war sehnsüchtiger geworden und Go gab sich alle Mühe, Taki gleichzeitig zu dominieren und zu verführen.

Taki grinste in sich hinein und nahm den Kampf auf.
 

Go brachte es fertig, mittendrin zu knurren. Offenbar war sein Kampfgeist geweckt worden. Er tastete nach Takis Händen und verschränkte ihre Finger ineinander. Dann umarmte er Taki, wobei er ihm automatisch die Arme auf den Rücken zog und ihre Körper dichter aneinander brachte. Mit zwei wenigen Schritten drängte Go ihn zurück, bis Taki nicht weiter zurückweichen konnte, da das Bett im Weg stand. In der nächsten Sekunde lagen sie übereinander da drauf und Taki stieß einen zischenden Schmerzenslaut aus.
 

„Au. Scheiße, pass auf die Verletzung auf, okay? Du bist kein Fliegengewicht.“
 

„Der geht’s bestimmt hervorragend.“
 

Go nahm es Taki nicht übel, dass er meinte, ausgerechnet jetzt verärgert herumfauchen zu müssen. Wahrscheinlich war das seine Art, mit der Nervosität fertig zu werden. Und dass er nervös war, konnte er vor Go nicht verbergen, da es ihm praktisch mit Neonlettern in die grauen Augen geschrieben stand. Sein jämmerlicher Versuch, Go davon abzulenken, indem er ihn – wenn auch äußerst effektiv, zugegeben – anheizte, hatte er auch längst durchschaut.

Wieder einmal wünschte Go Reiyamata die Pest an den Hals, wenn er nicht ohnehin schon tot gewesen wäre. Dafür, dass er Taki so geprägt hatte. Aber er würde absolut alles geben, um es für Taki so angenehm wie nur möglich zu gestalten, weil er durchaus vorhatte, noch öfter mit ihm zu schlafen. Viel, viel öfter. Und er hatte keine Lust, jedes Mal vorher ein Drama in fünf Akten aufzuführen. Das dann womöglich wieder ein Jahr dauern würde.
 

Mit flinken Fingern knöpfte Go Takis Hemd auf und strich vorsichtig über den – seiner Meinung nach viel zu aufwändigen – Verband um seine Rippen. Die Kugel hatte Taki rechts unterhalb der Brust getroffen und glücklicherweise keinen tödlichen Schaden angerichtet. Entgegen seiner kurzen Befürchtung zeichnete sich auf dem weißen Verband jedoch kein Blut ab, also war der kurze Aufprall aufs Bett wohl tatsächlich nicht so schlimm gewesen.
 

„Siehst du? Nichts passiert.“ Go streichelte wieder sanft über die Stelle, wo er die Wunde vermutete, und beobachtete genüsslich, wie sich Takis Brust etwas schneller zu heben und senken begann. Er sah nicht aus, als hätte er Schmerzen.
 

Vorsichtig rutschte er sich etwas zurecht, bis er bequem zwischen Takis Beinen lag und nicht irgendwie halb auf ihm. Es kostete Go eine größere Beherrschung, als er geglaubt hatte, nicht einfach besinnungslos über diesen phantastischen Körper herzufallen, sondern ihn mit der ihm gebührenden Aufmerksamkeit zu bedenken, sich die Zeit zu nehmen, zärtlich über die warme Haut zu streicheln oder zu küssen und zwischenzeitlich immer wieder zu den verführerischen Lippen zurückzukehren.
 

Es war ihm Beweis genug, dass er alles richtig machte, als er bemerkte, wie Taki allmählich hart wurde und seine Atmung sich zunehmend beschleunigte. Irgendwann schloss er sogar die Augen und legte den Kopf etwas in den Nacken, so als würde er wirklich genießen. Für Go war dieser Anblick fast zuviel, besonders als Taki auch noch die Arme ausstreckte und nun seinerseits anfing, Go zu streicheln.
 

Etwas überraschend kam es, als Taki sich plötzlich mit ihm im Bett herumrollte, so dass nun Taki auf Go lag. Irritiert blinzelte er zu ihm hoch, während Taki nur schelmisch auf ihn herab lächelte.
 

„Ich hätte nie gedacht, dass du der Typ für ein ausgiebiges Vorspiel bist. Dem Gekreische deiner Betthäschen nach zu urteilen, bist du immer ziemlich schnell zur Sache gekommen.“
 

Unwillig verzog Go den Mund und fluchte gedanklich ausgiebig auf die verdammt dünnen Wände dieser Wohnung. Aber davon mal abgesehen: Da wollte man einmal etwas richtig machen und bekam dafür gleich wieder einen Spruch reingedrückt.
 

„Entschuldige, wenn ich wollte, dass es dir gefällt.“
 

Taki musste ein Lachen unterdrücken, schmiegte sich dann aber äußerst lasziv an Go heran und ließ ihre Erregungen dabei absichtlich aneinander reiben. Go schnappte nach Luft.

„Ich bin nicht aus Zucker.“
 

„Aber du hast Angst.“
 

„Ich bin nervös, das ist ein Unterschied.“
 

„Und verletzt“, bemerkte Go mit Blick auf den Verband. „Hast du da nicht gerade noch drauf gepocht?“
 

„Momentan pocht eher etwas anderes.“
 

„Ach, sag bloß?“ Unvermittelt umarmte Go Taki und rollte sich erneut mit ihm im Bett herum, was sie fast aus dem Bett heraus hätte kugeln lassen. Dann schnappte sich Go Takis Handgelenke und hielt sie mit einer Hand fest, damit der nicht wieder plötzlich auf die Idee kam, ihn aufreizend anfassen zu müssen. Mit der anderen öffnete er geschickt Takis Hose und glitt ohne zu zögern hinein. Taki stieß ein ersticktes Keuchen aus, als Go ihn so ungeniert, aber durchaus gekonnt berührte und ruckte etwas unzufrieden mit seinen Händen, weil er selbst zur Bewegungsunfähigkeit gezwungen war.

„Tatsächlich. Da pocht’s ja wirklich.“
 

„Idiot.“ Taki weigerte sich, rot zu werden, konnte aber nicht verhindern, dass er unter den geübten Bewegungen nur stockend weiter sprechen konnte. „Wer hat gesagt, dass ich nicht mein Herz meine?“
 

„Aus grenzenloser Liebe zu mir?“
 

„Zum Beispiel – ah!“
 

Taki stöhnte auf, als Go die Bewegungen seiner Hand etwas abänderte, und legte unwillkürlich erneut den Kopf in den Nacken. Go musste sich etwas mehr strecken, um dieses Mal an seine Lippen heranzukommen und Taki einen langen Kuss aufzuzwingen.
 

„Das ist süß von dir“, murmelte er schließlich kaum hörbar an seinem Mund, so dass Taki schon fast wieder vergessen hatte, worum es ging.
 

Gos Berührungen nahmen seine ganze Aufmerksamkeit in Beschlag. Das Herz schlug ihm immer schneller in der Brust und es fiel ihm zunehmend schwerer, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Es überraschte ihn fast etwas, dass Go sich immer noch ausschließlich ihm widmete und er selbst gar nichts machen konnte, beziehungsweise offensichtlich nicht durfte.

Abermals probierte er, seine Hände frei zu bekommen, aber irgendwie schien ihm ein Großteil seiner Muskelkraft abhanden gekommen zu sein. Er konnte sich nur auf das stärker werdende Kribbeln in seinem Unterleib konzentrieren, und obwohl das nicht gerade unangenehm war, behagte ihm der Gedanke nicht, Go mehr oder weniger hilflos ausgeliefert zu sein.
 

„Go …“, stieß er keuchend hervor, „lass … lass mich los. Bitte.“
 

Go tat es fast ein bisschen zu schnell, aber noch bevor er Zeit hatte, eine völlig überflüssige Entschuldigung auszusprechen, richtete Taki sich in eine sitzende Position auf, schlang die Arme um Go und raunte dicht an seinem Ohr: „Lass uns lieber weiter machen, ja?“
 

Automatisch erwiderte Go die Umarmung. „Sicher. Wenn … wenn du wirklich willst.“ Wenn er sich arg am Riemen gerissen hätte, hätte er es sicherlich auch dabei belassen können, dass sie sich vielleicht nur gegenseitig einen runterholten, aber eigentlich … wollte er mehr.
 

„Natürlich will ich. Ich will dich, und zwar in mir, okay?“ Er war froh, dass er Go bei diesen Worten nicht direkt ins Gesicht sehen musste. So was Peinliches hatte er bestimmt noch nie gesagt.
 

Dass er an seiner rechten Wange fühlen konnte, wie warm plötzlich Gos Gesicht wurde, und dass er nur ein kratziges: „Okay“, zustande brachte, beruhigte ihn zumindest ein bisschen.

Aber mal abgesehen davon, dass er sich soeben die totale Blöße vor Go gegeben hatte, hatte er völliges Vertrauen zu ihm. Er würde wesentlich mehr Rücksicht auf ihn nehmen als Seiji und er würde … es würde einfach besser werden. Das sagte ihm nicht nur sein Gefühl, sondern auch Gos zärtliche Berührungen und seine liebevollen Küsse, die so vieles versprachen.

Und seine Nervosität war fast gänzlich verflogen, als Go wieder anfing, ihn zu streicheln.
 

--
 

Keiner von beiden konnte anschließend die Energie aufbringen, den ellenlangen Weg ins Bad anzutreten, um sich zu duschen, und so lümmelten sie einfach träge im Bett herum. Jedoch nicht so träge, als dass sie es fertig gebracht hätten, die Finger voneinander zu lassen. Go fuhr immer wieder fasziniert das beachtliche Muskelrelief auf Takis Oberkörper nach, selbst wenn es momentan etwas von dem störenden Verband verdeckt war, während Taki selbstvergessen mit Gos dunklen Haaren spielte.

Der Moment machte Worte vorerst absolut unnötig, weil beide Gesichter ein leicht belämmertes Grinsen zierte, das den anderen nur zu provokativen Bemerkungen veranlasst hätte. Sie waren sich auch im Stillen darüber einig, dass sie gerade verdammt zufrieden und gelöst waren.
 

Go war schließlich der erste, der das Schweigen brach.

„Weißt du, worauf ich jetzt Lust hätte?“
 

Taki schnaubte. „Ich glaube, das möchte ich gar nicht wissen.“ Mal ganz davon abgesehen, dass er vermutlich auch noch nicht wieder könnte.
 

Unwillkürlich musste Go lachen und platzierte einen kurzen Kuss auf Takis Brust. „Keine Bange, du Mimose, die Aktivität beinhaltet nicht direkt deinen Körper.“
 

„Na, da kann ich ja von Glück sagen.“ Taki hob etwas den Kopf und schaute auf Gos hinunter, der es sich an seiner Schulter bequem gemacht hatte, mit der er jetzt unfreundlich ruckelte. „Mimose? Du bist ein Tier, daran liegt’s.“
 

„Oh, danke für die Blumen – Aua!“ Go fischte sich das Kissen vom Kopf und schlug damit halbherzig nach Taki, den er jedoch verfehlte und dafür die Nachttischlampe vom Schrank fegte. Klappernd fiel sie zu Boden und dem Klirren nach zu urteilen, bekam der Sturz der Glühbirne nicht besonders. Das kümmerte allerdings niemanden. „Wer ist hier das Tier, hm?“
 

„Also“, wechselte Taki das Thema. „Worauf hast du Lust?“
 

„Dich“, grinste Go und reckte den Kopf dieses Mal so weit, dass er punktgenau Takis Brustwarze küsste. Taki erschauerte leicht.
 

„Ich dachte, mein Körper ist nicht involviert?“
 

„Nicht direkt“, korrigierte Go und machte es sich wieder an der Schulter bequem. „Erinnerst du dich noch an Kuzowans Wahnsinnswhirlpool? Da hätte ich dich jetzt gerne drin. Zusammen mit mir, natürlich.“
 

„Natürlich.“

Was hatte Go nur ständig mit diesem Whirlpool? Kuzowan hatte ihn da ja auch gleich reinzerren wollen.
 

„Hey.“ Go stupste Taki leicht an. „Zur Entspannung wäre das jetzt ja wohl das Größte, oder nicht?“
 

Na gut, in dem Punkt hatte Go ausnahmsweise mal Recht. Blubberndes, heißes Wasser, das seinen Körper umspielte, hm, doch … das könnte ihm jetzt gefallen.

„Ich muss dich leider enttäuschen. Das Ding ist schon kaputt gewesen, als Kuzowan da mit mir rein wollte und da er nach seinem Ableben bestimmt keine Reparatur mehr in Auftrag gegeben hat –“
 

Mit einem Mal saß Taki kerzengerade im Bett. Go stieß ein überraschtes Japsen aus, als sein Kopf etwas unsanft auf die Matratze knallte.
 

„Mann, Scheiße, was ist denn jetzt kaputt?“ Völlig von der Rolle sah er Taki blinzelnd dabei zu, wie er die Decke zurückschlug und allen Ernstes die Beine aus dem Bett schwang. Mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht stand er auf und machte sich etwas staksend daran, zu seiner Hose zu kommen.

„Verdammt, Taki, was wird das denn jetzt?“

Er hatte das alles gerade doch nicht etwa nur geträumt? Nein? So was konnte man doch gar nicht träumen? Er hatte doch gerade mit Taki geschlafen? Warum rannte er dann trotzdem wie immer weg?
 

Plötzlich flog ihm seine Hose entgegen.

„Zieh dich an, Go. Los, na mach schon!“, drängelte Taki, während er sich schon das Hemd zuknöpfte.
 

„Was? Wieso? Was zur Hölle ist los, Taki?“ Noch immer wie vom Donner gerührt hockte Go im Bett, unfähig sich zu regen. Seine Gedanken waren noch ganz bei ihrem dösigen Dämmerzustand, während dem sie einander sanft gestreichelt hatten.
 

„Ich weiß, wo Kuzowan das Heroin versteckt haben könnte“, ließ Taki dann die Bombe platzen, und als er wieder zu Go aufsah, fuhr er ihn mürrisch an: „Mann, du bist ja immer noch nicht angezogen! Los, verdammt! Ich ruf’ in der Zwischenzeit Hatozaki an.“

Mit diesem Worten fegte er – zumindest so schnell er konnte – aus Gos Schlafzimmer raus.
 

Heroin?

Kuzowan?

WAS?!
 

Hatte Hatozaki ihnen nicht gesagt, dass der Fall gegessen war? Woher zum Teufel kam Taki dann plötzlich auf diese absolut merkwürdige Assoziation? Nur, weil er den beknackten Whirlpool von diesem Spinner erwähnt hatte, oder was?
 

„Verdammter Scheißdreck!“, fluchte Go und stieg endlich selbst in seine Jeans. Er würde nie herausbekommen, was Taki so unvermittelt eingefallen war, wenn er hier weiterhin wie bestellt und nicht abgeholt herumlag.

Taki hatte die Stimmung ohnehin völlig ruiniert.
 

--
 

Mit einer langen, sehr, sehr feinen Pinzette holte Taki vorsichtig einen schmalen, länglichen Behälter aus einem der vielen Löcher im Whirlpool, der in etwa den Durchmesser dieser Löcher hatte, so dass er nur sehr schwer herauszuziehen war. Dennoch schaffte Taki es nach mehreren Versuchen und hielt Go und Hatozaki mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen den Behälter entgegen, der ein bisschen aussah wie ein Reagenzglas aus Plastik.
 

„Ihr Heroin, Hatozaki-san“, erklärte er und drückte das Plastikreagenzglas dem Polizisten in der Hand, während Gos Augen immer größer wurden. „Schätzungsweise finden Sie davon in jedem dieser Löcher eins.“
 

„Nicht schlecht“, lobte Hatozaki anerkennend, der auf Bitten von Taki am Telefon vorerst allein gekommen und nicht mit einer ganzen Armada an Drogenexperten und Spurensicherungsleuten angerückt war. Immerhin war sich Taki bei dem Telefonat noch nicht zu hundertprozentig sicher gewesen, ob er mit seiner Idee richtig lag oder nicht.

Mit einiger Mühe öffnete er den Behälter, der aufgrund des Wassers, das trotz allem noch in den Whirlpool geleitet werden konnte, sehr gut verschlossen war, und warf einen Blick hinein.

Das von ihnen gesuchte Heroin. Wirklich nicht schlecht.

„Ich bin tatsächlich sehr begeistert. Und erstaunt. Wie sind Sie darauf gekommen?“
 

„Es war nur ein Gedanke“, meinte Taki. „Als Go vorhin noch mal von dem Whirlpool angefangen hat, habe ich ihm erzählt, dass ich mit Kuzowan auch hier drinnen gesessen habe und dass der Whirlpool da nicht funktioniert hat. Ich fand es etwas komisch, dass ein so offensichtlich reicher Mann sein Lieblingsspielzeug nicht auf dem schnellsten Wege reparieren lässt, und da kam mir die Idee, dass es ja vielleicht das perfekte Versteck für seine Drogen sein könnte. Zumal dieser Raum auch nicht videoüberwacht wird.“ Er zuckte mit den Schultern. „Offenbar hatte ich Recht.“
 

„In der Tat“, nickte Hatozaki und zückte gleich darauf sein Handy. „Gute Arbeit, ihr zwei“, lächelte er dann beide nacheinander an. „Wie immer. Auf euch kann man sich wirklich verlassen, wenn es um Diebstähle geht.“ Er schwenkte das Handy durch die Luft. „Ich werde dann mal die Zentrale kontaktieren. Besser, ihr seid verschwunden, bevor meine Leute hier eintreffen.“
 

„Wie immer“, grinste Taki zurück und stieg aus dem Whirlpool heraus, während Hatozaki nach draußen auf den Flur ging, um zu telefonieren. Go half ihm dabei und zog ihn gleich darauf in seine Arme.
 

„Hervorragende Arbeit, Partner.“
 

„Vielen Dank.“ Er rückte mit seinem Gesicht näher an Gos heran. „Partner.“ Er gab Go einen langen Zungenkuss, der erahnen ließ, dass er das Partner nicht mehr nur auf ihre gemeinsame Arbeit bezog, sondern auch auf ihr Privatleben ausdehnte. Aber das war ja ohnehin noch nie sonderlich voneinander getrennt gewesen. Jetzt allerdings war es offiziell.
 

„Obwohl ich ja finde, dass du mich ruhig etwas früher in deine Idee hättest einweihen können“, maulte Go, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten. „Ich stand ja gerade wie der letzte Idiot daneben.“
 

Taki rollte mit den Augen, konnte aber ein kleines Lächeln nicht ganz verbergen. „Ich liebe dich auch, Go. Und jetzt hör auf zu meckern, und küss mich noch mal, damit wir schnell verschwinden können, bevor Hatozaki-sans Verstärkung eintrifft.“
 

Empört öffnete Go den Mund, besann sich dann aber eines Besseren und verschob die Diskussion auf später, wenn sie nicht mehr Gefahr liefen, geschnappt zu werden. Fürs erste begnügte er sich damit, Takis Wunsch Folge zu leisten. Obwohl er ihn vermutlich auch geküsst hätte, wenn er es nicht so deutlich gesagt hätte. Das konnte er jetzt schließlich auch gefahrlos tun.

Wann immer, wo immer und vor allen Dingen so oft er wollte.
 

ENDE
 

Sooo, das war's *puh*

Noch einmal vielen, vielen Dank an alle fleißigen Kommentarschreiber, Leser und Schwarzleser - sofern ich welche habe XD" Ich hoffe, euch hat die FF mehr oder weniger gefallen, und dass man sich eventuell noch mal woanders irgendwo liest^^ Mich würde zum Beispiel noch eine Story reizen, in der mehr von Gos Vergangenheit enthüllt wird, aber ... na ja. Vorerst bin ich erst mal froh, dass die hier beendet ist^^

Danke schön, dass ihr mit dabei wart! *smile*
 

lg

- Ashling



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Kommentare zu dieser Fanfic (262)
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Von:  KuroMikan
2013-02-05T14:22:40+00:00 05.02.2013 15:22
eine echt super ff!!
bin wirklich begeistert ^^ ich bin ein großer fan der beiden und jetz noch mehr XD
auch ich find deinen schreibstil echt super!
lg Mikan
Von: abgemeldet
2008-12-26T23:59:47+00:00 27.12.2008 00:59
...*sprachlos*
Hab deine FF in einem Rutsch durchgelesen und bin einfach nur vollkommen begeistert =) Du hast einen superschönen Schreibstil und eine wirklich schöne Geschichte zustande gebracht.
Ich liebe Yellow einfach und es ist wirklich schwer was gutes über meine beidenLlieblinge zu finden. Aber du hast total gut an die vier Bände von Yellow angeknüpft und zurückgegriffen.
Ich hoffe du merkst gerade wie ich mich vor Begeisterung überschlage^^
Es war wirklich unglaublich toll.
Du solltest noch viel viel viel mehr von den beiden schreiben und am liebsten Adults, die lese ich nämlich am liebsten^^ Und ich musste feststellen, dass du diese ja sehr gut schreiben kannst xD
*knutsch&knuddel* Das Prinzesschen *Yaoi-Fähnchen schwenk*
Von: abgemeldet
2008-11-10T18:32:25+00:00 10.11.2008 19:32
jaa ich bin durch ^^ (und es ist eine seltenheit, dass ich eine FF bis zum schluss lese)
naja oder leider... die FF hat mich total gepackt und ich bin etwas traurig, dass sie nun abgeschlossen ist.
ich fand die story echt super. auf die idee, den manga so fortzufürhen, muss man erst mal kommen XD
*großes lob*


Von:  RikkuStarling
2008-11-09T00:29:34+00:00 09.11.2008 01:29
Ich liebe die FF xD So klasse, die zwei sind zu geile ey xDDD~
Guter Schreibstil *___*


Von:  Aka_Samurai_Kurogane
2008-10-26T16:11:38+00:00 26.10.2008 17:11
Wuhu!
ich bin endlich durch mit dem FF
Okay schon länger aber ich komme jetzt erst dazu ein Kommi zu schreiben)
Ich finde das einfach nur genial!
und hast die Charakter einfach passend zur Geltung gebracht und die Geschichte war wirklich packend!
(auch wenn mir die Seitenzahlen manchmal zu lang waren ich bin faul xD)

Mach weiter so bei deinen weiteren und späteren FF's

Das Aka
Von: abgemeldet
2008-10-16T13:18:28+00:00 16.10.2008 15:18
*Heul* *Schnief*
Nicht streiten... ich wein gleich...

Also dafür, dass du nicht weißt wie die Story eigentlich verläuft ist sie sehr nah an der Realität. Echt gut.

MX
Von: abgemeldet
2008-10-14T23:48:06+00:00 15.10.2008 01:48
Ein echtes Gefühlsszenario... amer Go... armer Taki... tröst...
Von: abgemeldet
2008-10-14T23:23:00+00:00 15.10.2008 01:23
Oh. Mein. Gott!!! Nur noch schwarz-weiß Bilder und ich hab das Gefühl, das Manga zu lesen... Einfach genail...
Von:  Liirah
2008-10-10T21:27:50+00:00 10.10.2008 23:27
Omg, diese FF ist so derbst schön <3
Sie hats wirklich verdient, YUAL zu sein :D

Ich weiß auch gar nicht, was ich groß schreiben soll, jedes einzeln aufzuzählen und mit Lobestriraden zu überschütten, wäre sicherlich ein sehr aufwendiges, aber dennoch sinnloses Unterfangen.
Deshalb doch öde und allesumfassend: Wahnsinn! ♥

Ich hab die FF heute relativ an einem Stück gelesen, weil ich mich nicht losreißen konnte, gute Arbeit. ;D
Mehr davon. T^T



LG, Lii~♪
Von: abgemeldet
2008-04-07T13:54:57+00:00 07.04.2008 15:54
Ey ich muss dir jetzte mal ein reisen großes kompliement machen!!!!Echt...diese geschickte war der Hammer!!!
Ich hab echt bei manchen sachen echt mitgefühlt und sogar tränen in den augen gehabt!!!
Besser gehts echt nicht also wenn die geschichte so in den büchern erscheinen würde...wätte ich SOFORT alle!!!!
aber echt du hättes auch ewig so weiter schreiben können!!(aber wäre etwas anstrengend gewordenxD)

ich weiß net was ich jetzte noch sagen soll!!!!
außer H.A.M.M.E.R

LG Naddi


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